Titel: | Polytechnische Schau. |
Fundstelle: | Band 332, Jahrgang 1917, S. 56 |
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Polytechnische
Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Untersee-Tankschiffe. Die Schiffswerft und
Maschinenfabrik Doxford, Sunderland in England,
beschäftigt sich mit dem Bau unterseeischer Oelbehälter, die gegen jede Art von
Beschießung, gegen Fliegerbomben und gegen Angriffe von Unterseebooten geschützt
sind. Die Behälter gestatten etwa 2400 t flüssigen Brennstoff aufzunehmen. Mit Hilfe
je eines Ballastraumes an jedem Ende kann der Behälter auf jede Wassertiefe versenkt
werden. Die Aufnahmefähigkeit der beiden Ballasträume ist etwas größer als die
Reserveschwimmfähigkeit des vollbeladenen Schiffes. Die Oelförderung aus dem
versenkten Behälter geschieht am zweckmäßigsten mittels Preßluft. Werden aus den
Ballasträumen etwa 30 t Wasser entfernt, dann steigt der Behälter an die Oberfläche.
Es ist bereits auch der Bau eines solchen Behälters von 20000 t Fassungsvermögen
geplant, der stets schwimmend in einem Hafen verankert werden soll. Der versenkbare
und der unversenkbare Oelbehälter können, wenn notwendig, längs eines Schiffes
anlegen, um von diesem Oel zu übernehmen oder umgekehrt Oel abzugeben. Diese
schwimmenden Oelbehälter gestatten die Aufnahme oder Abgabe großer Oelmengen in viel
kürzerer Zeit als dies bei Anlagen am Lande möglich ist. In den meisten Fällen
wird die neue Art der Oelaufbewahrung auch billiger sein. Ein solcher Oelschwimmtank
ist auch explosionssicherer als ortfeste Tankanlagen. Ein einmal in Brand geratener
Schwimmtank kann leichter gelöscht werden, und der Brand kann sich nicht weiter
ausdehnen. Es wird deshalb auch möglich sein, entsprechend geformte Schwimmtanks als
Fahrzeuge herzustellen, die über das Meer geschleppt werden können.
Auch in Deutschland sollen schon vor Anfang des Krieges Versuche mit solchen
Schutzbehältern für Oel ausgeführt worden sein. (Der Oelmotor 1916 S. 191.)
W.
–––––
In einem Aufsatz über geschmierte Arbeitsräder in Heft 20
bis 26, 1916 der Zeitschrift für das gesamte Turbinenwesen untersucht Gümbel den Einfluß der Schmierung auf die Zahnform und
die Gestaltung des Rades. Eingehende theoretische Betrachtungen der in Frage
kommenden Vorgänge ergeben folgendes:
Zwei ebene Flächen, die parallel zueinander verschoben werden, können einen Druck
senkrecht zur zwischen ihnen befindlichen Flüssigkeitsschicht nicht übertragen; es tritt schließlich
eine Berührung der festen Flächen ein. Soll ein Druck durch eine
Schmiermittelschicht übertragen werden, so muß also entweder bei
Parallelverschiebung zur Erreichung veränderlicher Querschnitte die eine Fläche
unter einem Winkel geneigt verschoben werden, oder die Flächen müssen senkrecht zur
Flüssigkeitsschicht bewegt werden. Die Untersuchung des ersten Falles ergibt, daß
der Reibungskoeffizient von der gegenseitigen Lage und den Abmessungen der
geschmierten Flächen abhängig, von der Geschwindigkeit der Verschiebung und der Art
der Flüssigkeit unabhängig ist, daß aber die Größe des in der Schmierschicht
entstehenden Druckes und der Widerstand der Verschiebung von der relativen
Verschiebungsgeschwindigkeit und dem Schubmodul des Schmiermittels abhängt. Eine
Prüfung des zweiten Falles zeigt, daß eine zwischen zwei festen Flächen
eingeschlossene Flüssigkeitsschicht, wie zum Beispiel die Schmierschicht zwischen
zwei Zähnen, der Annäherung der Flächen und somit deren Abnutzung einen sehr großen
Widerstand entgegensetzt.
Diese Ergebnisse können als Grundlage für die besondere Untersuchung der Verhältnisse
bei zusammenarbeitenden Zahnrädern dienen. Für trockene Reibung ist bei
Zykloidenrädern die Zahnreibungsarbeit um so kleiner, je größer bei kleinem
Eingriffbogen die Halbmesser oder Teilkreise sind, je kleiner der Eingriffbogen ist
und je gleichmäßiger der Eingriffbogen um den Fußpunkt des Lotes aus dem Radmittel
auf die Eingrifflinie verteilt ist. Für Zykloidenverzahnung gilt dasselbe. Die
Abnutzungsverhältnisse sind bekanntermaßen bei Evolventenrädern bedeutend
ungünstiger als bei Zykloidenrädern. Bei ersteren soll nur ein Teil der
Eingriffstrecke benutzt werden, bei letzteren nur der Teil des Eingriffs, der durch
den Kopf des kleinen Rades und den Fuß des großen Rades begrenzt wird. Für die
Zykloidenverzahnung wird dadurch die zu fordernde gleichmäßige Verteilung der
Abnutzung längs der ganzen Flanke erreicht, die Bedingung für Erzielung geringster
Reibungsarbeit bei trockener Reibung aber vernachlässigt.
Wird nun zwischen die Zähne eine Schmiermittelschicht
gebracht, so wird dadurch beim Abwälzen der Zahnflanken aufeinander ein die Reibung
beeinflussender Druck in der Schmierschicht erzeugt. Dieser bei der Wälzbewegung der
Zähne entstehende Druck ist nun aber um so größer, je größer der resultierende
Krümmungshalbmesser der Zahnflanken ist, und dieselbe Bedingung ergibt sich für die
Erfüllung der Forderung geringster Abnutzung während der Anlaufzeit (während dieser
findet auch bei geschmierten Zähnen noch eine Berührung der festen Flächen statt).
Evolventenverzahnung ist aus diesem Grunde unzweckmäßig. Für geschmierte
Zykloidenzahnräder sind aber folgende Bedingungen zu erfüllen:
1. Man wähle als Zahnprofil die Zykloide, welche durch Wälzen eines Kreises auf dem
Teilkreise des kleinen Rades und in dem Teilkreise des großen Rades entsteht.
