Titel: | Polytechnische Schau. |
Fundstelle: | Band 336, Jahrgang 1921, S. 97 |
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Polytechnische
Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Brennstofftechnik.
Entstehung und chemische Struktur der Kohle. Zu dieser
Frage liefern Fischer und Schrader einen höchst wertvollen Beitrag. Bisher nahm man an, daß die
Kohle im wesentlichen aus den zwei Komponenten des Holzes, der Zellulose und dem
Lignin entstanden sei (Willstätter, Ztschr. ang. Chem.
32, 330 [1919]). Die Konstitution der Zellulose war ungenügend bekannt, die des
Lignins noch völlig rätselhaft. Der Zellulose wurde aber der überwiegende Anteil an
der Kohlenbildung zugesprochen, dem Lignin nur eine ganz untergeordnete Bedeutung
(Ehrenberg, Potonié, Bergius, Wheeler und Jones, Chardet u.a.). Fischer und Schrader stellen nun
die überraschende Behauptung auf, daß das Umgekehrte der Fall sein müsse, d.h. daß
das Lignin im wesentlichen die Muttersubstanz der Kohle sei, ohne dabei allerdings
jede Mitbeteiligung der Zellulose an der Kohlebildung zu bestreiten. Die
Beweisführung ist hochinteressant und lesenswert. (Brennstoff-Chemie, 1. Febr. 1921,
S. 3745.)
K.
Die wirtschaftliche Bedeutung des Braunkohlenteers.
Hierüber macht Dr. Spitzer interessante Mitteilungen. Die
Verwertung des Braunkohlenteers erhielt erst Anfang dieses Jahrhunderts einen neuen
Anstoß, als man durch Extraktion der Schwelkohle die Gewinnung des Montanwachses
begann. Leider erfolgte diese Neuerung aber zu einem Zeitpunkt, wo die an Bitumen
reichste Schwelkohle, der Pyropissit, der Schwelerei längst zum Opfer gefallen war.
Erst durch den Oelmangel während der Kriegszeit kam der Braunkohlenteer zu größerer
Bedeutung; man lernte wertvolle Schmiermittel aus ihm zu gewinnen, die bei richtiger
Auswahl und Anwendung die ausländischen Mineralöle zu ersetzen vermochten, ferner
gelang die Ueberführung der olefinischen Teerbestandteile, sowie des Paraffins in
wertvolle Fettsäuren. Der Oelbedarf Deutschlands betrug vor dem Kriege 275000 t
Benzin, davon nur 4000 t aus deutschem Oel, 750000 t Leuchtpetroleum, 240000 t Heiz-
und Treiböle, davon 90000 t aus deutschem Teer, 300000 t Schmieröle, davon nur 80000
t (einschließlich der 40000 t betragenden Erzeugung des Elsaß) aus einheimischer
Erzeugung, 23000 t Paraffin, von denen 15000 t aus dem Ausland stammten, und
schließlich 160000 t Benzol, die vornehmlich als Triebstoff verwendet wurden.
Die Hauptmenge dieses großen Bedarfs entfällt auf Oele aliphatischen Charakters,
demgegenüber betrug die gesamte deutsche Schwelteererzeugung nur rund 80000 t. Die
Teergewinnung mußte daher erheblich vermehrt werden und dies gelang bis zu einem
gewissen Grade durch die Erzeugung von Urteer als Nebenprodukt bei der Herstellung
von Generatorgas aus bituminöser Kohle.
