Titel: | Polytechnische Schau. |
Fundstelle: | Band 335, Jahrgang 1920, S. 228 |
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Polytechnische
Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Wärmekraftmaschinen.
Abwärmeverwertung bei Dampfkraftwerken. Bei
Verbrennungsmotoren steht Abwärme in hochwertiger Form, nämlich in Gestalt kleiner
Mengen fast reiner Abgase mit einer Temperatur von 400° bis 500°, zur Verfügung.
Hieraus erklärt sich der schnell durchgeführte Einbau von Abwärmeverwertern bei den
Großgasmaschinenanlagen. Nicht so günstig liegen die Verhältnisse bei
Dampfkraftwerken. Wenn man unter Abwärme im weitesten Sinne den Unterschied zwischen
dem Heizwerte des dem Kraftwerke zugeführten Brennstoffes und der abgegebenen
elektrischen Arbeit versteht, so treten bereits auf dem Lagerplatze Abwärmeverluste
durch Verstauben, Verwittern und Entgasen der Kohle ein. Sie können durch geeignete
Maßnahmen bei Anfuhr, Ausladen, Stapelung und Förderung des Brennstoffes zum
Kesselhause vermindert werden. Auch empfiehlt sich künstliche Vortrocknung von
Rohbraunkohle mit Hilfe der aus dem Vorwärmer austretenden Rauchgase, deren fühlbare
Wärme durch Heizflächen nicht mehr zu erfassen ist. Der Kapitalaufwand für
Trockenvorrichtungen und künstlichen Zug tritt gegenüber den erreichbaren Vorzügen
zurück. Vor allem kommen Trommeltrockenapparate und für größere Leistungen
Gurttrockner in Frage. Beim Umladen und Verfeuern von Braunkohlebriketts fallen
erhebliche Mengen von Kohlenstaub ab. Dieser kann fein gemahlen in
Preßluft-Staubfeuerungen verbrannt werden. Es ist anzunehmen, daß annähernd gleich
gut mit trockenem Staub aus Steinkohle, Halbkoks. Lignit, Torf usw. gearbeitet
werden kann, während jeder dieser Brennstoffe im natürlichen Zustande eine besondere
Feuerungsbauart erfordert. Die zur Herstellung des Kohlenstaubes dienenden Trocken-,
Mahl- und Fördervorrichtungen lassen sich leicht verschiedenen Brennstoffen
anpassen. Es ist daher geboten, der Frage der Kohlenstaubfeuerung die größte
Aufmerksamkeit zu widmen, denn ihre endgültige Lösung dürfte manche
Betriebsschwierigkeiten beseitigen. Die Vergasung des Torfes zwecks Gewinnung von
Kraftgas und Nebenprodukten hat sich als unwirtschaftlich erwiesen. Dieselben
Erfahrungen dürfte man bei der Anlage von Torfkraftwerken machen, so lange es nicht
gelingt, den rohen Torf ohne jede Vorbehandlung zu verwenden. Hiervon ist man
aber gegenwärtig noch weit entfernt. Größere Unternehmungen, in denen ausschließlich
Torf verfeuert wird, sind daher nicht entstanden. Auch die restlose Vergasung der
Brennstoffe unter Gewinnung von Nebenprodukten wird nicht alle Hoffnungen erfüllen,
die man an sie knüpft, denn der Durchsatz der Generatoren ist recht gering und der
Wirkungsgrad läßt viel zu wünschen übrig. Ferner befindet sich die
Stickstoffgewinnung aus den Generatorgasen in einem nicht sehr aussichtsreichen
Wettbewerb mit den neuzeitlichen Großverfahren der Luftstickstoffbindung. Eine
Erhöhung des Wirkungsgrades von Dampfkraftwerken durch Steigerung der Ueberhitzung
und des Dampfdruckes scheint in Rücksicht auf die heute verfügbaren Baustoffe nicht
ratsam. Ebensowenig kann eine weitere Vergrößerung der Einheiten aus Gründen der
Betriebssicherheit gutgeheißen werden. Erhebliche Ersparnisse lassen sich aber noch
erzielen, wenn es gelingt, die Lücke des Wärmestromes zu überbrücken, die zwischen
der Endtemperatur des Speisewassers hinter dem Rauchgasvorwärmer und der
Siedetemperatur im Kessel liegt. Man könnte zu diesem Zwecke dem Speisewasser auf
dem Wege vom Rauchgasvorwärmer zum Kessel Abdampf zuführen, der sich mit ihm mischt
und kondensiert. Auch läßt sich die Ausnutzung der Wärme bei einer größeren
Maschinenanlage oft dadurch steigern, daß man zwischen der Niederdruckstufe und dem
Kondensator einen Lufterhitzer anbringt, der durch den Abdampf erwärmt wird. Die
erzeugte Warmluft kann zur Heizung dienen. Zu demselben Zwecke läßt sich in
Einzelfällen auch das heiße Abwasser der Kondensationsanlagen verwerten. Der
Vorzüge, welche die Wärmepumpe bietet, wurde bereits in D. p. J., Heft 18 gedacht.
