Titel: | Polytechnische Schau. |
Fundstelle: | Band 336, Jahrgang 1921, S. 9 |
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Polytechnische
Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszüge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Hüttentechnik.
Bestimmung der Urteerausbeute von Kohlen und die Kennzeichnung
von Urteeren. Zur raschen Bestimmung von Menge und Beschaffenheit des aus
einer beliebigen Kohle zu gewinnenden Urteers haben Prof. Fr. Fischer und H. Schrader einen einfachen,
kleinen Schwelapparat gebaut, der bei der Prüfung von Brennstoffen im Laboratorium
recht gute Dienste leistet. Der neue Apparat besteht in der Hauptsache aus einem
dickwandigen Aluminiumtiegel mit dicht schließendem Deckel aus demselben Stoffe und
einem schräg nach unten gerichteten Messingrohr zur Abführung der
Destillationsprodukte. Die Wandung des Aluminiumblocks ist mit einer Bohrung
versehen zur Einführung eines bis 550° zeigenden Thermometers. Für die Anfertigung
des Erhitzungsgefäßes aus Aluminium waren verschiedene Gründe maßgebend, in erster
Linie die gute Wärmeleitfähigkeit dieses Metalls, wodurch eine allseitig
gleichmäßige Erhitzung des Tiegels gewährleistet und eine örtliche Ueberhitzung der
Kohle sowie des gebildeten Teers unmöglich gemacht wird.
Zur Ausführung einer Urteerbestimmung füllt man etwa 20 g fein gepulverte Kohle in
die Retorte ein, verschließt diese durch leichtes Eindrehen des Deckels und stülpt
über das Messingrohr einen gewogenen Destillierkolben, der in ein Gefäß mit kaltem
Wasser eingetaucht wird. Hierauf erhitzt man den Aluminiumblock mit einem dreifachen
Bunsenbrenner, bis das eingesetzte Thermometer eine Temperatur von 500 bis 520°
erreicht hat, was etwa 30 Minuten dauert. Diese Temperatur wird so lange
aufrechterhalten, bis kein Teer mehr in die Vorlage tropft; dies ist ungefähr nach
weiteren 15 Min. der Fall. Durch Wägen des Destillierkolbens ermittelt man sodann
die Menge des aus der Kohle gebildeten Teers und Wassers. Das Wasser wird nach
Zusatz von 15 ccm Xylol abdestilliert und gemessen und die Menge des gebildeten
Teers aus der Differenz berechnet. In dem wasserfreien Teer bestimmt man schließlich
noch den Phenolgehalt in üblicher Weise durch Ausschütteln mit 10%iger
Natronlauge.
Die Ergebnisse dieser Untersuchung sind für die Beurteilung der technischen
Aufarbeitung vollkommen ausreichend. Zur Erzielung besonders genauer Ergebnisse
empfiehlt es sich, gleich schnell anzuheizen und den vorgelegten Destillierkolben
mit Eis zu kühlen, da das gleichzeitig mit dem Teer entweichende Gas je nach der
Strömunggeschwindigkeit und der Kühlung der Vorlage mehr oder weniger
leichtflüchtige Destillationsprodukte mitführt, wodurch geringe Unterschiede in der
Ausbeute an Teer und Wasser unvermeidlich sind. Die Untersuchung einer größeren
Anzahl von Kohlenproben durch verschiedene Beobachter ergab eine befriedigende
Übereinstimmung; auch über Menge und Beschaffenheit des Halbkokses liefert der neue
Apparat eine brauchbare Orientierung.
Weiter haben Fischer und Gluud eine Vorschrift zur
sicheren Unterscheidung von Urteer und anderen Stein- und Braunkohlenteeren
ausgearbeitet, womit einem dringenden Bedürfnis der Praxis entsprochen wurde, da
neuerdings auch auf diesem Gebiete versucht wird, gewöhnlichen Teer oder andere
minderwertige Erzeugnisse für Urteer auszugeben, da dieser höher im Preise steht.
Eine sichere Unterscheidung des Urteers von anderen Teersorten ist außer durch
gewisse äußere Merkmale namentlich durch die Prüfung des Teers auf Naphthalingehalt
sowie durch die Bestimmung seiner Dichte auf einfache Weise möglich.