Dieses Ergebnis wurde während des Krieges durch zielbewußtes Zusammenarbeiten von
Industrie und Wissenschaft (Kriegsschmierölgesellschaft) erreicht; dabei hat sich
gezeigt, daß weitere Erfolge in dieser Richtung, die für unser Wirtschaftsleben von
großem Nutzen sein werden, nur durch eine Modernisierung der ganzen
Braunkohlenwirtschaft erzielbär sind. Wenn auch die deutschen Braunkohlenvorkommen
mit etwa 28 Milliarden t die reichsten von ganz Europa sind, so würde dieser Vorrat
bei einer Jahresförderung von rund 90 Mill. t nur etwa 300 Jahre lang vorhalten, bei
der zu erwartenden weiteren Steigerung des Braunkohlenverbrauchs aber eine
entsprechend kürzere Zeit. Die Gewinnung der Braunkohle entbehrt vielfach der
Wirtschaftlichkeit, so entstehen z.B. bei dem unterirdischen Abbau Verluste bis zu
40 v. H. und vielfach herrscht in den Braunkohlengruben noch die Handarbeit vor.
Auch bei dem Braunkohlentagebau sind durch zweckmäßige Anlage und planvolle
Massenbewegung große Ersparnisse zu erzielen; so betragen die Abraumarbeiten zur
Beseitigung des Deckgebirges nahezu 33 v. H. von den Gesamtkosten der fertigen
Briketts und die Unwirtschaftlichkeit des Trocknungsvorgangs bedingt, daß zur
Herstellung von 1 t Briketts nicht weniger als 3 t Rohkohle verfeuert werden
müssen.
Bei unserer Erdölgewinnung haben sich die Aussichten für die Lebensdauer erheblich
gebessert, seitdem das Oel nicht durch Pumpen, sondern durch bergmännische Förderung
der ölhaltigen Sande und nachfolgende Extraktion gewonnen wird. Die Oelgewinnung aus
Schiefern wird im Großbetrieb bisher nur an einer einzigen Stelle betrieben, obwohl
die Lager von Posidonienschiefer eine Mächtigkeit von etwa 50 Milliarden m3 bzw. 90 Milliarden t mit einem
durchschnittlichen Teerausbringen von 4–5 v. H. und einem mittleren Stickstoffgehalt
von 0,3 v. H. haben. Der weiteren Ausdehnung der Oelschieferindustrie steht bisher
in der Hauptsache die mangelnde Nutzbarmachung der großen Schwel- rückstände
hindernd im Weg. Bei der Torfverwertung im Großen, die bisher noch an den Ort der
Gewinnung gebunden ist, ist die Herstellung eines versandfähigen veredelten
Brennstoffes unter gleichzeitiger Gewinnung von Oelen zu erstreben.
Die Lösung aller genannten Aufgaben bei gleichzeitiger sparsamster Verwertung dieser
kostbaren Rohstoffe erfordert angespannte Arbeit von Wissenschaft und Technik und
läßt die Erichtung einer besonderen Lehr- und Forschungsanstalt für
Braunkohletechnik und Mineralölchemie, wie sie an der Technischen Hochschule in
Berlin geplant ist, als eine höchst willkommene und für unser gesamtes
Wirtschaftsleben segensreiche Maßnahme erscheinen. (Chem. Ind. 1920, S.
212–214.)
Sander.
Ersatz von Kohle durch Heizöl. Bemerkenswerte Ergebnisse
zeitigte eine Umfrage des Geological Survey und der United States Bituminous Coal
Commission hinsichtlich der Ausdehnung von Heizölfeuerungen in der Zeit vom 1. April
1919 bis zum 1. März 1920. Von 317 elektrischen Kraftwerken hatten 9 während jener
Zeit ihren Betrieb auf Heizöl umgestellt. Das bedeutet eine verdrängte Kohlenmenge
von rund 43000 t im Vierteljahr oder 1 v. H. des vierteljährlichen Verbrauchs der
Werke. Von 2347 industriellen Anlagen waren 69 zur Verwendung von Heizöl
übergegangen, was einer Verdrängung von 1,1 v. H. des Vierteljahr-Kohlenbedarfs
gleichkommt. Die Verdrängung ist also nicht gerade sehr bedeutend. (Industrial
Management 1921, S. 13.)
K.
Fortschritte der amerikanischen Kohlenteer-Industrie 1919.
