Titel: | Polytechnische Schau. |
Fundstelle: | Band 335, Jahrgang 1920, S. 65 |
Download: | XML |
Polytechnische
Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Elektrotechnik.
Neue Sicherheits-Senkbremsschaltung für Krane in
Gleichstromanlagen. (E. T. Z. 1920, S. 31/32.) Zum Antrieb der Hubmotoren
von Kranen verwendet man in Gleichstromanlagen fast ausschließlich
Hauptstrommotoren, die beim Senken der Last vom Netz abgetrennt und so geschaltet
werden, daß sie als Generatoren auf den Anlaßwiderstand arbeiten, in dem die
freiwerdende Energie vernichtet wird.
Textabbildung Bd. 335, S. 65
Abb. 1.
Beim Senken sehr kleiner Lasten, etwa des leeren Hakens,
reicht deren Gewicht nicht aus, um las Getriebe in Bewegung zu setzen, so daß in
diesem Falle der Motor vom Netze angetrieben werden muß. Da die Drehzahl eines
Hauptstrommotors mit abnehmendem Drehmomente stark ansteigt, liegt die Gefahr nahe,
daß sie beim Senken mit Kraft die zulässige Grenze übersteigt, wenn der Kranführer
nicht rechtzeitig auf Generatorwirkung umschaltet. Um dies zu vermeiden, schalten
die Siemens-Schuckertwerke den Motor als Nebenschlußmotor
über einen Teil des Anlaßwiderstandes an das Netz (Abb.
1). Bei dieser Schaltung fließt jedoch dauernd Strom durch die
Feldwicklung, außerdem treten beim Regeln mittels des Widerstandes starke Stromstöße
auf. Die in Abb. 2 dargestellte Schaltung vermeidet
diese Nachteile. Beim Heben der Last sind Anker, Anlaßwiderstand und Feldwicklung in
Reihe geschaltet. Beim Senken mit elektrischer Bremsung wird der Motor vom Netz
getrennt und arbeitet als Generator auf den Anlaßwiderstand. Beim Senken mit
Kraft wird der Motor als Nebenschlußmotor geschaltet an das Netz gelegt, wobei
jedoch durch die eigenartige Schaltung des Widerstandes starke Stromstöße beim
Schalten vermieden werden. Infolge der gleichzeitigen Verwendung der Generator- und
der Nebenschlußmotorschaltung findet Energieverbrauch für die Feldwicklung während
des Bremsens nur beim Bremsen mit Kraft statt. Ein zu hohes Ansteigen der Drehzahl
kann bei keiner Stellung der Schaltwalze eintreten.
Textabbildung Bd. 335, S. 65
Abb. 2.
Dr.-Ing. Bachmann.
Drahtlose Sicherungsvorrichtung für Eisenbahnzüge. Unter
Benutzung der elektrischen Wellen ist jetzt von der Gesellschaft für drahtlose
Telegraphie (Telefunken)
eine Vorrichtung geschaffen und ausgeprobt worden, die das Lokomotivpersonal
rechtzeitig auf ein zu beachtendes Streckensignal aufmerksam machen soll, also
geeignet ist, viel zur Vermeidung von Unfällen beizutragen. Die ganze Einrichtung
ist äußerst einfach und zuverlässig. Sie besteht in einem kleinen unter der
Lokomotive befestigten Röhrensender, der mit einer im Lokomotivstand angebrachten
Signalvorrichtung (Hupe und Lampe) verbunden ist. Fährt die Lokomotive über das
Haltesignal, so wird die Signalvorrichtung im Führerstand in Betrieb gesetzt. Die
Hupe ertönt und die Lampe leuchtet auf, und zwar solange, bis der Lokomotivführer
die Signale durch einen Druck auf einen Abstellknopf zum Schweigen resp. Erlöschen
bringt. Es ist also ganz ausgeschlossen, daß das Signal überhört wird oder
unbeachtet bleibt. Der Lokomotivführer weiß nun aber, daß nach so und so vielen
Metern ein Streckensignal zu passieren ist und kann seine ganze Aufmerksamkeit
darauf verwenden resp. bei Nebel und Sturm die Fahrtgeschwindigkeit des Zuges
rechtzeitig so vermindern, daß ein gefahrvolles Ueberfahren des Streckensignals auf
alle Fälle vermieden wird.
Da die Einrichtung keine besondere Bedienung seitens des Lokomotivpersonals erfordert
und so konstruiert ist, daß ein Versagen des Gerätes während der Fahrt
ausgeschlossen ist – jede innere Störung des Gerätes macht sich sofort durch Ertönen
der Hupe und Aufleuchten der Lampe bemerkbar –, kann man im Interesse des
Zugpersonals und des Publikums nur wünschen, daß die von der Eisenbahnverwaltung
jetzt vorgenommenen umfangreicheren Versuche zur baldigen Einführung dieser
Vorrichtung auf alle deutschen Strecken führen möge.
Ueber den Kontaktwiderstand berichtet Franz Kraus in „Elektrotechnik und Maschinenbau“
1920, Heft 1. Bei der Bemessung von lösbaren Kontakten elektrischer Apparate, z.B.
von Schaltern oder Schraubverbindungen ist man nahezu völlig auf ziemlich rohe
Erfahrungswerte angewiesen, da sich für den Uebergangswiderstand zwischen zwei
Metallflächen nicht so einfache, allgemein gültige Gesetze aufstellen lassen, wie
etwa für den Ohmschen Widerstand. Es kommt dies daher, daß die Berührungsoberflächen
durch chemische Einflüsse stark verändert werden. Es bilden sich Oxyd- oder sonstige
Verbindungen, die schlecht leitend sind und je nach ihrer Schichtdicke, selbst wenn
diese unmerklich dünn ist, einen hohen Uebergangswiderstand verursachen. Außerdem
berühren sich zwei ebene Flächen, wenn sie nicht eingeschliffen sind, stets nur in
einer mehr oder weniger großen Anzahl von Punkten. Um über die Größe des
Uebergangswiderstandes zwischen zwei Metallflächen ein Bild zu bekommen, schichtete
Kraus eine Säule aus kreisrunden Blechen zusammen, die durch Gewichte
zusammengepreßt wurden. Den Endblechen wurde der Strom zugeführt und der
Spannungsabfall mit einem Voltmeter gemessen. Diese an sich ziemlich rohe
Widerstandsmessung kann für diesen Fall als hinreichend genau angesehen werden, da
die Messungen die Erfahrung bestätigten, daß der Widerstand einer solchen Säule auch
unter scheinbar gleichen Verhältnissen stark verschieden sein kann. Es wurde der
Uebergangswiderstand von Scheiben aus Kupfer, Messing, Zink, Aluminium, Eisen und
Zinn untersucht. Dabei ergab sich, daß das Ohmsche Gesetz auch für den
Uebergangswiderstand gilt. Versuche über den Einfluß der Temperatur auf dem
Uebergangswiderstand ergaben keine eindeutigen Ergebnisse. Dagegen zeigte es sich,
daß der Widerstand der Säule nach dem Erwärmen kleiner war als vorher. Kraus erklärt dies durch das bessere Anpassen der
einzelnen Scheiben aneinander infolge des Arbeitens der Säule bei der Erwärmung. Der
Uebergangswiderstand zwischen mechanisch oder chemisch gereinigten Oberflächen hat
durchaus beachtliche Werte. Er war z.B. bei Kupfer im niedrigsten Falle gleich
dem Ohmschen Widerstände eines Kupferstabes von etwa 7 cm Länge und dem gleichen
Querschnitt wie die Blechsäule. Nach längerem Liegen der Metalle an der Luft steigt
der Uebergangswiderstand auf ein Vielfaches des bei reiner Oberfläche gemessenen an.
