Titel: | Polytechnische Schau. |
Autor: | W. |
Fundstelle: | Band 334, Jahrgang 1919, S. 240 |
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Polytechnische Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Fabrikorganisation und Werkstattbetrieb.
Einstellbeamte. In großen Werken kann die Einstellung der
Arbeiter nicht mehr, wie es bei kleineren meistens üblich ist, den einzelnen
Meistern überlassen werden. Die Meister sind mit anderen, wichtigeren Aufgaben
überlastet, außerdem ist es schwer, jedem einzelnen Meister gerade die Anwärter
zuzuführen, die für seinen Betrieb geeignet sind. Man wird daher in großen Werken
besondere Einstellbüros einrichten müssen, die mindestens bereits eine Vorauswahl
unter den Einzustellenden treffen. Die Tätigkeit in diesen Einstellbüros erfordert
besonders veranlagte und besonders für ihre Aufgabe ausgebildete Beamte, wenn ihre
Tätigkeit von Erfolg sein soll. Ueber die Auswahl und die Ausbildung solcher Beamten
sowie über die Einrichtung derartiger Büros schreibt R. W. Kelly im „Industrial management“ vom April 1919.
Das nächste Erfordernis ist ein geeigneter Raum, in dem die Einzustellenden befragt
werden können. Das darf nicht irgend ein Kellerraum oder die Ecke einer Baracke sein
(es ist charakteristisch für die amerikanischen Verhältnisse, daß das besonders
betont wird und betont werden muß!), damit die Leute für die Befragung das
erforderliche Zutrauen und die nötige Ruhe haben. Weibliche Aufnahmebeamte für
Frauen haben sich als vorteilhaft erwiesen. Die Aufzunehmenden werden zweckmäßig
gleich von vorn herein nach einzelnen Arbeitsgruppen eingeteilt z.B. Metallarbeiter,
Holzarbeiter, Hofarbeiter, die durch Aufschriften an den Schaltern ohne weiteres
kenntlich gemacht werden können. Dadurch wird erreicht, daß jeder der
Aufnahmebeamten sich auf gewisse Berufe einarbeiten kann.
Ein angemessener Umgangston, anständige Behandlung der Arbeitsuchenden ist
selbstverständlich, Abgewiesene müssen mit Rücksicht behandelt werden. Der
Einstellbeamte muß vor allem für jeden einzelnen der Einzustellenden Zeit haben, und
der Arbeitsuchende muß das merken, anders wird es nicht gelingen, sein Vertrauen zu
gewinnen und durch sorgfältige Ermittelung der Eignung jeden an den Platz zu
stellen, den er am besten ausfüllen kann. Namentlich für die Einstellung von
Kriegsbeschädigten ist diese Geduld von Wichtigkeit. Hierbei, wie auch bei der
Einstellung anscheinend gesunder Arbeiter, ist eine Unterstützung durch einen
ärztlichen Beirat von großem Nutzen.
Ein Haupterfordernis aber ist für den Einstellbeamten eine genaue Kenntnis der
Arbeit und des Arbeiters, und zwar vom Standpunkt eben des Ausfragenden aus, der
eine gewisse Aehnlichkeit mit dem des Lehrers haben muß. Sehr häufig wird der
Einstellbeamte erst aus dem Arbeitsuchenden herausfragen müssen, zu welcher Arbeit
im Werke er eigentlich geeignet ist.
Ein ständiger persönlicher Verkehr mit den Meistern des eigenen Werkes, gemeinsames
Essen mit ihnen usw., ferner enge Fühlung mit den entsprechenden Beamten anderer
Fabriken, mit Arbeitsnachweisen, endlich auch mit Fortbildungsschulen wird den
Einstellbeamten in seiner Fähigkeit, Arbeiter auf ihre Verwendbarkeit für bestimmte
Betriebe zu beurteilen, wesentlich fördern.
Als Stütze bei der Befragung haben sich Beschreibungen einzelner Arbeitsvorgänge in
ihren einzelnen Teilen (also ein ähnliches Vorgehen, wie es bei der Zergliederung
der Arbeitsvorgänge bei der „wissenschaftlichen Betriebsführung“ gebräuchlich
ist), im allgemeinen nicht als zweckmäßig erwiesen. Mehr Bedeutung hat die
Beschreibung der einzelnen Berufsarten und ihrer Sonderzweige. Hier kommt in
Betracht: 1. eine allgemeine Beschreibung der vorkommenden Arbeiten, 2. eine
Aufstellung der hauptsächlichsten geistigen und körperlichen Anforderungen, auch in
bezug auf Vorbildung und Erfahrung, endlich 3. Angaben über Lohn, Arbeitzeit,
Vorwärtskommen und andere wirtschaftliche und soziale Vor- und Nachteile.