Die Erzeugung an Reinbenzol und Reintoluol ist zurückgegangen, seit es gelang,
Mischungen der beiden Stoffe durch Destillation aus dem Teer herzustellen, die sich
hervorragend als Motorbrennstoff eignen. – Die Herstellung reinen Anthrazens blieb
weit hinter dem Verbrauch zur Alizarinherstellung zurück. Das Ausziehen von
Anthrazen aus dem Teer erwies sich als unwirtschaftlich, weil der zurückbleibende
Teer zu hart und infolgedessen wertloser wurde. Die Gesamtzahl der in den Vereinigten
Staaten aus dem Teer hergestellten Erzeugnisse stieg 1919 von 140 auf 225, von denen
die überwiegende Mehrzahl in der Farben- und Drogenindustrie Anwendung finden. Die
Gesamterzeugung an Farben betrug 1919 63 Mill. pounds, d.h. 8 v. H. mehr als im
Vorjahre (Journ. Indust. and Eng. Chem., 1920, S. 95961).
K.
Rohöl-Fernleitungen. Nach Mitteilungen des amerikanischen
Bureau of Mines umfaßt das Netz solcher Rohrleitungen etwa 55000 km mit etwa 200 mm
l. W. und etwa 20000 km mit 100 oder 150 mm Weite. Diese weitverzweigte Rohrleitung
ermöglicht es, die Verarbeitung des Rohöles in der Nähe der Verbrauchsstellen
auszuführen.
Die Rohrleitungen bestehen aus Rohren mit Gewindemuffen für 14 at. Druck. Der
Betriebsdruck ist etwa 5 bis 6,5 at. Mit 40 Arbeitern können täglich 0,75 bis 1,2 km
Leitungen gelegt werden. Werden zum Verschrauben der Rohrleitungen Maschinen
verwendet, so können 28 Arbeiter etwa 2,5 km Rohrleitung herstellen. Zum Schütze der
Rohrleitungen, die in Gräben oder auch offen verlegt werden, dient Asphaltanstrich
und Umhüllung mit Dachpappe.
(Engineering News-Record, 9. Dez. 1920).
W.
Wärmetechnik.
Versuche an Wasserdestillationsanlagen mit
Wärmepumpe.Vergl. D. P. J. 1920, S. 200. Der Vorschlag, beim Kochen von
Flüssigkeiten und Eindampfen von Lösungen die Wärme der Schwaden zum Heizen zu
verwerten, ist nicht neu. Schon 1876 wurde auf Veranlassung Prof. Lindes in der Riemerschmidtschen Spritfabrik zu München
ein Alkoholdestillator aufgestellt, bei dem die entstehenden Dämpfe verdichtet und
unter Abgabe ihrer latenten Wärme in einer Kondensationsschlange niedergeschlagen
wurden. Die Vorrichtung trägt also alle kennzeichnenden Merkmale der Wärmepumpe. Ein
wesentlicher, wirtschaftlicher Erfolg wurde indessen damals nicht erreicht, weil die
Abmessungen des Destillators zu gering und die Wärmeverluste zu groß waren.
Ebensowenig erzielte Waibel mehrere Jahre später
bemerkenswerte Ergebnisse, als er das angedeutete Verfahren zum Eindampfen der Sole
in der Schweizer Saline Bex in Anwendung brachte. Es führte in diesem Falle der
Unterschied zwischen den Siedepunkten von Wasser und gesättigter Salzsole zu
Schwierigkeiten im Bau und Betrieb. Im Hinblick auf die derzeitige
Brennstoffknappheit dürften gegenwärtig solche Schwierigkeiten kein Hindernis mehr
bilden. Es ist vielmehr zu erwarten, daß man nunmehr ernstlich zur Verwirklichung
der Brüdenverwertung schreitet. Beachtung verdienen daher Versuche, welche die Gesellschaft für Lindes Eismaschinen A.-G., Wiesbaden,
auf Anregung ihres Begründers mit Wärmepumpen an Wasserdestillatoren ausgeführt hat.
