Titel: | Untersuchung zweier Strahlungspyrometer. |
Autor: | G. Berndt |
Fundstelle: | Band 334, Jahrgang 1919, S. 269 |
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Untersuchung zweier
Strahlungspyrometer.
Von Prof. Dr. G. Berndt, Berlin-Friedenau.
Mitteilung aus dem physikalischen Laboratorium der
Optischen Anstalt C. P. Goerz A.-G.,
Berlin-Friedenau.
BERNDT: Untersuchung zweier Strahlungspyrometer.
1. Die Messung hoher Temperaturen.
a) Thermoelement und Widerstandsthermometer. – Die
Ueberwachung der im Betriebe auftretenden hohen Temperaturen – es sei nur an
Rauchgase, Schmelz- und Härteöfen erinnert – ist in wissenschaftlich geleiteten
Fabriken restlos durchgeführt. Meist wird hierzu das Thermoelement in Verbindung mit
einem Millivoltmeter mit Temperaturskala benutzt, das in beliebiger Entfernung von
der Meßstelle angebracht werden kann und so z.B. von dem Zimmer des Betriebsleiters
aus eine dauernde Kontrolle ermöglicht. Die Meßapparate sind auch als
selbstregistrierende Instrumente ausgebildet worden, so daß man den gesamten
Temperaturverlauf eines oder auch mehrerer Oefen (auf demselben Blatt) fortlaufend
aufzeichnen kann und damit eine dauernde objektive Unterlage erhält. Zu beachten ist
hierbei indessen, daß das Thermoelement nicht direkt die Temperatur des betreffenden
Ofens, sondern immer nur die Temperaturdifferenz zwischen den beiden Orten angibt,
an welchen sich die Lötstelle seiner beiden Schenkel (im Innern des Ofens) und die
Verbindungsstellen der Leitungsdrähte mit den aus dem Ofen herausragenden Enden des
Thermoelementes (die sogenannte „kalte Lötstelle“) befinden. In der Praxis
macht man sich mit genügender Annäherung unabhängig von ihrer Temperatur, wenn man
die Thermoelementdrähte, evtl. durch Zwischenschaltung einer
KompensationsleitungPeake, Brit. Patent Specif. Nr. 370, A. D. 1909 (vgl. Nature, 92,
S. 570, 1914)., soweit verlängert, daß die äußeren
Anschlußstellen nicht mehr durch die Ofenstrahlung beeinflußt werden und somit auf
einer nahezu konstanten Temperatur verharrenRecht
geeignet ist dafür etwa 1 m tiefes Eingraben in den Erdboden..
Neben dem Thermoelement wird auch das Widerstandsthermometer verwendet; es besteht
aus einer Spirale aus reinem Platindraht, die auf einen geeigneten Isolator
(meist einen dünnen Quarzstab) gewickelt ist. Zum Schutz wird sie zweckmäßig in ein
dünnwandiges Quarzrohr eingeschmolzen. Wegen seiner geringen Abmessungen (im
allgemeinen 60 mm Länge bei 4 mm Durchmesser) kann man das Widerstandsthermometer
auch bequem an die eigentliche Meßstelle bringen; es nimmt leicht die dort
herrschende Temperatur an. Die bei der Erwärmung entstehende Widerstandsänderung des
Platindrahtes wird in der Regel in der Wheatstoneschen
Brückenschaltung gemessen. Ihre vier Widerstände sind dabei so gewählt, daß das
Galvanometer stromlos ist, wenn sich das Widerstandsthermometer auf Zimmertemperatur
(also 20°) befindet. Bei der Temperaturbestimmung verfährt man praktisch so, daß man
nicht durch Verschieben des Gleitkontaktes an der Brücke (bzw. Aenderung der
Vergleichswiderstände) wieder Gleichgewicht herstellt und daraus die erfolgte
Widerstandsänderung des Platindrahtes berechnet, sondern daß man den hierbei
erfolgenden Ausschlag des Galvanometers beobachtet, auf dem man direkt eine
Temperaturteilung anbringt. Auch bei der Temperaturmessung durch
Widerstandsthermometer kann man somit selbstregistrierende Apparate verwenden und
die Meßinstrumente in beliebiger Entfernung aufstellen. Da der Ausschlag aber außer
von den Widerständen des ganzen Meßkreises auch von der Spannung der Stromquelle
abhängt, so muß diese von Zeit zu Zeit kontrolliert und gegebenenfalls von neuem
eingestellt werden, was im praktischen Betriebe von ungeübten Arbeitern wohl nur
selten mit der nötigen Sorgfalt wird durchgeführt werden können. Darin liegt eine
bedenkliche Fehlerquelle. Unabhängig hiervon wird man bei einer besonderen von Hartmann & BraunBrueger, E. T. Z.