Berufliche Probearbeiten werden – außer, daß ihre Ausführung meistens zu zeitraubend
ist – nicht für zweckmäßig gehalten; man muß sich hier fast immer auf ganz
allgemeine Intelligenzproben beschränken. Auch den modernen psychotechnischen
Eignungsprüfungen wird vom Verfasser nur ein recht beschränkter Wert zugeschrieben.
Weit mehr Wert ist auf die „Psychologie des Benehmens“ zu legen. Trotzdem
haben die Eignungsversuche im amerikanischen Heere (über die hier bereits kurz
berichtet wurde – D. p. J. 1919 S. 191) mit ihren allgemein fachlichen Fragen und
einfachen Geschicklichkeitsversuchen günstige Ergebnisse gezeitigt, eben weil sie
einfach angelegt waren und nach einem gleichmäßigen Schema stattfanden.
Die Gleichmäßigkeit der Befragung, also eine gewisse Normalisierung auch auf diesem
Gebiete, hat naturgemäß große Vorteile. Nicht nur für die Verteilung der Arbeiter auf die einzelnen
Betriebe desselben Werkes, sondern namentlich auch bei der Auswahl von Arbeitern
nach den Zuweisungen öffentlicher Arbeitsnachweise ist eine übersichtliche
Einheitlichkeit der Angaben eine große Erleichterung bei der Beurteilung. Hier ist
das Harvard Bureau of Vocational Guidance bahnbrechend
vorgegangen, indem es – unter Ausbau der Einrichtungen bei dem amerikanischen Heere
– mehrere hundert kurze Berufskennzeichnungen in Kartenform gebracht hat
(„Tätigkeitskarten“), die auch in Buchform erschienen sein sollen. Auf
diesen Karten wird für jede Berufstätigkeit eine kurze Reihe gleichbleibender Fragen
gleichartig beantwortet. So wird z.B. die im allgemeinen erforderliche Anlernzeit in
Monaten angegeben, die erforderliche Vorbildung (Lesen, Schreiben, Blaupausenlesen,
Hochschulbildung usw.) ferner, was namentlich für die Einstellung Kriegsbeschädigter
wichtig ist, die Möglichkeit der Beschäftigung beim Fehlen gewisser Gliedmaßen, so
daß also die Zahl der „erforderlichen“ Beine, Hände, Finger usw. angegeben
wird, endlich ob z.B. Leistenbrüche, Nervenschwäche und dergleichen zugelassen
werden können. Auf Grund dieser Karten kann die Zuweisung eines bestimmten Anwärters
an bestimmte Berufstätigkeiten wesentlich erleichtert werden.
Die Rückkehr zum Akkordlohn. Mit dem Ausbruch der
Revolution wandte sich unsere gesamte Arbeiterschaft, wie es nicht anders zu
erwarten war, mit aller Bestimmtheit gegen den Akkordlohn. Das alte Schlagwort
„Akkordarbeit ist Mordarbeit“ auf der einen Seite, der weltfremde Gedanke
der idealen Vertreter des sozialistischen Zukunftsstaates auf der anderen, es werde
nunmehr ein jeder aus eigenem Antrieb sein Bestes tun für das Wohl der Gesamtheit,
ließen in gleicher Wirkung die Akkordarbeit aus unseren Fabriken verschwinden. An
ihre Stelle trat – die gesamte Industrie hat die Wirkung mit Schaudern erlebt – eine
„Anwesenheitsprämie ohne Arbeitszwang“. Mit welchem Erfolge, das zeigen
die Erzeugungsstatistiken der Bergwerke und Fabriken. In den Steinkohlenbergwerken
Deutschlands hat die Förderung in den ersten fünf Monaten dieses Jahres nur etwa 60
v. H. des Vorjahres erreicht, in den Braunkohlengruben 57 bis 75 v. H. In der
Lokomotivindustrie ist die Monatsleistung trotz einer Vermehrung der Arbeiterzahlen
um 18 v. H. auf 53 v. H. der Erzeugung des letzten Kriegshalbjahres zurückgegangen.