So betrug z.B. der Uebergangswiderstand zwischen Kupferscheiben nach fünf Jahren das
sechs- bis siebenfache des Wertes bei chemisch gereinigter Oberfläche. Von den
untersuchten Metallen zeigte Kupfer auch bei oxydierten Oberflächen den kleinsten
Uebergangswiderstand. Ihm am nächsten kommt Messing, während sich bei Zink und
Aluminium an der Luft Schichten von sehr hohem Widerstand bilden, die diese Metalle
für lösbare Kontakte unbrauchbar machen. Versuche über die Abhängigkeit des
Uebergangswiderstandes vom Druck ergaben, daß der Uebergangswiderstand mit
wachsendem Druck zuerst rasch abnimmt, um dann einem festen Endwerte zuzustreben. Es
wäre sehr erwünscht, wenn über dieses Gebiet noch weitere, systematische Versuche
angestellt und die Ergebnisse der Oeffentlichkeit zugänglich gemacht würden.
Dr.-Ing. Bachmann.
Gastechnik.
Ein neuer Gas-Sparbrenner. Bei der Zimmerbeleuchtung mit
Gas fand bisher eine gewisse Verschwendung statt, denn es wurden fast allgemein
Glühlichtbrenner von 70 bis 100 Kerzen Lichtstärke verwendet, während die am meisten
benutzten elektrischen Glühlampen eine Lichtstärke von nur 16 bis 32 Kerzen
besitzen. Bei dem heutigen durch die Kohlennot verursachten Gasmangel mit seinen für
den Verbraucher höchst unerfreulichen Folgen erschien es geboten, der bisherigen
Verschwendung bei der Raumbeleuchtung mit Gas ein Ende zu machen und Brenner mit
geringerem Gasverbrauch und dementsprechend niedrigerer Leuchtkraft zu verwenden,
die ja auch in den meisten Fällen vollkommen ausreichend sind, wie ein Vergleich mit
der elektrischen Beleuchtung zeigt.
Da eine Auswechslung der vorhandenen Gasbrenner gegen schwächere wegen der
Schwierigkeiten bei der Materialbeschaffung und wegen der hohen Kosten nicht in
Frage kommt, so ist zu begrüßen, daß es gelungen ist, diese Aenderung der Brenner
auf einfachste Weise und ohne große Kosten auszuführen. Wie Ingenieur Heuberger in der Zeitschrift des Vereins der Gas- und
Wasserfachmänner in Oesterreich und Ungarn 1919, S. 247 bis 249, berichtet, kommen
neuerdings leicht auswechselbare Einsatz-Brennerköpfe auf den Markt, die sowohl für
stehende als auch für hängende Normalbrenner passen und zu billigen Preisen
erhältlich sind. Die Anbringung dieser Sparbrennereinsätze ist recht einfach; bei
dem gewöhnlichen Hängeglühlicht z.B. hat man nur das Mundstück herauszuschrauben,
das Ersatzstück an seine Stelle zu setzen und die Düse des Brenners sowie die
Luftöffnungen neu einzuregulieren. Der so hergestellte Sparbrenner liefert bei etwa
40 l stündlichem Gasverbrauch ungefähr 30 Kerzen. Auf ähnliche Weise nimmt man die
Umänderung bei stehenden Gasbrennern vor, die nach dem Einsetzen des neuen
Brennerkopfes stündlich nur noch etwa 60 l Gas verbrauchen und dafür 30 bis 35
Kerzen liefern. Der Gasverbrauch wird also auf diese einfache Weise auf etwa die
Hälfte vermindert, so daß also der Einzelne wie auch das Gaswerk hierdurch recht
beträchtliche, Ersparnisse erzielen. Die Einsatzteile können übrigens ebenso leicht
wieder entfernt und die Brenner in ihren alten Zustand zurückverwandelt werden.
Sander.
Ueber die Ausnutzung der Hochofenabgase zur
Kohlensäuredüngung. (Dr.-Ing. Friedrich Riedel,
Heft 49, 4. 12. 1919, der Zeitschrift Stahl und Eisen.) Der Körper der Pflanzen
besteht aus Wasser, mineralischen Bestandteilen und aus organischen Substanzen,
z.B.: Kartoffeln aus 75 v. H. Wasser, 1 v. H. mineralischen Bestandteilen, 24 v. H.
organischen Substanzen; Roggenkörner aus 13 v. H. Wasser, 2 v. H. mineralischen
Bestandteilen, 85 v. H. organischen Substanzen. Die organischen Substanzen bestehen
etwa zur Hälfte aus Kohlenstoff. Was nun die Herkunft dieser einzelnen Bestandteile
anbelangt, so wird das Wasser den Pflanzen durch Niederschläge, Grundwasser und die
Feuchtigkeit der Luft zugeführt. Die mineralischen Bestandteile sind im Boden
enthalten. Der Kohlenstoff wird der Kohlensäure entnommen, die die Pflanze durch
ihre Blätter aus der Luft aufnimmt. Die Kohlensäure wird nämlich unter dem Einfluß
des Lichtes zerlegt. Der Sauerstoff wird ausgeschieden und der Kohlenstoff unter
Mitwirkung des Wurzelsaftes und der Luftfeuchtigkeit zu organischen Verbindungen
umgestaltet. In der Luft sind durchschnittlich 0,03 v. H. Kohlensäure enthalten.
Schon in früheren Jahren ist durch Chemiker festgestellt, daß die Pflanzen, wenn
ihnen größere Mengen von Kohlensäure zugeführt werden, eine außerordentliche Zunahme
des Wachstums zeigten. Bei diesen Versuchen über Kohlensäuredüngung wurde meist
flüssige Kohlensäure benutzt. Diese Form der Kohlensäure kann aber für eine
ausgedehntere Anwendung nicht in Frage kommen.
