Titel: | Polytechnische Schau. |
Fundstelle: | Band 334, Jahrgang 1919, S. 228 |
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Polytechnische Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Fabrikorganisation und Werkstattbetrieb.
Ansporn zur Kohlenersparnis. In Connecticut sind für eine
Anzahl unter ähnlichen Bedingungen arbeitender Kraftwerke Höchstzahlen für den
Kohlenverbrauch angegeben, die für die erzeugte Kilowattstunde nicht überschritten
werden, dürfen. Die tatsächlich erzielten Zahlen werden zwischen den einzeinen
Werken nahezu täglich ausgetauscht und allgemein bekannt gegeben, um die Sparsamkeit
anzuspornen. Gleichzeitig werden für besondere Ersparnisse Prämien ausgegeben, die
auf alle Angestellten gleichmäßig verteilt werden. Es soll durch diesen Anreiz
gelungen sein, in einem bestimmten Werke, Hartford, die Leistung für 1 t Kohle von
920 kWh auf 1270 kWh zu steigern. (El. world 1918, S. 1176.)
Dipl.-Ing. W. Speiser.
Vereinheitlichung der Abmessungenvon Drehbänken. In einem Aufsatz „Moderne
Drehbänke“ untersucht Ing. Lambrette die äußeren
Abmessungen von Drehbänken auf ihre Zweckmäßigkeit und kommt zum Schluß auf Grund
einer Gegenüberstellung der Abmessungen gleichwertiger Maschinen verschiedener
Firmen des In- und Auslandes zur Feststellung erheblicher, durch die Eigenart der
Maschinen nicht gerechtfertigter Unterschiede, die darauf schließen lassen, daß die
verschiedenen Teile der Maschine nur nach dem Gefühl des Konstrukteurs, nicht aber
nach angestellten Berechnungen oder bestimmten Erfahrungswerten ausgeführt sind. Der
Verfasser hat sich der Mühe unterzogen, die Drehbänke in allen Einzelheiten
hinsichtlich der Festigkeit, Formänderung, Flächendruck in den Führungen usw. zu
berechnen, und gibt seine Ergebnisse in Form von Verhältniszahlen als Funktion der
Spitzenhöhe h. Wenngleich Verhältniszahlen nicht mehr
beliebt sind, weil sie leicht zu einem gedankenlosen Arbeiten des Konstrukteurs
verführen, so muß in diesem Falle doch zugegeben werden, daß die gegebenen Zahlen
wertvolle Winke darstellen, die die richtige Bemessung von Teilen erleichtern, deren
exakte Berechnung meist recht umständlich ist, weil die Beanspruchungen nicht genau
festgestellt werden können. (Wzm. 1919, Heft 7 und 8.)
Die Bedeutung des Werkzeuglagers und seiner Organisation für
die wissenschaftliche Betriebsführung. Das Werkzeuglager stellt auch in
kleineren Betrieben einen erheblichen Geldwert dar. Es muß daher unzweckmäßig
erscheinen, dem Arbeiter eine größere Anzahl von Werkzeugen zu dauerndem Gebrauch zu
überlassen, weil er sie nur zum Teil benutzen und auch nicht richtig in Stand halten
wird. Werden dem Arbeiter zu jeder Arbeit nur die notwendigen Werkzeuge, diese aber
in tadellosem Zustande übergeben, so wird man den Werkzeugpark verringern und doch
stets beste Arbeit garantieren können. Vor allem kann der Betriebsleiter dann stets
die geforderte äußerste Ausnutzung der Maschinen durchsetzen; ferner wird man sich
ein Bild darüber machen können, wie die einzelnen Arbeiter ihre Werkzeuge behandeln
und Unregelmäßigkeiten aufdecken können. Die notwendigen Instandsetzungsarbeiten
müssen sofort nach Rückgabe der Werkzeuge in die Werkzeugstube vorgenommen werden,
um die Zahl der Werkzeuge tunlichst klein halten zu können. Es ist zu vermeiden, daß
die Arbeiter selber Ausbesserungen an den Werkzeugen vornehmen, insbesondere ihre
Werkzeuge selbst schleifen, weil sie das in den allerwenigsten Fällen richtig machen
werden. Alle Schleifsteine und Schmirgelscheiben sind deswegen aus der eigentlichen
Werkstatt zu entfernen und in der Werkzeugmacherei aufzustellen. Die
vorhandenen Werkzeuge müssen in Regalen und Schränken übersichtlich nach
mnemotechnisch gewählten Bezeichnungen so geordnet sein, daß zugehörige Teile, zum
Beispiel Schrauben und Muttern beieinander liegen. (Wzm. 1919, Heft 8.)
