Titel: | Polytechnische Schau. |
Fundstelle: | Band 332, Jahrgang 1917, S. 157 |
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Polytechnische
Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Explosion einer Wasserstoff- und Sauerstoffanlage.
Ueber eine folgenschwere Explosion in einer Fabrik, in welcher Wasserstoff und
Sauerstoff durch Elektrolyse von Wasser hergestellt werden, macht Oberregierungsrat
Krantz in der Zeitschrift für komprimierte und
flüssige Gase 1916 S. 81 bis 86 beachtenswerte Mitteilungen. Die beiden Gase wurden
mit Hilfe mehrerer Kompressoren in der üblichen Weise in Stahlflaschen unter 150 at
Druck abgefüllt, und zwar konnten die Kompressoren das Gas entweder aus
Sammelbehältern oder auch unmittelbar von den Gaserzeugern ansaugen. Die Gase
wurden, ehe sie in die Behälter bzw. zu den Kompressoren gelangten, zur Entfernung
der Laugenreste mit Wasser gewaschen, ferner waren mit platiniertem Asbest gefüllte
Reinigungsöfen vorhanden, die jedoch nur zeitweise benutzt wurden. Die Explosion
ereignete sich bei Nacht, während nur drei Arbeiter in der Anlage tätig waren, und
nahm ihren Ausgang in dem Wasserstoffüllraum, wo ein jüngerer, noch wenig erfahrener
Arbeiter den Kompressor bediente. Ein anderer älterer Arbeiter bediente den in einem
benachbarten Raum aufgestellten Sauerstoffkompressor. Der ersten Hauptexplosion, die
mit heftigem Knall vor sich ging, folgten im Verlaufe von etwa acht Minuten noch
sechs weitere Explosionen, wodurch die beiden in den Kompressorräumen beschäftigten
Arbeiter getötet wurden und die Fabrik größtenteils zerstört wurde. Der eine
Wasserstoffkompressor war von seinem Standort verschwunden und der ihn bedienende
junge Arbeiter wurde vollständig zerrissen. Ueber 50 gefüllte Flaschen wurden
vernichtet und zum Teil weit weggeschleudert; ebenso wurden die Gasbehälter stark
beschädigt und brannten zum Teil aus. Selbst in dem etwa 1 km entfernten Orte wurden
zahlreiche Fensterscheiben zertrümmert.
Die Ursache der Explosion war nicht mit Sicherheit festzustellen, zumal die
beiden Arbeiter, die die Kompressoren bedienten, getötet waren. Der Ortbefund ergab
jedoch, daß der Explosionsheerd zweifellos in dem Wasserstoffkompressions- und
-Füllraum lag. Vermutlich war die Explosion durch eine zu hohe Steigerung des
Abfülldruckes verursacht worden, weiter besteht die Möglichkeit, daß die gerade mit
zu hohem Druck gefüllte Wasserstofflasche schadhaft war. Am wahrscheinlichsten ist
aber, daß der in die Flaschen eingefüllte Wasserstoff in der Explosionsnacht in
unzulässiger Weise durch Sauerstoff verunreinigt war, so daß also dem Kompressor ein
Knallgasgemisch zugeführt wurde. Diese Annahme wird wesentlich dadurch gestützt, daß
sich in der betreffenden Nacht bei der Elektrolyseuranlage eine Betriebstörung
bemerkbar machte. Der in die Sauerstoffableitung eingeschaltete Gasmesser zeigte
nämlich einen Fehlbetrag von 4 m3 gegenüber der
erfahrungsgemäß zu erwartenden Sauerstoffmenge, ohne daß eine Undichtheit der
Leitung festzustellen war. Es liegt somit nahe, daß diese fehlenden 4 m3 Sauerstoff sich dem Wasserstoff beigemischt
haben, ohne daß mangels eines Gasmessers für den Wasserstoff diese Störung bemerkt
wurde. Da überdies die Kontaktreinigungsanlage zur. Zeit der Explosion nicht
eingeschaltet war, konnte sehr wohl dieses gefährliche Knallgasgemisch in die
Kompressoren gelangen, zumal diese in der Unglücksnacht anscheinend nicht aus den
Gasbehältern, sondern unmittelbar aus dem Gasentwickler gespeist wurden. Diese
Annahme ist um so berechtigter, als die Untersuchung der auf dem Trümmerfelde noch
gefüllt vorgefundenen Wasserstoffflaschen einen Sauerstoffgehalt bis zu 16 v. H.
aufwiesen. Dieses gefährliche Gasgemisch kann durch harte Behandlung einer Flasche,
Überschreitung des zulässigen Fülldruckes sowie durch Aufplatzen der betreffenden
Flasche infolge schadhaften Baustoffes zur Explosion geführt haben.