Von einem guten und wirklichen Urteer ist rein äußerlich zu verlangen, daß er bei
Zimmertemperatur (von etwaigen geringfügigen Paraffinausscheidungen abgesehen)
flüssig ist; er sollen dünner Schicht ein goldrotes bis portweinfarbiges Öl sein.
Ferner muß er bei 25° C. ein spez. Gewicht von 0,95 bis 1,06 besitzen. Schließlich
soll er in frischem Zustand nach Schwefelwasserstoff oder Schwefelammonium riechen,
keinesfalls darf er aber einen Geruch nach Naphthalin aufweisen.
Wirklicher Urteer darf weder bei seiner Entstehung noch nachher einer Temperatur von
mehr als 550° C. ausgesetzt worden sein. Ein derart gewonnener Teer ist frei von
Naphthalin, da diese Verbindung erst bei Temperaturen von 750° und darüber entsteht.
Durch einfache Destillation von 200 ccm des Teers im Wasserdampfstrom und Prüfung
des mit dem Wasser übergegangenen Destillats auf Naphthalin, dessen Anwesenheit
durch die Abscheidung von Kristallen auf der Ölschicht ev. nach vorheriger Kühlung
auf 0° leicht zu erkennen ist, vermag man somit leicht und zuverlässig zu
entscheiden, ob der untersuchte Teer wirklich Urteer ist oder nicht; ebenso läßt
sich auf diese Weise natürlich auch feststellen, ob ein Urteer etwa durch Zusatz von
gewöhnlichem, stets naphthalinhaltigem Teer verfälscht ist.
Da die Hauptbestandteile eines Urteers Paraffine, Naphthene, Olefine und Phenole
sind, besitzt er ein niedrigeres spezif. Gewicht als die bei hoher Temperatur
gebildeten Teere, die vorwiegend aromatische Kohlenwasserstoffe enthalten. Da nun
ein naphthalinfreier Teer nicht immer ein Urteer zu sein braucht, so ist es bei
negativem Ausfall der soeben beschriebenen Naphthalinprobe nötig, auch noch eine
Dichtebestimmung auszuführen. Zu diesem Zweck scheidet man zunächst die Pech- und
Asphaltstoffe des Teeres mittels Petroläther aus, erntfernt sodann durch
Ausschütteln mit Natronlauge die Phenole und destilliert hierauf den Petroläther
sowie die bis 200° siedenden Bestandteile des Teers ab. Die Fraktion von 200 bis
300° wird gesondert aufgefangen und auf ihr spezif. Gewicht geprüft, das bei Urteer
bei einer Temperatur von 20° unter 0,95, bei anderen Teeren dagegen nahe bei 1 oder
darüber liegt. Es ist wichtig, auch den Destillationrückstand auf sein spezif.
Gewicht zu prüfen. Dieser Rückstand muß salbenartig sein, er muß sich restlos in
Petroläther und Äther lösen und bei 50° ein spezif. Gewicht von weniger als 1 haben,
d.h. er muß auf Wasser von 50° schwimmen, während der in gleicher Weise erhaltene
Destillationrückstand eines überhitzt gewesenen Teers in 50° warmem Wasser
untersinkt und auch in den genannten Lösungsmitteln nur teilweise löslich ist.
(Zeitschr. f. angew. Chemie, 32. Jahrg. S. 337–340 und 33. Jahrg., S. 172 –
175).
Sander.
Walter Feld-Verfahren. Eine kritische Würdigung des
Verfahrens gibt Dr. Raschig in der Z. f. angew. Chemie. Feld beabsichtigt mit seinem
Polythionatverfahren die Nebenerzeugnisanlagen der Kokerei vom Bezug von
Schwefelsäure (zur Ammoniumsulfatherstellung) unabhängig zu machen, indem er den bei
der Verkokung der Kohle auftretenden Schwefelwasserstoff auf nassem Wege in
Schwefelsäure überführt. Sein Verfahren beruht darauf, daß den Kokereigasen durch
wässerige Lösungen von Ammoniumtrithionat und -tetrathionat Schwefelwasserstoff und
Ammoniak zugleich entzogen werden. Die Polythionate werden dadurch in Ammoniumthiosulfat übergeführt und
dieses durch Einleitung von Schwefeldioxyd in Polythionat zurückverwandelt. Hierbei
entsteht so viel Polythionat, daß stets die Hälfte aus dem Kreislauf entfernt werden
kann. Die Lösung des ausgeschiedenen Salzes wird dann durch Kochen zersetzt in
Ammoniumsulfat, Schwefeldioxyd und Schwefel. – Leider hat die Anlage auf der Kokerei
Sterkrade der Gutehoffnungshütte infolge des Krieges noch nicht in Betrieb gesetzt
werden können, so daß praktische Erfolge noch nicht vorliegen. R. weist unter
kritischer Beleuchtung der Feld'schen Formeln auf die Schwierigkeiten hin, die dem
Chemismus des Verfahrens in den zeitweiligen Aenderungen in der Gaszusammensetzung
entstehen, gibt aber der festen Hoffnung Ausdruck, daß das Verfahren sich
durchsetzen werde, zum Besten unserer Volkswirtschaft. (Z. f. angew. Chemie, 26.