Es wurde z.B. eine in Dresden bereits kurz vor dem Kriege in Betrieb gesetzte
Anlage, bei der die Schwadenwärme ausgenutzt wird, einer eingehenden Prüfung
unterzogen. Sie besteht aus einem Destillator von 117,2 m2 mittlerer Heizfläche. Im Verdampferraum liegt
eine kupferne Heizschlange, der nötigenfalls Dampf aus einem kleinem Kessel mit
Gasfeuerung zugeführt wird. Ein elektrisch angetriebener Turbokompressor, der 4000
kg/st Dampf von 1 auf 1,25 at verdichten kann, dient als Wärmepumpe. Das Destillat
erwärmt im Gegenstrom das Speisewasser. Dieses fließt zunächst durch die
unteren Windungen eines Doppelrohr-Gegenstromkühlers. Dort erhält es eine Temperatur
von 25°–30° und gelangt hiernach in den Wasserreiniger. Dann durchströmt die
Flüssigkeit die oberen Windungen des Gegenstromkühlers und wird einem mit Dampf
geheizten Aufkocher zugeführt, in dem sie entlüftet und nahezu auf die Siedehitze
gebracht wird. Seine Vollleistung erreicht das Rateau-Gebläse zur Zeit noch nicht, sondern erst nach Aufstellung eines
zweiten Destillators. Eine klare Vorstellung von der Wirkung der Anlage wird
gewonnen, wenn man feststellt, wieviel kg Destillat auf 1 Kw-st am Schaltbrett
beziehungsweise 1 PS an der Kompressorwelle entfallen. Die auf solche Weise
bestimmte spezifische Leistung sank, wenn man mit großen Temperaturunterschieden im
Destillator arbeitete. Die Verdichtungsleistung reichte nicht immer aus, um die
auftretenden Wärmeverluste zu decken. Sofern dies eintrat, empfahl sich die Zufuhr
von Wärme mit Hilfe der oben erwähnten Heizschlange. Hingegen erwies sich eine
Steigerung der Kompressorarbeit durch Drosselung in der Druckleitung, das heißt eine
Umwandlung von Wärme in Arbeit und wiederum von Arbeit in Wärme, als
unwirtschaftlich. Bei höherer Beanspruchung der Anlage war keine Zusatzheizung
erforderlich. Man mußte vielmehr zu künstlicher Wärmeabfuhr schreiten. Bei
Berechnung der Wärmedurchgangsziffer, die angibt, wieviel kcal/st durch 1 m2 Heizfläche bei 1° Temperaturdifferenz übertragen
werden, wurde angenommen, daß das maßgebende Wärmegefälle gleich dem Unterschiede
der beiderseitigen Sattdampftemperaturen sei. Es zeigte sich, daß bei reiner
Heizfläche die Wärmeübertragung mit steigender Belastung eine Verbesserung erfährt.
Dies erklärt sich aus der mit wachsender Beanspruchung eintretenden Zunahme der
Umlaufgeschwindigkeit des verdampfenden Wassers. Sofern die Heizfläche verschmutzt
ist und die Belastung sehr hoch wird, tritt demgegenüber eine Verschlechterung des
Wärmeaustausches ein. Es ist dies darauf zurückzuführen, daß bei unreiner Heizfläche
die Verdichtungsarbeit und mit ihr die Ueberhitzung größer wird. Diese aber übt
einen außerordentlich schädlichen Einfluß aus, was leicht verständlich ist, da sich
die Wärmedurchgangsziffern von Satt- und Heißdampf erfahrungsgemäß etwa wie 1 : 100
verhalten. Es ist daher angezeigt, vor Eintritt des Dampfes in den Kondensator eine
Ueberhitzung zu beseitigen, indem man etwas Destillat, das nahezu die
Siedetemperatur besitzt, fein verteilt in den Dampfstrom einspritzt. (Ombeck in Heft
3 der Zeitschrift des V. D. I.)
Schmolke.
Motortechnik.
