Titel: | Polytechnische Schau. |
Fundstelle: | Band 335, Jahrgang 1920, S. 269 |
Download: | XML |
Polytechnische
Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Maschinentechnik.
Kespurit. Das Kesselsteinmittel, welches neuerdings
Kespurit genannt ist, ist kein Kesselsteinlösungs- sondern ein
Kesselsteinverhütungsmittel, das heißt, es bewirkt keine chemische Umsetzung der
kesselsteinbildenden Substanzen, wie die Soda, die das im Wasser gelöste
schwefelsaure Kalzium, den Gips (CaSO4), in unlösliches einfachkohlensaures Kalzium (CaCO3) verwandelt,
sondern Kespurit verursacht, daß die kesselsteinbildenden Substanzen, besonders der
Gips, beim Verdampfen des Wassers sich nicht als fester Stein auf die
Kesselwandungen absetzen, sondern als weiches, loses Pulver, das sich ohne Klopfen
durch kaltes Wasser mühelos ausspülen läßt.
Ein praktischer Versuch mit einem Kessel des Instituts für Gärungsgewerbe in Berlin,
über den M. Schirmer in der Wochenschrift für Brauerei, Nr. 34 vom 21. August 1920,
berichtet, hat dies bewiesen. Dort wurden dem Kessel während einer Betriebszeit von
etwas über drei Monaten 550 m3 Wasser mit einer
Härte von 33,5° eingepumpt und darin verdampft. Der Erfolg war überraschend. Der
Kessel war vollkommen kesselsteinfrei geblieben; es fand sich nur eine große Menge
ganz weicher, loser Schlamm, der leicht entfernt werden konnte. Dieser Schlamm
bestand, nach der Analyse, die das Laboratorium des Instituts ausgeführt hat, in der
Hauptsache aus 35,9 v. H. Kalk (CaO) und 48,1 v. H.
Schwefelsäure (SO3),
woraus 76,6 v. H. Gips berechnet ist. Der Schlamm besitzt also genau die gleiche
chemische Zusammensetzung wie der feste Stein; der Gips ist Gips geblieben, er
ist nicht chemisch zersetzt, sondern er wurde nur daran verhindert, sich auf den
Kesselwänden festzusetzen.
Die Verwendung des Kespurits an Stelle von Soda hat noch den Vorteil, daß die
Kesselarmaturen von Kespurit nicht angegriffen werden, während bei der Anwendung von
Soda nicht nur das im Wasser gelöste schwefelsaure Kalzium (CaSO4) in unlösliches kohlensaures
Kalzium (CaCO3)
verwandelt wird, sondern es entsteht auch im Wasser gelöst bleibendes schwefelsaures
Natrium – Glaubersalz – (Na2SO4). Dieses greift die
Kesselarmaturen, besonders die Wasserstand- und Ablaßhähne so stark an, daß sie oft
nachgeschliffen oder nachgedreht werden müssen, und doch kaum dauernd dicht zu
halten sind. Diese unangenehme Begleiterscheinung bei Anwendung des Sodaverfahrens
hat wohl dazu beigetragen, daß es niemals vollkommen befriedigt hat, auch selbst
dann nicht, wenn ein besonderer Klärbehälter und Filter damit verbunden ist. Das
Glaubersalz, dessen Bildung sich nicht vermeiden läßt, übt stets seine zerstörende
Wirkung auf die Armaturen aus.
Kespurit ist im Wasser leicht löslich, das Destillat aus diesem Wasser ist völlig
geruch- und geschmackfrei; Kespurit gibt an den Dampf, der aus Kespuritwasser
entstanden ist, keinerlei Geruch- und Geschmackstoffe ab, kann also unbedenklich in
Brauereien, Zuckerfabriken und Nahrungsmittelbetrieben angewendet werden.
Zur Verhütung von festem Stein muß dem Kesselwasser für je einen Grad Härte und ein
Kubikmeter verdampften
Wassers eine bestimmte ausprobierte Menge Kespurit zugesetzt werden. Die Härte
des Speisewassers läßt sich durch eine Analyse leicht zuverlässig feststellen; nicht
so leicht ist es, die Menge des Speisewassers zu ermitteln, die in den Kessel
eingepumpt wird. Hierbei werden leicht Fehler gemacht, die entweder dazu führen, daß
zuviel Kespurit gebraucht wird, was keinen anderen Fehler hat, als den überflüssige
Kosten, oder zu wenig, wodurch der Erfolg des Kespurits kein vollständiger ist,
wofür aber nicht das Mittel selbst, sondern ausschließlich die Unkenntnis der
notwendigen Menge daran die Schuld trägt.