Einheitswelle und Einheitsbohrung. Der Kampf der Meinungen
über die Zweckmäßigkeit des einen oder des anderen Systems ist immer noch nicht
abgeschlossen. Der hannoversche Bezirksverein deutscher Ingenieure hatte sich für
die alleinige Einführung des Systems der Einheitswelle ausgesprochen. C. Schreibmayr hatte dabei zugunsten der Einheitswelle
angeführt, daß die Werkzeugkosten zwar für die Einheitswelle in der Anschaffung
höher, in der Unterhaltung aber niedriger seien. Dieser Anschauung tritt Müller
entgegen, indem er ausführt, daß die von Schreibmayr in
Rechnung gezogene Feinfeinpassung für die Bohrung nur als Ausnahmefall zu gelten
habe, ferner seien sehr häufig fünf verschiedene Passungen, anstatt der von
Schreibmayr in die Rechnung eingesetzten drei notwendig und endlich braucht man beim
System der Einheitswelle nicht einen, sondern mehrere Aufspanndorne, wenn man genau
spannen will. Unter diesen Verhältnissen errechnet Müller die Anschaffungskosten der
Werkzeuge auf den zwei- bis sechsfachen Betrag derjenigen bei der Einheitsbohrung,
also wesentlich höher als ihn Schreibmayr berechnet hatte. Müller kommt in seiner
Entgegnung zu dem Schluß, daß das System der Einheitswelle im Präzisionsmaschinenbau
eine wesentliche Verteuerung der Erzeugung mit sich bringen wird, was bei den
augenblicklich für uns so ungünstigen Verhältnissen des Weltmarktes durchaus
vermieden werden muß. (WT. 1919, Heft 12.)
Preger.
Elektrotechnik.
Wirbelstromprobleme. Wird ein wechselndes magnetisches
Feld von einer Leiterschleife umschlossen, deren Leiter senkrecht zur Richtung der
Kraftlinien eine größere Ausdehnung besitzt, so wirkt auf die äußeren, am weitesten
von der Achse des Feldes entfernten Teile des Leiters ein größerer Kraftfluß als auf
die inneren, da diese mehr Kraftlinien umschließen als jene, weil ja der Leiter
selbst auch von Kraftlinien durchsetzt wird. Es wird deshalb in seinem äußeren Teile
ein stärkerer Strom induziert, als in dem inneren. Die so entstehende ungleichmäßige
Belastung des Leiterquerschnitts kann man sich auch so entstanden denken, daß außer
dem gleichmäßig über den Querschnitt verteilten Strom sogenannte Wirbelströme im
Leiter auftreten, die auf der Außenseite mit ihm im gleichen Sinne, auf der
Innenseite entgegengesetzt laufen. Diese ungleichmäßige Belastung hat eine
scheinbare Vergrößerung des Ohm sehen Widerstandes und eine Vergrößerung der
Stromwärmeverluste zur Folge. Das Wirbelstromproblem ist theoretisch schon mehrfach
behandelt worden. Vidmar beschäftigt sich in
„Elektrotechnik und Maschinenbau“ 1919, Heft 8, mit der Anwendung der
Lösungen auf den Bau großer Maschinen. Man kann die Wirbelstrombildung verringern
durch Unterteilung der Leiter, doch ist dies nur ein Notbehelf. Vidmar berechnet, wie viel mal so groß die
Stromwärmeverluste bei einer gegebenen Anordnung unter Berücksichtigung der
Wirbelstromverluste werden, als sie sich aus dem reinen Ohmschen Widerstände ergeben