Aus all diesen Beobachtungen ergeben sich folgende Maßnahmen zur Verhütung
derartiger Unfälle. Zunächst sind in solchen Betrieben Füllraum und Kompressorraum
durch Scheidewände voneinander zu trennen; ferner ist die Aufspeicherung gefüllter
Flaschen in diesen Räumen zu unterlassen. Weiter müssen die Gase dauernd durch einen
elektrisch geheizten Kontaktofen geleitet werden, der mit einer Vorrichtung zu
versehen ist, die seine Wirksamkeit jeder Zeit leicht erkennen läßt. Vor den
Kontaktöfen müssen Gasfilter angebracht werden, die zur Verhütung des
Zurückschiagens der Flamme bei einer Explosion an ihren Austrittenden mit
feinmaschigem Kupferdrahtnetz zu versehen sind. Der Wasserstoff sowie der Sauerstoff
müssen stündlich auf ihre Reinheit geprüft werden und die Zuführung des Gases zu den
Kompressoren darf nur aus den Sammelbehältern erfolgen. An mehreren Stellen der
Apparate sind Manometer anzubringen und die Rohrleitungen sind so weit zu wählen,
daß auch bei schnellstem Gange der Kompressoren in allen Teilen der Leitung ein
Gasüberdruck vorhanden ist. Ein Ueberschreiten des zulässigen Fülldruckes der
Flaschen ist mit Hilfe elektrischer Läutewerke anzuzeigen. In der Kompressoranlage
dürfen während des Nachtdienstes nur besonders zuverlässige Arbeiter von mindestens
21 Jahren beschäftigt werden, und es dürfen in diesem Raume keine gefüllten Flaschen
stehen bleiben. Schließlich muß für gute Beleuchtung der Betriebräume bei Tag und
Nacht gesorgt werden.
Sander.
–––––
Die neue Leichtölanlage des Gaswerkes Wien-Simmering
beschreibt Dr. J. Dollinger in der Oesterr. Chem.-Zeitung
1916 S. 173 bis 177. Bei der Kühlung des heißen Steinkohlengases geht nur ein
geringer Teil der darin enthaltenen Benzolkohlenwasserstoffe in den Teer über,
während der weitaus größere Teil dieser Stoffe in Dampfform im Gase bleibt. Dieses
enthält rund 15 mal so viel Benzol und Homologe als der aus der gleichen Kohlenmenge
gewonnene Teer. Schon in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts hat man,
veranlaßt durch den steigenden Benzolbedarf der jungen Teerfarbstoffindustrie und
durch die damit verbundene Preissteigerung des Benzols versucht, dieses durch
Auswaschen mit hochsiedenden Oelen aus dem Gase zu gewinnen. Während dieses
Verfahren in den Gaswerken damals keine Anwendung fand, weil die Beschaffenheit des
Gases durch das Auswaschen des Benzols ungünstig beeinflußt wurde, hat es dagegen in
der Folge im Zusammenhange mit der Entwicklung der Nebenproduktenkokerei große
Bedeutung erlangt. Die Benzolgewinnung in Kokereien weist namentlich in Deutschland
in den letzten 15 Jahren eine außerordentliche Steigerung auf, während in anderen
kohlereichen Ländern, so in Großbritannien und in den Ver. Staaten von Amerika,
diese Entwicklung erst in den allerletzten Jahren in einem rascheren Gange erfolgt
ist. In den Gaswerken dagegen hat man bis zum Kriegsausbruch von der Benzolgewinnung
so gut wie keinen Gebrauch gemacht, hauptsächlich deshalb, weil hierdurch die
Leuchtkraft des Gases und auch sein Heizwert verringert werden. Da indessen
heute, wo die Glühlichtbeleuchtung allgemein eingeführt ist, die Leuchtkraft für die
Beurteilung der Gasbeschaffenheit nicht mehr maßgebend ist, und da ferner der
Heizwert des Gases durch die Auswaschung des Benzols nur um rund 4,5 v. H.
vermindert wird, so kommt die Benzolgewinnung für große Gaswerke wenigstens
ebenfalls in Betracht, und ihre Einführung ist durch den Krieg zur Deckung des
großen Bedarfes an Benzol zum Motorenbetrieb sowie an Toluol für die Herstellung von
Munition mächtig gefördert worden.
Die Leichtölgewinnungsanlage des Gaswerkes in Wien-Simmering wurde von der Firma Still in Recklinghausen erbaut. Das von Teer und Ammoniak
befreite Gas wird durch fünf Waschtürme geleitet, die innen mit Horden ausgesetzt
sind und mit schwerem Teeröl (Siedepunkt 200 bis 300°) berieselt werden. Das Waschöl
durchfließt die Wäscher im Gegenstrom, d.h. das frische Oel tritt in den letzten
Wäscher ein und verläßt mit Benzol angereichert den ersten Wäscher. Jeder Wäscher
trägt oben ein Häuschen, in dem die Oelverteiler untergebracht sind; die Förderung
des Oeles zu diesen Tropfapparaten erfolgt mittels Pumpen, während das gesättigte
Oel einem tiefliegenden großen Sammelbehälter mit Zwischenwänden zufließt. Aus
diesem wird das mit Benzol gesättigte Waschöl in einen Oelerhitzer geleitet, in dem
es durch eine Dampfschlange erhitzt wird, und gelangt dann in eine
Destillierkolonne, wo die Benzolkohlenwasserstoffe mittels eines Dampfstromes von
dem Waschöl abgetrieben werden. Zur Zurückhaltung der höher siedenden Anteile dient
ein auf die Destillierkolonne aufgesetzter Dephlegmator. Die aus der
Destillierkolonne entweichenden Kohlenwasserstoff- und Wasserdämpfe gelangen in
einen Kühler, in dem sie zuerst durch das aus dem Sammelbehälter kommende
benzolhaltige Waschöl gekühlt werden, das hierdurch seinerseits vorgewärmt wird, ehe
es dem Oelerhitzer zufließt. Die weitere Kühlung des Destillates erfolgt mittels
Wasser; das Destillat wird in einem Sammelbehälter aufgefangen und trennt sich hier
in zwei Schichten, von denen die obere aus Leichtöl und die untere aus Wasser
besteht. Das in der Destillierkolonne zurückbleibende hochsiedende Waschöl wird
durch neun Flachkühler geleitet, deren Kühlwasser in einem Kaminrückkühler stets
wieder auf die Lufttemperatur gekühlt und hierauf von neuem verwendet wird. Das
gekühlte Oel fließt in den Sammelbehälter und wird von dort wieder in die Wäscher
gepumpt; im Laufe der Zeit verliert es durch Verdickung langsam an Absorptionskraft
und muß dann zum Teil durch frisches Oel ersetzt werden. Die aus dem oben erwähnten
Dephlegmator gewonnenen Oele werden in flache Pfannen geleitet, wo sich beim
Abkühlen Naphthalin abscheidet.