2. Der Fußkreis der Zähne des kleinen Rades ist so zu legen, daß der Eingriff im
Teilkreise oder etwas außerhalb desselben beginnt.
3. Die Differenz von Kopfkreis- und Teilkreishalbmesser des kleinen Rades ist etwa
gleich ½ t zu wählen.
4. Die Stärke des Zahnes im Teilkreise ist etwa ⅝ t zu wählen.
5. Der Halbmesser des Wälzkreises ist so klein wie möglich zu wählen, jedoch so,
daß
a) das Abnutzungsverhältnis des kleinen Rades zum großen Rade
in zulässigen Grenzen bleibt;
b) der Zahn des kleinen Rades im Kopfkreise noch eine genügende
Stärke behält;
c) der Winkel zwischen Zahndruck und Zentrale (β) nirgends kleiner als etwa 75° ist.
Eine derartige Verzahnung ist in Abb. 1
dargestellt.
Textabbildung Bd. 332, S. 56
Abb. 1.
Um hierfür auch die für Evolventenräder bestehenden Vorteile der günstigen
Herstellung auf selbsttätigen Zahnräder-Bearbeitungsmaschinen und der Verwendung als
Satzräder in gewissen Grenzen zu gewinnen, wäre die Zahl der Wälzkreishalbmesser zu
beschränken, etwa auf den Wert r=\frac{200}{2\,Z}, worin Z eine
positive oder negative ganze Zahl ist. Eine geringe Verschiebung der Achsen, wie sie
bei Evolventenrädern zulässig ist, hat auf die Gleichförmigkeit des Ganges bei der
vorgeschlagenen Zahnform geringeren Einfluß, als eine durch Abnutzung einer
Evolventenverzahnung entstandene unbestimmte Zahnform, so daß dieser weitere Vorteil der
Evolventenräder außer acht gelassen werden kann. Die geringste Zähnezahl der
vorgeschlagenen Zahnform ist zwölf.
Um keine Aenderung in der Stärke der Schmierschicht zuzulassen, wodurch die Ruhe des
Ganges beeinflußt würde, müssen beim Wechsel der Zähne Flankenteile mit angenähert
gleichen Krümmungsradien aufeinander folgen. Das könnte einmal durch sehr große
Zähnezahl erreicht werden, doch ist dieser Weg aus Rücksicht auf Festigkeit nicht
möglich. Als zweite Möglichkeit bleibt die Anordnung mehrerer gestaffelter Räder,
die im Teilkreise um Bruchteile der Teilung gegeneinander versetzt sind. Bei
unendlicher Staffelzahl ergibt sich ein Rad mit Schrägzähnen. Einem solchen
gegenüber hat das Staffelrad aber die Vorzüge, daß der Zahndruck geringer ist, kein
achsialer Zahndruck vorhanden ist, durch die Schmierung ein größerer Teil des
Zahndruckes aufgenommen wird, die Herstellung einfacher ist und der turch Verdrehung
der Welle entstehenden elastischen Formänderung des kleinen Zahntriebes Rechnung
geragen wird. Ein solcher Staffeltrieb ist in Abb. 2
dargestellt.
Textabbildung Bd. 332, S. 57
Abb. 2.
Auch die für günstiges Arbeiten notwendige Forderung, daß der Zahndruck zweier
aufeinander arbeitenden Zahnräder sich gleichmäßig auf die Zahnbreite verteilt, wird
bei der Staffelzahnung besser erfüllt als bei der Schräg- oder Winkelzahnung, bei
welcher man zur angenäherten Erreichung dessen entweder die Ritzelachse schräg
stellen oder eine entsprechende Deformation des großen Rades vorsehen muß, um die
Verdrehung der Welle auszugleichen.
Ritter.
–––––
Die Grundlagen der Berechnung für Gasrohrleitungen. Die
bisher für die Berechnung von Gasrohrleitungen zur Verfügung stehenden
Rechnungsmethoden geben so verschiedenartige Werte, daß ihre Benutzung für die
Praxis nicht zweifelsfrei ist. Einen hierfür brauchbareren Weg zu zeigen hat Biegeleisen unternommen und auf der vorjährigen
Versammlung des Vereins der Gas- und Wasserfachmänner in Oesterreich und Ungarn in
einem Vortrage erläutert, dessen Bericht in Heft 19 der Vereinszeitschrift des
genannten Vereins wiedergegeben ist. Die Schwierigkeiten einer zuverlässigen
Rechnung sind unter anderen Aenderung von Volumen und Temperatur infolge
Druckabfalles und Wechsels in der Bodentemperatur, verschiedenartige Zusammensetzung
und Reinigung, Ausscheidungen, die den Widerstand erhöhen, und die Beschaffenheit
der Rohre und ihrer Verbindungen.
Die Aufstellung einer Berechnungsformel auf theoretischer Grundlage zeigte sich als
aussichtslos. Biegeleisen hat deshalb sowohl sämtliche
früher ausgeführte Versuche anderer, so weit sie sich als brauchbar erwiesen, als
auch eine eigene sorgfältigst ermittelte Versuchsreihe seinen Entwicklungen zugrunde
gelegt. Dabei konnten die Ergebnisse jedes fremden Forschers natürlich nicht
gleichwertig eingesetzt werden, sondern mußten vielmehr verschieden bewertet werden,
je nachdem sie alle oder nur einen Teil der für den Druckverlust in Gasrohren
maßgebenden Faktoren berücksichtigt haben. Weiterhin zeigte sich, daß die Strömung
von Luft in Rohren nicht gleichartig wie die von Leuchtgas vor sich geht, eine
einfache Uebertragung der mit Luft erhaltenen Ergebnisse auf Leuchtgas daher nicht
zuverlässig ist.