Von einer Reichswerft wird die Arbeitsleistung am Tage zu 40 v. H. der
Friedensleistung, von der Maschinenindustrie mit 30 bis 35 v. H., ja von einer
Torpedowerft sogar zu 0 bis 5 v. H. angegeben.
Angesichts dieser Tatsachen kehrt erfreulicherweise der besonnenere Teil der
Arbeiterschaft wieder zur Vernunft zurück. Frohes Aufsehen hat es erregt, daß der
„Vorwärts“ sich offen für die Wiedereinführung der Akkordarbeit
ausgesprochen hat; auch einer der Führer des Verbandes der Metallarbeiter durfte es
bei einem Vortrag in Hamburg wagen, auszuführen, daß der Stücklohn auch nach Marx nicht zu verwerfen sei, weil hiernach die Leistung
des einzelnen Arbeiters gerecht bezahlt würde, während bei Zeitlohn der schwache und
unfähige Arbeiter dasselbe verdiene wie der gewandte und arbeitswillige.
Eine Anzahl Tarifverträge sind bereits wieder unter Zugrundelegung des Akkordsystems
in irgend einer Form abgeschlossen worden. Auch der Erklärung zahlreicher Werke, den
Betrieb als unwirtschaftlich schließen zu müssen, wenn die Arbeiterschaft nicht zur
Akkordarbeit zurückkehre, die anfangs als „Unternehmersabotage“ heftig
bekämpft wurde, ist neuerdings Rechnung getragen worden durch einen Spruch des
staatlichen Schlichtungsausschusses in der Angelegenheit der Büssingschen Kraftwagenfabrik in Braunschweig. Danach soll die Fabrik
berechtigt sein, so lange ihren Betrieb stillzulegen, wie die Wirtschaftlichkeit des
Unternehmens durch Verweigerung der zeitgemäßen Akkordarbeit gefährdet wird. Sobald
sich die Arbeiterschaft zur Einführung der Akkordarbeit bereit erklärt, soll die
Firma grundsätzlich die ganze Belegschaft wieder einstellen.
Förderung der Arbeitslust. In amerikanischen Fabriken
sucht man (Zeitschrift für Maschinenbau, 15. 7. 1919) die Arbeitslust der Arbeiter
mit Erfolg zu fördern, indem man sich durch die Mittel, die die Reklame auch im
öffentlichen Leben benutzt, an ihren Gemeinschaftssinn und namentlich an den jedem
Amerikaner innewohnenden Sportsgeist wendet. An auffallender Stelle werden in der
Fabrik große Plakate angebracht, die die Arbeiterschaft für die Vorgänge im Werk zu
interessieren suchen. „600 Maschinen in vier Monaten müssen wir liefern“,
sagt ein Plakat, „Arbeiter, wir verlassen uns auf Euch“. Bald darauf: „17
Wochen für 600 Maschinen, – werden wir es schaffen?“ Dann: „Noch 8 Wochen
für die 600!“ Schaulinien über den Fortschritt der Arbeit folgen. Endlich:
„607 Maschinen in vier Monaten fertig; Ihr habt es geleistet, das Land dankt
Euch!“
Es ist zu verstehen, daß solche Aufrufe, wenn sie geschickt abgefaßt und auf dem
Laufenden gehalten werden, das Interesse der Arbeiterschaft mächtig anspornen. Es
ist anzunehmen, daß sie nicht nur in amerikanischen Verhältnissen, wo der
Volkscharakter für derartige Beeinflussungen wohl besonders empfänglich ist, Erfolge
haben, sondern auch bei unserer Arbeiterschaft Anklang finden würden. Auch sonstige
Mitteilungen, die den Werkbetrieb betreffen, wichtige Abschlüsse, Ausbringung,
Verbrauchszahlen, Lohnsummen, Zunahme der Spareinlagen usw. können durch derartige
Plakate zur Kenntnis der Arbeiterschaft gebracht werden und wesentlich zur Hebung
ihres Interesses an dem Werke beitragen, namentlich wenn immer wieder darauf
hingewiesen wird, wie stark der Arbeiter an dem Wohl und Wehe des Werkes selbst
beteiligt ist. Gegenwärtig sind in Deutschland sehr viele Werkzeitungen gegründet
worden, die die Anteilnahme 'der Arbeiter an ihrem Werk wecken und vertiefen sollen:
es kann bezweifelt werden, ob nicht eine Einwirkung mit Hilfe der geschilderten
Plakate eine augenfälligere Wirkung auszuüben vermag.