Die ganze Anlage ist für eine Tagesleistung von 500000 m3 Gas berechnet. Es sind drei Leichtölbehälter von je 50 m3 Inhalt und ein zweiteiliger Behälter gleicher
Größe für das frische und verbrauchte Waschöl vorhanden. Wegen der
Feuergefährlichkeit des Leichtöles ist die Behältergrube mit einer Wasserringleitung
versehen, an die
zehn Schaumlöschapparate, System Stankö, angeschlossen
sind. Diese können durch einen Hydranten alle gleichzeitig in Tätigkeit gesetzt
werden; ein beweglicher Löschapparat gleicher Bauart befindet sich in dem
Apparatengebäude. Schließlich können noch zwei Nutzwasser- sowie zwei
Hochquellenwasserhydranten im Falle eines Brandes herangezogen werden.
Sander.
–––––
Erfahrungen im Bau und Betrieb hochbeanspruchter
Dampfkessel. In Heft 46, 47, 49, 50 und 52 der Zeitschr. des Vereins deut.
Ing. teilt Dr.-Ing. Münzinger die Erfahrungen mit, die er
in neuerer Zeit (1909–1912) beim Bau von Dampfkesseln für Elektrizitätswerke gemacht
hat. Allerdings nehmen die Dampferzeugungsanlagen der Zentralen in mancher Beziehung
eine Sonderstellung ein, so daß die Erfahrungsergebnisse nicht ohne weiteres
verallgemeinert werden können. Es darf nämlich nicht vergessen werden, daß bei einem
der öffentlichen Stromversorgung dienenden Kraftwerk die Energieerzeugung
Selbstzweck ist, sowie Anpassungsfähigkeit an starke Belastungsschwankungen
gefordert werden und jede Störung in der Stromlieferung vermieden werden muß. Wenn
die Dampferzeugung recht wirtschaftlich stattfinden soll, darf man den
Kesselwirkungsgrad nicht zu hoch bewerten. Maßgebend sind vielmehr die Gesamtkosten
von 1 t Dampf. Der Wirkungsgrad des Kessels ist nur scheinbar in den Morgenstunden
am kleinsten und in der Nacht am größten. In ersterem Falle muß nämlich der während
der Nachtstunden abgekühlte Kessel wieder durchwärmt werden, in letzterem gibt das
während des Tages erhitzte Mauerwerk an den Kessel Wärme ab. Bei kleinerer Masse der
Einmauerung tritt die erwähnte Täuschung in geringerem Grade auf. Kessel mit
Blechummantelung zeigen die größte Anpassungsfähigkeit an Belastungsschwankungen. So
kann zum Beispiel in einem von der A. E. G. gebauten Kraftwerk, das Kessel mit
Blechummantelung aufweist, die Belastung zur Mittagszeit von 6000 KW auf 2800 KW
sinken, ohne daß die Sicherheitsventile abblasen. Mit Recht ist man in neuerer Zeit
bestrebt, die Wirtschaftlichkeit der Anlage zu erhöhen, indem man die
Vorwärmeheizfläche gegenüber der Kesselheizfläche vergrößert, da die Rauchgase bei
tiefer Temperatur besser durch den Vorwärmer ausgenutzt werden und bei diesem 1 m2 Heizfläche 33 M kostet, sofern Gußeisen
verwendet wird, während sich 1 m2 Kesselheizfläche
auf 58 M stellt. Allerdings darf man in diesem Bestreben nicht zu weit gehen, da es
bedenklich ist, Gußeisen bei höheren Temperaturen zu verwenden, und die Gefahr der
Dampfbildung und des Auftretens von Schlägen im Vorwärmer vorliegt, wenn der Kessel
zu schwach belastet ist. Die Ursachen dieser Erscheinung werden von Münzinger eingehend besprochen. Die Befürchtungen in
bezug auf das Material könnten dadurch vermindert werden, daß man den mit den
heißesten Gasen in Berührung kommenden Teil des Vorwärmers aus Schmiedeisen
herstellt. Die Anfressungen, die Schmiedeisen erfahrungsgemäß häufig erleidet,
treten meist an der Innenfläche auf. Sie werden hauptsächlich von der im
Speisewasser enthaltenen Luft hervorgerufen und durch Einbau von
Eisenspan-Entlüftern sowie durch Anstrich mit Rostschutzfarben vermieden. Die
Verwendung ganz aus Schmiedeisen bestehender Vorwärmer empfiehlt sich, wenn viel
Wert auf gute Ausnutzung der Grundfläche und geringen Zugverlust gelegt wird. Dies
geschieht vor allem bei Anlagen, die mit künstlichem Zuge arbeiten. Wenn die
erforderliche Zugstärke groß, die Belastung gleichmäßig, die Kohle teuer und die
Betriebzeit lang ist, dürfte der gemauerte Schornstein meist den Saugzuganlagen
vorzuziehen sein. Letztere erfreuen sich indessen überall dort, wo die genannten
Bedingungen nicht ausschlaggebend sind, einer steigenden Verbreitung, und zwar wird
in neuerer Zeit meist direkter Zug verwendet, der wenig Kraft verbraucht und sehr
betriebsicher ist. Das Herabziehen heißer Feuergase muß im Hinblick auf den dadurch
verursachten bedeutenden Zugverlust vermieden werden. Die Rücksicht auf den
Kraftbedarf der Saugzuganlage hat auch die Einführung der Steilrohrkessel zunehmen
lassen. Diese haben gegenüber den Zweikammerwasserrohrkesseln vor allem den Vorzug,
daß ein bequemer Zusammenbau mit schmiedeisernen oder gußeisernen Vorwärmern möglich
ist. Ihr Hauptmangel ist die Gefahr des Ueberreißens von Wasser in die Dampfleitung.