Nun ist vom Verfasser angeregt worden, die Hochofenabgase für diesen Zweck zu
verwenden. Auf seine Anregung hin wurde von der Deutsch-Luxemburgischen Bergwerks-
und Hütten -Aktien – Gesellschaft, Abteilung Dortmunder Union eine Versuchsanlage
eingerichtet, und zwar zunächst für geschlossene Räume. Es wurden drei Gewächshäuser
von 6 m Breite und 25 m Länge nebst zugehörigem Verbindungshause gebaut. Zwei von
diesen Gewächshäusern, dienten als Vergleichshäuser, d.h. in ihnen wurden zu
gleicher Zeit dieselben Pflanzen angebaut und in gleicher Weise behandelt wie im
dritten, nur mit dem Unterschiede, daß dem dritten, dem sogenannten begasten Hause
gereinigte, verbrannte und verdünnte Hochofengase durch gelochte Rohrleitungen
zugeführt wurden. Die Häuser wurden im Mai 1917 mit Pflanzen besetzt und das dritte
Haus am 12. Juni zum ersten Male begast. Schon nach wenigen Tagen zeigte sich, daß
das Wachstum der begasten Pflanzen üppiger war als das der unbegasten. Das Blühen
trat ebenfalls früher ein. Der Vorsprung im Wachstum zeigte sich während der ganzen
Versuchszeit. Zum Beispiel erreichten die Blätter von Rizinuspflanzen im begasten
Hause eine Spannweite von 1 m, während das größte Blatt unbegast nur auf 58 cm
gekommen ist. Auch der. Stamm war bei den begasten Pflanzen kräftiger. Die Tomaten
trugen im begasten Hause Früchte, welche an Gewicht das 2¾ fache ausmachten von dem
Gewichte der gleichen Anzahl Tomaten im unbegasten Hause. Bei den Gurken war der
Mehrertrag das 1,7 fache.
Auch auf das Freiland wurden die Versuche ausgedehnt. Es wurden zwei gleich große
viereckige Felder angelegt. Der Boden wurde erst aufgebracht und war von gleicher
Herkunft und Beschaffenheit. Es war lehmiger Sandboden. Beide Felder wurden in ganz
gleicher Weise bestellt mit Spinat, Rübstiel, Kartoffeln, Lupinen und Gerste. Das
Ergebnis der begasten Pflanzen war bei Spinat das 2½fache des Ertrages der
unbegasten Pflanze, bei Rübstiel das 1½fache, bei Kartoffeln das 2,8fache, bei
Lupinen das 2,74fache und bei Gerste das zweifache.
Die Felder waren in quadratischer Form angelegt. Das begaste Feld war mit gelochten
Zementrohren eingefaßt, aus denen dauernd Abgase entwichen. Die Windrichtung
war dabei gleichgiltig, da bei jeder Windrichtung die Kohlensäure über das Feld
geweht wurde. Besonders bemerkenswert war noch, daß die begasten Spinatblätter von
Erdflöhen nicht befallen waren, während dies bei den unbegasten der Fall war.
Im Frühjahr 1918 wurde die Anlage beteutend erweitert, vor allem wurde eine
Freilandfläche von 30000 m2 mit Röhren belegt. Der
Hauptstrang für die Versorgung der seitlichen Rohre wurde unterirdisch verlegt. Die
eingeschlossene Fläche hatte nicht quadratische Gestalt, sondern war langgestreckt.
Der Erfolg mit Kartoffeln war wiederum besonders groß. Es wurden
„Königsnieren“ angebaut auf dem begasten und unbegasten Felde. Das
begaste Feld brachte den vierfachen Ertrag des unbegasten. Auch auf die Länge des
Kartoffelkrautes hatte die Begasung günstigen Einfluß. Die längsten Triebe im
begasten Feld waren über 1 m lang, im unbegasten nur 70 cm. Ein Versuch mit
Herbstrüben brachte den 1,4fachen bzw. 1,54fachen Betrag, je nachdem, ob das Feld
einfach oder doppelt gedüngt war.
Der Kohlensäuregehalt der Luft wurde ebenfalls untersucht. Zu dem Zwecke wurde
folgender Versuch angestellt. Bei strahlendem Sonnenschein wurden zwei Gewächshäuser
benutzt das eine wurde mit 300 Tomatenpflanzen versehen, das andere blieb leer. Die
helle Beleuchtung wurde gewählt, weil die Pflanzen unter Einwirkung des Lichtes am
meisten Kohlensäure umsetzen. In beide Häuser wurde Kohlensäure geleitet, so daß der
Gehalt 1 v. H. betrug. Dann wurde beiderseits die Zuführung des Gases unterbrochen.
Nach einer gewissen Zeit war in 1 m Höhe im bepflanzten Hause der Kohlensäuregehalt
der Luft auf 0,2 v. H. gesunken, im unbepflanzten dagegen nur auf 0,42 v. H. Spätere
Messungen in 45 cm Höhe über dem Erdboden ergaben im bepflanzten Hause 0,1 v. H., im
unbepflanzten dagegen 0,65 v. H. Es hatte also offenbar ein lebhafter Verbrauch der
Kohlensäure durch die Pflanzen stattgefunden, während sich im leeren Hause die
spezifisch schwere Kohlensäure am Boden angesammelt hatte.
Als besonders vorteilhaft erscheint zur Kohlensäuredüngung die Verwendung von Abgasen
der Großgasmaschinen. Bekanntlich werden seit Jahren schon die Hochofenabgase
gereinigt und in Großgasmaschinen zur Erzeugung von mechanischer Arbeit ausgenutzt.
Die Auspuffgase stehen noch unter einem gewissen Ueberdrucke, der meistens genügen
wird, um die Gase weiter zu leiten. Doch auch wenn es nötig werden sollte, die Gase
durch besondere Ventilatoren fortzubewegen, so würde dies kein Hinderungsgrund für
die weitere Verwendung sein. Als besonders günstig kann es bezeichnet werden, daß
das bei unvollkommener Verbrennung der Abgase entstehende Kohlenoxyd für die
Pflanzen vollkommen unschädlich ist, daß also auch bei unsachgemäßer Bedienung der
Großgasmaschine eine Schädigung der Pflanzen nicht zu befürchten ist. Der Verfasser
schlägt vor, daß die Hochofenwerke zunächst noch weitere Versuche mit den in der
Nähe gelegenen Ländereien anstellen möchten. Bei weiterem Ausbau der Leitungen würde
dann die Zeit kommen, wo die Gärtner und Landwirte Gelegenheit hätten, ihre
Gewächshäuser und Felder an ein Abgase-Sammelwerk anzuschließen, nach Bedarf aus den
Leitungen Abgase zu entnehmen, dadurch den Kohlensäuregehalt der Luft zu vermehren
und das Wachstum der Pflanzen zu beschleunigen.
Es wäre sehr erwünscht und mit Freuden zu begrüßen, wenn es gelänge, auf diese Weise
die Erträge in den Gärtnereien und in der Landwirtschaft zu erhöhen.
Simon.