Bei der Entscheidung der Frage, ob es sparsamer ist, den Dampfkessel in der
bisherigen Weise von Zeit zu Zeit klopfen zu lassen, oder ihn durch Anwendung von
Kespurit dauernd steinfrei zu halten, darf nicht nur der Kostenaufwand für das
Kespurit einerseits – und die Kesselklopferkosten andererseits, sondern es muß
außerdem auch die Brennstoffersparnis berücksichtigt werden, die ein steinfreier
Kessel verursacht. Wenn auch die Ansichten darüber noch nicht geklärt sind, wie weit
der Kesselstein die Nutzwirkung eines Kessels herabsetzt, kann dieser Betrag doch
sicher mit 5 v. H. angenommen werden. Die Kespuritkosten betragen dagegen selten
mehr als 1 bis 2 v. H. der Kohlenkosten, wenn das Wasser nicht ungewöhnlich hart
ist.
Prof. Goslich.
Motortechnik.
Verwendung von Gasmaschinenabgasen. Bei einem Sauggasmotor
wurden die Abgase dazu verwendet, um Holz in Holzkohlen zu verwandeln. Auf diese
Weise wurde zugleich das Kraftgas für den Motor erhalten. Die Einrichtung bestand
aus einem gemauerten Ofen, der etwa 2800 kg faßte. Daraus wurden in 24 Stunden etwa
870 kg Holzkohle erhalten. Der 60 PS-Motor war dabei halb belastet. Die so
erhaltenen Holzkohlen waren von guter Beschaffenheit. Aehnliche Erfolge sollen auch
mit Holzspänen möglich sein. Da sich der Auspuffwiderstand des Motors vergrößert,
verkleinert sich sein Wirkungsgrad. Es sind bereits mehrere solche Anlagen in
kohlenarmen Ländern wie z.B. Algier in Betrieb. (Engineer, 17. September 1920.)
Dieselmotoren für Wasserwerke. Zum Antrieb von Pumpen für
kleinere und mittlere Wasserwerke sind in neuerer Zeit vielfach Dieselmaschinen
verwendet worden. Durch ihre rasche Betriebsbereitschaft, ihren gleichmäßigen Gang,
ihre billige Bedienung und geringen Betriebskosten sind sie besonders für
Wasserwerke geeignet, die vom Verkehr abseits liegen. Im „Journal für
Gasbeleuchtung und Wasserversorgung“, 1. Mai 1920 werden einige Beispiele
solcher kleinen Wasserwerke angeführt: Stellingen bei Hamburg, Gröber i. Sa. und
Insterburg. Hier sind Dieselmaschinen von 50, 30 und 40 PS verwendet. Im Wasserwerk
zu Stellingen ist eine liegende Dieselmaschine zum Antrieb einer Pumpe aufgestellt
für 120 m3/st bei 55 m Förderhöhe und einer
Vorpumpe von 125 m3/st bei 22 m Förderhöhe. Die
Pumpen werden mit 50 Uml/min durch Riemen angetrieben. Dabei hat sich für 1 m/t ein
Brennstoffverbrauch von 0,85 g ergeben. Dies entspricht 230 g/st für 1 PSe. Die Dieselmaschine im Wasserwerk zu Insterburg
wird mit Vertikalofenteer des städtischen Gaswerkes betrieben.
W.
Kältetechnik.
Ein neuzeitliches Kühlhaus. Während des Krieges wurde in
Leipzig ein neues, mit allen Vervollkommnungen der Kältetechnik ausgestattetes
Kühlhaus errichtet, das zur Konservierung von Lebensmitteln aller Art dient und wohl
das größte Kühlhaus Deutschlands sein dürfte. Das in der Nähe des neuen
Leipziger Hauptbahnhofs gelegene „Kühlhaus Zentrum“ wurde fast ganz in
Eisenbeton erbaut, es ist 85 m lang, 20 m tief und besitzt nicht weniger als 7
Geschosse von je 4 m lichter Höhe. Der ganze Bau enthält 24 Kühlhallen mit etwa
12000 m2 Bodenfläche und rund 45000 m3 Inhalt, die, wie die Zeitschrift „Eis- und
Kälte-Industrie“ Bd. 21, S. 1 berichtet, selbst im Hochsommer auf einer
Temperatur bis zu 18° C unter Null gehalten werden können. Bei dieser tiefen
Temperatur können Fleisch, Fische, Butter, Eier und alle anderen leicht verderbenden
Lebensmittel praktisch unbegrenzte Zeit frisch erhalten werden. Die sämtlichen Räume
des neuen Kühlhauses können etwa 240000 Zentner Waren aufnehmen, das ist das
Fassungsvermögen von 1200 Eisenbahnwagen. Für die An- und Abfuhr der Kühlgüter sind
zwei Anschlußgeleise mit zwei Drehscheiben angelegt, ferner sind fünf elektrische
Fahrstühle von je 1500 kg Tragkraft vorhanden. Die Kühlräume sind mit 12 bis 14 cm
dicken Korkplatten isoliert und vollkommen feuersicher.