Dipl.-Ing. W. Speiser.
Gastechnik.
Die Verarbeitung der Gaswerk-Nebenprodukte in der Schweiz.
Obwohl die Schweiz ihren gesamten Kohlenbedarf vom Ausland beziehen muß, hat sich
doch die Gasindustrie namentlich in den letzten Jahren recht lebhaft entwickelt.
Ganz besonders haben die Schwierigkeiten in der Versorgung der Schweiz mit
Rohstoffen und Fertigprodukten während des Krieges dazu geführt, daß der
Verarbeitung der im Inland anfallendem Nebenerzeugnisse eine viel größere
Aufmerksamkeit geschenkt wurde als früher. Eine wichtige Rolle in der Versorgung des
Landes mit Rohstoffen spielten dabei die Gaswerke als einzige Vertreter der
Kohlenindustrie in der Schweiz. An Hand zahlreicher Abbildungen berichtete Dir. Escher über die Verarbeitung des Gaswassers und des
Steinkohlenteers in den wichtigsten Gaswerken des Landes.
Das Gaswerk Zürich erzeugt jährlich etwa 6500 t Teer und etwa 13000 t rohes
Gaswasser. Die Verarbeitung des Gaswassers auf Ammoniumsulfat erfolgt in einer von
der Berlin Anhaltischen Maschinenbau-A.-G. gebauten
Anlage, die so arbeitet, daß das Gaswassers, nachdem es die obere Hälfte der
Destillierkolonne durchströmt hat, in einem Rührgefäß mit Kalkmilch gemischt wird
und dann wieder in die Kolonne zurückgeführt wird. Das in den Sättigern
ausgeschiedene Ammoniumsulfat wird durch einen Salzheber aus Hartblei auf die
Abtropfbühne gefördert, während die in den Sättigern frei werdenden Gase
(Kohlensäure, Schwefelwasserstoff, Wasserdampf) durch einen Säurefänger
hindurchgehend schließlich durch die Abgasleitung in den Kamin abgeführt und so
unschädlich gemacht werden. Das Salz gelangt von der Tropfbühne in eine Zentrifuge,
wo es geschleudert wird, und dann in eine Trockentrommel. Die in der Zentrifuge
ablaufende Mutterlauge wird nach dem Laugekasten zurückgeleitet, wo sie zur
Verdünnung der Schwefelsäure beigemischt und mit dieser wieder in den
Ammoniaksättiger geleitet wird.
Von dem Teer der schweizerischen Gaswerke ging vor dem Kriege ein großer Teil zur
Weiterverarbeitung ins Ausland. Die Destillation des Teers im eigenen Betriebe wurde
erst lohnend mit der Einführung der kontinuierlichen Verfahren zur Teerdestillation,
die auch für die Verarbeitung kleinerer Teermengen brauchbar sind. Die Hauptmerkmale
dieser Systeme sind der geringe Inhalt des Destilliergefäßes (im Gegensatz zu den
bis zu 35 t fassenden Destillierblasen bei der alten Arbeitsweise;, ferner das
ununterbrochene Zu- und Abfließen aller Produkte. Verfasser beschreibt die Verfahren
von Hirzel, Raschig, Sadewasser, Kubierschky und Gebr. Sulzer. Das Verfahren von Raschig ist in den Gaswerken St. Gallen und Basel, das Verfahren von
Sadewasser im Gaswerk Chiasso, das Verfahren von Kubierschky im Gaswerk Zürich und das Verfahren von Gebr. Sulzer schließlich im Gaswerk Genf in Benutzung. Die Arbeitsweise
sämtlicher Verfahren wird an Hand von schematischer Abbildungen näher erläutert. Das
Verfahren von Raschig beruht auf der fraktionierten
Destillation unter Anwendung von Vakuum in dem zweiten und dritten Destilliergefäß,
die Verfahren von Sadewasser und Kubierschky benutzen dagegen die fraktionierte Kondensation, während bei
dem neuen Verfahren der Firma Gebr. Sulzer beide
Arbeitsweisen kombiniert sind. (Schweiz. Bauzeitung, Bd. 70, S. 106–109,
116–119.)
Sander.
Elektrotechnik.
Die Kennzeichnung der Freileitungen fürLuftfahrer. (Dettmar. E. T. Z.
