Titel: | Polytechnische Schau. |
Fundstelle: | Band 332, Jahrgang 1917, S. 7 |
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Polytechnische
Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Schwingungserscheinungen in Rohrleitungen. Die
Schwingungs- und Resonanzerscheinungen in den Rohrleitungen von Kolbenmaschinen
haben in den letzten Jahren eingehende Betrachtung in der technischen Literatur
gefunden. (Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure 1904 S. 113, 1911 S. 842 und
1912 S. 719, ebenso Mitteilungen über Forschungsarbeiten Heft 106 und 129.) In der
Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure 1916 S. 565 werden nun in ausführlicher
Weise solche Erscheinungen in den Rohrleitungen von Kolbengebläsen besprochen.
Bei Kolbenmaschinen, die flüssigen oder gasförmigen Stoff fördern, treten in den
anschließenden Rohrleitungen dynamische Wirkungen ein, da sich der Arbeitskolben mit
periodisch veränderlicher Geschwindigkeit bewegt, und beim Arbeitspiel eine
regelmäßige Unterbrechung der Abschlußorgane eintritt. Mehr oder weniger starke
Druckschwankungen und Schwingungserscheinungen sind die Folge. Bei gasförmigen
Stoffen spielen die Druckschwankungen naturgemäß keine so große Rolle wie bei
flüssigen Stoffen. Damit im letzteren Falle keine unzulässigen Drucksteigerungen
eintreten, müssen in den Rohrleitungen Windkessel angeordnet werden, deren Gasinhalt die
Druckschwankungen auszugleichen hat. Wird bei gasförmigen Stoffen große
Gleichmäßigkeit des Druckes in den Rohrleitungen verlangt, so sind auch hier
Windkessel anzuordnen.
Die Windkessel wirken druckausgleichend, sie sind aber die Ursache zu
Eigenschwingungen und bei gewissen Voraussetzungen geben sie Veranlassung zu
betriebstörenden Resonanzerscheinungen in solchen Rohrleitungen.
Resonanzerscheinungen treten leicht bei solchen Kolbenmaschinen auf, die bei sehr
verschiedenen Umdrehungzahlen arbeiten müssen. Bei einer bestimmten
Kolbengeschwindigkeit kann dann die Uebereinstimmung zwischen Impulszahl und
Eigenschwingungzahl eintreten. Solche Resonanzerscheinungen haben sich bei einigen
Kolbengebläsen mit Gasmaschinenantrieb für Hochofenwerke in den Druck- und
Saugleitungen gezeigt, Gewöhnlich befindet sich bei solchen Maschinen unmittelbar
über dem Gebläsezylinder der Hauptwindkessel, weitere Windkessel werden dann noch
nach Bedarf in der äußeren Leitung zum Hochofen eingebaut. Der Gebläsewindkessel hat
die Aufgabe, die ungleichmäßige Förderung des Gebläsezylinders möglichst
auszugleichen. Die Aufspeicherung der Luft hat eine Drucksteigerung und die Rückgabe
einen Druckabfall im Windkessel zur Folge. Im Windkessel wird also der Druck etwas
schwanken.
Textabbildung Bd. 332, S. 8
Abb. 1a., Abb. 1b.
Textabbildung Bd. 332, S. 8
Abb. 2.
Abb. 1a zeigt das
Indikatordiagramm einer Gebläsemaschine, Abb. 1b ein solches am
Druckventilraum dieser Maschine. Die charakteristische Schleifenlinie beweist, daß
der Druck im Windkessel nicht gleichbleibend ist. Resonanzschwingungen lassen sich
aus diesen Diagrammen nicht nachweisen.
