Titel: | Polytechnische Schau. |
Fundstelle: | Band 335, Jahrgang 1920, S. 87 |
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Polytechnische
Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Wärmekraftmaschinen.
Probelauf einer Dieselmaschine von 750 PSe. Die Bestimmungen des amerikanischen
Schiffahrtsamtes verlangen, daß die zum Antrieb von Schiffen bestimmten
Verbrennungskraftmaschinen bei Erstausführungen einen 30tägigen Probelauf
auszuführen haben. Zuerst ist ein solcher Probelauf mit einer unmittelbar
umsteuerbaren Sechszylindermaschine der Firma Intosh
& Seymour von 750 PSe
ausgeführt worden. Die im Viertakt arbeitende Maschine hat bei 135 Uml/min einen
Oelverbrauch von etwa 0,190 kg/PSe erzielt. Ebenso
wurden Versuche bei verminderter Drehzahl bis zu 91 Uml/min ausgeführt, die bei
einer Leistung von 280 PSe einen Oelverbrauch von
0,233 kg/PS ergaben. Mit 7 m3 Luft von 23 at
Spannung konnte die Maschine zehnmal vor- und rückwärts angelassen werden. Der
Luftdruck fiel dabei auf 7 at und die Maschine sprang beim letzten Mal nicht mehr
an, während sonst hierzu 15 bis 18 Sek. notwendig waren. Bei einem 24stündigen
Rückwärtsprobelauf wurden 762 PSe erzielt, bei 136
Uml/min und einem Brennstoffverbrauch von 0,209 kg/PSe. Nach den Versuchen wurde die Maschine auseinander genommen und
eingehend untersucht, ohne daß etwas Schadhaftes hätte festgestellt werden können.
(Motorship and Motor-boat 1919, Heft 792.)
Dieselmaschinen der englischen Unterseeboote. Während des
Krieges wurden von den Vickers-Werken in Barrow, Furners und Ipswich in großer Anzahl
Zwölfzylindermaschinen gebaut. Bei diesen Maschinen wird jedes Hauptlager von einem
besonderen Stahlgußstück getragen, das mit den Längsträgern durch Schrauben
verbunden ist. Die Montage einer solchen Maschine muß dementsprechend sorgfältig
ausgeführt werden. Die Rahmen sind aus Kesselblechen von etwa 12/16 Zoll Stärke
hergestellt. Die Nietarbeiten an den Rahmen wurden mit besonderer Sorgfalt
ausgeführt, und zwar wurden die Löcher mit Reibahlen genau aufgerieben und die
Nieten von beiden Seiten abweghselnd eingesetzt, wodurch vermieden werden soll, daß
sich die Platten verziehen. Die Rahmen sind durch auf der Außenseite angebrachte
leichte Profilwinkel versteift. Auf dem Rahmen liegt ein Zwischenstück, das das
Gewicht des Zylinders aufnimmt. Auf dieses Zwischenstück ist der Zylinderdeckel mit
sechs Stiftschrauben von 1½ Zoll befestigt. Der Verbrennungsdruck wird von den
Deckeln auf den Rahmen durch zwei Stege und vier Schrauben von 1⅝ Zoll Durchmesser
bei den dicht nebeneinander liegenden Zylindern übertragen.
Der Zylinderdeckel ist ein einfaches Stahlgußstück. Die Gehäuse für die Ein- und
Auslaßventile sind davon getrennt. Die Gehäuse sitzen auf konischen Dichtungen im
Zylinderdeckel, in die sie derart eingeschliffen sind, daß ein Entweichen der Gase
aus dem Verdichtungsraum nicht möglich ist. Das Auspuffgehäuse ist durch Wasser
gekühlt. Die Ein- und Auslaßventile sind aus Nickelstahl hergestellt. Die
Kühlwasserzuleitung zu letzteren geschieht mittels eines gepanzerten
Gummischlauches, der an dem Ventilkopf angeschlossen ist. Eine gute Kühlung bringt
hier den Vorteil mit sich, daß die Ventilspindeln mit nur wenig Spiel eingepaßt
werden können, so daß beim Anlassen nur wenig Abgase in den Maschinenraum
entweichen. Eine Schmierung der Ventilspindeln soll dabei nicht notwendig sein. Der
Zylinder besteht aus einer einfachen gußeisernen Laufbüchse, die von einem
Kühlmantel aus Stahlblech umgeben ist. Auch die Kolben sind in einfacher Form aus
Gußeisen hergestellt. Sie sind oben konkav geformt und besitzen in der Mitte
ein Gewindeloch zum Herausziehen des Kolbens mit einer entsprechenden Schraube.
Dieses Gewindeloch wird nicht mehr wie früher durch eine Spezialschraube
geschlossen. Am oberen Kolbenende befinden sich sechs Kolbenringe, während ein
siebenter am unteren Ende als Oelabstreifer dient. Eine Schutzhaube aus Aluminium
ist im Kolbeninnern angebracht. Die Zylinder haben 14,5 Zoll Durchmesser, der
Kolbenhub ist 15 Zoll.
Die Kurbelwelle des Zwölfzylinder-Motors entspricht der von vier hintereinander
stehenden Dreizylinder-Motoren und ist dementsprechend geteilt. Der
Zapfendurchmesser ist 7½ Zoll. Für die hohlgebohrte Welle hat man zuerst
Nickelchromstahl gewählt. Da solcher Stahl während des Krieges schwierig zu
beschaffen war, wurde nur die hintere Hälfte der Kurbelwelle aus solchem Stahl
hergestellt, während für die vordere Hälfte Siemens-Martin-Stahl Verwendung fand.
Alle Wellen wurden ölgehärtet. Die Zündfolge in den Zylindern ist 1, 7, 3, 9, 2, 8,
6, 12, 4, 10, 5, 11. Das gußeiserne Schwungrad besitzt auf dem äußeren Rand einen
Zahnkranz, in den entweder eine 3 PS elektrische oder eine Handdrehvorrichtung
eingreift.