1919, Heft 37 vom 11. 9.) Die zunehmende Beförderung von Personen durch Flugzeuge
und Luftschiffe stellt die Frage, wie weit der Verkehr durch
Hochspannungs-Freileitungen bei Landungen gefährdet wird und wie weit eine
Kennzeichnung der Freileitungen nötig und möglich ist, wieder in den Vordergrund. Es
ist das Verdienst von Dr.-Ing. Dettmar, in seinem Aufsatz
in außerordentlich übersichtlicher Weise diese Fragen behandelt und vor allem die
bereits auf diesem Gebiete geleisteten Vorarbeiten weiteren Kreisen bekannt gemacht
zu haben.
Die erste Anregung ist nach Dettmar im Jahre 1906 von
Oberstleutnant Moedebeck erfolgt, welcher die Ausführung
von Karten für Luftfahrer plante. In diesen Karten sollten alle vorhandenen
Starkstromleitungen eingetragen werden. Mit den diesbezüglichen Arbeiten wurde
seinerzeit auch begonnen, jedoch scheinen die Arbeiten nicht beendet worden zu
sein.
Im Jahre 1909 wurde vom Grafen Zeppelin und von Major Groß angeregt, die Mäste der Starkstromleitungen durch
einen Farbenanstrich besonders kenntlich zu machen. Diese Anregung führte zu keinen
Maßnahmen. Im Jahre 1911 wurde von dem preußischen Ministerium für Handel und
Gewerbe an den Verband deutscher Elektrotechniker das Ersuchen gestellt, die Frage
des zweckmäßigsten Schutzes der Luftschiffahrt gegen die Gefahr der
Hochspannungsleitungen einer Erörterung zu unterziehen. Gleichzeitig wurde auch von
dem Ministerium eine Eingabe des Sächsisch-Thüringischen Vereins für
Luftschiffahrt übermittelt, in der auf die Gefahren, denen die Luftfahrer ausgesetzt
sind, hingewiesen und als Erkennungszeichen die Anbringung von emaillierten
Blechhauben von 20 bis 30 cm auf den Freileitungsmasten vorgeschlagen wurde.
Die Kommission für die Errichtung von Betriebsvorschriften hat sich dann mit der
Frage der Kennzeichnung der Starkstromleitung eingehend befaßt und auf Grund
verschiedener Beratungen einen Bericht an das Ministerium erstattet. Das Ergebnis
war, daß für die Luftfahrer ein besonderes Merkblatt ausgearbeitet worden ist,
welches in einem allgemeinen Teil auf die Gefährdung durch die
Hochspannungsleitungen hinweist. Hierauf folgt ein Hinweis auf die Erkennung von
Hochspannungsleitungen, ferner Verhaltungsmaßregeln bei der Berührung und
Beschädigung von Leitungen.
Die in der Eingabe des Vereins für Luftschiffahrt vorgeschlagenen Kennzeichen
(Blechhauben) wurden als unzweckmäßig und als unausführbar bezeichnet. Hingegen
wurde die Anbringung von zweifarbigen je 25 cm breiten Ringen unterhalb der Leitung
in einem Abstand von 50 cm vorgeschlagen und die Ausführung einer Versuchsstrecke
empfohlen.
Diese Versuchsstrecke wurde auch im Bereiche des Märkischen Elektrizitätswerkes
ausgeführt. Sie war insgesamt 12 km lang. Die Kennzeichnung geschah durch zwei Ringe
in der vorgeschlagenen Ausführung. Es wurden ungefähr kilometerweise an den Masten
entweder zwei weiße Ringe oder zwei rote Ringe oder ein weißer und ein roter oder
ein gelber und ein roter Ring angebracht. Unterschiedlich war auch die Zahl der
bezeichneten Mäste, nämlich streckenweise erhielt jeder Mast, streckenweise jeder
zweite Mast und weiterhin jeder dritte Mast diese Kennzeichen.
Außerdem wurden auf Veranlassung des preußischen Kriegsministeriums als besonderes
Kennzeichen noch 1,5 m lange imprägnierte weiß und rot gestrichene Latten unter dem
tiefsten Isolator am Mast befestigt. Das Befahren der Probestrecke erfolgte am 8. 4.
1914 durch das Zeppelin-Luftschiff „Hansa“ in einer Höhe von etwa 150 bis 200
m bei etwas bedecktem Wetter. Das Ergebnis war, daß die vorerwähnten Latten, deren
Anstrich, da die Zeit der Anbringung der Latten bereits ¾ Jahr zurücklag, sehr stark
gelitten hatte, nur auf geringe Entfernung zu erkennen waren. Am deutlichsten hoben
sie sich ab gegen grünen Hintergrund.