Bei einer neuen Hochofengas-Gebläsemaschine ergaben sich die in Abb. 2 dargestellten Diagramme. Die Diagramme wurden
mit einem Gebläseindikator von 40 mm Kolbendurchmesser aufgenommen. Diese
Indikatoren eignen sich wegen ihrer geringen Eigenschwingung besser zur
Aufnahme schneller Druckänderungen bei schwachen Arbeitsdrücken als die gewöhnlichen
Indikatoren mit 20 mm Kolbendurchmesser. Der mit a
bezeichnete Diagrammsatz, der bei der gewünschten Umlaufzahl von n = 54 erhalten wurde, zeigt im Gebläsezylinder eine
starke Druckerhöhung. Das hierzu gehörige schleifenförmige Diagramm vom
Druckventilraum zeigt verhältnismäßig starke Druckschwankungen bis etwa 0,25 at, die
auf starke Eigenschwingung der Luft in der Windleitung zurückzuführen sind. Wie aus
dem Diagramm a2
besonders gut zu ersehen ist, sind über der Hauptschwingung noch Luftschwingungen
von hoher Frequenz gelagert, die wahrscheinlich durch das Flattern der Druckventile
entstanden sind. Bei der Umlaufzahl n = 60 wurden die
Diagramme b erhalten. Das Arbeitsdiagramm b1 ergibt einen um etwa
16,7 v. H. kleineren Arbeitsaufwand als das Diagramm a1. Die kritische Umlaufzahl der Maschine
liegt in der Nähe von n = 54. Die Diagramme c1 und c2 sind bei n = 53 genommen. Die geringsten Drücke der Schwingungen
finden jetzt in den beiden Totpunktlagen des Kolbens statt.
Rechnerische Untersuchungen von Eigenschwingungen der Gase in Rohrleitungen sind
bereits im Heft 106, Mitteilungen über Forschungsarbeiten enthalten. Bei einer
Rohrleitung von gleichem Querschnitt, ohne Windkessel, welche an dem einen Ende
offen ist, liegt der Schwingungsknoten wie bei der Schallschwingung am geschlossenen
Ende, an der Maschine, der Schwingungsbauch dagegen am offenen Ende. Die Wellenlänge
λ ist demnach vier mal so groß als die Rohrlänge
l. Die stärksten Druckschwankungen sind dort
vorhanden, wo die Schwingungsbewegungen am geringsten sind, also im Knotenpunkt. Die
Fortpflanzungsgeschwindigkeit w einer ungedämpften
Schwingung entspricht der Schallgeschwindigkeit und ist w=\sqrt{k}\,.\,g\,.\,\overline{R}\,T, wobei k=\frac{c_p}{c_v}
das Verhältnis der der spez. Wärmen, g = 9,81 m/Sek.2, R die Gaskonstante
und T die absolute Temperatur des Gases bedeutet. Die
sekundliche Schwingungzahl berechnet sich dann zu n'=\frac{w}{\lambda}. Für Luft ergibt sich
hierfür mit Berücksichtigung der Konstanten k, g und
R\,:\,n'=\frac{5\,\sqrt{T}}{l}. Resonanz erster Ordnung tritt in einer Rohrleitung dann ein, wenn die
Zahl der sekundlichen Impulse mit n' übereinstimmen.
Bei einer doppeltwirkenden Gebläsemaschine kann in der Rohrleitung Resonanz dann
eintreten, wenn die sekundliche Umlaufzahl gleich der halben Eigenschwingungszahl
wird.
Weitere Versuche über den Schwingungszustand in der Nähe der Resonanz wurden
anläßlich der Inbetriebsetzung eines großen einzylindrigen Gasgebläses mit 2000 PS
Leistung bei verschiedener Umlaufgeschwindigkeit ausgeführt. Die Anordnung der Windleitung von 1300 mm
lichtem Durchmesser zeigt Abb. 3. Beim Betriebe des
neuen Gebläses I entstand im Rohrstück zwischen dem
Gebläsewindkessel und dem Sammelbehälter eine starke Eigenschwingung der
Luftsäule.
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Abb. 3.
Die Gebläsediagramme (Abb. 4)
zeigten bei n = 56 den für angenäherten Resonanzzustand
gekennzeichneten Verlauf, wie dies Diagramm a und b deutlich zeigen. Um ein besseres
Bild vom zeitlichen Druckverlauf zu gewinnen, sind die aufgenommenen
Kolbenwegdiagramme in die Kurbelwegdiagramme c
umgezeichnet. Der sinusähnliche Verlauf der Druckkurve ist hier deutlich zu
erkennen.
Textabbildung Bd. 332, S. 9
Abb. 4.