Das Brennstoffventil öffnet sich etwa 16° vor dem oberen Totpunkt. Bei den Vickers-Dieselmaschinen wird bekanntlich der Brennstoff
unter hohem Druck ohne Einspritzluft in den Zylinder eingeführt. Die
Regelungsvorrichtung besteht darin, daß die Oeffnungsdauer des Brennstoffventils
entsprechend verändert werden kann. Der Zeitpunkt des Oeffnens wird dann ebenfalls
verändert. Die Verstellung wird durch exzentrische Lagerung des Brennstoffhebels
erreicht. Auf diese Weise kann auch ein Zylinder ausgeschaltet werden. Die
Brennstoffpumpen jedes Zylinders sind aus Bronze gegossen. Die Regulierung derselben
geschieht in bekannter Weise durch Veränderung des wirksamen Pumpenhubes. Die Pumpen
haben eine Bohrung von ½ Zoll und einen Hub von 1 Zoll. Bei Brennstoffpumpen
verwendet man allgemein Konusventile. Es soll sich aber gezeigt haben, daß
Kugelventile ebenso zuverlässig arbeiten. Die Brennstoffpumpen fördern den
Brennstoff in den sogenannten Pulsator, der aus einem etwas breit gedrückten
Stahlrohr besteht und den Zweck hat, die von der Pumpe gelieferte Brennstoffmenge
solange aufzuspeichern, bis sich das Brennstoffventil öffnet. Dieses ist schräg
unter einem Winkel von 68° angeordnet. Der untere Teil des Ventilgehäuses ist aus
Stahl gepreßt, der Oberteil dagegen ist in Gußstahl ausgeführt.
Früher betrachtete man das Anlassen mit Luft bei Unterseeboots-Motoren als eine für
den Notfall bestimmte Vorrichtung. Zum Anlassen bediente man sich allgemein des
Elektromotors. Man hat aber erkannt, daß das Anlassen mit Luft für den Fall, daß in
das Innere der Maschine während des Betriebes Wasser eingedrungen ist, als sicherer
vorzuziehen ist. Nachdem die Maschine durch die Wirkung der Preßluft in Drehung
versetzt worden ist, werden die Brennstoffnocken eingerückt. Der Motor beginnt schon
nach zwei oder drei Umdrehungen zu zünden, wobei man der Abwesenheit der durch
Einspritzluft hervorgerufenen Kühlwirkung zweifellos das leichte Anspringen des
Motors zu verdanken hat. (Engineering 1919, Heft 2792).
W.
Brennstoffe und Schmiermittel.
Brennstoffwirtschaft der industriellen Betriebe. Im
Polytechnischen Verein in Bayern sprach am 8. März 1920 Prof. Dr. August Loschge über die Brennstoff-Wirtschaft
der industriellen Betriebe. Er schilderte die große Bedeutung einer
sorgfältigen Betriebsüberwachung und behandelte eingehend die Bestrebungen, durch
Verbindung von mehreren Heizungsanlagen oder Kraftanlagen untereinander oder durch
Verkupplung des Kraftbetriebes mit dem Heizbetrieb (Gegendruck- und Anzapfmaschinen)
den Brennstoff auf wand der Fabriken herabzusetzen.
Diese wärmetechnisch so wertvollen Gegendruck- und Abdampfmaschinen wurden bis jetzt
nur in Betriebenverwendet, die Kraft und Wärme zu gleicher Zeit und in einem
angemessenen Verhältnis zu einander benötigten. Die Anwendung dieser Maschinen kann
aber noch bedeutend ausgedehnt werden, wenn man eine Verkupplung der Kraft- und
Wärmewirtschaft von zwei oder mehreren Fabriken vornimmt, und zwar Betriebe, die
hauptsächlich nur Kraft, mit solchen, die in erster Linie nur Wärme benötigen,
zusammenschließt. Diese Verkupplung kann auch auf eine Gruppe von Fabriken
ausgedehnt werden, wodurch dann Kraft- und gegebenenfalls auch Wärmenetze geschaffen
werden, ähnlich den Verbindungskabeln der großen elektrischen Werke, die sich ja in
den letzten Jahren so außerordentlich bewährt haben.
Verbesserung der Schmierfähigkeit von Mineralölen. In der
Society of Chemical Industry in London wurde über ein neues Verfahren berichtet, um
die Schmierfähigkeit der Mineralöle zu erhöhen. Zur Verbesserung der Mineralöle für
Schmierung hat man früher Pflanzenöle (Fettöle) zugesetzt. Dieser Zusatz wird nach
dem neuen Verfahren (das während des Krieges geheim gehalten wurde) durch Fettsäure
ersetzt. Solche Schmieröle sind in der englischen Marine während des Krieges erprobt
worden und nachher bei einer größeren Anzahl von Handelsschiffen. Vergleichende
Versuche mit einer Oelprüfungsmaschine haben bei einem Lager von 96,5 mm ⌀, 167 mm
Länge, 14 kg/cm2 Flächendruck und 3,35 m/sek
Umfangsgeschwindigkeit bei 17 bis 18° C folgende Reibungszahlen ergeben:
1.
mit reinem Mineralöl von 0,909 spez. Gew.
0,0084
2.
mit dem gleichen Oel mit 1 v. H. Zusatz
von hellem Zylinderöl und 2 v. H. Zusatz
von Fettsäure von gewöhnlicher Handelsgüte
0,0052
3.
mit demselben Oel bei 20 v. H. Zusatz vonOlivenöl
0,0084
4.
mit 40 v. H. Mineralöl und 60 v. H. Olivenöl
0,0073
Aehnliche Ergebnisse, daß mit sehr geringen Zusätzen von Fettsäure kleinere
Reibungsziffern möglich sind, als mit großen Zusätzen von Pflanzenölen, haben auch
Versuche ergeben. (Engineering 1920, 6. Februar.)
W.
Elektrotechnik.