Sie wird beseitigt durch richtiges Bemessen der dem Wasser und Dampf zur Verfügung
stehenden Durchflußquerschnitte und durch regelmäßigen Wasserumlauf. Durch Anordnung
von Dampf Sammlern ist für Trocknen des Dampfes zu sorgen. Je höher die Belastung
der Heizfläche ist, desto größer sind Oberkessel, Dampfverbindungen und Dampfsammler
zu bemessen. Selbsttätige Speisewasserregler sollten nicht zwischen Vorwärmer und
Kessel, sondern vor dem Vorwärmer eingebaut werden, da dieser sonst allen Stößen in
der Speiseleitung ausgesetzt ist. Bei der Gestaltung des Verbrennungsraumes muß man
bestrebt sein, sichere Entzündung der Kohle auf dem Rost, gute Durchmischung der
Luft mit den brennbaren Gasen trotz geringen Luftüberschusses und Ausbrennen der
Flamme bei Schonung des Mauerwerkes und der Wasserrohre zu erreichen. Besonders
sollte berücksichtigt werden, daß die Wärmeübertragung durch Strahlung weit
wirksamer ist, als die bei Berührung stattfindende. Die Feuerzüge müssen so
angeordnet werden, daß eine gute Wirkung der Heizgase bei geringem Zugverluste
erzielt wird. Auch auf gute Zugänglichkeit des Inneren ist Wert zu legen. Im ersten
und zweiten Zuge sollten Schaulöcher angebracht werden. Ferner muß man für
Oeffnungen zum Einbringen von Pyrometern Sorge tragen. Der Ueberhitzer darf nicht
von umfangreichem Mauerwerk umgeben sein, da sonst bei plötzlicher Belastungsabnahme
ein zu starkes Steigen der Dampftemperatur zu befürchten ist. Bei der Auswahl der
Steine für die Einmauerung ist Wert zu legen auf Widerstandsfähigkeit gegen hohe
Temperatur, Raumbeständigkeit, mechanische Festigkeit und Unempfindlichkeit gegen
chemische Einflüsse. Um bei Ausbesserungen eine Erneuerung des ganzen Gewölbes zu
vermeiden, führt man dieses aus zwei bis drei für sich im Verband gemauerten,
voneinander unabhängigen Teilen aus. Wenn Platzersparnis erwünscht ist, tritt
bisweilen an die Stelle der Einmauerung eine Blechummantelung. Die den Kessel
tragenden Säulen müssen auf Knickung und Durchbiegung berechnet werden. Indessen
werden vielfach an Stelle der Berechnung konstruktives Gefühl und Erfahrung als
ausschlaggebend treten, da zuverlässige Rechnungsgrundlagen fehlen. Unbedingt ist
auf kräftige, kalt liegende Verankerung Gewicht zu legen.
Schmolke.
–––––
Motorschiff Oregon. Die von der Werft Burmeister & Wain in
Kopenhagen im Laufe der Zeit erbauten Motorschiffe sind nicht alle gleichartig. Die
Werft hat bereits eine ganze Reihe von verschiedenen Bauarten hervorgebracht, die
bedeutende Verbesserungen gegenüber den ersten Motorschiffen aufweisen. Die neuesten
Schiffe, die jetzt im Bau oder bereits fertiggestellt sind, zeigen wieder
wesentliche Neuerungen und Ersparnisse an Raum, die zu einer Erhöhung der
Wirtschaftlichkeit beitragen.
Das erste im Jahre 1916 von Burmeister & Wain hergestellte Motorschiff Oregon ist für die
vereinigte Dampfergesellschaft in Kopenhagen bestimmt. Das Schiff ist in seinen
Abmessungen der im Jahre 1913 gebauten California vollständig gleich. Die
Abmessungen der Oregon sind: 124 m Länge, 16,5m Breite und 11,1 m Tiefgang, die der
California: 123,5 m Länge, 16,5 m Breite und 10,7 m Tiefgang. Während die California
nur eine Ladefähigkeit von 7300 t besitzt, hat Oregon 8600 t. Dieser Gewinn ist
durch bessere Raumausnutzung erzielt. Die älteren Motorschiffe hatten Hilfskessel,
deren Kohlenvorräte einen verhältnismäßig großen Raum in Anspruch nahmen. Auch der
Raumbedarf der Hauptmaschinen war bei den älteren Schiffen größer. Die Hilfskessel
fehlen jetzt meist vollständig. Es sind dafür zwei oder drei Hilfsdieselmaschinen
vorhanden, die den elektrischen Strom für die Hilfsmaschinen liefern.