Die Maschinenanlage besteht aus vier Ammoniak-Kompressoren mit einer Gesamtleistung
von 1,4 Mill. Kalorien, aus vier Verdampfern und vier Kondensatoren sowie
zahlreichen Pumpen, die das Kühlwasser sowie die kalte Salzsole in die Kühlräume
fördern. Ferner sind 24 Luftkühler und Ventilatoren vorhanden, die der
Kälteübertragung dienen. Die sämtlichen Maschinen besitzen elektrischen Antrieb, und
zwar sind hierfür 40 Elektromotoren von zusammen rd. 1000 PS vorhanden. Schließlich
enthält das neue Kühlhaus noch eine Reihe von Dienstwohnungen, sowie Speise- und
Waschräume für die Angestellten. Die Räume sind seit der Eröffnung des Kühlhauses
stets voll belegt und enthalten Waren im Werte von mehr als 100 Mill. M.
Sander.
Gastechnik.
Neue Stickstoff-Düngemittel. Unter der Bezeichnung
„Deutscher synthetischer Salpeter“ bringt die Badische Anilin- und Sodafabrik Natronsalpeter mit 16 v. H. Stickstoff auf
den Markt, der aus synthetischem, nach dem Verfahren von Haber gewonnenem Ammoniak hergestellt ist, und zwar wird das Ammoniak in
Kontaktöfen mit Luft und unter der katalytischen Wirkung von Metalloxyden verbrannt,
die dabei gebildeten Stickoxyde durch Luft weiter zu Salpetersäure oxydiert und
letztere mit Sodalösung schließlich neutralisiert. Dieser deutsche Salpeter zeichnet
sich vor dem Chilesalpeter durch größere Reinheit aus, da er namentlich frei von
Perchlorat ist; auch ist er nicht so hygroskopisch und läßt sich infolgedessen
leichter streuen und lagern, weil er nicht so rasch zusammenbackt wie
Chilesalpeter.
Durch Umsetzung von Ammonsalpeter mit Chlornatrium wird ferner ein
Natronammonsalpeter hergestellt, der 18 bis 19 v. H. Stickstoff enthält, und zwar je
zur Hälfte als Chlorammonium und als Natriumnitrat. Analog erhält man
Kaliammonsalpeter mit 15 bis 16 v. H. Stickstoff und 23 bis 25 v. H. Kali. Auf diese
Weise läßt sich das Ammonnitrat, das bekanntlich an der Luft zerfließt und
infolgedessen für sich allein als Düngemittel nicht verwendbar ist, in wenig
hygroskopische, hochwertige Düngemittel umwandeln.
Schließlich ist noch der Ammonsulfatsalpeter als neues Düngemittel zu erwähnen; er
vereinigt in sich die Vorzüge des Salpeterstickstoffs und des Ammoniakstickstoffs.
Denn von den 27 v. H. Gesamtstickstoff, den dieses neue Düngemittel enthält, sind
etwa 8 v. H. rasch wirkender Salpeterstickstoff und die übrigen 19 v. H.
Ammoniakstickstoff, der im Boden zwar langsamer, dafür aber nachhaltiger wirkt Es
ist klar, daß bei dem Versand dieses hochwertigen Düngemittels nicht unbeträchtlich
Ersparnisse an Frachtraum und Frachtgebühren erzielt werden gegenüber dem Bezug
des stickstoffärmeren Chilesalpeters oder Ammoniumsulfats.
Gewinnung von chemisch reinem Stickstoff aus der Luft. Die
bekannten Verfahren zur Gewinnung von Stickstoff aus der Luft, sei es durch
Ueberleiten der Luft über glühendes Kupfer oder auf dem Umweg über flüssige Luft,
ermöglichen nicht, unmittelbar Stickstoff von solcher Reinheit zu gewinnen, wie er
für die Fabrikation elektrischer Glühlampen sowie für andere Zwecke benötigt wird.
