Titel: | Polytechnische Schau. |
Autor: | W. |
Fundstelle: | Band 335, Jahrgang 1920, S. 149 |
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Polytechnische
Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Motortechnik.
30 PS-Vierzylinder-Motorschlepper. Die Firma Alldays & Onions in
Birmingham hat einen neuen Motorschlepper gebaut, der eine Anzahl neuartiger
Einzelheiten aufweist. Der Vierzylindermotor hat 110 mm Zylinderdurchmesser und 165
mm Hub. Er bildet mit dem Oberteil des Kurbelgehäuses ein einziges Gußstück, während
der Ventilkopf vom Zylinderblock abnehmbar ausgeführt ist. Der Motorpflug besitzt
Achsschenkellenkung, wobei die Vorderachse aus Flacheisen mit Distanzstücken
hergestellt ist. Die Hebel, die an den Lenkzapfen angreifen, werden durch eine Kette
verstellt. Der Motor steht durch eine Lederringkupplung mit dem dreistufigen
Wechselgetriebe in Verbindung. Die Hinterachse wird durch eine Doppelrollenkette
angetrieben. Das große Kettenrad ist auf dem Stern des Ausgleichgetriebes
angeordnet. Mit dem Kettenrad fest verbunden ist eine Seiltrommel die bei
stillstehendem Wagen, z.B. zum Abschleppen von Holz usw. verwendet werden kann.
(Engineering, 20. Febr. 1920.)
Motorfischereischiff. Für eine Fischereigesellschaft in
Neu-England wurde ein solches Holzschiff von 40,6 m Länge, 7,0 m Breite und 4,0 m
Tiefgang gebaut. Die Tragfähigkeit an Eis und Fischen ist 150 t. Der Antrieb
geschieht durch einen Sechszylinder-Viertaktmotor von 425 PSe bei 190 Umdr./min. Die Geschwindigkeit beträgt
dabei 10 bis 11 kn. Der Brennstoffverbrauch der Hauptmaschine ist 195 g/PSe i. d. Std. Ein kleinerer Oelmotor von 100 PS
treibt unter Zwischenschaltung einer Dynamo von 75 kW-Leistung und eines
Elektromotors die Fischereiwinde an. Eine zweite Motordynamo von 15 kW liefert den
Strom für die übrigen Hilfsmaschinen. Der Treibölvorrat beträgt 680 hl, ausreichend
für 18 Tage. (Ship World 1919, S. 355.)
Elektrischer Schiffsantrieb. Für ein Holzschiff von den
Abmessungen 45,7 × 7,5 x 4,6 m sind als Hauptmaschinen zwei
Achtzylinder-Dieselmaschinen von je 240 PSe bei 370
Umdr./min vorgesehen. Die beiden Dieselmaschinen liefern Strom für einen
Elektromotor von 400 PS bei 200 Umdr./min. Die ganze Maschinenanlage wiegt 56 t,
gegen 1 15 t einer Dampfmaschinenanlage der gleichen Größe. Das Schiff
„Mariner“ ist bei A. D. Story, Enex, für die
Marine Trawling Co. gebaut. (Marine Review 1919, S. 503.)
Motorschiff „Libby Maine“. Mit dem in Amerika
hergestellten Motorschiff wurden vor kurzem eingehende Probefahrten ausgeführt, über
die in einer Sitzung der „American Society of Mechanical Engineers“ in San
Francisco berichtet wurde.
Das aus Holz hergestellte 2000 t-Schiff ist für arktische Fahrten bestimmt und
deshalb besonders stark ausgeführt. Es ist 240 Fuß lang, 43 Fuß breit und hat einen
Tiefgang von 22 Fuß. Die Hauptmaschinenanlage besteht aus zwei
Sechszylinder-Dieselmaschinen, die direkt umsteuerbar ausgeführt sind. Bei 250
Uml/min ist die Maschinenleistung 420 PSi. Das
Maschinenfundament ist aus starken Holzbalken hergestellt, die mit den Schiffspanten
gut verbunden sind, so daß schädliche Verbiegungen des Maschinenfundamentes nicht
eintreten können. Um die Drehzahl der Schiff schrauben zu verkleinern, ist ein
Zahnradvorgelege mit einem Uebersetzungsverhältnis von 2,5 : 1 vorgesehen. Auf diese
Weise wird die Umlaufzahl der Schiffschrauben auf 100 i. d. Min. verkleinert und
dadurch ihr Wirkungsgrad vergrößert. Das Zahnradvorgelege ist mit dem Drucklager in
einem gemeinsamen Gußrahmen vereinigt.
