Titel: | Ueber mit Biegung verbundene Schwingungen von Wellen. |
Autor: | Gümbel |
Fundstelle: | Band 332, Jahrgang 1917, S. 235 |
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Ueber mit Biegung verbundene Schwingungen von
Wellen.
Von Professor Dr. Ing. Gümbel, Charlottenburg.
GUEMBEL: Ueber mit Biegung verbundene Schwingungen von
Wellen.
Die Betrachtungen sollen auf den Fall einer kreiszylindrischen widerstandslos
drehbar gelagerten wagerechten Welle vom Durchmesser d,
der Länge l, der Masse M1 und dem Elastizitätsmodul E und einer in der Mitte zwischen den beiden Lagern
starr und gleich gerichtet mit der Welle verbundenen kreiszylindrischen Masse M2 beschränkt werden.
Dieses System können wir uns unter der Annahme ähnlicher Biegungslinien für die
gleichförmig verteilte Wellenmasse und die Einzelmasse ersetzt denken durch eine
massenlose Welle von den elastischen Eigenschaften der wirklichen Welle und durch
eine in der Mittelebene zwischen den Lagern mit der Welle starr verbundenen
Masse
M=\frac{48}{\pi^2}\,.\,M_1+M_2\,\sim\,\frac{M_1}{2}+M_2,
die wir uns zunächst in einem Punkt in der Wellenachse
vereinigt denken wollen. Dieses System wird unter dem Einfluß der Erdanziehung der
Masse M sich so verbiegen, daß die Wellenmitte sich
um
h=\frac{M}{g\,.\,C}=\frac{M}{g\,.\,\left(\frac{3\,.\,\pi\,.\,E\,.\,d^4}{4\,.\,l^3}\right)}
gegenüber den Lagern senkt. Diese Durchsenkung kann als
unabhängig davon, ob die Welle sich dreht, angesehen werden. Der bei der Drehung
vorhandene Einfluß der Zeit auf die Deformation wird sich in dem Sinne äußern, daß
beim Uebergang der gedrückten Faser zur gezogenen eine völlige Ausbildung der
Dehnung, beim Uebergang der gezogenen Faser zur gedrückten eine völlige Ausbildung
der Zusammendrückung nicht eintritt. Damit vergrößert sich der Krümmungshalbmesser
und verkleinert sich der Durchhang der elastischen Linie. Wird diese
Gleichgewichtslage durch einmaligen äußeren Anstoß gestört, so kehrt die Masse nach
im allgemeinen mehrfachen Schwingungen. um die Gleichgewichtslage wieder in diese
zurück, wobei die Anstoßenergie durch die dämpfenden Kräfte verzehrt wird. Erfolgt
der Anstoß nicht einmalig, sondern fortdauernd in gleichen Zeitabschnitten
aufeinanderfolgend, so werden durch denselben synchrone Schwingungen der Masse erzwungen. Die
Schwingungsausschläge stehen mit den statisch aus der Größe des Anstoßes
berechenbaren Auslenkungen in keinem unmittelbaren Zusammenhang und können
ebensowohl größer wie kleiner als diese sein. Fällt der Rhythmus des dauernden
Anstoßes mit dem Rhythmus zusammen, in welchem die einmalig angestoßene Masse in
ihre Gleichgewichtslage zurückschwingt, so ist der Zustand der kritischen Schwingung gegeben, welcher dadurch
gekennzeichnet ist, daß die Massenkräfte mit den elastischen Kräften in jedem
Augenblick im Gleichgewicht sind und die Anstoßenergie ausschließlich zur
Deckung der mit jeder Schwingung verbundenen Dämpfungsarbeit Verwendung
findet. Ein im Rythmus der Eigenschwingung des Systems auf die Masse
wirkender Anstoß vergrößert den Schwingungsausschlag so lange, bis die Anstoßarbeit
der Dämpfungsarbeit gleich ist: erfolgt der Anstoß nicht im Rythmus der
Eigenschwingung, so muß ein Teil des Anstoßes zur Massenbeschleunigung oder Massen
Verzögerung verwendet werden.