Für diese Verwendung hat die Allgemeine
Elektrizitäts-Gesellschaft in Berlin ein Verfahren ausgearbeitet (D. R. P.
295654), das es ermöglichen soll, Stickstoff von mehr als 99,5 v. H. Reinheit
unmittelbar aus der Luft zu gewinnen. Zu diesem Zweck wird der Luftsauerstoff durch
eine Wasserstoffflamme verbrannt, und zwar werden die beiden Gase vor der Vermengung
auf die Verbrennungtemperatur erhitzt, wodurch eine vollkommene Vereinigung des
Sauerstoffs mit dem Wasserstoff erzielt werden soll. Zur Ausführung des Verfahrens
dient ein poröses Diaphragma, das auf 800 bis 900° erhitzt wird. Das eine der beiden
Gase wird durch die Poren des Diaphragmas hindurchgeleitet, wobei es auf die
gewünschte Temperatur erhitzt wird, während das andere Gas durch Vorbeiführen an dem
Ofen infolge der Wärmeausstrahlung der erhitzten Oberfläche des Ofens auf die
erforderliche Temperatur gebracht wird. Die bei der Verbrennung des Wasserstoffs
frei werdende Wärme wird in der Regel ausreichen, das Diaphragma auf der
erforderlichen Temperatur zu erhalten, so daß eine Erhitzung von außen nur zu Beginn
der Reaktion notwendig ist.
Zur Ausführung der Verbrennung dient ein elektrisch geheiztes Alundumrohr, das von
einem Gehäuse luftdicht umgeben ist. Der Zwischenraum zwischen beiden ist zur
Vermeidung von Explosionen mit grobem Sand gefüllt. In diesen Raum wird durch ein
oben einmündendes Rohr Wasserstoff eingeleitet, während die Luft durch das
Alundumrohr hindurchströmt, dessen Inneres durch ein Fenster beobachtet werden kann.
Der Heizdraht kann aus Wolfram hergestellt werden, da die Füllung des Zwischenraumes
zwischen dem Rohr und dem Eisengehäuse mit Wasserstoff die Oxydation des
Wolframdrahtes wirksam verhindert.
Nach dem Anheizen des Ofens wird der Wasserstoff von oben in den Ofenraum
eingeleitet, der Wasserstoff durchdringt die poröse Füllung des Gehäuses sowie das
poröse Rohr, in dem er sich mit dem gleichfalls hocherhitzten Luftsauerstoff
verbindet. Der Druck der beiden Gase wird so eingestellt, daß der zugeführte
Wasserstoff ausreicht, den gesamten Sauerstoff der Luft zu binden. Das den Ofen
verlassende Gasgemisch besteht fast ausschließlich aus Stickstoff und Wasserdampf.
Nach der Kondensation des Wasserdampfes wird das Gas noch durch ein mit Kupferoxyd
und metallischem Kupfer gefülltes, hoch erhitztes Rohr geleitet, auf welche Weise
sowohl Spuren von Sauerstoff als auch ein etwaiger Ueberschuß von Wasserstoff
entfernt wird. Das beschriebene Verfahren kann auch für andere Zwecke, so z.B. zur
Abscheidung von Argon aus der Luft oder aus sauerstoffhaltigen Gemischen dienen.
Sander.
Werkstattstechnik.
Sind unsere Werkzeugmaschinen zu verwickelt? Diese Frage
untersucht S. Weil in der Werkstattstechnik 1920, Heft 6,
und kommt dabei zu folgenden Ergebnissen: Dem an der Maschine beschäftigten Arbeiter
kann die scheinbar verwickelte Bauart seiner Maschine gleichgültig sein, so lange
sie ohne Störung arbeitet und Instandsetzungsarbeiten, Auseinandernehmen usw.
nicht veranlaßt. Die meisten Klagen werden erst dann laut, wenn die Getriebkästen
usw. geöffnet werden und der Arbeiter sich in dem Heer von Hebeln, Rädern,
Kupplungen usw. nicht auskennt, zumal eine Zeichnung der inneren Einrichtung oft
nicht vorhanden ist.
Die Antriebsräderkästen, gegen deren verwickelten Bau sich häufig Klagen richten,
sind gebaut worden, um den Riemen auch bei der schnellsten Umlaufzahl der Maschine
die notwendige Durchzugkraft zu sichern und die verschiedenen Geschwindigkeitsstufen
bequem und schnell einstellen zu können, was bei Stufenscheibenantrieben besonders
bei breiten Riemen nicht ohne weiteres der Fall ist. Zugegeben wird die billigere
Bauart der Stufenscheibenantriebe, die in jetziger wirtschaftlich gespannter Zeit
erneute Bedeutung erhalten können.