Zur Beseitigung der Eigenschwingungen wurde in bekannter Weise die Drosselung der
Windleitung mittels einer Drosselscheibe vorgenommen. Der lichte Durchmesser der
Drosselöffnung wurde für eine Durchströmgeschwindigkeit von w = 40 m/Sek. bei der kritischen Umlaufzahl unter Berücksichtigung einer
Durchflußzahl p = 0,62 zu 650 mm berechnet. Die
sekundliche Verlustarbeit durch die Resonanzerscheinung berechnet sich bei dieser
Maschine bei n = 59 zu etwa 11 000 mkg, entsprechend
144 PS. Diese Arbeit wird durch die mit großer Geschwindigkeit hin- und
herschwingende Luftsäule in Reibungswärme verwandelt, die bei gleichbleibendem
Druck eine Temperaturerhöhung von etwa 7,6° ergeben würde.
Dem einfachen Mittel, die Schwingungen mittels einer Drosselscheibe auszuschalten,
haftet der einzige Nachteil an, daß ein gewisser Arbeitsverlust durch die Drosselung
entsteht, der von dem erzielten Arbeitsgewinn der Schwingungsberuhigung in Abzug zu
bringen ist. Bei hoher Umlaufzahl kann dieser Drosselverlust bedeutend sein, wenn
die Resonanz schon bei geringer Umlaufzahl eintritt, also eine Drosselung bei hoher
Umlaufzahl nicht mehr notwendig ist. Die Berechnung der Drosselverluste kann in
folgender Weise geschehen.
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Abb. 5.
Nach Carnot kann der Stoßverlust bei Strömung durch eine
Durchflußöffnung aus der Gleichung
\Delta\,P=\frac{w^2-{w_0}^2}{2\,g}\,\gamma
berechnet werden. Nach Abb. 5
bedeutet w0 die
Geschwindigkeit in der Rohrleitung und w diejenige im
eingeschnürten Strahlquerschnitt. Der Querschnitt des Rohres ist F, derjenige der Drosselscheibe f. Dann ist m=\frac{f}{F}. Das spezifische Gewicht der verdichteten Luft ist
γ. Dann wird
\Delta\,P=\frac{\gamma}{2\,g}\,{w_0}^2\,\left(\frac{1}{\mu\,m}-1\right)^2.
Nach der Zustandsgleichung der Gase ist \gamma=\frac{P}{R\,T}. Ist die geförderte sekundliche
Luftmenge in der Windleitung Vsk bei einem Druck P
und einer Temperatur T, so wird die Luftgeschwindigkeit
w_0=\frac{V_{sk}}{F}. Die sekundlich angesaugte Menge Va sek vom atmosphärischen Druck Pa und der
Außentemperatur Ta
entspricht dem Wert V_{sk}\,\frac{P}{P_a}\,\frac{T_a}{T}, folglich wird
w_0=\frac{V_{a\,sek}}{F}\,\frac{P_a}{P}\,\frac{T}{T_a}.
Der Druckverlust ergibt sich schließlich mit Berücksichtigung von \frac{T}{T_a}=\left(\frac{P}{P_a}\right)^{\frac{k-1}{k}} zu
\Delta\,P=\frac{1}{2\,g\,R}\,\left(\frac{V_{a\,sk}}{F}\right)^2\,\frac{P}{T_a}\,\left(\frac{P_a}{P}\right)^{\frac{1}{k}}\,\left(\frac{1}{\mu\,m}-1\right)^2.
Der Arbeitsverlust durch die Drosselscheibe wird dann
\Delta\,L=\Delta\,P\,V_{sk}=\Delta\,P\,V_{sk}\,\left(\frac{P_a}{P}\right)^{\frac{1}{k}}
Textabbildung Bd. 332, S. 10
Abb. 6.
In kürzeren Rohrstücken können auch Eigenschwingungen mit hoher Periodenzahl
auftreten, die sich im Gebläsediagramm durch einen wellenförmigen Verlauf der
Ausschublinie kenntlich macht.Bei geringer Dämpfung im Rohrstück, oder bei besonders
starken Impulsen und bei Resonanz höherer Ordnung können die Schwingungen große
Ausschläge erreichen. Bei einer Gebläsemaschine nach Abb.