Der Schwingungsausschlag der kritischen Schwingung ist nicht der absolut größte: bei
kleinen Dämpfungen unterscheidet sich jedoch der größte Ausschlag nur um geringes
von dem bei der kritischen Geschwindigkeit erzielten, und die Periodenzahl, welche
dem größten Schwingungsausschlag entspricht, kann ohne großen Fehler als die
Periodenzahl der kritischen Schwingung angesehen werden. Es erscheint deshalb
richtig, den Begriff der kritischen Geschwindigkeit wie oben, zu definieren.
Das gekennzeichnete System ist auf dreierlei Art schwingungsfähig:
1. Die Masse erhält einen Anstoß in einer Achsebene: die Masse schwingt in der
Ebene des Anstoßes (ebene Schwingung).
2. Die Masse erhält einen Anstoß in einer wagerechten durch den Massenstoßpunkt
gelegten Ebene: neben der Schwingung nach 1. pendelt die Masse um die Lagerung der
Welle (Pendelschwingung).
3. An der Masse greift eine Kraft an, welche senkrecht auf der Biegungsebene steht:
die Masse beschreibt eine Schwingung in einer ebenen Kreis- oder spiralartigen Kurve
(umlaufende Schwingung).
Die drei Arten von Schwingungen können gleichzeitig nebeneinander bestehen und
überlagern sich, da die Deformationen lineare Funktionen der Kräfte, sind
ungestört.
Eine vierte Art von Schwingungen ist von KerrKerr, W. On the
Whirling Speeds of Loaded Shafts. Engineering (101) 1916 p. 224: aus
zahlreichen Zuschriften an den Verlag der gleichen Zeitschrift seien
hervorgehoben: Stodola p. 386, hierzu p. 420,
ferner: Morley p. 287, hierzu p. 407, Carter p. 410. behauptet, von StodolaStodola: Neuere Beobachtungen über die kritischen
Umlaufzahlen von Wellen: Schweizerische Bauzeitung (68) 1916 p. 197 und
209. zunächst zurückgewiesen, später angenommen worden. Eine
greifbare Anschauung über die Art dieser Schwingung liegt nicht vor; sie soll
bedingt sein durch den Einfluß der Erdanziehung und dadurch gekennzeichnet, daß ihre
Periodenzahl in einem bestimmten Verhältnis zu derjenigen der ebenen Schwingung
steht.
1. Die ebene Schwingung.
Die Gesetze der ebenen Schwingung unseres Systems lassen sich leicht überblicken,
wenn man die Bewegung des Massenmittelpunktes als Projektion
einer mit konstanter Winkelgeschwindigkeit den Massenmittelpunkt der Ruhelage
umlaufenden Kreisbewegung auf die Schwingungsebene auffaßt. (Vgl. hierzu
des Verfassers: Ebene Transversalschwingungen stabförmiger Körper, Jahrbuch der
Schiffbautechn. Gesellschaft 1901.) Betrachten wir sogleich den allgemeinen Fall der erzwungenen Schwingung im widerstehenden
Mittel. Eine ebene Schwingung ist dann nur möglich, wenn eine periodisch
veränderliche äußere Kraft in einer Achsebene auf die Masse wirkt. Das Gesetz des
zeitigen Verlaufs dieser periodischen Kraft ist für unsere Betrachtung nicht von
Bedeutung, da wir die periodisch veränderliche Kraft nach der Fourierschen Reihe in eine Einzelkraft und in eine Reihe harmonischer
Einzelkräfte von dem Einfachen oder ganzzahligen Vielfachen der vorgelegten Periode
auflösen können. Die Einzelkraft erzwingt eine konstante Durchbiegung, jede
harmonische Kraft eine harmonische ebene Schwingung ihrer Periode. Alle
Deformationen lagern sich ungestört übereinander, so daß man durch Addition der
gleichzeitig infolge der Einzelkraft und der harmonischen Kräfte der verschiedenen
Perioden vorhandenen Ausschläge den gesuchten Ausschlag der Masse unter dem
Einfluß der gegebenen periodisch veränderlichen Kraft als Funktion der Zeit
besitzt.