Die Versuche, die Biegeleisen berücksichtigt hat, seien
hier nur kurz aufgeführt. Es sind folgende: Clegg (1860)
wenig brauchbar; Arson (1867) wertvoll, gußeiserne
Leitungen von 50, 81, 103, 254, 500 mm ? von rund 100 bis 300 m Länge,
schmiedeeiserne Rohre von 50 mm 1. W.; Trewby (1904) 12
Beobachtungen an Leitungen von 36'' und 48'' (914 und 1219 mm 1. W.) von 1690 und
4200 m Länge, wenig genau; Canning (1900) Leitung von 120
mm 1. W. und 1225 m Länge; Fliegner (1907) Ferngasleitung
Riet–St. Gallen mit gußeisernen Rohren von 350 mm 1. W., sehr wertvoll; Hase (1907) Fernleitung Lübeck–Travemünde mit
Mannesmann-Stahlrohren von 50 mm 1. W., und Temperaturabfall von 17,6° C auf 2,7° C,
sehr wertvoll; d'Aubenton-Cara (1908) Hochdruckgasleitung
Neuville–Fontaine (Frankreich) von 150 mm 1. W. und ? 13 km Länge; Chandler (1900); Hardie (1900)
Hochdruckanlage Tynemont von 450 mm 1. W. und 1700 m Länge; Spitzglaß (1912) schmiedeeiserne Rohre von 1, 1½, 2, 2½, 3 m 1. W. und
gußeiserne Rohre von 250, 500, 600, 900 mm 1. W., bei Niederdruck und Hochdruck,
sehr umfangreich; Humphrey (1913) Rohre von 10 km Länge
und 700, 750, 850, 900 mm 1. W. für Luftleitung, daher nicht ohne weiteres für
Leuchtgas brauchbar.
Insgesamt hat Biegeleisen etwa 1000 Versuche mit Leuchtgas
berücksichtigt.
Eine Zusammenstellung der einzeln für die wichtigsten Gruppen dieser Versuche
aufgestellten Formeln ergibt nun außerordentliche Unterschiede, so zum Beispiel für
den Druckverlust gußeiserner Rohre von 80 mm 1. W. und 50 m3/Std. Gasvolumen bei 15° C fast 150 v. H., so daß
die Aufstellung einer neuen Formel erforderlich war. Das geschah zum Teil auf Grund
eigener Versuche von Biegeleisen, zum Teil auf Grund der
früheren Versuchswerte.
Biegeleisen führte seine Versuche an schmiedeeisernen
Gasrohren von ⅜, ½, ¾ und 1'' 1. W. mit und ohne Muffe bei 4 bis 4,5 m Länge durch.
Die wichtigsten Ergebnisse dieser Versuche waren:
1. Bis zu einem bestimmten Geschwindigkeitswerte ist der Druckverlust in
schmiedeeisernen Rohren der ersten Potenz der
Geschwindigkeit (nicht ihrem Quadrate) bzw. der Gasmenge direkt
proportional.
2. Für jedes Rohr besteht eine sogenannte kritische
Geschwindigkeit, unterhalb und oberhalb welcher sich der Zusammenhang
zwischen Druckverlust und Geschwindigkeit ganz erheblich ändert. Sie ist um so
kleiner, je größer der Rohrdurchmesser ist.
3. Die innere Oberfläche der Rohre ist von großem Einflüsse. In gebrauchten Rohren
war der Druckverlust bei allen Durchmessern fast doppelt so groß als in neuen.
4. Das Maß der inneren Reibung (die Zähigkeit) ist hauptsächlich von der Temperatur
abhängig.
Für die Auswertung sämtlicher Versuche zur Aufstellung neuer Berechnungsformeln war
als maßgebend anzusehen, daß der infolge Reibung entstehende Druckverlust bei
Strömung von Leuchtgas durch Rohrleitungen abhängig ist von
1. Rohrstoff,
2. Beschaffenheit der inneren Rohrfläche,
3. Geschwindigkeit bzw. Gasmenge,
4. Durchmesser der Leitung,
5. spezifischem Gewicht des Gases,
6. Temperatur des Gases.
Zu 1 und 2. Der Rohrstoff wurde durch getrennte Behandlung der Versuche an
gußeisernen und schmiedeeisernen Rohren berücksichtigt, die Rohrbeschaffenheit durch
jeweils zwei verschiedene Werte für neue und alte Rohre.
Zu 3. Zur Berücksichtigung des Einflusses der Geschwindigkeit wurden die
Versuchswerte in logarithmischen Schaubildern aufgetragen derart, daß als Ordinaten
die Druckverluste in mm WS pro lfd. m, als Abszissen die Geschwindigkeiten unter
Benutzung logarithmischer Teilung aufgetragen wurden. Dieser Einfluß zeigte sich in
den Schaubildern als eine Gerade, deren Neigung die Potenz der Geschwindigkeit
angibt, zu welcher der Druckverlust proportional ist. In dieser Weise wurden alle
Versuche ausgewertet und ein Mittelwert der Potenz abgeleitet.
Zu 4. Der Einfluß der Rohrdurchmesser ergab sich dadurch, daß von allen Versuchen
zunächst der Druckverlust für dieselbe Geschwindigkeit (z.B. 1 m/Sek.) ermittelt und
graphisch für die entsprechenden Durchmesser aufgetragen wurde.
Zu 5 und 6. Zur Berücksichtigung der Einflüsse von spezifischem Gewicht und
Temperatur mußten mangels bezüglicher Versuche mit Leuchtgas die Versuche mit Luft
sinngemäß mit herangezogen werden.
Die so aufgestellten Schaubilder sind aus den beigefügten Abb. 1 und 2 zu ersehen.
Textabbildung Bd. 332, S. 58
Abb. 1. Abhängigkeit des Druckverlustes vom Durchmesser bei schmiedeeisernen
Rohren oberhalb der kritischen Geschwindigkeit
Die kritische Geschwindigkeit hat nach den Versuchen nur für schmiedeeiserne Rohre
praktische Bedeutung; bei gußeisernen Rohren liegen die Strömungsgeschwindigkeiten
bei Niederdruck und bei Hochdruck immer oberhalb der kritischen Geschwindigkeit. Bei
den Versuchen von Biegeleisen liegen die kritischen Geschwindigkeiten für Rohre
von
½'' 1. W. neu ohne Muffe bei 2,2 m/Sek.,
¾'' 1. W. neu mit Muffe bei 2,0 m/Sek.,
½'' 1. W. gebraucht mit Muffe bei 2,6 m/Sek.,
¾'' 1. W. gebraucht mit Muffe bei 1,7 m/Sek.