Tieftemperaturverkokung und Halbkoks. Die
Tieftemperaturentgasung der Kohle ist bis jetzt in Deutschland nur in Gasgeneratoren
durchgeführt worden. Der dabei zurückbleibende Halbkoks wird dann im Generator noch
vollständig vergast. Man hat nun auch bereits in Deutschland, wie früher in Amerika
und England, vorgeschlagen, den Halbkoks in großen Mengen zu gewinnen. Er gilt als
Brennstoff der Zukunft für Hausbrand und Kesselfeuerung.
Die Vorzüge des Halbkoks bestehen darin, daß er rauch- und rußfrei verbrennt, da die
rauch- und rußbildenden Bestandteile nicht mehr in ihm enthalten sind, sondern bei
der Tieftemperaturverkokung als wesentliche Bestandteile des Urteeres abgeleitet
werden. Ein großer Nachteil des Halbkoks ist seine geringe Festigkeit, die seinem
Lagern, Verschicken und Verladen sehr hinderlich ist. Durch Einsetzen einer Walze in
die Entgasungstrommel ist es aber bereits gelungen, den Halbkoks beträchtlich zu
verdichten.
FlüchtigeBestand-teilev. H.
Koks-Rückstandv. H.
Cv. H.
Hv. H.
Ov. H.
Nv. H.
Sv. H.
Gasflamm-Kohle
39,7
60,3
82,2
5,2
8,7
2,1
1,8
Halbkoks
18
82
84,9
3,9
7,5
1,9
1,8
Gewöhn-licher Koks
2
98
96,6
0,4
1,64
1,37
Zur Erforschung der Eigenschaften des Halbkoks wurden im Kohlenforschungsinstitut
Versuche mit einer Gasflammkohle ausgeführt, die 10 v. H. Urteer liefert. Die
Ausbeute an Halbkoks beträgt in der Drehtrommel etwa 70 v. H. der Rohkohle. In der
Tabelle sind Gasflammkohle, Halbkoks und gewöhnlicher Koks miteinander verglichen.
(Gesammelte Abhandlungen des Instituts für Kohlenforschung in Mühlheim 1919, Bd.
III, Nr. 19.)
Dampf-Kraftwagen. Man hat bereits auch in Deutschland
versucht, den Verbrennungsmotor beim Kraftwagen durch die Dampfmaschine zu ersetzen.
Diese Bestrebungen hatten aber bis jetzt keine nennenswerten Erfolge, gewinnen aber
durch dem herrschenden Mangel an geeigneten Brennstoff für den Automobilmotor nun
wiederum an Bedeutung. Zur Erzeugung des Dampfes für einen solchen Wagen können
Schweröle usw. Verwendung., finden, die für den Betrieb von Explosionsmotoren und
Dieselmaschinen nicht mehr in Betracht kommen.
In Amerika hat man mit solchen Dampfkraftwagen in neuerer Zeit gute Erfahrungen
gemacht. Während des Krieges soll sich besonders gut der Stanley-Dampfkraftwagen bewährt haben. Mit einer Gallone gewöhnlichem
Petroleum können mehr als zehn Meilen zurückgelegt werden. Ein amerikanischer
Erfinder Abner Doble baut nun einen großen
Dampfkraftwagen mit etwa 50 PS Leistung. Mit diesem Wagen können Geschwindigkeiten
von 55 bis 60 Meilen in der Stunde erreicht werden. Da die Dampfmaschine gegenüber
dem Explosionsmotor überlastungsfähig ist, so eignet sich ein solcher Kraftwagen
besonders als Bergsteiger. Ein großes Anwendungsgebiet ist ebenso für den Dampfmotor
bei Lastkraftwagen, Traktoren usw. gegeben.
Mit dem Doble-Wagen sind in Amerika bereits eingehende
Versuchsfahrten ausgeführt worden. Bei einer minutlichen Drehzahl der Dampfmaschine
von 800 kann in der Minute eine Meile durchfahren werden. Nach den Angaben der
Zeitschrift „The Autocar“ 1919, S. 510, ist der Wagen in 1½ Minuten
fahrbereit, d.h. in 1½ Minuten nach dem Anheizen des Dampfkessels ist die notwendige
Dampfspannung vorhanden. Das schwierige Anlassen des Automobilmotors mit
schlechtem Brennstoff bei kalter Jahreszeit fällt fort. Während der
Automobilausstellung in Miniapolis, Februar 1918, wurde ein Doble-Wagen vorgeführt. Dem Speisewasser waren 30 v. H. Alkohol zugesetzt.
Bei einer Temperatur von etwa –5°C war der Wagen nach 2 Minuten 10 Sekunden
fahrbereit. Der Wagen wird nun von der Doble Detroit
Steam-Motors-Company gebaut, ebenso wurde in Frankreich eine Gesellschaft
„Société Francaise Doble“ gegründet, die den Bau des neuen Dampfwagens
aufnehmen will.
W.
Wärmekraftmaschinen und Brennstoffe.
Lokomotivfeuerung für staubförmige Brennstoffe. Der Krieg
als Verbraucher und oft als sinnloser Zerstörer aller Rohstoffe hat nun überall eine
große Kohlennot hervorgerufen. Selbst Länder mit großem Kohlenreichtum sind zur
größten Sparsamkeit gezwungen. Die Eisenbahn als die größte Verbraucherin der
Steinkohle empfindet die Kohlennot am stärksten. Deshalb ist wiederum das Bestreben
mehr in den Vordergrund getreten, auch im Lokomotivbetriebe minderwertige Heizstoffe
zu verwenden. Als solche kommen besonders zwei Heizstoffe in Betracht, die man
früher auch bei stationären Feuerungsanlagen benutzt hat: der Kohlenstaub und der
Torfstaub.
Der Kohlenstaub wird teils als Abfall hochwertiger Kohlen, teils als geringe Kohle in
natürlicher Staubform, endlich auch aus idem Niederschlag der Wetterführung in
Steinkohlengruben erhalten Versuche in Amerika haben ergeben, daß bei Handfeuerung
mit Stückkohle 1000 kg, bei mechanischer Feuerung mit Kohlenstaub 565 kg für die
gleiche Leistung verbrannt wurden. Für die Kohlenstaubfeuerung müssen besondere
Ladevorrichtungen auf den Stationen, Aufnahme- und Zufuhrvorrichtungen auf dem
Tender und entsprechende Verbrennungsvorrichtungen an der Lokomotive geschaffen
werden. Aus Abb. 1 können die an der Lokomotive
notwendigen Vorrichtungen entnommen werden.
Auf dem Vorderteile des Tenders ist ein staubsicherer Behälter aufgesetzt, der durch
zwei verschließbare Oeffnungen A gefüllt wird. Der
Kohlenstaub wird durch Förderschnecken B einer
Mischkammer C zugeführt, in die injektorartig auch die
Windleitungen 0 münden. Die Förderschnecken werden durch eine Dampfturbine N und Zahnradvorgelege O
angetrieben. Die Druckluft wird im Ventilator F
erzeugt, der ebenfalls von der Dampfturbine angetrieben wird. Das Kohlen-Luftgemisch
wird durch die Rohrleitung D den Brennern E zugeführt, deren 1400 bis 1600° heiße Flamme unter
der kleinen Feuerbrücke J heraustreten, dann um die
eigentliche Feuerbrücke K herumgeführt werden, um in
die Siederohre einzutreten. Durch ein Ventil H kann
mittels des Hebels I Nebenluft und durch Oeffnungen L an den unteren Seitenwänden und durch den
Schlackenkasten j Verbrennungsluft zugeführt werden.