Ebenso wie die Deformationen können wir auch die Deformationsgeschwindigkeiten und
die Beschleunigungen, also auch die Kräfte als Projektion von an der Kreisbewegung
teilnehmenden Fahrstrahlen von Geschwindigkeiten bzw. Kräften auffassen und so die Aufgabe der Bestimmung des Gleichgewichtszustandes des
schwingenden Massenpunktes auf die Bestimmung des Gleichgewichts eines ruhenden
Punktes zurückführen.
Legen wir senkrecht zur Lagerverbindungslinie eine Mittelebene durch das System, auf
die wir die Bewegungen abbilden, so erscheinen auf dieser Ebene (Abb. 1) 1. der Durchstoßpunkt O der Ruhelage (gemeinsamer Punkt der Wellenmitte und der Masse) senkrecht
unter dem Aufhängepunkt (Verbindung der Lagermitten), 2. der Durchstoßpunkt W der Bewegung um h aus
dem Durchstoßpunkt der Ruhe ausgelenkt, zugleich Schwerpunkt des Systems.
Textabbildung Bd. 332, S. 236
Abb. 1.Kräfteplan der erzwungenen ebenen Schwingung im widerstehenden
Mittel
An dem System greifen an:
1. Die den Durchstoßpunkt der Ruhe mit dem der Bewegung verbindende elastische
Zentralkraft C ∙ h ferner an dem Durchstoßpunkt der
Bewegung;
2. die Zentrifugalkraft M ∙ ω2 h;
3. die Dämpfungskraft k ω ∙ h, welche um 90° dem
Schwingungsausschlag nacheilt, also ihren Höchstwert mit der
Schwingungsgeschwindigkeit erreicht. Die Dämpfung ist hier als lineare Funktion der
Winkelgeschwindigkeit ω angeschrieben: es ist aber
grundsätzlich ohne Bedeutung, ob k konstant oder selbst
eine Funktion von ω oder h
ist. Die Dämpfungskraft ist bedingt durch die innere und äußere Reibung des
Systems.
4. Die äußere, die Schwingung erzwingende Kraft P um
einen Winkel σ der elastischen Kraft C ∙ h nacheilend.
Die Lage des Durchstoßpunktes der Ruhe O zum Aufhängepunkt hat keinen Einfluß auf die Gleichgewichtslage. Die
Schwingung erfolgt um den als festliegend anzusehenden Durchstoßpunkt der Ruhe
O.
Aus Abb. 1 lassen sich nunmehr unmittelbar die
Gleichgewichtsbedingungen anschreiben,
I. M ω2
h – C h P cosσ = 0 . . (1)
II. k ω h – P sinσ = 0 . . . . . (2)
woraus
\mbox{tg}\,\sigma=\frac{k\,.\,\omega}{M\,\omega^2-C} . . (3)
h=\frac{P}{\sqrt{(M\,\omega^2-C)^2+(k\,\omega)^2}} . . . (4)
Ist keine Dämpfung vorhanden, also wenn k = 0, so
wird
tg σ = ± 0 . . . . (3 a)
σ = 0 für M
ω2 > C,
σ = 180° für M ω2 < C.
Für M ω2 = C schwingt σ unvermittelt
von σ = 180° auf σ = 0°
über (Abb. 2).
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Abb. 2.Phasenverschiebung σ der erregenden
Kraft P gegen die elastische Kraft C h in Abhängigkeit von der Periodenzahl und
der Dämpfung β
Ferner wird
h=\frac{P}{M\,\omega^2-C} . . . . . (4a)
Für M ω2 = C wird h = ± ∞. Für M ω2 > C wird h positiv, für M ω2 < C wird
h negativ, die Umstellung erfolgt bei h = ± ∞ (Abb.
3).