(M. Gercke in Heft 31 der Elektrotechnischen
Zeitschrift.)
Schmolke.
Elektrotechnik.
Untersuchung einer elektrischen Gleisanlage auf Gefährdung
durch Streuströme. In Deutschland hatten verschiedene Städte, in denen
Streustromschäden durch den Betrieb elektrischer Bahnen aufgetreten oder zu
befürchten waren, oder in denen gegen das Anfressen der
Kabel und Rohre wirksame Maßnahmen getroffen werden sollten, Untersuchungen an
den Gleisen anstellen lassen. Solche Untersuchungen werden am vorteilhaftesten durch
Sachverständige vorgenommen, die das Sondergebiet der Streuströme beherrschen und in
deren Erforschung Erfahrungen haben, die Meßmethoden genau kennen und möglichst auch
die verschiedenartigen für die Streustrommessungen besonders geeigneten Meßgeräte
besitzen. Die Vereinigte Erdstromkommission des Vereins der Gas- und
Wasserfachmänner, des Verbandes Deutscher Elektrotechniker und des Vereins Deutscher
Straßenbahn- und Kleinbahnverwaltungen ließ in einzelnen Städten vor mehr als einem
Jahrzehnt derartige eingehende Untersuchungen anstellen, um brauchbare Unterlagen
zum Aufstellen von Schutz-Vorschriften zu sammeln. Die ausgearbeiteten Ergebnisse
wurden nur einer beschränkten Zahl von Fachleuten bekannt. In Amerika hat es das
Bureau of Standards übernommen, auf Ersuchen Messungen in der Gleisanlage der Stadt
Elyria anzustellen. Es ist lehrreich, die auf Grund der Messungen vorgeschlagenen
Schutzmaßnahmen kennen zu lernen. Die Untersuchungsergebnisse sind veröffentlicht in
Heft 55 der Technologie Papers of the Bureau of Standards „Spezial Studies in
Electrolysis Mitigation“ Nr. 4. A Preliminary Report on Electrolysis
Mitigation in Elyria, Ohio, with Recommendations for Mitigation von Burton Mc. Collum und K. H.
Logan, Washington 1916.
Die Untersuchungen in der Stadt Elyria, Ohio, zeigten, daß die Spannungen in der
Gleisanlage und zwischen Gleisen und Rohrleitungen so hoch waren, daß das Entweichen
von Streuströmen begünstigt wurde und die Röhren in der Nähe des Kraftwerks, wo der
Strom aus den Röhren in die Erde übertritt, stark gefährdet waren. Tagesmittel bis
zu rund 30 Volt in den Gleisen, gemessen vom Kraftwerk an, und Spitzenwerte bis zu
50 Volt bei Höchstbetrieb im Mittel von 15 Minuten, Spannungen bis zu 9 Volt
zwischen Gleis und Röhren, wie sie dort gemessen wurden, müssen diese ernstlich
gefährden.
Für unbedingt nötig wurden nur Aenderungen an der Schienenspeisung erachtet, während
Maßnahmen an den Rohren der hohen Kosten wegen nicht für durchaus erforderlich
gehalten wurden. Zum Schutz der Bleikabel wurde ein schwaches Drainieren, das ist
Absaugen der in den Schutzmantel eingedrungenen Ströme empfohlen, wobei unter
Einschalten von Widerständen der Kabelmantel mit den Gleisen leitend verbunden
wird.
