Titel: | Prüfung des Schachtausbaus während der Förderfahrt. |
Autor: | E. Jahnke, G. Keinath |
Fundstelle: | Band 335, Jahrgang 1920, S. 255 |
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Prüfung des Schachtausbaus während der
Förderfahrt.
Von Geh. Bergrat Prof. Dr. E. Jahnke, Berlin, und Oberingenieur Dr.-Ing. G. Keinath, Berlin-Siemensstadt.
(Zweite Mitteilung, Fortsetzung zur Mitteilung in
diesem Bande S. 119 bis 125.)
JAHNKE-KEINATH: Prüfung des Schachtausbaus während der
Förderfahrt.
Vor einigen Wochen hatten wir Gelegenheit, unsere Versuche „zur Messung der
Beschleunigung auf Förderanlagen“ auf den Zechen des Kalikonzerns Burbach,
der Gewerkschaften Braunschweig-Lüneburg und Wefensleben fortzusetzen, wobei wir
unseren inzwischen umgebauten Vertikalbeschleunigungsmesser verwendeten. Ueber die
Einzelheiten dieser Messungen werden wir an anderer Stelle eingehend berichten. Hier
begnügen wir uns, auf eine bemerkenswerte Schlußfolgerung hinzuweisen, die sich aus
den Beschleunigungs-Diagrammen auf Schacht Bartensleben
ergab. Wir hingen den selbstregistrierenden Meßapparat zunächst in der Schale des
nördlichen Trums, sodann in der Schale des südlichen Trums auf und erhielten in dem
auf- und niedergehenden Korb die Diagramme in den Abb. 1 und 2 bzw. 3 und 4.
Was nun an den Diagrammen, besonders an den Diagrammen des nördlichen Trums,
auffällt, sind die Seilschwingungen, die ausgelöst werden, sobald der Korb eine
bestimmte Stelle des Schachts passiert. Sie sind nicht zufällig. Wir ließen den
Apparat etwa 10 Minuten lang in jedem Korbe hängen, aber alle Diagramme, die
aufgezeichnet wurden, zeigten die gleichen anormalen Seilschwingungen an der
gleichen Stelle. Der Korb verläßt die Hängebank mit Seilschwingungen von hoher
Frequenz, da er am kurzen Seile hängt. Mit zunehmender Seillänge wird die Frequenz
kleiner, erfährt aber an der Störungsstelle eine plötzliche Steigerung auf etwa 1,2,
um danach die der jeweiligen Länge entsprechenden Werte der Eigenfrequenz
wieder anzunehmen. Bei der Ankunft am Füllort ist die Frequenz ungefähr 0,8. Die
Störungsstelle des nördlichen Trums hat von Hängebank einen ungefähren Abstand, der
sich aus der Fahrzeit von 24'' der mittleren Anfahrbeschleunigung von 0,4 m/sek2 und vmax = 8 m/sek zu etwa 115 m errechnet; für
den südlichen Trum hat er den Wert von etwa 70 m.
Für die Erklärung dieser Stoßschwingungen im Seil kamen nun im vorliegenden Fall nur
zwei Ursachen in Betracht: entweder ein Bremsstoß durch die Steuerung oder ein
Fehler im Schachtausbau. Die erste Ursache mußte ausscheiden, weil einmal die
Stoßschwingungen ganz systematisch und genau an der gleichen Stelle auftreten bei
allen Diagrammen des Trums, und zweitens weil die Diagramme, die wir gleichzeitig
mit dem Drehbeschleunigungsmesser unmittelbar an der Welle des Fördermotors
aufgenommen haben, keine bemerkenswerten Unstetigkeiten der Beschleunigung
aufweisen.
Wir zogen hiernach den Schluß, daß die Spurlatten des Schachtes einen anormalen
Verlauf haben müssen und zwar im nördlichen sowohl wie im südlichen Trum etwa 115 m,
bzw. 70 m von Hängebank. Als wir dem Betriebsführer auf Grube Bartensleben diese
Mitteilung machten, erklärte er, daß ihm das Vorhandensein dieser Störungsstellen
wohlbekannt wäre. „Die Spurlatten gingen an den bezeichneten Stellen aus der
Lotrechten heraus. Vermutlich habe eine Verlagerung der Einstriche infolge von
Gebirgsdruck stattgefunden.“
Textabbildung Bd. 335, S. 256
Abb. 1 bis 4. Schacht Bartensleben, Hauptforderung. Koepe angetrieben durch
zwei Drehstrom-Kollektormotoren mit je einem Zahnradvorgelege (Pfeilräder) SSW
Teufe 506 m. An Hängebank früher Keps, jetzt ohne Aufsatzvorrichtung; am Füllort
Schwingbühne. Zeitdauer 80 Sek. vmax = 8 m/sek. Mit Karlikdiagramm.Abb. 1.
Normale Güterfahrt abwärts im nördlichen Trum.Abb. 2. Normale Güterfahrt
aufwärts im nördlichen Trum.Abb. 3. Normale Güterfahrt abwärts im südlichen
Trum.Abb. 4. Normale Güterfahrt aufwärts im südlichen Trum.
Eine ähnliche Schlußfolgerung konnten wir in bezug auf den Schachtausbau der
Grube Grasleben der Gewerkschaft Braunschweig-Lüneburg ziehen, worüber wir die
Unterlagen in dem oben erwähnten ausführlichen Bericht bringen werden.