Die Regulierung und Umsteuerung der Maschinen kann für beide Maschinen zugleich vom
Maschinistenstand ausgeführt werden. Beim Anlassen und Umsteuern wird in bekannter
Weise die Nockenwelle seitlich verschoben, wobei die Ventilrollen durch Drehung der
exzentrisch gelagerten Umsteuerungswelle von den Nocken der Steuerwelle abgehoben
werden. Die Verschiebung der Nockenwelle geschieht durch einen Druckluftzylinder,
der mit Oelbremsung versehen ist. Damit beim Manöverieren keine Fehler gemacht
werden können, sind selbsttätig wirkende Blockierungsvorrichtungen vorgesehen. Zum
Anlassen der Maschine mittels Druckluft sind je drei Zylinder miteinander verbunden.
Es kann somit mit drei und mit sechs Zylindern angelassen werden. Die Unterteilung
ist getroffen, um beim Anlassen mit möglichst wenig Druckluft auszukommen.
Die Kurbelwelle ist aus zwei gleichen Teilen hergestellt, der Kurelzapfendurchmesser
beträgt 7½ Zoll. Der Zylinderdurchmesser ist 12, der Kolbenhub 18 Zoll. Die
Maschinenhöhe von Kurbelwellenmitte aus gerechnet beträgt 8 Fuß, 8 Zoll. Das
Maschinengewicht wird zu 125000 lbs angegeben. Das Schiff hat bereits eine Reise
nach Honolulu und zurück ausgeführt und dabei 2440 Seemeilen zurückgelegt. Bei einer
Reisedauer von 14 Tagen 18 Stunden berechnet sich die Durchschnittsgeschwindigkeit
zu 7 kn. (Teknisk Ukeblad 1920, S. 142.)
W.
Brennstofftechnik.
Oelschieferverwertung in Amerika. Wie in England hat man
auch in den Vereinigten Staaten von Amerika während des Krieges versucht, den
bituminösen Schiefer zur Gewinnung von Heiz- und Leuchtölen heranzuziehen. Die im
Westen der Vereinigten Staaten vorkommenden
Schiefer sind nach den Untersuchungen des Geologischen Landesamtes ölreicher
als der schottische Schiefer. 1 t Oelschiefer soll durchschnittlich 50 Gallonen Oel
liefern, ein besonders ölreicher Schiefer sogar 90 Gallonen. Oelschieferlager in
Colorado sollen in der Lage sein, 20 Milliarden Faß (= 30 Milliarden hl) Rohöl zu
liefern. Dies entspricht 2 Milliarden Faß Petroleum. Auch im Staate Utha soll
ölreicher Schiefer vorhanden sein. (Chem. Industrie 1919, S. 32.)
Entgasungsversuche mit Oelschiefer. Der Mangel an Benzin,
Leuchtöl, Schmieröl usw. hat im Auslande und bei uns zu Versuchen geführt, Mineralöl
aus Oelschiefer zu gewinnen. Besonders Gasanstalten sind der Leuchtgasgewinnung aus
Oelschiefer nähergetreten. Im „Journal für Gasbeleuchtung und
Wasserversorgung“ vom 28. Februar 1920 wird von solchen Versuchen berichtet,
die im Gaswerk Stuttgart ausgeführt wurden. Die Versuche haben auch hier ergeben,
daß die Schieferentgasung nur in seltenen Fällen (z.B. bei kleinen Gaswerken mit
kleinen Retorten) wirtschaftlich sein kann. Aus 100 kg Schiefer wurden nur 9,32 m3 Gas mit 4269 WE Heizwert gewonnen. Erst bei der
Annahme, daß aus 100 kg Schiefer 15 m3 Gas von
4000 WE bei 20 v. H. Unterfeuerung gewonnen werden und einer gleichzeitigen
Rohölausbeute von 2 v. H. bei 9000 WE Heizwert, stellt sich die Rechnung
wärmetechnisch ebenso günstig wie beim Wassergas. Die Vergasung des Schiefers in
Gaserzeugern oder ähnlichen Vorrichtungen bietet mehr Aussicht auf Erfolg. Ob der
Vorschlag, an Stelle der Luft dem Gaserzeuger technisch gewonnenen Sauerstoff
zuzuführen, wirtschaftlich vorteilhaft ist, muß vorerst noch bezweifelt werden.
Oelfeuerung und Bau von Motorschiffen. Auf Handelschiffen
wird die Kohlenfeuerung immer mehr von der Oelfeuerung verdrängt. In der
Kriegsmarine der verschiedenen Länder hat die Oelfeuerung bereits vor dem Kriege
zahlreiche Anwendung gefunden. Bei Handelschiffen war man jedoch bei der
Kohlenfeuerung geblieben, denn Kohlen waren vor dem Kriege billig und überall zu
erhalten. Durch die Kohlenknappheit hat die Oelfeuerung eine sehr große Verbreitung
gefunden. 90 v. H. aller amerikanischen Schiffsneubauten werden für Oelfeuerung
eingerichtet. Auch in England findet die Oelfeuerung bei Schiffen allgemein Eingang.
