Titel: | Polytechnische und Zeitschriften-Schau. |
Autor: | W. |
Fundstelle: | Band 335, Jahrgang 1920, S. 52 |
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Polytechnische und
Zeitschriften-Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische und Zeitschriften-Schau.
Werkstattstechnik und Fabrikorganisation.
Ist die Durchführung der Kolbenstange bei Heißdampflokomotiven
nötig? Es ist bei den Zylindern von Heißdampflokomotiven üblich, die
Kolbenstange durch beide Deckel hindurchzuführen und sie einerseits durch den
Kreuzkopf, andererseits durch ein Traglager zu unterstützen, während der Kolben
schwebend angeordnet wird. Die Nachteile einer derartigen Ausführung sind
augenscheinlich. Wenn man nämlich den Kolben durch Tragfüße und die Kolbenstange
durch den Kreuzkopf stützte, so wäre es möglich, auf die Durchführung zu verzichten
und an der vom Getriebe freien Seite des Zylinders die Heißdampfstopfbüchse, das
Traglager sowie die Umhüllung der Kolbenstange zu sparen. Auch fiele die
Verlängerung
der letzteren fort, was eine weitere Verminderung des Gewichtes zur Folge
hätte. Prof. Stumpf schlägt daher in Heft 49 der
Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure vor, den Kolben mit Schuhen zu
versehen, an denen Bronze-Auflager mit Kupfernieten befestigt werden. Auf Grund der
an Hochdruckzylindern von ortfesten Verbund-Heißdampfmaschinen gemachten Erfahrungen
scheint es nicht zweifelhaft, daß es unter allen Umständen möglich ist, für die
Lager einen geeigneten Baustoff zu finden, denn die Verhältnisse liegen durchaus
nicht so ungünstig, wie man zunächst geneigt ist anzunehmen. Es ist nämlich der
Lokomotivheißdampf als überhitzter Sattdampf zu betrachten, da es nicht möglich ist,
alles Wasser im Ueberhitzer zu verdampfen, das bei angestrengtem Kesselbetriebe
mitgerissen wird. Es erfolgt vielmehr erst während der Expansion infolge der
eintretenden Druckabnahme die Verdampfung vor allem auf Kosten der in den
Zylinderwandungen steckenden Wärme. Eine bemerkenswerte, sehr willkommene Kühlung
wird hierdurch hervorgerufen. Ferner tritt eine einseitige Belastung der Kolbenfüße
nur bei Annäherung an die Totpunktstellung auf, das heißt bei der geringsten
Kolbengeschwindigkeit. Sie führt bei mittleren Füllungen keinesfalls zu einer
unzulässigen spezifischen Flächenbelastung. Allerdings scheint die Anordnung zweier
Schmierstellen am Zylinderumfange notwendig, die unabhängig voneinander bedient
werden. Nicht unerwähnt möge es bleiben, daß das Ausbohren einer verkürzten
Kolbenstange ohne Schwierigkeit möglich ist, wodurch wiederum das Gewicht vermindert
wird. Dessen Steigerung durch das Anbringen der Tragfüße hat demgegenüber wenig zu
bedeuten. Für eine Zweizylinderlokomotive schätzt Stumpf die Ersparnis an Baukosten
auf 3000 M. Sie steigert sich bei Dreizylinderlokomotiven um weitere 1500 M.
Bemerkenswert ist auch die Tatsache, daß bei amerikanischen Heißdampflokomotiven die
Kolbenstangendurchführung immer mehr verschwindet.
Schmolke.
Vorteile der Arbeitsteilung bei Einzelanfertigung. Daß bei
Massenanfertigung die Zeiten für Ein-, Um- und Ausspannen der Werkstücke und
Werkzeuge durch geeignete Arbeitsteilung, Anschlaglehren, Anschläge, Formgebung,
Vorrichtung usw. herabgesetzt werden können, ist allgemein bekannt. Weniger bekannt
ist, daß oft auch bei der Anfertigung nur weniger Werkstücke die Arbeitsteilung
Zeitersparnisse bringt. Der Grund dafür, daß es wirtschaftlicher sein kann, die
Werkstücke für jede einzelne Arbeitstufe neu einzuspannen, liegt darin, daß die
Werkzeuge nicht für jedes Werkstück von neuem eingestellt zu werden brauchen, und
das Messen und Spananstellen nur für das erste Werkstück notwendig wird. Es muß eben
die Zeitersparnis durch den Wegfall des Neuanstellens des Werkzeuges größer sein als
der Zeitverlust durch die wiederholte Einspannung des Werkstückes. Unter Umständen
kann die Arbeitsteilung sogar bei großen, mittelst des Kranes bewegten Werkstücken
vorteilhafter sein, weil sich durch die Neueinstellung der Werkzeuge unliebsame
Abweichungen in den Abmessungen der Werkstücke ergeben würden. Bedingung für die
Zeitersparnis ist allerdings, daß mehr wie ein einziges Werkstück gleicher Art zu
bearbeiten ist, und daß die Werkstücke irgend eine vorher bearbeitete Kante oder
Fläche haben, nach der sie beim jedesmaligen Aufspannen bequem ausgerichtet werden
können.
In dem genannten Aufsatz sind Zeitberechnungen für je zwei Werkstücke gleicher Art
nach der Abb. durchgeführt.
a) Hobelarbeit an drei Flächensin einer Aufspannung 55 Min.,in drei Aufspannungen 33 Min.,
b) Fräsarbeit an einer Fläche und zwei Schlitzenin einer Aufspannung 260 Min.,in drei Aufspannungen 237 Min.,
c) Bohrarbeit an vier Löchern mit Abfacen der Augenin einer Aufspannung mit einem jedesmal verstellten Werkzeug 154
Min.,in einer Aufspannung mit getrennten Schrupp- und
Schlichtbohrwerkzeugen 110 Min.,in vier Aufspannungen mit getrennten Schrupp- und
Schlichtbohrwerkzeugen 92 Min.,
d) Dreharbeit an den stark gezeichneten Stellenin einer Aufspannung 118 Min.,in fünf Aufspannungen 61 Min.,
e) Schleifarbeit an den stark gezeichneten Stellenin einer Aufspannung 34 Min.,in vier Aufspannungen 20 Min.
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Ein weiterer Vorteil der Arbeitsteilung auch bei wenigen Werkstücken ist, daß jede
Arbeitsstufe auf der geeignetsten Werkzeugmaschine, Bohrbank, Drehbank usw.
geschehen kann. (Betrieb, Heft 3, Dezember 1919.)