Wir wollen bei dieser Winkelgeschwindigkeit \omega_{k\,r}=\sqrt{\frac{C}{M}} alle Werte mit dem Index kr versehen: wir werden sogleich erkennen, daß diese
Winkelgeschwindigkeit alsdann mit der oben als kritische definierten
zusammenfällt.
Nennen wir das Verhältnis
\frac{\omega}{\omega_{k\,r}}=\alpha,
ferner
\frac{k}{M\,.\,\omega_{k\,r}}=\beta,
so schreiben sich Gleichung (3) und (4) auch
\mbox{tg}\,\sigma=\frac{\alpha\,.\,\beta}{\alpha^2-1} . . . . . (3b)
h=\frac{P}{C\,\sqrt{(\alpha^2-1)^2+\alpha^2\,\beta^2}}=\frac{h_0}{\sqrt{(\alpha^2-1)^2+\alpha^2\,\beta^2}} (4b)
h0 ist die Deformation, welche statisch (für ω
= 0) durch P erzeugt wird.
Wie man aus Gleichung (3 b) erkennt, geht bei Vorhandensein von Dämpfung a allmählich von σ = 180°
(für α = 0) auf σ = 0 (für
σ = ∞) über. Für σ =
1, also für die kritische Winkelgeschwindigkeit ωkr ist σ =
90°. h ist für alle Werte von α positiv (Abb. 3).
Für α = 1 wird
h_{k\,r}=\frac{P}{C\,\beta}=\frac{P}{k\,\omega_{k\,r}} . (5)
oder P = k ωkr
hkr, also die äußere
Kraft hält allein der Dämpfungskraft das Gleichgewicht, während die Zentrifugalkraft
mit der elastischen Kraft im Gleichgewicht steht (unserer Definition der kritischen
Geschwindigkeit entsprechend) (Abb. 4).
Der maximale Ausschlag von h wird, wie oben schon
gesagt, nicht bei der kritischen Geschwindigkeit erreicht, sondern, wie durch
Bildung des Differentialquotienten \frac{d\,h}{d\,\alpha} aus Gleichung (4 b) ersichtlich
ist
für
\alpha=\sqrt{1-\frac{\beta^2}{2}} . . . . . (6)
oder
für
\omega_{h_{\mbox{max}}}=\sqrt{{\omega_{k\,r}}^2-\frac{k^2}{2\,M^2}} . . . (6a)
Die Winkelgeschwindigkeit des größtmöglichen Ausschlages unter
der Kraft P verringert sich also mit zunehmender
Dämpfung.
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Abb. 3.Schwingungsausschläge bei verschiedenen Periodenzahlen (α) u. Dämpfungen (β)
bei gleichbleibender erregender Kraft P
Für {\omega_{k\,r}}^2=\frac{k^2}{2\,.\,M^2} oder für k2 = 2∙∙ M ∙ C ist ω = 0,k2 = 4 M
∙ C ist die Bedingung für aperiodisches Abklingen der
Eigenschwingung. Der größtmögliche Ausschlag bei diesem
Dämpfungswert ist der der statischen Auslenkung h0 unter der Kraft P.
Wie aus Abb. 3 zu ersehen, ist für geringe
Dämpfungswerte β keine wesentliche Verschiebung der
kritischen Geschwindigkeit gegenüber der Geschwindigkeit bei
größtem Ausschlag vorhanden: erst bei größeren Dämpfungswerten tritt der
Einfluß der Dämpfung auf die Winkelgeschwindigkeit und den Ausschlag gegenüber der
kritischen Geschwindigkeit fühlbar in die Erscheinung.