Die Oregon hat zwei Sechszylinder-Dieselmaschinen, die bei 140 Uml./Min. 2800 PSi leisten. Die Zylinder haben 590 mm und 900
mm Hub. Die California hat zwei Achtzylindermaschinen mit 540 mm und 730 mm
Hub. Sie leisten zusammen bei 140 Uml./Min. 2700 PSi. Die Schiffsgeschwindigkeit der California beträgt 11,48 Seemeilen, die der
Oregon 12,49. Der Brennstoffverbrauch beträgt bei der Oregon 0,142 kg/PS-Std., bei
der California 0,148 kg.
Die California ist das achte der von Burmeister & Wain erbauten Motorschiffe, die alle
Achtzylindermaschinen besitzen. Die späteren Schiffe haben nunmehr
Sechszylindermaschinen, bei denen, um entsprechend große Leistung zu erhalten, die
Zylinderdurchmesser und der Hub etwas vergrößert werden mußte. Bei den im Jahre 1914
erbauten drei Schiffen haben die Zylinder 630 mm Zylinderdurchmesser und 960 mm Hub.
Die Maschinellleistung betrug dabei 1516 PS. Bei Maschinen mit 670 mm
Zylinderdurchmesser und 1000 mm Hub wurde eine Maschinenleistung von 1670 PS
erreicht. Bei den im Jahre 1915 erbauten Maschinen mit 690 mm
Zylinderdurchmesser und 1030 mm Hub betrug die Maschinenleistung 1700 PS. Das
Motorschiff Oregon machte im April 1916 seine Probefahrten. Die Maschinenleistung
war dabei 1450 PS bei 590 mm Zylinderdurchmesser und 960 mm Hub.
Jede Hauptmaschine treibt hier einen Luftverdichter unmittelbar von der Kurbelwelle
an. Für den elektrischen Antrieb der Hilfsmaschinen sind drei
Zweizylinderdieselmaschinen von 80 PS mit 325 Uml./Min. vorgesehen. Die
Dieseldynamos haben eigene Luftverdichter. Für den Antrieb der Hilfsmaschinen in
Fahrt genügt ein Motor. Für den Hafenbetrieb kommt noch ein zweiter Motor hinzu,
während der dritte stets zur Aushilfe bereit steht. Die Werft Burmeister & Wain hat bis jetzt 30
Motorschiffe gebaut. Von dem Motorschiff Oregon sind noch drei Schwesterschiffe in
Bau. (Motorschiff und Motorboot 1916 Heft 26.)
W.
–––––
Das Doppelgasverfahren. Zur besseren Verwertung des bei
der Steinkohlengasgewinnung erhaltenen Koksrückstandes haben viele Gaswerke
Wassergasanlagen errichtet; in einzelnen Fällen wird auch Wassergas allein zur
Beleuchtung von Ortschaften verwendet, so zum Beispiel in Pettau (Steiermark). In
der Regel bilden jedoch die Wassergasanlagen nur Zusatzanlagen der Gaswerke, so daß
man also hier zwei verschiedene Vorgänge zu unterscheiden hat, einmal die Entgasung
der Steinkohle in den Retortenöfen und zweitens die Vergasung des erhaltenen Kokses
im Generator. Man war schon lange bestrebt, diese beiden Vorgänge derart zu
vereinigen, daß Wassergas direkt aus der Kohle gewonnen werden kann. Hierbei muß man
jedoch darauf bedacht sein, daß die Nebenprodukte der Kohlenentgasung (Teer und
Ammoniak) nicht verloren gehen. Mit der Durchführung dieser Aufgabe hat sich Prof.
Strache in Wien beschäftigt und einen Generator
konstruiert, in dem ein aus etwa einem Fünftel Steinkohlengas und vier Fünfteln
Wassergas bestehendes Gemisch hergestellt wird, dem er den Namen Doppelgas gegeben
hat.
Der Doppelgasgenerator besteht aus einem Unterteil mit Planrost, in welchem Koks
unter Ueberleiten eines Luftstromes zum Glühen erhitzt wird. Das hierbei entstehende
Generatorgas wird durch Oberluft verbrannt und die heißen Gase umspülen eine
Entgasungskammer, die bei kleinen Anlagen als Retorte, bei größeren Anlagen als
Kammer ausgeführt wird. Die Abgase entweichen durch ein Ventil in den Schornstein.
Wenn die Entgasungskammer, die mit Kohle gefüllt ist, durch das Generatorgas auf
genügend hohe Temperatur erhitzt ist, wird die Luftzufuhr abgesperrt und Dampf von
unten in den Generator eingelassen. Das hierbei entstehende Wassergas streicht durch
die Entgasungsretorte und trägt infolge seiner hohen Temperatur von etwa 1000°
wesentlich zur Entgasung der Kohle bei. Das aus dem Entgasungsraum oben entweichende
Gas wird in der üblichen Weise durch Kühlung vom Teer und durch Waschen mit Wasser
vom Ammoniak befreit.
Nach 6 bis 8 Min. ist die Kokssäule so weit abgekühlt, daß der Wasserdampf nicht
mehr genügend zerlegt wird; der Generator muß nun wieder warmgeblasen werden, was 1
bis 2 Min. dauert. Das während dieser Warmblaseperiode entstehende Steinkohlengas
wird durch Regelung der Druckverhältnisse in der Weise aus der Retorte abgeführt,
daß kein Generatorgas gleichzeitig durch die Retorte austritt. Die richtige
Ausführung dieses Arbeitsvorganges wird mit Hilfe einer an dem Gasabgangsrohr
angebrachten Probeflamme überwacht. Da aus 100 kg Steinkohle rund 30 m3 Steinkohlengas von je 5500 WE Heizwert und 70 kg
Koks entstehen, und da ferner aus diesen 70 kg Koks etwa 100 m3 Wassergas von je 2900 WE Heizwert erhalten
werden, so lassen sich aus 100 kg Kohle rund 130 m3 Doppelgas von je 3500 WE gewinnen. Diese Zahlen sind natürlich je nach
der Kohlenart verschieden.