Elektrisches Lichtbogen-Schweißverfahren.Vergleiche auch Heft 1. Bei dem
Lichtbogen-Schweißverfahren wird zur Erzeugung der Schweißhitze die Temperatur des
elektrischen Lichtbogens, die etwa 3 500 Grad beträgt, verwendet. Nach der Anordnung
bzw. nach dem Stoffe der Elektroden sind im wesentlichen drei Hauptarten des
Lichtbogen-Schweißverfahrens zu unterscheiden. Wird als Elektrode ein Kohlestab
benutzt (Abb. 1), so kann von dem Verfahren nach Bernados gesprochen werden. Die Schaltung ist sehr
einfach, indem die eine Leitung der Gleichstromquelle mit dem zu verschweißenden
Gegenstande, die zweite Leitung mit der Elektrode verbunden wird. Ein Umschalter
dient dazu, die Polarität zu ändern. Da die Temperatur an dem positiven Pol des
Gleichstrom-Lichtbogens um etwa 900 Grad höher ist, als an dem negativen Pol, so
kann die Temperatur der Schweißstelle durch entsprechende Schaltung geändert werden,
indem man bei schwer schmelzbaren Stoffen die hohe Temperatur, bei dünnen,
leicht schmelzbaren die niedrigere Temperatur des Lichtbogens zur Anwendung
bringt.
Bei dem Verfahren Slavianoff, das wohl am meisten zur
Anwendung gelangen dürfte, wird an Stelle des Kohlestabes ein Metallstab als
Elektrode verwendet. Hierbei muß sowohl die Elektrode als auch das Arbeitsstück aus
demselben Stoffe bestehen. Die abgeschmolzene Masse wird bei diesem Verfahren
gleichzeitig als Füllung für die Schweißnaht verwendet.
Textabbildung Bd. 335, S. 88
Abb. 1.
Bei dem Verfahren Zerener verwendet man zwei Elektroden
nach Abb. 2, wobei der Lichtbogen mit Hilfe eines
Magneten zu einer Stichflamme gegen das Arbeitsstück geblasen wird. Dieses
Arbeitsverfahren wird zur Ausführung von Klein-Schweißarbeiten verwendet, da es die
Einstellung einer geringen Schweiß-Stromstärke ermöglicht.
Das elektrische Schweiß verfahren nach Bernados & Slavianoff eignet sich zum Schweißen besonders von
Kesselblechen und Blechen überhaupt. Infolge der besonders günstigen Lokalisierung
der Hitze vermeidet man bei dem elektrischen Schweißverfahren im Gegensatz zu dem
Gas-Schweißverfahren den Uebelstand des Krummwerdens der Bleche, infolge ihrer
Ausdehnung. Gußeisen läßt sich ebenfalls mit dem elektrischen Lichtbogen schweißen.
Besonders gut bewährt hat sich das Schweißverfahren in Lokomotiv-Werkstätten, z.B.
für das Instandsetzen gebrochener Rahmen, ohne die Maschine erst auseinander zu
nehmen. Selbst abgenutzte Flanschlaufräder können in wenigen Stunden ausgebessert
werden, ohne die Welle abmontieren zu müssen.
Textabbildung Bd. 335, S. 88
Abb. 2.
Für die Energiequelle kommt Gleichstrom in Frage. Am zweckmäßigsten ist die
Anordnung, bei der für jede Schweißstelle eine besondere Dynamo zur Aufstellung
gelangt, da sich hierbei wirtschaftlich günstige Verhältnisse ergeben. Die
Schweiß-Dynamos sind meistens besonders durchgebildet, um große Stromschwankungen zu
verhindern. Beim Anschluß von mehreren Schweißstellen an eine gemeinsame
Schweiß-Dynamo ist die Einschaltung besonderer Widerstände für jeden Apparat
erforderlich.
Infolge der starken Wärme und Lichtausstrahlung muß darauf geachtet werden, daß der
Arbeiter durch besondere Mittel (Blechhaube mit Glaseinsatz, Handschuhe) gegen
Schädigungen geschützt wird.
M.
Einphasen-Kollektormotoren. In der E. T. Z. 1920, Heft 2,
gibt Oberingenieur M. Schenkel einen Ueberblick über die
von den Siemens-Schuckertwerken laufend gebauten
Einphasen-Kollektormotoren, mit Ausschluß der Vollbahn- und Kleinmotoren. Es sind
zwei Arten, die sich die besondere Gunst der Kundschaft erworben haben: der
Repulsionsmotor mit seinen Abarten und der Reihenschlußmotor.
Der Repulsionsmotor wird in drei Formen gebaut, mit einfachem Bürstensatze, mit
doppeltem Bürstensatze (auch Deri-Motor genannt), und mit selbsttätigem
Kurzschließer des Rotors.
Textabbildung Bd. 335, S. 89
Abb. 1 zeigt
die Schaltung des Motors mit einfachem Bürstensatze. Stator- und Rotorwicklung sind
voneinander unabhängig, der Motor kann demnach für jede Netzspannung gewickelt
werden. Der Stator besteht aus einem geschlossenen Eisenringe, dessen Wicklung eine
gewöhnliche, in Nuten verteilte Einphasenwicklung ist. Der Rotor ist wie ein
Gleichstromrotor gebaut. Die Bürsten B sind auf dem
Kollektor um 180° voneinander entfernt, aufgesetzt und untereinander
kurzgeschlossen. Um den Motor anlassen und regeln zu können, sind alle Bürsten
gemeinschaftlich verschiebbar. Der stromdurchflossene Rotor kann als ein in seinem
Querschnitte veränderliches Solenoid angesehen werden, dessen Achse in der
Verbindungslinie der Bürsten liegt (Abb. 2). Der Kurzschluß
der Bürsten bedeutet die elektrische Verbindung zwischen Anfang und Ende des
Solenoides. Bringt man ein so geschaltetes Solenoid in ein Wechselfeld, dessen Achse
mit der Bürstenachse (Solenoidachse) einen spitzen Winkel bildet, so induziert das
Wechselfeld im Solenoide Ströme, die der Entwicklung des Wechselfeldes
entgegenwirken, d.h. im Solenoide entsteht ein Gegenfeld mit der Achse B–B Dies Gegenfeld wird um so wirkungsvoller, je mehr
die Bürstenachse sich der Feldachse nähert. Fällt die Bürstenachse (Abb. 1) mit der Feldachse
D–C zusammen, so vernichten sich beide Felder fast
vollständig. Diese Stellung ist durch sehr große Stromaufnahme aus Abb. 3 dem Netz
gekennzeichnet und wird
deshalb die Kurzschlußstellung der Bürsten genannt. Stehen die Bürsten in der
Stellung n–n, so kann der
Rotor kein Gegenfeld entwickeln, die Stromaufnahme aus dem Netz ist gering und
entspricht nur dem Magnetisierungstrome des Wechselfeldes. Da im Rotor jetzt keine
Ströme fließen, so ist auch kein Drehmoment vorhanden. Man nennt diese Stellung die
Ruhestellung der Bürsten. Betrachten wir jetzt eine Betriebstellung B–B der Bürsten, dann
entwickelt sich in der Achse B–B ein Gegenfeld, das an
der oberen Bürste B ein dem Wechselfelde bei D gleichnamigen Pol hat. Der Anker wird oben in der
Richtung DB abgestoßen. Dem Rotorpole an der unteren
Bürste B ergeht es ebenso, er wird vom Stator in der
Richtung C–B abgestoßen.