Motorschlepper. Die französische Orleans-Bahn verwendet
für die Abfuhr von Eisenbahngütern leichte Schlepper von 1,4 t Eigengewicht. Die
Schlepper haben vorn einfache, hinten doppelte Luftreifen. Ueber der Hinterachse ist
eine senkrechte Schraubenspindel angeordnet, die dazu bestimmt ist, die Deichsel des
Anhängers herunterzudrücken, um einen Teil des Anhängegewichtes auf die Hinterachse
des Motorschleppers zu übertragen. Auf diese Weise ist es möglich, mit dem leichten
Schlepper bis zu 8 t Nutzlast abzufahren. Die Anhängerwagen sind mit Vollgummireifen
versehen. Für jeden Schlepper sind bis 3 Anhänger vorgesehen. Die Erfahrung hat
gezeigt, daß mit einem Schlepper täglich vier Fahrten mit 18 bis 20 t Stückgut bis
45 km Entfernung gemacht werden können. Damit ist die Arbeitsleistung von 2
Doppelgespannen erreicht.
(Revue générale des Chemin de Fer, Dezember 1920.)
W.
Flugmotorenbau. Der bekannte englische Konstrukteur
Ricardo hat an einem Einzylinder-Versuchsmotor mit Hilfe der Asiatic Petroleum Co.
Versuche ausgeführt, um eine Steigerung des Verdichtungsgrades zu erreichen. Bei
Verwendung von Benzin ist eine solche Steigerung durch die Selbstzündung begrenzt.
Durch Vergrößerung des Verdichtungsgrades wird der Brennstoffverbrauch verkleinert.
Nach den Ergebnissen der Versuche sind hierbei zwei Wege möglich. Man kann die
Ladung mit einem Teil der gekühlten Abgase vermengen, wobei das frische Gemisch mit
zunehmender Flughöhe abnehmen kann. Der andere Weg ist die Verwendung eines schwerer
siedenden Brennstoffes. Bei Verwendung von Abgasen kann ein Verdichtungsverhältnis
bis 1 : 7 erreicht werden. Bei geeigneter Auswahl des Brennstoffes als Nebenprodukt
der Petroleumerzeugung kann ebenfalls ein Verdichtungsverhältnis 1 : 6,5 erreicht
werden. Der hier in Betracht kommende Brennstoff hat ein spez. Gewicht von 0,884,
ist also schwerer als Petroleum. Eine gute Vorwärmung des Brennstoffes und der
Verbrennungsluft ist hierbei notwendig. Da bei Leichtölmotoren die Brennstoffkosten
auf die Wirtschaftlichkeit von größtem Einfluß sind, so ist auch bei Flugmotoren die
Verwendung der billigeren schweren Brennstoffe anzustreben.
(Engineering, 7. Januar 1921).
W.
220 PS-Flugmotor. Der Motor wird von der „Societè Ligure Piemontese Automobil“ in Turin
gebaut. Er trägt die Typenbezeichnung SPA und ist als einreihiger, wassergekühlter,
sechszylindriger überkomprimierter Höhenmotor gebaut, mit 135 mm Bohrung und 170 mm
Hub. Bei 1650 Uml min. beträgt die Leistung 220 PS. Das Motorgewicht für 1 PS ist
1136 gr ohne Wasser und Oel und ohne Kühlwasser- und Brennstoffleitungen. Die
Zylinder sind aus Spezialstahl hergestellt, je zwei Zylinder sind zu einem Block
vereinigt, jeder Zylinderblock ist von einem aufgeschweißten, aus Stahlblech
bestehenden Kühlwassermantel umgeben. Die Ventile sind hängend im Zylinderboden
angeordnet.
Die Kurbelwelle ist aus Spezialstahl hergestellt und ist viermal gelagert. Zwischen
dem Propellerkonus und dem vordersten Kurbelwellenlager ist ein doppeltes
Achsialkugellager angeordnet, das den Zug bzw. den Staub der Luftschraube
aufzunehmen hat. Die Pleuelstangen haben runden Querschnitt und sind hohl gebohrt.