Das Gesetz für die Abhängigkeit der kritischen Geschwindigkeit vom Durchmesser hat er
leider nicht abgeleitet.
Biegeleisen hat zwei Arten von Formeln aufgestellt, eine
Gruppe für genaue Rechnung, die alle Faktoren berücksichtigt, und eine Gruppe für
angenäherte Rechnungen, die nur die im allgemeinen in der Praxis und insbesondere
bei Entwürfen neuer Anlagen bekannten Werte von Gasmenge und Durchmesser
berücksichtigt.
Zur Erleichterung der Auswertung der Formeln sind Tabellen und zeichnerische
Darstellungen einzelner Werte derselben zweckmäßig.
Die Formeln selbst lauten:
A. Schmiedeeiserne Rohre.
a) Unterhalb der kritischen Geschwindigkeit:
Neue Rohre \frac{h}{l}=0,00124\,\frac{\eta\,.\,Q}{d^4},
gebrauchte Rohre \frac{h}{l}=0,0024\,\frac{\eta\,.\,Q}{d^4},.
b) Oberhalb der kritischen Geschwindigkeit:
\frac{h}{l}=\frac{206}{10^{10}}\,\frac{\eta^{0,27}\,.\,\gamma^{0,73}\,.\,Q^{1,73}}{d^{4,73}}.
Textabbildung Bd. 332, S. 59
Abb. 2. Abhängigkeit des Druckverlustes vom Durchmesser bei gußeisernen
Rohren
B. Gußeiserne Rohre:
\frac{h}{l}=\frac{735}{10^{10}}\,\frac{\eta^{0,31}\,.\,\gamma^{0,69}\,.\,Q^{1,69}}{d^{4,69}}.
Das sind genaue Formeln; wird aber die Temperatur des Leuchtgases zu 15° C und das
spezifische Gewicht zu γ = 0,5 kg/m3 angenommen, so ergeben sich annähernde
Formeln:
A. Schmiedeeiserne Rohre.
a) Unterhalb der kritischen Geschwindigkeit.
Neue Rohre \frac{h}{l}=\frac{198}{10^{10}}\,.\,\frac{Q}{d^4},
gebrauchte Rohre \frac{h}{l}=\frac{384}{10^{10}}\,.\,\frac{Q}{d^4}.
b) Oberhalb der kritischen Geschwindigkeit:
Neue Rohre \frac{h}{l}=\frac{631}{10^{12}}\,.\,\frac{Q^{1,73}}{d^{4,73}},
gebrauchte Rohre \frac{h}{l}=\frac{128}{10^{11}}\,.\,\frac{Q^{1,73}}{d^{4,73}}.
B. Gußeiserne Rohre:
\frac{h}{l}=\frac{162}{10^{11}}\,.\,\frac{Q^{1,69}}{d^{4,69}}.
Zu allen Gleichungen bedeutet:
h = den Druckverlust in kg/m2 oder in mm WS,
l = die Rohrlänge in m,
d = den Rohrdurchmesser in m,
Q = das Gasvolumen in m3/Std.,
γ = das spezifische Gewicht in
kg/m3,
η = den Zähigkeitskoeffizienten
in \frac{\mbox{kg}/\mbox{Sek.}}{\mbox{m}^2} (=0,0000597 für 15°C).
Für gußeiserne Rohre ist nur eine Gleichung vorhanden, weil die betreffenden Versuche
die gewünschte Klarheit in dieser Beziehung noch nicht verschaffen können.
Ritter.
–––––
Fabrikbeleuchtung. (Dr. Halbertsma, Sitzung der deutschen Beleuchtungstechnischen Gesellschaft am
16. September 1916.) Der Vortragende bezeichnete sein Thema als nur eins von den
vielen Problemen der praktischen Lichttechnik, die dringend einer auf
wissenschaftlich-technischer Grundlage fußenden Behandlung bedürfen, glaubte aber,
die Frage der Fabrikbeleuchtung als erste vor der Beleuchtungstechnischen
Gesellschaft behandeln zu sollen, weil sie wegen des Ausscheidens ästhetischer
Fragen ein rein technisch-physiologisches Problem darstelle, und weil ihr vom
Standpunkt der größtmöglichsten Ausnutzung der vorhandenen Arbeitskräfte und
Betriebsmittel in der jetzigen Zeit eine besondere Bedeutung beizumessen sei.
Auf die Wichtigkeit einer zweckmäßigen Beleuchtung industrieller Anlagen hat zum
Beispiel 1913 Eshleman hingewiesen, indem er den
wesentlichen Zielen jeder Fabrikation, der Vergrößerung der Produktion, der
Verbesserung der Qualität und der Verringerung der Unkosten, die Mittel gegenüber
gestellt hat, die zur Verwirklichung dieser Ziele führen. Es sind dies gute
Arbeitskräfte, gute Maschinen und gute Beleuchtung, deren Bedeutung um so
erheblicher ist, als sie erst die volle Wirksamkeit der beiden vorher genannten
Faktoren verbürge. Es ist zu bedauern, daß das Hilfsmittel der Beleuchtung in der
Gewerbehygiene so geringe Beachtung gefunden hat, obwohl andere in gleiche Linie zu
stellende Hilfsmittel wie Heizung und Lüftung in weitgehendem Maße untersucht, auf
den technischen Lehranstalten behandelt und praktisch berücksichtigt werden.
Die Verkennung der Beleuchtung als wichtiges Hilfsmittel jedes Betriebes spiegelt
sich zum Beispiel darin wieder, daß sich unter 200 angemeldeten Vorträgen, die auf
einem für das Jahr 1914 geplanten Kongreß für Gewerbehygiene gehalten werden
sollten, kein einziger befunden hat, der Fragen der Beleuchtung und der Hygiene des
Auges behandelte, und daß in einem Bericht über die Arbeitsgebiete und Ziele des
Kaiser-Wilhelm-Instituts für Arbeitsphysiologie unter den zu untersuchenden
Einflüssen der Umgebung die Beleuchtung nicht berücksichtigt ist.