Die angebrachten Ringe waren etwas besser zu sehen als die Latten, konnten aber nur
als eine völlig ungenügende Markierung bezeichnet werden. Am deutlichsten waren die
weißen Doppelringe. Sie waren auf Entfernungen von etwa 300 m zu sehen, konnten aber
leicht mit Isolatoren verwechselt werden. Interessant war bei dem Ergebnis, daß eine
Unterscheidung, ob Holzmaste oder Eisenmaste, bei Entfernungen von etwa 250 bis 300
m mit Sicherheit nicht mehr erfolgen konnte. Hingegen waren bei sehr großen
Entfernungen die Warnungstafeln zu sehen, welche an den längs der Wege angebrachten
Leitungsmasten befestigt waren.
Als Ergebnis wurde vorgeschlagen, die Ringe bedeutend breiter zu wählen und nur einen
Ring zu verwenden und ihn höchstens in halber Höhe zwischen Leitung und Erde am Mast
zu befestigen. Der Ausbruch des Krieges hat die Durchführung dieser
Verbesserungsarbeiten verhindert.
Es wird dann weiter von Dettmar auf einen Aufsatz von Rasch in der deutschen Zeitschrift für Luftschiffahrt hingewiesen, in
welchem folgende Vorschläge für die Markierung gemacht werden:
1. die weißen Porzellanknöpfe durch farbige zu ersetzen,
2. die Leitungsmaste mit Oelfarbe zu streichen,
3. den Leitungsmasten besonders markante Formen zu
geben,
4. auf den Masten besondere Zeichen (Blitzstrahl, Kreuz usw.)
anzubringen.
Erwähnt wird auch ein origineller Vorschlag, der im Schöneberger Tageblatt im Januar
1913 gemacht worden ist, welcher darin besteht, die Freileitungen einfach zu
beseitigen und durch Kabel zu ersetzen.
Nach dieser Einleitung geht Dettmar dazu über, zu prüfen, ob überhaupt eine
Kennzeichnung der Starkstromleitungen notwendig ist, und kommt zu dem Ergebnis, daß
unter den jetzigen Verhältnissen die Notwendigkeit einer Kennzeichnung der
Starkstromleitungen durchaus noch nicht erwiesen ist, vor allem nicht die
Notwendigkeit der Kennzeichnung aller Starkstromleitungen. Als zweite Frage wird
geprüft, ob überhaupt eine brauchbare Kennzeichnung möglich ist. Es wird darauf
hingewiesen, daß die normalen Zeichen während des Winters ⅔ während des Sommers ⅓
des ganzen Tages unwirksam sein dürften. Dettmar kommt nicht zu einer direkten
Beantwortung dieser Frage und beschränkt sich darauf, zu prüfen, ob die bisherigen
Vorschläge bzw. wie sie durchführbar sind. Dettmar kommt zu dem Ergebnis, daß von
allen gemachten Vorschlägen nur die Anbringung von mindestens ¾ m breiten Ringen am
unteren Teil des Mastes in Betracht gezogen werden könnte.
Zum Schluß wurden noch die Kosten für diese Kennzeichnung der Starkstromleitungen
geschätzt. Diese würden unter der Annahme eines Herstellungspreises von 5 bis 6 M
für ein Kennzeichen und unter der Annahme von 2,5 Millionen Masten bei der
Anbringung an jedem Mast auf etwa 12,5 Millionen Mark, bei der Anbringung an jedem
zweiten Mast etwa 7 Millionen und etwa 5 Millionen Mark bei der Anbringung an jedem
dritten Mast betragen. Da die Gesamtkosten in gar keinem Verhältnis zu den erzielten
Verbesserungen stehen, so dürfte mit dieser Kennzeichnung der Leitung kaum gerechnet
werden.