würden. Sollen die Wirbelstromverluste in einer Typenreihe in gleichem Maße zunehmen
wie die Gesamtverluste, so muß die Anzahl der in einer Nut übereinander liegenden
Drahtlagen mit der Quadratwurzel aus der Leistung wachsen. Vidmar
ermittelt die günstigste Leiterbreite bei einer bestimmten Anzahl Leiterlagen und
die günstigsten Leiterbreiten für die einzelnen Lagen. Dabei findet er, daß z.B. bei
einem Transformator die günstigste Leiterbreite in der ersten Lage etwa 17,5 mm
beträgt, wobei die Gesamtstromwärmeverluste etwa 33 v. H. höher sind als die reinen
Ohmschen Verluste. Bei in Nuten eingebetteten Wicklungen kann man die
Gesamtstromwärme dadurch verkleinern, daß man für die Stirnverbindungen der
Nutenstäbe einen anderen Querschnitt wählt als für die Nutenstäbe selbst. Es genügt
aber nicht, die Gesamtstromwärme an sich möglichst klein zu halten, sondern es muß
auch auf möglichst gute Abführung der erzeugten Wärme gesehen werden. Besonders
gefährdet ist in dieser Hinsicht bei einem Transformator die äußerste, bei einer
Nutenwicklung die oberste Leiterlage. Sie muß deshalb besonders beachtet werden. Der
große Wirbelstromzuschlag für die oberste Drahtlage kann verkleinert werden, wenn
man anstatt Kupfer Aluminium verwendet. Vidmar vergleicht
die Leitergewichte und die Energieverluste, die man bei Beachtung dieser einzelnen
Bedingungen erhält und kommt zu dem Schluß, daß Aluminiumwicklung die Kühlung der
Nuten wesentlich erleichtert, da bei ihr die Verluste besser auf die einzelnen
Drahtlagen verteilt sind, also eine verhältnismäßig größere Belastung zugelassen
werden kann, was besonders bei großen Maschinen von hoher Bedeutung ist. Sie bedingt
jedoch etwa 40 v. H. größere Gesamtverluste, zu deren Abführung die Leistung der
Maschine etwas ermäßigt werden muß. Bei unterteilten Wicklungen wird die
Aluminiumwicklung um so ungünstiger, je größer die Stabzahl ist. Unter einer
gewissen Stabzahl ist jedoch die Aluminiumwicklung günstiger als die
Kupferwicklung.
Dr.-Ing. Bachmann.
Gastechnik.
Die Versorgung der Berliner Bahnhöfe mit Leuchtgas. Der
Mangel an Gasöl zwang bekanntlich die preußisch-hessische Eisenbahnverwaltung
bereits im Jahre 1915 dazu, die bis dahin benutzte Oelgasbeleuchtung der
Personenwagen aufzugeben und zur Beleuchtung mit verdichtetem Steinkohlengas
überzugehen. Die Oelgasanstalten in Tempelhof, Pankow und anderen Orten in der
Umgebung Berlins wurden daher stillgelegt und hatten fortan nur noch die Aufgabe,
das den Leitungen entnommene Steinkohlengas zu verdichten und an die
Verbrauchstellen zu liefern. Die wechselnde Zusammensetzung des aus verschiedenen
Gaswerken bezogenen Gases machte jedoch eine Zusammenlegung der
Verdichtungsstationen erforderlich. Deshalb wurde bei der Gasanstalt in Lichtenberg
eine große Anlage geschaffen, die sämtliche Stationen des Nord- und Südringes mit-
verdichtetem Steinkohlengas versorgt.
