Titel: | Polytechnische Schau. |
Fundstelle: | Band 335, Jahrgang 1920, S. 28 |
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Polytechnische
Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Werkstattstechnik.
Einiges über Werkzeugmaschinen vor hundert Jahren. Im
Jahrgange 1838 von Dinglers polytechnischem Journal finden sich einige recht
interessante Mitteilungen aus einem Bericht des deutschen Kochschulprofessors Dr.
Poppe über eine Reise durch Westfalen und Belgien,
die eine gute Uebersicht über den Stand des damaligen Werkzeugmaschinenbaues geben.
Poppe erwähnt eine große Metallhobelmaschine der Maschinenfabrik Jakobi, Haniel & Huyssen, der heutigen
Gutehoffnungshütte, in Sterkrade. Die Maschine arbeitete bereits vollständig nach
den heute gebräuchlichen Grundsätzen mit geradlinig hin- und zurückbewegtem
Werkstück und einem auf einem Querbalken quer dazu geschaltetem Werkzeug. Eine
Lochstanze mit Hebelantrieb durch eine unrunde Scheibe arbeitete ähnlich wie die
heute gebräuchlichen, nur erfolgte der Antrieb durch zwei Arbeiter an zwei auf
Schwungrädern sitzenden Kurbeln. Die Leistungsfähigkeit wird zu 400 Nietlöchern in
der Stunde angegeben, wobei allerdings nichts über Durchmesser der Löcher und Stärke
des Bleches gesagt ist. Diese werden sich wahrscheinlich in den damaligen
bescheidenen Grenzen bewegt haben. Es ist zu verwundern, daß kein Kraftantrieb für
die Lochstanze, die auf der Schiffswerft der vorhin genannten Firma stand, gewählt
worden war, nachdem man doch schon damals für Werkzeugmaschinen, Gebläse usw.
Dampfmaschinen verwendete. In der kgl. Kanonengießerei in Lüptich sah Poppe
eine Kanonenbohrbank, bei der die Kanone mit etwa 7,5 Umdr. i. d. Min. sich in zwei
Lagern drehte, während der sich nicht drehende Bohrer durch einen auf ein Schaltrad
wirkenden Gewichtshebel vorgeschoben wurde. Dauerschaltung scheint also damals noch
nicht bekannt gewesen zu sein.
Eine doppelte Eisenschere der Werke von Lamarche & Brain in Ougree bei Lüttich wird in gleicher Weise durch
unrunde Scheiben angetrieben wie die oben erwähnte Lochstanze. Besonderes Interesse
erweckt der Bericht Poppes über die Werke von John
Cockerill in Seraing. Die Fabrik umfaßte damals eine große Maschinenfabrik
zur Herstellung von Dampfmaschinen, eine Dampfkesselfabrik, eine Lokomotivfabrik,
große Stab- und Blechwalzwerke, ein Eisenbahnschienen-Walzwerk, einen Hochofen, 16
Puddel- und viele Flammöfen, eine Schmiede mit 80 Essen, eine Modelltischlerei, ein
Konstruktionsbureau, eine besonders große Werkstätte für die Ausbesserung der
Werkzeuge und Geräte, zwei Steinkohlengruben, eine Erzgrube und endlich eine
Kratzen- oder Krempelfabrik. Die Arbeiterzahl betrug 2400, 22 Dampfmaschinen mit
insgesamt 1000 PS lieferten die notwendige Energie. Eine Wasserhaltungsmaschine von
400 PS arbeitete auf der Kohlengrube. Beide Kohlengruben konnten den Kohlenverbrauch
der Werke nicht decken, ebenso nicht die Erzgrube in Charleroi den Bedarf an Eisen.
Poppe berichtet über eine Anzahl von Senkrechtbohrmaschinen, die sich die Arbeiter
selbst verbessern und vielfach mit Fußhebel zum Vorschub der Spindel einrichten.
Eine große Drehbank zum Bearbeiten von Kolbenstangen von 5'' ⌀ und Einrichtung zum Gewindeschneiden, fünf Metallhobelmaschinen mit 6
und 16 Fuß Hobellänge, eine wagerechte Zylinderausbohrmaschine mit Dauervorschub des
Bohrkopfes auf der Spindel, eine Stoßmaschine, eine Schwungradpresse zum Ausstanzen
von Nietlöchern hatten bereits grundsätzlich den Aufbau, wie er heute noch üblich
ist. Bei einigen Eisenscheren berichtet Poppe, daß sie durch eine unter Flur
angebrachte unrunde Scheibe angetrieben wurden. In seiner Gegenwart schnitt eine
solche Schere 1 1/2''' starkes Eisen und fast eben so gut ein Blatt Papier. In der
Modelltischlerei fiel eine Menge kleiner Kreissägen von 3 Fuß ⌀ auf, mit denen der
Tischler sein Holz in der kürzesten Zeit zertrennt. Besonders interessant sind die
Bemerkungen über das Konstruktionsbureau. Die Maschinenteile wurden, wie auch
heutzutage größtenteils üblich, in Form von Einzelzeichnungen in die Werkstatt
hinaus gegeben. Die Teile wurden mit Rotstift meistens in Naturgröße ohne Maßzahlen
auf glatt gehobelte Bretter gezeichnet. Der Arbeiter entnimmt die Abmessungen aus
der Zeichnung mit dem Zirkel und dem Maßstab. Es herrscht eine wettgehende
Arbeitsteilung und SpezialisierungSpezialisierug der Arbeiter, was auf die Erzeugnisse schon damals eine günstige Wirkung
hatte. (Werkzeugmaschine 1919, Heft 32.)
Preger.
Die Herstellung amerikanischer Raupenschleppermotoren. In
ihren Werken zu Stockton stellt die Holt-Manufakturing
Co. Raupenschlepper her, die mit Vierzylinder-Motoren von 75 PS ausgerüstet
werden. Die Abb. 1 und 2 zeigen einen Zylinder davon mit 165 mm Bohrung. Die Einzelteile eines
solchen Motors werden entsprechend einer rationellen Massenfabrikation auf
Spezialmaschinen bearbeitet. Als obere und untere Grenzwerte für die Zylinderbohrung
kommen mit Berücksichtigung des nachträglichen Schleifens 164,97 und 164,67 mm in
Betracht. Daraus folgt, daß für das Schleifen ein Span von 0,015 bis 0,165 mm übrig
bleibt.
Die Drehbank zum Ausdrehen der Zylinder ist für ein schnelles Einsetzen des
Arbeitstückes eingerichtet. Zum Ausbohren der Zylinder dienen Bohrköpfe, die
mit Stellitmessern versehen sind (Abb. 3 bis 5). Solche Bohrköpfe erzeugen eine genaue Bohrung und
eine saubere Arbeitsfläche. Für das Schleifen bleibt dann nur eine geringe Arbeit
übrig. Bei einer 8¾stündigen Arbeitzeit können täglich 26 bis 28 Zylinder fertig auf der Drehbank hergestellt werden.