Wie aus dem Aufsatz ersichtlich, ist also die Aufgabe der Kennzeichnung noch nicht
als gelöst zu betrachten. Es wird daher erforderlich sein, sich mit diesen Fragen
weiterhin zu befassen, und es wäre daher sicherlich zu begrüßen, wenn in Deutschland
eine Stelle geschaffen würde, welche sich mit der Weiterbehandlung dieser Frage
eingehend beschäftigt. Die Mitarbeit des Verbandes der deutschen Elektrotechniker
wäre auch weiterhin außerordentlich zu begrüßen. Zur weiteren Behandlung der
Angelegenheit scheinen mir die Ermittlung folgender Angaben von besonderer
Wichtigkeit:
1. auf welche Entfernung muß mit Rücksicht auf die
Eigengeschwindigkeit des Flugzeugs die Leitung kenntlich sein,
2. wie weit können die Kennzeichen voneinander entfernt
sein,
3. an welchen Leitungen sind die Kennzeichen besonders erforderlicha) in bezug auf ihre Ausführung (z.B. Holzmaste mit
geringer Entfernung, Eisenmaste mit größeren Abständen, Stütz- oder
Hängeisolatoren usw.),b) in bezug auf ihren Aufstellungsort (z.B. längs der
Straßen und Eisenbahnen, in ebenem oder bergigem Gelände usw.)
Es scheint mir erforderlich, vor allem auch die Frage zu prüfen, ob die
Warnungszeichen nicht zweckmäßiger neben der Leitung selbst in bestimmten größeren
Abständen auszuführen wären, und nur dort anzubringen wären, wo tatsächlich eine
Landung möglich erscheint. Bei Führung der Leitungen längs der Chaußee, wo eine
Landung durch die so wie so vorhandenen Bäume und wahrscheinlich erscheint, ebenso
bei Leitungsführungen längs Eisenbahnen und Forsten, erscheint eine besondere
Warnung überflüssig, da ja jeder Flieger eine Landung in diesem Bereich vermeiden
wird. Erfolgt an solchen Stellen doch eine Landung, so wird diese jedenfalls
außerhalb des Machtbereichs des Führers stattfinden, und dann hat selbst die beste
Warnungstafel ihren Daseinszweck verloren.
Sehr zweckmäßig erscheint mir auch die Meldung an eine Zentralstelle aller derjenigen
Fälle, bei welchen eine Gefährdung durch Berühren oder ein Zerreißen von Leitungen
entstanden ist oder gerade noch vermieden werden konnte. Durch die Untersuchung
dieser Fälle würde sicherlich viel wertvolles Material für die endgültige Lösung
dieser Frage gewonnen werden.
Meller.
Schmiermittel.
Ueber Zähigkeit und Zähigkeitsmessung. Ein Schmiermittel
soll den aufeinander gleitenden Maschinenteilen wenig Widerstand bieten und darf
nicht zwischen den Laufflächen herausgepreßt werden. Man verwendet daher für hohe
Drücke und geringe Geschwindigkeiten zähe Oele, während für die (umgekehrten
Verhältnisse leichtflüssige geeignet sind. Von großer Wichtigkeit ist somit die
Bestimmung der Viskosität oder Zähigkeit eines Schmiermittels.
Textabbildung Bd. 334, S. 242
Zu diesem Zweck wurden bisher über wiegelt die Engler-Apparate
benutzt. Bei ihnen fließen aus einem hoch liegenden Gefäße 200 cm2 Oel in einen darunter stehenden Meßbehälter. Man
stellt nun den Quotienten aus der Ausflußzeit der genannten Flüssigkeitsmenge bei
20° C und derjenigen einer gleichen Wassermenge bei derselben Temperatur fest und
erhält auf diesem Wege Vergleichswerte, die als Englergrade bezeichnet werden. Die
absolute Zähigkeit, d.h. die Kraft, welche zur Fortbewegung einer Platte von 1 cm2 Flächeninhalt auf einer 1 cm tiefen, ruhenden
Flüssigkeitsschicht mit einer Geschwindigkeit von 1 cm/sek nötig ist, kann mit Hilfe
des Engler-Viskosimeters nicht unmittelbar bestimmt
werden. Auch die Umrechnung der erwähnten Vergleichzahlen auf absolutes Maß ist
schwierig. Dies liegt vor allem daran, daß das Versuchsöl bei den genannten
Vorrichtungen mit verhältnismäßig großer Geschwindigkeit und bei wechselndem Drucke
ausfließt. Hierdurch werden die Meßgrundlagen sehr unübersichtlich. Es ist daher zu
begrüßen, daß durch Dr.-Ing. Lawaczek ein neuer