Textabbildung Bd. 332, S. 238
Abb. 4.Kräfteplan im widerstehenden Mittel bei der kritischen
Geschwindigkeit
In manchen technischen Problemen zum Beispiel bei Biegungsschwingungen von Schiffen
wird die harmonische Kraft P dadurch hervorgerufen, daß
eine Masse m mit der Exzentrizität e sich mit der Winkelgeschwindigkeit ω dreht. Es ist also P =
m ∙ ω2∙ e. Damit
gehen unsere Gleichungen (4) und (4 b), wenn man noch das Verhältnis \frac{m}{M} mit
ψ bezeichnet, über in (Abb. 5)
h=\frac{m\,.\,\omega^2\,.\,e}{\sqrt{(M\,.\,\omega^2-C)^2+(k\,.\,\omega)^2}} . . . . . . (4c)
\frac{h}{e}=\frac{\Psi\,.\,\alpha^2}{\sqrt{(\alpha^2-1)^2+\alpha^2\,\beta^2}} . . . . . (4d)
Gleichung (3) und (3 b) bleiben bestehen (Abb. 2).
Der größtmögliche Ausschlag errechnet sich durch Bildung des Differentialquotienten
aus Gleichung (4 d) für
\alpha=\sqrt{\frac{1}{1-\frac{\beta^2}{2}}} . . . . . (6b)
Die Winkelgeschwindigkeit des größtmöglichen Ausschlages liegt
sonach jetzt über der kritischen Geschwindigkeit, und zwar um so weiter von dieser
entfernt je größer die Dämpfung ist.
Als ebene Schwingungen erzeugende Kräfte kommen für umlaufende Kraftmaschinen im
wesentlichen in Frage: Pulsierende einseitige Drucke bei Radialturbinen, veranlaßt
durch Schwingungen im Reguliersystem oder in den Rohrleitungen, rhythmisches Heben
und Senken der Welle in den Lagern als Folge der Zuführung des Schmiermittels durch
Bohrungen in der Welle (vgl. hierzu des Verfassers: Einfluß der Schmierung auf die
Konstruktion. Jahrbuch der Schiffbautechn. Gesellschaft 1917), schwingende
Bewegung von Teilen, welche mit der Welle verbunden sind, zum Beispiel bei der
Verbindung der Welle mit einem Kurbeltrieb.
2. Die umlaufende
Schwingung.
Tritt zu dem Anstoß in der Achsialebene WA (Abb. 6) noch ein im gleichen Rhythmus erfolgender
Anstoß in der Achsialebene WB hinzu, so überlagern sich
die Schwingungen zu einer elliptischen Schwingung mit den Ordinaten
y = a ∙ cos ω
∙ t + b ∙ cos (ω ∙ t – φ) – cos φ,
x = b ∙ cos (ω
∙ t – φ) ∙ sin φ,
wo a und b die den Anstößen entsprechenden Auslenkungen sind, φ der von den beiden Schwingungsebenen eingeschlossene
Winkel ist, und t von dem Zeitpunkt ab gezählt wird, in
welchem der Schwingungsausschlag a für sich allein
seinen Höchstwert erreicht.
Wird a = b und φ = 90 °, so gehen die Gleichungen über in
y = a ∙ cos ω
∙ t, x = a sin ω
∙ t,
das heißt die elliptische Schwingung geht in eine kreisförmige
umlaufende Schwingung mit dem Biegungspfeil a = b über.
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Abb. 5. Schwingungsausschläge bei verschiedenen Periodenzahlen (a) und Dämpfungen (β)
für erregende Kraft P = m – ω2 e
Ebenso wie die Verschiebungen addieren sich die Geschwindigkeiten und Kräfte
geometrisch: statt der harmonischen äußeren Kräfte der ebenen Schwingung erhält man
bei der umlaufenden kreisförmigen Schwingung unverändert nach Größe und Richtung
(relativ zur Biegungsebene) mit umlaufende Einzelkräfte: also genau das gleiche Bild
der Kräfteverteilung wie bei der ebenen Schwingung (Abb.
1).
Um über die Bedeutung der Gleichgewichtsbedingungen Klarheit zu gewinnen, ist es vor allem erforderlich, über
die relative Bewegung der Masse gegenüber einem Querschnitt der Welle und der
sich einstellenden Biegungsebene eine klare Anschauung zu schaffen.
