Titel: | Polytechnische Schau. |
Autor: | Jahnke |
Fundstelle: | Band 334, Jahrgang 1919, S. 118 |
Download: | XML |
Polytechnische Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Werkstattechnik.
Einheitswelle oder Einheitsbohrung. Der Normenausschuß des
Hannoverschen Bezirksvereins deutscher Ingenieure hat beschlossen, beim
Normenausschuß der deutschen Industrie (Nadi) die alleinige Einführung des Einheitswellensystems
zu beantragen. Die Gründe dafür sind folgende:
1. Das Bestehen des Systems der Einheitswelle und Einheitsbohrung nebeneinander
beeinträchtigt die Austauschbarkeit der Maschinenteile sowohl innerhalb der
Betriebe, die in ihren verschiedenen Abteilungen nach verschiedenen Systemen
arbeiten müßten, als auch innerhalb der ganzen deutschen Industrie. Da die meisten
Werke ihren Lehrenbestand sowieso nach den Vorschlägen des Nadi umstellen werden
müssen, ist es dringend notwendig, daß die Frage der Systeme nach Einheitswelle und
Einheitsbohrung gleichzeitig mit geregelt wird, damit nicht noch einmal eine
Umstellung mit großen Kosten notwendig wird.
2. Ein genauer Vergleich der Werkzeugkosten zeigt, daß beim Einheitswellensystem nur
etwa 20 v. H. mehr Reibahlen gebraucht werden als bei der Einheitsbohrung, weil die
gleiche Reibahle nicht für verschiedene Metalle gebraucht werden kann. Dieser
Umstand ist nicht immer bei der Gegenüberstellung beider Systeme mit dem nötigen
Nachdruck betont worden.
3. Die Reibahlen der Einheitswelle können nach der Abnutzung zunächst für die nächst
straffere Passung geschliffen werden, während sie bei der Einheitsbohrung gleich für
den nächst kleineren Durchmesser zurecht gemacht werden müssen.
4. Der Grobmaschinenbau und viele andere Zweige des Maschinenbaues (Transmissionsbau)
können von der Einheitswelle nicht abgehen, während das beim Präzisionsmaschinenbau
immerhin doch möglich ist.
5. Im Auslande ist die Entscheidung für die Einheitswelle gefallen.
Ernst Preger.
Das Löten von Grauguß mit besonderen im Handel
erhältlichen Lötpulvern wird erneut empfohlen. Die Lötnaht ist im Gegensatz zur
autogenen Schweißnaht weich und bearbeitungsfähig und wegen der bedeutend geringeren
Erwärmung viel weniger schädlichen Spannungen ausgesetzt. Die Festigkeit der Lötnaht
genügt den Bedürfnissen. Bei vorgenommenen Versuchen an einem Lötstück von 30 mm
Stärke riß das Stück neben der Lötnaht. Erfolgreiche Lötungen wurden an der
Ventilkammer eines Motors und an der Bordscheibe einer Trommel vorgenommen.
(Werkzeugmaschine 1919, 9.)
Ernst Preger.
Sparwerkzeuge sind Werkzeuge aller Art, die zur Ersparnis
des jetzt teueren und seltenen Schnellschnittstahles nur an den schneidenden Kanten
aus solchem bestehen, während der übrige Teil aus billigem Maschinenstahl
angefertigt ist. Die Anwendung beschränkt sich nicht nur auf die bekannten
Drehstähle mit angeschweißter Schneide und auf Fräser mit eingesetzten Messern aus
Edelstahl, sondern seit neuerer Zeit auch auf Spiralbohrer, Senker, Spindelbohrer
und andere langgestreckte Werkzeuge, bei denen die Schneide an dem einen Ende
angeschweißt oder in besonderen Fällen aufgeschraubt oder mit einer Art Bajonett
aufgesetzt wird.
Textabbildung Bd. 334, S. 119
Die Werkzeuge mit elektrisch aufgeschweißten Schneiden sind
besonders zu empfehlen. Die Schweißstelle ist so fest, daß die Werkzeuge meist neben
der Schweißstelle reißen. Um möglichst an Edelstahl zu sparen, wird empfohlen, ein
kurzes Stück Edelstahl zwischen zwei Maschinenstahlstücke von nötiger Länge mit
einer einzigen Schweißung stumpf elektrisch zu schweißen und dann das Edelstahlstück
quer durch in zwei Hälften zu teilen, so daß auf diese Weise zwei Werkzeuge mit ganz
kurzen Edelstahlenden entstehen (s. Abb.). (Werkzeugmaschine 1919, 9.)
Ernst Preger.
Eine Erhöhung der Raumausnutzung in
Stückgutlagerräumen ist nach DRP. 307379 dadurch möglich, daß in dem
betreffenden Raum mehrere, einzeln übereinander verschiebbare Gestelle eingebaut
werden. Die Gestelle haben je nach den örtlichen Verhältnissen die Form von Bock-,
Winkel- oder Laufkränen. Die Gestelle, die über demjenigen sich befinden, das gerade
be- oder entladen werden soll, werden beiseite gefahren, so daß die Be- oder
Entladung leicht mit dem Lastkran erfolgen kann. Die Einrichtung ist vor allem für
Lagerstücke von mehr als 25 kg Gewicht vorteilhaft, die nicht mehr gefahrlos von
Hand in Schubfächer eingelegt werden können. In solchen Fällen wurde bisher meist
nur der Fußboden ausgenutzt. Die Einrichtung ist zwar nicht billig, dürfte sich aber
bei beschränkten Raumverhältnissen und hohen Bodenpreisen doch bezahlt machen (WT.