Zähigkeitsmesser entworfen wurde, der die Bestimmung der absoluten Viskosität
ermöglicht und bereits bei der Firma Weise Söhne, Fabrik
für Kreiselpumpen, Halle a. d. Saale, mit befriedigendem Erfolge arbeitete. Er
besteht aus einem senkrecht stehenden, mit dem Versuchsöle anzufüllenden Rohre, in
dem ein an den Wandungen durch kleine Stifte reibungslos geführter Metallkörper
herabfällt, dessen Durchmesser etwas geringer als der des Rohres ist. Er drückt bei
der Abwärtsbewegung die unter ihm befindliche Flüssigkeit durch den Spalt zwischen
seinem Umfange und den Rohrwänden nach oben. Hierbei ist ein ziemlich erheblicher
Durchtrittswiderstand zu überwinden, der mit der Fallgeschwindigkeit wächst. Es wird
daher nach einem kurzen Beschleunigungsabschnitte ein Beharrungszustand
erreicht, in dem der Durchtrittswiderstand dem Gewichte des Fallkörpers vermindert
um seinen Auftrieb das Gleichgewicht hält. Aus der Gleichgewichtsgeschwindigkeit
läßt sich aber die Zähigkeit berechnen, da sie der wesentlichste Faktor des
Widerstandes ist. Die Wirkungen des Staudruckes und des Sogs, die an der unteren
bzw. oberen Stirnfläche des Metallkörpers auftreten, können durch Vergrößerung von
dessen Länge verschwindend klein gemacht werden. Mit letzterer steigt nämlich das
Gewicht des Körpers, während der Stirnwiderstand stets gleich bleibt. Benutzt man
hohle Aluminiumkörper von geringer Wandstärke, so kann man bequem auch die Fallzeit
in Gasen feststellen und deren Zähigkeit messen. Bei der Untersuchung konsistenter
Fette empfiehlt es sich, nicht das Rohr, sondern den Fallkörper mit Fett anzufüllen,
das durch eine Feder, wie die Abbildung zeigt, bei der Abwärtsbewegung in das Rohr
gepreßt wird. Der große Stirnwiderstand der halbstarren Schmiermittel wird hierdurch
ausgeschaltet. (Zeitschr. des Vereins deutscher Ingenieure, Heft 29.)
Schmolke.
Wärmekraftmaschinen.
Benzollokomotivbetrieb unter Tage. Motorlokomotiven finden
im Bergbau häufige Verwendung. Ihre schnelle Betriebsbereitschaft und die
Verwendbarkeit in niedrigen Strecken, ebenso die geringen Anlagekosten sind hierfür
ausschlaggebend. Bei genauer Beachtung der Betriebsvorschriften ist die Brandgefahr
und die Gefahr der Entzündung von Schlagwettern durch Stichflammen aus den
Ansauge- und Auspuffleitungen, sowie die Vergiftungsgefahr und sonstige
gesundheitliche Schädigung durch die Einwirkung der Auspuffgase vermeidbar. In
schlagwettergefährlichen Strecken sind Motorlokomotiven nicht zu verwenden. Die
Brandgefahr entsteht durch Vergießen des Brennstoffes beim Füllen des
Vorratsbehälters und ebenso durch Undichtwerden des Behälters und der Leitungen.
Ebenso sind die Schutzsiebe in der Auspuffleitung stets rein zu halten, damit kein
Ueberdruck entsteht, wodurch die Dichtungen aus den Leitungen herausgeblasen werden
und die Flammen aus der Leitung herausschlagen können. Es empfiehlt sich deshalb, am
Auspuffbehälter ein Sicherheitsventil anzubringen, so daß ein schädlicher Ueberdruck
nicht entstehen kann. Der Gefahr der Schlagwetterzündung wird durch Abkühlen der
austretenden Auspuffgase begegnet, so daß Stichflammen nicht entstehen können. Zu
dem Zwecke werden die Oeffnungen der Ansauge- und Auspuffleitungen durch mehrere
hintereinander liegende Wetterlampendrahtnetze oder durch den sogenannten
Plättenschutz geschlossen. Die Stichflammen werden außerdem durch Einschalten von
Töpfen. mit grobem Kies in die Ansauge- und Auspuffleitungen vernichtet. Die beste
Kühlwirkung wird durch Einführung von Kühlwasser in die Auspuffleitung erreicht,
wodurch die Abgase gleichzeitig geruchlos gemacht werden. Damit die Luft einwandfrei
bleibt, müssen für eine 20 PS-Lokomotive 40 cbm/min Frischluft zugeführt werden.
(Glückauf, 28. Juni 1919.)
W.