27, 531, 1906. angegebenen Galvanometerkonstruktion; bei dieser befindet sich
zwischen den zylindrisch ausgebohrten Polschuhen eines Hufeisenmagneten ein
Eisenkern von ovalem Querschnitt, auf welchen zwei fest miteinander und mit der
Drehachse verbundene Spulen gewickelt sind, die einen bestimmten Winkel miteinander
bilden. Der Eisenkern mit den Spulen ist leicht drehbar zwischen Spitzen gelagert,
unterliegt aber – im Gegensatz zu den üblichen Drehspulinstrumenten – keinen
weiteren Richtkräften. Die Schaltung erfolgt ähnlich wie bei dem
Differential-Galvanometer; es sind also die einen Enden der beiden Spulen
miteinander verbunden und an dieselbe Batterie angeschlossen; ihr Strom verzweigt
sich dann durch das Widerstandsthermometer und einem konstanten Vergleichswiderstand
und führt über diese zu den anderen Enden der beiden Spulen. Es läßt sich leicht
zeigen, daß der Ausschlag eine Funktion der Widerstandsänderung des Thermometers
(also der Temperatur), dagegen innerhalb sehr weiter Grenzen unabhängig von der
Spannung der Meßbatterie ist, so daß es vollauf genügt, wenn diese in bestimmten
längeren Zeitabständen durch eine neue ersetzt (bzw. bei Akkumulatoren wieder
aufgeladen) wird.
Es gibt nun eine ganze Reihe von Fällen, bei welchen die Benutzung des
Thermoelementes und auch des Widerstandsthermometers ausgeschlossen ist. Dies gilt
zunächst für alle Temperaturen über 1600°, bei welchen selbst die
Platin-Platinrhodiumdrähte des bekannten Le
Chatelierschen Thermoelementes beträchtlich angegriffen werden, so daß sich
ihre Thermokraft stark ändert und die Temperaturangaben nicht mehr zuverlässig sind
(bei dem Widerstandsthermometer liegt die obere Temperaturgrenze sogar schon bei
900°). Ferner ist ihre Benutzung in allen den Fällen unmöglich, wo die Drähte oder
die Schutzhüllen der Thermometer von der betreffenden Schmelze angegriffen werden.
Weiterhin ist dann noch zu beachten, daß das Thermometer häufig nicht die Temperatur
des gewünschten Gegenstandes angibt; so zeigt es z.B. in einem Härteofen die
Temperatur der Muffel bzw. des Luftraums, aber nicht die des eingebrachten, zu
härtenden Stückes, da es praktisch nicht möglich ist, es ungeschützt mit diesem in
Berührung zu bringen. Man weiß also nicht, wann das Stück wirklich die Temperatur
der Muffel angenommen hat.
b) Optische Pyrometer. – Hier bieten die optischen
Pyrometer einen geeigneten Ersatz. Die optische Temperaturmessung beruht auf den
Strahlungsgesetzen des schwarzen Körpers, das ist eines Körpers, der die gesamte auf
ihn fallende Strahlung völlig absorbiert und nichts reflektiert. Praktisch wird er
verwirklicht durch einen überall auf gleicher Temperatur befindlichen Hohlraum, aus
welchem die Strahlung nur durch eine kleine Oeffnung austritt, eine Forderung,
welche die meisten technischen Oefen mit genügender Genauigkeit erfüllen. Die
gesamte (Wärme- und Licht-) Strahlung des schwarzen Körpers ist nach dem Stefan-Boltzmann sehen Gesetz proportional der vierten
Potenz seiner absoluten Temperatur. Seine Lichtstrahlung allein folgt als
physiologischer Vorgang einem andren Gesetz, und zwar steigt sie bei Rotglut etwa
mit der dreißigsten, bei heller Weißglut mit der zwölften Potenz der absoluten
Temperatur an. Durch Messung seiner Helligkeit kann man also die Temperatur eines
lichtaussendenden schwarzen Körpers mit großer Genauigkeit bestimmen. Ein Fehler von
1 v. H. bei der Photometrie würde bei 600° nur eine Abweichung von 0,2° und bei
1500° von 1,25° vom richtigen Werte bedeuten. Diese Genauigkeit des Meßverfahrens
wird allerdings dadurch zum Teil illusorisch, daß die hier benutzten
Spezial-Photometer mit größeren Fehlern behaftet sind.