Die Stellitmesser zeigen nur sehr geringe Abnutzung.
Textabbildung Bd. 335, S. 29
Abb. 1.
Textabbildung Bd. 335, S. 29
Abb. 2.
Es hat sich gezeigt, daß solche Messer ein Jahr lang arbeiten
können, ehe sie ausgewechselt werden müssen. In dieser Zeit hat ein solcher Bohrkopf
13500 Zylinder bearbeitet. Die Messer werden gewöhnlich innerhalb 24 Stunden zweimal
geschärft. Nachdem etwa 175 bis 200 Zylinder gebohrt sind, müssen die Messer
gewöhnlich radial nachgestellt werden, was durch sorgfältiges Unterlegen von
Blechstreifen geschieht. Die Messer werden durch je zwei Schrauben im Bohrkopf
befestigt. Die Messerenden sind in einem Winkel von 45° geschliffen. Die
Arbeitsflächen des Messers sind hinterdreht, und zwar beträgt diese Hinterdrehung,
wie Abb. 3 zeigt, gleichmäßig 8 bis 10°.
Textabbildung Bd. 335, S. 29
Abb. 3.
Textabbildung Bd. 335, S. 29
Abb. 4.
Textabbildung Bd. 335, S. 29
Abb. 5.
Das Schleifen der Zylinder wird auf einer Schleifmaschine in bekannter Weise
ausgeführt. Für das Schleifen wird eine Crystolon-Scheibe verwendet. Die
Schleifscheibe dreht sich mit 5000 Umdr. i. d. Min. Das entspricht einer
Umfangsgeschwindigkeit von 33 m/sek. Die Verschiebung des Arbeitstückes geschieht
mit einer Geschwindigkeit von 0,01 m/sek. Dadurch wird erreicht, daß in einer Minute
eine vollständige Vorwärts- und Rückwärtsbewegung erhalten wird.
Textabbildung Bd. 335, S. 29
Abb. 6.
Textabbildung Bd. 335, S. 29
Abb. 7.
Der Kolben nach Abb. 6 und 7 erhält einen hohlen Kolbenbolzen, für den zwei verschiedene Bohrungen
von 49 und 47,5 mm herzustellen sind. Auf der Revolverdrehbank, die zur Herstellung
und zum Aufreiben der Bohrungen dient, werden auch gleichzeitig die inneren Enden
der Bolzen fertig bearbeitet. Der Kolben wird schließlich auf einer
Zylinderschleifmaschine auf genauen Außendurchmesser nachgeschliffen. Hierzu findet
eine Alundumscheibe Verwendung. Die Umfangsgeschwindigkeit der Schleifscheibe
beträgt 30 m/sek. Dabei macht das Arbeitstück etwa 100 Umdrehungen i. d. Min. Für
den Schleifvorgang bleibt ein Span von etwa 0,5 mm Stärke stehen, der durch ein
einmaliges Ueberschleifen entfernt wird.
Textabbildung Bd. 335, S. 30
Abb. 8.
Die in Abb. 8 dargestellte Kurbelwelle wird aus
Chromnickelstahl geschmiedet. Die vorgeschmiedete Kurbelwelle ist in allen
Abmessungen etwa 6 mm stärker ausgeführt. Das Vorarbeiten der Hauptlagerzapfen und
das Nachdrehen erfolgt auf einer Kurbelwellendrehbank. Besondere
Einspannvorrichtungen sind dabei nicht notwendig. Beim Vorarbeiten der Kurbelwelle
wird ein Span von etwa 3,5 mm Stärke abgenommen. Die Kurbelwelle macht dabei etwa 60
Umdr. i. d. Min. Für das Nachdrehen kommt dann noch ein Span von etwa 1,6 mm in
Betracht. Das Vorarbeiten der Lagerzapfen erfordert 1½ Stunden. Das Nachdrehen
erfolgt in 1 Stunde. Auf einer Kurbelwellendrehbank können an einem Tage sechs
solche Wellen fertig gedreht werden. Die Lagerzapfen werden mit einer
Alundum-Schleifscheibe bei 950 Umdr. i. d. Min. nachgeschliffen. Die
Umfangsgeschwindigkeit der Scheibe beträgt 33 m/sek. Die Welle macht 60 Umdr. i. d.
Min. Zum Schleifen der Lagerzapfen sind 50 Minuten erforderlich. Die Kurbelzapfen
werden in ähnlicher Weise geschliffen. Die Schleifzeit beträgt hier auch etwa 50
Minuten. Die Kurbelzapfen werden vor den Lagerzapfen geschliffen und dann umwickelt,
damit sie während des Schleifens der Lagerzapfen nicht beschädigt werden. (Der
Motorwagen 1919, S. 361 bis 365.)
W.
Verwendung regelbarer Gleichstrommotoren für Drehbänke.
Die Spindelstöcke von Drehbänken mit Einscheibenantrieb werden unangenehm
verwickelt, wenn die Zahl der Geschwindigkeitsstufen besonders groß, z.B. mehr als
16 wird. Man muß dann viele Zahnräderpaare, Wellen, Kupplungen, Hebel usw. einbauen,
und der Arbeiter neigt dazu, die wirtschaftlich notwendige Umdrehungszahl aus
Bequemlichkeit nicht auszunutzen. Durch Motoren, die mittelst Schaltwalzenanlassern
in weiten Grenzen regelbar sind, kann man mit einem Räderkasten für 2 bis 3
Geschwindigkeitsstufen auskommen und die ganze Bedienung durch einen Hebel für den
Räderkasten und ein Handrad für. den Schaltwalzenanlasser für 40 und mehr
Geschwindigkeitsstufen, je nach der Stufenzahl des Anlassers beherrschen. Der Motor
wird zweckmäßig im linken Fuße, der Anlasser im rechten Fuße der Drehbank
untergebracht, ohne daß ein Mehrbedarf an Platz eintritt. Die Einstellung der
verschiedenen Geschwindigkeiten kann größtenteils auch während des Ganges der
Maschine erfolgen. Wegen der bequemen Bedienung wird der Arbeiter eher dazu zu
bringen sein, die richtige Umdrehungzahl einzustellen. (Werkzeugmaschine 1919, Heft
31.)
Magnetkupplungen und deren Verwendung. Magnetkupplungen
finden steigende Verwendung in Kraftzentralen zum Ein- und Ausrücken von
Transmissionsteilen, in Eisenhüttenbetrieben an Scheren, -Walzwerken und andren
schweren Arbeitsverbrauchern, und in umkehrbarer Ausführung bei Werkzeugmaschinen
mit hin- und hergehender Hauptbewegung. Als Stromart kommt fast nur Gleichstrom in
Frage. Wechselstrom ist unwirtschaftlich wegen der Hysteresisverluste und der
größeren Erwärmung. Für jede übertragene Pferdestärke kann man 1,5 bis 3 Watt
Stromverbrauch rechnen, wobei die kleineren Werte für die größeren Kupplungen zu
rechnen sind. Die Betriebsspannung beträgt selten mehr als 250 Volt. Der Vorzug der
Magnetkupplungen ist der Fortfall aller Gestänge, das stoßfreie Einrücken bei
voller Leistung, die Nachgiebigkeit bei Ueberlastungen und die Möglichkeit des
augenblicklichen Ausrückens bei Unfallsgefahr von jeder beliebigen Stelle aus.