1919, 7).
Ernst Preger.
Fliegende Dorne werden mit großem Vorteil auch an
Revolverdrehbänken und halbautomatischen Drehbänken verwendet, Besonders empfiehlt
sich ihre Anwendung/ wenn die Drehbank bereits ein selbsttätiges Spannfutter
besitzt, von dessen Bewegung das Spannen und Entspannen der expandierenden Dorne
abgeleitet werden kann. Die expandierenden Dorne können den Formen der Werkstücke am
besten angepaßt werden. Für einfache kurze Bohrungen in radähnlichen Körpern kommen
in Fällen, wo die Drehspindel der Maschine nicht durchbohrt ist, Dorne mit
Klemmdraht, mit Keilbacke oder mit Mutter in Betracht. (Werkstattstechnik 1919,
7.)
Ernst Preger.
Geteerte Ziegel als Fußbodenbelag in mechanischen
Werkstätten haben sich als Ersatz des zurzeit seltenen und sehr teuren Holzes
bewährt. Besonders gut gebrannte trockene Klinker werden in einem Bad aus einem Teil
dünnflüssigem Teer und vier Teilen Kreosot unter Druck einige Stunden, oder ohne
Druck drei mal 24 Stunden imprägniert und je nach der Beanspruchung des Bodens
flach- oder hochkantig mit versetzten Fugen auf einer Sand-, Kies- oder
Ascheschüttung verlegt. Bei hoher Beanspruchung und auf Straßen empfiehlt sich die
Verlegung auf Beton. Die Fugen werden ähnlich wie bei Holzpflaster mit einer
geeigneten Teermischung vergossen, und wenn das Eindringen von Feuchtigkeit
vermieden werden soll, die Oberfläche des Bodens mit Kalk bestreut. In Werkstätten
genügt auch das Bestreuen mit feinem Sand. Der Belag ist weich genug, um fallende
Maschinenteile vor Beschädigung zu schützen, und auch fast staubfrei.
(Werkstattstechnik 1919, 7.)
Ernst Preger.
Verbesserungen an elektrischen Nahtschweißmaschinen sind
von der Elektrischen Schweißmaschinen-Gesellschaft m. b.
H., Charlottenburg 4, auf den Markt gebracht worden. Zum Schweißen von zylindrischen
Büchsen aus Blechen bis zu 1 mm Stärke wird das gebogene Blech über einen Zylinder
geschoben, der genau der lichten Weite der Büchse entspricht und auf die untere
Elektrode aufgesetzt ist. Die untere Rollenelektrode greift durch einen Schlitz des
genannten Zylinders. Das Schweißen selbst geschieht nach der bekannten Art der
Nahtschweißung mit Rollenelektroden. Die Bleche müssen dabei an den Schweißstellen
metallisch rein sein.
Eine weitere Verbesserung für die Schweißung von Blechen bis zu 3 mm Stärke besteht
darin, daß man die Naht ähnlich wie bei der Punktschweißung ein kurzes Stück nach
dem anderen schweißt und die streifenförmigen Elektroden bis zu einem gewissen
Erkalten der Schweißstelle angepreßt läßt. Dadurch wird ein Einbrennen von Metallteilen in
die Elektroden und Einbringen in das Blech bei der nächsten Schweißung vermieden.
Der Vorschub der Bleche geschieht auch hier ruckweise durch ein mechanisch
angetriebenes Rollenpaar, das aber im Gegensatz zur bisherigen Nahtschweißung nicht
als Elektroden ausgebildet ist. (Werkstattstechnik 1919, 7.)
Ernst Preger.
Wärmekraftmaschinen und Brennstoffe.
Torf- und Holzfeuerungen. Bevor Torf zur Verfeuerung
gelangt, muß sein hoher Wassergehalt von 85 v. H. auf höchstens 30 v. H. durch
Lufttrocknung herabgesetzt werden. Der so vorbereitete Brennstoff kann in einer Schmidtschen Spar-Schachtfeuerung mit Vorteil zur
Verwendung kommen. Er wird zunächst in den Füllhals (Abb.
1), eine kastenartige Vorrichtung, geschüttet, die den Zutritt falscher
Luft verhindern soll. Sie ist nämlich oben und unten mit je einer Verschlußklappe
versehen, deren Bewegung voneinander abhängig ist, so daß niemals beide
Abschlußglieder gleichzeitig geöffnet sind. Den Füllhals umspült die aus dem
Aschenfall kommende, durch Heizkanäle an der Feuerbrücke, dem Feuergewölbe und der
Flammenluke ziehende und dort vorgewärmte Zusatzluft. Der noch immer recht feuchte
Brennstoff wird daher gleich nach dem Aufgeben vorgetrocknet. Er gelangt hierauf in
den schräg liegenden, Zuführungsschacht, wo die Trocknung vollendet wird und die
Entgasung beginnt. An der Stelle, wo die Schrägwand des Schachtes in die Senkrechte
übergeht, münden in ihn zwei Kanäle für die warme Zusatzluft, während die Hauptluft
durch die Spalten eines Planrostes eintritt, der unterhalb des Schachtgemäuers liegt
und die ganze Brennstoffsäule abstützt. Dort erfolgt das Ausbrennen des Torfes.