Schraubenprüfer. Ein einfaches Verfahren zum Prüfen von
Gewinde, welches vielfach die gebräuchlichen Meßverfahren mit Grenzlehren ersetzen
kann, beruht auf dem Grundsatz, das „Wackeln“ des Bolzengewindes in dem
Muttergewinde zahlenmäßig zu bestimmen. Gewinde, das zu viel „wackelt“, ist
fehlerhaft. Die Abbildung zeigt die Wirkungsweise zum Teil schematisch. Es bedeutet:
A das Muttergewinde, welches fest eingespannt ist,
B das Bolzengewinde, das gemessen werden soll, C einen Fühlhebel, D einen
daran befestigten Gradbogen, E einen zweiten Fühlhebel,
F einen daran befestigten Zeiger. Beim Hin- und
Herbewegen des Teiles B werden die Fühlhebel C und E auseinander
geschoben und der Ausschlag a in zehnfacher
Vergrößerung am Gradbogen abgelesen. Für den Ausschlag a besteht die Beziehung
a=2\,t\,\left(\frac{L}{l}+1/2\right),
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wobei t die Toleranz des
Flankenmaßes, L die Länge der Schraube bis zur Hälfte
des eingeschraubten Teiles, l die eingeschraubte Länge
der Schraube bedeutet. Der Ausschlagwinkel der Schraube gegenüber Mutter beträgt in
der Praxis meist 1° 40'.
Die Anwendung des Schraubenprüfers erstreckt sich auf Prüfen von Bolzengewinde
mittelst einer eingespannten
Plus-Lehrmutter, von Muttergewinde mittelst eines eingespannten
Minus-Lehrbolzens. Auch zylindrische Passungen können mit dem Prüfer gemessen
werden. Hersteller ist E. Marawske, Berlin, Linienstr.
214. (Werkstattstechnik 1919, Heft 17.)
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Preßdruckanzeiger für mechanisch angetriebene Pressen. Es
fehlte bisher an einem zuverlässig wirkenden und bequem zu bedienenden Anzeiger für
den von einer Exzenter-, Kurbel-, Schwungradpresse oder Schmiedemaschine ausgeübten
Druck. E. W. Bliss in Paris hat eine recht einfache Art
angegeben, diesen Druck zu messen. Mittelst eines empfindlichen Meßinstrumentes (in
der nebenstehenden Abbildung mit A bezeichnet) wird die
Verlängerung eines passenden Teiles der Presse, an der in der Abb. dargestellten
Kurbelpresse, z.B. diejenige des Ankers auf der einen Gestellseite, gemessen. Das
Meßinstrument wird geeicht, indem man in die Presse einen hydraulischen Hebebock
einsetzt und die Anzeige des Instrumentes bei den verschiedenen Belastungen notiert.
Die dauernde Ueberwachung des Preßdruckes erleichtert das Einstellen der Presse und
der Werkzeuge. Das Instrument ist verschlossen, den Schlüssel hat der Werkführer in
Verwahrung. Ein Schleppzeiger zeigt jeweils den höchsten aufgetretenen Druck an, so
daß nachträglich geprüft werden kann, ob die Presse nicht überlastet wurde.
(Werkstattstechnik 1919, Heft 18.)
Einheitswelle oder Einheitsbohrung, Bericht des
Unterausschusses Klein, Knecht und Schlesinger an den Arbeitsausschuß für Passungen, „Der Betrieb“,
Heft 1, Oktober 1919. Werkstattstechnik 1919, Heft 22. Aufgabe des Ausschusses war,
klarzustellen, ob es der Industrie möglich ist, nur nach einem der beiden
Passungssysteme zu arbeiten, und ob es bejahenden Falles zu empfehlen sei, nur eines
dieser Systeme in die Normung aufzunehmen. Vorteile und Nachteile der beiden Systeme
werden bezüglich der Konstruktion der anzufertigenden Maschinen, des Umfanges der
Werkzeugausrüstung, des Werkzeugverbrauches, der Werkzeughaltung, der Fertigung und
der Lagerhaltung untersucht. Durch etwa 500 ausgegebene Fragebogen wurde folgendes
festgestellt: Die Ansichten des Ausschusses über Vor- und Nachteile fanden fast
ungeteilte Zustimmung. Die Anzahl der verschiedenen Passungen und Werkzeuge ist
längst nicht so groß, als vorher angenommen wurde. Zum Teil werden nur wenige
Paßarten, Laufsitz, Festsitz, Preßsitz, ausgeführt, zum Teil werden mehr Paßarten
benutzt, aber nur für verhältnismäßig wenig Durchmesser.
Als Ergebnis der Untersuchungen und Rundfragen des Ausschusses ist zu nennen: Die
Einheitsbohrung kann in einigen Gebieten des Maschinenbaues nicht verwendet werden,
z.B. nicht im Transmissionsbau, hingegen können mit der Einheitswelle alle, auch die
schwierigsten Konstruktions-Aufgaben einwandfrei gelöst werden. Es wäre also,
abgesehen von Werkzeugkosten und Fertigungsschwierigkeiten, die alleinige Verwendung
der Einheitswelle möglich. Die Einheitsbohrung bietet aber in der Fertigung manche
große Vorteile, so daß der Ausschuß der Meinung ist, nicht auf sie verzichten zu
dürfen. Jedoch sollte ihre Anwendung auf diejenigen Werke beschränkt bleiben, die
ausschlaggebende Vorteile davon haben. Es empfiehlt sich also die Einheitswelle für
alle nach Grob- und Schlichtpassung arbeitenden Firmen, bei Feinpassung für
alle Betriebe, die nur drei Paßarten verwenden, bei Fein- und Edelpassung für solche
Betriebe, die mit einem geringen oder spezialisierten Werkzeugpark arbeiten. Die
Einheitsbohrung sollte nur für die Werke verbleiben, die Präzisionsmaschinen in sehr
stark verschiedenen Typen und Größen bauen und dabei größere Kosten in der
Werkzeugausrüstung vermeiden wollen. Es sind demnach für Fein- und Edelpassung beide
Systeme zu normen.
Genauigkeit von Schraubenmikrometern. Prof. Berndt berichtet im „Betrieb“, Heft 2, November
1919, über eine vergleichende Untersuchung von fünf verschiedenen neuen und
gebrauchten, deutschen und amerikanischen Schraubenmikrometern mit Reibungschraube
und mit Ratsche. Dabei zeigte sich, daß die Erzeugnisse deutscher erstklassiger
Firmen den amerikanischen durchaus gleichwertig sind, daß die Ratsche gleichmäßigere
Ablesungen ergibt als die Gefühlschraube (Reibungschraube), weil sich bei letzterer
die Reibungsverhältnisse mit der Schmierung, der Wärme usw. ändern. Für sehr genaue
Messungen empfiehlt sich, das Mikrometer zum Vergleich mit Normalendmaßen nach Art
der Meßmaschinen zu verwenden. Der Anpressungsdruck ist überraschend hoch, nämlich
650 bis 1300 g. Für weiche und nachgiebige Stoffe sind also ziemlich breite
Meßflächen vorzusehen; noch besser wäre allerdings eine grundsätzlich abgeänderte
Bauart der Mikrometer mit bedeutend kleinerem Meßdruck. Die Meßgenauigkeit kann bei
feinen Laboratoriumsmessungen zu 0,002 mm, bei Messungen in der Werkstatt durch
ungeübte Arbeiter mit guten Lehren zu 0,005 bis 0,010 mm angenommen werden.