Okt. 1920).
K.
Nebenproduktengewinnung aus Generatorgasen. Die Gewinnung
der Nebenerzeugnisse aus den Gasen muß unter allen Umständen fraktioniert erfolgen,
woraus sich ergibt, daß die Verarbeitung bei einer solchen Temperatur zu geschehen
hat, bei der eine Trennung der Kondensate möglich ist. Soll der Teer unverwässert
gewonnen werden, so muß er bei einer oberhalb des Taupunktes liegenden Temperatur
ausgewaschen werden. Die erste Stufe stellt also die restlose Gewinnung der Teerbestandteile, die zweite die Ammoniakgewinnung
dar. Am wichtigsten dürfte heute die Darstellung des Teers, d.h. der
Kohlenwasserstoffe sein. Erfahrungsgemäß können fein verteilte Kohlenwasserstoffe
die Kondensation der im Gas befindlichen Teerbestandteile beschleunigen oder diese
absorbieren. In der vom Verfasser beschriebenen Anlage kommt das Gas in noch heißem
Zustande in die Teerwascher, die aus Desintegratoren, System Theissen, bestehen; in
diesen wird das Gas mit nebelfein zerstäubtem, warmem Teer gewaschen. (Vergl. hierzu
auch die auf vielen Zechen Westfalens arbeitenden „Teerstrahlapparate“) (Ing.
J. Fabian, Mitt. d. Inst. f. Kohlenvergasung, Wien, 1920, S. 73/5).
K.
Gastechnik.
Gewinnung von synthetischem Ammoniak in England. Die
englische Regierung hat bekanntlich schon während des Krieges ein besonderes Komitee
gebildet, das Munitions-Inventions-Department, das die Aufgabe hatte, die Frage der
synthetischen Gewinnung von Ammoniak eingehend zu studieren. Es wurde damals von Dr.
Maxted ein dem Verfahren von Haber recht ähnliches Verfahren ausgearbeitet, das von
der Gas-Development-Co. Ltd. ausgeführt wurde. Diese Versuchsanlage mit sämtlichen
zugehörigen Informationen und Patenten wurde neuerdings von der Synthetic Ammonia and Nitrates Ltd. erworben, die mit
einem Kapital von 5 Mill. Lst. von der Firma Brunner, Mond & Co. gegründet
wurde. Die neue Gesellschaft wird in Billingham eine Fabrik für eine tägliche
Erzeugung von 100 t Ammoniak errichten, doch soll diese Menge bald auf 300 t
gesteigert werden. Als Haupterzeugnis soll Chlorammonium und als Nebenprodukt Soda
gewonnen werden. Das Chlorammonium hofft man wegen seines niedrigen Preises leicht
als Düngemittel absetzen zu können, außerdem wurde ein Liefervertrag mit der
Explosives Trades Ltd. abgeschlossen, die eine Anlage zur Gewinnung von
Salpetersäure aus Ammoniak errichten und ihren ganzen Bedarf von der neuen
Gesellschaft beziehen wird. Die englische Regierung hat der Gesellschaft alle
feindlichen Ammoniakpatente zur Verfügung gestellt gegen eine Lizenz, die auf
Rechnung der Wiedergutmachung an den „Aufseher des feindlichen Eigentums“ zu
zahlen ist. Die Betriebleitung hat eine gründliche Besichtigung der Ammoniakfabrik
in Oppau, der staatlichen amerikanischen Ammoniakanlage in Sheffield (Ala.), der
Anlage der General Chemical Co. in Laurel Hill sowie der französischen
Versuchsanlage nach Claude vorgenommen.