Auf diese Weise kann man sich die Entstehung eines Drehmomentes im Motor erklären.
In unserem Falle hat das Drehmoment die Richtung der Uhrzeigerbewegung. Man kann
allgemein sagen: Das Drehmoment des Motors ist immer der Bewegungsrichtung der
Bürstenachse aus der Leerlaufsstellung zur Kurzschlußstellung entgegengesetzt
gerichtet.
Die zweite Art von Repulsionsmotoren sind die Deri-Motoren, Die Schaltung der
Deri-Motoren gibt Abb. 3. Grundsätzlich unterscheiden sie sich wenig von den vorhergehenden
Motoren. Der Unterschied besteht in der Anordnung zweier Bürstensätze, von denen der
eine fest in der Statorachse DC steht, der andere B–B um 180° aus seiner Ruhestellung DC nach rechts oder nach links verschiebbar ist. Die in
der Ruhestellung DC auf derselben Lamelle stehenden
beweglichen und festen Bürsten sind untereinander kurzgeschlossen. In der
Ruhestellung entwickeln sich also im Rotor keine Induktionsströme, da keine
Kollektorlamellen verschiedenen Potentials miteinander verbunden sind. Bei der
geringsten Verschiebung der beweglichen Bürsten bilden sich aber in den
Verbindungslinien der kurzgeschlossenen Bürsten BD und
CB Felder aus, die man zu einem resultierenden
Rotorfelde zusammensetzen kann, dessen Achse durch den Mittelpunkt o des Rotors gedacht wird und dessen Richtung parallel
zu den Verbindungslinien BD und CB ist.
Textabbildung Bd. 335, S. 89
Abb. 4.
Textabbildung Bd. 335, S. 89
Abb. 5.
Auch jetzt entspricht der Ruhestellung eine Rotor-Feldachse in
Richtung n-n. In der Stellung der beweglichen Bürsten,
die mit D C zusammenfällt, ist natürlich kein Feld in
Richtung n–n vorhanden,
erst bei Beginn der Bürstenbewegung entwickelt sich das Rotorfeld aus dieser
Richtung heraus. Die Richtung des Rotorfeldes ändert sich mit der halben
Bürstengeschwindigkeit, verschiebt man die Bürsten aus der Ruhestellung D C um 180° in die Kurzschlußstellung, so ändert sich
die Feldrichtung des Rotors nur um 90°. Auch hier ist die Drehung des Rotors, der
Bewegungsrichtung der Bürsten aus der Ruhe in die Kurzschlußstellung entgegengesetzt
gerichtet. Die Deri-Motoren haben vor den gewöhnlichen Repulsionsmotoren folgende
Vorzüge: 1. Die Drehzahl läßt sich weiter herunter regeln, und zwar beinahe bis auf
Stillstand, 2. infolge der größeren Bürstenwege läßt sich die Drehzahl genauer
einstellen, 3. die Kommutation ist in gewissen Bürstenlagen besser. Der Motor kann
unter Strom stehenbleiben, vorausgesetzt, daß die Bürsten in der Nähe der
Ruhestellung sich befinden. Dieser Vorzug hat folgenden Grund: Die Bürsten
überbrücken mindestens zwei Lamellen und schließen dadurch eine Rotorwindung kurz,
die zu diesen Lamellen gehört und in der Bürstenebene liegt. Liegt diese Ebene
ungefähr in der Achse
des induzierenden Feldes DC, dann umschließt sie
nur wenige oder gar keine Kraftlinien, es kann also auch keine Spannung entstehen,
der Kurzschluß wird wirkungslos. In der Stellung n–n wird dagegen das. ganze Feld umschlossen, die
Kurzschlußspannung ist hier ein Maximum. Unter den Bürsten des Motors mit einfachem
Bürstensatze würden sich in der Ruhestellung starke Kurzschlußströme entwickeln, die
die Lötstellen des Kollektors gefährden könnten, dieser Motor darf also nicht unter
Spannung stillstehen.
Textabbildung Bd. 335, S. 90
Abb. 6.
Textabbildung Bd. 335, S. 90
Abb. 7.