Für die Gleise wurde ein Herabmindern des Spannungsgefälles auf etwa 0,9 V/km für
ausreichend gehalten. Wenn dies erreicht wird, ist ein besonderer Schutz an den
Röhren nicht weiter nötig, wenngleich das Einfügen von isolierenden Zwischenstücken
in die Rohrleitungen deren Schutz erhöht. Bei geringer Spannung in den Gleisen kann
der Abstand solcher isolierenden Zwischenstücke auf 100 bis 150 m beschränkt
bleiben. Werden Rohrleitungen neu verlegt, könnte von vornherein auf solchen
erweiterten Rohrschutz Rücksicht genommen werden.
Die in Elyria vorhandene Speiseleitungsanlage schien nicht nur die Rohrgefahr zu
begünstigen, sie war auch unwirtschaftlich. Es wurden daher Aenderungen der
Speiseleitungen, auch Bau eines neuen Unterwerkes vorgeschlagen. Anstatt der
bisherigen Schienenspeisung, bei der in einfachster Weise die Schienenspeiseleitung
in der Nähe des Kraftwerks und an verschiedenen anderen Stellen an die Gleise
angeschlossen war, wird das Einschalten von Ausgleichwiderständen in die
verschiedenen Speiseleitungen empfohlen, um zwischen den einzelnen Speisepunkten
keine Spannung zu erhalten, wodurch die Gleise entlastet werden.
Als eine weitere Maßnahme zur dauernden Ueberwachung der Spannungen in den
Gleisen wurden Meßdrähte empfohlen, die von einer Stelle aus nach verschiedenen,
passend gewählten Punkten zu ziehen sind.
Wichtig bei vorzuschlagenden Aenderungen ist, daß die Wirtschaftlichkeit der Anlage
dadurch nicht in Frage gestellt wird. Eine genaue Durchrechnung ergab, daß die
vorgeschlagenen Abänderungen den Betrieb so wirtschaftlich gestalten, daß nicht nur
die Kosten für die neue Anlage, Gebäude nebst Grund und Boden für das neue
Unterwerk, die neuen Leitungen mit den einzuschaltenden Widerständen, die
Meßleitungen usw. voll gedeckt werden, daß sogar noch ein Gewinn herausspringt,
wobei vermehrte Zinsen, Abschreibung, Versicherung, Steuern und
Sonderbetriebsausgaben berücksichtigt sind. Die Leistungsreserve wird erhöht, die
Spitzenleistung werden vermindert, dadurch werden auch die Stromstöße geringer, der
Lichtbetrieb wird ruhiger. Durch Verringerung der Speisepunktabstände ist der
Betrieb mehr gesichert, da bei der vorgeschlagenen Aenderung eine vorübergehende
Stromunterbrechung eine geringere Gleisstrecke beeinflußt als vorher. Alle diese
Vorteile kommen bei der günstigeren Anordnung noch zu dem Schutz der Kabel und
Röhren in der Erde hinzu.
Die für die Gefährdung der Röhren wichtige Stromdichte an den Austrittstellen der
Streuströme aus den Röhren nach dem Haberschen Verfahren
mit unpolarisierbaren Elektroden oder in anderer Weise festzustellen, scheint in
Amerika noch nicht üblich, da anscheinend die Meßverfahren dort noch nicht bekannt
sind oder auf das Messen der Stromdichte kein besonderer Wert gelegt wird.
Dr. Michalke.
Werkstattstechnik.
Einkauf und Prüfung von Feilen. Die beim Einkauf von
Feilen vorzunehmende Prüfung erstreckt sich auf die Feststellung der Stahlsorte
(0,55 v. H. C. Bessemerstahl, 0,70 v. H. C. Siemens-Martin-Stahl, 1,0 bis 1,3 v. H.
C. Tiegelgußstahl), des Klanges, der Härte und der Schnittfähigkeit. Die Stahlsorte
ist meistens durch Aufschlag angegeben, wobei aber zu beachten ist, daß auch gute
Stahlsorten durch unrichtige Behandlung verdorben sein können.