Sander.
Der Stickstoff in Wirtschaft und Technik. Ueber dieses
Thema machte auf der Naturforscher-Versammlung in Bad Nauheim Prof. Dr. C. Bosch interessante Mitteilungen. Die Erzeugung von
gebundenem Stickstoff hat im Kriege eine beträchtliche Zunahme erfahren, die
Welterzeugung stieg nämlich von 736000 t im Jahre 1913 auf 1239000 t im Jahre 1918,
auf Stickstoff berechnet. Als Stickstoffquellen kamen seit Anfang des vorigen
Jahrhunderts der Guano und Chilesalpeter in Frage, denen sich in der Folge das
Ammoniak der Kokereien und Gaswerke und in den letzten 15 Jahren der Luft Stickstoff
hinzugesellten. Von den Verfahren zur Bindung des Luftstickstoffs nannte Vortr. die
Lichtbogenverfahren von Birkeland-Eyde und Schönherr, die in Norwegen ausgebeutet
werden. Das Rjukan-Kraftwerk liefert 160000 KW und mit einem KW-Jahr lassen sich
etwa 550 kg wasserfreie Salpetersäure herstellen. Eine Schwierigkeit bei diesem
Verfahren besteht jedoch in der Verarbeitung der verdünnten nitrosen Gase, die nur 2
v. H. Stickoxyd enthalten, auf Salpetersäure.
Das zweite Verfahren zur Bindung des Luftstickstoffs, das eine weite Verbreitung
erlangt hat, ist die Herstellung von Kalkstickstoff aus Kalziumkarbid und reinem
Stickstoff, der zumeist nach dem Verfahren von Linde aus
verflüssigter Luft gewonnen wird. Die Fabrikation von Kalkstickstoff ist ein
verhältnismäßig einfacher Vorgang, von Bedeutung ist hierbei die Initialwirkung,
d.h. die Erkenntnis, daß die Füllung des Ofens nur an einer Stelle auf die
Reaktiontemperatur erhitzt zu werden braucht, worauf sich die Reaktion durch die
ganze Masse des Karbids fortpflanzt. Mit Hilfe des Kalkstickstoffverfahrens wurden
vor dem Kriege etwa 150000 t Stickstoff in der ganzen Welt gebunden, während des
Krieges hat diese Industie sowohl bei uns wie im Ausland einen großen Umfang
angenommen.
Neben einigen Ansätzen, die bisher wirtschaftlich keine Rolle spielen, wie das
Verfahren von Serpek und die Zyanidverfahren, ist als
drittes großindustrielles Verfahren das Hochdruckverfahren der
Badischen Anilin- und Sodafabrik zu nennen, dem
die Erfindung von Haber zu Grunde liegt. Haber ging bei seinen Versuchen über das Gleichgewicht
des Ammoniaks zur Verwendung hoher Drucke über und konnte zeigen, daß hierbei die
Ausbeuten so gesteigert werden, daß eine technische Anwendung dieser Methode
aussichtreich erschien. Im Jahre 1908 begann die Badische Anilin- und Sodafabrik
dieses Verfahren näher zu studieren, zunächst unter Verwendung- der von Haber aufgefundenen Katalysatoren Osmium und Uran. Es
ergaben sich hierbei zunächst sehr große Schwierigkeiten und die ersten größeren
Versuche mit Osmium fanden durch eine Explosion des Versuchapparates ein vorzeitiges
Ende. Dabei zeigte sich, daß das Kontaktrohr hart und spröde geworden war, daß es
seine Zugfestigkeit vollkommen verloren hatte und in der Längsrichtung aufgeplatzt
war. Das Osmium war dabei verloren gegangen und bei dem geringen Weltvorrat an
Osmium war es nicht zweckmäßig, mit diesem Metall weitere Versuche anzustellen. Auch das Uran
bewährte sich im Großen nicht, weil es nicht leicht auf einer Unterlage zu
befestigen ist und zudem gegenüber Verunreinigungen des Gasgemisches sehr
empfindlich ist. Es mußte daher ein neuer Katalysator für diesen Prozeß aufgefunden
werden und weiter mußte die zerstörende Wirkung des Wasserstoffs auf das Eisen
ausgeschaltet werden. Zu diesem Zwecke wurde eine Versuchstation sowie eine eigene