Die Kupplungen bestehen bei nicht umkehrbarer Ausführung aus einem, bei umkehrbarer
Ausführung aus zwei, ringförmig ausgeführten Körpern, die die Wickelung aufnehmen,
und diesen gegenüber aus einem Anker, der beim Stromdurchfluß angezogen wird. Der
notwendige Reibungswiderstand zwischen beiden Teilen wird durch Pockholzklötze
erzielt, an die sich der Anker anlegt. Diese Klötze sind nachstellbar, um die
Durchzugkraft verändern und Abnutzungen ausgleichen zu können. An Hobelmaschinen
haben die magnetischen Kupplungen besondere Bedeutung erlangt. Die Riemen brauchen
nicht verschoben zu werden, also können sie kräftig sein und lassen eine größere
Rücklaufgeschwindigkeit des Tisches sowie kürzere Umsteuerzeiten zu. Die beiden
dauernd in verschiedenen Richtungen umlaufenden Kupplungsteile stellen eine Art
Schwungrad dar und erleichtern die Beschleunigung des Tisches in der
entgegengesetzten Richtung. (Werkzeugmaschine 1919, Heft 34.)
Preger.
Wärmekraftmaschinen.
Bestimmung des indizierten Wirkungsgrades einer
Verbrennungskraftmaschine. Bereits im Jahre 1913 wies Nernst bei einem Vortrage in der Technischen Hochschule zu Breslau darauf
hin, daß die Verwirklichung eines umkehrbaren Vorganges im Gasmotor denkbar ist,
wenngleich der gegenwärtige Stand der Technik nicht die Möglichkeit bietet, eine
Maschine zu bauen, die in der gekennzeichneten Weise arbeitet. Preßt man z.B.
Wasserstoff und Luft voneinander getrennt adiabatisch so stark zusammen, daß das
Dissoziationsgebiet, erreicht wird, so findet bei einer Vermischung der Gase im
Zylinder des Motors keine Verbrennung statt. Indessen tritt allmähliche
Wasserbildung ein, wenn sich das Gemisch wiederum adiabatisch ausdehnt. Es wird bei
dem geschilderten Vorgange Arbeit gewonnen, weil die Expansionskurve viel langsamer
abfällt als die Kompressionslinie, da bei der Ausdehnung Verbrennungswärme
entwickelt wird. Der Vorgang ist, sofern man von der Vermischung der beiden Gase
absieht, umkehrbar; denn verläuft er im entgegengesetzten Sinne, so würde Luft und
unverbrannter Wasserstoff aus den Einlaßventilen ausgestoßen werden. Die Betrachtung
des beschriebenen Prozesses läßt wichtige theoretische Folgerungen zu. Sie zeigt vor
allem, daß die Forderung des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik, die Wärmezufuhr
bei möglichst hoher Temperatur vorzunehmen, infolge des Eintretens der Dissoziation
der Gase nur in begrenztem Maße erfüllt werden kann. Diese Tatsache muß
berücksichtigt werden, wenn man die Arbeitsleistung bei adiabatischer Ausdehnung im
verlustlosen Prozesse bestimmen will. Fällt der Beginn der Expansion in das
Dissoziationsgebiet, so besteht anfänglich Gleichgewicht zwischen den
Verbrennungserzeugnissen und ihren Bestandteilen. Dieses verschiebt sich bei
sinkendem Wärmegrade, und es tritt „Nachbrennen“ ein. Die Berechnung von
Druck, Volumen und Gaszusammensetzung bei Beginn der Ausdehnung kann erfolgen, indem
man zunächst für die Verbrenuungstemperatur mit Hilfe des Nernsttheorems die Gleichgewichtskonstante bestimmt. Dieser Festwert ist
bekanntlich ein Bruch, in dessen Zähler und Nenner die räumlichen Konzentrationen
der einzelnen Gase erscheinen. Eine Beziehung zwischen Druck p, Temperatur T, Volumen v und Konzentrationen findet man durch Benutzung der
Zustandsgleichung pv = mRT, wo R die Gaskonstante und m die Molenzahl ist, die bei den eintretenden
chemischen Vorgängen eine Aenderung erfahren kann. Wie eine derartige
Berechnung im einzelnen für alle Punkte der Expansionslinie erfolgt, zeigt K. Neumann in Heft 41 der Zeitschrift des Vereines deutscher
Ingenieure, indem er die Adiabate der Kohlensäure bei hohen Temperaturen bestimmt.
Da auch in praktisch möglichen Fällen die Zersetzung des Gasgemisches bei Beginn der
Expansion einen Grad erreichen kann, der seine Vernachlässigung unstatthaft
erscheinen läßt, so ist es für die Technik von großer Bedeutung, daß die neuesten
Fortschritte auf dem Gebiete der Physik die grundsätzliche Lösung der Aufgabe
bringen, den Dissoziationsgrad in jedem Falle zu bestimmen sowie den Verlauf des
vollkommenen Prozesses und den indizierten Wirkungsgrad zu berechnen.
Schmolke.
Automobiltechnik.
Ventilfederbefestigung bei Automobilmotoren. Eine einfache
Verbindung der Ventilfeder mit dem Ventilschaft ist in Abb.
1 dargestellt. Sie ist eine billige, aber wenig betriebsichere Ausführung.
Die Anordnung ohne Verwendung eines Ventiltellers wurde früher häufig verwendet. Die
vielfach auftretenden Brüche des Ventilschaftes oder der Ventilfeder veranlaßten
aber bald bessere Konstruktionen zu verwenden. Wie die Abb.
1 zeigt, muß bei dieser Ausführung die Feder an ihrem unteren Ende scharf
abgebogen werden, wodurch eine starke Beanspruchung des Federstahles entsteht.
Textabbildung Bd. 335, S. 31
Abb. 1.
Textabbildung Bd. 335, S. 31
Abb. 2.
Seit mehreren Jahren verwendet man nun, wie die Zeitschrift „The Autocar“
1919, S. 399 angibt, ganz allgemein Federteller, die nach Abb. 2 durch einen Keil mit dem Ventilschaft verbunden werden. Der
Federteller wird dabei unten mit einem Rand versehen, so daß der Keil durch die
Ventilbewegung nicht herausfallen kann. Durch diese Anordnung wird erreicht, daß die
Ventilfeder an ihrem Ende nicht mehr stark gebogen wird. Im Betriebe kann sich die
Feder frei einstellen, so daß starke Beanspruchungen der Feder und somit auch
Federbrüche möglichst vermieden werden. Die Anordnung eines Langloches im
Ventilschaft ist aber nicht zweckmäßig und entspricht wenig einer billigen
Massenfabrikation.
Textabbildung Bd. 335, S. 31
Abb. 3.