Gewindetoleranzen. In der Zeitschrift „Der
Betrieb“, Heft 1, Oktober 1919, stellt W. Kühn auf
Grund theoretischer Betrachtungen praktische, systematisch geordnete Werte für die
Toleranzen von Gewinde, insbesondere von Whitworth- und S. J.-Gewinde auf. Er
bezieht die Toleranzen nicht, wie es bisher vielfach üblich war, auf den
Gewindedurchmesser, sondern auf die Steigung. Dadurch wird das Toleranzsystem für
alle Gewindearten brauchbar. Im Anschluß an die vom Verfasser früher schon
aufgestellte Bezuggröße der „Passungseinheit“ wird für die Tolerierung von
Gewinde die Bezuggröße „Gewinde-Passungseinheit“
G\,P=\frac{1}{100}\,\sqrt[3]{h^2} aufgestellt, wobei h die Gewindesteigung bedeutet.
Textabbildung Bd. 335, S. 54
Nach dem Grade der Ausführung sollen unterschieden werden:
genaue Gewinde
für schließende Gewinde, Meßspindelnusw.,
feine Gewinde
für gut ausgeführte Gewinde, blankeSchrauben,
normale Gewinde
für handelsübliche Gewinde, schwarzeSchrauben,
grobe Gewinde
für Anschweißenden, rohe Schrauben usw.
Kühn schlägt für Whitworthgewinde für die genannten vier
Ausführungen Toleranzen nach den in der Abb. dargestellten vier Größen vor.
Entsprechende Toleranzen
sind in der Arbeit auch für S. J.-Gewinde ausgearbeitet. Ein Vergleich mit der
Tolerierung des Whitworthgewindes nach dem Engineering Standard Comittee zeigt die
Ueberlegenheit der von Kühn vorgeschlagenen Tolerierung.
Die in der Abb. dargelegten Toleranzen einschließlich der Abnutzung der Lehren
beziehen sich auf Spitzen-, Kern- und Flankendurchmesser. Der Einfluß der Abmaße auf
die Steigung, den Gewindeprofilwinkel wird untersucht und gefunden, daß das Gewinde
nach diesen Toleranzen noch brauchbar und austauschbar bleibt. Die Prüfung der
Gewinde wird nur kurz erörtert, da sie schon mehrfach in der Literatur besprochen
wurde.
Bohren genauer Löcher in Bohrvorrichtungen. Ein
verhältnismäßig wenig bekanntes Verfahren zum Bohren genauer Löcher besteht darin,
daß man nach dem Anreißen der Lochplatte zunächst an die Stelle der Bohrungen Löcher
mit bedeutend kleinerem Durchmesser herstellt, diese mit Gewinde versieht, und dann
durch Kopfschrauben B mit Bund genau rundgeschliffene
Meßringe A mit 1 bis 2 mm Spiel auf die Platte
aufschraubt, so daß sie noch etwas beweglich sind. Die Ringe werden dann mit
Schublehre, Endmaßen, Stichmaßen usw. genau gegeneinander ausgerichtet und völlig
festgespannt (Abb. 1a).
Textabbildung Bd. 335, S. 55
Abb. 1a.
Textabbildung Bd. 335, S. 55
Abb. 1b.
Textabbildung Bd. 335, S. 55
Abb. 1c.
Nach dem Aufspannen auf den Tisch der Vertikalfräsmaschine
wird dieser so ausgerichtet, daß die an der Spindel befestigte Uhr U von allen Seiten her den gleichen Ausschlag ergibt
(Abb. 1b). Wird dann der Ausdrehstahl S in der Spindel befestigt, so muß das nachzubohrende
Loch nach Abb. 1c genau an die gewünschte Stelle
kommen. (Werkzeugmaschine 1919, Heft 30.)
Preger.
Treibriemen-Ersatz im Bergwerkbetriebe. Nach einem Bericht
des Ministeriums für Handel und Gewerbe haben sich als Ersatz für Lederriemen
Zellstoffaserriemen nur bei leichten, kleinen und trockenen Antrieben bewährt. Für
schwere Antriebe in feuchten oder nassen Räumen haben Stahldrahtriemen mit weicher
Lauffläche, gute Erfahrungen ergeben, nachdem bei besonders angestrengten Trieben
die eisernen Riemenscheiben durch breitere Holzriemenscheiben ersetzt worden waren.
Bei geringer Kraftübertragung, wagerechter oder schwach geneigter Anordnung und
verhältnismäßig kleiner Riemengeschwindigkeit haben sich auch Pappgliederriemen
bewährt.
Wasserstand-Farbapparat. In einem staatlichen Bergwerk hat
sich ein Wasserstand-Farbapparat bisher gut bewährt, der im wesentlichen aus einer
Farbstoffpatrone besteht, die an Stelle der oberen Verschlußschraube des
Wasserstandglases eingesetzt wird. Bei Oeffnen der Wasserstandhähne fällt unter
Einwirkung des warmen Dampfes von Zeit zu Zeit ein Tropfen Farbstoff in das im
Wasserstandglase stehende Wasser und färbt es leuchtend rot, wodurch der Wasserstand
auch auf größere Entfernung deutlich sichtbar wird. Der Farbstoff ist vollständig
neutral und verliert im Innern des Kessels seine Farbe infolge der dort auftretenden
hohen Temperatur.
Dipl.-Ing. W. Speiser.
Wärmewirtschaft.
Zukünftige Wärmewirtschaft. Da die hohe Bedeutung der
Brennstoffversorgung für unser gesamtes Wirtschaftsleben immer mehr erkannt wird,
hat man im Ministerium der öffentlichen Arbeiten hierfür eine besondere Abteilung
geschaffen. Geheimrat Wittfeld, der Leiter dieser
Abteilung, hat vor kurzem über das genannte Thema einen ausführlichen Vortrag
gehalten.