Werkstätte für Hochdruckapparate geschaffen. In fast zweijähriger Arbeit wurde die
zerstörende Wirkung des Waserstoffs auf Eisen und andere Metalle untersucht, wobei
festgestellt wurde, daß Wasserstoff bei technischem Eisen völliges Verschwinden des
Kohlenstoffs bewirkt; danach verbindet sich der Wasserstoff mit dem Eisen zu einer
Legierung. Die Verwendung von Stahl war somit ausgeschlossen. Edelstahl wurde schon
bedeutend langsamer angegriffen als Kohlenstoffstahl. Schließlich wurde eine
besondere Apparatur konstruiert, bei der die den Druck tragenden Teile der
Einwirkung des Wasserstoffs entzogen wurden, so daß die Apparate bei den in Betracht
kommenden Drucken und Temperaturen unveränderlich und nach menschlichem Ermessen
gefahrlos sind. Bezüglich der Frage nach einem brauchbaren Katalysator wurde nach
tausenden von Einzelversuchen gefunden, daß Eisen in besonderer Zubereitung und in
Gegenwart bestimmter Stoffe ein ebenso gut wirkender Katalysator ist wie Osmium und
Uran. Das Eisen konnte in kleine, harte Stückchen gebracht werden, die dem Gasstrom
nur geringen Widerstand entgegensetzen.
Eine weitere wichtige Frage war die Beschaffung des
Wasserstoffs. Die elektrolytische Gewinnung des Gases schied wegen des
hohen Energiebedarfes aus, auch das Eisen-Verfahren erschien nicht zweckmäßig, weil
es kein Gas von genügender Reinheit lieferte. So entschied man sich denn für das
Verfahren von Linde-Frank-Caro, bei dem bekanntlich Wassergas durch Abkühlung
mittels flüssiger Luft in Kohlenoxyd und Wasserstoff zerlegt wird. Aber auch der
nach diesem Verfahren gewonnene Wasserstoff enthielt noch Kohlenoxyd und
Schwefelverbindungen, die für den Eisenkatalysator sehr schädlich sind, weshalb das
Gas noch einer Nachreinigung bedurfte. Die Entfernung des Kohlenoxyds wurde zuerst
mit Natronlauge bei. 200° und unter hohem Drucke versucht, wobei sich ameisensaures
Natrium bildet. Das Arbeiten mit Natronlauge von 200° war aber nicht angenehm,
überdies wurden die eisernen Apparate hierbei durch die geringsten Spuren von
Sauerstoff zerstört. Deshalb wurde die anfangs zurückgestellte Verwendung von
Kupferoxydulsalzlösungen, (Kupferazetat) vorgezogen, die bei gewöhnlicher Temperatur
und bei 200 at Druck die völlige Entfernung des Kohlenoxyds aus dem Gase
ermöglichen. Nach Erledigung dieser umfangreichen Arbeiten konnte die erste größere
Versuchsanlage in Oppau in Betrieb genommen werden.
Die Frage der Wasserstoffgewinnung wurde aber dennoch weiter verfolgt und nach
jahrelangen Versuchen über die Verschiebung des Wassergasgleichgewichtes im Sinne
der älteren Versuche von Mond wurde folgendes Verfahren eingeführt: Wassergas und
Dampf werden bei 400–500° über einen Eisenkontakt von bestimmter Zubereitung
geleitet, hierbei entsteht ein Wasserstoff-Kohlehsäuregemisch, daß nur noch 1–2 v.
H. Kohlenoxyd enthält. Dieses wird mit Kupferoxydulsalzlösung entfernt, nachdem
vorher der Wasserstoff von Kohlensäure befreit worden ist.
Wenn man ferner dem Wassergas-Dampfgemisch noch Generatorgas in bestimmter Menge
zusetzt, kann man ohne Schwierigkeiten nach dem Ueberleiten des Gasgemisches über
die Kontaktmasse ein Endgas herstellen, das neben Wasserstoff auch Stickstoff
enthält, und zwar gerade in dem für die Ammoniaksynthese notwendigen Volumverhältnis
1 N2 : 3 H2. Aus
diesem Gasgemisch wird durch Waschen mit Wasser bei etwa 25 at die Kohlensäure und
hierauf durch Waschen mit Cuprosalzlösung bei etwa 200 at Druck das Kohlenoxyd bis
auf den letzten Rest entfernt.