Mit genügender Genauigkeit kann man für die Strahlung E
eines schwarzen Körpers von der absoluten Temperatur S für die Wellenlänge λ das Plancksche Gesetz in der Form ansetzen
E=C\,.\,\lambda^{-5}\,e^{-\frac{c}{\lambda\,S}},
wo C und c Konstanten und e die Basis der natürlichen
Logarithmen bedeuten. Da die Strahlung somit in komplizierter Weise von der
Wellenlänge abhängt, so muß man den photometrischen Vergleich für eine bestimmte
Wellenlänge vornehmen und dazu entweder durch spektrale Zerlegung des emittierten
Lichtes oder durch ein vorgesetztes Filter einen bestimmten Spektralbezirk
ausblenden. Um bis zu möglichst tiefen Temperaturen herunter messen zu können,
verwendet man für diesen Zweck fast immer ein Rotfilter. Durch Logarithmieren der
angeführten Gleichung ergibt sich die sogenannte „schwarze Temperatur“
S aus der Beziehung
\frac{1}{S}=\frac{\lambda}{c}\,(\mbox{ln}\,C-5\,\mbox{ln}\,\lambda-\mbox{ln}\,E).
Nach dem Kirchhoffschen Gesetz ist
nun das Verhältnis des Emissionsvermögens eines nicht schwarzen Körpers zu seinem
Absorptionsvermögen A gleich dem Emissionsvermögen E des schwarzen Körpers für dieselbe Wellenlänge und
Temperatur; jenes ist also gleich E • A. Bezeichnet man die absolute Temperatur des nicht
schwarzen Körpers mit 7, so gilt für diesen die Gleichung
\frac{1}{T}=\frac{\lambda}{c}\,(\mbox{ln}\,C-5\,\mbox{ln}\,\lambda-\mbox{ln}\,E\,A).
Durch Subtraktion ergibt sich
\frac{1}{T}-\frac{1}{S}=\frac{\lambda}{c}\,\mbox{ln}\,A.
Hieraus folgt zunächst, da A
stets < 1, daß die mit dem optischen Pyrometer bestimmte schwarze. Temperatur
S eines nicht schwarzen Körpers stets kleiner ist
als seine wirkliche Temperatur. Bei nicht schwarzen Körpern würde sich also die
gemessene Temperatur stets zu klein ergeben; der Unterschied würde von dem
Absorptionsvermögen abhängen und somit (bei konstanter Wellenlänge) selbst wieder
eine Funktion der Temperatur sein. Nun hat sich aber für eine sehr wichtige Klasse
von Körpern, nämlich für die Metalle, gezeigt, daß bei ihnen das Absorptionsvermögen
unabhängig von der Temperatur istF. Henning, ZS. f. Instrkd. 30, 61,
1910.. Unter dieser Bedingung ist aber, wie sich sofort aus der letzten
Gleichung ergibt, die Differenz zwischen den reziproken absoluten Temperaturen
konstant. Es genügt also bei den Metallen zur Berechnung der Korrektion, welche an
der gemessenen schwarzen Temperatur anzubringen ist, um die wahre Temperatur des
strahlenden Körpers zu erhalten, eine einmalige Bestimmung des Absorptionsvermögens
bei irgend einer beliebigen Temperatur (für die im optischen Pyrometer benutzte
Wellenlänge).
Zur optischen Temperaturmessung sind im wesentlichen die Pyrometer von Wanner sowie von Holborn und
Kurlbaum im Gebrauch. Bei dem ersteren vergleicht man
das von dem Ofen ausgesandte Licht mit dem einer kleinen Glühlampe, welche mit
konstanter Stromstärke gebrannt wird (für eine durch spektrale Zerlegung
ausgesonderte bestimmte Wellenlänge) und bringt beide durch Drehen eines Nicols auf
gleiche Helligkeit. Aus dem Drehwinkel kann man dann mit Hilfe einer Tabelle die
schwarze Temperatur des Ofens entnehmen. Bei dem Pyrometer von
Holborn und Kurlbaum beobachtet man den gewünschten Gegenstand (durch ein
Schauloch im Ofen) mittels eines Fernrohres, in dessen Bildebene sich der Faden
einer kleinen Glühlampe befindet, und reguliert die Stromstärke in dieser so lange,
bis der Faden
sich nicht mehr von dem hellen Bilde des Gegenstandes abhebt. Die Temperatur
entnimmt man mit Hilfe einer Tabelle aus, der am Amperemeter abgelesenen
Stromstärke. Die Ausblendung einer bestimmten Wellenlänge erfolgt hier durch ein
rotes Vorsatzglas. Mit dem Holborn- und Kurlbaum- Pyrometer kann man Beobachtungen von etwa 800°
ab ausführen; um die Messungen auch auf tiefere Temperaturen ausdehnen zu können –
etwa bis 650° –, verzichtet man auf das Filter und vergleicht den zu untersuchenden
strahlenden Körper direkt mit der Glühlampe, da beide bei diesen Temperaturen
praktisch nur rotes Licht aussenden. Bei dem Wanner-Pyrometer liegt die untere Temperaturgrenze bei etwa 900°, doch kann
man auch bei diesen bis zu Temperaturen von 625° herunter beobachten, wenn man auf
die spektrale Zerlegung verzichtet. Ein Nachteil des Wanner-Pyrometers liegt darin, daß es kein Bild des anvisierten
Gegenstandes liefert, so daß man unter Umständen nicht genau weiß, ob man wirklich
die Temperatur des gewünschten Gegenstandes oder etwa die eines anderen Ofenteiles
mißt. Da die optischen Pyrometer bei jeder Beobachtung eine subjektive Einstellung
auf gleiche Helligkeit erfordern, so sind Registrierungen mit ihm nicht
auszuführen.