Die Verteilung der Steinkohlen-, Braunkohlen- und Torfvorkommen in Deutschland gibt
immer noch gewisse Hoffnungen auf ein wirtschaftliches Wiedererstarken. Das Ziel
unserer Wärmewirtschaft ist jedoch nicht das Verfeuern der Brennstoffe, sondern ihre
Vergasung mit Gewinnung sämtlicher Nebenprodukte. Die Ausbeutung der deutschen
Torfmoore ergibt einen Ertrag an Ammoniumsulfat, der etwa 300 Jahre ausreichen
würde. Besondere Bedeutung hat auch das reichliche Vorkommen an Oelschiefer. Durch
die neuen Errungenschaften auf dem Gebiete der Vergasung, vor allem der Gewinnung
des. Urteeres, soll unser Bedarf an Schmier- und Brennölen aus heimischen Rohstoffen
so weit wie möglich gedeckt werden, um uns von der ausländischen Mineralölerzeugung
unabhängig zu machen. Welche bedeutende Gewinne durch die Vergasung des Brennstoffes
an Stelle der Verfeuerung zu erzielen sind, ergibt die folgende Zusammenstellung:
Wird 1 t Rohbraunkohle unter dem Kessel verfeuert, so erhält man mit Dampfturbinen
etwa 385 kW/st. Wird die gleiche Menge vergast und zum Betriebe von Gasmaschinen
verwendet, so erhält man 408 kW/st und noch etwa 35 kg Teer und 10 kg
Ammoniumsulfat. Aus den 35 kg Teer können 10 kg Treiböl, 12 kg Schmieröl, 4 kg
Paraffin, 4 kg Starrfett und 4 kg Pech gewonnen werden, und bei Verwendung der
gewonnenen Treibölmenge in Dieselmaschinen noch weitere 36 kW/st.
Besondere Bedeutung hat die zukünftige Wärmewirtschaft für die deutschen Eisenbahnen.
Der Bedarf an Lokomotivkohle betrug vor dem Kriege etwa 12 Mill. t. Durch die
Einführung der wirtschaftlicheren elektrischen Zugförderung kann der
Brennstoffverbrauch auf etwa die Hälfte vermindert werden. Die allgemeine
Elektrisierung der Bahnen muß als Endziel angestrebt werden. In der Uebergangszeit,
die etwa auf 50 Jahre zu schätzen ist, soll der Lokomotivbetrieb mit Halbkoks
durchgeführt werden. Man kann durch Rechnung feststellen, daß durch
Umstellung der Steinkohlenfeuerung der Lokomotiven auf Koksfeuerung im Jahre
etwa 360000 t Schmieröl, 720000 t Treiböl, 720000 t Pech und 250000 t Ammoniumsulfat
gewonnen werden.
Auch der Oellokomotive ist in Zukunft große Aufmerksamkeit zu schenken. Nach
durchgeführter Elektrisierung der Eisenbahnen soll sie zur Vereinfachung des
Leitungsnetzes auf Bahnhöfen zum Umstelldienst und zur Aufnahme der Spitzenbelastung
dienen. Die Schwierigkeiten, die im Eisenbahnbetriebe der Oelmaschine
entgegenstehen, können durch ein geeignetes Flüssigkeitsgetriebe überwunden werden.
Bei der Ausnutzung der Kraftgase bietet sich ein neues Anwendungsgebiet für die
Gasturbine. Die Eisenbahnverwaltung hat bereits eine Gasturbinenanlage von 3300
kW/st für das Kraftwerk in Muldenstein in Auftrag gegeben. Ebenso befindet sich ein
Triebwagen mit Oelturbinenantrieb in Arbeit, der auch für den Schiffsantrieb
Verwendung finden kann.
W.
Gewinnung und Verwendung minderwertiger Brennstoffe.
(Dipl.-Ing. Trenkler, Verein Deutscher
Maschineningenieure.) Die feinkörnigen Brennstoffe lassen
sich sowohl auf dem Rost verbrennen als auch in dem Generator vergasen, wobei
zufriedenstellende Nutzeffekte zu erreichen sind. Neuerdings wendet man sich mehr
und mehr der Kohlenstaubfeuerung zu, deren Anwendung in Zementfabriken bei den
Drehrohröfen schon seit vielen Jahren bekannt ist. Die aschenreichen Brennstoffe dagegen lassen sich allgemein nicht durch
Verbrennung verwerten; man muß vielmehr eine Grenze für den Aschengehalt von 20 v.
H. setzen. Dagegen bietet die Vergasung dieses minderwertigen Abfallmaterials ein
ausgiebiges Verwendungsgebiet, zumal man in dem Drehrostgenerator mit Dampfzusatz
das Mittel zur Verhütung von Schlackenklumpen und zur Entfernung der großen Aschen-
und Schlackenmengen gefunden hat. Bis zu 50 v. H. Aschengehalt eignen sich diese
Brennstoffe auch zur Gewinnung von Nebenprodukten. Man wird diese Wahl überall da
treffen, wo Verwendung für Gas vorliegt. Die Gasfeuerung bei Dampfkesseln erhöht
deren Leistung bis zu 50 v. H;, während die Gewinnung, hochwertigen Teers in der
heutigen Zeit der Not unschätzbare Vorteile in Aussicht stellt.
Die Verwertung des Oelschiefers verspricht in
Destillationsöfen mit Innenfeuerung einen großen Nutzen für die Zukunft, wobei man
freilich auf Ueberschußgas nicht rechnen darf. Von diesen Schiefern hat Deutschland
rund 117 Milliarden Tonnen.
Die feuchten Rohbraunkohlen eignen sich bei 25 v. H.
Feuchtigkeit sowohl für die Verbrennung als Vergasung. Je höher der
Feuchtigkeitsgehalt, desto schwieriger gestaltet sich die Verbrennung wegen des zu
erzielenden Nutzeffektes. Im Generator hindert das Schwitzwasser den regelmäßigen
Betrieb. Eine bessere Verwertung erreicht man dagegen durch Brikettierung der
Stoffe. Während Braunkohle keine Bindemittel hierzu braucht, bedingt die Staubkohle
der Steinkohlensorten solche wie Pech usw., wodurch die Fabrikation verteuert wird.
Viel vorteilhafter würde sich die Einführung der Naßpreßsteine erweisen, weil
dadurch die Braunkohlenvorkommen in weit größerem Maße als bisher geschont
würden.
Elektrotechnik.
Der Elektroofen in Kupferwerken. (The Electric Furnace in
Copper Works.) Iron Age 1919, 2. Okt. 6 Abb. (Der Elektroofen findet Eingang in alle
Zweige der Hüttenindustrie. Im Aufsatze ist ausgeführt, wie die U. S. Copper
Products Corp. Cleveland in ihrem neuen Werke den Tigel durch Elektroofen ersetzt
hat.)
