Titel: | Hilfsdampfzylinder für Umkehrmaschinen. |
Autor: | F. Förster |
Fundstelle: | Band 335, Jahrgang 1920, S. 1 |
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Hilfsdampfzylinder für
Umkehrmaschinen.
Von F. Förster,
Niederlößnitz.
FÖRSTER: Hilfsdampfzylinder für Umkehrmaschinen.
Beim Besuch einiger Hüttenwerke und Zechen konnte ich feststellen, daß die bei
größeren Walzenzug- und Fördermaschinen angewandten Umsteuerapparate zum Teil schwer
oder unsicher zu handhahen waren, so daß sich die Maschinisten darüber beklagten.
Ich möchte daher auf eine nicht allgemein bekannte, neuere Ausführung von
Dampfumsteuerapparaten hinweisen, die auch bei vorhandenen Apparaten in einfachster
Weise anwendbar ist und vielleicht auch hier und da Veranlassung gibt, hydraulische
Umsteuerungen durch billige Dampfumsteuerapparate zu ersetzen.
Zunächst einige allgemeine Bemerkungen: Das Bedienen der Umsteuerungen großer
Dampfreversiermaschinen erfordert bekanntlich die Anwendung besonderer
Hilfsvorrichtungen, die entweder hydraulisch oder mit Dampf betätigt werden. In der
Hauptsache besteht eine solche Vorrichtung aus einem Hilfszylinder, dessen Kolben
durch das Druckmittel bewegt, auf die Umsteuerwelle der Maschine einwirkt, während
der Maschinist lediglich durch einen kleinen Steuerschieber die Zu- oder Abströmung
des Druckmittels regelt. Preßwasser hat den Vorzug, nicht expansiv zu sein; es fand
daher überall da, wo es verfügbar war, also namentlich auf Hüttenwerken, hierfür
Anwendung. Es hat jedoch dabei auch seine Schwierigkeiten. Zunächst ist die
Preßwasserversorgung kostspieliger als die mit Dampf, ihre Kontrolle ist
unübersichtlicher und die Erzeugung umständlicher. Namentlich in den vergangenen
Kriegsjahren und auch noch jetzt, wo es an geeigneten Zusatzmitteln, wie
Schmierseife und Glyzerin, zum Preßwasser fehlt, desgleichen an Leder usw. für die
unentbehrlichen Hilfsdichtungen, war der hydraulische Betrieb schwierig
aufrechtzuerhalten. Die Preßwasser verbrauchenden Werkabteilungen wurden während des
Krieges ständig vergrößert, so daß eine regelmäßige Rückführung des verbrauchten
Preßwassers zu den Pumpen, also ein geschlossener Kreislauf nicht immer möglich
war, weil die vorhandenen Sammelleitungen zu enge Querschnitte hatten. Es wurde
daher ständig den Pumpensaugleitungen frisches Wasser zugeführt, wodurch
Verunreinigungen in die Leitung gelangten und die Zusatzstoffe des Wassers ihre
Wirkung durch die Verdünnung immer mehr verloren, Hierdurch entstanden ungünstige
Rückwirkungen auf die Manschetten und sonstige Dichtungen, auf die Plunger der
Pumpen und Akkumulatoren, der Wirkungsgrad sank, es traten Druckschwankungen auf und
die Maschinen, mithin auch die Umsteuerapparate, versagten zeitweise. Sie wurden
daher mancherorts durch Dampfumsteuerapparate ersetzt.
Auf den Zechen, wo Preßwasser selten zu finden ist, kommt der Dampfantrieb fast
allein in Frage.