Textabbildung Bd. 335, S. 229
Die Prüfung auf richtige Härte erfolgt, indem man mit der
Feile über ein mit mehreren Härteabstufungen versehenes Stahlstück hinwegfährt, das
dann anzeigt, ob eine gewisse Mindesthärte vorliegt, oder indem man mit einem
Stahlstück von bestimmter Härte über die Feile fährt; bilden sich dabei sichtbare
Striche auf der Feile, so ist sie zu weich. Schnittfähigkeit beurteilt man am
einfachsten durch Betrachten der Zahnform mittelst der Lupe. Man erkennt dann, ob
die Feile unmittelbar von der Haumaschine kommt, ob sie mit dem Sandschlammgebläse
nachgearbeitet, ob die Feilenzähne nachgeschliffen
wurden, ob die Feile schon einmal gebraucht und durch das Sandschlammgebläse
neu aufgearbeitet ist. Man kann beurteilen, ob die Feile neu oder aufgearbeitet ist,
wenn man ein Stück Weichmetall auf die Feile legt und diese soweit schräg stellt,
bis das Metallstück zu rutschen anfängt, Eine nur gereinigte Feile läßt das
Metallstück schon bei 30° Neigung, eine mit dem Sandschlammgebläse aufgearbeitete
bei 50°, eine mit geschliffenen Zähnen erst bei 70° Neigung ins Rutschen kommen.
Die zuverlässigste Art der Feilenbeurteilung besteht darin, daß man feststellt, wie
viel Feilenstriche notwendig sind, um eine gewisse Menge Feilspane vom Werkstück
abzunehmen, und bei wieviel Feilstrichen die Feile stumpf wird. In weniger wichtigen
Fällen kann man diese Prüfung durch einen Arbeiter vornehmen lassen, wobei man
natürlich auf eine Genauigkeit keinen Anspruch stellen kann. Besser ist eine
selbsttätige Feilenprüfmaschine. Die Feile wird maschinell vor einem Probestab hin-
und hergezogen. Der Probestab wird durch ein bestimmtes Gewicht an die Feile
gedrückt, beim Rückgang abgehoben. Bei jedem Hub wird ein anderes Stück des
Feilenhiebes benutzt, so daß das Arbeiten mit der Hand möglichst genau nachgeahmt
ist. Die Maschine schreibt selbsttätig Schaulinien nach Abb. 1 auf, aus denen man die Spanleistung nach der Schräge der Linien
(je steiler die Linie, um so schnittfähiger die Feile), und die Lebensdauer nach der
Länge der Linie bis zum Umbiegen in die wagerechte Richtung beurteilt. Die Prüfung
erstreckt sich nur auf ein Stück der Feilenoberfläche, das dann allerdings in der
Maschine bis zum völligen Stumpfwerden verbleibt. Als Probestab dient ein Metallstab
von 1 × 1'' Querschnitt aus Gußeisen für allgemeine Zwecke, aus dem betreffenden
Metall für Sonderzwecke. In Abb. 1 ist Nr. 1 die
schlechteste Feile, weil sie wenig schneidfähig war und schon nach beinahe 10000
Hüben stumpf wurde. Die schneidfähigste Feile war Nr. 3, was aus der großen
Steilheit der Linie 3 hervorgeht; die beste Feile war Nr. 5, die die längste Linie 5
erzielte. (Werkzeugmaschine 1920, Heft 11.)
Ernst Preger.
Gastechnik.
Leuchtgas aus Holz. Unter der Kohlennot haben die Gaswerke
ganz besonders stark zu leiden. Während sie in normalen Zeiten einen für drei Monate
oder noch längere Zeit ausreichenden Lagerbestand hatten, sind sie heute gezwungen,
aus der Hand in den Mund zu leben und sie verfügen häufig nicht einmal über die für
eine Woche erforderlichen Kohlenmengen. So war man denn auch hier genötigt, sich
nach Ersatzstoffen umzusehen, um bei unzureichender Kohlenzufuhr den Betrieb nicht
völlig einstellen zu müssen. Zahlreiche Gaswerke sind in den letzten Jahren dazu
übergegangen, den im eigenen Betrieb erzeugten Koks, der früher verkauft wurde, in
Generatoren zu vergasen und dieses Koksgas (Wassergas) zur Streckung des
Steinkohlengases zu benutzen. Während derartige Koksgasanlagen früher nur in den
Gaswerken der Großstädte vorhanden waren, findet man sie heute auch in den meisten
kleinen Gasanstalten, denn dieser „Mischgasbetrieb“ hat sich unter den
heutigen schwierigen Verhältnissen sehr gut bewährt, obschon der Heizwert des Gases
dabei eine nicht unerhebliche Verminderung erfährt.