6 entstanden in dem 8 m langen Rohrabschnitt zwischen den beiden
Windkesseln Eigenschwingungen von höherer Frequenz, wie dies die Diagramme (Abb. 7) beweisen. Der Gebläsewindkessel an der
Maschine und der äußere Windkessel konnten auch hier nicht solche Schwingungen
verhindern.
Textabbildung Bd. 332, S. 10
Abb. 7.
Unter welchen Verhältnissen in den Rohrleitungen von Gebläsemaschinen
Luftschwingungen auftreten, läßt sich nicht im Voraus bestimmen. Luftschwingungen
können aber außer in der Druckleitung auch in der Saugleitung solcher Maschinen
entstehen. Auch in den Gas- und Luftleitungen der Gasmaschinen können ebenfalls
Schwingungen eintreten, die die Lade- und Reguliervorgänge sehr stark stören
können.
W.
–––––
Stahlhelme der französischen Armee. Bekanntlich hat auch
die französische Armee Stahlhelme mit Nackenschutz eingeführt. Sie werden nach der
englischen Zeitschrift Engineering 1916 II, S. 104 aus bestem Stahlblech
hergestellt, und zwar aus vier Teilen, die durch Niete miteinander verbunden
werden. Die Helme sind mit einer dünnen graublauen Farbschicht überzogen, um
Rostbildung zu vermeiden. Für jeden Helm werden etwa 900 g Stahlblech und etwas
Aluminium zur Versteifung verbraucht. Es sind bis jetzt 3½ Millionen Helme
hergestellt worden.
W.
–––––
Erläuterungen zur Höchstpreisverordnung für Metalle.
Mitteilungen der Aeltesten der Kaufmannschaft von Berlin. Am 31. Juli 1916 ist eine
neue Höchstpreisverordnung für Metalle erlassen worden, die sich von der alten
Verordnung in mehrfacher Hinsicht unterscheidet. Um die Beteiligten über die
Unterschiede der neuen Verordnung von der alten zu unterrichten und Uebertretungen
nach Möglichkeit zu vermeiden, haben die Aeltesten der Kaufmannschaft von Berlin
zusammen mit dem Wortlaut der neuen Höchstpreisverordnung eine Erläuterung dazu
herausgegeben. Interessenten können die Verordnung nebst Erläuterung zum Preise von
30 Pf. für das Stück vom Zentralbüro der Aeltesten der Kaufmannschaft von Berlin,
Berlin C 2, Neue Friedrichstraße 51, beziehen. Auch ist die Metallauskunftsstelle
der Ständigen Deputation der Metallinteressenten daselbst bereit, den Beteiligten
mit Auskünften über die Höchstpreis- und Beschlagnahmevorschriften für die
Metallbranche zur Seite zu stehen.
–––––
Kriegsliste der deutschen Normalprofile für Walzeisen zu
Bauzwecken. Die schon im Frieden als zweckmäßig erkannte Beschränkung der
Zahl der Normalprofile erweist sich im Kriege als eine Notwendigkeit. Von einer
Vereinfachung des Walzprogramms darf bis zu einem gewissen Grade eine Beseitigung
der jetzt bestehenden Lieferungsschwierigkeiten von Eisen aller Art erwartet werden.
Im Einverständnis mit Vertretern der Konstruktionsfirmen ist daher eine Auswahl aus
den bestehenden Normalprofilen getroffen worden, auf die sich die Verbraucher in
Zukunft in ihrem eigenen Interesse beschränken müssen. Die getroffene Auswahl wird
in erster Linie den Bedürfnissen der Konstruktionsfirmen gerecht, trägt aber auch
denen anderer Verbraucher, wie Waggonfabriken und Maschinenbauanstalten,
Rechnung.
Die Anfertigung besonderen Zwecken dienender Spezialprofile wird dabei nach wie vor
erfolgen. Es muß aber den Abnehmern solcher Profile überlassen bleiben, sich wegen
der Lieferung mit den Werken besonders zu verständigen.
Für Neukonstruktionen sind hinfort nur die nachstehend aufgeführten Profile zu
verwenden. Spezifikationen, die nach dem 10. Januar 1917 eingereicht werden, dürfen
nur die in der Liste aufgeführten Profile enthalten:
1. I-Eisen. Nr. 8, 10, 12, 14, 16, 18, 20, 22, 24, 26, 28,
30, 32, 36, 40, 45, 50, 55.