Die Ursache für diese Erscheinung suchte der Vortragende darin, daß die Fragen
der Arbeitsplatzbeleuchtung in den 80 er Jahren durch die Untersuchungen von Kohn zu einem gewissen Abschluß gekommen seien, daß dann
aber die weitere Untersuchung dieser Fragen mit der schnellen Entwicklung der
neueren Lichtquellen nicht Schritt gehalten habe. So habe die Flächenhelle der
Lichtquellen und die dadurch verursachte Blendung in äußerst hohem Grade zugenommen,
ohne daß der Einfluß der Blendung auf die Sehschärfe und die Ermüdung des Auges
hinreichende Beachtung gefunden habe.
Als Hauptfehler, den man in fast allen Fabrikbetrieben antreffen könne, nannte der
Vortragende dann die Anwendung der im Gesichtsfeld des Arbeiters brennenden nackten
Glühlampe, die durch den eigentümlichen Standpunkt zu erklären sei, daß man in dem
Reflektor nur ein Mittel sehe, durch das ein Lichtverlust hervorgerufen würde. Man
übersehe eben den doppelten Sinn eines solchen Reflektors, einerseits den Lichtstrom
vorwiegend in eine bestimmte Richtung zu lenken, und anderseits die Lichtquelle
selber dem Auge zu verdecken.
Auf diese Frage ging der Vortragende im einzelnen näher ein und wies noch darauf hin,
welche besonderen Hilfsmittel mitunter erforderlich sind, wenn es sich zum Beispiel
darum handelt, in Räumen mit stark reflektierenden Metallflächen nicht allein die
Blendung durch die direkt gesehene Lampe zu verhindern, sondern auch dafür zu
sorgen, daß kein metallisch reflektiertes Licht die Augen der im Raume Befindlichen
schädige.
Der Vortragende ging dann dazu über, die wirtschaftlichen und hygienischen Vorteile
guter Beleuchtung kurz zusammen zu fassen. Zu diesem Zwecke untersuchte er die
Frage, in welcher Abhängigkeit von der Beleuchtung die Leistungsfähigkeit des
Arbeiters steht, und gab diesen Zusammenhang in Kurvenform wieder. Er zeigte, daß
bei niedriger Beleuchtung naturgemäß der Wert der geleisteten Arbeit kleiner sei als
die Summe von Lohn, allgemeinen Unkosten und Beleuchtungskosten, daß bei einer
bestimmten Beleuchtung beide Werte einander gleich werden, und daß erst oberhalb
dieser Grenze das Gebiet liege, in dem der Arbeiter seine Tätigkeit mit Nutzen
verrichte. Die Leistungsfähigkeit erreicht schließlich einen Maximalwert, über den
hinauszugehen kein Interesse vorliegt, da einerseits die Leistungsfähigkeit dadurch
nicht gesteigert wird, und da anderseits bei zu starker Beleuchtung schließlich ein
Punkt erreicht wird, an dem die absolute Größe des Lichtstromes eine Blendung des
Auges hervorruft. Die günstigste Ausnutzung der Fähigkeiten des Arbeiters tritt
nicht bei dem gekennzeichneten Höchstwert selber ein, sondern schon etwas vorher,
weil schließlich die Leistungslinie bei zunehmender Beleuchtung weniger stark
anwächst, als dies bei den Unkosten für die Beleuchtung der Fall ist.
Naturgemäß werden derartige Kurven je nach der Art der zu verrichtenden Arbeiten
wesentlich verschieden ausfallen, und aus diesem Grunde kann nur ein umfangreiches
Zahlenmaterial, das in engster Fühlung mit den praktischen Betrieben gewonnen
ist, wirklich brauchbare Aufschlüsse geben.
In diesem Zusammenhang wies der Vortragende auf die Ergebnisse von Eshleman hin, der Vergleiche über das Wickeln von Spulen
bei Tage und während der Nachtschicht vorn gleichen Arbeiter angestellt hat. Der
Genannte ermittelte, daß in der gleichen Anzahl von Stunden der Nachtschicht nur 55
v. H. der Spulen hergestellt werden konnten wie am Tage, und daß noch dazu die Güte
der bei Nacht gewickelten Spulen der Güte der am Tage hergestellten wesentlich
unterlegen war. Während der Ausschuß infolge mangelnder Isolation bei den am Tage
hergestellten Spulen nur 5 v. H. betrug, stieg diese Zahl für die während der
Nachtschicht hergestellten Stücke auf 10 bis 15 v. H. Da überdies die Kosten der
Beleuchtung selten mehr als 1 v. H. der Löhne betragen, lohnt sich die verbesserte
Beleuchtung schon dann, wenn der Arbeiter in jeder Stunde nur eine halbe Minute beim
Suchen von Werkzeugen, falschen Handgriffen usw. erspart.
Wichtige Aufschlüsse über den Wert der Beleuchtung gibt auch die Statistik der
Betriebsunfälle. Es ging dies aus zwei Kurven hervor, die der Vortragende nach einer
amerikanischen Veröffentlichung wiedergab (Calder). Aus
diesen wurde ersichtlich, daß die tötlichen Unglücksfälle in den gleichen Monaten
stark ansteigen, in denen die Zahl der Stunden ohne Tageslicht anwächst, daß also
ein ausgesprochener Zusammenhang zwischen den Unglücksfällen und der Beleuchtung
besteht. Dasselbe ergibt sich aus einer von dem Amerikaner Simpson nach Statistiken einer großen amerikanischen
Versicherungsgesellschaft angestellten Betrachtung. Aus ihr geht hervor, daß unter
den im Jahre 1910 in industriellen Betrieben vorgekommenen Unglücksfällen 24 v. H.
direkt oder indirekt auf mangelhafte Beleuchtung zurückgeführt werden konnten.