Die Lagerschalen der Pleuelköpfe sind mit Weißmetall ausgegossen. Die Kolben
bestehen aus einer Aluminiumlegierung mit einer Reihe von Rippen, die außer zur
Versteifung auch für Wärmeableitung dienen. Die Steuerwelle ist über den Zylindern
angeordnet. Die Gesamtanordnung der Steuerung entspricht dem deutschen
Daimler-Flugmotor. Ein Zenith-Doppelvergaser mit 55 mm Saugrohranschluß ist
vorgesehen. Jede Vergaserhälfte versorgt drei benachbarte Zylinder. Die
Verbrennungsluft wird dabei nicht vorgewärmt. Eine der Saugrohrleitung ist
doppelwandig ausgeführt und wird durch Kühlwasser vorgewärmt.
Für die Zündung sind zwei Magnete, Bauart Marelli,
vorhanden. Jeder Magnet wirkt auf eine Reihe Kerzen, so daß der Motor auch nur mit
einem Magnet betriebsfähig ist. Die Zündfolge ist 1-5-3-6-2-4. Die Ansaugventile
öffnen 8 Grad nach dem oberen Totpunkt, sie schließen 50 Grad nach dem unteren
Totpunkt. Die Auslaßventile öffnen 62 Grad vor dem unteren Totpunkt und schließen 14
Grad nach dem oberen Totpunkt. Der Benzinverbrauch wird zu 218 gr PS-Std., der
Schmierölverbrauch zu 13,6 gr/PS-Std. angegeben. (Der Motorwagen 1921, S.
93–97).
W.
Maschinentechnik.
Großgasmaschine. Die Firma Cockerill, Seraing hat eine Zwillings-Tandemmaschine gebaut, die während
des Krieges auf der Niederrheinischen Hütte zu Duisburg gearbeitet hat. Die Maschine
wurde nachträglich mit einer neuen Einlaßsteuerung ausgerüstet, die in einfacher
Form bei allen Füllungen unveränderlichen Verdichtungsdruck ergeben soll.
Dabei ist das Gemischventil, das von einem Steuerdaumen aus angetrieben wird, mit
einem Kolbenschieber verbunden, der die Einlaßkanäle für Gas und Luft steuert. In
diesem Schieber bewegt sich ein kürzerer Schieber, der vom Regler aus verstellt
werden kann. Wenn sich der Reglerschieber in seiner höchsten Stellung befindet, so
werden die Gas- und Luftkanäle während des ganzen Saughubes offen gehalten. Befindet
sich dagegen der Reglerschieber in seiner tiefsten Stellung, so wird der Gaskanal
während des ganzen Saughubes abgesperrt, während Luft ungehindert zuströmen
kann.
Die beschriebene Steuerung ist bereits bei einer 1350 PS-Maschine erprobt worden.
Dabei ist der mittlere indizierte Druck von 4,75 auf 5,85 at gestiegen. Bei der
Zwillingstandemmaschine wurde bei 26,5 at Höchstdruck ein mittlerer Druck von 7,2 at
erreicht, im Betriebe mit Koksofengas bei einer andern Maschine sogar 7,8 at. (The
Engineer, 19. Nov. 1920).
W.
Materialprüfung.
Magnesiumlegierung für Motorkolben. Die Legierung besteht
aus 90 v. H. Magnesium und führt den Namen Dow-Metall. Nach Angabe der Zeitschrift
„Scientific American“, 20. Nov. 1920, soll sich diese Legierung besonders
für Automobil- und Flugmotorenkolben eignen. Stark magnesiumhaltige Legierungen
sind, wie die Erfahrungen bei uns bewiesen haben, wenig widerstandsfähig, sind sogar
brennbar. Wie weit solche Legierungen den hohen Temperaturen der
Verbrennungskraftmaschinen Widerstand leisten können, müßte erst genau festgestellt
werden. Es ist aber nicht ausgeschlossen, daß durch geeignete Bearbeitung die
Eigenschaften der Legierung geändert werden kann.