Das aus dem städtischen Rohrnetz von Lichtenberg bezogene Steinkohlengas wird in
großen Sammelbehältern aufgespeichert und aus diesen von drei Gaspumpen angesaugt,
die es auf 14–16 at verdichten. Nach sorgfältiger Reinigung, Trocknung und Kühlung
wird das verdichtete Gas in vier große Sammelbatterien gefüllt, aus denen es in die
um ganz Berlin laufende Ringgasleitung gelangt. Die
Kompressoren haben elektrischen Antrieb und liefern stündlich je 500 m3 komprimiertes Gas. Um bei einer Störung stets
eine Reservemaschine zur Verfügung zu haben, soll noch ein vierter Kompressor für
1000 m3 Stundenleistung aufgestellt werden. Das
abgegebene Gas wird in zwei großen Gasuhren gemessen und in einem besonderen
Laboratorium regelmäßig auf seine Zusammensetzung und seinen Heizwert geprüft. Der
Heizwert des Gases, der durch selbsttätige Kalorimeter mit Kurvenaufzeichnung
bestimmt wird, beträgt 4700 WE.
In der Zeit des höchsten Verbrauchs werden der Ringleitung im ganzen etwa 30000
m3 täglich entnommen; zur Verdichtung dieser
Gasmenge müssen sämtliche drei Kompressoren 20 Stunden lang in Betrieb sein. Die
Anlage wurde am 1. September 1918 eröffnet und hat sich bisher gut bewährt. (Zeitg.
Verein Dt. Eisenbahn-verwaltgn. 1918. S. 801.).
Sander.
Wasserreinigung.
Ein neues System der Gewinnung künstlichen Grundwassers für
Wasserversorgungsanlagen. Mit der Zunahme der Besiedelung und
Industrialisierung der Städte bereitet die Wasserversorgung häufig große
Schwierigkeiten, man hat daher in den letzten Jahren der Erzeugung von künstlichem
Grundwasser und seiner Verwendung als Trinkwasser erhöhte Beachtung geschenkt. O.
Schwarz hat eine neue Vorrichtung zur Entnahme von
künstlichem Grundwasser angegeben, die folgende Merkmale aufweist. Wo der
undurchlässige Untergrund eines Grundwasserstaubeckens oder eines Stauweihers von
genügend mächtigen durchlässigen Bodenschichten überlagert ist, wird das in diese
Schichten eingedrungene Wasser mittels mehrerer voneinander unabhängiger
Drainagesysteme gesammelt und zu einem Entnahmebrunnen bzw. -turm, der gleichzeitig
als Reinwasserbehälter dient, geleitet, von wo aus das Wasser seiner Bestimmung
zugeführt wird. Die Drainleitungen oder Sickerstollen sind in solcher Entfernung vom
offenen Wasser bzw. unter der Erdoberfläche angelegt, daß die vom aufgesaugten
Wasser in wagerechter bzw. senkrechter Richtung durchsickerten Bodenmassen als
Wasserreiniger wirken können. Der Wasserzufluß zum Entnahmebrunnen oder -türm jedes
einzelnen Drainagesystems kann gedrosselt oder abgesperrt und so die
Filtergeschwindigkeit geregelt werden. Durch Umleitungen können die Drainagesysteme.
unter Umgehung des Entnahmebrunnens oder -turmes auch direkt an die Entnahmeleitung
angeschlossen werden.