Doppelgasanlagen sind in Bergedorf bei Hamburg, in Elberfeld sowie in Wien-Simmering
in Betrieb. Bei der letztgenannten Anlage wurden bei den Abnahmeversuchen 122 m3 Doppelgas aus 100 kg Kohle erhalten, was bei
Reduktion auf den Normalzustand und unter Berücksichtigung des in der Schlacke sowie
im Rostdurchfall enthaltenen Kohlenstoffs einer Ausbeute von 123,4 m3 Gas aus 100 kg vergaster Reinkohle entspricht.
Der durchschnittliche obere Heizwert betrug während der drei Versuchstage 3270 WE
(reduziert). Die angewandte Kohle hatte folgende Zusammensetzung: 2 v. H. Wasser,
8,5 v. H. Asche, 69,9 v. H. Koksausbeute, 7275 WE Heizwert. Eine Durchschnittsprobe
des an den drei Tagen erzeugten Gases ergab folgende Werte:
Kohlensäure
3,8
v. H.
Schwere Kohlenwasserstoffe
1,0
„
Sauerstoff
0,2
„
Kohlenoxyd
34,0
„
Wasserstoff
50,2
„
Methan
4,6
„
Stickstoff
6,2
„
Ueber die bei dem Doppelgasverfahren gewinnbaren Mengen von Teer und Ammoniak liegen
noch keine Betriebsergebnisse vor. Der Heizwert des Gases läßt sich erhöhen, wenn
man durch Abziehen einer bestimmten Koksmenge aus dem Generatorunterteil den
Kohlendurchsatz vergrößert, wodurch mehr Steinkohlengas erzeugt wird. Das Gas läßt
sich ferner in genau der gleichen Weise, wie dies bei Wassergasgeneratoren üblich
ist, karburieren.
Eine Doppelgasanlage bietet als Zusatzanlage in Steinkohlengaswerken dieselben
Vorteile wie eine Wassergasanlage, und zwar sind dies: 1. Die stete
Betriebsbereitschaft, 2. geringerer Platzbedarf und geringere Anlagekosten, 3.
Verbilligung des Gaswerkbetriebes bei ständigem gleichmäßigem Zusatz von Doppelgas,
4. die Möglichkeit der Kokspreisregulierung und 5. der rein maschinelle Betrieb.
Es ist nicht unbedingt erforderlich, für das Doppelgas einen besonderen Gasbehälter
aufzustellen, man kann es vielmehr unmittelbar dem rohen Steinkohlengas zusetzen,
sofern der Gassauger zur Bewältigung der größeren Gasmenge hinreichend groß
ist. Ein weiterer Vorteil des Doppelgases ist, daß es nicht wie das Wassergas
besondere Brenner erfordert, sondern auch in gewöhnlichen Glühlichtbrennern, ohne
zurückzuschlagen, brennt, wenn die Ausströmungsdüse und die Luftzufuhr entsprechend
geregelt werden. Auch zum Schweißen, Löten und anderen industriellen Zwecken ist das
Doppelgas gut verwendbar, zumal es billiger als Wassergas ist und einen höheren
Heizwert als dieses besitzt. Schließlich wird das Doppelgas auch für
Großgaszentralen in Betracht zu ziehen sein, weil hier die restlose Vergasung der
Kohle in großen Generatoren von besonderem Vorteil ist; vor dem für solche Zwecke
bisher ausschließlich verwendeten Mondgas hat das Doppelgas den Vorzug des
geringeren Stickstoffgehaltes und des höheren Heizwertes. (Zeitschr. des Vereins der
Gas- und Wasserfachmänner in Oesterr.-Ungarn 1916 S. 301 bis 309.)
Sander.
–––––
Die Wassersterilisation mit Chlorgas. In den Vereinigten
Staaten von Amerika hat man in den letzten Jahren mit Erfolg versucht, verflüssigtes
Chlor zur Sterilisation von Trinkwasser in zentralen Wasserversorgungsanlagen zu
verwenden. Bekanntlich hat man bisher in Amerika zu dem gleichen Zwecke vorwiegend
Chlorkalk verwendet, demgegenüber die Anwendung von Chlorgas jedoch große Vorteile
bietet. In erster Linie ist in dieser Hinsicht die Reinheit und Beständigkeit des
flüssigen Chlors zu nennen, das in Stahlflaschen mit etwa 45 kg Inhalt in den Handel
kommt und in dieser Form unbegrenzt lange aufbewahrt werden kann. Bei der Verwendung
von Chlorkalk müssen dagegen stets größere Mengen gelagert werden, die sich mit der
Zeit zersetzen, wobei die Desinfektionskraft abnimmt, und die durch den Chlorgeruch
häufig eine Belästigung der Nachbarschaft bilden. Infolge der hohen Konzentration
des verflüssigten Chlors reicht der Inhalt einer einzigen Stahlflasche aus, um die
große Menge von 200000 m3 Wasser zu sterilisieren.
Ferner ist bei dem neuen Verfahren auch die Apparatur zum Auflösen und Mischen des
Chlors mit dem Wasser viel einfacher und kleiner als bei dem alten
Chlorkalkverfahren.