c) Strahlungspyrometer. – Im Gegensatz zu den optischen kann man mit den Strahlungspyrometern, die auf
der Messung der gesamten Wärme- und Lichtstrahlung des Körpers beruhen, theoretisch
bis zu beliebig tiefen Temperaturen heruntergehen; dafür sind sie jenen in anderer
Hinsicht unterlegen. Da nämlich die Gesamtstrahlung nur proportional der vierten
Potenz der absoluten Temperatur ist, so geht auch ein etwaiger Meßfehler der
Gesamtstrahlung nicht wie bei den optischen Pyrometern nur mit einem Dreißigstel
oder einem Zwölftel, sondern mit einem Viertel des Betrages in die Messung ein.
Immerhin würde bei einer Meßgenauigkeit von 1 v. H. der Fehler bei 500° erst 1,25°
und bei 1500° nur 3,75° betragen, so daß dieser größere Einfluß des Meßfehlers
praktisch nicht in Frage kommt. Ein weiterer schon schwererer wiegender Nachteil
liegt aber darin, daß bei nicht schwarzen Körpern die Korrektion wegen ihres
Absorptionsvermögens nicht in einfacher Weise angegeben werden kann, da dieses ja
auch selbst bei den Metallen, bei denen es zwar unabhängig von der Temperatur ist,
noch eine Funktion der Wellenlänge bleibt. Man muß bei den Strahlungspyrometern
somit strenger darauf achten, daß der zu untersuchende Körper die Voraussetzungen
des schwarzen Körpers erfüllt; die Strahlungspyrometer sind also sehr empfindlich
gegen selektive Strahlung.
Weiterhin lassen sich gegen die Verwendung der Strahlungspyrometer noch gewisse bei
ihrem praktischen Gebrauch in Erscheinung tretende Bedenken erheben. Damit eine
genügende Energiemenge zur Wirkung kommt, muß der zu untersuchende Ofen eine
verhältnismäßig große Oeffnung haben, was leicht zu Störungen Veranlassung geben
kann. Besonders wäre in dieser Hinsicht auf falsche Strahlung von Seitenwänden u.a.
hinzuweisen; so geben Burgess und Le ChatelierCh. Burgess und H. Le Chatelier,
Messung hoher Temperaturen. Deutsche Uebersetzung von G. Leithäuser, 1913, S. 270. an, daß,
wenn man durch einen seiner ganzen Länge nach offenen Widerstandsofen von 75 mm jzf,
der auf etwa 1000° angeheizt war, hindurch visierte, das Pyrometer einige hundert
Grad zeigte. Im Gegensatz zu den optischen Pyrometern hängen die Angaben der
Strahlungspyrometer ferner auch von der Natur des zwischen dem zu messenden Körper
und dem Instrument befindlichen Mediums ab, da die Absorption mancher Gase, wie
Wasserdampf und Kohlensäure, für ultrarote Wellen, die den Hauptteil der
ausgestrahlten Energie enthalten, sehr groß ist; auch Rauchgase und Staub können in
dieser Beziehung stark einwirken. Anderseits bieten aber die Strahlungspyrometer den
Vorteil, daß sie, einmal aufgestellt, keiner subjektiven Einstellung mehr bedürfen,
sondern die Temperatur direkt anzeigen, und somit auch eine Registrierung und
Fernbeobachtung gestatten.