2. U-Eisen. Nr. 6½, 8, 10, 12, 14, 16, 18, 20, 22,
23½, 26, 30 sowie die Waggonbauprofile.
3. Gleichschenklige Winkeleisen. Es werden unverändert
beibehalten die Profile mit Schenkellänge von 25 bis 70 mm, ferner die mit 80, 90,
100, 120, 130, 150 und 160 mm.
4. Ungleichschenklige Winkeleisen. Die ungleichschenkligen
Winkeleisen werden beschränkt auf 50 × 30, 60 × 40, 75 × 50, 65 × 100, 65 ×
130, 80 × 120, 80 × 160, 100 × 150, 100 × 200.
5. Hochstegige --Eisen. Die Anfertigung wird beschränkt
auf: 30, 40, 50, 60, 80, 100 mm hohe Profile.
6. Breitflanschige --Eisen. Die Anfertigung wird
beschränkt auf: 80 × 40, 100 × 50, 120 × 80, 160 × 80, 180 × 90, 200 × 100.
7. Z-Eisen fallen fort.
8. Quadranteisen fallen fort.
9. Zoreseisen fallen fort.
10. Flacheisen bis 160 mm. Es werden geliefert Breiten von
20 bis 60 mm in allen gewünschten Abstufungen, darüber hinaus nur Breiten von 70,
80, 90, 100, 130 und 150 mm.
11. Universaleisen. 160 bis 200 mm in Abstufungen von 10
mm, über 200 bis 500 mm in Abstufungen von 20 mm, über 500 mm in Abstufungen von 50
mm.
–––––
Aus der Tätigkeit der Prüfstelle für Ersatzglieder. Die
vom Verein Deutscher Ingenieure im Februar 1916 begründete Prüfstelle für
Ersatzglieder in Charlottenburg, Fraunhoferstr. 11/12, kann auf eine halbjährige
Tätigkeit zurückblicken. Sie hat in der von ihr eingerichteten Werkstatt die ihr
bisher eingesandten Ersatzglieder, d.h. Arme, Gebrauchshände, Beine und
Ansatzstücke, am lebenden Menschen, und zwar an geübten, vollständig geheilten,
schmerzfreien, in ihrem Beruf geschickten und arbeitswilligen Facharbeitern, durch
ihren technischen Beamtenstab prüfen lassen. Wie technisch und wissenschaftlich
einwandfrei sie bei dieser Prüfung vorgeht, zeigt der Umstand, daß alle
veränderlichen Größen, d.h. die zur Verwendung gelangenden Maschinen und Werkzeuge,
der arbeitende Mensch und die ihm angepaßten Bandagen, vorweg in ihrer Wirkung auf
das genaueste bestimmt sind, so daß lediglich das Ersatzgerät zwischen Arm- bzw.
Beinstumpf und Werkzeug als einzige veränderliche und zu prüfende Größe übrig
bleibt.
Die Prüfstelle hat 16 Arme in ununterbrochener Ueberwachung der mit dem Ersatzarm
versehenen Arbeiter bei der Arbeitsausführung durchprüfen lassen und hatte Ende
August v. J. noch 19 weitere Arme in Prüfung. Außerdem wurden drei Gebrauchhände und
vier künstliche Beine geprüft, während über fünf weitere die Prüfung noch nicht
abgeschlossen ist. Dazu treten eine Anzahl von Ersatzstücken, wie Greifwerkzeuge,
Arbeitsklauen sowie sogenannte Radialisschienen. Zu den geprüften Armen gehören
unter anderen solche der Siemens-Schuckert-Werke G. m. b.
H. in Nürnberg, der Deutschen Rotawerke m. b. H. in
Aachen, der Firma Emil Jagenberg, Düsseldorf, der Carnes Artificial Limb Company in Kansas City (Amerika),
eine magnetische Hand der AEG, sowie eine Anzahl von Armen, die von Stabsärzten
einzelner Reservelazarette und von Sanitätsämtern konstruiert worden sind. Außer
rein wissenschaftlichen Untersuchungen werden von der Prüfstelle auch von außerhalb
eingehende schriftliche Anträge von Erfindern bearbeitet, denen nicht die genügenden
Mittel zur Verfügung stehen, Modelle anzufertigen, die aber der Meinung sind, einen
besonderen Gedanken zur Kenntnis der Allgemeinheit bringen zu sollen.