Wie Dr. Zamkow in der Zeitschrift für komprimierte und
flüssige Gase 1916 S. 138 bis 142 berichtet, wurden die ersten Versuche mit
flüssigem Chlor im Jahre 1910 von Dr. Darnhall in
Washington angestellt, die bei den Wasserwerkverwaltungen wie auch bei dem
amerikanischen Kriegsdepartement großes Interesse fanden. In der Folge wurde das
Verfahren von Dr. Ornstein in New York noch wesentlich
verbessert, namentlich in Hinsicht auf die Art der Chlorzugabe zum Wasser. Während
nämlich Darnhall das Chlorgas dem zu sterilisierenden
Wasser direkt zusetzte, leitete Ornstein das Gas, nachdem
es eine Drosselungsvorrichtung durchströmt hat, zunächst durch einen mit Koks
gefüllten Hartgummizylinder, durch den Wasser von oben herabrieselt. In diesem
Zylinder entsteht ein ziemlich konzentriertes Chlorwasser, das nun erst dem zu
behandelnden Wasserstrom zugesetzt wird, und zwar entweder in den Sammelbrunnen der
Pumpanlage oder in die Hauptwasserleitung. Auch die Gasdosierung wurde durch Dr. Ornstein erheblich verbessert, so daß das Verfahren in
den amerikanischen Städten rasch zur Einführung gelangte. Bis zum Oktober. 1915
waren in den Vereinigten Staaten bereits 150 Chlorgas-Sterilisationsanlagen in
Betrieb, darunter Riesenanlagen wie die in Philadelphia, die täglich etwa 900000
m3 Wasser verarbeitet. Der Chlorzusatz beträgt
bei dieser Anlage 20 bis 30 g auf 100 m3 Wasser,
wodurch die Bakterienzahl von etwa 25000 in 1 cm3
Wasser auf 10 bis 40 vermindert wird. Außer diesem günstigen bakteriologischen
Ergebnis bewirkt der Zusatz von Chlor auch keine Geschmackveränderung des Wassers,
was bekanntlich ein großer Nachteil des Chlorkalkverfahrens ist.
In Deutschland wurde zur Verwertung des neuen Verfahrens kurz vor dem Kriege eine
Gesellschaft gegründet, die nunmehr zur Einführung des Verfahrens übergegangen ist
und auch seine Anwendung zur Unschädlichmachung von Abwässern plant. In einer
Versuchsanlage wurden, wie aus vorliegenden Gutachten hervorgeht, recht
befriedigende Ergebnisse erzielt, so gelang es bei Anwendung von nur 0,2 g Chlor auf
1 m3 Wasser die Keimzahl dieses Wassers von 350
auf 6, also um rund 98 v. H. zu vermindern, ohne daß eine Geschmacksveränderung des
Wassers hervorgerufen wurde.
Die Einrichtung zur Chlorgasdesinfektion ist selbst für die größten Wasserwerke sehr
einfach und erfordert einen Raum von nur wenigen Quadratmetern. Der Apparat besteht
je nach der Größe der Anlage aus einer oder mehreren Stahlflaschen mit flüssigem
Chlor, einem Dosierungsapparat und einem Absorptionsgefäß. Die zur Sterilisation des
Wassers erforderliche Chlormenge muß von Fall zu Fall durch Versuche ermittelt
werden, da sie sowohl von der Keimzahl als auch von der chemischen Zusammensetzung
des Wassers abhängt. Die sterilisierende Wirkung des Chlors ist etwa 50 m hinter der
Zusatzstelle bereits eingetreten.
Die Bau- und Betriebkosten dieser Anlagen sind recht gering; für ein Wasserwerk von
10000 m3 Tagesleistung betragen zum Beispiel die
Baukosten etwa 6000 M, und die Betriebkosten einschließlich Verzinsung, Tilgung und
sonstiger Unkosten belaufen sich auf Bruchteile eines Pfennigs für 1 m3 Wasser. Das Chlorgasverfahren ist außer zur
Sterilisation von Trink- und Brauchwasser, wie oben erwähnt, auch zur
Unschädlichmachung von Abwässern gut geeignet. Auch hierfür sind in Amerika bereits
mehrere Anlagen in Betrieb, die mit gutem Erfolg arbeiten. Der Chlorzusatz ist hier
naturgemäß größer als bei Trinkwasser und ist außer von der Keimzahl namentlich von
dem Gehalt des Wassers an organischen Stoffen abhängig. Auch in Deutschland sind
seit etwa zwei Jahren derartige Versuche im Gange, die ein günstiges Ergebnis
gezeitigt haben. Es ist daher zu erwarten, daß künftig das Chlorgasverfahren auch
bei uns für die Sterilisation von Trinkwasser sowie für die Reinigung von
Abwässern große Bedeutung erlangen und das bisher benutzte Chlorkalkverfahren
verdrängen wird.
Sander.
–––––
Graphische Rechentafeln. (M. Tama, Werkstattstechnik XI (1917) S. 1 bis 4, 34 bis 37.) Kommt dem
Techniker eine Formel in den Weg, die einen Zusammenhang zwischen zwei
Zustandsgrößen ausdrückt, so wird er zunächst eine Zahlentafel entwerfen. Um sodann
rasch und bequem den Verlauf der Funktion zu überblicken, wird er die Zahlentafel in
eine Kurve umsetzen. Und diese Arbeit wird um so geringeren Aufwand erfordern, je
einfacher die Kurve ausfällt. Sie wird ein Minimum, wenn die Kurve eine Gerade
darstellt. Natürlich wird ihm die Natur diesen Gefallen nur selten tun. In vielen
Fällen aber kann er der Natur durch einen bekannten Kunstgriff zu Hilfe kommen.