Das Schauloch M dient zur Beobachtung des
Verbrennungsvorganges. Die Brennstoffzufuhr wird durch das Handrad U geregelt. Die Dampfleitung zur Turbine N ist mit Z bezeichnet.
Mit dem Hebel P wird. die Förderschnecke in Gang
gesetzt.
In Ländern, wo große Torflager vorhanden sind, wird zur Lokomotivheizung auch
Torfstaub verwendet. Der durch Bagger ausgehobene Torfbrei wird auf dem Trockenfeld
getrocknet, dann zerkleinert und gemahlen und in Trockenöfen bis auf 15 v. H.
Feuchtigkeit getrocknet. Die schwedische Staatsbahnverwaltung hat bereits im Jahre
1910 die Torffeuerung bei Lokomotiven eingeführt. Man schätzt den Heizwert des
Torfpulvers zu ⅔n des Heizwertes der
Steinkohle. Das Torfpulver
wird auf dem Tender in luftdichten Behältern mitgeführt. Das Innere des
Behälters wird ständig durch eine Luftpumpe unter geringem Ueberdrucke gehalten.
Wird das Zuführungsrohr geöffnet, so wird das Torfpulver in genau regelbarer Menge
in die Feuerbüchse geblasen. Eine solche Torffeuerungsanlage ist in Abb. 2 dargestellt. Durch den Kanal b wird in die Feuerbüchse a der Torfstaub eingeführt. Die Feuerbrücke c
füllt die ganze Breite der Feuerbüchse aus. Ueber dem Aschfall e ist der Hilfsrost d
angeordnet. Die eigentliche Verbrennungsluft wird durch einen Kanal f zugeführt.
Textabbildung Bd. 335, S. 69
Abb. 1.
Durch den Kanals wird Zusatzluft zugeführt. Die
Verbrennungsluft kann durch die Klappe i reguliert
werden. Nachdem auf dem Hilfsrost m fester Brennstoff
angezündet ist, wird das. im Tenderbehälter k
eingeschlossene Torfpulver durch das Rohr l zwischen
Leitblechen m in die Feuerbüchse eingeblasen.
Vergleichsversuche wurden mit einer 4/4 gekuppelten Güterzuglokomotive mit Tender
von 27 t Gewicht, 1,1 m2 Rostfläche, 56,1 m2 Heizfläche, 14 m2 Ueberhitzerfläche angestellt. Die Rauchgastemperatur betrug bei
Torfpulver 310° C, bei Steinkohle 340°. Bei Torffeuerung war die Ruß- und
Rauchentwicklung, ebenso der Funkenauswurf sehr gering. An Lokomotiven, bei denen
der Wirkungsgrad der Kohlenheizung 60 bis 65 v. H. beträgt, wurde mittels
Torfpulverheizung 75 v. HL erreicht. (Technische Rundschau 1920, S. 11 bis 13.)
Textabbildung Bd. 335, S. 69
Abb. 2.
W.
Werkstattstechnik und Fabrikorganisation.
Zwanglauf in der Fabrik-Organisation. Im Ausschuß für
Betriebsorganisation des Vereines deutscher Ingenieure sprach am 9. Januar 1920
Fräulein Irene Witte, eine Schülerin von Gilbreth, über
„Hilfsmittel zur Veranschaulichung in der wissenschaftlichen
Betriebsführung“. Es wurden die großenteils bekannten Hilfsmittel zur
Veranschaulichung und Ueberwachung des Arbeitsganges im heutigen
Herstellungsvorgangbesprochen: z.B. Arbeitsanweisungen, Parteikarten und dergl.,
ferner Organisationspläne, graphische Darstellungen für die Betriebs- und
Arbeitsvorgänge, bildliche und körperliche Darstellungen des Gesamtbetriebes mit
eingezeichneten Arbeitswegen und dergl. Der Wert des Vortrages, der voraussichtlich
in der Zeitschrift „Der Betrieb“ veröffentlicht werden wird, liegt in der
planmäßigen Zusammenstellung der im einzelnen bekannten Maßnahmen.
In einer ausführlichen Erörterung wurde dann unter hervorragender Beteiligung des
Direktors Riebe von der Riebe-Kugellager- und
Werkzeugfabrik G. m. b. H. eine Reihe von praktischen Erfahrungen mitgeteilt.
Hierbei wurde besonders betont, daß die zahlreichen Organisations-Systeme
großenteils ihren Zweck ausgezeichnet erfüllen, wenn sie wirklich durchgeführt
werden, daß sie indessen ausnahmslos versagen, wenn die Durchführung nicht durch
Zwanglauf gesichert wird. Als Mittel zur Erzielung eines solchen Zwanglaufes wurde
vorgeschlagen, den Lauf sämtlicher zur Erfüllung der organisatorischen Maßnahmen
erforderlichen Laufzettel und dergl. so durch das Lohnbüro gehen zu lassen, daß die
Lohnzahlung von der ordnungsmäßigen Erledigung dieser Laufzettel abhängig wird. Der
Druck, den der Arbeiter auf regelmäßige und rechtzeitige Lohnzahlung ausübt, wird
die regelmäßige und rechtzeitige Erledigung dieses Zwanglaufes erzwingen. Als
Schwierigkeit wurde angeführt, daß zwischen dem Abschluß der Lohnarbeit und der
Lohnabrechnung nur eine geringe Zahl von Tagen zur Verfügung steht, die die
Arbeiterschaft nur äußerst ungern vermehren läßt.
Für die Durchführung sämtlicher Organisationsarbeiten ist Grundbedigung das
Verständnis sämtlicher Beteiligten für die Wichtigkeit dieser Arbeiten, und bei der
Erörterung der Fragen, weshalb man scheinbar in Amerika diesen Dingen bedeutend
weitergehendes Interesse entgegenbringt, als in Deutschland, wies Direktor Riebe auf die eigenartige, durch Veranlagung und
Erziehung bedingte Liebe zur Zahl bei den Amerikanern hin. Der Amerikaner ist
gewöhnt, alles in Zahlen auszudrücken. Für ihn gewinnt die Umwelt erst Interesse,
wenn er sie sich durch Zahlen vergleiche näher bringen kann. Die Geschwindigkeit
eines Schiffes in Knoten, die Zahl der zurückgelegten Seemeilen, die Zahl der
Umdrehungen der Schiffsschraube
und dgl. sind Dinge, die den Amerikaner in erster Linie interessieren und aus
dieser Liebe und diesem Verständnis für die Zahl folgt dann ein verständnisvolles
Eingehen auf Statistiken und. ähnliche Dinge auch im Berufsund Fabrikleben. Im
Gegensatz zu dieser amerikanischen Veranlagung fehlt uns in Deutschland noch diese
„Erziehung zur Zahl“, die uns die Durchführung der Maßnahmen des
wissenschaftlichen Fabrikbetriebes wesentlich erleichtern würde.