Endlich tritt noch Oberluft durch Schlitze, welche sich von den erwähnten
Heizkanälen abzweigen, bei der Feuerluke ein, so daß eine vollständige Verbrennung
gesichert scheint. Die Schmidtsche Schachtfeuerung kann
auch zur Verheizung von Kleinholz, Hobelspänen usw. benutzt werden. Bei einer mit
Torf von 3100 WE Heizwert beschickten Anlage der Wagenbauanstalt A.-G. in Oldenburg i. Gr., die zum Betriebe eines
Feuerbüchs-Heizröhrenkessels von 125 m2 Heizfläche
diente, wurde die Verdampfungsziffer 3,85 festgestellt bei 4,5 at Dampfdruck und 7°
C Speisewassertemperatur.
Textabbildung Bd. 334, S. 120
Abb. 1.
Eine neuere Ausführungsform der Schachtfeuerung zeigt Abb.
2. Der steil verlegte Rost besteht aus Hohlstäben, die Kastenform haben
und eine mit Querschlitzen versehene Brennbahn besitzen. Sie sind nach unten offen.
Dort tritt die Luft ein und wird beim Emporsteigen angewärmt. Zwischen dem
senkrechten Füllschacht und dem Rost wird kalte Oberluft zugeführt, während an der
Feuerluke weitere Zusatzluft eintritt, die auf ähnliche Weise wie bei der oben
geschilderten Anlage in Kanälen im Schachtmauerwerk vorgewärmt wurde. An einer
derartigen, besonders der Verheizung von Holz dienenden Feuerung wurden
Verdampfungsversuche vorgenommen. Man fand bei 9,53 at Dampfüberdruck, 1,4° C
Speisewassertemperatur vor dem Vorwärmer und 37,2° C Speisewassertemperatur hinter
dem Vorwärmer die Verdampfungsziffer 3,26. Den Heizwert des verbrannten Holzes
schätzte man auf 3100 bis 3400 WE. Als Dampferzeuger dienten zwei Walther-Wasserrohrkessel. In der Stunde wurden 16,6 kg
Wasser für 1 m2 Rostfläche verdampft. (Pradel in Heft 12 der Zeitschrift für Dampfkessel- und
Maschinenbetrieb.)
Textabbildung Bd. 334, S. 120
Abb. 2.
Schmolke.
Einspritzkondensation. Die erhöhten Anforderungen, die
namentlich durch die Dampfturbinen an die Kondensation gestellt wurden, haben auch
für den Einspritzkondensator eine vertiefte Durchbildung gezeitigt, der überall
seinen Platz behauptet, wo nur beschränkte Kühlwassermengen zur Verfügung stehen,
oder die Eigenschaften des Kühlwassers die Anwendung des Oberflächenkondensators
ausschließen. Eine längere Reihe neuerer amerikanischer Formen des
Einspritzkondensators beschreibt Dipl.-Ing. Heimann in Z.
d. V. d. I. 1919, Heft 13 und 14.
Nach kurzer Kennzeichnung der allgemeinen leitenden Gesichtspunkte – gedrängte äußere
Bauweise, innere Durchbildung für gründliche Kondensation bei tunlichst geringem
Kühlwasserbedarfe, möglichste Kürzung aller unter Luftleere stehenden Rohrleitungen
und Verminderung der Verbindungstellen – werden Kondensatoren mit nassen, trockenen
und Kreisel-Luftpumpen vorgeführt. Unter Hinweisen auf den Zusammenhang mit manchen
europäischen Formen, im besonderen mit den grundlegenden Arbeiten von Leblanc über Kreiselpumpen mit Hülfsflüssigkeit, kommen
Ausführungen folgender Firmen zur Besprechung: Wheeler
Condensor & Engineering Co., Henry R. Worthington Co., Alberger Pump &
Condensor Co., Westinghouse Machine Co., Cresson Morris Co., Buffalo Steam Pump
Co. u.a.m. Die Darstellung ist im wesentlichen beschreibend, doch mit
kurzen Begründungen und teilweise auch mit Kennlinien von Leistung, Wirkungsgrad,
Luftleere usw. versehen.
Rotth.
Zweidruckturbine und Niederdruck - Wärmespeicher des
„Wannieckwerkes“ Brünn (Mähren). Eine in jeder Hinsicht
vollkommene Maschine, in der sich der Dampf von 10 at auf 1,2 at ausdehnt, würde 10
kg Dampf für die Kilowattstunde verbrauchen. Bei 1,2 at Anfangsdruck und 0,11 at
Endspannung wäre für die gleiche Leistung etwa dieselbe Dampfmenge erforderlich. Man
erkennt hieraus die außerordentlichen Vorteile, die mit einer weitgehenden Expansion
verbunden sind. Eine solche kann in der Kolbenmaschine nicht stattfinden, da die
Abmessungen zu groß ausfallen würden, wie man leicht einsieht. Hingegen ist man
imstande, in der Turbine auch die geringsten Dampfdrücke auszunutzen. Es wäre zum
Beispiel unter Umständen möglich, die Leistung einer Kolbenmaschinenanlage auf das
Doppelte zu erhöhen, sofern der Abdampf in einer Niederdruckturbine verwertet wird.