Der eigentliche Ammoniakprozeß geht im Kreislauf vor sich, wobei das im Kontaktofen
gebildete Ammoniak ständig durch Auswaschen mit Wasser aus dem Kreislauf
herausgenommen und in Form einer 25%igen Lösung gewonnen wird. Als ein großer
Fortschritt ist es anzusehen, daß der Prozeß nun ohne äußere Wärmezufuhr vor sich
geht; dasselbe ist bei der Wasserstoffgewinnung der Fall, denn die bei der
katalytischen Qxydation des Kohlenoxyds mit Wasserdampf frei werdende Wärme genügt,
um die Kontaktmasse dauernd auf die erforderliche Temperatur zu erhitzen.
Die beiden Ammoniakwerke in Oppau und Merseburg werden demnächst 300000 t
atmosphärischen Stickstoff verarbeiten. Als Haupterzeugnisse stellen diese Werke
her: 1. Ammoniumsulfat, wobei anstelle von Schwefelsäure Gips verwendet wird, 2. das
dem Sulfat gleichwertige Ammoniumchlorid, dessen Herstellung nach Art des Solvay-Prozesses erfolgt, wobei jedoch die gewonnene Soda
das Nebenprodukt ist, 3. Ammoniumkarbonat, das als Treibpulver in der Bäckerei
Verwendung findet.
Die Oxydation des Ammoniaks zu Stickoxyd unter Verwendung von Platin als Katalysator
ist von Ostwald schon lange vor dem Kriege durchgeführt
worden. Während aber dieses Verfahren nur in kleinen Apparaten ausgeführt werden
kann, hat die Badische Anilin- und Sodafabrik im Kriege ein Verfahren eingeführt,
bei dem als Katalysator ein Gemisch von Eisen und Wismut Anwendung findet und das
auch in ganz großen Einheiten durchführbar ist. Man erhält dabei 50%ige
Salpetersäure, die nachträglich mit Hilfe von Schwefelsäure konzentriert wird.
Sämtliche in Deutschland fabrizierte Salpetersäure wird heute auf diesem Wege
hergestellt. Wenn dagegen die Reaktiontürme, durch die die nitrosen Gase hindurch
streichen, nicht mit Wasser, sondern mit Sodalösung berieselt werden, erhält man
eine Lösung von Natronsalpeter. Daneben wird noch Ammonitrat und aus diesem eine
Reihe von Mischdüngern hergestellt, so z.B. Kaliammonsalpeter durch Zusatz von
Chlorkalium oder Ammonsulfatsalpeter durch Zusatz von Ammoniumsulfat. Ein ideales
Düngemittel ist schließlich der Harnstoff, der 46 v. H. Stickstoff enthält und
dessen Anwendung im Hinblick auf die niedrigeren Frachtkosten sehr vorteilhaft ist.
Die synthetische Gewinnung des Harnstoffs aus Ammoniak und Kohlensäure ist nach
jahrelangen Versuchen gelungen; wenn man Kohlensäure und Ammoniak auf 135° erhitzt,
verliert das zunächst gebildete carbaminsaure Ammonium ein Molekül Wasser und geht
so in Harnstoff über. Eine große Anlage für die Herstellung dieser Verbindung ist im
Bau.
Sander.
Ueber die Selbstentzündung der Kohle in ihrem Verhältnis
zur chemischen Zusammensetzung der einzelnen Kohlenarten veröffentlicht der
englische Forscher F. V. Tideswell eine längere Abhandlung, in der vor allem der
Einfluß der Bakterientätigkeit, des Feuchtigkeitsgehaltes und des Schwefelkieses
einer eingehenden Untersuchung unterzogen wird. Die bisherigen Anschauungen über die
Entzündungsgefahr der Kohle werden kritisch beleuchtet. T. stellt fest, daß die
Mehrzahl aller Forscher geneigt ist, die Ursachen der Selbstentzündung in der
Hauptsache in denjenigen Bestandteilen der Kohle zu sehen, die von den
Celullose-Bestandteilen der ursprünglichen, die Kohle bildenden Stoffe abgeleitet
werden können (Wheelers α- und β-Komponenten). Besonders wichtig ist das von T.
aufgestellte, etwa 90 Nummern umfassende Schriftenverzeichnis. (Proceeding of the
South Wales Institute of Engineers, 16. Juli 1920, S. 181/258i.