Die Eilverstellungen der schweren Supporte an Hobelmaschinen und Karusselldrehbänken
bringen große Lohnersparnis, wodurch die notwendige Verwickelung der Bauart wohl
Berechtigung erhält. Dasselbe gilt von den Blockierungseinrichtungen, die das
ungewollte gleichzeitige Einrücken gegenteiliger Bewegungen bzw. das Anrennen der
Supporte in ihren Endstellungen verhindern.
Große Drehbänke mit 2500 mm und mehr Spitzenhöhe müssen notgedrungen eine gewisse
Verwickelung zeigen, weil sie sonst kaum bequem durch den Arbeiter zu bedienen sein
würden. Karusselldrehbänke haben vielfach getrennte Vorschübe für jeden Support, was
wohl nicht zu häufig ausgenutzt wird und bei kleineren und mittleren Bauarten in
jetziger Zeit eine Vereinfachung gestatten würde.
Die verwickeltste Bauart weisen zweifellos die Wagerechtbohr- und Fräsmaschinen auf,
besonders solche mit einem auf dem Bett verschiebbaren Ständer. Es werden aber an
diese Maschine eine verhältnismäßig sehr große Anzahl Aufgaben gestellt. Es sollen
auf ihnen große Zylinderbohrungen bearbeitet und Löcher mit dem Spiralbohrer gebohrt
werden. Man will auf ihnen Flanschen abdrehen, große Flächen mit Messerköpfen
abfräsen, wobei man selbsttätige Schaltung des Ständers auf dem Bett als auch des
Spindelkastens auf dem Ständer verlangt. Man will auf ihnen Gewinde schneiden und
kleinere Nuten ausfräsen. Die Arbeiten auf verschiedene einfachere Maschinen
verteilen würde ein häufiges Umspannen der Werkstücke bedeuten, was gern vermieden
wird. Diese Maschinen brauchen also besonders viel Geschwindigkeits- und
Vorschubstufen, müssen also notgedrungen verwickelte Bauart haben, solange man an
den vielen Aufgaben der Maschinen festhält und mit Recht verlangt, daß alle
Einstellungen vom Standort des Arbeiters aus erfolgen, ohne daß dieser um die ganze
Maschine herumlaufen oder auf ihr herumklettern muß. Sollen die Maschinen außerdem
noch imstande sein, schräge Bohrungen auszuführen, so muß Ständer und Spindelkasten
schräg einstellbar sein, was naturgemäß die Bauart noch mehr verwickelt.
Senkrecht- und Radialbohrmaschinen sind verhältnismäßig einfach geblieben. Im
Gegenteil hat durch die Einführung des unmittelbaren Antriebs der Bohrspindel durch
einen Senkrechtmotor eine gewisse Vereinfachung Platz gegriffen.
Auch die Planhobelmaschinen sind im großen und ganzen einfach geblieben, haben sogar
mit dem Ersatz der Riemenwechselgetriebe durch unmittelbaren elektrischen Antrieb
eine Vereinfachung erfahren. Shaping- und Stoßmaschinen haben vielfach eine gegen
früher erhöhte Rücklaufgeschwindigkeit bekommen. Ob aber die größere Verwickelung
der Bauart diesen Vorteil aufwiegt, wird mehrfach bestritten.
Die neuzeitlichen Maschinen können nicht einfacher gebaut werden, sollen sie den
gestellten Aufgaben gerecht weiden. Die Besteller sollten aber bei Neuanschaffung
prüfen, ob nicht eine einfachere Bauart für ihre Zwecke genügt, wobei aber zu
berücksichtigen ist, daß die Reihenerzeugung der Maschinen nicht gestattet, für
jeden einzelnen Kunden andere Geschwindigkeiten einzuführen. Die auf Wunsch
gesondert gebaute Maschine wird oft nicht billiger sein, als die in Reihen
hergestellte Maschine, die allen üblichen Anforderungen gerecht wird.
Ernst Preger.
Wärmetechnik.