Elektrisch geheizte Brutanstalten. (Electrically Heated
Incubators.) Electrical Rev., Chicago 1919, 15. Nov. 1 Abb. (Beschreibung der
größten elektrischen Brutanstalt in Artesia. Californien. Die größte dieser Anlage
ist für 100000 Eier berechnet und wöchentlich 30000 Küken. Die Vorteile des
elektrischen Brütens: Feuersicherheit, kein Verlust- an Küken durch Unter- oder
Uebertemperatur, keine Lampen zu füllen, kein Gasbrenner versagt und bedroht die
Aufzucht.)
Einrichtung für die Fernsteuerung von Scheinwerfern.
(Equipment for Remote Control of Searchlights.) Hall, J. General Electric Review
1919, Sept. (Beschreibung einer Einrichtung für die Küstenverteidigung.)
Elektroöfen zur Warmbehandlung von Kanonen. (Electric
Furnaces for Gun Shrinking.) Hewett, J. General Electric
Rev. 1919, Sept. (Beschreibung von Sonderöfen der General Electric Co., von denen 30
Oefen von 2,1 m ⌀ und 27 m Tiefe für die amerikanische und französische Regierung
geliefert wurden.)
D.
Ein neuartiges elektrisches Antriebswerk für
Tiefbrunnenpumpen. Das in der Abbildung dargestellte
Panzerkettenantriebswerk für Tiefbrunnenpumpen hat im Vergleich mit den
Antriebswerken gewöhnlicher Bauart mannigfache Vorzüge. Mit diesen teilt es die für
einen störungsfreien Betrieb unerläßlichen Anforderungen, wie genau senkrechter Auf-
und Abgang des mit dem Gestängekopf verbundenen Antriebsteiles, reine
Zugbeanspruchung des Gestänges und damit Ausschluß einer Druckbeanspruchung in
demselben, die zu einer Durchbiegung und zu`Klemmungen in den Geradführungen und
Stopfbüchsen führen würde, und Verteilung der Antriebsarbeit auf den Auf: und Niedergang durch
Ausgleichsvorrichtungen.
Textabbildung Bd. 335, S. 56
Die Antriebswerke gewöhnlicher Bauart entsprechen der Anforderung des genau
senkrechten Auf- und Abgang des Gestänges meist durch Verwendung eines Kurbeltriebes
mit Geradführung des Gestängekopfes, der jedoch eine große Bauhöhe des
Antriebswerkes erfordert und ein Hochziehen des Gestänges mit Kolben zwecks
Kontrolle und Reparatur erst nach seinem Abbau ermöglicht. Das von der Firma Goedicke & Gerken, Hamburg
1, gebaute neue Antriebswerk hat, ohne daß die Zahl der beweglichen Teile vermehrt
wird, zwischen dem von einem Elektromotor mittels doppelten Zahnradvorgeleges
bewegten Kurbeltrieb und dem Gestängekopf einen einarmigen Schwinghebel mit
Ausgleichsgewicht und drei mit dem Gestängekopf und dem Hebelende verbundene
Kettenstränge. Der Angriffspunkt der Schubstange des Kurbeltriebes auf dem
Schwinghebel ist leicht veränderlich und damit auch der Kettenweg und der Pumpenhub.
Die Ketten laufen über glatte Nutenräder, wirken also nicht
als Zahnketten und nutzen sich daher nur unwesentlich ab. Bei gleicher Bauhöhe
des Antriebswerkes gestattet das Kettenantriebswerk den Hub etwa doppelt so groß zu
halten, wie das Antriebswerk mit Geradführung. Ein langer Hub verlangt aber bei
gleicher Förderleistung und gleicher Umlaufzahl des Werkes einen geringeren
Kolbendurchmesser und damit bei Bohrlochkolbenpumpen einen kleineren
Bohrrohrdurchmesser, d.h. niedrige Brunnenherstellungskosten. Andererseits kann man
auch die Möglichkeit eines größeren Hubes dazu ausnutzen, um die Umlaufzahl des
Pumpwerkes zu erniedrigen, d.h. den Gang ohne Herabminderung der Leistung ruhiger zu
gestalten, Wasserschläge in den Leitungen zu vermeiden, die Abnutzung aller bewegten
Teile des Pumpwerkes zu verringern und schließlich bei Filterbrunnen infolge des
gleichmäßigeren Wasserzuflusses dem Verstopfen des Filters vorzubeugen. Wie die
Abbildung ferner erkennen läßt, ist ein Hochziehen des Gestänges ohne den Abbau
nennenswerter Teile des Antriebes möglich, das Antriebswerk verlangt keine
Vorschächte zur Aufnahme der Geradführung mit den Ausgleichvorrichtungen, welche die
Baukosten erhöhen und die Uebersicht und Wartung erschweren.
Immerschitt.
Drahtloser Schreibempfang über 12000 km. Auf dem Gebiet
der drahtlosen Telegraphie ist es der Telefunken-Gesellschaft gelungen, einen neuen
für die praktische Ausnutzung der Großstationen außerordentlich bedeutungsvollen
Erfolg zu erringen. Die Empfangsanlage in Geltow hat die funkentelegraphischen
Zeichen zweier Großstationen in Holländisch-Indien, nämlich der Stationen Tjililin
und Malabar mit dem Morseschreiber aufzunehmen
vermocht.
Bisher fand der Empfang funkentelegraphischer Nachrichten mittels Telephon statt,
welches die Zeichen in Form musikalischer Töne für das Ohr hörbar machte.
Bestenfalls konnte man sie früher auf einer Phonographenwalze fixieren, von der sie
jederzeit abzuhören waren, während es jetzt möglich ist, den Wortlaut des Telegramms
nach den Morsezeichen auf dem Papierstreifen des Morseapparates niederzuschreiben,
wie es bei der Linientelegraphie üblich ist.
Die javanische Station Tjililin verfügt über eine Antenne von 150 m Höhe und eine
Antennenenergie von etwa 80 kW, die ihr von einer Hochfrequenzmaschine nach dem
Telefunkensystem zugeführt wird. Die Station Malabar dagegen arbeitet nach dem
Bogenlampensystem von gleicher Antennenenergie, aber etwa zwei- bis dreimal größerer
Antennenhöhe.
Die Station in Geltow, die als die eigentliche Empfangsanlage der Großstation Nauen
anzusehen ist und durch die es erst möglich wird, daß Nauen ausschließlich für den
Sendebetrieb verfügbar ist, empfängt mit einer Braunschen Rahmenantenne von etwa 80
m Seitenlänge.
Die Bedeutung dieses Vorganges liegt, außer in der leichteren
Kontrollmöglichkeit der Funksprüche, in der durch Anwendung des Schreibempfanges
gegebenen Möglichkeit, ein wesentlich größeres Telegraphiertempo bei der
Nachrichtenübermittlung einzuhalten als dieses beim Hörempfang auch für den
geübtesten Telegraphisten möglich ist.