Zu dem Zweck denken wir uns auf der Masse einen beliebigen im Abstand e vom Durchstoßpunkt W
befindlichen Punkt 5 bezeichnet (Abb. 7). Der Fahrstrahl
e schließe mit OW den
Winkel σ ein. Nehmen wir an, die Masse befinde sich in
der Anfangslage mit der relativen Lage von O, W und S, wie dargestellt. Dann kann zunächst gesagt werden,
daß es auf keinen Fall möglich ist, die relative Lage von e gegen einen Wellenquerschnitt z.B. den Endquerschnitt in O durch Verdrehung der Welle zu ändern. Welches auch immer die Kräftepaare sind, die an dem System
angreifen, für die relative Bewegung von e
gegenüber der Welle bleiben dieselben außer Betracht. Eine Aenderung der Lage
von S relativ zu einem Wellenquerschnitt läßt sich
nur durch Verschiebung der Masse in ihrer Ebene bewerkstelligen. Wie Abb. 7 zeigt, ändert sich
zürn Beispiel bei einer Verschiebung der Masse auf dem Umfang eines Viertelkreises
unter Festhaltung der Wellenendquerschnitte der Winkel σ um 90°. Die Verschiebung erfolgt unter den
Voraus-Setzungen, welche wir für den Durchhang der Masse infolge der
Erdbeschleunigung erörtert haben, widerstandslos. Diese widerstandslose
Verschiebung der Masse in der Mittelebene in einem Kreisbogen um O ist die Umkehrung der Verschiebung der
Wellenendquerschnitte auf einem Kreisbogen um den Durchstoßpunkt der festgehaltenen
Masse (Abb. 8). Daß oder
in wie weit diese Verschiebung widerstandslos ist, erkennt man, wenn man die
Verschiebung von 1 nach 2
erzielt denkt durch eine Bewegung von 1 nach 0 und darauf von 0 nach
2.
Während also der Punkt S relativ
zur Welle durch Kräftepaare nicht verrückt werden kann, unterliegt derselbe in
bezug auf seine Lage in der Bildebene relativ zur Biegungsebene der Einwirkung
aller an ihm angreifenden Einzelkräfte widerstandslos. Aus dieser
Erkenntnis folgt sofort, daß die Masse unseres Systems überhaupt nicht durch Drehung der Welle in umlaufende Schwingungen
versetzt werden kann. Diese Tatsache haben wir oben stillschweigend
vorausgesetzt als wir behaupteten, daß der Durch hang infolge der Erdbeschleunigung
nach Größe und Richtung unabhängig von der Drehung sei. Denn denken wir uns die
Masse um den Winkel ξ aus der Nullage ausgelenkt, so
entsteht sofort, wie klein auch ξ sei, die
Tangentialkraft M ∙ g ∙ ξ, welche die Masse nach der
Nullage zurückschiebt.
Textabbildung Bd. 332, S. 239
Abb. 6.Zusammensetzung der umlaufenden Schwingung aus zwei ebenen
Schwingungen gleicher Periode
Gleiche Wirkung hat der Widerstand des umgebenden Mediums.
Wir können hiernach den Satz aussprechen, daß, wenn, wie bisher von unserem System
vorausgesetzt, der Schwerpunkt in die ursprünglich gerade Achse fällt, die Masse durch Verdrehung der Welle auf keine Weise in
umlaufende Schwingungen versetzt werden kann, und zwar auch dann nicht, wenn
infolge der Gewichtskraft eine Durchbiegung der Welle bereits vorhanden ist. Die
Masse wird sich mit der Welle um den gesenkten Durchstoßpunkt drehen, der
Durchstoßpunkt wird aber seine Lage unverändert beibehalten. Der Punkt S beschreibt dabei einen Kreis um den festliegenden
Durchstoßpunkt.
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Abb. 7. Verschiebung der Masse in ihrer Ebene bei festgehaltenen
Wellenendquerschnitten.Abb. 8. Verschiebung der Wellenendquerschnitte bei
festgehaltener Masse
(Fortsetzung folgt.)