Ein weiteres Mittel, die aus der Kohlennot sich ergebenden Schwierigkeiten zu
mildern, ist die Entgasung von Holz. Auch hiervon macht man, namentlich in
waldreichen Gegenden, ausgiebigen Gebrauch. Leuchtgas aus Holz wurde zuerst gegen
Ende des 18. Jahrhunderts von dem französischen Ingenieur Lebon hergestellt, es vermochte sich aber damals nicht einzuführen, weil
es eine zu geringe Leuchtkraft hatte. Pettenkofer in
München hat dann um die Mitte des vorigen Jahrhunderts die Holzgasgewinnung
wesentlich verbessert und sein Verfahren erlangte dank der tatkräftigen Mitarbeit
von Riedinger in Augsburg in Süddeutschland und in der
Schweiz eine weite Verbreitung. Die ersten Versuche wurden mit der Beleuchtung des
Münchener Bahnhofs gemacht, und nachdem diese erste Anlage in technischer und
wirtschaftlicher Hinsicht ein befriedigendes Ergebnis hatte, wurde in den fünfziger
Jahren die Holzgasbeleuchtung in Bayreuth, Regensburg, Erlangen, Würzburg, Ulm,
Heilbronn, Pforzheim, Darmstadt, Gießen, Koburg, Gotha, ferner in Salzburg, Linz,
Basel, Zürich, Luzern und anderen Städten eingeführt. Mit dem Ausbau des
Eisenbahnnetzes wurden jedoch die Kohlen immer billiger, während die Holzpreise
erheblich in die Höhe gingen, so daß die meisten der genannten Städte um das Jahr
1860 etwa den Holzgasbetrieb einstellten und zur Herstellung von Steinkohlengas
übergingen.
Heute kehren viele Gaswerke wieder zum Holzgasbetrieb zurück, und zwar nicht nur bei
uns, sondern auch in Dänemark, Schweden, Finnland, der Schweiz und Italien, wo sich
der Kohlenmangel, da alle diese Staaten auf ausländische Zufuhr angewiesen sind,
schon während des Krieges sehr unangenehm bemerkbar machte. In diesen Ländern wurde
zum Teil schon im Jahre 1915 die Holzgaserzeugung aufgenommen, während unsere
Gaswerke von wenigen Ausnahmen abgesehen erst im Jahre 1918 zu diesem Notbehelf ihre
Zuflucht nehmen mußten.
Der Holzgasbetrieb unterscheidet sich in mancher Hinsicht von dem
Steinkohlengasbetrieb, so daß die üblichen Retortenöfen nicht ohne weiteres
verwendbar sind. Zunächst entstehen bei der Entgasung von Holz sauer reagierende
Produkte, vornehmlich Essigsäure, die die Apparate, Rohrleitungen, Gasmesser usw.
durch Anfressung beschädigen und darum möglichst sofort bei ihrer Entstehung
unschädlich gemacht werden müssen. Dies gelingt ziemlich vollkommen, wenn man das
Holzgas einer hohen Temperatur aussetzt, wobei die Essigsäure zersetzt wird. Um auch
die letzten Säurereste mit Sicherheit unschädlich zu machen, setzt man dem Holzgas
etwas rohes Steinkohlengas zu, dessen Ammoniakgehalt eine Neutralisation der
Essigsäure bewirkt. Eine weitere Schwierigkeit ist der hohe Kohlensäuregehalt des
Holzgases, der bis zu 25 v. H. beträgt. Wenn die hierdurch bedingte geringere
Leuchtkraft des Gases auch heute, wo man fast nirgends mehr offene Gasflammen,
sondern überall Gasglühlicht verwendet, nicht mehr so nachteilig wirkt wie früher,
so wird durch den hohen Kohlensäuregehalt doch das spezifische Gewicht des Gases
beträchtlich erhöht, so daß beim Uebergang vom Steinkohlengas- zum Holzgasbetrieb
sämtliche Brenner und Gasherde neu einreguliert werden müssen. Die früher geübte
Reinigung des Holzgases mit gelöschtem Kalk, der die Kohlensäure fast vollkommen
zurückhält, stellt sich in der Regel zu teuer, es sei denn, daß man hierzu den
billigen Karbidschlamm verwenden kann, wie dies in den schweizerischen Gaswerken,
die gleichzeitig Azetylen erzeugen, geschieht. Um die teuere Kalkreinigung zu
umgehen, hat man anderwärts mit Erfolg versucht, durch Ueberleiten des Holzgases
über glühende Holzkohle die Kohlensäure zu Kohlenoxyd zu reduzieren, womit der
weitere Vorteil verbunden ist, daß das Gas an brennbaren Bestandteilen angereichert
und sein Volumen vergrößert wird.