Die Entfernung zwischen Geltow und den beiden javanischen Stationen beträgt etwa
12000 km, d.h. mehr als ¼ des Erdmeridians.
Wärmekraftmaschinen.
Versuche mit Motorlokomotiven imTreidelbetrieb. In weiteren Kreisen sind die
Motorlokomotiven erst im Kriege bekannt geworden. Ihr wesentlicher Vorteil war hier,
daß sie, ohne Rauch- und Dampfwolken zu erzeugen, bei Tag, und mangels Feuerscheines
bei Nacht dem Feind unsichtbar blieben. Den Dampflokomotiven sind sie an Leistung
nicht gewachsen. Da die Motorlokomotiven aber den Anforderungen im
Feldeisenbahnbetrieb entsprochen hatten, wurden mit ihnen im Jahre 1918 Versuche im
Treidelbetrieb ausgeführt.
Textabbildung Bd. 335, S. 57
Abb. 1.
Textabbildung Bd. 335, S. 57
Abb. 2.
Textabbildung Bd. 335, S. 57
Abb. 3.
Textabbildung Bd. 335, S. 57
Abb. 4.
Als Versuchsstrecke diente der Rhein-Rhone-Kanal bei
Straßburg. Während der Fahrt wurde festgestellt, daß die Spurkränze, trotz des
schrägen Seilzuges, nicht an den Schienenköpfen anliefen. Es fanden Oberurseler
Motorlokomotiven Modell 22 A mit zwei gekuppelten Achsen und Kettenantrieb und
Modell 22 E mit drei Kuppelachsen und
Stangenantrieb Verwendung (Abb. 1). Die Leistung
beider Lokomotiven war 20/25 PS. Die Lokomotiven haben folgende Abmessungen:
Bauart
Mod. 22 A
Mod. 22 E
Zylinder-Durchmesser
mm
240
240
Hub
mm
340
340
Uml./min
300
300
Nennleistung
PS
20
20
Höchstleistung
PS
25
25
Fahrgeschwindigkeit
km/st
4 u. 8
4 u. 8
Dienstgewicht
kg
7100
7800
Achsenzahl
2
3
Raddruck
kg
1785
1300
Spurweite
mm
600
600
Zugkraft auf der Wag- rechten am
Zughaken gemessen
4 km/st kg 8 km/st kg10 km/st kg
1190560–
1190–433
Zum Antrieb dient ein liegender Viertaktmotor, dessen Geschwindigkeit durch
Füllungsänderung geregelt wird. Beim Getriebe (Abb. 2
bis 4) zeigt Abb. 2
die Verriegelung, die einen Fahrtrichtungswechsel bei eingerückter Kupplung
unmöglich macht.
Textabbildung Bd. 335, S. 58
Abb. 5.
Bei den Versuchen wurde die mittlere und größte Zugkraft der Lokomotive und der
Brennstoffverbrauch (Benzin von 0,775 spez. Gewicht) festgestellt. Bei den Versuchen
hat sich gezeigt, daß das Getriebe nach Abb. 2 bis
4 den starken Anforderungen des Treidelbetriebes
nicht entsprach. Die beiden Reibkupplungen nach Abb.
3 bestehen aus je einer Hartgußmuffe, die auf die Welle e aufgekeilt sind, der aus dem Vollen geschmiedeten
Schraubenfeder h, deren angeschmiedeter Kopf in eine
Aussparung der Treibscheibe i paßt und diese mitnimmt,
sowie der Doppeleinrückscheibe f. Die Schraubennuten in
der Kupplungswelle e fördern Oel nach der Muffe g. Durch die rasch zunehmende Abnutzung der Kupplung
gestaltete sich das Anfahren des Treidelzuges immer schwieriger. Kurve I, Abb. 5 zeigt, daß
infolge der fortgeschrittenen Zerstörung der Kupplungsmuffen keine dauernde
Geschwindigkeitszunahme zu erreichen war. Es konnte eine Fahrgeschwindigkeit von 4
km/st, erreicht werden, nachdem der Anfahrweg auf 100 m und die Anfahrzeit auf 6,3
Min. gestiegen war. Das Federgehänge (Kurve II)
ermäßigte den Anfahrweg auf 65 m und die Anfahrzeit auf 4,3 Min. Kurve III, die der Anfahrzeit von 2,5 Min. bei Beginn der
Versuche entspricht, ergibt die sehr geringe Beschleunigung von 0,0062 m/sek.2. Nachdem die Geschwindigkeit von 4 km/st,
erreicht war, zog die Lokomotive den Kahn ohne Schwierigkeit. Bei Verwendung der
Lokomotive Modell 22 E mit einem Kahn von 269 t Wasserverdrängung und 229 t Ladung
wurde eine Fahrgeschwindigkeit von 4 km/st. erreicht. Die mittlere Zugkraft
betrug dabei 600 kg, die höchste Zugkraft 1000 kg. Der Benzinverbrauch ergab sich zu
0,00565 l/tkm.
Die Versuche haben gezeigt, daß hier Mehrzylinder-Motoren zu verwenden sind, deren
Umlaufzahlen in weiten Grenzen veränderlich sind. Der schnellaufende Lastwagenmotor
mit vier Zylindern in Verbindung mit Reibkupplung und Zahnrädergetriebe wird den
Anforderungen entsprechen. Die notwendigen Geschwindigkeiten sind durch die Versuche
bestimmt worden zu:
1 bis 1,5 km/st, zum Herausziehen des Kahnes aus der
Schleusenkammer,
3 bis 5 km/st, für die Fahrt des beladenen Treidelzuges,
7 bis 10 km/st, für den leer fahrenden Treidelzug,
15 bis 20 km/st, für die leer fahrende Lokomotive.
Textabbildung Bd. 335, S. 58
Abb. 6.
Die Herstellung des Vierzylindermotors war bis jetzt so teuer, daß an einen
ernsthaften Wettbewerb mit dem Einzylindermotor nicht gedacht werden konnte. Da nun
die Serien- und Massenfabrikation immer mehr auch bei uns Eingang findet, so können
Mehrzylindermotoren dementsprechend billiger hergestellt werden. Eine solche
Vierzylinder-Motorlokomotive hat sich die Kraftwagenstaffel III in Sedan gebaut
(Abb. 6). Beim Bau der Lokomotive hat man Motor,
Kupplung und Wechselgetriebe aus einem Lastkraftwagen mit 3 t Tragkraft entnommen.