Was endlich die gesetzlichen Bestimmungen angeht, die in den verschiedenen Ländern
für Fabrikbetriebe und andere Werkstätten aufgestellt sind, so ist in der
Gewerbeordnung für das Deutsche Reich wie in den Vorschriften, die für eine Reihe
von Sonderbetrieben aufgestellt sind, stets nur von einer genügenden Beleuchtung die
Rede, ohne daß nähere Erläuterungen dazu gemacht würden. In den belgischen und
französischen Bestimmungen wird gleichfalls in ähnlicher Weise verfahren. Etwas
darüber hinaus ist Dänemark gegangen, indem es die richtige Anbringung der
Lichtquellen fordert. Nur das niederländische Arbeiterschutzgesetz von 1895 enthält
trotz seines Alters schon genauere Angaben über die Mindestbeleuchtungsstärken in
verschiedenen Betrieben, die je nachdem auf 15 bzw. 10 Lux festgesetzt sind, und die
man für die Betriebe, in denen jugendliche oder weibliche Arbeitskräfte beschäftigt
sind, auf 30 bzw. 20 Lux erhöht hat. England hat sich eingehender mit der Frage
beschäftigt und 1913 einen Ausschuß mit der Aufgabe betraut, die Vorarbeiten für ein
Gesetz über die Beleuchtung in Fabriken und Werkstätten in Angriff zu nehmen. Dieser
Ausschuß hat einen Bericht erstattet, aus dem hervorgeht, daß die Unfallzahlen bei
künstlicher Beleuchtung die entsprechenden Ziffern bei Tageslicht weit übersteigen.
Er hat als Leitsatz festgelegt, daß eine Beleuchtung dann genügend sei, wenn die
Arbeit, was Güte und Menge betreffe, richtig ausgeführt werden könne, und wenn die
Beleuchtungsverhältnisse weder die Gesundheit noch die Sicherheit des Arbeiters
gefährdeten. Alle Lichtquellen seien so anzuordnen, daß ihre Strahlen nicht
unmittelbar das Auge des Arbeiters treffen; Lampen im Gesichtsfelde seien durch
geeignete Schirme abzublenden. Die allgemeine Beleuchtung der Werkstätten, auf dem
Fußboden gemessen, solle nicht weniger als 2,5 Lux betragen; für Gießereien werden 4
Lux, für Treppen und Gänge 1 Lux als Mindestbeleuchtung empfohlen. Im Gegensatz zu
diesen Bestimmungen, die die Mindestbeleuchtung festsetzen, habe die Amerikanische
Beleuchtungstechnische Gesellschaft bei ihren Leitsätzen für Fabrikbeleuchtung
(1915) die mittlere Beleuchtung als Grundlage angenommen. Sie schreibe für Treppen,
Gänge und Lagerräume 3 Lux, für grobe Arbeiten 15 Lux und für feine Arbeiten 40 Lux
vor.
Der Vortragende schloß seine Ausführungen mit der Anregung, daß auch die Deutsche
Beleuchtungstechnische Gesellschaft durch Bildung eines Ausschusses, durch Vorträge
usw. die Frage der Fabrikbeleuchtung im besonderen, die der sonstigen Beleuchtung im
allgemeinen in Fluß bringen möge, damit dadurch die Grundlagen zu einer besseren
Regelung auf diesem Gebiete geschaffen würden.
Dr. A. Meyer.
–––––
Die Montanindustrie im Königreich Polen. Die Tatsache, daß
der bisher zu Rußland gehörige Teil Polens von den verbündeten Mächten auch
wirtschaftlich verwaltet wird, ließ es angezeigt erscheinen, die wirtschaftlichen
Verhältnisse im Königreich Polen einer kritischen Würdigung zu unterziehen. Es ist
dies in einer vom Oberschlesischen Berg- und Hüttenmännischen Verein herausgegebenen
Denkschrift geschehen, welcher der folgende Abschnitt über die Montanindustrie im
Königreich Polen auszugsweise entnommen ist.Vgl.
auch Sonderabdruck aus der Zeitschrift des Oberschlesischen Berg- und
Hüttenmännischen Vereins 1916 Heft 1/2.
Das Hauptzentrum der Montanindustrie befindet sich im Kreise Bendzin, wo
Steinkohlengruben, Eisen- und Zinkerzförderungen, Zinkhütten und Eisenwerke liegen.
Nach Norden zu schließt sich ein zweiter Industriebezirk von allerdings geringerer
Bedeutung an, und auch nach Osten zu findet der Bendziner Bezirk eine Fortsetzung in
der Gegend von Olkusch, wo Eisen- und Zinkerze abgebaut werden. Die
Verfeinerungsindustrie endlich hat ihren Sitz hauptsächlich in der Gegend von
Warschau.
Steinkohlenbergbau. Der Vorrat an abbauwürdiger Kohle im
Königreich Polen wird nach Abzug der Abbauverluste auf über zwei Milliarden Tonnen
geschätzt. Was die Beschaffenheit betrifft, so sind die Kohlen des Dombrowaer
Beckens wenig voneinander verschieden. Sie gehören durchweg zur Gattung der nicht
backenden Magerkohle. Der mittlere Heizwert beträgt 6600 WE, der Aschegehalt
durchschnittlich über 7 v. H. Zur Herstellung von Koks und Leuchtgas ist die Kohle
nicht geeignet. Sie steht daher der oberschlesischen Kohle an Güte nach. Die meisten
Gruben, auch diejenigen mit deutschem oder polnischem Namen, sind heute im Besitz
französischer Gesellschaften; nur wenige Gruben, wie Saturn und Gradziek, sind in
deutschen Händen geblieben. Das Königreich Polen steht unter den kohleliefernden
Bezirken Rußlands an zweiter Stelle. Das Dombrowaer Becken liefert ungefähr 21,1 v.
H. der in Rußland geförderten Kohle. Der Betrieb der polnischen Gruben ist in
technischer Hinsicht noch außerordentlich verbesserungsfähig. Dies drückt sich auch
in der Jahresleistung der Bergarbeiter aus, die sich 1912 auf den Kopf der
beschäftigten Arbeiter auf 276 t gegenüber 344 t in Oberschlesien betrug. Die
Dombrowaer Kohle ist zu 90 v. H. im Lande selbst verbraucht worden, nur geringe
Mengen sind gelegentlich nach Deutschland und Oesterreich gegangen. Dagegen wurden
in Polen 1913 etwa 1,1 Mill. Tonnen ober-schlesischer Kohle eingeführt, die
hauptsächlich in den Lodzer Fabriken und den Warschauer Gasanstalten verbraucht
wurden.
Braunkohlenbergbau. Braunkohlen sind an zahlreichen
Stellen bekannt, doch sind verhältnismäßig wenig Vorkommen bis jetzt aufgeschlossen.