Die dritte Art von Repulsionsmotoren hat selbsttätig eintretenden Kurzschluß der
Rotorwicklung, und zwar bei Erreichung der synchronen Drehzahl. Nach erfolgtem
Kurzschluß arbeiten diese Motoren als gewöhnliche Einphasen-KurzschlußankermoѴoren
weiter. Der Kollektor ist also nichts anderes, als ein Anlaßorgan des Motors, das
nach Eintritt des Kurzschlusses nicht mehr mit Strom belastet ist. Die Abb. 4 und 5 zeigen
Betriebskurven der Motoren mit einfachem und doppeltem Bürstensatze bei konstantem
Drehmomente. In der Abszissenrichtung ist die Bürstenstellung in Prozenten des
Winkels zwischen der Ruhe- und Kurzschlußstellung aufgetragen. Abb. 6 zeigt Betriebskurven eines Motors mit
selbsttätiger Kurzschluß Vorrichtung nach Eintritt des Kurzschlusses. Die Kurven
unterscheiden sich nicht von denen eines Einphasen-Asynchronmotors. Natürlich kann
der Motor nach Eintritt des Kurzschlusses nicht vermittelst Bürstenverschiebung
geregelt werden. Abb. 7 zeigt einen Motor mit
Kurzschlußvorrichtung auf der Achse und einer durch Druckknopf steuerbaren
Einrichtung, die die Bürsten vermittelst eines im Motorgehäuse befindlichen
Zahnradvorgeleges und einstellbaren Hebels beim Anlassen so verschieben, daß
das Moment- und der Anlaufstrom den Anforderungen des Betriebes entspricht. Der
Repulsionsmotor im allgemeinen hat die unangenehme Eigenschaft, nicht weit über den
Synchronismus hinaus betrieben werden zu können, 10 v. H. Uebersynchronismus ist
ungefähr die Grenze für Dauerbetrieb. Wird ein höherer Regelbereich verlangt,
namentlich bei Motoren mit niedriger Frequenz, so empfiehlt sich der
Einphasen-Reihenschlußmotor mit Kollektor. Der Reihenschlußmotor ist nach Abb. 8 geschaltet. Da der Rotor nicht von der
Statorwicklung unabhängig ist, so kann der Motor nur für niedrige Spannung gewickelt
werden. Im allgemeinen gehört also ein Transformator zum Motor, der überdies
regelbar sein muß, da dieser Motor nicht für eine Regelung mit Bürstenverschiebung
ausgeführt wird. In Abb. 8 ist E die Erregerwicklung auf dem Stator, während die
Wicklung K nur dazu dient, das Rotorfeld zu
kompensieren. Die Kompensation hat den Zweck der Verbesserung der Phasenverschiebung
und der Kommutation. Es ist nämlich leicht, die Kompensationswicklung so zu
bemessen, daß der unter den Bürsten von E herrührenden
Kurzschlußspannung, eine ihr entgegengesetzte Spannung induziert wird, die aus der
Bewegung der Ankerleiter im Kompensationsfelde herrührt.
Textabbildung Bd. 335, S. 90
Abb. 8.
Der Reihenschlußmotor ist im Gegensatz zum Repulsionsmotor
kein Drehfeldmotor, da infolge der Kompensationswicklung kein nennenswertes
Ankerfeld entstehen kann. Das Anwendungsgebiet dieses Motors ist hauptsächlich, der
Bahnbetrieb, auch für Kranbetrieb findet er Verwendung, da hier die oft nötige
Fernsteuerung der Drehzahl bequem auf elektrischem Wege zu bewerkstelligen ist.
Kleist.
Gastechnik.
Ueber die Feuergefährlichkeit des Benzols berichtet Walter Ostwald in einer Entgegnung auf einen Aufsatz von
Baurat Wendt in der Techn. Rundschau. Er weist darauf
hin, daß der Zündbereich des Benzols zwar größer ist als der des Benzins, daß
dagegen die Dampfspannung des Benzols im Gegensatz zu der Angabe von Wendt nicht wesentlich niedriger als die des Benzins ist,
wie er an Hand mehrerer Kurven zeigt. Die Begriffe „Zündbereich“ und
„Dampfdruck“ sind durchaus ungeeignet zur Kennzeichnung der
Feuergefährlichkeit eines Brennstoffs. Dies beweist der Versuch, wenn man zwei
vollkommen gleichen Tiegeln, die mit Benzin und Benzol gefüllt sind, gleiche
Zündquellen nähert, wobei der Tiegel mit Benzin zuerst entflammt, sowie die
Ueberlegung, daß die Zündung in der Regel dadurch entsteht, daß sich die mit
Brennstoff geschwängerte Luft einer Zündquelle nähert. Infolge der Gasdiffusion muß
jede Wolke zu fetten und daher nicht mehr zündfähigen Gasgemisches von einer Hülle
zündfähigen Gemisches umgeben sein, die die Zündquelle vorher erreicht. Nach praktischer Erfahrung ist Benzol weniger leicht
entzündlich und darum weniger gefährlich als die Mehrzahl der Benzinsorten. Auch
geht ihm die elektrische Erregbarkeit des Benzins ab, vermutlich weil es eine nicht
unerhebliche Menge Wasser gelöst enthält. (Ztschr. Verein Dt. Ing. 1919, S.
443–444).
Anthrazitgewinnung in der Schweiz. Die
Brennstoffknappheit, unter der die Schweiz während des Krieges zu leiden hatte, gab
Veranlassung, die einheimischen Vorkommen
von Torf, Braun- und Steinkohle auf ihre Verwertbarkeit zu untersuchen. Die
Mehrzahl der schweizerischen Kohlenvorkommen ist infolge zu geringer Mächtigkeit
nicht abbauwürdig. Lediglich im Kanton Wallis streichen zwei Karbonzonen vom
Montblancmassiv zur Rhone hin, die stellenweise Anthrazite enthalten. Die Kohle
bildet jedoch nirgends regelmäßige Flöze, sondern sie findet sich in verwickelten
Faltungen auseinandergerissen und ineinandergequetscht, bald in dünnen Schichten,
bald in linsenförmigen Anhäufungen. Da die Gruben außerdem von der Talsohle bis
hinauf zu Höhen von über 2000 m zerstreut liegen, bereitet der Abbau der Kohle nicht
geringe Schwierigkeiten; vielfach muß die Kohle auf dem Rücken von Maultieren zu Tal
gebracht werden.
Der Walliser Anthrazit hat ein graues, graphitartiges Aussehen und ein hohes
geologisches Alter. Die Gesamtmenge der Ablagerung wird auf 30 Millionen Tonnen
geschätzt, womit der Bedarf der Schweiz auf fünf Jahre gedeckt werden könnte, wenn
der Anthrazit eine normale Beschaffenheit hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall, da
die Kohle im Durchschnitt 30 v. H. Asche enthält; infolgedessen beträgt ihr Heizwert
auch nur 4500–4800 WE. Diese mittelmäßige Beschaffenheit sowie die Schwierigkeiten
bei der Gewinnung des Brennstoffs waren daran schuld, daß man. dem Walliser
Anthrazit vor dem Kriege kaum Beachtung schenkte. In den letzten Jahren hat indessen
der Schweizerische Verein von Dampfkesselbesitzern eingehende Heizversuche tritt dem
Anthrazit angestellt, worüber das Journal für Gasbeleuchtung nähere Angaben macht.