Im Auslande werden bereits solche Motorlokomotiven gebaut, besonders von der Baldwin Locomotive Works, Philadelphia. (Zeitschr. d.
Ver. deutsch. Ing. 1919, S. 1245 bis 1250)
Turbodynamos für Lokomotivbeleuchtung. Die herrschende
Petroleumnot gab Veranlassung zur Ausbildung einer Lichtmaschine mit
Dampfturbinenantrieb, die außen an der Lokomotive angebracht wird und ohne jede
selbsttätige oder handbediente Reguliervorrichtung arbeitet. Auf die gleichzeitige
Stromlieferung für die Zugbeleuchtung wird dabei zugunsten der Einfachheit und
Betriebsicherheit verzichtet. Solche Lichtmaschinen werden für Leistungen von 300
bis 400 Watt bei 4000 Umdr. und 7,5 bis 8 at Dampfdruck gebaut. Der Generator ist
eine kompoundierte Nebenschluß-Maschine, bei der der Kollektor durch große Klappen
zugänglich ist. Die Dampfturbine besitzt zur Verhütung des Durchgehens bei
Entlastung eine mechanische Bremse. An der Lokomotive können beliebig viele
Steckkontakte zum Anschluß von tragbaren Lampen angebracht werden, zum Ableuchten
des Triebwerkes usw. Solange die Lokomotive unter Dampf steht, ist somit eine
sichere und unabhängige Beleuchtung vorhanden.
Abb. 1 zeigt die Anordnung einer solchen Lichtanlage,
mit Kopflaternen 1, Führerstandsbeleuchtung 2 mit Ausschalter 6,
Lampen für Apparatebeleuchtung 3 und 4, einer festen Lampe für die Beleuchtung des
Triebwerkes
und der Steuerungsteile 5 mit Steckkontakt 6. Die Turbine D wird
durch das Absperrventil H an- und abgestellt und
mittelst des Reduzierventils R an der Turbine dem
Kesseldruck angepaßt.
Textabbildung Bd. 335, S. 59
Abb. 1.
Textabbildung Bd. 335, S. 59
Abb. 2.
Der Abdampf geht in den Speisewasservorwärmer V. An elektrischen Apparaten ist nur eine Sicherung 5 vorhanden. Abb. 2
zeigt die Hauptabmessungen des Maschinensatzes. (Zeitschr. f. d. ges. Turbinenwesen
1919, S. 145 bis 147.)
W.
Gastechnik.
Die Aussichten der Kohlenvergasung und
Nebenproduktengewinnung. Ueber dieses Thema macht Prof. Strache, Wien, in der Oesterreichischen Chemiker-Zeitung
ausführliche Mitteilungen, denen wir folgendes entnehmen. Die Frage der
Kohlenvergasung ist im Laufe des Weltkrieges in einen neuen Abschnitt getreten, weil
der Krieg die außerordentliche Bedeutung der Nebenprodukte für die Volkswirtschaft
dargetan hat. Zugleich hat man eingesehen, daß der Raubbau, den wir bisher mit der
Kohle getrieben haben, endlich ein Ende haben muß. Dies gilt in gleicher Weise für
die mit sehr geringem wärmetechnischem Nutzeffekte vor sich gehende Verbrennung der
Kohle im Haushalt, wie auch für die Mitverbrennung wertvoller Nebenprodukte in den
industriellen Feuerungen. Als Nebenprodukte kommen in Betracht Ammoniak, Teer und
Schwefel, und man hat neuerdings begonnen, diese Produkte auch aus dem Generatorgas
abzuscheiden. Die Abscheidung von Teer und Ammoniak aus dem Generatorgas, die vor
dem Kriege in Oesterreich einzig und allein bei der Mondgasanlage der Mannesmannröhrenwerke in Komotau durchgeführt wurde, ist
allerdings nur für große Anlagen wirtschaftlich, man kann jedoch daran denken, durch
Zusammenfassung mehrerer kleiner Industrien zentrale Vergasungsanlagen zu schaffen.
Weiter erscheint es zweckmäßig, Großgaszentralen in der Nähe von Kohlengruben zu
errichten und das Gas unter höherem Druck durch Ferngasleitungen an die gesamte
Industrie zu verteilen. Eine wichtige Frage ist ferner die Kesselfeuerung mit Gas
sowie die Organisation des Teer- und Ammoniakabsatzes. Zur Beantwortung aller dieser
Fragen wurde während des Krieges in Wien ein besonderes Institut für Kohlenvergasung
und Nebenproduktengewinnung errichtet, das dieses Gebiet nach allen Richtungen
bearbeiten wird.
Die Ammoniakgewinnung bei der Vergasung der Kohle ist bekanntlich von Mond mit
gutem Erfolg in die Technik eingeführt worden; in neuerer Zeit ist noch eine Reihe
anderer Verfahren hinzugekommen, die gleichfalls die Gewinnung von Ammoniak bei der
Erzeugung von Heiz- und Kraftgas gestatten; es sind dies die Verfahren von Moore, der Generator-A.-G.,
von Ehrhardt & Sehmer, von
Heller sowie das Doppelgas- und das Trigasverfahren.
Von großer Bedeutung für die Wirtschaftlichkeit der Nebenproduktengewinnung ist der
Preis, zu dem das Ammoniak abgesetzt werden kann. In dieser Hinsicht ist man
einstweilen nur auf Vermutungen angewiesen, weil hierbei mit dem Wettbewerb des
synthetischen sowie des aus Kalkstickstoff gewonnenen Ammoniaks zu rechnen ist. Die
Selbstkosten des künstlich gewonnenen Ammoniaks werden daher auch für das aus der
Kohle gewonnene Ammoniak maßgebend sein.
Auch die Möglichkeiten der Teerverwertung haben in der letzten Zeit außerordentlich
zugenommen; dies gilt namentlich für den Generatorteer, der bisher als minderwertig
angesehen und meist verbrannt wurde. Für die Zusammensetzung des Teeres ist die Art
der Brennstoffvergasung von großer Bedeutung. Pictet hat
als einer der ersten beobachtet, daß durch Vergasung der Kohle bei niedriger
Temperatur ein Teer erhalten wird, der wesentlich anders geartet ist als der übliche
Steinkohlenteer. Die Entstehung dieses Tieftemperaturteers wurde in den letzten
Jahren von dem Kaiser Wilhelm-Institut für Kohlenforschung gründlich erforscht und
es hat sich gezeigt, daß auch bei der Vergasung der Kohle im Generator ein solcher
Teer erhalten wird, da auch hier die Kohle allmählich in immer heißere Zonen
hinabsinkt und durch den ihr entgegenkommenden heißen Gasstrom allmählich erhitzt
und dabei zunächst entgast wird. Die Entwicklung von Teerdämpfen beginnt bei etwa
350° und ist bei 550° praktisch beendet. Wenn man bisher bei den vielen bestehenden
Generatoranlagen niemals auf die wertvollen Eigenschaften dieses Teers aufmerksam
wurde, so kommt dies daher, daß bei diesen Anlagen gewöhnlich aus
wärmewirtschaftlichen Gründen das heiße Generatorgas sofort der Feuerungsanlage
zugeführt wurde. Infolgedessen konnten sich nur die hochsiedenden Kohlenwasserstoffe
des Teers abscheiden, während die leichtflüchtigen Anteile in Dampfform im Gas
verblieben. Hieraus ersieht man, daß auch die Art der Abscheidung des Teers von
großem Einfluß auf seine Zusammensetzung ist.