2. Das Féry-Pyrometer.
Als Typus der Strahlungspyrometer sei zunächst das Instrument von FéryCh. Féry, C. R. 134,
977, 1902. Journ. d. Phys. 6, 889, 1907. Referate in ZS. f. Instrkd. 22, 378, 1902; 27, 94,
1907; 28, 159, 1908. genannt. Bei
diesem wird durch eine Flußspatlinse ein Bild des zu untersuchenden Körpers auf die
Lötstelle eines kleinen Thermoelementes aus Eisen-Konstantan geworfen, die durch
eine kleine Silberscheibe verbreitert ist (die scharfe Einstellung wird hierbei mit
Hilfe des Okulares beobachtet). Ihre Erwärmung und damit auch der Ausschlag eines
mit dem Thermoelement verbundenen Millivoltmeters ist dann proportional der vierten
Potenz der absoluten Temperatur. Nun sind genügend große Flußspatlinsen nur schwer
zu erhalten; bei Glaslinsen würde aber infolge der Absorption der ultraroten
Strahlen diese Gesetzmäßigkeit nicht mehr bestehen bleiben. Es werden deshalb in der
Praxis meist Instrumente gebraucht, bei welchen die Linse durch einen auf der
Oberfläche vergoldeten Hohlspiegel ersetzt ist. Die scharfe Einstellung bei diesem
Instrument, welche übrigens nicht von großer Bedeutung ist, wird dadurch
kontrolliert, daß man durch ein Loch durch den Spiegel hindurch das von ihm
entworfene Bild beobachtet. Neben der Lötstelle sind zwei in bestimmter Weise
gegeneinander geneigte kleine Spiegel angebracht, welche zwei unmittelbar
übereinander liegende Teilbilder des Gegenstandes entwerfen. Bei nicht scharfer
Einstellung erscheinen diese beiden Bilder gegeneinander verschoben und ergänzen
sich nur bei richtiger Fokussierung zu einem einheitlichen vollständigen Bilde. Die
Angaben des Instrumentes können selbstverständlich nur so lange richtig sein, als
noch die ganze Lötstelle des Thermoelementes von der Strahlung getroffen wird; es
ist also bei der Einstellung darauf zu achten, daß das vom Hohlspiegel entworfene
Bild des glühenden Körpers größer als jene Lötstelle ist. Statt des Thermoelementes
hat Féry bei einer anderen Konstruktion eine kleine
Metallspirale aus zwei Metallen mit verschiedenen Ausdehnungskoeffizienten benutzt;
bei dieser Konstruktion beobachtet man die Temperatur, ähnlich wie bei dem Breguetschen Metallthermometer, direkt durch den
Ausschlag eines mit der Spirale verbundenen Zeigers. In der Regel benutzt man
dagegen das empfindlichere Thermoelement, welches mit einem geeigneten
Millivoltmeter mit Temperaturskala in Verbindung steht. Die von dem Ofen auf das
Thermoelement gestrahlte Energie ist streng proportional der Größe (T4 – t4), wo T und t die absoluten
Temperaturen des zu messenden Körpers und des Thermoelementes sind. Damit also die
vom Thermoelement angezeigte Temperatur angenähert proportional T4 bleibt, darf sich
t nicht wesentlich ändern. Nach Angabe von Féry steigt auch die Temperatur des Thermoelementes im
Pyrometer niemals über 100°. Will man höhere Temperaturen messen, so hilft man sich
in einfacher Weise dadurch, daß man vor das Instrument eine Blende setzt, welche die
auffallende Strahlung in einem bestimmten Verhältnis vermindert. Das dem Instrument
beigegebene Millivoltmeter wird dann mit zwei verschiedenen Temperaturteilungen für
volle und abgeblendete Oeffnung versehen.
Ein wunder Punkt des Féry-Pyrometers dürfte
namentlich der Spiegel sein, da ja die auf das Thermoelement fallende Strahlung im
wesentlichen durch sein Reflektionsvermögen bedingt ist. Nun besitzt Gold
glücklicherweise im Ultrarot von 1 μ ab ein nahezu
konstantes Reflexionsvermögen von 95 bis 98 v. H. Nach dem sichtbaren Spektrum hin
dagegen verringert sich sein Reflexionsvermögen, so daß es bei 0,65 μ nur noch 89,6 v. H. beträgt. Da sich nun mit
wachsender Temperatur das Maximum der ausgestrahlten Energie immer mehr vom Ultrarot
nach dem sichtbaren Spektrum hin verschiebt und von diesem im Pyrometer ein
kleinerer Teil zur Wirkung kommt, so kann die Skala nicht mehr ganz streng
proportional der vierten Potenz der absoluten Temperatur bleiben; allerdings wären
diese Fehler durch eine empirische Eichung zu beseitigen. Nicht so leicht zu
erledigen ist dagegen die Frage nach dem Einfluß einer Aenderung der Oberfläche des
Spiegels, etwa durch Zerkratzen oder durch Ablagerung von Staub. Burgess und Le Chatelier geben
an, daß der Spiegel beträchtlich schlechter werden kann, ohne daß die Angaben des
Pyrometers erheblich beeinflußt werden. Dieses wird sicherlich zutreffen, so lange
die Unebenheiten des Spiegels nicht groß gegen die Wellenlänge der reflektierten
Strahlung sind; sobald aber diese Grenze überschritten ist, muß die reflektierte
Energie eine beträchtliche Verringerung erfahren, so daß die angezeigten
Temperaturen zu tief ausfallen müssen. Das gilt naturgemäß auch, wenn der Spiegel
durch irgend welche Umstände verschmutzt wird. Ein weiterer Nachteil des Féry-Pyrometers dürfte darin liegen, daß auch bei ihm
naturgemäß der Ausschlag des Millivoltmeters nicht ein Maß für die Temperatur des
Thermoelementes selbst ist, sondern nur für die Differenz zwischen seiner erwärmten
Lötstelle und den am Gehäuse außen angebrachten Verbindungsklemmen. Man muß also
darauf achten, daß das Instrument lange genug an seinem Ort bleibt, damit das
unbestrahlte oder abgeschlossene Pyrometer außen und innen dieselbe Temperatur
annimmt.