Zu diesen Arbeiten des Prüfungsamtes sind in letzter Zeit noch einige weitere
getreten. Das Sanitätsamt des Gardekorps hat der Prüfstelle die Aufgabe zugewiesen,
alle Amputierten aus den dem Sanitätsamt unterstellten Lazaretten vor der
Beschaffung von Ersatzgliedern bei der Wahl der für ihren Beruf und den Grad der
Amputation geeigneten Ersatzglieder zu beraten. Es wurden innerhalb des halben
Jahres 345 Amputierte beraten. Ebenso hat das Reichsamt des Innern die Prüfstelle
mit der Bearbeitung von Normalien für die Befestigung der Ansatzstücke an dem
Ersatzarm betraut, welche große und schwierige Arbeit schon heute in vollem Umfange
geglückt ist. Ueber die Arbeit der Prüfstelle im einzelnen unterrichten von Zeit zu
Zeit herausgegebene Merkblätter. Ein gemeinsam mit der Verwaltung der Ständigen
Ausstellung für Arbeiterwohlfahrt in Charlottenburg demnächst herauszugebendes
Handbuch über Bau, Herstellung und Verwendung von Ersatzgliedern und Arbeitshülfen
für Kriegsbeschädigte und Unfallverletzte soll eine objektive Darstellung dieser
Ersatzglieder, die Ergebnisse der Prüfstelle sowie die mit den Gliedern auch in der
Praxis gemachten Erfahrungen wiedergeben. Der Vorsitzende der Prüfstelle ist
Senatspräsident im Reichsversicherungsamt Hon.-Prof. Dr.-Ing. Konrad Hartmann, Berlin-Grunewald, der Geschäftsführer Prof. Dr.-Ing. Georg Schlesinger, Technische-Hochschule
Charlottenburg.
–––––
Ausnahmebestimmungen während des Krieges. Herausgegeben
vom Verbände deutscher Elektrotechniker e. V.
In Heft 22 S. 362 Bd. 331 haben wir von einer Zusammenstellung der
„Ausnahmebestimmungen während des Krieges“ berichtet, die vom Verbände
deutscher Elektrotechniker Ende 1915 herausgegeben ist. Sie enthielt die
Veröffentlichungen aus der E. T. Z. von 1914 und 1915, die sich auf die Verwendung
von Kriegsersatzstoffen in der elektrotechnischen Industrie beziehen. Seither haben
die mit diesen Fragen beschäftigten Kommissionen des genannten Vereins weitere
wertvolle Arbeit geleistet, deren Ergebnisse wiederum in der E. T. Z. Anfang 1916
veröffentlicht sind. Für den praktischen Gebrauch ist das Material zusammen mit dem
bereits früher gebotenen nunmehr, wie auch seinerzeit in Aussicht gestellt war, im
April in einer kleinen Druckschrift zusammengefaßt herausgegeben, die wie die
frühere vom Verbände deutscher Elektrotechniker, Berlin, zu beziehen ist.
Bei den „Aenderungen an den Normalien für Freileitungen für Eisenleitungen“
ist ergänzend hinzugefügt, daß die Befestigung der Isolatoren auf den Stützen, da
der zum bisher üblichen Aufhanfen benutzte Hanf nicht mehr frei zur Verfügung steht,
durch imprägnierte Papierhülsen erfolgen kann, und eine Anweisung dafür gegeben.
Auch Streifen von Sackleinen und Putzwolle, Papiergewebe und Zeitungspapier sind
dafür brauchbar.
Neu hinzugekommen sind ferner Normalien für gummiisolierte Aluminiumleitungen,
Normalien für Leitungen zum Anschluß ortsveränderlicher Stromverbraucher mit
Aluminium- oder Zinkleitern und Normalien für Leitungen für Beleuchtungskörper
(Fassungsadern und Pendelschnüre mit Aluminium- oder Zinkleitern). Für Bleikabel
sind die vorläufig herabgesetzten Wandstärken der Bleimäntel aufgeführt. In die
Belastungstabellen sind die zulässigen Stromstärken der Aluminiumdrähte, die bisher
nur bis 16 mm2 Querschnitt mit 16 A angegeben
waren, für Drähte bis 150 mm2 Querschnitt mit 255
A erweitert. Auch die zulässigen Belastungen für Aluminiumkabel sind tabellarisch
zusammengestellt.