Textabbildung Bd. 335, S. 31
Abb. 4.
Textabbildung Bd. 335, S. 31
Abb. 5.
Um das Langloch im Ventilschaft zu vermeiden, ist man dazu übergegangen, am
Schaftende Gewinde aufzuschneiden, wie dies Abb. 3
zeigt. Der Federteller wird dann auf den Ventilschaft aufgeschraubt. Damit er sich
nicht vom Ventilschaft loslösen kann, ist das Gewinde im Ventilteller
geschlitzt und wird durch eine Klemmschraube zusammengepreßt.
Eine zweckmäßige Anordnung, die eine billige Massenfabrikation gestattet, zeigt Abb. 4. Dabei wird am unteren Ende des Ventilschaftes
eine ringförmige Nut eingedreht, in der ein zweiteiliger Konus eingepaßt wird. Auf
diesem Ring liegt dann der aus gepreßtem Blech hergestellte eigentliche Federteller
auf. Irgend welche Sicherung gegen Lockerung des Federtellers ist dabei nicht
notwendig.
Textabbildung Bd. 335, S. 31
Abb. 6.
In Abb. 5 ist ebenfalls auf den Ventilschaft Gewinde
aufgeschnitten. Der eigentliche Federteller wird aus Stahl gepreßt und sitzt auf
einer konisch geformten Mutter auf, deren Gewinde geschlitzt ist. Der Druck der
Feder auf den Federteller und somit auch auf die Mutter verhindert die Mutter sich
zu lösen.
Bei der Abb. 6 ist wie bei der Abb. 3 im Federteller Gewinde eingeschnitten. Die
Sicherung des Federtellers gegen Drehen geschieht hier mittels Splint. Abb. 6 stellt eine sehr einfache Ausführung dar. Bei
einer solchen Anordnung kann die Federspannung leicht reguliert werden. Die
Anordnung hat aber den großen Nachteil, daß der Federteller durch das Gewinde nicht
fest genug auf dem Ventilschaft sitzt. Durch die Ventilbewegung wird aber bald eine
Lockerung des Tellers eintreten, wodurch das Gewinde allmählich zerstört wird. Auch
bei der Anordnung nach Abb. 3 kann eine allmähliche
Lockerung des aufgeschraubten Federtelllers eintreten, wenn die Sicherungsschraube
nicht von Zeit zu Zeit nachgestellt wird. Diese Nachteile besitzt die Anordnung nach
Abb. 5 nicht. Hier kann niemals eine Lockerung
der konischen Mutter eintreten. Die Anordnung hat sich im Dauerbetrieb gut bewährt.
Damit ist nur der eine Nachteil verbunden, daß zum Einstellen der Steuerung die
Feder durch eine geeignete Vorrichtung mit dem Federteller abgehoben werden muß, ehe
dieser bei festgehaltenem Ventil angezogen werden kann. Derselbe Nachteil ist auch
bei der Anordnung nach Abb. 3 vorhanden. Mit den
Anordnungen nach Abb. 3 und 5 ist der Vorteil verbunden, daß der Ventilschaft auf keine Weise
geschwächt wird.
W.
Elektrotechnik.
Ueberlegenheit der sich selbst lüftenden Motoren über die
gekapselten. (W. Bethge in Elektr. Kraftbetr.
und Bahnen XVII, Heft 31.) Die Beanspruchung eines Bahnmotors wird einerseits
gekennzeichnet durch die Dauerbelastung, die der mittleren Belastung während des
Betriebes gleich ist, andererseits durch die Belastungsstöße, die sogen.
Spitzenbelastung. Die Dauerbelastung wird durch die Verluste begrenzt, die von dem
Motor bei
der zulässigen Erwärmung abgeführt werden können, während die zulässige
Spitzenbelastung die Last darstellt, bei der noch eine einwandfreie Stromwendung
möglich ist. Mit Rücksicht auf die Dauerbelastung reicht daher unter sonst gleichen
Betriebsverhältnissen ein gelüfteter Motor für ein größeres Zuggewicht aus, als ein
gekapselter, während die Spitzenbelastbarkeit bei sonst gleicher Bauart unabhängig
von der Belastung ist. Einem größeren Zuggewicht entspricht aber im Betriebe auch
eine höhere Spitzenbelastung. Wird der gelüftete Motor in bezug auf Dauerbelastung
und Spitzenleistung gerade ausgenutzt, so wird daher von dem gekapselten Motor, weil
er nur eine kleinere Dauerleistung hergeben kann, eine kleinere Spitzenleistung
verlangt werden, als er mit Rücksicht auf die Stromwendung abgeben könnte. Mit
anderen Worten: die Spitzenbelastbarkeit des gekapselten Motors wird nicht
ausgenutzt. Auch hinsichtlich des Preises ist der gelüftete Motor dem gekapselten
überlegen, da er für die gleichen Betriebsverhältnisse leichter gewählt werden kann.
Man wird daher den gelüfteten Motor dem gekapselten unbedingt vorziehen, soweit
nicht die Gefahr der Verschmutzung durch den mit der Kühlluft eindringenden Staub
zur Kapselung zwingt.
Dr.-Ing. Bachmann.
Elektrisch betriebene Selbstgreifer. Aus dem in der
Elektrotechnischen Zeitschrift Heft 47 und 48 von Wintermeyer veröffentlichten Entwicklungsgang im Bau elektrisch
betriebener Selbstgreifer für Massengutbeförderung ist in übersichtlicher Weise zu
entnehmen, welche Wege beschritten worden sind, um die Bedienung des Greifers nach
Möglichkeit zu erleichtern, die erforderlichen Bewegungsvorgänge weitgehend
selbsttätig zu bewirken und so von der Aufmerksamkeit und Geschicklichkeit des
Bedienungsmannes unhabhängiger zu machen. Da bei den neuzeitlichen Anordnungen alle
Bewegungsvorgänge präziser einsetzen und der schnellen Entschlußkraft des
Kranwärters mehr oder weniger entzogen sind, so kann auch die Arbeitsgeschwindigkeit
gesteigert werden, ohne daß das Massengut schlecht verladen oder unzulässig
beschädigt wird. Es sind dies Vorzüge, die gerade heute, wo die Lohnfrage eine so
große Rolle spielt, und wo auch mit weniger geübtem und an der Arbeit
uninteressierterem Bedienungspersonal Höchstleistungen erstrebt werden müssen, in
ihrem vollen Wert eingeschätzt werden können.
Da die Greifer heute fast durchweg elektrisch betrieben werden, sind Maßnahmen, durch
die der Uebergang von einer Greiferbewegung zur anderen selbsttätig erfolgt oder
wenigstens derart kontrolliert wird, daß unnötige Zeitverluste und Beschädigungen
der Anlage vermieden werden, mittels geeigneter Schaltungen verhältnismäßig bequem
und sicher durchzuführen. Es sind Antriebe mit einem Motor, mit zwei Motoren und
solche mit Hilfsmotoren durchgebildet worden. Stets sind zwei Seiltrommeln
erforderlich, die eine für das Hubseil, die andere für die Oeffnungs- und
Schließbewegung des Greifers.