Schwierigkeiten entstehen aber, wenn die Versorgung der Turbine mit Abdampf in den
Arbeitspausen stockt. Man müßte in diesem Falle Frischdampf von der Kesselspannung
auf den niedrigen Druck der Turbine herabdrosseln, um deren Weiterbetrieb zu
ermöglichen. Diese Maßnahme ist natürlich mit Verlusten verknüpft. Wirtschaftlicher
ist die Verwendung von Zweidruckturbinen. Sie bestehen aus einem Hoch- und einem
Niederdruckteile. Zwischen beiden tritt der Abdampf ein. Er wird stets restlos
ausgenutzt. Sobald die geforderte Turbinenleistung nicht mehr ausreicht, wird mit
Hilfe einer geeigneten Steuerung dem Hochdruckteile Frischdampf zugeführt. Dieser
übernimmt die gesamte Arbeit, wenn der Abdampf ganz ausbleibt.
Auch hinsichtlich der Wärmespeicher wurden von der genannten Firma manche
Verbesserungen vorgenommen. Bisher leitete man bekanntlich den Abdampf in einen zum
Teil mit Wasser gefüllten Kessel. Entnahm man aus diesem Dampf, so erfolgte, da der
Druck auf den Wasserspiegel im Kessel sank, ein Nachverdampfen der dort befindlichen
Flüssigkeit, bis deren Temperatur der verringerten Spannung entsprach. War die
Dampfzufuhr größer als die Entnahme, so trat ein Sicherheitsventil in Tätigkeit. Der
dem Speicher entnommene Dampf hatte meist eine zu hohe Feuchtigkeit, wodurch sein
Arbeitsvermögen verringert wurde und starke Abnutzung der Turbinenbeschaufelung
eintrat. Dieser Uebelstand wird bei den neuen Wärmespeichern der Wannieckwerke,
Bauart Olbricht-Gerteis, vermieden. Bei ihnen wird der im
Verbraucher sogleich benötigte Abdampf diesem unmittelbar zugeführt, nachdem er
durch die Abgase von Oefen oder Dampfkesselfeuerungen getrocknet und überhitzt
wurde. Der Rest des Dampfes gelangt zum Speicher, dessen Abmessungen kleiner als bei
der älteren Bauweise werden. Der ihm entnommene Dampf kann ebenfalls unter
Verwendung der Abhitze vorhandener Anlagen getrocknet und überhitzt werden bevor er
zur Verwendung kommt. Ein Druckverlust im Speicher tritt nicht ein. (Nach einer von
den „Wannieck-werken“ herausgegebenen Druckschrift.)
Schmolke.
Elektrotechnik.
Fernsprechzentralumschalter nach dem Okli-System. Wenn im
Zentralumschalter einer Hausfernsprechanlage eine oder mehrere Amtsleitungen enden,
dann dürfen nur die privaten Sprechstellen, für welche Postnebenstellengebühr
bezahlt wird, mit dem Amt verbunden werden. Um andere Verbindungen unmöglich zu
machen, forderte die Reichspostverwaltung ursprünglich, daß an einem solchen
Umschalteschrank die Postleitungen zu verdeckten Klinken führen, die nur durch
besondere Schaltorgane zu bedienen waren. Es entstand eine ganze Reihe von
Konstruktionen, die diese Aufgabe zu lösen suchten. Bei allen waren für die
Verbindungen von Postnebenstellen mit dem Amt oder Postnebenstellen mit
Hausfernsprechstellen verschieden ausgebildete Schalter vorgesehen. Beim weit
verbreiteten Druckknopf System zum Beispiel werden die Hauptsprechverbindungen mit
offenen Klinken und Stöpseln hergestellt, die Amtsverbindungen durch
Druckknopfschalter. Natürlich muß für jede Verbindungsmöglichkeit ein Druck knöpf
vorhanden sein, also bei einem mittleren Umschalteschrank mit fünf Amtsleitungen und
20 Postnebenstellen schon 100 Druckknöpfe allein für den Verkehr mit dem Amt. Das
macht die Schränke groß und schwerfällig und die Bedienung schwierig. Neuere
Konstruktionen erreichten Verbesserungen; so sind beim Steckschlüsselsystem die
Handgriffe zum Herstellen der Amtsverbindungen und der Hausverbindungen ähnlich
geworden, es sind nur verschieden geformte Stöpsel und Klinken für jede von beiden
Möglichkeiten vorgesehen. Auch dieses System stellte noch keine festlose Lösung der
konstruktiven Aufgabe dar. Erst das Okli-System (offenes Klinkensystem) vom
Wernerwerk der Siemens & Halske A.-G. hat die
gleichen Schaltorgane für alle Arten von Verbindungen, die mit denselben Handgriffen
bedient werden. Erst das Okli-System bringt daher kleine, leicht und bequem zu
handhabende Umschalteschränke.
Textabbildung Bd. 334, S. 121
Abb. 1.
Dabei kommt das Okli-System vollkommen den Vorschriften der Reichspost Verwaltung
nach. Nur ist bei ihm die Unmöglichkeit einer unerlaubten Verbindung nicht durch
mechanische, sondern durch elektrische Mittel erreicht. Jeder Amtsleitung ist
nämlich ein Trennrelais zugeordnet, das bei jeder unzulässigen Verbindung anspricht
und die Amtsleitung abschaltet. Wie aus dem Schaltschema (Abb. 1) ersichtlich ist, sind die Stöpsel durch drei Schnüre verbunden.
Die Klinken besitzen außer den Kontaktfedern a und b noch eine dritte Feder c, die bei der Amtsklinke über die Wickelung des Trennrelais Tr am negativen Pol,
bei der Haussprechstellenklinke am positiven Pol einer Batterie liegt. Bei der
Postnebenstelle ist die dritte Feder frei.