Hierbei ist weiter zu berücksichtigen, daß aus 100 kg Kohle 200 bis 350 m3 Generatorgas erhalten werden, je nachdem man
Braun- oder Steinkohle vergast. In dieser großen Gasmenge sind 10 bis 15 kg
Teerdämpfe enthalten, die indessen auch durch intensive Kühlung nicht völlig in
flüssiger Form abgeschieden werden können, da die leichtflüchtigen Anteile, die
gerade die wertvollsten sind, eine sehr hohe Dampftension haben. Man muß daher die
Entgasung der Kohle im Generator so leiten, daß die Teerdämpfe in einem möglichst
kleinen Gasvolumen enthalten sind. Dieses Ziel läßt sich z.B. in der Weise
erreichen, daß man in den Oberteil des Generators eine Schwelretorte einhängt, durch
die die frische Kohle dem heißen Unterteil des Generators zugeführt wird. Man kann
dann die bei der Entgasung der Kohle sich bildenden Dämpfe und Gase getrennt von der
Hauptmenge des Generatorgases ableiten und durch intensive Kühlung der kleinen
Gasmenge den Teer vollkommen
gewinnen. In ähnlicher Weise läßt sich das nämliche Ziel mit Hilfe des
Doppelgas- und Trigasgenerators erreichen, da auch hier ein wesentlich kleineres
Gasvolumen als bei den gewöhnlichen Generatoren aus der gleichen Kohlenmenge
entsteht.. Noch weiter läßt sich die Abscheidung der leichtflüchtigen Anteile des
Teers nur dadurch vervollkommnen, daß man das Generatorgas mit Teerölen wäscht.
Aus dem Urteer der Braun- und Steinkohle läßt sich eine große Zahl wichtiger Stoffe
gewinnen; er liefert Benzin und petroleumartige Oele, ferner ungesättigte
Kohlenwasserstoffe, die wegen ihrer großen Reaktionsfähigkeit ganz neue Aussichten
für die organisch-chemische Großindustrie bieten. Schließlich muß auch die
Abscheidung des Schwefels aus dem Gase noch verbessert werden, da die bisher
benutzten großen Reinigungskästen zu viel Raum und Anlagekapital erfordern. Ferner
muß man danach streben, den Schwefelwasserstoff des Gases zusammen mit dem Ammoniak
in Ammoniaksulfat zu überführen, wie dies das Feldsche
Polythionatverfahren bereits zu erreichen sucht.
Wir stehen somit auf dem Gebiete der Kohlenvergasung vor einer großen Entwicklung,
jedoch sind zur Verwirklichung dieser Bestrebungen nicht unbeträchtliche
Schwierigkeiten zu überwinden. Die Höhe der Anlagekosten, die die Errichtung von
großen Vergasungsanlagen heute erfordert, zwingt dazu, die Industrien
zusammenzufassen und Gaszentralen mit Nebenproduktengewinnung zu errichten, die
allein auch in Zukunft bei einem Preisrückgang auf dem Nebenproduktenmarkt noch
wirtschaftlich zu arbeiten vermögen. Dabei wird man auch an Gasfernleitungen denken
können, sofern man an Stelle von gewöhnlichem Generatorgas die höherwertigen,
stickstofffreien Gase, wie Doppelgas und Trigas, zur Verteilung bringt. Diese
Gasfernleitungen müßten längs der vorhandenen öder noch zu erbauenden Wasserstraßen
verlegt werden, damit sich längs der Kanäle Industrien ansiedeln können, die dann
nicht nur billige Fracht, sondern auch billigen Brennstoff zur Verfügung hätten.
Schließlich könnte diesen Industrien auch noch billige Kraft geliefert werden, indem
man die bei der Vergasung der Kohle gewinnbare Abhitze zur Erzeugung elektrischer
Energie benutzt. Der Verwirklichung dieser großen Aufgabe müssen alle maßgebenden
Faktoren, besonders die Behörden, ihre Unterstützung leihen, denn nur durch
Zusammenfassung aller Kräfte zur Hebung der Produktion und durch größte Sparsamkeit
im Verbrauch vermag der Staat die ungeheuren Lasten des Krieges zu tragen.
(Oesterreich. Chemiker-Zeitung, 21. Jahrg., S. 4 51 bis 155.)
Sander.
Automobiltechnik.
Neuer Automobilmotor. Um die lästige Motorhaube zu
vermeiden und alle Teile am Motor staubsicher abzuschließen, hat der
französische Konstrukteur Carteret den in der Abbildung
dargestellten Motor gebaut. Beim Renault-Wagen, ebenso
häufig bei Motorpflügen und Zugmaschinen ist die Motorhaube bereits bis auf einen
kleinen Rest verschwunden. Der Kühler ist dabei hinter dem Motor angeordnet. Auch
bei dem neuen Motor ist dies, wie die Abbildung zeigt, der Fall.
Textabbildung Bd. 335, S. 60
Die Motorhaube ist nach der neuen Bauart mit dem Motor selbst vereinigt. Dies ist
dadurch erreicht, daß der Motor in bekannter Weise als Blockmotor ausgebildet ist,
bei dem alle Teile gut eingekapselt sind. Der Motor ist aus mehreren Teilen
zusammengesetzt. Oben befindet sich eine kleine Schutzhaube S aus Aluminium. Mit dem Kurbelgehäuse EF ist
der eigentliche Motorkörper verschraubt. Zur besseren Kühlwirkung sind hier noch
außen Kühlrippen angeordnet. Die Einfüllvorrichtung für Schmieröl ist mit H bezeichnet. Bei K
befindet sich die Ansaugeöffnung für den Vergaser. Die beweglichen Teile des Motors
sind durch die großen Oeffnungen P, die sich an beiden
Seiten des Motors befinden, leicht zugänglich. Ebenso ist der Magnet M durch den Deckel C gegen
Staub und Schmieröl gut geschützt. (La Vie automobile 1919, S. 246 bis 247.)
W.