Die Versuche ergaben, daß sich der Anthrazit alsbald nach seiner Entzündung mit
einer leichtschmelzenden Schlackenschicht überzieht, die so stark backt, daß das
Abschlacken des Rostes unmöglich ist. Auch bei der Vergasung des Anthrazits in einem
Drehrostgenerator machte sich das entstehende Schlackengewölbe recht unangenehm
bemerkbar. Dagegen ließ sich der Anthrazit in fein gemahlenem Zustande in einer
Kohlenstaubfeuerung gut verbrennen, ferner gelang es, das Anthrazitpulver mit
langfaserigem, nassen Torf zu Briketts zu pressen, doch ergaben diese bei der
Verfeuerung unter einem Flammrohrkessel nur einen geringen Nutzeffekt, so daß man
auf den Walliser Anthrazit nicht allzu große Hoffnungen setzen darf.
Beschaffenheit des Karbids. Obwohl es grundsätzlich
richtig ist, Karbid nach der Azetylenausbeute zu bezahlen, so gibt es dennoch einen
ökonomischen Höchstwert, der nicht immer mit der höchstmöglichen Ausbeute
übereinstimmen muß. Chemisch reines Karbid liefert aus 1 kg 348 l Azetylen bei 15°
und 760 mm Druck. Derart reines Karbid ist jedoch nur im Laboratorium herstellbar,
während Karbid des Handels, wenn es 300 l Gas liefert, als sehr gut zu bezeichnen
ist; ein solches Karbid ist 86 v. H. Gasausbeuten von 320 bis 340 1 sind übrigens
gar nicht erwünscht, denn ein solches Karbid gibt eine sehr stürmische
Gasentwicklung und infolgedessen oft eine so rapide Drucksteigerung, daß das
Absperrwasser der Gasbehälter oder gar die Behälterglocke herausgeschleudert wird,
wodurch natürlich Gasverluste entstehen. Auch etwaige Undichtheiten der Entwickler
machen sich bei derart erhöhtem Druck viel stärker bemerkbar und führen zu
Gasverlusten. Schließlich rufen sehr hochlitrige Karbide bisweilen auch eine starke
Erhitzung der Apparate hervor, wodurch ein Teil des Azetylens zersetzt und in
teerartige Stoffe verwandelt wird, die zu Verstopfungen der Rohrleitungen und
Brenner Veranlassung geben können. Diese störende Erscheinung zeigt sich namentlich
bei Wasserzulauf- und Kontaktapparaten, bei welchen die Erhitzung des Gases bis auf
seine Polymerisationstemperatur eher möglich ist als bei den nach dem System
„Karbid ins Wasser“ arbeitenden Entwicklern. Die bisher zur Aufklärung
dieser Erscheinung angestellten Versuche haben jedoch gezeigt, daß offenbar auch die
physikalische Beschaffenheit des Karbids, vor allem seine Porosität hierbei von
Einfluß ist. Jedenfalls spielt die Zersetzungsgeschwindigkeit des Karbids in
Berührung mit Wasser dabei die Hauptrolle, denn je rascher die Zersetzung des
Karbids erfolgt, um so größer ist auch die entwickelte Wärmemenge und um so höher
steigt die Temperatur im Innern der Masse. So erklärt es sich auch, daß weniger
reines Karbid, bei dem zwischen die Karbidmoleküle mehr Kalkteilchen eingebettet
sind als bei sehr reinem Karbid, langsamer Gas entwickelt und infolgedessen auch
eine geringere Wärmemenge liefert, weil offenbar die eingebetteten Kalkteilchen eine
isolierende Schicht bilden.
Aber auch bei schlechtem Karbid, das überschüssigen Kalk enthält und nur 242 l Gas
aus 1 kg liefert, beobachtet man bisweilen dieselbe Erscheinung, nämlich die Bildung
eines braunen Sandes um die Karbidstücke herum und die Polymerisation des Azetylens
zu teerartigen Stoffen. Dies kommt vermutlich daher, daß unreines kalkreiches Karbid
zu langsam vergast, das Entwicklerwasser benetzt daher eine größere Menge Karbid und
nach dem Abstellen des Gashahnes tritt dann eine starke Nachvergasung ein, die mit
lebhafter Wärmeentwicklung verbunden ist. Karbid mit geringer Gasausbeute ist daher
besonders hinderlich bei Tauch- und Tropfapparaten; unter Umständen kann die
Gasentwicklung hierbei so langsam vor sich gehen, daß der Azetylenapparat zum
Betrieb eines im übrigen nicht zu großen Schweißbrenners nicht mehr ausreicht. Die
starke Nachvergasung von schlechtem Karbid kann auch zu Unfällen Veranlassung geben;
ebenso können beim Entleeren von Gasentwicklern, die noch unzersetztes Karbid
enthalten, Hautverbrennungen vorkommen.
Schlechtes Karbid, das nur eine geringe Gasausbeute liefert, macht sich schließlich
auch beim Betrieb von Azetylen-Kraftwagen recht störend bemerkbar, denn der
Aktionsradius der Wagen erfährt hierdurch eine beträchtliche Verminderung. So wird
z.B. ein Wagen, der mit 300 litrigem Karbid 80 km zurücklegt, mit der gleichen Menge
240 litrigem Karbid nur 64 km fahren können. Ferner ist die Nachvergasung beim
Anhalten der Wagen sehr groß, einerlei ob es sich um Wasserzufluß- oder
Karbideinwurfapparate handelt. Diese Uebelstände treten bei feinkörnigem Karbid
verhältnismäßig weniger in Erscheinung als bei grobkörnigem Karbid. Wie man hieraus
ersieht, kann allzu gutes Karbid der Sicherheit der Apparate ebenso schädlich sein
als schlechtes Karbid. Die geschilderten Uebelstände machen sich namentlich bei
einer Ueberlastung der Apparate geltend, wie sie beim Schweißbetriebe besonders
häufig vorkommt. (Mitteilungen des Schweiz. Azetylen-Vereins, 9. Jahrg., S. 9 bis
15.)