K.
Feuerungstechnik.
Glühkopf-Zweitaktmaschinen. Die Bessemer Gas-Engine-Co.
hat einen neuen Glühkopfmotor gebaut, bei dem auch bei andauerndem Betrieb mit
verminderter Belastung noch eine gute Verbrennung bei Rohölbetrieb erreicht wird. Um
das allmähliche Abkühlen des Glühkopfes bei verminderter Belastung zu verhindern,
ist ein Teil des Glühkopfes als Boden eines Quecksilberbehälters ausgebildet. Das
Quecksilber wird dabei durch die Verbrennung ständig auf der Siedetemperatur des
Quecksilbers gehalten. Der Glühkopf bleibt dann genügend heiß, um die Entzündung des
zerstäubten Brennstoffes zu erreichen. Bei starker Motorbelastung verdampft ein Teil
des Quecksilbers und schlägt sich an den kälteren Teilen des Behälters nieder. Beim
Anlassen wird der Boden des Quecksilberbehälters in bekannter Art mit einer
Heizlampe erhitzt.
(Power, 13. Juli 1920).
W.
Lokomotiven mit Torfpulverfeuerung. Schwedische
Lokomotiven mit Torfpulverfeuerung haben gute Erfolge gezeitigt. Zur Unterstützung
der Torffeuerung ist die Feuerbuchse der Lokomotiven mit einem kleinen,
handgefeuerten Kohlenrost versehen. Der Kohlenverbrauch beträgt etwa 3–4 % der
Torfmenge. Der Torf wird auf einen Wassergehalt von 13–16 % getrocknet und auf eine
Feinheit von 100 Maschen je cm2 gemahlen, so daß
man aus 3 t lufttrockenem Torf 2 t Brenntorf erhält. Vergleichsversuche haben
ergeben, daß der Wirkungsgrad von torfgefeuerten Kesseln 73 % betrug bei einer
Temperatur von 1670° F. in der Feuerbuchse, gegen 65 % u. 1510° bei kohlengefeuerten
Maschinen. 4 t Torf genügten zum Betreiben eines Güterzuges von 650 t für 100 km,
oder eines Personenzuges von 300 t für 130 km. – Das Feuerungsverfahren soll einfach
sein und sich durch Betriebssicherheit aus:
zeichnen. Auch soll sich der Umbau von Kohlenlokomotiven auf Torfpulverfeuerung ohne
große Schwierigkeiten bewerkstelligen lassen. (Railway Engineer, July 1920).
K.
Der steigenden Bedeutung der Ölschieferindustrie
entsprechend richtet man in Amerika in stets zunehmendem Maße das Augenmerk auf die
dortigen Oelschiefervorräte und verfolgt aufmerksam die Erfolge der alten
schottischen Industrie. In einem Aufsatz „Financiel record of Scotch oil-shale
companies“ wird zunächst die Tatsache festgestellt, daß fast alle
schottischen Werke seit November 1919 als „Scottish Oils, Ltd,“
zusammengefaßt und vereinigt worden sind mit der „Anglo Persian Oil Co.,
Ltd,“ auf die die britische Regierung weitgehenden Einfluß besitzt. Die neue
Gesellschaft hat ein Kapital von 4 Mill. ₤ (3 Mill. 7 % Vorzugs-, 1 Mill.
gewöhnliche Anteile). Fesselnd sind die Angaben über die Geschichte der bisherigen
Gesellschaften und ihre finanziellen Erfolge sowie über die Pläne der Anglo-Persian
Oil Co., die auf die Nutzbarmachung auch kolonialer Oelschiefervorkommen
hinzielen. (Eng. and Min. Journ. 25. Sept. 1920).
K.
Mitteilungen über den Stand der Kohlenstaubfeuerung in
Amerika. In Amerika werden heute nach Vervollkommung des technischen
Apparates 12–15 Mill. t Kohlenstaub verfeuert. Die Geschwindigkeit der
Verbrennungsgase im Heizraum. beträgt 2 m/sec. Von großer Wichtigkeit ist die
Feinheit des Staubes. Vorteile der Kohlenstaubfeuerungen sind die Ausschaltung der
sonst eintretenden Verluste, das Fehlen von Verschlackungen, die leichte
Regelbarkeit und Aschenentfernung sowie die Rauchfreiheit. (Marine and Navel
Architect, Juni 1920).