Ein dritter bedeutender Gesichtspunkt für die zweckdienliche Durchführung der
wissenschaftlichen Fabrikorganisation ist eine dauernde Ueberwachung der Ergebnisse.
Es kann sehr wohl vorkommen, daß eine mühsam aufgebaute Organisation
„reibungslos“ arbeitet und trotzdem aus Mangel an Kontrolle (z.B.
lediglich durch das garnicht selten vorkommende Verschreiben der Auftragnummer), zu
ganz falschen Ergebnissen führt.
Ein neuer Werkzeugstahl? Zu den in englischen und auch in
deutschen Tageszeitungen verbreiteten Mitteilungen über einen neuen Molybdän-Stahl
schreibt „The Engineer“ vom 2. 1. 1920: „Das Ingenieurwesen würde zwar
nicht an Sachlichkeit, aber sicher an Anregung gewinnen, wenn es der Behandlung
durch die „Daily Mail“ anvertraut würde: vor ein paar Wochen hat diese
geistvolle Zeitung eine wilde Geschichte über die Erfindung eines neuen
Werkzeugstahles durch Dr. Arnold und ihre sofortige,
Unterdrückung durch die Regierung veröffentlicht. Der Stahlhandel Sheffields
wird – wahrscheinlich durch diese Mitteilung nicht eben stark beunruhigt worden
sein, aber wohl ein mächtiges Vergnügen darüber empfunden haben. Dr. Arnolds Stahl ist nicht neu. Sein wissenschaftliches
Interesse an Molybdän ist bekannt, und es war für viele kein Geheimnis, daß er
während des Krieges einen Werkzeugstahl erprobt und zum Rechtsschutz angemeldet
hatte, in dem 6 v. H. Molybdän die gewöhnlich verwandten 15 bis 18 v. H. Wolfram
ersetzen. Die Zensur verhinderte natürlich die Veröffentlichung des Patentes wie
aller anderen, die dem Feinde nützliche Mitteilungen gegeben hätten, und
insofern liegt nicht der leiseste Grund zu der Annahme vor, daß die Interessen
des Wolfram bevorzugt wurden. Bei dem gegenwärtigen Preisstande hat
Molybdän-Stahl wenig oder gar keine Vorteile vor Wolfram-Stahl, denn Molybdän
kostet dreimal so viel als Wolfram; es scheint indessen ziemlich erheblich
höhere mechanische und physikalische Eigenschaften zu haben und es kann
vielleicht im Laufe der Zeit eine bedeutende Stellung auf dem Markt gewinnen.
Freilich müssen wir zugeben, daß, obwohl es wissenschaftlich außerordentlich
interessant ist, wir nur wenig Grund zu der Annahme sehen, die Hersteller der
gewöhnlichen Schnelldrehstahle könnten durch die Freigabe des Dr. Arnoldschen Patentes sehr beunruhigt werden.“
Immerhin ist es begreiflich, daß in den Kreisen der norwegischen Molybdän-Gruben die
Arnoldsche Erfindung erhebliches Aufsehen erregt und
weitgehende Hoffnungen erweckt hat. Die norwegischen Molybdän-Gruben, die während
des Krieges eine noch nie dagewesene Hochkonjunktur erlebt haben, seit Kriegsende
dagegen mit ungewöhnlichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, die teilweise zur
vollständigen Betriebseinstellung führten, sind jetzt unter dem Namen A. S. Norsk Molybdän-Produkter zu einer Interessengemeinschaft
zusammengeschlossen, die 16 Gruben umfaßt und namentlich dem immer stärker fühlbar
werdenden Wettbewerb der amerikanischen und australischen Molybdän-Gruben
entgegentreten will.
Dipl.-Ing. W. Speiser.
Automobiltechnik.
3 t-Kardan-Lastkraftwagen. Auch wenn in nächster Zeit die
Rücksicht auf die Bedürfnisse des Heeres für den deutschen Automobilbau nicht
maßgebend sein wird, dürften doch die während des Krieges von der
Verkehrstechnischen Prüfungskommission ausgearbeiteten Bauvorschriften noch lange
die Kraftwagenindustrie in maßgebender Weise beeinflussen. Ihnen verdankt
beispielsweise der 3 t-Motoromnibus von H. Büssing in
Braunschweig seine kennzeichnenden Merkmale. Dieser demnächst voraussichtlich von
der Allgemeinen Berliner Omnibus A.-G. in großem Umfange einzuführende Wagen trägt
auf einem verhältnismäßig schmalen, aus Stahlblech gepreßtem Rahmen eine 42
PS-Vierzylindermaschine, für welche die von oben eingesetzten, mit besonderen
Käfigen versehenen, durch die unten liegende Steuerwelle mit Hilfe von Stoßstangen
und Kipphebeln gesteuerten Ventile charakteristisch sind. Eine an der tiefsten
Stelle des Kurbelgehäuses befindliche, vom hinteren Ende der genannten Welle durch
Schneckengetriebe bewegte Zahnrad-Oelpumpe drückt die Schmierflüssigkeit in ein von
außen bequem zugängliches Verteilungsrohr und versorgt die drei Hauptlager der
Kurbelwelle. Kolben und Kurbelzapfen werden durch abspritzendes Oel geschmiert. Eine
von der Zahnradpumpe nach einem Schauglase am Führersitze gehende Leitung macht es
möglich, während der Fahrt jederzeit festzustellen, ob die Umlaufschmierung
ungestört arbeitet. Am vorderen Ende der Kurbelwelle sitzen beiderseits eines die
Längsdrücke aufnehmenden Doppeldrucklagers das Antriebrad für die Steuerwelle und
die Scheibe für den Riemen des aus Aluminium gegossenen Kühlerventilators. Dieser
ist auf einem gefederten Hebel gelagert, damit der Riemen stets gespannt bleibt.
Quer über der Steuerwelle liegt am Vorderende der Maschine die Welle für die
Zünddynamo und die Kühlwasserpumpe. In das Ansaugerohr sind zwei Drosselklappen
eingebaut, deren eine von einem Fliehkraftregler beeinflußt wird, welchen eine Welle
betätigt. Diese erhält vom Antriebrade der Steuerwelle ihre Bewegung und wird auch
dazu benutzt, eine Licht- oder Anlaßdynamo anzutreiben. Vom Auspuffsammler führen
Heizleitungen zur Hauptluftöffnung des Vergasers auf der anderen Seite der Maschine
und zum aufgeschweißten Heizmantel des Ansaugkrümmers. Hierdurch wird die
Möglichkeit geschaffen, daß man auch mit schwer vergasenden Brennstoffen arbeiten
kann. Der Motor macht 1000 Umdrehungen in der Minute. Er verbraucht 266 g/PS-Stunde,
wenn der Heizwert des Betriebsstoffes = 9500 kcal/l ist. Demnach wäre der thermische
Wirkungsgrad 25 v. H. Das Verdichtungsverhältnis ist 4,95.