Sander.
Verkehrstechnik.
Wie finde ich meine Bahn? (Stadtfahrplangesellschaft m. b.
H.) Abweichend von den bisher üblichen Darstellungsmethoden bedient sich das neue
Unternehmen einer Art Kinematographie, wie wir sie alle aus der Jugend durch die in
kleinen Blocks herausgegebenen lebenden Schattenbilder kennen.
Der Plan von Berlin und Vororten ist durch ein Netz in hundert sogenannte
Verkehrsrechtecke eingeteilt und jede Straßenbahn- und Omnibuslinie für sich auf
besonderen Linienbildern unter jedesmaliger Zugrundelegung des erwähnten
Rechtecknetzes in Buchform dargestellt. Das Aufsuchen einer Verkehrsverbindung
zwischen zwei Punkten des Stadtgebietes geschieht durch Feststellung der
Verkehrsrechtecke, in denen die Punkte liegen, mittels des
Straßenverzeichnisses, worauf man unter genauer Festhaltung der beiden Rechtecke mit
dem Auge sämtliche Linienbilder durch rasches Blättern des Buches kinematographisch
an sich vorüberziehen läßt, bis man eine die beiden Rechtecke verbindende
Straßenbahn- oder Omnibuslinie gefunden hat.
Außerdem bietet der Führer noch eine Anzahl Vorteile, die hier nicht alle aufgeführt
werden können.
Die neue Methode hat für den viel im Stadtgebiet Umherfahrenden infolge der
Handlichkeit des Führers zweifellos große Annehmlichkeiten und erleichtert unter
Vermeidung großer Pläne die rasche Auffindung der gewünschten Verbindungen.
Allerdings gehört einige Uebung und eine gewisse Gewandtheit hierzu, wodurch der
allgemeineren Einführung zunächst einige Schwierigkeiten erwachsen werden.
Für die bessere Uebersichtlichkeit und leichtere Handhabung des Führers dürfte eine
weniger hervortretende Anbringung der Reklame-Vignetten auf den Linienbildern oder
die Hinausschiebung derselben auf den weißen Rand von Vorteil sein. Auch würde eine
schwache, verschiedenfarbige Tönung bestimmter Rechteckgruppen dem Auge das
Festhalten der in Frage kommenden Verkehrsrechtecke beim Durchblättern der
Linienbilder erleichtern, zumal die nur wenig hervortretenden hellbraunen
Rechtecknummern häufig durch Aufdrucke oder Reklamen verdeckt werden.
Zur Neuordnung des deutschen Verkehrswesens. (Wirkl. Geh.
Rat Dr. H. Kirchhoff). Der Gedanke der Verreichlichung
und Vereinheitlichung des deutschen Verkehrswesens hat in Kirchhoff von jeher einen eifrigen Vorkämpfer gefunden. Seine Ausführungen
zu dieser Frage. sind daher ebenso interessant wie beachtenswert.
Hinsichtlich der finanziellen Auseinandersetzung zwischen Reich und Eisenbahn Staaten
sind allerdings – soweit bekannt – die Angaben der vorliegenden Abhandlung bereits
überholt. Denn es werden voraussichtlich nicht die gesamten Staatsschulden der
Eisenbahnstaaten (Eisenbahnschulden, konsolidierte und schwebende Staatsschulden)
vom Reich übernommen werden, sondern außer den eigentlichen Eisenbahnschulden nur
noch die schwebende Staatsschuld und zwar unter Anrechnung auf den nach dem Wert der
Anlagen oder dem Ertragswert festgesetzten Kaufpreis. Immerhin wird das Reich durch
diese Maßnahme eine starke Mehrbelastung gerade in schwieriger Zeit erfahren.
Man kann sich daher der Ansicht des Verfassers nicht verschließen, der die
finanzielle Auseinandersetzung zwischen den beiden Parteien zunächst in den
Hintergrund treten lassen will zugunsten der wichtigeren, großzügigen
Neuorganisation der ganzen Eisenbahnverwaltung und der Wiederherstellung der stark
mitgenommenen baulichen und betrieblichen Anlagen. Erst wenn sich dann die Früchte
dieser Arbeiten zeigen, könnte der Lösung der Entschädigungsfrage näher getreten
werden. Sofortige Uebernahme des finanziellen Risikos durch das Reich, jedoch nur
allmähliche Auflösung der bisherigen einzelstaatlichen Eisenbahn-Verwaltungen müssen
die Hauptgrundsätze der Verreichlichung bilden. Jedenfalls muß erwartet werden, daß
von keiner Seite versucht wird, aus dieser für die Allgemeinheit so wichtigen
Maßnahme Vorteile zu ziehen. Das Reich nimmt den Eisenbahnstaaten in schwerer Zeit
die nur mit großen Zubußen wieder neuzuordnenden und leistungsfähig zu gestaltenden
Bahnen unter Zusicherung angemessener Entschädigung ab; es haben also auch im
Interesse der Wiederaufrichtung unserer Wirtschaft die Entschädigungsforderungen
sich in vernünftigen Grenzen zu halten.
Beachtenswert ist ferner der Vorschlag zur Bildung eines Organisationskollegiums
aus hervorragenden, in keiner Weise abhängigen Fachleuten, wobei aber auf eine
weitgehende Hinzuziehung von Technikern hier besonders hingewiesen sei.
In einer Beilage finden sich darin noch einige Betrachtungen über die Organisation
der künftigen leitenden Verkehrsbehörden. Kaufmännisch-wirtschaftliche Grundsätze
(Einführung von Verkehrsobligationen, Schaffung von Erneuerungs- und Reservefonds)
weitgehende Selbständigkeit der einzelnen Stellen und Beteiligung des gesamten
Personals an etwaigen Ueberschüssen werden das zerrüttete Verkehrswesen wieder in
Ordnung bringen und auf eine gute, finanzielle Grundlage stellen. Die Einteilung des
künftigen Reicheisenbahnnetzes in Landeseisenbahnämter usw. erscheint allerdings
nach geographischen Grenzen (Gauen) – wie vom Verfasser vorgeschlagen – weniger
zweckmäßig als nach verkehrspolitischen Gesichtspunkten.