Verfasser beschreibt an Hand mehrerer Skizzen die Bauart seiner Entnahmevorrichtung
sowohl für ein Grundwasserstaubecken als auch für einen Stauweiher sowie für ein
Schotterstaubecken. Schließlich faßt er die Vorteile der künstlichen
Grundwassergewinnung wie folgt zusammen: Diese Art der Wassergewinnung ist im
Gebirge und Hügelland fast immer anwendbar, da das Niederschlaggebiet der
Entnahmevorrichtung nur klein zu sein braucht. Die Vorarbeiten sind einfach und
billig durchführbar, da die Niederschlag-, Abfluß- und Versickerungsverhältnisse aus
vorhandenen Beobachtungsdaten zuverlässig abgeleitet werden können, die
erforderlichen geologischen Feststellungen sich nur auf die das Talbecken
erfüllenden Ablagerungen zu erstrecken brauchen und da über die zu erwartende
Beschaffenheit des Wassers die chemische Untersuchung des dem Bachbett sowie den
Probegruben entnommenen Wassers leicht Aufschluß gibt. Die Baustoffe für die Anlage
sind leicht zu beschaffen, so daß sie rasch und billig ausgeführt werden kann. Der
Betrieb erfolgt größtenteils selbsttätig und erfordert wenig Bedienung, keine
Pumpen, Motoren, Brennstoffe usw. Nachträgliche Herstellungen und Ausbesserungen
können an allen Teilen der Wassergewinnungsanlage vorgenommen werden, ohne daß der
Betrieb des Wasserwerks gestört wird. Das gewonnene Trinkwasser ist vollständig
mechanisch gereinigt und keimfrei, es besitzt fast gleichbleibende Temperatur und in
vielen Fällen einen geringeren Härtegrad. Schließlich läßt sich das Wasserwerk dem
steigenden Wasserbedarf entsprechend etappenförmig ausbauen. (Ztschr. des Vereins
der Gas- und Wasserfachmänner in Oest. u. Ung., 59. Jahrg., S. 73 bis 84.)
Sander.
Ausbildung.
Richtlinien für die Vorbildung zum höheren
Verwaltungsdienst. (Reichsausschuß der Akademischen Berufsstände.) Die
Beamten der höheren allgemeinen Staatsverwaltung in den deutschen Staaten haben fast
ausschließlich eine juristische Vorbildung genossen; dies beruht zum Teil, wie in
Preußen, auf gesetzlicher Grundlage, zum Teil auf hergebrachter Uebung, und auch die
Selbstverwaltungskörper berufen in der Hauptsache Juristen.
Dieser als „Juristenmonopol“ bezeichnete Zustand hat insbesondere zwei
wesentliche Nachteile. Es entspringt daraus zunächst eine gewisse Einseitigkeit,
weil die juristische Betrachtungsweise, auch für Fragen nicht rechtlicher Art,
ausschließlich maßgebend wird, und weil die Beamten auch in den Angelegenheiten, wo
ihnen das nähere Verständnis fehlt, Entscheidung zu treffen haben. Ferner hat sich
die Verwaltung bei der Auswahl der Bewerber für die zu besetzenden Stellen unnötig
beschränkt und anders als juristisch vorgebildete, wenn auch hervorragend fähige
junge Leute nicht herangezogen.
Den geschilderten Mängeln kann dadurch abgeholfen werden, daß man auch anders als
juristisch vorgebildete Anwärter zum Vorbereitungsdienst zuläßt. Bei der Vorbildung
für die höhere Verwaltungslaufbahn handelt es sich im wesentlichen um die
Entwicklung geistiger und seelischer Fähigkeiten, und es kommt mehr auf Art und
Stärke der geistigen Beschäftigung als auf den Gegenstand des Studiums an. Es würde
also jedes akademische Studium als Vorbildung geeignet sein. Die weitere Ueberlegung
zeigt in der Tat, daß in der höheren allgemeinen Verwaltung die Angehörigen aller
Fakultäten, wenn auch in verschiedenem Umfange, Verwendung finden können. Dabei darf
allerdings nicht übersehen werden, daß Verständnis für Hechtsfragen neben bestimmten
Rechtskenntnissen für jeden Anwärter unerläßlich sind.
Der regelmäßige Gang der Vorbildung würde sein, daß junge Leute ein Berufsstudium
ergreifen, ganz so, wie dies jetzt allgemein geschieht, und daß sie dieses
Berufsstudium mit einer akademischen oder Staatsprüfung abschließen. Neben diesem
Berufsstudium muß die Beschäftigung mit anderen Wissensgebieten, die für den höheren
Verwaltungsdienst wichtig sind, einhergehen. Nur besonders begabte junge Leute
werden dies leisten können. Es sind aber auch nur besonders begabte Personen für den
Dienst in der allgemeinen höheren Verwaltung erwünscht.