Aus den verschiedenen angegebenen Gründen scheinen Strahlungspyrometer im allgemeinen
und somit auch das Féry-Pyrometer bisher noch keine
wesentliche Verwendung in Deutschland gefunden zu haben. In der Literatur ist nur
eine Stelle aufzufinden gewesen. ZschimmerE. Zschimmer in
Doelter, Handbuch der Mineral-Chemie, I,
865, 1912. gibt an, daß sich bei Messungen in der Jenaer
Glashütte zwischen dem Wanner- und dem Féry-Pyrometer eine Differenz von etwa 50° ergab, während
dieses nach Messung in der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt bei 1000°
gegenüber dem Wanner- Pyrometer (bei einer bestimmten
Meßanordnung) um 35° zu niedrig an zeigte. Eine genaue Untersuchung des Pyrometers
und der verschiedenen Einflüsse auf seine Angaben scheint bisher nicht vorgenommen
zu sein. Es wurden deshalb im Physikalischen Laboratorium der Optischen Anstalt C.
P. Goerz A.-G., Berlin-Friedenau, an einem Féry-Pyrometer eine Reihe von Versuchen angestellt, mit
dem Zweck, ein Urteil über seine Verwendbarkeit im praktischen Betriebe (außerhalb
des Laboratoriums) zu gewinnen. Die Messungen erfolgten zunächst an einem
Silitrohrofen von etwa 50 mm innerem Durchmesser und 620 mm Länge, bei welchem die
Temperatur auf einen mittleren Bereich von etwa 50 mm konstant war. Hierhin wurde
ein Kohlezylinder gebracht, der von der Rückseite bis nahe an seine Vorderfläche
angebohrt wurde. In diese hinein kam ein (geschütztes) Thermoelement, welches mit
einem in der Physikalisch Technischen Reichsanstalt geeichten verglichen war, und
bei welchem die Temperatur der kalten Lötstelle gemessen und berücksichtigt wurde.
Dieser Ofen ist mit für die Praxis genügender Genauigkeit als schwarzer Körper
anzusehen. Es wurde zunächst untersucht, wie weit das Thermoelement wirklich die
Temperatur der vorderen strahlenden Fläche des Kohlestückes anzeigte, welche dazu
mit einem Wanner-Pyrometer gemessen wurde. Der Vergleich
der Angaben des Thermoelementes mit denen des Wanner-Pyrometers ist in Tab. 1 wiedergegeben.
Wie man daraus ersieht, bleiben die Abweichungen durchaus innerhalb der
Meßgenauigkeit, die auf etwa ±10° zu veranschlagen ist; im Mittel ergibt sich eine
vollständig zu vernachlässigende Differenz zwischen Thermoelement und Wanner-Pyrometer von 2 ½.
Tabelle 1.
Vergleich von Thermoelement und Wanner-Pyrometer.
Th.-El.
W.-Pyr.
Th.-El.Korr.
874
874
0
918
908
– 10
936
925
– 11
1067
1065
– 2
1293
1265
+ 2
1328
1334
+ 6
Um von dem Einfluß einer Temperaturänderung der äußeren Anschlußstellen des kleinen
Thermoelementes im Pyrometer unabhängig zu sein, wurde dieses in einen Hohlmantel
gesetzt, welcher ständig von Wasser durchspült wurde. Wie die Messungen des inneren
Luftraumes des Pyrometers in der Nähe des Thermoelementes und des ein- und
austretenden Wassers zeigten, war die Temperatur innen und außen dieselbe und blieb
auch während der Messung gut konstant. In Tab. 2 sind die als Mittel aus mehreren
Beobachtungen erhaltenen
Tabelle 2.
Korrektionen des Féry-Pyrometers (1. Eichung); Ofen
wagerecht.
Temp.
Volle Skala
Abgeblend. Skala
Diff.
Korr.
Ausgegl.
Korr.
Ausgegl.
Korr.
Ausgegl.