Nämlich immer dann, wenn die Formel die Form hat xm = ayn. Man braucht dann bloß auf beiden
Seiten den Logarithmus zu nehmen, um für den graphischen Zusammenhang zwischen log
x und log y das Bild
einer geraden Linie zu erhalten (vgl. Mehmke, Leitfaden
zum graphischen Rechnen, Nr. 19 der Sammlung math.-phys. Lehrbücher, herausgegeb.
von E. Jahnke, Leipzig 1917. B. G. Teubner. 4,50 M). Es
scheint mir überflüssig, für diesen einfachen und geläufigen Kunstgriff noch einen
besonderen Namen einzuführen. Handelt es sich nun um einen Zusammenhang zwischen
drei Veränderlichen, so genügt eine Zahlentafel, genauer eine Zahlentafel mit einem Eingang nicht, man braucht eine Zahlentafel mit
zwei Eingängen. Und die graphische Darstellung führt zu einer Kurvenschar. Auch hier
wird man nachzusehen haben, ob sich die vorgelegte Formel in die Form xm = ayn zp
bringen läßt. Alsdann wird man durch den genannten Kunstgriff als logarithmisches
Abbild des Zusammenhanges eine Geradenschar bekommen.
Unter dem nomographischen Verfahren im besonderen versteht man nun das Verfahren der
graphischen Rechentafeln oder – wie Mehmke vorschlägt zu
sagen – der Fluchtlinientafeln. Dabei werden an Stelle der beiden kartesischen
Koordinatenachsen, die zueinander rechtwinklig stehen, drei parallele Geraden als
Träger der drei Variablen zugrunde gelegt. Nachdem aus den Daten über die Grenzen,
innerhalb deren sich die Variablen bewegen sollen, eine Verfügung über die Länge de
Skalen getroffen ist, die auf zweien der Träger abzutragen sind, ergibt sich eine
einfache Bestimmung für die Länge der dritten Skala und für den gegenseitigen
Abstand der parallelen Träger. Da nun drei Skalenpunkte, die in gerader Linie
liegen, der vorgelegten Formel genügen, so lautet die Anleitung zum Gebrauch der
Fluchtlinientafel einfach so: Man hat nur nötig, durch zwei beliebige Punkte auf
zwei Trägern ein Lineal zu legen, dann trifft dieses den dritten Träger im
zugehörigen Punkte.
Der Verfasser erläutert dieses Verfahren an zwei Beispielen, das eine betrifft die
Berechnung des Scherendruckes bei Blechscheren, das andere die Ermittlung von
Schnittzeiten auf der Drehbank.
E. Jahnke.
Der Schutz des Ingenieurtitels. Aus Oesterreich kommt
die Kunde, daß durch Kaiserliche Verordnung, die im Reichsgesetzblatt vom 28. März
1917 veröffentlicht ist, die Bezeichnung „Ingenieur“ rechtlich geschützt
wurde. Danach darf diese Bezeichnung im Nachbarreich Oesterreich fortab nur von
solchen Personen geführt werden, die eine technische Hochschule ordnungsmäßig
absolviert und die Staats- oder Diplomprüfung abgelegt haben. Für Personen, die
diese Vorbildung nicht nachzuweisen vermögen, sind Uebergangsbestimmungen getroffen,
so insbesondere auch für die Absolventen der technischen Mittelschulen. Solche
Personen dürfen gemäß diesen Uebergangsbestimmungen die Bezeichnung
„Ingenieur“ weiter führen, wenn sie sich mindestens acht Jahre hindurch
praktisch betätigt haben und eine leitende oder selbständige Stellung auf
fachtechnischem Gebiete bekleiden. Auch die derzeitigen Schüler der technischen
Mittelschulen haben in den Uebergangsbestimmungen entsprechende Berücksichtigung
gefunden.
–––––
Erzausfuhr von Spanien. Die „Information“ Bilbao
schreibt über die Frage der Erzausfuhr: Infolge des europäischen Krieges,
insbesondere seit dem Monat Februar 1917, ist der Erzhandel völlig lahmgelegt. Die
Schwierigkeit des Absatzes von Erzen liegt in der Verschiffung.
Diese Lage hat sich noch durch die Verordnung verschlimmert, wonach es Schiffen
verboten ist, Erz zu laden, wenn nicht 30 v. H. Kohle zurückgebracht wird. Sollte
diese Bestimmung in Kraft bleiben, so würden dem Erzmarkt schwerste Gefahren
erwachsen.
Im Monat Februar ist aus dem Hafen von Bilbao und Castro Urdiales an Erzen ausgeführt
worden:
1913
1914
1915
1916
1917
Tonnen
Bilbao
266697
204538
150910
202440
105041
Castro Urdiales
52471
27386
15623
10129
17152
An Eisenerzen und Eisenkies ist aus Spanien während der letzten drei Jahre ausgeführt
worden:
1914
1915
1916
Eisenerz
6095125
4509214
5148127
Tonnen
Eisenkies
2553758
2266223
2743487
„
–––––
Hauptversammlung des Vereins deutscher Gießereifachleute
am 2. Juni abends 6 Uhr und am 3. Juni vormittags 10 Uhr in der ehemaligen
Bergakademie, Berlin N., Invalidenstraße 44.