Dem Studium folgt der Vorbereitungsdienst, wie dies auch jetzt vorgeschrieben ist. Da
aber eine über den Umfang des Berufsstudiums hinausgehende Vorbildung gefordert
wird, muß noch eine Zulassungsprüfung eingeschaltet werden, die zugleich dazu dient,
geeigneten Personen ohne akademisches Studium den Zugang zum Vorbereitungsdienst zu
öffnen. Für solche junge Leute, welche einen Teil der geforderten Kenntnisse durch
vorher abgelegte Prüfungen nachweisen können, wird sich diese Prüfung auf die
Feststellung der Eignung für die Verwaltung und auf diejenigen Gegenstände
beschränken, in denen der Nachweis erworbener Kenntnisse noch fehlt; in den meisten
Fällen wird nur eine Unterhaltung über die außerhalb des Berufsstudiums liegenden,
für die Verwaltung wichtigen Gegenstände nötig sein.
Jungen Leuten, welche entweder die Prüfung nicht bestehen, oder aus einem anderen
Grunde, z.B. wegen zu zahlreicher Bewerbungen, nicht zum Vorbereitungsdienst
zugelassen werden, bleibt der durch die akademische Fachprüfung erbrachte
Befähigungsnachweis, auf Grund dessen sie eine andere Laufbahn einschlagen
können.
Der Vorbereitungsdienst soll im allgemeinen ebenso geregelt werden wie bisher. Doch
scheint es nötig, auch hier jede Einseitigkeit zu vermeiden und alle
Bildungsmöglichkeiten zu beachten, auch solehe, die sich außerhalb der Behörden
bieten. Die Dauer des Vorbereitungsdienstes ist auf das notwendige Maß zu
beschränken. In den Richtlinien sind dafür drei Jahre vorgesehen; auf diese drei
Jahre soll unter Umständen eine zeitlich vor der ersten Verwaltungsprüfung liegende
Beschäftigung, die Vorteile für die geistige Ausbildung gewährt hat, z.B. Tätigkeit
in der Praxis, im Auslande, im Lehrberufe, bis zur Dauer eines Jahres angerechnet
werden können. Den im Vorbereitungsdienst befindlichen Anwärtern wird eine
angemessene Besoldung zu gewähren sein.
Den Abschluß des Vorbereitungsdienstes bildet wie bisher eine Prüfung, die zweite
Verwaltungsprüfung.
Das Ziel der vorgeschlagenen Vor- und Ausbildung ist, für die allgemeinen Aufgaben
der Verwaltung Beamte zu erziehen, die den Fragen des Lebens mannigfaches und
vielseitiges Verständnis und Sachkunde entgegenbringen. Für Sondergebiete aber, wie
Bau-, Schul- und Gesundheitswesen, auch für die Rechtsangelegenheiten im engeren
Sinne, genügt diese Vor- und Ausbildung nicht; dafür sind Personen mit vollständiger
Berufsausbildung einzustellen, und zwar als Verwaltungsbeamte neben jenen. Für die
Besetzung der leitenden Stellen sind die geeigneten Persönlichkeiten aus allen
Gruppen zu suchen. In allen Stellen der Verwaltung sollen auch Personen jeder
Vorbildung, welche sich in ihrem Berufe oder sonst im Leben durch hervorragende
Fähigkeit, organisatorische Begabung, Bewährung in Stellen von hoher
Verantwortlichkeit ausgezeichnet haben, berufen werden können.
Wirtschaft.