400
(+ 37)
+ 30
500
+ 27
+ 29
600
+ 29
+ 28
700
+ 23
+ 27
800
+ 23
+ 26
900
+ 23
+ 25
+ 26
+ 32
+ 3
+ 7
1000
+ 28
+ 24
+ 35
+ 30
+ 7
+ 6
1100
+ 27
+ 23
+ 31
+ 29
+ 4
+ 6
1200
+ 18
+ 21
+ 25
+ 28
+ 7
+ 7
1300
+ 21
+ 20
+ 26
+ 27
+ 5
+ 7
1400
(+ 4)
+ 20
Mittel
+ 24
+ 25
+ 30
+ 5,2
+ 6,6
Korrektionen des Féry-Pyrometers,
und zwar sowohl für die von 400 bis 1300° als auch für die von 900 bis 2000°
reichende Skala für die Temperaturen von 400 bis 1400° wiedergegeben; von diesen
gilt jene für das Pyrometer mit voller Oeffnung, die letztere für die auf einen
bestimmten Betrag abgeblendete (demgemäß sollen die beiden Skalen als „volle“
und „abgeblendete“ Skala bezeichnet werden). Bei der Beurteilung der
Korrektionen ist zu beachten, daß die Beobachtungen bei 400° nicht genau sind, und
deshalb außer Betracht bleiben können, da hier die Skala nur die Teilstriche 400 und
450° enthält; selbst von 500° ab liegen indessen die Zehnerstriche noch so eng
beieinander, daß kaum eine genaue Ablesung möglich ist. Wegen der mangelhaften
Empfindlichkeit des Thermoelementes liegt danach die untere Grenze des Meßbereiches
des Féry-Pyrometers nicht wesentlich tiefer als die der
optischen Pyrometer, so daß sein Vorteil in dieser Hinsicht nicht so groß ist, als daß dadurch
seine sonstigen Mängel aufgehoben würden. Aehnlich sind die Verhältnisse für die
Temperaturen von 900 und 1000° bei der zweiten Skala. Die Abweichungen der vollen
Skala liegen zwischen 18 und 27°, so daß man hier wohl innerhalb der Fehlergrenze
mit einem konstanten Mittelwert von 24° rechnen kann. Stellt man sie indessen
graphisch dar (s. Abb. 1), so ergibt sich eine
wellenförmige Kurve, die man angenähert durch die schräge (gestrichelte) Grade
ersetzen kann. Die hiernach ausgeglichenen Korrektionen sind in Tab. 1 in Spalte 3
angegeben. Eine größere Zahl von Beobachtungen, auf deren Wiedergabe verzichtet ist,
beweist indessen, daß der wellenförmige Verlauf der Korrektionen nicht nur durch die
Beobachtungsfehler bedingt, sondern reell ist. Soweit die volle und die abgeblendete
Skala miteinander zu vergleichen ist, zeigt sich zwischen beiden ein konstanter
Unterschied von 5 bis 6°.
Textabbildung Bd. 334, S. 273
Abb. 1.
Nachdem das Féry-Pyrometer längere Zeit benutzt und auch
der Spiegel verschiedentlich wieder gereinigt war, wurden seine Korrektionen von
neuem bestimmt. Da sich inzwischen herausgestellt hatte, daß durch die Absorption
von Kohlensäure die angezeigten Temperaturen erniedrigt werden (selbst bei starker
Konzentration kann der dadurch hervorgebrachte Fehler, wie aus Tab. 9 (s. später)
hervorgeht, allerdings nur etwa 10° betragen), so wurde diesmal, um gänzlich frei
hiervon zu sein, ein Heraeus-Ofen mit Platinwicklung von
etwa 40 cm Länge und 25 mm benutzt. Als schwarzer Körper diente in diesem
Falle ein von hinten zur Aufnahme des Thermoelementes angebohrter Chamottezylinder,
dessen Vorderseite mit chinesischer Tusche geschwärzt war. Im übrigen erfolgten die
Beobachtungen genau in derselben Weise wie früher. Wie aus Tab. 3 folgt, steigen die
Korrektionen mit der Temperatur an. Die Unterschiede der beiden Skalen betragen
diesmal etwa 4° gegeneinander.
Tabelle 3.
Korrektion des Féry-Pyrometers (2. Eichung) Ofen wagerecht.
Volle Skala
Abgeblendete Skala
Ausgeglich.Werte
(VolleSkala)102.
Temp.
Korr.
Temp.
Korr.
Diff.
Temp.
Korr.
Korr./Temp.