In den letzten Jahren sind namentlich in der Gegend von Lodz und Warschau durch
Bohrunternehmer Braunkohlenflöze erbohrt worden, über deren Wert ein endgültiges
Urteil jedoch noch nicht möglich ist. Man kann aber mit Wahrscheinlichkeit annehmen,
daß eine systematische Durchforschung des Untergrundes wichtige Aufschlüsse liefern
würde, da die geologischen Vorbedingungen für das Vorhandensein von Braunkohlen in
weiten Gebieten gegeben sind.
Blei-, Zink- und Kupfererzbergbau. Blei-, Zink- und Kupfererze finden
sich in dem Gouvernement Kielce. In Betrieb waren in den letzten Jahren zwei Zink-
und Bleierzgruben, und zwar die Grube Boleslaw bei Sosnowice, der Sosnowicer
Hüttengesellschaft gehörig, und die Grube Ulysses bei Dombrowa, der
Französisch-Russischen Bergbaugesellschaft gehörig.
Eisenindustrie. In der polnischen Eisenindustrie besteht
nicht in demselben Maße die Wechselwirkung zwischen Kohle und Eisen wie in
Oberschlesien und Westfalen. Der erforderliche Koks muß aus Deutschland und
Oesterreich bezogen werden. Seit einer Reihe von Jahren erfolgt eine Anreicherung
der verhütteten Erze durch südrussische Eisenerze mit etwa 60 bis 66 v. H. Eisen,
wodurch sich die Produktionsverhältnisse wesentlich gebessert haben. Die in
Oberschlesien in großem Umfange verhütteten schwedischen Erze wurden auf den
polnischen Hütten bisher nicht verarbeitet. Die Arbeitsleistungen sind
verhältnismäßig gering und auch die Unkosten größer als in der benachbarten
oberschlesischen Industrie. Daher stellten sich die Selbstkosten in Polen pro Tonne
Roheisen um etwa 20 M höher als in Oberschlesien. An Roheisen wurden von den
polnischen Hütten
1913 418366 t hergestellt. Die Zahl der Eisenhüttenarbeiter betrug 18881. Die
gezahlten Löhne waren ziemlich hoch und von den in der deutschen Eisenindustrie
gezahlten wenig verschieden. Der Eisenverbrauch pro Kopf der Bevölkerung betrug 1910
19 kg gegen 136 kg in Deutschland. Bei einer Angliederung Polens an das deutsche
Wirtschaftsgebiet würde der Eisen verbrauch zweifellos stark steigen, und es würden
sich dadurch der deutschen Eisenindustrie außerordentlich günstige Absatzaussichten
eröffnen.
Zinkhütten. Russisch Polen besitzt drei Zinkhütten, welche
im Kreise Bendzin gelegen sind und nur einheimische Erze verarbeiten. Außerdem ist
noch das Zinkwalzwerk von Tillmanns& Oppenheim in Bendzin zu erwähnen, das Zinkbleche
herstellt, sowie das Zinkwalzwerk Emma in Sosnowice.
Metallindustrie. Die polnische Metallindustrie. deren
Hauptsitz sich im Gouvernement Warschau befindet ist recht bedeutend. Die Warschauer
Verfeinerungsindustrie hat einen starken Bedarf an Roh-, Gießerei- und Walzeisen
sowie Blechen. Stahl wird meist aus eigenem Eisen erzeugt. Spezialeisen wird
überwiegend aus dem Donezgebiet, aus England und Deutschland eingeführt.
Die gesamte Industrie Russisch-Polens zählte 1910 10953 Anlagen mit 400922 Arbeitern
und einer Erzeugung im Werte von 860148918 Rubeln. Diese auf privater Schätzung
beruhenden Zahlen dürften eher zu niedrig gegriffen sein.
Während der Flächenraum des Königreichs Polen 2,6 v. H. der Fläche des europäischen
Rußlands beträgt und seine Bevölkerung 10,4 v. H. der Gesamtbevölkerung des
europäischen Rußlands ausmacht, trug Polen zu den Staatseinnahmen 13,2 v. H. bei,
noch bedeutender erscheint dieser Anteil im Rahmen des gesamten russischen Reichs,
an dem Polen der Fläche nach nur mit 0,58 v. H., der Bevölkerung nach mit 7,6 v. H.
beteiligt ist. Das Königreich Polen lieferte zur Staatskasse mehr als das ganze
riesige asiatische Rußland.
Obwohl das Königreich Polen ein mit Bodenschätzen reich bedachtes Land ist, wurden
sie bisher nur in verhältnismäßig geringem Umfange ausgebeutet. Die russische
Regierung hat zur Hebung der unterirdischen Reichtümer nur wenig getan und die
Entwicklung der Montanindustrie eher gehemmt als gefördert. Es steht zu hoffen, daß
die polnische Montanindustrie nach dem Friedensschluß zur vollen Entwicklung
gebracht werden kann.
Schorrig.
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Die Tätigkeit der Prüfstelle für Ersatzglieder in
Charlottenburg. Den Konstrukteuren von künstlichen Gliedmaßen ist die
Möglichkeit gegeben, durch die Prüfungsstelle für Ersatzglieder in Charlottenburg
feststellen zu lassen, wie weit ihre Entwürfe den Anforderungen der Praxis
entsprechen. Welche Vorteile das Zusammenarbeiten des Erfinders und der Prüfstelle
mit sich bringt, zeigt Prof. Schlesinger in Heft 46 der
Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure an einem typischen Beispiel. Ein
durch die Herren Walz und Grimm vom Reservelazarett zu Görden (Brandenburg) konstruierter
künstlicher Arm wurde den Beanspruchungen der Maschinenwerkstatt und der
Landwirtschaft unterworfen, und es gelang, auf Grund der gemachten Erfahrungen
wesentliche Verbesserungen zu erzielen. Der ursprüngliche Entwurf, welcher als
Brandenburgarm bezeichnet wurde, wies ein entweder frei schwingendes oder durch
Zahnrasten in bestimmten Lagen einstellbares Ellbogengelenk auf. Ein am Oberarmteile
angeordnetes Sichelgelenk, das gleichfalls festgestellt und freigegeben werden
konnte, ermöglichte eine Kreiselbewegung des Unterarmes um die Oberarmachse. Ein
eigentliches Handgelenk war nicht vorhanden. An seine Stelle trat ein
Ansatzstückhalter. Beim Hineinschieben in eine Bohrung des Halters wurde das
Ansatzstück durch Schnepper gehalten, während eine Feder im Boden das Ansatzstück
selbsttätig herauswarf, wenn ein Lösen mit Hilfe des Daumens und Zeigefingers der
gesunden Hand erfolgte. Eine Versetzbarkeit des Ansatzstückes in acht verschiedene
Lagen war möglich. Der Oberarmteil wurde durch einen pyramidenförmigen Zapfen an
einer Bandagenschiene befestigt. Ein Hauptvorzug des Brandenburgarmes war das
geringe Gewicht von 400 g. Indessen wurde durch die Prüfungsstelle nachgewiesen, daß
die Befestigung des Oberarmteiles an der Bandagenschiene sowie die Verbindung des
Ansatzstückes mit dem Halter unzweckmäßig war. Auch die Befestigungsstelle zwischen
Ellbogen und dem Sichelgelenk am Oberarmteil war so schwach, daß der Arm schon bei
leichteren Arbeiten brach. Ferner wurde als Nachteil empfunden, daß die normalen
Ansatzstücke vollkommen fest im Unterarm sitzen und eine Drehbewegung weder um die
Längsachse des Unterarms noch quer dazu möglich war. Endlich konnten die
Schwierigkeiten bei der Herstellung des Brandenburgarmes nicht unbemerkt bleiben.