Zur Thermodynamik des Wasserdampfes. Als Mollier im Jahre 1904 zuerst die in der Folgezeit zur
Lösung thermodynamischer Aufgaben so wichtig gewordenen Wärmeinhalt-Entropie (i, s) – Tafeln veröffentlichte, legte er ihrem Entwürfe
die Annahme zugrunde, daß für überhitzten Wasserdampf die spezifische Wärme bei
gleichbleibendem Drucke (cp) unveränderlich sei. Indessen schon im nächsten Jahre erkannte er
die Unhaltbarkeit der gemachten Voraussetzung. Er benutzte daher bei einer neuen
Herausgabe der i, s- Diagramme nicht mehr die auf der
erwähnten, irrigen Annahme aufgebaute Zeunersche
Zustandsgleichung, sondern eine Formel, die Callendar für
das spezifische Volumen v angibt. Durch diese wird die
durch Versuche festgestellte Abhängigkeit des Wertes v
von der absoluten Temperatur T und dem spezifischen
Drucke p mit größter Genauigkeit wiedergegeben. Jedoch
führt die Berechnung von cp unter Benutzung der Gleichung Callendars
zu Ergebnissen, die eine recht geringe Uebereinstimmung mit den durch unmittelbaren
Messungen gefundenen Werten der spezifischen Wärme zeigen. Dieser Mangel fand sich
aber nicht nur bei Anwendung der genannten Formel, sondern auch bei den anderen, die
wechselseitigen Beziehungen der Zustandsgrößen angebenden Ausdrücken, die von R. Linde sowie Goodenough
gefunden wurden. Alle diese Gleichungen haben nämlich die Form
v=\frac{R\,T}{p}-\Delta\,v, wo R
die Gaskonstante und Δv ein Berichtigungsglied
darstellt. Soll nun cp
berechnet werden, so benutzt man die durch Clausius
gegebene Beziehung
\left(\frac{∂\,c_p}{∂_p}\right)_T=-A\,T\,\left(\frac{∂^2\,v}{∂\,T^2}\right)_p,
in der A das mechanische Wärmeäquivalent ist. Man
erhält, wie ein Blick auf die obige Formel für v lehrt,
c_p=c_{p_0}+A\,T\,\int_0^p\left(\frac{∂^2\,\Delta\,v}{∂\,T^2}\right)
und erkennt, daß der Unterschied von cp und der spezifischen Wärme im idealen
Gaszustande cp0 nur von
dem unsicheren und kleinen Berichtigungsgliede abhängt, bei dessen zweimaliger
Differentiation leicht Fehler auftreten. Jacob
bezeichnete daher im Jahre 1912 die allen bis dahin aufgestellten
Zustandsgleichungen gemeinsame Form des Berichtigungsgliedes Δv = f(p) • g(T) als Ursache der fruchtlosen
Versuche, auf dem gekennzeichneten Wege cp aus v zu
bestimmen. Er schlug vor, Δv die allgemeinere Form h (p, T) zu geben. Ueberdies bewies er auf graphischem
Wege, daß die Grundlagen der Clausiusschen Gleichung
unzweifelhaft richtig seien, indem er unter Benutzung der damals vorliegenden
Beobachtungen der spezifischen Wärme durch Knoblauch, Hilde
Mollier und andere ein System von cp-Isobaren im cp, t-Diagramm entwarf und hieraus die
v-Werte durch zeichnerische Behandlung gemäß der genannten Formel fand. Einen
weiteren Fortschritt verdankt man R. Plank. Er stellte
1916 eine Gleichung für cp unter Zugrundelegung der Isobaren Jacobs
auf, aus der man das spezifische Volumen in einwandfreier Weise feststellen
kann. Die gefundene Zustandsgleichung hat ein Berichtigungsglied von der durch
Jacob gewünschten Form, scheidet aber infolge ihrer
verwickelten Gestalt für den praktischen Gebrauch aus. Plank hatte somit eigentlich nur ein mathematisches Problem gelöst, indem
er zeigte, daß man auch auf rechnerischem Wege durch die Clausiussche Beziehung von cp nach v bzw.
von v nach cp gelangen kann. Eine in jeder Hinsicht
befriedigende Behandlung der vorliegenden Aufgabe liegt in der soeben
veröffentlichten 220. Forschungsarbeit auf dem Gebiete des Ingenieurwesens vor,
deren Bedeutung für die Thermodynamik des Wasserdampfes sehr hoch zu veranschlagen
ist.