Im Abschnitt über Installationsmaterial ist neu angeführt, daß als Ersatz für die
Verbleiung bei Papierrohren mit gefalztem Metallmantel eine gute Verzinkung
zuzulassen ist, um an Blei zu sparen.
Der große Wert der vorliegenden Kriegsvorschriften bei der Wahl und Berechnung der
Ersatzstoffe steht außer allem Zweifel. Sie lassen zugleich erkennen, daß uns auf
den verschiedenen Gebieten brauchbare Ersatzstoffe zur Verfügung stehen und somit
die elektrotechnische Industrie durch Entziehung der für die Kriegsführung
erforderlichen Stoffe keineswegs gelähmt ist.
Nachdem die Einzelbestimmungen nunmehr zweifellos gründlich durchgearbeitet sind,
dürfte es möglich sein, zur Ersparnis von Arbeit und Papier die weiter erforderlich
werdenden Vorschriften als Ergänzungsblätter herauszugeben und nicht, wie es diesmal
vielleicht aus redaktionellen Gründen zweckmäßig war, die früheren
Veröffentlichungen nochmals zu wiederholen. Von den insgesamt 21 Seiten des
vorliegenden Heftes hätten auf diese Weise etwa 15 Seiten gespart werden
können, ohne daß dadurch die Uebersicht erschwert wäre.
Ritter.
Otto Mohr. Die vor einigen Tagen erfolgte Ernennung des
ehemaligen Professors an der Technischen Hochschule zu Dresden Otto Mohr zum Wirklichen Geheimen Rat wird in allen technischen Kreisen
mit besonderer Freude begrüßt werden. In schlichter Zurückgezogenheit hat Otto Mohr der Bauingenieurwissenschaft in einer
reichgesegneten Lebensarbeit eine Fülle bahnbrechender Gedanken beschert, die seinen
Namen weit über Deutschlands Grenzen hinaus getragen haben. Auch nachdem der
gefeierte akademische Lehrer im Jahre 1900 nach 33-jähriger Tätigkeit an den
Technischen Hochschulen in Stuttgart und Dresden in den Ruhestand getreten war, hat
er die Fachwelt mit neuen Früchten seines schöpferischen Schaffens überrascht,
zuletzt noch durch eine grundlegende Abhandlung „Ueber die Theorie des statisch
unbestimmten Fachwerks“, die gerade in den Tagen seines 80. Geburtstages
entstanden ist. Die allgemeine Bewunderung und Verehrung für Otto Mohr fand vor kurzem in einer Widmungsschrift ihren Ausdruck, die von
einer Reihe deutscher Gelehrter in Erinnerung an seinen 80. Geburtstag verfaßt und
dem verehrten Lehrer und Meister dargebracht worden ist.
Die neue Ehrung des „Altmeisters der technischen Mechanik“ wird aber auch
zugleich als eine Ehrung des technischen Standes empfunden werden, weil Otto Mohr der erste Vertreter der Ingenieurwissenschaften
an einer deutschen Technischen Hochschule ist, dem hiermit der Titel Exzellenz
zuteil wurde. Gerade unsere Zeit zeigt täglich von neuem, welche bisher ungeahnten
Leistungen unsere deutsche Technik vollbringt und wie sie der des feindlichen
Auslandes überlegen ist. Mit rückhaltloser Befriedigung wird daher auch in den
weitesten Kreisen die Nachricht von dieser Ehrung eines unserer deutschen Meister
aufgenommen werden.
–––––
In der zweiten Sitzung der 57. Hauptversammlung des Vereins
deutscher Ingenieure wurde der Kgl. Baurat Fr.
Schmetzer zum Ehrenmitglied des Vereins ernannt und dem Kgl. Baurat
Dr.-Ing. e. h. Schmidt die Grashof-Denkmünze
verliehen.