Die Art des Greiferspiels bedingt drei Haupt-Arbeitsvorgänge: das Schließen und
Heben, das Oeffnen und das Senken. Das Schwenken des Greifers in einer gewissen
Höhenlage wird mit denselben Mitteln wie bei jedem gewöhnlichen Schwenkkran bewirkt
und hat mit dem eigentlichen Greiferspiele nichts zu tun. Die genannten drei
Grundstellungen des elektrischen Antriebes sind soweit selbsttätig gestaltet, daß
alle Bewegungen rechtzeitig eingeleitet und beendet werden, daß Störungen des
Greiferspiels durch Veränderungen in der Belastung und in den Reibungswiderständen
durch Kontrollschaltorgane vermieden werden. Lediglich diejenigen Schaltvorgänge
sollen dem Ermessen des Kranführers überlassen bleiben, die abhängig sind von der
jeweiligen Situation bei der Lagerung des Massengutes.
Durch elektrische Grenzschalter wird eine weitere Erhöhung der Betriebsicherheit
gewährleistet. Ein solcher Apparat dient dazu, die Hubseiltrommel in den
Endstellungen beim Heben und Senken selbsttätig stillzusetzen, wodurch also
Ueberschreitungen der höchsten und tiefsten Greiferstellung auch bei
Ungeschicklichkeit und Unaufmerksamkeit des Bedienungsmannes sicher verhütet werden.
Ein zweiter Grenzschalter kontrolliert die Bewegungen der Greifertrommel daraufhin,
daß das eigentliche Greiferseil, durch das das Oeffnen und Schließen des Greifers
bewirkt wird, nicht schlaff werden kann.
Entsprechend der gewählten Schaltung und den Sicherheitsvorkehrungen sind zur
Erzielung der drei Hauptbewegungen des Greifers verschiedene Handgriffe am
Steuerhebel vorzunehmen. Um deren Reihenfolge und die Größe der Ausschlagwege des
Steuerhebels eindeutig festzulegen, wird letzterer in Schlitzführungen verlegt,
deren Formgebung daher von den der Reihe nach vorzunehmenden
Steuerhebelverstellungen abhängig ist.
Daß für jede der beiden Trommeln die üblichen Haltebremsen vorzusehen sind, um beim
Ausbleiben des Stromes ein selbsttätiges Festhalten der Trommeln zu bewirken, bedarf
kaum der Erwähnung, ferner daß der Einbau von Lastdruckbremsen zur Regelung der
Senkgeschwindigkeit nicht umgangen werden kann.
Gsch.
Gastechnik.
Gasverbrauchsverhältnisse in den deutschen Städten. Ueber
die Entwicklung des Gasverbrauchs in einer großen Reihe von deutschen Städten
veröffentlicht Dr. Schilling im Journal für
Gasbeleuchtung 61. Jahrg., S. 378 bis 380, interessante statistische Angaben. Danach
hat die Gesamtgasabgabe auf den Kopf der Bevölkerung in den letzten zehn Jahren eine
erhebliche Zunahme erfahren, die in der folgenden Zusammenstellung deutlich zum
Ausdruck kommt.
Einwohner-zahl
über500000m3
500000bis100000m3
100000bis50000m3
50000bis10000m3
10000bis2000m3
1916/17
128
104
93
77
76
1911/12
112
92
72
65
70
1909/10
108
86
72
65
67
1902/03
89
73
62
54
46
Die im Kriege notwendig gewordenen Maßnahmen zur Einschränkung des Gasverbrauchs
kommen im Jahre 1916/17 somit noch nicht zur Geltung. Die Zahl der Gasabnehmer hat
in den letzten 5 Jahren eine besonders starke Zunahme erfahren, und zwar in den
größten Städten von 152 auf 222 auf je 1000 Einwohner, in den kleinsten Städten von
95 auf 119 auf je 1000 Einwohner. Da die Gasabnehmer in der Regel aus Familien von 4
bis 5 Köpfen bestehen, so gibt es in den Großstädten wohl kaum mehr Einwohner, die
keinen Gasanschluß besitzen. Dieses Ergebnis ist vornehmlich der wachsenden
Einführung von Münzgasmessern zu verdanken. Ihre Flammenzahl stieg in den letzten 5
Jahren von 106 auf 312, in den kleinsten Städten von 18 auf 73, auf je 1000
Einwohner berechnet; der Gasverbrauch auf Münzgasmesser hat indessen einen kleinen
Rückgang erfahren, was mit der Einführung des Gases in den breiten unteren
Bevölkerungsschichten zusammenhängt. Die Anschlußdichte, d. i. die Zahl der
Gasabnehmer auf 1 km Rohrnetzlänge, wächst naturgemäß mit der Größe der Städte, sie
ist besonders in den Städten mit 50000 bis 100000 Einwohnern gewachsen, und zwar von
89 auf 142 in den letzten 5 Jahren. Diese Zahlen zeigen deutlich die gesunde
Entwicklung der Gasindustrie, was um so erfreulicher ist, als die Entgasung der
Kohlen ihre wirtschaftlichste Ausnutzung darstellt.
Ein neues Verfahren zur Gewinnung von Argon. Bei der
zunehmenden technischen Verwendung des Argons, namentlich zum Füllen von
elektrischen Glühlampen, ist ein einfaches Verfahren zur Darstellung dieses Gases
auf billigem Wege von erheblicher Wichtigkeit. Da die atmosphärische Luft fast 1
Volumprozent Argon enthält, ist sie das gegebene Ausgangsmaterial zur Herstellung
dieses Gases. Man verfuhr bisher in der Regel in der Weise, das man die Luft
zunächst sorgfältig von Kohlensäure und Wasserdampf befreite und sie dann wiederholt
über glühendes Magnesium- oder Calciummetall leitete. Hierbei wird sowohl der
Sauerstoff als auch der Luftstickstoff gebunden und es bleibt schließlich nur reines
Argon übrig. Auf einem anderen Wege gelang Cavendish
seinerzeit die Trennung des Stickstoffs und Sauerstoffs vom Argon. Er setzte der
Luft überschüssigen Sauerstoff zu und ließ durch dieses Gemisch den elektrischen
Funken hindurchschlagen, bis der Stickstoff völlig oxydiert war; die so gebildete
Salpetersäure wurde mit Ammoniak oder Natronlauge absorbiert. Nach beiden Methoden
ist die Entfernung des Stickstoffs aus der Luft recht zeitraubend, sie können daher
zur Herstellung von Argon in größeren Mengen keine Verwendung finden.