An das Schwungrad schließt sich eine leicht auszubauende Kegelreibkupplung, auf deren
getriebenem Teile eine aus zwei Lamellenfedern bestehende Gelenkkupplung mit Nut und
Feder geführt wird. Diese überträgt die Bewegung auf das vierstufige, an zwei
Querträgern des Rahmens aufgehängte Wechselgetriebe, an das sich hinten eine
Zweibackenbremse mit Fußhebelantrieb schließt. Wenn diese betätigt wird, so findet
gleichzeitig der Schluß einer Drosselklappe des Vergasers statt. Der in der
gebräuchlichen Kulissenführung verstellbare Getriebehebel sowie der Hebel für die
Hinterradbremse liegen innerhalb der Wand des Führersitzes. Die drei Schaltstangen
sind mit Verriegelungen versehen, so daß niemals mehrere von ihnen gleichzeitig aus
der Mittelstellung verschoben werden können. Durch ein kurzes Wellenstück ist an das
Wechselgetriebe das Kardangelenk angeschlossen. Damit der Antrieb auf die schräg
liegende Kardanwelle auch richtig übertragen wird, wenn das Kreuzgelenk nicht genau
in der senkrechten Mittelebene des Kugelgelenkes sitzt, kann sich eine Gabel des
Kreuzgelenkes auf dem mit Nuten versehenen Ende der Längswelle frei verschieben, per
mittlere Stahlgußkörper der Hinterachsbrücke ist mit den Flanschen des Kardanrohres
und der beiden Seitenachsstücke
fest verschraubt. Dort kann durch ein Kegelräder- und ein Stirnräderpaar die
Geschwindigkeit der Kardanwelle im Verhältnis \frac{1}{7,35} bzw.
bei geringfügiger Aenderung der Zähnezahlen im Verhältnis
\frac{1}{9,6} vermindert werden. Aus dem Ausgleichgetriebe
treten seitlich Querwellen heraus, die mit den Naben der hohlen Stahlgußräder durch
bewegliche Mitnehmer gekuppelt sind. In ihnen findet man keine Biegungsmomente.
Diese werden abgefangen durch die Rohre des Achsgehäuses, welche auch die
Rückwirkungen der Bremsen an den Innenseiten der Hinterräder aufnehmen und auf das
Gehäuse und das Kardanrohr übertragen. Ein kugeliges, das Kardangelenk
umschließendes, mit Messingschalen gefüttertes Gehäuse bewirkt die weitere
Uebertragung der Kräfte auf den Rahmen. Auf den Hinterachsrohren sitzen die von den
Drehmomenten vollständig entlasteten Federn, In die obersten Blätter derselben sind
Kugelabschnitte aus Stahl eingenietet, die sich gegen entsprechend geformte Pfannen
am Rahmenträger stützen und vor dem Herausspringen gesichert sind. Das
Schneckengetriebe der Steuersäule läuft in einem Oelbade. Auch bei den Lenkzapfen
der Vorderachsen wird Oelschmierung benutzt an Stelle der üblichen Verwendung von
Fett. Zur Kühlung dienen die während des Krieges von der Süddeutschen Kühlerfabrik, Feuerbach, eingeführten, wenig Lötstellen und
Messingteile enthaltenden, leicht auszubessernden Vorrichtungen. (Heller in Heft 47 der Zeitschrift des Vereines deutscher
Ingenieure.)
Schmolke.
Wirtschaftliches.
Patent- und Gebrauchsmuster-Messe in Leipzig. Zur
Förderung der Verwertungsarbeit erfinderischer Tätigkeit auf industriellem und
technischem Gebiete veranstaltet der allgemeine Erfinder-Verband E. V. Berlin auf
der Technischen Messe in Leipzig (14. bis 20. März 1920) eine allgemeine Ausstellung
von geschützten Erfindungen unter der Bezeichnung: Patent- und Gebrauchsmustermesse.
Zur Vorführung gelangen Modelle und Zeichnungen. Nähere Einzelheiten sind durch die
Geschäftsstelle des Allgemeinen Erfinder – Verbandes E. V., Berlin S. 14, Dresdener
Straße 34/35, zu erfahren.
Ueber die Stickstoffwirtschaft Deutschlands im Kriege
macht der Reichsstickstoffkommissar Dr. J. Bueb
interessante Angaben. Vor dem Weltkriege war in Deutschland ein Ueberfluß an
künstlichem Stickstoff vorhanden, so daß die Erzeugung von Ammoniumsulfat und
namentlich von Kalkstickstoff nur durch Preisopfer in der Landwirtschaft Aufnahme
finden konnte. Bald nach Ausbruch des Krieges änderte sich jedoch das Bild
vollkommen, denn die Salpeterzufuhr stockte, wir waren auf unsere eigene Erzeugung
angewiesen und es galt, diese in bisher nicht gekanntem Maße zu steigern. Da das aus
der Kohle gewonnene Ammoniak selbsttätig mit der Kokserzeugung steigt und fällt,
mußte man zufrieden sein, die Friedenserzeugung wieder zu erreichen und
beizubehalten, doch konnte so nicht einmal der dritte Teil des Bedarfs von Heer und
Landwirtschaft gedeckt werden. Deshalb mußte die Nutzbarmachung des Luftstickstoffs
eingreifen. Zunächst wurden neue Kalkstickstoffabriken errichtet, die ihren
Energiebedarf in der Hauptsache aus günstig gelegenen Braunkohlenfeldern schöpften,
teils aber auch aus Steinkohlen und Wasserkraft. Diese Werke nahmen zum Teil schon
1915 ihren Betrieb auf, der jedoch von den Kriegsverhältnissen stärker beeinflußt
wurde, als vorauszusehen war, weshalb weitere Kalkstickstoffabriken nicht erbaut
wurden. Von der Herstellung von Luftsalpetersäure mit Hilfe des elektrischen
Lichtbogens mußte Abstand genommen werden, weil Fabrikationsversuche im großen
entweder zu schlechte Ausbeute oder zu große Gefährlichkeit der Betriebe gezeigt
hatten. Um den im Verlauf des Krieges immer steigenden Stickstoffbedarf zu decken,
entschloß man sich, den weiteren Ausbau der Stickstoffanlagen nach dem Verfahren von
Haber vorzunehmen, zumal die Erfahrungen der Badischen Anilin- und Sodafabrik bewiesen hatten, daß
nach diesem Verfahren ein Maximum an Stickstoff mit einem Minimum an Arbeit- und
Kohlenaufwand gegenüber sämtlichen anderen Verfahren erzielt wird. So wurde neben
der Mutterfabrik in Ludwigshafen ein zweites Stickstoffwerk in Mitteldeutschland,
auf der Braunkohle liegend, errichtet, das seit Anfang 1917 arbeitete und nach
seinem vollständigen Ausbau das stärkste Glied im Körper der Stickstoffwirtschaft
bilden wird.