K.
Schiffbau.
Bau von Eisenbetonschiffen („Beton und Eisen,“
1920, Heft XVI, Dr. techn. L. Karner, Sterkrade (Rhld.)). Der Eisenbetonschiffbau
hat während des Krieges eine große Reihe von Verbesserungen erfahren, die sich
sowohl auf die Zusammensetzung des Baustoffes, die Art und Weise der Bewehrung als
auch auf die Ausführung der Verschalung und des Baues, sowie den Stapellauf solcher
Schwimmkörper beziehen. Wegen der einfacheren Verschalung werden Betonschiffe mit
dem Kiel nach oben liegend hergestellt, die Aufgabe, die also zunächst zu lösen ist,
ist die nach dem Drehen solcher Schiffe in ihre normale Lage und nach dem
eigentlichen Stapellauf. Bei kleineren Booten kann dieses mit Hilfe eines einfachen
Kranes geschehen; bei mittleren sind besondere Drehgestelle an Land erforderlich;
bei größeren Abmessungen werden die Schiffe, zum wenigsten ihre äußere Schale, in
besonderen Schwimmdocks kieloben gegossen und dann in ihre normale Schwimmlage
gedreht. Solche Anlagen sind sehr kostspielig und ihre Wirtschaftlichkeit kann nur
durch eine reihenweise Herstellung mehrerer Schiffe gesteigert werden. Dies ist dann
möglich, wenn für die einzelnen gleichzeitigen Schiffbauten eine gleiche Anzahl von
einfacheren Schwimmbühnen vorhanden ist, die alle von einem gemeinsamen Drehwerk
gedreht werden. Hierbei verteilen sich also die Kosten des Drehwerks auf eine Anzahl
gleichzeitig im Bau befindlicher Schiffe, so daß auf das einzelne Schiff ein
geringer Betrag entfällt. Die beschriebene Ausführung ist in Deutschland der
Gutehoffnungshütte, Aktienverein für Bergbau und Hüttenbetrieb, Oberhausen (Rhld.),
geschützt.
Marx.
Wirtschaft.
Sozialisierung der Elektrizitätswirtschaft. Ueber „Die Aufgaben der Elektrizitätsversorgungsunternehmungen
und das Gesetz betreffend die Sozialisierung der
Elektrizitätswirtschaft“ wurde auf der diesjährigen
Mitgliederversammlung des Bundes der Elektrizitätsversorgungsunternehmungen Deutschlands von Dr. Ing. G. Siegel ein Referat erstattet. Darin wird festgestellt,
daß der Bund die Notwendigkeit einer größeren Beteiligung der Allgemeinheit an der
Regelung der Elektrizitätswirtschaft durchaus anerkenne, sich aber auf das
entschiedenste gegen`Art und Umfang dieser Beteiligung, wie sie im
Sozialisierungsgesetz vorgesehen sei, wende. Zunächst habe dieses Gesetz die
vornehmste Aufgabe der Elektrizitätswirtschaft, die reichlichere und zuverlässigere
Belieferung mit elektrischer Arbeit, in weitem Maße verhindert, indem es durch seine
völlig unzureichenden und ungerechten Entschädigungsbestimmungen bei der Uebernahme von Anlagen
durch das Reich die Aufwendung neuer Mittel für notwendige Erweiterungen und
Erneuerungen unmöglich mache. In gleicher Weise verhindere es die Lösung anderer
Aufgaben, wie die Ausbildung der Feuerungsanlagen, die Verbesserung des
Leistungsfaktors, die Planung von Großkraftwerken, die Anpassung der Verkaufspreise
an die veränderten Verbrauchsverhältnisse; werde doch dem Unternehmer die
Freude am eigenen Werk geraubt und so jegliche Begeisterung und die frische
Initiative, die zu der Lösung all der genannten schwierigen Aufgaben nötig ist,
ertötet.
Auch in die Regelung der Abschreibungsfrage werde durch das Gesetz Verwirrung
getragen und solide kaufmännische Geschäftsgebarung der Elektrizitätsunternehmungen
gefährdet.