Nach einem neuen von der Chemischen Fabrik
Griesheim-Elektron angegebenen Verfahren (D. R. P. 295572) läßt sich Argon
bequemer als aus Luft aus technischem Sauerstoff gewinnen, der durch Rektifikation
von verflüssigter Luft hergestellt ist. Denn in dem Luftverflüssigungsapparat findet
eine Anreicherung des Argons statt, so daß der Sauerstoff mehr Argon enthält als die
ursprüngliche atmosphärische Luft; außerdem sind in dem Sauerstoff nur geringe
Mengen Stickstoff noch enthalten, so daß die Abscheidung des Argons in reinem
Zustand verhältnismäßig einfach ist. Zur Trennung des Argons vom Sauerstoff
verbrennt man den Sauerstoff einfach mit der äquivalenten Menge Wasserstoff zu
Wasser, und zwar nimmt man diese Verbrennung am besten in einem geschlossenen, mit
Wassermantel versehenen Metallzylinder vor, an dessen gekühlten Wandungen die heißen
Verbrennungsgase stark abgeschreckt werden, so daß der gebildete Wasserdampf zu
flüssigem Wasser kondensiert wird. In der Knallgasflamme wird auch der dem
technischen Sauerstoff beigemengte Stickstoff völlig zu Stickoxyden verbrannt, die
sich mit dem entstehenden Wasser zu Salpetersäure umsetzen und zusammen mit dem
Wasser zur Abscheidung gebracht werden. Durch Anwendung geeigneter Reduzierventile
läßt sich die Flamme leicht so einstellen, daß die theoretisch nötigen Mengen
Sauerstoff und Wasserstoff zur Reaktion gelangen. Bei Anwendung von sehr reinem
Wasserstoff läßt sich nach dem neuen Verfahren direkt reines Argon in
kontinuierlichem Betrieb herstellen.
Wahre Größe der Stickstoffnot. Die deutsche Landwirtschaft
hat vor dem Kriege bekanntlich 230000 t Stickstoff in Form von Chilesalpeter,
Ammoniumsulfat, Kalkstickstoff und Kalksalpeter alljährlich verbraucht, während des
Krieges mußte sie sich mit etwa der Hälfte dieser Stickstoff menge begnügen und
heute stehen ihr infolge Kohlen- und Rohstoffmangels trotz der Einstellung der
Munitionserzeugung seit einem Jahre auch nicht größere Mengen zur Verfügung. Um
unsere Volksernährung auf die frühere Höhe zu bringen, ist es aber durchaus nicht
ausreichend, der Landwirtschaft die von ihr vor dem Kriege verbrauchten 230000 t
Stickstoff zuzuführen, sondern hierzu sind wesentlich größere Mengen erforderlich.
Denn nach Berechnungen von Kuezinsky und Zuntz wurden im Jahre 1913 weitere 180000 t
Stickstoff in Form von ausländischen Futtermitteln eingeführt, die uns heute
vollkommen fehlen. Diese Stickstoffmenge bleibt also gar nicht weit hinter den
unmittelbar als Dünger verwendeten 230000 t Stickstoff zurück. Von dem
Futtermittelstickstoff kommt schätzungsweise nur ein Viertel in Form von tierischen
Ausscheidungen unmittelbar wieder in den Boden. Die Landwirtschaft müßte daher
jetzt, wo ihr die ausländischen Futtermittel fehlen, entsprechend mehr
Düngerstickstoff anwenden, um ihn mit Hilfe der Pflanzen in Eiweißstickstoff als
Futtermittel für die Tiere umzuwandeln. Hierbei ist, wie Prof. Neubauer ausführt, damit zu rechnen, daß in der großen Praxis bei dieser
Umwandlung eine Ausbeute von höchstens 50 v. H. erreicht wird. Wenn wir also 100
Teile Stickstoff als Dünger in den Boden bringen, so erhalten wir höchstens 50 Teile
Stickstoff in Form von Eiweiß oder ähnlichen Pfanzenstoffen aus dem Boden zurück.
Somit wären, um die fehlende Eiweißmenge der ausländischen Futtermittel
auszugleichen, 360000 t Stickstoff in Form von Düngemitteln notwendig, die zu den
oben erwähnten 230000 t noch hinzu kämen.
Die Richtigkeit dieser Ansicht wird durch folgendes Beispiel aus der
landwirtschaftlichen Praxis bestätigt. Es ist eine altbekannte Erfahrung, daß durch
Anwendung von 1 Doppelzentner Chilesalpeter mehr auf den Hektar, eine Mehrernte von
3 bis höchstens 4 Doppelzentnern Körner erzielt wird. Nun haben wir im Jahre 1913
(zumeist aus Rußland) 3 Millionen t Futtergerste eingeführt. Wenn wir diese Menge in
Deutschland mehr ernten wollten, so wären hierzu rund 750000 t Chilesalpeter oder
115000 t Stickstoff in anderer Form erforderlich. Diese Menge stimmt zufällig genau
mit der Salpetermenge überein, die wir vor dem Kriege insgesamt aus Chile bezogen
haben, und weiter stimmt diese Zahl zufällig auch wieder genau mit der
Stickstoffmenge überein, die unserer gesamten Landwirtschaft heute zur Verfügung
steht.
Dieses Beispiel zeigt also sehr deutlich, wie groß die Stickstoffnot in Wirklichkeit
ist und welch große Anstrengungen zu machen sind, um der Landwirtschaft mehr von
diesem wichtigen Nährstoff zuzuführen. Es ist daher mit allen Kräften danach zu
streben, daß die vorhandenen Werke zur Umwandlung des Luftstickstoffs in
Ammoniaksalze und Kalkstickstoff voll ausgenützt werden, damit die Ernten an
pflanzlichen Nahrungsmitteln für Menschen und Tiere und damit auch die jetzt ganz
darniederliegende Erzeugung von Milch, Fleisch und Fett gefördert wird. (Zeitschr.
f. angew. Chem. 1919, Bd. II, S. 437.)
Ueber Staubexplosionen macht R. Liebetanz in der Zeitschrift „Rauch und Staub“ 1919, S. 53 bis 54,
nähere Mitteilungen. Staub der verschiedensten Art, so von Kohlen, Schwefel, Mehl,
Getreide, Kork, Stärke, Malz usw., kann unter bestimmten Voraussetzungen entzündet
und unter Explosionserscheinungen verbrannt werden. Besonders explosiv ist der Staub
von Buchweizenmehl und Malz, der sich schon bei einem Gehalt von 18 bis 20 g in 1
m3 Luft entzündet, während die untere
Explosionsgrenze für Holz-, Kork- und Stärkestaub bei einem Gehalt von 18 bis 40 g
liegt. Explosionen in Mühlen entstehen in der Regel dadurch, daß Nägel oder harte
Steine zwischen den Mühlsteinen glühend werden und einen langen Funkenstrom
erzeugen. Außer durch glühende Metall- oder Steinteile können auch durch offene
Flammen natürlich Explosionen eintreten. In Mühlen muß daher zur Verhütung von
Explosionen sorgfältig darauf geachtet werden, daß Ansammlungen größererer
Staubmengen in einem Raume verhindert, keine offenen Lampen verwendet und das
Heißlaufen rotierender Zapfen vermieden wird.