Der Verfasser Eichelberg entwickelt zunächst aus dem durch
Knoblauch und Winkhaus auf
Grund ihrer neuen Versuchsergebnisse entworfenen System von cp-Isobaren im cp, t-Diagramm eine zweigliedrige
Potenzreihe für die spezifische Wärme, die den höchsten Anforderungen in bezug auf
Genauigkeit entspricht. Er benutzt hierbei ein zeichnerisches Verfahren, das
Beachtung verdient, da es zur Lösung anderer Aufgaben ähnlicher Art mit Vorteil
verwendet werden kann. Von der cp-Gleichung gelangt Eichelberg unter Benutzung des von Clausius angegebenen Ausdruckes zu einer Zustandsformel,
die infolge ihres einfachen Baues durchaus zum praktischen Gebrauche verwendbar ist
und die Werte von v ausgezeichnet wiedergibt. Der
Wärmeinhalt i und die Entropie s lassen sich gleichfalls mit unübertrefflicher Annäherung aus den cp- und v-Formeln unter Zuhilfenahme der bekannten
thermodynamischen Beziehungen feststellen. Auch die Berechnung des Sättigungsdruckes
und der Verdampfungswärme führt zu sehr befriedigenden Ergebnissen. Eine besonders
interessante, von Eichelberg gelöste Aufgabe ist die
rechnerische Bestimmung des Exponenten der Dampfadiabate.
Bekanntlich pflegt man die hyperbelförmigen adiabatischen Ausdehnungs- und
Verdichtungskurven des überhitzten Wasserdampfes durch Gleichungen von der Form
p\,v^{k_s}=C darzustellen. Der Exponent xs wurde von Zeuner = 1,33, von Mollier und
Callendar = 1,3 gesetzt. Schule gelangte zu der
Annahme, daß der Mittelwert von xs zwischen 1,3 und 1,35 schwanken kann. Sicherlich ist der
Exponent kein Festwert und darf auch nicht gleich dem Bruche
\frac{c_p}{c_v} angenommen werden, in welchem der Nenner die
spezifische Wärme bei gleichbleibendem Rauminhalte ist, da die Gleichung der
Gasadiabate für Dämpfe keine Gültigkeit besitzt. Die Bestimmung von xs muß vielmehr auf
folgendem Wege geschehen:
Der aus der Wärmetheorie der Gase bekannte Ausdruck cP – cv = AR
besteht bei Wasserdampf nicht zu Recht, weil dieser keineswegs der Gasgleichung pv = RT folgt. Es gilt vielmehr die Formel
c_p-c_v=A\,T\,\left(\frac{∂\,v}{∂\,T}\right)_p\,.\,\left(\frac{∂\,p}{∂\,T}\right)_v
welche von M. Plank angegeben und auch von Schule im
zweiten Bande seiner Thermodynamik entwickelt wird. Bildet man ferner die partiellen
Differentialquotienten der Zustandsgrößen, so erkennt man, daß
\left(\frac{∂\,p}{∂\,T}\right)_v=-\frac{\left(\frac{∂\,v}{∂\,T}\right)_p}{\left(\frac{∂\,v}{∂\,p}\right)_T}
ist, wodurch sich ergibt
c_p-c_v=-\frac{A\,T\,\left(\frac{∂\,v}{∂\,T}\right)^2_p}{\left(\frac{∂\,v}{∂\,p}\right)_T}.
Hieraus läßt sich cp – cv bzw. cv berechnen, wenn man die Gleichungen
verwendet, die Eichelberg für v und
cp fand. Betrachtet man
weiterhin das Gesetz der Polytrope vpk = C, so
folgt x=-\frac{v}{p\,\left(\frac{d\,v}{d\,p}\right)}
beziehungsweise für v eine Isotherme
x_T=-\frac{v}{-\,\left(\frac{∂\,v}{∂\,p}\right)_T}. Der
Exponent der Adiabate xs wird gefunden, indem man zunächst das totale Differential
d\,v=\left(\frac{∂\,v}{∂\,T}\right)_p\,d\,T+\left(\frac{∂\,v}{∂\,p}\right)_T\,d\,p
setzt. Es wäre somit bei unverändert bleibender Entropie
\left(\frac{∂\,v}{∂\,p}\right)_s=\left(\frac{∂\,v}{∂\,p}\right)_T+\left(\frac{∂\,v}{∂\,T}\right)_p\,.\,\left(\frac{∂\,T}{∂\,p}\right)_s.
Ueberdies erhält man aus
d\,s=\frac{c_p}{T}\,d\,T-A\,\left(\frac{∂\,v}{∂\,T}\right)_p\,.\,d\,p
für adiabatische Zustandsänderung
\left(\frac{∂\,T}{∂\,p}\right)_s=\frac{A\,T\,.\,\left(\frac{∂\,v}{∂\,T}\right)_p}{c_p}.