Busse, Reg.-Bmstr.
Wirtschaftliches.
Fernversorgung des niederrheinisch-westfälischen
Industriegebietes mit Gas, Wasser und elektrischer Energie. Während bis
Ende des vorigen Jahrhunderts die meisten Gaswerke sich damit begnügten, ihre
nächste Umgebung mit Gas unter niedrigem Druck zu versorgen, hat sich seitdem immer
mehr die Bewegung Bahn gebrochen, Gas unter hohem Druck auf weite Entfernungen
fortzuleiten. Derartige Gasfernleitungen bestehen schon seit langer Zeit in Amerika,
namentlich für Naturgas und Koksofengas, und man verwendet dort mit Vorliebe Drucke
von 6 bis 8 at. Bei uns dagegen arbeiten die Gasfernversorgungen meist mit einem
Druck von nur 0,6 at und unter Zuhilfenahme von Ausgleichbehältern, wodurch der
Betrieb zuverlässiger ist und die Anlagekosten niedriger sind. Bis zum Jahre 1910
bestanden in Deutschland nur etwas mehr als 40 Fernversorgungen, durch die meist
kleinere Orte in der Nähe größerer Städte mit Gas unter mäßig hohem Druck versorgt
wurden. Nachdem man aber erkannt hatte, daß durch die Fortleitung des Gases auch auf
größere Entfernung weder der Heizwert noch die Leuchtkraft des Gases eine
wesentliche Beeinträchtigung erfährt, machte die Anlage von Fernleitungen rasch
große Fortschritte, und zwar namentlich im rheinisch-westfälischen Industriegebiet.
Damit gelangte eine Anregung von Wilhelm Siemens zur
Ausführung, der schon im Jahre 1867 darauf hingewiesen hatte, daß die Kohle am
vorteilhaftesten an der Stätte ihrer Gewinnung verarbeitet und die dabei erhaltenen
Produkte, Koks und Gas, sodann der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden.
Zuerst ist im Jahre 1910 die Stadt Barmen, als ihre Gasanstalt an der Grenze ihrer
Leistungsfähigkeit angelangt war, dazu übergegangen, Koksofengas von der Thyßenschen Zeche „Deutscher Kaiser“ zu beziehen.
An diese Fernleitung, die aus Stahlrohren von 400 bzw. 500 mm lichter Weite besteht,
wurden noch zahlreiche andere Orte, wie Hamborn, Oberhausen, Mülheim (Ruhr) u.a.
angeschlossen. Bis zum Ausbruch des Krieges und auch während der Kriegjahre haben
sich die Gasfernleitungen, wie Direktor Rosellen im
Journal für Gasbeleuchtung, 61. Jahrg., S. 457 bis 465 berichtet, nach Zahl und
Umfang stark vermehrt. Die Gasabgabe ist in Rheinland-Westfalen von 1 Mill. m8 im Jahre 1905 auf 22 Mill. m3 im Jahre 1910 und 169 Mill. m3 im Jahre 1915 gestiegen. Im Jahre 1917 betrug
die Gaslieferung der westfälischen Zechen, die auch untereinander durch
Fernleitungen verbunden sind, bereits mehr als 200 Mill. m3. Die Bedeutung dieser Zahl kommt erst recht zur
Geltung, wenn man bedenkt, daß diese Gasmenge etwa 70000
Waggons Steinkohle entspricht, deren Verfrachtung auf diese Weise erspart
wurde.
Noch größer ist die Ausdehnung der elektrischen Fernleitungen im Industriegebiete.
Auf der rechten Rheinseite sind die bedeutendsten Kraftwerke das Westfälische
Verband-Elektrizitätswerk in Dortmund, das mehr als 110 Gemeinden mit einem
Stromverbrauch von über 110 Mill. KW/st versorgt, die beiden etwa ebenso großen
Zentralen Westfalen in Bochum und „Mark“ in Hagen und schließlich das
Rheinisch-Westfälische Elektrizitätwerk in Essen, das aus seinen sieben Zentralen
ein Gebiet von etwa 6100 km2 mit einem
Stromverbrauch von über 700 Mill. kW/st versorgt. Diese vier Ueberlandzentralen
haben zusammen im Jahre 1917 über 1 Milliarde KW/st abgegeben gegenüber nur 214
Mill. KW/st im Jahre 1911. Auch auf der linken Rheinseite bestehen mehrere
Ueberlandzentralen, deren Umfang jedoch weniger groß ist; es seien nur genannt das
Kraftwerk Fortuna bei Bergheim a. d. Erft, das Kraftwerk Zukunft in Weisweiler sowie
das Kraftwerk an der Urfttalsperre.
Nicht minder wichtig ist die Versorgung des dichtbevölkerten Industriereviers mit
einwandfreiem Trink- und Nutzwasser. Die großen Städte Dortmund, Bochum, Essen und
Mülheim haben sämtlich ihre Wassergewinnungsanlagen an das Ufer der Ruhr verlegt,
neben den Gemeindewasserwerken sind aber auch mehrere Aktien-Gesellschaften an
der Wasserversorgung dieses Gebietes beteiligt, so namentlich das Wasserwerk für das
nördliche westfälische Kohlenrevier in Gelsenkirchen, das neben 150 Stadt- und
Landgemeinden 120 Kohlenzechen sowie 80 andere Industriebetriebe versorgt und dessen
Leitungsnetz eine Länge von über 1600 km hat. Der große rasch wachsende Wasserbedarf
der Industrie konnte nur durch die Errichtung zahlreicher Talsperren im Ruhrtal
befriedigt werden.
Sander.
Sonderblätter der Technischen Zeitschriftenschau für
Wärmewirtschaft. Die Technische Zeitschriftenschau des Vereines deutscher
Ingenieure gibt unter Mitwirkung der Hauptstelle für Wärme Wirtschaft
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heraus, die in Lieferungen von zwei bis vier Blättern etwa zweimal monatlich
erscheinen werden und durch ihren Inhalt sowie die Art der Anordnung hervorragend
zur unmittelbaren Einordnung in eine Kartei geeignet sind. Der Preis ist vorerst auf
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