Dampfumsteuerapparate bestehen schon seit über zwanzig Jahren, sie wurden bedingt
durch die wachsenden Dampfspannungen, neuzeitlichere Steuerungen und die immer
größer werdenden Maschinentypen. Hin und wieder sind darüber kürzere Mitteilungen in
der Literatur zu finden. Es handelte sich dabei immer um die Verbindung eines
Dampfkraftzylinders mit Schiebersteuerung mit einem Oelkataraktzylinder, der in der
Regel mit einem Drosselorgane für den Umlauf des Oeles von einer Kolbenseite zur
anderen versehen war. Der Dampfzylinder besaß Einlaßsteuerung nach Abb. 1. In der Mittellage des Schiebers, der Ruhelage,
befinden sich beide Kolbenseiten ohne Druck. Wird der Schieber nach rechts oder
links durch den Steuerhebel bewegt, so tritt der Dampf auf die betreffende
Kolbenseite und bewirkt die Bewegung des Kolbens, und zwar solange, bis der
Maschinist den Hebel anhält. Durch die sogenannte Rückführung, einer eigenartigen
Verbindung zwischen Schieber bzw. Steuerhebel und Kolben, wird dann der Schieber
selbsttätig durch den Kolben selbst in seine Mittellage gebracht, wodurch der
Dampfeintritt unterbrochen ist. Um die Expansion des im Zylinder
abgeschnittenen Dampfes zu verhindern, wurde in der Mittellage bereits der Auspuff
durch die betreffende Schiebersteuerkante etwas geöffnet, da sonst im Apparat
unruhige Bewegungen vorkommen konnten. Der Oelzylinder konnte jedoch in keinem Falle
ganz entbehrt werden. Erst durch Einführung der Schieber-Auslaßsteuerung nach Abb. 2 gelang es, den Oelzylinder in Wegfall zu
bringen. Hierbei mußte allerdings in Kauf genommen werden, daß beide Kolbenseiten in
der Ruhestellung des Apparates unter voller Eintrittsspannung stehen, wenn man nicht
vorzieht, die Spannung durch ein vorgeschaltetes Reduzierventil auf den zum Steuern
unbedingt nötigen Druck zu vermindern und von den Schwankungen im Rohrnetze
unabhängig zu machen. Es empfiehlt sich auch, in die Auspuffleitung des
Umsteuerapparates einen Drosselhahn einzuschalten, der nach Bedarf gestellt wird.
Die Wirkungsweise der Auslaßsteuerung ist ohne weiteres klar: Bewegt man den
Schieber nach rechts oder links, so wird der Einlaß des Frischdampfes auf der einen
Seite ganz geöffnet, während auf der anderen Seite durch die Schiebersteuerkante
allmählig der Auspuff freigegeben wird. Der im Zylinder befindliche Dampf, der vom
Einlaß auf dieser Seite abgesperrt wurde, kann expandieren und der Kolben beginnt
seine Bewegung, bis der Maschinist den Steuerhebel anhält und die Rückführung der
Schieber wieder in die Mittellage bringt. Daß eine solche Auslaßregelung
feinfühliger arbeitet als die Einlaßregelung, bei welcher der Dampf in einen leeren
Zylinderraum gedrosselt einströmt, ist einleuchtend und durch die Tatsachen
bewiesen. Aus Abb. 3 kann man ersehen, wie einfach
ein Dampfsteuerapparat mit Auslaßsteuerung ausfällt, und in seiner Herstellung nur
einen Bruchteil der bisherigen Apparate kostet, für die neuerdings noch viele
Tausend Mark gefordert werden. Daß die Stopfbüchsen in den Ruhepausen unter
Dampfdruck stehen, bedeutet erfahrungsgemäß bei dem Stande ihrer heutigen Ausführung
mit geschliffenen Büchsen usw. kaum einen Nachteil, dagegen ist es sicher ein
Vorteil, wenn der Oelkateraktzylinder mit seinen Stopfbüchsen und Bedienung
wegfällt, da Oel bekanntlich schwieriger abzudichten ist als Dampf, und Oelverluste
höhere Kosten verursachen als Dampfverluste. Da die steuernde Auslaß-Schieberkante
in der Mittelstellung einige Millimeter Deckung erhalten muß, um Undichtigkeiten und
Entweichen von Frischdampf zu vermeiden, so bleibt auch hier wie bei der
Einlaßsteuerung ein gewisser toter Gang in der Umsteuerung der Maschine
bestehen,`was jedoch keinerlei Störungen verursacht, da die Steuerungen der
Maschinen für einige Millimeter toten Gang in der Mittellage entsprechend gebaut
sind.
Textabbildung Bd. 335, S. 2
Abb. 1.
Textabbildung Bd. 335, S. 2
Abb. 2.
Textabbildung Bd. 335, S. 2
Abb. 3.
Auch bei elektrischen Fördermaschinen, namentlich bei größeren Drehstrommotoren mit
Bürstenverschiebung hat der Umsteuerapparat mit Auslaßsteuerung Verwendung gefunden
und zwar für Betrieb durch Preßluft. Bedingung ist jedoch hierbei, daß Schieber und
Büchsen auf Präzisions-Schleifmaschinen hergestellt werden, da sich Preßluft
schwieriger abdichten läßt als Dampf und auch erheblich teurer ist, ferner auch
in nur ganz geringen Mengen zur Verfügung steht. Das feinfühlige Arbeiten der
Auslaßsteuerung hat derartige Umsteuerzylinder auch beispielsweise für Anwendung bei
Sicherheitsapparaten geeignet erscheinen lassen und zwar zur Entlastung des
Sicherheitsregulators. Wie aus Abb. 4 hervorgeht,
steuert der statische Regler nur den Schieber, während der Kolben des Apparates die
Einstellung der im Sicherheitsapparat zur Anwendung gelangenden Kurvenschwingen,
Kulissen oder dergleichen, die eine der jeweiligen Geschwindigkeit und
Reglerstellung entsprechende veränderte Lage einnehmen sollen, besorgt und sie auch
gegen Rückdruck sichert. Falls der Kolben Rückdruck übernehmen muß, wird sich der
Schieber selbsttätig etwas aus der Mitte verstellen und so stehen, daß die eine
Auslaß-Steuerkante soeben den Auslaß abschneidet oder einen Spalt freigibt, bis der
Dampf dieser Kolbenseite so weit herab expandiert ist, daß Gleichgewicht herrscht.