Werden nun Amtsleitungen mit Nebenstellen, Nebenstelle mit Hausstelle oder
Hausstellen untereinander verbunden, so fließt kein Strom durch die Windungen des
Trennrelais, wohl aber, wenn Hausstelle und Amtsleitung verbunden werden; hierbei
wird dann der Trennschalter von den Kontakten K1 und K2 abgezogen, und die Amtsleitung ist getrennt.
Textabbildung Bd. 334, S. 122
Abb. 2.
Die Amtstrennrelais sind zweckmäßig und leicht zugänglich im
Schrank angeordnet, sie sitzen auf einer herausklappbaren Schiene (Abb. 2); überhaupt ist die ganze innere Ausführung des
Schrankes so übersichtlich geschaltet, daß das Fehlersuchen sehr erleichtert
ist.
Textabbildung Bd. 334, S. 122
Abb. 3.
Der Okli-Umschalteschrank (Abb. 3) ist nach dem
Zentral-Batterie-System eingerichtet. Er besitzt ein Glühlampenfeld mit kleinen,
weißen Glühlampen, die beim Anruf zugleich mit einer größeren Aufmerksamkeitslampe
so lange leuchten, bis die Bedienungsperson sich meldet. Zur Anzeige des
Gesprächsschlusses leuchten farbige Glühlampen auf und erlöschen erst, wenn die
Verbindung wieder aufgehoben ist. Die Bedienung braucht also nicht durch
Zwischenfragen das Gespräch stören, auch bleibt eine Verbindung nicht länger
bestehen. Das Schlußzeichen wird automatisch an das Amt weitergegeben. Ruft das Amt
an, so wird das Schlußzeichen so lange unterdrückt, bis die Nebenstellenverbindung
hergestellt ist.
Es ist also die Bedienung auf wenige Handgriffe beschränkt worden, und da der
Okli-Schrank außerdem viel kleiner ist als ein Umschalteschrank eines anderen
Systems bei gleicher Anschlußzahl, so stellt er eine bemerkenswerte Neukonstruktion
auf dem Gebiete des Fernsprechwesens dar.
C. O. Friedrich.
Berg- und Hüttenwesen.
Der Wirkungsgrad unserer Walzwerke. Bezeichnet man mit A die Umformungsarbeit beim Walzen in mkg, mit n die Streckung, ist ferner V das Volumen des Walzgutes in cm3, das
sich berechnet aus dem Produkt von Anfangsquerschnitt in mm2 mal Anfangslänge in m, und K die Quetschgrenze in kg/mm2, so ist nach Kießelbach die theoretische Umformungsarbeit bei jedem Streckprozeß A = K • V • ln n. W. Tafel hat in einer Arbeit in Stahl und Eisen (1919 S.
781) die Anwendbarkeit dieser Formel für die Umformungsarbeit, die als der exakte
mathematische Ausdruck für den theoretischen Energiebedarf irgend einer Formänderung
bezeichnet wird, an praktischen Beispielen anschaulich gemacht. Er kommt dabei zu
der Feststellung, daß der Wirkungsgrad der rechnerisch, untersuchten Walzprozesse
nach den Ergebnissen von Puppe bei Annahme einer Quetschgrenze von 10 kg je mm2 30 bis 70 v. H. beträgt.
Loebe.
Fördertürme in Eisenbeton. Die Treibscheibenförderung wird
überall da Vorteile bieten, wo es sich um wirtschaftliche Ausnutzung der
Raumverhältnisse und Herabsetzung der Anschaffungskosten handelt. Bei elektrischem
Betrieb – bei dem die Treibscheibe mit dem Fördermotor unmittelbar gekuppelt ist –
kann die Fördermaschine auf dem Förderturm aufgestellt werden, während bei
Dampfmaschinen wegen der hin- und hergehenden Massen eine solche Anordnung
bedenklich erscheint. Der Verfasser beschreibt verschiedene neuzeitliche
Ausführungen der Turmkoepeanordnung – um mich eines von Herrn Geheimrat Jahnke eingeführten Ausdruckes zu bedienen – in
Oesterreich-Ungarn, so den Förderturm Kutla-Schacht. Die Sicherheit gegen das
Seilgleiten wird rechnerisch und graphisch ermittelt und dargestellt. Ferner werden
die Förderanlagen Neu-Schroll und Neu Franz Joseph-Schacht in Pecs besprochen.
(Bergbau und Hütte 1919, Ing. Schöngut.)
Wüster.