Zu den folgenschwersten Explosionen gehören zweifellos die Kohlenstaubexplosionen,
über deren Entstehung
man lange Zeit im Unklaren war. Heute weiß man jedoch, daß der Kohlenstaub sich
vermittels der bei seiner plötzlichen Erhitzung entstehenden Kohlenwasserstoffe an
den Explosionen schlagender Wetter beteiligt. Wenn die Luft eine zur Fortpflanzung
der Flamme erforderliche Menge Staub enthalt, kann sich die Explosion auf
unbegrenzte Entfernungen weiter ausdehnen und hierbei weitere Staub- und
Gasansammlungen zur Entzündung bringen. Der dabei auftretende Gasdruck ist in erster
Linie von der chemischen Zusammensetzung der Kohle abhängig.
Die Feuergefährlichkeit des Kohlenstaubes ist von drei Umständen abhängig: 1. müssen
ausreichende Mengen Staub vorhanden sein, 2. muß der Staub lebhaft aufgewirbelt
werden und 3. muß die die Explosion einleitende Feuererscheinung kräftig genug sein,
den aufgewirbelten Staub bis zur Abgabe von Gasen zu erhitzen und diese sofort zu
entzünden. Hinreichende Staubmengen sind in fast allen einigermaßen trockenen Gruben
vorhanden und zur Entzündung des Staubes genügende Stoß- und Feuererscheinungen
treten bei Abgabe eines Sprengschusses durch Schwarzpulver oder bei gewöhnlichen
Grubengasexplosionen in der Regel auf. Dynamit und andere brisante Sprengstoffe
ergeben dagegen nur dann eine Explosion, wenn das Grubengasgemenge mehr als 4 v. H.
Methan enthält. Es hat sich ferner gezeigt, daß der Kohlenstaub am explosivsten ist,
wenn er 25 bis 30 v. H. gasförmige Bestandteile enthält; dies ist bei Fettkohlen der
Fall, die daher die stärkste und schnellste Explosionsflamme ergeben, während der
Staub von gasarmer Magerkohle am ungefährlichsten ist. Die Staubbildung ist bei
weichen Kohlen am größten, sie wird ferner beim Vorhandensein wasserundurchlässiger
Deckschichten begünstigt, da hier jeglicher Wasserzufluß fehlt. Verfasser teilt noch
weitere Einzelheiten über die Erscheinung der Kohlenstaubexplosionen mit und
berichtet darin über die verschiedenen Mittel zur Verhütung dieser Explosionen. Am
wirksamsten sind eine geregelte Luftzuführung und eine regelmäßige Besprengung der
Arbeitsstellen mit Wasser, ferner Sicherheitslampen mit doppeltem Drahtkorb und
innerer Zündung sowie möglichste Einschränkung der Schießarbeit. Durch die im Jahre
1903 auf der Grube „Königin Luise“ vorgekommene Staubexplosion wurde die
weitverbreitete Ansicht widerlegt, daß Kohlenstaub nur nach vorheriger
Schlagwetterexplosion zur Entzündung gebracht werden könne.
Zerstörung vonBeton durch Kalktonerdesulfat. Es ist schon lange
bekannt, daß Portlandzement beim Zusammentreffen mit Gipslösung starke Zerstörungen
erfährt, deren Ursache jedoch bisher nicht ergründet war. Es steht heute fest, daß
diese Zerstörungen der Bildung von kristallisiertem Kalktonerdesulfat zuzuschreiben
sind, Dieses Salz, das bereits im Jahre 1883 von Michaelis in reinem Zustande dargestellt wurde, entsteht stets beim
Zusammentreffen von Kalkwasser, gefällter Tonerde und irgendeinem schwefelsauren
Salze. Seine zerstörende Wirkung auf Zement und Beton beruht darauf, daß durch
Einwirkung schwefelsaurer Salze in wässeriger Lösung dem Zement Kalk und Tonerde
entzogen werden und daß ferner bei der Kristallisation des Kalktonerdesulfates ein
sehr starker Druck entsteht, der den Mörtel sprengt, sobald die Hohlräume nicht mehr
genügend Raum zur Aufnahme der Salzkristalle bieten. Obwohl diese Erkenntnis bereits
über 25 Jahre alt ist, so gelang es doch erst in jüngster Zeit in zerstörtem
Zementmörtel oder Beton das Kalktonerdesulfat wirklich nachzuweisen. Das genannte
Salz hat ähnliche Eigenschaften wie ein Bazillus und hat darum auch den Namen
„Zementbazillus“ erhalten. Nachdem nun das Kalktonerdesulfat als
Treibkörper erwiesen ist, kann man, wie Dr.-Ing. Nitzsche
in der Zeitschrift für angewandte Chemie 1919, S. 21 bis 24, berichtet, durch
Herstellung von Reinkulturen sehr rasch den Aggressivitätsgrad eines sulfathaltigen
Wassers ermitteln, während man in der Praxis bisher nur durch sehr langwierige
Versuche (Einlagern von Prüfkörpern in das zu untersuchende Wasser) ein Bild von der
Angriffskraft eines Wassers erhalten konnte. Diese Reinkulturversuche ergeben eine
gute Uebereinstimmung zwischen dem Laboratoriums versuch und den Erfahrungen der
Praxis, zumal sich die Kristallbildungen der Reinkulturen ihrer Stärke nach scharf
kennzeichnen und auch zahlenmäßig festlegen lassen. Der Hauptwert dieses neuen
Verfahrens liegt darin, daß die Ergebnisse bereits nach wenigen Tagen zu ersehen
sind und langwierige Tauchversuche entbehrlich machen. Auch die Form der erhaltenen
Kristallnadeln zeigt völlige Uebereinstimmung bei dem Reinkulturversuch sowie bei
einem Dauerversuch mit einem Mörtelprüfkörper in demselben Wasser. Ferner konnte auf
diese Weise einwandfrei nachgewiesen werden, daß die früher vermutete schädliche
Wirkung von Meerwasser auf Zement irrig ist, da sich in Meerwasser das
Kalktonerdesulfat nicht bilden kann. Betonzerstörungen in Meerwasser sind daher auf
andere Ursachen zurückzuführen. Dagegen sind Zerstörungen von Zement und Beton durch
Grund-, Moor-, Sicker- und Abwässer meist auf die Bildung des Zementbazillus
zurückzuführen.
Um in zerstörtem Mörtel und Beton den Zementbazillus nachzuweisen, braucht man nur
das zu untersuchende Material in kleine Stückchen zu zerlegen, die unter dem
Mikroskop betrachtet werden können, und diese trocknen zu lassen. Das Absuchen
erfolgt dann bei 50 bis 100facher Vergrößerung. Allerdings darf man zu dieser
Untersuchung nicht solche Proben verwenden, die schon stark zerstört sind, weil in
diesen auch die Kalktonerdesulfatkristalle, die schon von reinem Wasser zerlegt
werden, nicht mehr sichtbar sind. Man findet in solchem Material nur noch eine weiße
schleimige Zerfallmasse, die aus dem Kalktonerdesulfat entstanden ist. Da auch
Wässer mit geringem Sulfitgehalt bei längerer Einwirkung Zerstörungen hervorrufen,
so ist der Untersuchung der Untergrundverhältnisse viel mehr Beachtung zu schenken
als bisher, zumal nicht nur das Grundwasser, sondern auch die umlagernden
Bodenschichten Betonzerstörungen verursachen können.