478
+ 22
400
+ 17
4,3
573
+ 27
500
+ 22
4,4
660
+ 40
600
+ 28
4,7
768
+ 32
700
+ 33
4,7
862
+ 38
800
+ 38
4,8
952
+ 48
948
+ 52
+ 4
900
+ 43
4,8
1048
+ 52
1048
+ 52
0
1000
+ 49
4,9
1153
+ 47
1144
+ 56
+ 9
1100
+54
4,9
Mittel + 4
1200
+59
4,9
Mittel 4,7
Die gefundenen Werte sind in Abb. 2 eingetragen und
aus dieser die Korrektionen für die von 100° zu 100° fortschreitenden Temperaturen
des Féry-Pyrometers bestimmt; diese sind in der
vorletzten Spalte in Tab. 3 mitgeteilt. Berechnet man das Verhältnis Korr./Temp. (s.
letzte Spalte), so ergibt sich dafür ein mit wachsender Temperatur ansteigender
Wert, der im Mittel 4,7 • 10–2 beträgt. Wie aus
dem Vergleich mit Tab. 2 folgt, haben sich die Korrektionen vollständig geändert,
was zum Teil auf die Verschlechterung des Spiegels, zum andern Teil aber auch auf
die andere Strahlungsquelle zurückzuführen ist. Der Silitrohrofen glühte bei der
hohen Temperatur in seiner ganzen Länge, wenn auch selbstverständlich mit von der
Mitte nach außen abnehmender Intensität. Bei dem Platinofen fiel sie dagegen nach
dem Rohrende hin wesentlich schneller ab. Bei der starken Empfindlichkeit des Féry-Pyrometers gegen falsche Strahlung sind die in den
beiden Fällen beobachteten Unterschiede demnach leicht erklärlich. Für die Praxis
ergibt sich daraus die Folgerung, die Eichung des Instrumentes möglichst an dem zu
messenden Ofen (am besten durch Vergleich mit einem optischen Pyrometer)
vorzunehmen, und zwar sowohl für die volle wie auch für die abgeblendete Skala,
sowie diese von Zeit zu Zeit zu wiederholen. Letzteres gilt auch für den Fall, daß
es sich nicht um Absolut-, sondern nur um Vergleichungsmessungen handelt. Die
Vermutung, daß die früheren Beobachtungen durch die Kohlensäureentwicklung des
Kohlestückes in dem Silitrohrofen gefälscht sind, kann leicht widerlegt werden:
gerade bei den höheren Temperaturen hätte sich die größte Menge von Kohlendioxyd im
Ofen bilden und demnach hätte auch bei diesen eine höhere Korrektion auftreten
müssen, als bei dem vollständig kohlensäurefreien Platinofen; tatsächlich wurde
gerade das Gegenteil beobachtet.
Tabelle 4.
Korrektion des Féry-Pyrometers (2.
Eichung); Ofen senkrecht.
Volle Skala
AbgeblendeteSkala
AusgeglicheneWerte
(VolleSkala)102
Temp.
Korr.
Temp.
Korr.
Diff.
Temp.
Korr.
Korr./Temp.
371
+ 29
400
+ 32
8,0
557
+ 43
600
+ 45
7,5
744
+ 56
800
+ 59
7,4
982
+ 68
947
+ 53
– 15
1000
+ 72
7,2
1135
+ 65
1120
+ 80
+ 15
1200
+ 85
7,1
Mittel 7,4
Textabbildung Bd. 334, S. 273
Abb. 2.
Bei den bisherigen Beobachtungen hatten Ofen und Pyrometer wagerecht gestanden.
Vielfach, z.B. bei den Beobachtungen am Schmelzofen, wird es sich aber nicht
vermeiden lassen, das Pyrometer von oben darauf zu richten. Es wurde deshalb
weiterhin untersucht, wie sich seine Korrektionen hierbei gestalten. Auch in diesen
Falle ergibt
sich ein linearer Anstieg der Korrektionen mit der Temperatur (s. Tab. 4, die im
übrigen genau so
Tabelle 5.
Vergleich der Korrektionen des Féry-Pyrometers bei wagerechtem
und senkrechtem Ofen.
Temp.
Korrektionen (volle Skala)
wagerecht
senkrecht
Differenz
400
+ 17
+ 32
15
500
+ 22
+ 39
17
600
+ 28
+ 45
17
700
+ 33
+ 52
19
800
+ 38
+ 59
21
900
+ 43
+ 65
22
1000
+ 49
+ 72
23
1100
+ 54
+ 79
25
1200
+ 59
+ 85
26
angeordnet ist wie Tab. 3, und Abb.
3), und zwar beträgt die Abweichung, die diesmal mit wachsender Temperatur
abnimmt, im Mittel 7,4 v. H. gegenüber 4,7 v. H. bei wagerechter Stellung des
Ofens. Bei abgeblendeter Skala ergaben sich in dem Falle Temperatur-Unterschiede von
– 15 bis + 15° gegenüber der vollen Skala. In Tab. 5 sind die Korrektionen für
wagerechten und senkrechten Ofen, und zwar nur für die volle Skala, da nur für diese
eine genügende Anzahl von Messungen vorliegen, nebeneinander gestellt worden. Es
ergibt sich zwischen beiden ein mit wachsender Ofentemperatur ansteigender
Unterschied.
Textabbildung Bd. 334, S. 274
Abb. 3.
(Schluß folgt.)