Bessere Ausnutzung unserer Braunkohle. Im allgemeinen sind
Steinkohle und Koks unsere besten Heizungsstoffe, daneben sind namentlich für
Mitteldeutschland Braunkohlenbriketts von großer Bedeutung geworden, obwohl der
Heizwert nur etwa ⅔ der Steinkohle beträgt und der Aschengehalt groß ist. Ob es vom
wirtschaftlichen Standpunkt richtig ist, rohe Braunkohle zu brikettieren, erscheint
aber fraglich, wenn man in Betracht zieht, daß zur Herstellung von 100 kg Briketts
275 bis 310 kg Rohkohle erforderlich sind (zur Trocknung der stark wasserhaltigen
Kohle und zur Zerkleinerung der Rohkohle). Die Brikettierung andererseits läßt sich
wegen der Schwierigkeiten im Versand der bröckeligen Kohlen nicht umgehen. Die
starke Vergasung der Braunkohle zwingt, auf Verfahren zu sinnen, um sie nach
Möglichkeit zu vermeiden. Das Ideal der Kohlenausbeutung ist die restlose Auflösung
der Kohle in Gas unter Gewinnung sämtlicher Nebenerzeugnisse. Wenn die Vergasung auch schon in
Generatoren geschieht, so gehen doch noch viele wertvolle Stoffe verloren, zum
Beispiel Teere und ammoniakhaltiges Gaswasser. Auch dies gewinnt man schon
stellenweise, indem man die Erhitzung nicht so hoch treibt. Man gewinnt durch den
sogenannten Schwelprozeß (zum Beispiel Prov. Sachsen, Zeitz) Teer, durch dessen
nochmalige Destillation leichtflüssige, benzinähnliche Körper, Photogen- und
Solaröl, Paraffine und andere Oele. Als Rückstand bleibt Grude, ein vorzügliches,
sparsames und billiges Heizmittel für den Haushalt. (Leider zu wenig bekannt.)
Verfasser weist auf die Möglichkeit der Ausdehnung der Schwelerei auch bei
bitumenärmerer Braunkohle hin, besonders, weil die Teere der Braunkohle auch zur
Herstellung von Mineral-Schmierölen geeignet sind. Die Vergaseranlagen wurden schon
während des Krieges mit Urteer-Gewinnungsanlagen versehen, um den aus einer Mischung
von Stein- und Braunkohle zu gewinnenden Teer viskosen Oelen anzureichern. Es dürfte
sich empfehlen, möglichst viele Braunkohle derart zu vergasen, das Gas durch
Ferngasleitungen den Verbrauchsstätten zuzuführen und die Nebenerzeugnisse möglichst
weitgehend nutzbar zu machen. Es gilt um so mehr die kostbaren Bodenschätze, die
unsere Braunkohle darstellt, zu schonen und wirtschaftlich auszunutzen, als ihre in
Deutschland noch vorhandenen Lagerstätten nur noch für eine ganz beschränkte Anzahl
von Jahren ausreichen. (D. Bergw.-Ztg. 1919, E. Jank.)
Wüster.
Gastechnik.
Eine selbsttätige Feuerlöschvorrichtung für Transformatoren-
und Oelschalterräume hat die Siemens &
Halske A. -G. in Gemeinschaft mit der Fabrik explosionssicherer Gefäße in
Salzkotten konstruiert, bei der Kohlensäure als Löschmittel dient. Diese wird im
Augenblick der Gefahr durch völlig selbsttätige Inbetriebsetzung der
Löschvorrichtung erzeugt. Die Vorrichtung ist ferner mit selbsttätigen Feuermeldern
verbunden, die bei plötzlicher Temperatursteigerung in den Transformatorenräumen
Signalstromkreise betätigen und unter Vermittlung von Relais die Löschvorrichtungen
in Betrieb setzen.
Die zum Löschen erforderliche Kohlensäure wird erst bei Ausbruch eines Brandes durch
Einwirkung von verdünnter Schwefelsäure auf Pottaschelösung erzeugt, und zwar kann
ein Kohlensäureentwickler auch für mehrere Räume Anwendung finden, indem einfach das
Entwicklungsgefäß an eine durch selbsttätig verschließbare Klappen unterteilte
Rohrleitung angeschlossen wird.
Der selbsttätige Feuermelder wird unmittelbar über der Transformatorzelle angebracht,
damit ihm die Wärme möglichst rasch zugeführt wird; desgleichen mündet das
Kohlensäureeinleitungsrohr oberhalb der Transformatorzelle. Der
Kohlensäureentwickler erzeugt innerhalb 2 bis 3 Minuten 40 m3 Kohlensäure. Diese Menge genügt, um in einem
Raum von 100 m3 Inhalt eine ausreichende
Löschwirkung zu erzielen. Neben der Betätigung der Kohlensäureentwicklung besorgt
der Feuermelder noch das selbsttätige Schließen der Luftklappe an der Decke sowie
der Oelablaufklappe am Boden des betreffenden Raumes; schließlich wird auch noch
mittels eines Weckersignals die Zelle, in der der Brand ausgebrochen ist,
angezeigt.
Das beschriebene System wurde von der Gutehoffnungshütte in Sterkrade in ihrer
elektrischen Zentrale eingeführt, wo sechs Transformatorenzellen mit dieser
Löscheinrichtung ausgestattet wurden, und zwar in der Weise, daß bei Ausbruch eines
Brandes sowohl die brennende als auch die beiden Nachbarzellen mit Kohlensäure
gefüllt werden können, um ein Uebergreifen des Feuers mit Sicherheit zu
verhüten. Das neue Verfahren ist, da es ohne Wasser arbeitet, auch für
Kunstsammlungen, Archive und Bibliotheken gut geeignet. (K. Perlewitz, E. T. Z. 1918, S. 209.)
Sander.
Trockengasgenerator der Georgsmarienhütte. Dieser neue
Generator ist ein mit Koks betriebener Abstichgenerator, bei dem basische Schlacke
zur Verflüssigung der Koksasche zugesetzt wird und in dem außerdem die Gewinnung von
Roheisen mit einem hohen Mangan- und Phosphorgehalt gewonnen wird. Wie Dr. Ing. M.