Man entschloß sich daher im Einvernehmen mit dem Chefarzt des Lazaretts zu Görden
Dr. Radicke zu einer Umarbeitung der im übrigen gesunde
Grundlagen aufweisenden Konstruktion. Das verbesserte Armersatzglied wurde als
Tannenbergarm bezeichnet. Es setzt sich fast ausschließlich aus Drehteilen zusammen,
die leicht auf der Revolverbank hergestellt werden können, Auch sind nahezu alle
Anpaßarbeiten vermieden. Zur Vermehrung der Bewegungsfähigkeit ist ein Handgelenk
vorgesehen, das eine Drehung um die Längsachse des Unterarms gestattet. Der
Tannenbergarm wird in zwei Ausführungen hergestellt. Die kräftigere, 500 g wiegende
Form erwies sich auch bei den schwersten Arbeiten als ausreichend. Die leichtere
Konstruktion hat ein Gewicht von nur 330 g und dürfte dennoch für die meisten in der
Maschinenwerkstatt vorkommenden Arbeiten brauchbar sein. Ein weiterer Fortschritt
war der Entwurf eines Armersatzgliedes, das die bei vielen Arbeiten, zum Beispiel
beim Kurbeldrehen erwünschte Einstellbarkeit des Handgelenks um eine zur
Unterarmachse senkrechte Achse besitzt. Es mußte, um dies zu erreichen, an die
Stelle des Handdrehgelenks ein zusammengesetztes Drehbeugegelenk treten. Eine letzte
schon etwas verwickelte Konstruktion weist noch ein weiteres Drehgelenk auf, das für
manche Arbeiten wünschenswert erschien. Ob sich dieser neueste Entwurf im Betriebe
bewährt, muß abgewartet werden. Nicht unerwähnt möge es bleiben, daß bei den
Tannenbergarmen Sterngriffe zur Betätigung der Kupplungen dienen, die auch unter dem
Jackenärmel bequem gestellt werden können. Auch sei besonders darauf hingewiesen,
daß grundsätzlich alle Reibungsgelenke vermieden wurden, ohne daß man auf irgend
eine wichtige Einstellbarkeit verzichtete.
Schmolke.
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Der Reichsverband für die deutsche Metallindustrie wurde
am 23. Oktober 1916 ins Leben gerufen. Während die Elektrotechnik und der
Maschinenbau seit langem über derartige machtvolle Organisationen verfügten und
infolgedessen bei den zahlreichen Maßnahmen der Kriegswirtschaft von vornherein ihre
Stimme in die Wagschale werfen konnten, fehlte bisher in der Metallindustrie ein
derartiger Zusammenschluß. Zwar waren eine ganze Anzahl von Verbänden und Vereinen
vorhanden, jedoch war diesen eine führende Stellung nicht beizumessen, und die
zahlreichen von diesen vorgebrachten einander häufig widersprechenden Wünsche
konnten für die Reichsleitung nicht die Grundlage für irgend welche
organisatorischen Maßnahmen bilden.
Der neue Verband stellt sich folgende Aufgaben:
A. Aufklärung der Reichs- und Staatsbehörden, Parlamente und
der öffentlichen Meinung hinsichtlich der Bedürfnisse der deutschen
metallverarbeitenden Industrien in bezug auf die wirtschaftliche und
sozialpolitische Gesetzgebung, Zoll- und Verkehrspolitik.
B. Bearbeitung der Ausfuhrinteressen.
C. Beratende Mitwirkung bei dem Abbau der Metallbeschlagnahme
und sonstiger Kriegsmaßnahmen, die die Interessen der Industrie berühren.
D. Sicherung der Forderungen im feindlichen Ausland durch
besondere Maßnahmen der Industrie bzw. der neu zu gründenden Vereinigung.
E. Einflußnahme auf die Verteilung der nach Friedensschluß
hereinkommenden Sparmetalle, Rohstoffe und anderen Waren.
F. Mitwirkung bei der Organisation und Vertretung der
Metallwarenindustrie in den Einrichtungen der Uebergangwirtschaft.
G. Ferner die üblichen Vereinspunkte, wie gegenseitiger
Austausch der Erfahrungen, Bedürfnisse und Wünsche unter den Mitgliedern, soweit
sie im allgemeinen Interesse liegen; Durchführung einer gesunden Preispolitik,
gemeinsamer zweckmäßiger Lieferungsbedingungen usw.
Zum Generalsekretär des Verbandes ist bestellt worden Dr.-Ing. Erwin Kramer, der als Vertrauensmann des Reichsamts des Innern und Leiter
der Zentralstelle der Ausfuhrbewilligungen in der Metallindustrie und als Leiter der
Metallberatungsstelle für die Metallindustrie in weitesten Kreisen bekannt geworden
sein dürfte.
Das Geschäftslokal des Verbandes befindet sich in Berlin-Tempelhof, Hohenzollernkorso
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