Zur Verhütung dieser Zerstörungen kann man die Bauwerke entweder durch entsprechende
baukonstruktive Maßnahmen oder durch Anbringung wasserdichter bituminöser Anstriche
schützen, ferner durch Verwendung von kalkarmem Hochofenzement oder tonerdefreiem
Erzzement, durch kieselsäurereiche Zuschläge (Traß, Ziegelmehl, granulierte
Hochofenschlacke) und andere Stoffe.
Sander.
Wirtschaftliches.
Die Mittellinie des Rhein-Weser-Elbe-Kanals hat alle
früheren Kanalprojekte, soweit ihre Linien nördlich verlaufen, in sich vereinigt;
neben ihr besteht nur noch das Projekt der Südlinie. Beide Projekte fanden in der
jetzt druckfertigen Kanalvorlage der Preußischen Regierung an den Landtag Aufnahme.
Die Regierung überläßt, sicherem Vernehmen nach, dem Landtage die Entscheidung über
die Linienführung (Mittellandkanal-Korrespondenz). Dazu bemerkt Professor Franzius (Schiffahrtszeitung): Bis jetzt haben sich für
die Mittellinie des Mittellandkanals die überwiegende Zahl der großen Städte und der
Großinteressenten sowie der Handelskammern und der Schifferverbände erklärt, die
alle die Auffassung vertreten, daß der Durchgangsverkehr zwischen
Rheinland-Westfalen und Berlin dem Lokalverkehr um ein Vielfaches überlegen sein
wird. Auch bei der Mittellinie
soll Mitteldeutschland nicht vernachlässigt werden; es ist genau wie bei der
Südlinie ein Kanal nach Leipzig geplant, der allerdings für Leipzig beim Versand von
Waren, beispielsweise nach Hannover (über die Mittellinie), einen Umweg von rund 15
Betriebskilometern bedeutet. Die Entfernung zur Oberelbe ist dagegen für Leipzig
über die Mittellinie nicht größer als über die Südlinie. Der Umweg für den weit
überwiegenden Durchgangsverkehr vom Ruhrkohlengebiet nach Berlin wäre dagegen bei
Annahme der Südlinie etwa 40 bis 45 Betriebskilometer, also das Dreifache dessen,
was die Mittellinie dem geringeren Verkehr nach Mitteldeutschland zu tragen zumutet.
Da der Durchgangsverkehr nach Berlin voraussichtlich den drei- bis fünffachen Umfang
besitzen wird wie der Verkehr nach Mitteldeutschland, so bedeutet die Belastung des
Durchgangsverkehrs beim Bau der Südlinie das neun- bis fünfzehnfache dessen, womit
der Verkehr nach Mitteldeutschland beim Bau der Mittellinie belastet werden würde.
Die bisherigen Rechnungen haben im übrigen erwiesen, daß der Kanalgebietsverkehr bei
der Südlinie im günstigsten Falle 0,5 Mill. t größer sein würde als der
Kanalgebietsverkehr der Mittellinie bei einem Verkehr von über 8 Mill. t im
Jahr.
Meß-Ausstellung der Maschinen-Industrie in Leipzig. Einige
Verbände, vornehmlich der Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken, der Verein
Deutscher Holzbearbeitungsmaschinenfabriken, der Deutsche
Präzisions-Werkzeugverband, der Deutsche Spiralbohrerverband und der Verband
Deutscher Schleifmittelwerke sind zusammengetreten, um im Anschluß an die allgemeine
Leipziger Messe, aber räumlich getrennt von dieser, eine „Technische Messe“
erstmalig zu veranstalten. Sie wird vom 29. Februar bis 28. März 1920 als
Frühjahrsmesse in Leipzig stattfinden. Vom Meßamt ist die große Halle der früheren
Bugra, sogenannte Betonhalle, den Vereinen zur Verfügung gestellt worden, wo
Maschinen und Werkzeuge im Betriebe so vorgeführt werden können, daß die Besucher
aus Fachkreisen ihre Rechnung dabei finden.
Preissteigerungen. Für die jetzigen Verhältnisse im
gewerblichen Leben ist folgende Mitteilung der
Siemens-Schuckertwerke kennzeichnend: Die
Preisentwicklung der letzten Monate hat dazu geführt, daß die Teuerungszuschläge,
die wir auf die Vorkriegspreise erheben müssen, stellenweise bis nahe an 1000 v. H.
herangekommen sind. Es ist nicht anzunehmen, daß die Preise jemals wieder auf die
Vorkriegspreise heruntersinken, vielmehr ist mit Bestimmtheit damit zu rechnen, daß,
selbst wenn später die Teuerungszuschläge zum Teil wieder abgebaut werden könnten,
doch die Grundpreise immer ein Mehrfaches der Vorkriegspreise bleiben werden. Die in
der Preisstelle des Zentralverbandes der deutschen elektrotechnischen Industrie
zusammengeschlossenen Firmen haben sich deshalb entschlossen, die Grundpreise zu
erhöhen und die Teuerungszuschläge dementsprechend zu ermäßigen. Nach eingehenden
Erwägungen hat sich die Preisstelle dafür entschieden, als neue Grundpreise die
dreifachen Vorkriegspreise zu wählen; mit diesen Preisen und entsprechend
verringerten Zuschlägen wird vom 1. Januar 1920 ab gerechnet werden. Alle von diesem
Tage an von uns neu herauszugebenden Preislisten werden mit diesen erhöhten
Grundpreisen ausgestattet sein. Die Preise unserer früheren Preislisten sind vom 1.
Januar ab im Sinne des Vorstehenden zu verändern, und zwar kommt im allgemeinen die
Verdreifachung der eingedruckten Preise in Frage. Eine Ausnahme machen nur die
Preislisten über Maschinen und Motoren in Ausführung mit Ersatzmetallen und die in
unserer Auszugsliste 1919 enthaltenen Preise für Maschinen mit Kupfer- und
Aluminiumwicklung; diese sind nur zu verdoppeln, da sie gegenüber den
Vorkriegspreisen bereits um etwa 50 v. H. erhöht waren. Soweit nach diesen Angaben
noch Zweifel darüber bestehen sollten, wie die neuen Grundpreise für die in Händen
unserer Abnehmer befindlichen alten Preislisten zu bilden sind, bitten wir diese,
sich mit unserer für ihren Bezirk zuständigen Geschäftsstelle in Verbindung zu
setzen, von der sie weitere Auskunft erhalten werden. Wir sind bemüht, die alten
Preislisten so schnell wie möglich durch neue mit den erhöhten Grundpreisen zu
ersetzen und werden unseren Abnehmern die neuen Listen jeweils nach Fertigstellung
zugehen lassen.