Deutsche Automobilindustrie. Im vorigen Jahre wies einer
der führenden Männer unserer Automobilindustrie, Kommerzienrat Dr. Allmers, in eine Denkschrift nach, daß nach dem Kriege
weder die bisherige Methode der Fabrikation noch die des Verkaufs beibehalten werden
kann. Nunmehr tritt die kürzlich gegründete Gemeinschaft
deutscher Automobilfabriken G. m. b. H. im Hinblick darauf, daß sich durch
den unglücklichen Ausgang des Krieges die Verhältnisse völlig geändert haben und die
Automobilindustrie schutzlos der erdrückenden Konkurrenz der Amerikaner preisgegeben
ist, eindringlich für die Allmerschen Vorschläge ein.
Kommerzienrat Allmers hatte insbesondere folgende
Forderungen erhoben: „Jede Fabrik so wenig Typen wie möglich, diese aber in
möglichst großen Serien. Herstellung mit Hilfe der besten modernsten Methoden,
Aneignung der Methoden, in denen der Amerikaner uns überlegen ist, Hochhaltung
der Güte unserer Erzeugnisse.“ Dazu wird von der Gemeinschaft deutscher
Automobilfabriken folgendes ausgeführt: Diese Ziele sind nur erreichbar durch
Zusammenschluß der Automobilfabriken entweder im ganzen oder zu Gruppen, wobei jede
Fabrik nur eine, höchstens zwei Typen baut, diese aber in möglichst großen Serien.
Eine weitere Forderung ist die Organisation des gemeinsamen Verkaufs. Bis zu Beginn
des Krieges verlangte jeder Vertreter von seiner Fabrik möglichst alles, um die sehr
verschiedenartigen Wünsche seiner Kundschaft befriedigen zu können. Das ist nach
einer Spezialisierung der Fabrikation nicht mehr möglich. Es darf nicht mehr
Vertreter einzelner Fabriken geben, sondern nur noch Vertreter von Vereinigungen von
Fabriken. Die zusammengeschlossenen Fabriken haben es nicht mehr nötig, in den
Großstädten eine Reihe von teuren Filialen zu unterhalten sondern jede Filiale
versorgt eine Anzahl von Fabriken mit Aufträgen. Diese Gedanken, die in der
erwähnten Denkschrift behandelt werden und die Folgerungen daraus regten innerhalb
der deutschen Automobilindustrie zu lebhaftem Gedankenaustausch an, und die Frage
des Zusammenschlusses war die wichtigste, die den Verein deutscher
Motorfahrzeugindustrieller in der folgenden Zeit beschäftigte. Den Anfang im
Zusammenschluß haben vor kurzem drei große Automobilwerke gemacht, nämlich die Nationale Automobil-Gesellschaft in Berlin, die bekannte
Tochtergesellschaft der A. E. G:, die Hansa-Lloyd-Werke
Akt.-Ges. in Bremen und die Brennabor-Werke
Brandenburg a. d. Havel.
Diese Werke haben sich auf ein bestimmtes Fabrikationsprogramm mit Karosseriebau
geeinigt und gleichzeitig ihre Verkaufsorganisationen zusammengelegt, indem sie die
G. d. A. die „Gemeinschaft deutscher Automobilfabriken“ (N. A. G. –
Hansa-Lloyd – Brennabor) mit dem Sitz in Berlin gründeten, die im Oktober ihre
Tätigkeit beginnen wird. Es ist anzunehmen, daß sich dieser kraftvollen
Gemeinschaft noch einige weitere Fabriken anschließen werden, aber außerdem sollen
innerhalb der deutschen Automobilindustrie noch weitere Gruppen in der Bildung
begriffen sein, die gleiche Ziele erstreben.
So vollzieht sich in dieser jüngsten unserer deutschen Industrien eine Konzentration,
deren volkswirtschaftliche Bedeutung nicht gering ist. Es ist zu hoffen, daß es auf
diese Weise der Automobilindustrie gelingt, die schweren Zeiten gut zu überstehen
und zu Fabrikations- und Vertriebsverhältnissen zu kommen, vermöge deren eine
wesentlich rationellere und billigere Fabrikation möglich ist, so daß sie nicht nur
der Konkurrenz der Amerikaner im Inlande begegnen, sondern auch auf dem Weltmarkt
bestehen kann.