Bräutigam auf Grund eigener Versuche auf der
Georgsmarienhütte berichtet, unterscheidet sich der neue Generator von anderen
Abstichgeneratoren hauptsächlich dadurch, daß bei ihm die Dampfzufuhr sowie die
Herdbeheizung unterbleibt. Seiner Bauart nach ist er ein kleiner Hochofen, in dem
jedoch im Gegensatz zum gewöhnlichen Hochofen das entstehende Kohlenoxyd nicht zur
Reduktion von Eisenerzen, sondern restlos als Heizmaterial verwendet wird. Da das
Eisen in Form von Mischer- oder Martinschlacke dem Generator bereits in
verschlacktem Zustande zugeführt wird, findet keine Reduktion der in diesen
Schlacken enthaltenen Metalloxyde durch das Kohlenoxyd statt, vielmehr erfolgt die
Ausscheidung der Metalle aus den Silikaten durch festen Kohlenstoff, und zwar
außerordentlich rasch.
Textabbildung Bd. 334, S. 123
Der Gaserzeuger hat eine Höhe von 5 m und eine Gestellweite von 1,1 bis 3,0 m, je
nach der 10 bis 100 t in 24 Stunden betragenden Durchsatzmenge. Die
Beschickungsvorrichtung besteht wie üblich aus einem Füllkasten mit Kegelverschluß,
der Gestellmantel wird durch Berieselung mit Wasser gekühlt. Der Wind wird mit einer
Temperatur von 55 bis 70° und 400 mm WS Druck den von mit Wasser gekühlten Formen
umgebenen Düsen zugeführt. An der Sohle des Gestells befindet sich der Eisenabstich,
etwa 200 mm höher ist seitlich davon der Schlackenabstich angebracht. Die
Generatorschlacke wird alle vier Stunden, das Generator eisen bei Verwendung von
Mischerschlacke alle acht Stunden, bei Verwendung von Martinschlacke alle zwölf
Stunden abgestochen. Der Gaserzeuger hat durchschnittlich eine Lebensdauer von 13
Monaten; nach dieser Zeit muß das Gestell erneuert werden, während Gicht und Rost
weniger stark angegriffen werden.
Nach den Untersuchungen des Verfassers ist das in dem neuen Generator erzeugte Gas
sehr reich an Kohlenoxyd (33 v. H.), dagegen enthält es sehr wenig Kohlensäure (0,5 v. H.) und
Wasser (12 g in 1 m3); der Heizwert beträgt 1133
WE. Infolge seines geringen Wasserstoffgehaltes hat das Gas auch einen hohen
pyrometrischen Wärmeeffekt, was auch auf den geringen Wassergehalt des Gases
zurückzuführen ist. Generatorgas, das in Drehrost- oder Morgangeneratoren durch
Vergasung von Koks erzeugt ist, enthält im Mittel 41,2 g Wasser in 1 m3, somit mehr als dreimal so viel als das in dem
neuen Trockengasgenerator erzeugte Gas. Das Trockengas ist praktisch teerfrei; somit
wird der ganze im Koks enthaltene Kohlenstoff bei der Vergasung voll ausgenutzt.
Auch der Schwefelgehalt des Trockengases ist erheblich niedriger als in Generatorgas
aus Rohkohle.
Die Menge des in dem Generator erzeugten Eisens beträgt je nach der Menge und dem
Eisengehalt der Zuschlagschlacke 500 bis 1300 kg in der 24-stündigen Doppelschicht,
das sind rund 16,6 bis 43 kg Eisen für 1 t Koks. Das Eisen hat einen hohen Mangan-
und Phosphorgehalt (je 7 bis 11 v. H). Wenn nur basische Martinschlacke als Zuschlag
verwendet wurde, hatte das Roheisen etwas weniger Mangan und Phosphor als bei
Verwendung von Mischerschlacke.
Die Abstichschlacke war gelblichgrün, dünnflüssig und von steiniger Struktur; sie
floß stets glatt aus dem Generator heraus, auch bei Verwendung von hochbasischer
Martinschlacke, wenn nur deren Zuschlagmenge geringer als sonst bemessen wurde. Der
verwendete Koks hatte einen Kohlenstoffgehalt von 84 bis 88 v. H. und lieferte 4,7
bis 4,9 m3 Generatorgas für 1 kg Koks. (Stahl und
Eisen 1918, S. 186 bis 189.)
Sander.
Wirtschaft.
Ingenieure für den Auslandsdienst. Bei der Umgestaltung
des Auswärtigen Amtes wird auch mit dem Juristenmonopol im Auslandsdienst aufgeräumt
werden. Volkswirtschaftler, Kaufleute und Ingenieure sind künftig gleichwertige
Anwärter. Für die harrenden Aufgaben erscheinen die Vertreter der Technik und
namentlich die volkswirtschaftlich gebildeten Ingenieure besonders berufen. Die
technisch-wissenschaftlichen Aufgaben, zum Beispiel auf dem Gebiete des
internationalen Verkehrs, erfordern technisches Wissen. Für das Nachrichtenwesen
bringt der Ingenieur die der Technik eigene bildmäßige Darstellungsweise mit ihrem
Herausarbeiten der wirtschaftlichkonstruktiven Zusammenhänge. Das Zusammenfassen der
Arbeit aller im Fremdland wirkenden deutschen Wirtschaftskräfte wird ihm durch seine
Erfahrung im Organisieren erleichtert. Seine sachliche, politischen Umtrieben fremde
Art und die werbende Kraft seiner fachlichen Kenntnisse und Anregungen sind wichtige
Hilfsmittel zum Anknüpfen und zur Erhaltung freundlicher persönlicher Beziehungen zu
ausländischen Fachkreisen verschiedenster Richtung und zur Presse. (Dipl.-Ing. zur Nedden im Maiheft der „Technik und
Wirtschaft“.