Mit diesem Verfahren wurden im Gaswerk Stockholm z.B. recht gute Erfahrungen gemacht.
Dort wird Föhrenholz in 90 cm langen Scheiten in Schrägretorten entgast, deren
untere Hälfte stets mit Holzkohle gefüllt ist, damit die im oberen Teile der Retorte
entstehenden Gase und Dämpfe stets über die glühende Holzkohle streichen
müssen, wobei nicht nur die Kohlensäure zu Kohlenoxyd reduziert, sondern
gleichzeitig auch die Essigsäuredämpfe weitgehend zersetzt werden. Bei dieser
Arbeitsweise erhält man aus 1 t wasserfreiem Holz 850 bis 940 m3 Gas, dessen Heizwert 3000 bis 3300 WE beträgt,
sowie 190 kg Holzkohle von guter Beschaffenheit. In Dänemark wird neben Holzgas auch
Torfgas hergestellt und dieses Gemisch dem Steinkohlengas zugesetzt. In der Schweiz
endlich, wo dank der großen Wasserkräfte die Karbidindustrie sich mächtig entwickelt
hat, stellt man seit etwa drei Jahren ein Leuchtgas her, das aus 30 bis 40 v. H.
Steinkohlengas, 50 bis 60 v. H. Holzgas und 10 v. H. Azetylen besteht. Da die
Kohlennot sicherlich noch eine Reihe von Jahren weiterbestehen wird, verdienen die
Versuche mit Holzgas immerhin Beachtung, wenn es sich dabei auch nur um einen
Notbehelf handelt.
Sander.
Wirtschaft.
Ueber die günstigste Form runder Konservenbüchsen.
Dr.-Ing. G. Schneider („Der Betrieb“ Heft 10,
1920) untersucht die Frage, bei welchen Abmessungen die Herstellungskosten einer
Konservenbüchse am niedrigsten ausfallen. Er kommt zu dem Ergebnis, daß diejenige
Büchse, bei welcher der Durchmesser gleich der Höhe wird, die zweckmäßigste Form in
bezug auf Material-Ausnutzung und Herstellungskosten darstellt. Die Abbildung zeigt,
wie sich die Verhältnisse verschlechtern, wenn andere Dimensionen angenommen
werden.
Textabbildung Bd. 335, S. 231
Meller.
Zusatz der Schriftleitung: Mathematisch ist die Frage des Dr.-Ing. Schneider identisch mit der Frage nach dem Minimum der
Oberfläche eines Zylinders bei gegebenem Volumen, und in dieser Form ist natürlich
die Lösung wohlbekannt.
Zum 50jährigen Bestellen der Aachener Hochschule. Die
Technische Hochschule zu Aachen begeht am 24. Oktober 1920 die Feier ihres
50jährigen Bestehens. Ihr an diesem Tage eine Gabe zu überreichen, die es ihr
ermöglicht, ihren Schülern eine den Forderungen der Jetztzeit entsprechende
vollwertige Ausbildung zuteil werden zu lassen, vereinten sich zahlreiche
industrielle Unternehmungen und führende Männer unseres Geistes- und
Wirtschaftslebens zu der Gesellschaft von Freunden der Aachener Hochschule.
Diese wendet sich jetzt an die alten und jungen Studenten, die sich von der Aachener
Hochschule ihr wissenschaftliches Rüstzeug für das Leben geholt haben, und an alle,
denen das Gedeihen von Wissenschaft und Technik am Herzen liegt, mit der Bitte,
Mitglied zu werden, um dadurch die Bestrebungen der Gesellschaft zu
unterstützen.