Nunmehr ergibt sich durch Einsetzen
x_s=-\frac{v}{p\,\left[\left(\frac{∂\,v}{∂\,p}\right)_t+\frac{A\,T\,.\,\left(\frac{∂\,v}{∂\,T}\right)^2_p}{c_p}\right]},
und durch Beachtung der oben für cp – cv und xT
gefundenen Ausdrücke folgt sofort x_s=x_T\,\frac{c_p}{c_v}. Eichelberg bestimmt aus dieser Gleichung den Exponenten
der Adiabaten des Heißdampfes und kommt zu dem Ergebnis, daß er im praktisch
wichtigen Gebiete mit großer Annäherung gleich 1,3 gesetzt werden kann, wie dies
bisher meist üblich war. Etwas größer sind die Abweichungen von den in der Technik
gebräuchlichen Annahmen, wenn es sich um die adiabatische Strömung durch Düsen
handelt. Hier tritt bekanntlich x in der Form
\frac{x}{x-1} auf.
Die Extrapolation der von Eichelberg gefundenen
Gleichungen führt zu sehr befriedigenden Ergebnissen. Beispielsweise muß, so lange
das Berechtigungsglied As der Zustandsgleichung ein negatives Vorzeichen hat und gegen 0
konvergiert, das heißt so lange Δv > 0 und
\left(\frac{∂\,\Delta_v}{∂\,T}\right)_p < 0 ist, der
Wärmeinhalt bei unveränderter Temperatur mit steigendem Drucke abnehmen. Es wird
nämlich
\left(\frac{∂\,i}{∂\,p}\right)_T=A\,\left[v-T\,\left(\frac{∂\,v}{∂\,T}\right)_p\right]=A\,\left[-\Delta_v+T\,\left(\frac{∂\,\Delta_v}{∂\,T}\right)_p\right]
gemäß einer bekannten, aus den zwei Hauptsätzen folgenden Beziehung. Trägt man
also über dem Drucke als Abszisse den Wärmeinhalt bei einer bestimmten Temperatur
als Ordinate ein, so sollte sich ein absteigender Linienzug ergeben. Zu dem gleichen
Ergebnis gelangt man hinsichtlich der Verdampfungswärme r. Nun erhält man, sofern die durch Schüle
berechneten Werte von r der beschriebenen
zeichnerischen Darstellung zugrunde gelegt werden, eine nach einem Minimum
ansteigende Kurve. Auch bei Feststellung der Verdampfungswärme mit Hilfe der
Extrapolationsgleichung von Thiesen findet man eine
geringe Zunahme von r mit wachsendem Drucke. Durch die
Benutzung von Eichelbergs Gleichungen ergibt sich
demgegenüber die geforderte schwach geneigte Kurve.
Nicht unerwähnt möge bleiben, daß dem 220. Forschungshefte eine t, s-Tafel beigegeben ist. Deren Entwurf wurde dadurch
sehr gefördert, daß für i und s fertige Gleichungen vorlagen und somit ein Planimetrieren von cp bzw.
\frac{c_p}{T}-Kurven fortfiel. Es wird gezeigt, wie man auf
einfachem Wege die p-, v- und i-Linien sowie im Sättigungsgebiete die Kurven gleichen spezifischen
Volumens, gleicher spezifischer Dampfmenge usw. findet.
Vielleicht tragen die vorstehenden Zeilen dazu bei, die Aufmerksamkeit auf die
Bedeutung des neu erschienenen Forschungsheftes für die Entwicklung der
Thermodynamik zu lenken. Die von Eichelberg geleistete
Arbeit erscheint aber erst im rechten Lichte, wenn man daran erinnert, daß Harvey N. Davis vor nicht gar
zu langer Zeit es geradezu für unmöglich erklärte, den Zusammenhang von cp und v nach der Clausiusschen
Gleichung darzustellen, Dieses Problem ist nunmehr gelöst.
Schmolke.
Wirtschaft.
Der Warenaustausch zwischen Deutschland und Rußland auf neuen
Grundlagen. Soeben ist in Berlin ein Deutsch-Russischer Wirtschafts-Bund E.
V. gegründet worden, der, ohne ein Erwerbsunternehmen zu sein, in Erkenntnis der
durch die obwaltenden Umstände gebotenen Notwendigkeiten, besondere praktische
Arbeit leisten will.
Persönliches.
Dr.-Ing. E. h. Gustav Wittfeld, Wirklicher Geh. Oberbaurat
im Reichsverkehrsministerium, seit 1919 Dirigent der im Preußischen Ministerium für
öffentliche Arbeiten neugebildeten Abteilung für elektrische Bahnen und
Wärmewirtschaft, ist mit dem 30. November d. J. aus dem Staatsdienst
ausgeschieden.