Die Beschäftigung von Kriegsblinden in
Maschinenwerkstätten ist bei den Siemens-Schuckertwerken
bis Februar 1919 auf 52 Mann gestiegen, wozu noch 37 männliche und 13 weibliche
Pfleglinge von Blindenanstalten kommen. Der Akkordlohn schwankt zwischen 0,80 und
1,51 Mark für die Stunde. Die Blinden eignen sich weniger, als man ursprünglich
annahm, für reine Handarbeit, wie sie früher Frauen übertragen wurde. Man hat ihnen
mit bestem Erfolg Maschinenarbeit übertragen, die auch einen moralisch guten Einfluß
auf sie zu haben scheint. Die Blinden sind beschäftigt besonders an Feilmaschinen
zum Entgraten kleiner Teile, an Bohrmaschinen zum Bohren von Löchern mittelst
Bohrvorrichtungen, an automatischen und halbautomatischen Drehbänken, deren man
mehrere gleichzeitig einem Blinden zur Bedienung überweisen kann, an Exzenterpressen
mit selbsttätigem Materialzuschub (Revolverteller) usw. An den Maschinen müssen
allerdings sämtliche Schutzvorrichtungen besonders sorgfältig ausgebildet sein.
(Werkstattstechnik 1919, 7.)
Ernst Preger.
Ueber Wirtschaftspsychologie. (Vortrag von Herrn
Privatdozent Dr. Moede, Monatsblätter des Berl.
Bezirksvereins deutscher Ingenieure 5. Januar 1919 und 1. Februar 1919.) Der Krieg
hat uns gezwungen, der Wirtschaftspsychologie, d.h. der experimentellen Psychologie
im Dienste des Wirtschaftslebens mehr Aufmerksamkeit zu schenken, als wir es bisher
getan haben. Es handelt sich hierbei vornehmlich um das Problem der Berufsberatung.
Es ist bisher nur in wenigen speziellen Fällen in Angriff genommen, in Fällen, wo
eine angenäherte Lösung von vornherein möglich erscheint. Es sind das die Berufe der
Kraftfahrer, Funker und Lokomotivführer. In Deutschland ist besonders die
experimentelle Kraftfahrer-Eignungsprüfung am besten ausgebildet worden. Diese hat,
wie ohne weiteres klar, zunächst die Tüchtigkeit der Sinne des zukünftigen
Kraftfahrers zu prüfen, also die Sehschärfe und Farbentüchtigkeit und vor allen
Dingen die Tüchtigkeit der Stäbchen und Zapfen, weiter die Gehörschärfe sowie die
Gelenkempfindlichkeit und Leistungshöhe der Hände und besonders der Füße. Sodann ist
die Auffassungsgabe zahlenmäßig zu begutachten. Diesem Zwecke dient der Schnellseher
oder das Tachystoskop, das gestattet, Reizkarten mannigfacher Beschaffenheit auf
Bruchteile von Sekunden dem Auge darzubieten. Weiter ist die Dauerleistung der
Aufmerksamkeit zu untersuchen, sowie die Fähigkeit, zwei oder drei Ereignisse
gleichzeitig zu beachten. Um die Zeit, in der auf die einzelnen Reize reagiert wird,
die Reaktionskonstante des Prüflings zu messen, dazu dient bei optischen Reizen das
Hoppsche Chronoskop, bei akustischen Reizen der
Reaktionshammer. In das Eignungsgutachten ist noch aufzunehmen ein Urteil über die
Fähigkeit, bei einfachen und verwickelten Lagen eine Wahlhandlung schnell und
richtig vorzunehmen. Und endlich ist eine Ermüdungsmessung vorzunehmen, die über die
körperliche Leistungsfähigkeit des Prüflings unterrichten soll. Dazu dient der
Ergograph nach Mosso. Er besteht aus einer Armlagerung
und einem Schlitten, an dem ein Gewicht befestigt ist, dessen Schnurlauf zum Finger
des Prüflings führt. Alle Bewegungen des Fingers, die durch das Gewichtsheben und
-senken veranlaßt sind, macht der Schlitten mit, an dem ein Zeiger angebracht ist,
der auf einer rotierenden Trommel die Bewegungen aufzeichnet. In den
Fliegerlaboratorien von Frankreich werden auch noch Puls und Atmungskurven
aufgenommen, wozu noch die Aufnahme mit dem Cardiographen zu treten hätte.
Eine Lösung des Problems der Berufsberatung für andere Berufe als Kraftfahrer,
Funker, Lokomotivführer usw. ist noch in weitem Felde. Die psychotechnischen
Methoden stehen erst am Anfang ihrer Ausbildung.
Eine andere Klasse von Menschen, wo die Berufsberatung Aussicht auf Erfolg haben
dürfte, betrifft die Amputierten. Hier ist es – wie von Herrn Professor Dr. Schlesinger im Anschluß an den Moedeschen Vortrag ausgeführt wird – möglich, exakte, und zwar
mechanotechnische Methoden zu entwickeln, die zu einer Lösung der Frage der
Berufsberatung führen.
Jahnke.