Sodann wird der Schieber wieder schließen oder wieder etwas Frischdampf nachströmen
lassen. Die Schieberüberdeckung wird man bei Verwendung des Apparates für
Sicherheitsapparate knapp halten müssen, damit der tote Gang im Gestänge möglichst
vermieden wird. Die Genauigkeit der Arbeitsweise des Sicherheitsapparates verlangt
jedenfalls, daß jeder Reglerstellung und Geschwindigkeit der Maschine eine bestimmte
Stellung des Kolbens und der mit ihm verbundenen Kurvenschwingen oder Kulissen
entspricht.
Textabbildung Bd. 335, S. 2
Abb. 4.
Ein Umsteuerzylinder beschriebener Art läßt sich ferner verwenden, um die mitunter
sehr umfangreichen und von Hand schwer bedienbaren Haupteinlaß- bzw. Fahrventile
großer Maschinen leicht bedienen zu können. Drosselklappen, die namentlich früher
vielfach in Gebrauch waren, sind bei höheren Dampfdrücken nur schwer zu drehen,
setzen sich bisweilen sogar fest und bieten dem Maschinisten keine genügende
Sicherheit, da sie den Dampf nicht vollständig abzusperren gestatten. Dagegen sind
die von Hand, meist mit Gewindespindel bedienbaren Fahrventile erst nach einer
Anzahl Umdrehungen der Spindel genügend weit offen und können daher auch nicht
schnell geschlossen werden. Die Folge davon ist, daß der Maschinist mit gedrosseltem
Dampfe fährt, was unwirtschaftlich ist. Rüstet man dagegen das Fahrventil mit einem
Servozylinder aus, der am besten gleich in der Achse des Ventilkegels angeordnet
wird, so genügt ein kleiner Ausschlag am Schieberhebel, um das Ventil vollständig zu
öffnen oder zu schließen. Auch eine Verbindung mit dem Sicherheitsapparate der
Maschine läßt sich dann sehr einfach herstellen, falls diese für notwendig erachtet
wird.
Für Dampfturbinen-Regulatorsteuerungen könnte die Anordnung nach Abb. 4 ebenfalls zur Anwendung kommen an Stelle der
zurzeit benutzten Oelsteuerungen. Da jeder Steuerhebelauslage ein bestimmter
Kolbenweg entspricht, so eignet sich der Hilfsdampfzylinder auch für Dampf- oder
Preßluftbremsen an Fördermaschinen, und zwar würde sich damit eine regelbare Bremse
schaffen lassen, wenn man in das Gestänge zwischen Bremse und Kolben entsprechend
starke Federn von genügender Durchbiegung einschaltet. Die teuren Bremsdruckregler
kämen dann in Wegfall und mit ihnen die Anstände, die sich hier und da ergeben
haben, namentlich bei Anwendung von überhitztem Dampf. Man würde allerdings dann
nicht wie bei den Druckreglern für jede bestimmte Stellung des Bremshebels einen
bestimmten Bremsdruck erhalten, sondern wäre etwas abhängig von der mehr oder
weniger knappen Anstellung der Bremsbacken. Dies fällt jedoch nicht ins
Gewicht, weil der Maschinist beim Schleifbremsen nicht nach dem Manometer sieht,
sondern die Bremswirkung an dem Gange der Maschine selbst einschätzt. Die federnde
Wirkung brauchte sich schließlich auch nicht bis zum vollen Bremsdrucke zu
erstrecken. Im Notfalle könnte man sogar die Federn ganz weglassen, da das
Bremsgestänge selbst etwas federt und ein geschickter Maschinist den Schieber
handhaben kann, wie es der Regler nach Abb. 4 bei
Rückdruck tut.
Zusammenfassung: Es wird ein Umsteuerapparat neuerer Art ohne Oelkataraktzylinder für
Förder- und Walzenzugmaschinen beschrieben, der einfach und billig ist und sich
leicht bei älteren Anlagen anwenden läßt, ferner werden weitere
Anwendungsmöglichkeiten des Apparates angegeben.