Titel: | Rechts-Schau. |
Autor: | W. D. |
Fundstelle: | Band 335, Jahrgang 1920, S. 10 |
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Rechts-Schau.
Rechts-Schau.
Kriegsgewinne gegen die guten Sitten. (Urteil des
Oberlandesgerichts Celle vom 18. Juli 1919.) Ein Duisburger Werk war von der
Heeresverwaltung mit der Lieferung einer großen Menge Granaten beauftragt worden und
erhielt für jede Granate 18 M, später 14 M. Durch Vermittlung des Kaufmanns L.
erhielt eine Dortmunder Firma einen Teil dieses Auftrages zur Fertigstellung, von
dem Duisburger Werk wurden ihr für jede Granate 7,50 M gezahlt. Von diesem
Betrage hatte sie sich verpflichtet, an L. als Vermittlungsgebühr 1,50 M zu zahlen.
Die Nichtzahlung dieser Gebühr seitens der Dortmunder Firma führte zu einer Klage
des L. gegen sie, in der die beklagte Firma ihre Weigerung, zu zahlen, damit
begründete, daß die Abmachung gegen die guten Sitten verstieße und
daher nichtig sei, denn die Vermittlungsgebühr sei eine unverhältnismäßig hohe
und stehe in gar keinem Verhältnis zu der Arbeit, die der Kläger geleistet habe. Vom
Oberlandesgericht Celle wurde dieser Auffassung beigetreten und die Klage
abgewiesen. Aus der Urteilsbegründung seien folgende prinzipielle Ausführungen
wiedergegeben:
Die Tätigkeit des Klägers, die sich auf die Besuche bei der Beklagten beschränkt
habe, der keine Fachkenntnisse hatte und keine Geldaufwendungen gemacht habe, sei
weder wirtschaftlich notwendig noch auch nur zweckmäßig gewesen. Es könne nach Lage
der Sache nur angenommen werden, daß, wie es auch sonst im Kriege vielfach geschehen
sei, er im Einverständnis mit dem Duisburger Werk die durch den Krieg geschaffene
Notlage der Heeresverwaltung, die die für den Krieg erforderlichen Waren in
großer Eile zu beschaffen hatte, sich zu Nutzen gemacht habe, um sich einen
übermäßigen Gewinn zu verschaffen. Durch die Bewilligung der Provision von 1,50 M
für jede Granate an den Kläger würde der von der Heeresverwaltung zu zahlende Preis
erheblich gesteigert. Durch diese auf die Provisionsvereinbarung zurückzuführende
Preissteigerung wurde die Gesamtheit geschädigt. Ein solches Streben nach
übermäßigem Gewinn in der Zeit der Kriegsnot auf Kosten der Gesamtheit widerspreche
dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden. Die zwischen den Parteien
getroffene Provisionsvereinbarung verstoße daher gegen die guten Sitten und sei nach
§ 138 Abs. 1 BGB. nichtig. (Wzm.)
W. D.