Im besetzten Gebiet, an des Reiches Westmark gelegen, bedarf die Aachener Hochschule
in besonderer Weise der Förderung. Es geht um Deutschlands Jugend, Deutschlands
Zukunft! Daher darf keiner zurückbleiben, alle müssen helfen, indem sie Mitglied der
Gesellschaft werden.
(Anfragen und Anmeldungen sind zu richten an die „Gesellschaft von Freunden der
Aachener Hochschule“ (Geschäftsbüro des Vereins Deutscher Eisenhüttenleute),
Düsseldorf, Ludendorffstr. 27).
25. Hauptversammlung des Vereines Deutscher
Revisions-Ingenieure. Der Verein Deutscher Revisions-Ingenieure, dessen
Tätigkeit der Arbeiterwohlfahrt, insbesondere der Unfallverhütung gewidmet ist,
hielt am 31. August, 1. und 2. September d. J. in Stuttgart in der Liederhalle seine 25. Hauptversammlung unter Leitung des
Vorsitzenden, Oberingenieur Behr-Berlin, ab. Am ersten
Tage sprachen Oberingenieur R. Hütt-Berlin über
„Verwaltungseinrichtungen für den technischen Aufsichtsdienst bei der
Papierverarbeitungs-Berufsgenossenschaft“, Patentanwalt Dr. Hederich – Kassel über „Die Ausgestaltung der
berufsgenossenschaftlichen Unfallverhütung“, Oberingenieur Alvensleben-Berlin über „Die Tätigkeit des Ausschusses
für Unfallverhütungsnormen“, Gewerberat Dr. Müller-Darmstadt über den „Bund sozialtechnischer Vereine
Deutschlands“ und Dipl.-Ing. Heider-Augsburg über
den „Rupflinschen Wasserdruck-Vermehrungsapparat“. Darauf folgte die
Vorführung einer Fahrstuhlprüfung durch Oberingenieur Alvensleben-Berlin und Ing. Düchting-Berlin im
Salamanderbau.
Am nächsten Tage folgten im Landesgewerbe-Museum Lichtbildervorträge von
Oberingenieur Wissel-Leipzig über „Die Minderung der
Gefahren beim Fuhrwerksbetrieb“ und Patentanwalt Dr. Hederich-Kassel über „Verhinderung des Unwirksammachens von
Schutzvorrichtungen an Pressen“, sowie ein Vortrag von Oberingenieur Forroni-Stuttgart über „Wesen und Wirken der
technischen Nothilfe“. Am letzten Tage hielt Oberingenieur Dipl.-Ing. Gärttner-Stuttgart im Kunsthaus Schaller einen
Lichtbildervortrag über „Hochfrequenzkinematographie und Unfallverhütung“,
außerdem wurden die noch übrig gebliebenen Vereinsangelegenheiten erledigt und der
Betrieb des Gaswerkes besichtigt.
Hinsichtlich der Ausgestaltung der Unfallverhütung wurde nachstehende Entschließung
gefaßt: „Die Anstellung von Arbeiterkontrolleuren zur Durchführung der
Unfallverhütungsvorschriften wird aus den wiederholt bekannt gegebenen Gründen
nach wie vor abgelehnt.
Der Verein Deutscher Revisions-Ingenieure hält eine Mitwirkung von
Arbeitervertretern bei der Durchführung der Unfallverhütungsvorschriften in den
Betrieben nur in der in § 14a der Normal-Unfallverhütungsvorschriften
festgelegten Form für angezeigt.
Er spricht sich daher auch gegen eine nur zeitweilige Betätigung der
Versicherten-Vertreter als Begleiter der technischen Aufsichtsbeamten oder als
Arbeiterkontrolleure in ihnen fremden Betrieben
aus“.
Verein deutscher Maschinenbau-Anstalten. Am 17. September
fand in Berlin die ordentliche Hauptversammlung des Vereins deutscher
Maschinenbau-Anstalten statt.
Verein deutscher Ingenieure hielt am 20. bis 22. September
seine 60. Hauptversammlung in Berlin ab.