Amerika mit seinem Petroleumreichtum hat großes Interesse, die amerikanischen
Schiffe mit billigem Oel zu heizen. Deshalb ist man in Amerika bereits damit
beschäftigt, zahlreiche Oelstationen zu errichten. Die Vorteile der Oelfeuerung, wie
Raumersparnis, Wegfallen des in der heißen Zone besonders lästigen Kohlens,
Verringerung der Heizerzahl, sind bereits allgemein bekannt.
Man geht aber noch einen Schritt weiter und empfiehlt den Uebergang zum Motorschiff,
womit bereits in Dänemark und Holland gute Erfahrungen vorliegen. Das Motorschiff
benötigt nur etwa ein Drittel der Menge Oel wie der mit Oel geheizte Dampfer. Vor
kurzem wurde im D. p. J. Bd. 335, S. 82 bei Besprechung des Motorschiffes
„Mississippi“ darauf hingewiesen, daß im Vergleich zum Dampfschiff große
Ersparnisse erzielt werden. Ein weiteres Beispiel hierfür ist ein schwedisches
Motorschiff von 10000 t, welches Reisen nach Nordamerika, Südamerika und zurück nach
Schweden unternimmt. Das Schiff benötigt für die Fahrt nach Amerika etwa 300 t Oel,
ergänzt dort seinen Oelvorrat auf 1000 t und trifft in Schweden mit einem Oelvorrat
von etwa 500 t ein. Da in Schweden zurzeit der Preis des Oeles etwa das Dreifache
des amerikanischen Preises ist, werden durch den Verkauf des überschüssigen
Treiböles in Schweden die Treibölausgaben für das Motorschiff ausgeglichen. Da
die Brennstoffkosten im Reedereibetrieb einen großen Anteil der allgemeinen
Betriebskosten ausmachen, so wird mit Berücksichtigung der jetzigen hohen
Brennstoffkosten die Zahl der Motorschiffe rasch zunehmen. Das hier genannte
Beispiel bezieht sich allerdings auf einen äußerst günstigen Fall. Beim Wiederaufbau
der deutschen Handelsflotte sind die großen Vorteile der Motorschiffe
dementsprechend zu berücksichtigen.
W.
Wirtschaft.
Die Petroleumgewinnung der Welt im Jahre 1918 verteilte
sich nach Mitteilungen des Reichswirtschaftsministeriums in der „Industrie- und
Handels-Zeitung“ auf folgende Länder:
In 1000 Barrels(zu 158,9 l)
in v. H.
Vereinigte Staaten
355928
69,15
Mexiko
63828
12,40
Rußland
40456
7,86
Holländisch-Indien
13285
2,58
Rumänien
8730
1,70
Indien
8000
1,50
Persien
7200
1,40
Galizien
5592
1,00
Japan
2449
0,47
Peru
2536
0,49
Trinidad
2082
0,40
Aegypten
2080
0,40
Argentinien
1321
0,26
Deutschland
711
0,14
Kanada
305
0,06
Venezuela
190
0,04
Italien
36
0,01
Das Hauptgebiet der Welt, die Vereinigten Staaten, haben auch im Jahre 1919 ihre
Gewinnung vermehrt, und zwar auf 378 Mill. Barrels. Im Oklahama-Kausas und im
Kalifornien-Bezirk wird dabei das meiste Erdöl gewonnen. Mexiko hat in der
Erdölgewinnung bereits die übrigen Länder überholt. Dabei ist erst ein geringer Teil
der mexikanischen Oelfelder erschlossen. Die Erdölgewinnung in diesem Lande hat sich
folgendermaßen entwickelt:
in 1000 Barrels
1910
3333
1914
26235
1916
40440
1918
63829
1919
84000
Die größten mexikanischen Petroleumgesellschaften sind die Mexican Eagle Co.. die Mexican Petroleum Co., die Standard Oil Co. und die
Cortez Oil Co.
Rumänien erholt sich von den Folgen des Krieges nur langsam, es hat kaum 80 v. H.
seiner Lieferfähigkeit vor dem Kriege wiedererlangt.
Englische Gesellschaften versuchen mit allen Mitteln neuerdings die Erdölvorräte in
Südpersien auszubeuten. Hier ist vor allem die Anglo-Persian
Oil Co. zu nennen. Sie wird auch die Ausbeutung der noch völlig
unerschlossenen mesopotamischen Oelfelder in die Hand nehmen.
Im Jahre 1919 wurden ganz bedeutende Kapitalien in der Petroleumindustrie festgelegt,
besonders in Amerika und England. Amerika und England entwickeln sich immer mehr zu
den Beherrschern des Petroleummarktes und wirken bestimmend auf die Preisgestaltung
ein.
W.