Hand in Hand mit der Beschaffung des Primärstickstoffs war die Aufgabe zu lösen,
diesen aus der Ammoniakform in die Salpeterform zu überführen in einem dem großen
Munitionsbedarf entsprechenden Ausmaße. Diese Aufgabe wurde gelöst durch Verbrennung
eines Ammoniak-Luftgemisches beim Durchleiten durch eine Kontaktsubstanz zu Nitrose
und durch deren Umwandlung in wässerige Salpetersäure. So entstanden in Anlehnung an
die großen Farbenfabriken und an die Kokereien neue Fabriken zur Herstellung von
konzentrierter Salpetersäure, zunächst aus Sicherheitgründen auf dem Umweg über
Natronsalpeter. Da dieses Verfahren aber viel wertvolle Schwefelsäure erforderte,
wurde gleichzeitig die Aufgabe in Angriff genommen, konzentrierte Salpetersäure auch
direkt herzustellen. Die Entdeckung einer gegen Schwefelsäure und Salpetersäure
beständigen Eisenlegierung sowie der rationelle Ausbau der Herstellung
konzentrierter Schwefelsäure waren dabei von entscheidender Bedeutung.
Während des Krieges konnten der Landwirtschaft nur 50% des höchsten
Friedensverbrauchs an Stickstoff zugeführt werden, dagegen werden die neuen Anlagen
künftig gewaltige Stickstoffmengen der Landwirtschaft zur Verfügung stellen können
und damit eine starke Steigerung der Erzeugung aller Bodenprodukte ermöglichen.
(Journal für Gasbeleuchtung Bd. 62, S. 2 bis 3.)
Die künftige Erz- und Kohlenversorgung Deutschlands. Ueber
die Wirkung der Friedensbedingungen auf die Erz- und Kohlenversorgung Deutschlands
machte Geh. Bergrat Prof. Dr. Krusch gelegentlich der
letzten Tagung der Gesellschaft Deutscher Metallhütten- und Bergleute interessante
Mitteilungen. Er wies zunächst darauf hin, daß die Entziehung eines erheblichen
Teiles unserer Kohlen- und Eisenerzvorräte, die die Gründlagen unserer Industrie
sind, das Hauptmittel der Entente zur Knebelung Deutschlands ist. Er schilderte
hierauf die Bedeutung der in den abzutretenden Gebieten liegenden nutzbaren
Lagerstätten im Vergleich zu den Gesamtvorräten Deutschlands. Danach stellen sich
unsere eventuellen Verluste folgendermaßen dar:
1. Oberschlesien.a) Eisen: 0,4 v. H. des Eiseninhalts unserer
Bergwerkerzeugung und 0,17 v. H. unserer gewinnbaren Erzvorräte;b) Blei-Zinkerze: 76,3 v. H. des Zinkinhalts und 54,4 v.
H. des Bleiinhalts unserer Bergwerkerzeugung;c) Steinkohlen: 22,8 v. H. unserer Steinkohlenförderung
und 40 v. H. unserer Vorräte.
2. Saargebiet.Steinkohlen: 6 v. H. unserer Jahresförderung und rund 3 v. H. unserer
Vorräte.
3. Elsaß-Lothringen.a) Eisen: 71,7 v. H. des Eiseninhalts unserer
Bergwerkerzeugung und 77,4 v. H. unserer gewinnbaren
Eisenerzvorräte;b) Steinkohlen: rund 3 v. H. unserer Förderung und rund 1
v. H. unserer Vorräte;c) Kali: rund 10 v. H. unserer Erzeugung und unsere
Monopolstellung;d) Erdöl: 2 v. H. der Deckung unseres Bedarfs.
4. Kreise Eupen und Malmedy.Blei-Zinkerze: 1,6 v. H. des Zinkinhalts und 0,4 v. H. des Bleiinhalts
unserer Bergwerkerzeugung.
5. Posen und Westpreußen.Kleine Braunkohlenvorräte, die für die unmittelbare Umgebung wichtig
sind.
Diese Zusammenstellung zeigt besonders deutlich, welch ungeheuer großer Verlust uns
bevorsteht, wenn die Abstimmung in Oberschlesien zugunsten Polens ausfallen sollte.
Die hierdurch bewirkte montanwirtschaftliche Schwächung unseres Vaterlandes wäre so
außerordentlich groß, daß sich die Folgen davon noch gar nicht absehen lassen.
(Metall und Erz 1919, S. 293 bis 294.)
Sander.
Persönliches.
Am 5. April d. J. kann Oberingenieur Rotth, unter dessen
Mitwirkung Dinglers Polytechnisches Journal herausgegeben wird, auf eine 25jährige
Dienstzeit in den Siemenswerken zurückblicken. Von den Arbeiten, die er als
Vorsteher des Büros für Versuchskonstruktionen in den 90er Jahren ausführte, seien
erwähnt: Die eigenartige schiefgestellte Kontaktrolle mit der gleitenden und
rollenden Bewegung, die Sich wegen der geringen Abnutzung bei Anlassern gut
bewährte, ein Zentrifugalkurzschließer für Drehstrommotoren mit in den Anker
eingebauten Anlaßwiderständen, der genauen Schluß bei vorgeschriebener Drehzahl
gewährleistete, und Untersuchungen über Wendepole von Gleichstrommaschinen. Ebenso
waren von Bedeutung seine Versuche über die Kühlung von Maschinen durch zweckmäßige
Luftführung zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit, Versuche über elektrische
Schweißung usw. Diese Versuche führten ihn in nähere Verbindung mit Geheimrat Dr.
Wilhelm von Siemens, der ihn in die Leitung der
Patentabteilung des Charlottenburger Werkes der Siemens-Schuckertwerke berief.
Geheimrat Wilhelm von Siemens hatte seine Arbeitskraft und
universelle Bildung, seine physikalischtechnisch-mathematische Schulung, seine
Begabung für juristisches Denken schätzen gelernt und berief ihn am 1. April 1914 in
seine nähere Umgebung, damit er ihn bei seinen wissenschaftlichen, technischen und
wirtschaftlichen Arbeiten unterstütze.
Von den von ihm verfaßten Büchern sind zu nennen: Das 1904 erschienene vom Werden und
Wesen der Maschinen und Motoren; Genesis der mechanischen Technik in
gemeinverständlicher Darstellung; 1906 erschien in zweiter Auflage: Maschinen zum
Fördern von Flüssigkeit und Gasen; 1917 in zweiter Auflage: Grundlagen der
Elektrotechnik.
Dr. Michalke.