Vor dem Kriege wurde Magnesium von Deutschland nach Amerika ausgeführt. Jetzt wird es
in großen Mengen in Michigan aus Magnesium-Chlorid gewonnen, und zwar auf
elektrischem Wege. Das Dowmetall besitzt große Zugfestigkeit und greift die
Zylinderlaufflächen nicht an. Es hat ungefähr den gleichen Ausdehnungskoeffizienten
wie Gußeisen. Das spez. Gewicht ist 1,79, Zugfestigkeit 1540 bis 1750 kg/cm2, Streckgrenze 840 bis 980 kg/cm2, Druckfestigkeit 3150 kg/cm2, Elastizitätsmodul 9000000, Härtegrad nach
Brinell 55 bis 75, Dehnung 3,5 v. H. Durch Bearbeitung wie Walzen, Ziehen, Schmieden
kann die Festigkeit der Legierung vergrößert werden.
Versuche mit Motorkolben sind bereits vor einem Jahr ausgeführt worden. Der
betreffende Automobilmotor ist seit jener Zeit dauernd in Gebrauch und hat bereits
etwa 30000 km zurückgelegt. Die Versuche haben dabei außerdem ergeben, daß ein mit
Dowmetallkolben ausgerüsteter Motor 6 PS mehr leistet, als ein solcher mit
gewöhnlichen Gußeisenkolben.
W.
Wirtschaft.
Anwendung elektrischer Oefen in Amerika. Im Januar 1920
gab es insgesamt in Amerika 491 elektrische Oefen, von denen 62 % Stahlöfen, 35 %
sonstige Metallöfen, 1,5 v. H. Roheisenöfen und 1,5 v. H. Spezialöfen waren. Im
Laufe des Jahres 1920 ist die Zahl um 274 Oefen auf 765 mit 410000 KVA gestiegen; davon sind
46,5 v. H. Stahl-, 51,5 v. H. Metall- und 2 v. H. Spezialöfen. Auffallend ist die
gewaltige Zunahme der Metallöfen (222 Oefen mit 24405 KVA). Die am meisten
verwendeten Typen der 222 Oefen sind die von Ajax Wyatt
(96 Oefen, Induktion), hauptsächlich für Bronze und Messing, Bailey, (55 Oefen, Widerstand), für Bronze, Messing, Rotguß, Aluminium,
Zink, Zinn, Glas, Booth, (40 Oefen, rundlaufend), für
Messing, Detroit, (20 Oefen, schaukelnd), für Bronze,
Messing, Kupfer, Aluminium. Hervorzuheben ist, daß die Aluminiumdarstellung 80 % der
Oefen in Anspruch nehmen soll.
Die elektrischen Stahlerzeugungsöfen haben eine Zunahme von 52 (50400 KVA) erfahren.
Bervorzugt scheinen die Bauarten von Gronwall-Dixon (13), Héroult (11), Snyder (6), Rennerfeit (5) zu
sein. Die Gesamtstahlerzeugung auf elektrischem Wege geht aber in Amerika, wohl
infolge der Gesamtweltlage, zurück. Im Jahre 1918 wurden 802325 t Stahl elektrisch
hergestellt, 1919 nur noch 566084 t und die Erzeugung 1920 wird auf 450000 t
geschätzt. Die elektrische Stahlerzeugung betrug 1918 1,74 v. H., 1919 1,59 v. H.
der Gesamtstahlerzeugung, die 1918 46250000 t und 1919 36152000 t betragen hat.
(Electrical World 1921, S. 77/79.)
K.
Gebührenordnungen für amerikanische Ingenieure. In Amerika
gibt es mehrere, von größeren Verbänden aufgestellte Gebührenordnungen. Die
wichtigsten sind diejenigen des American Institute of Consulting Engineers, der
Connecticut Society of Civil Engineers, der Jowa Engineering Society und der
Mahoning Valley (Ohio) Engineers. In „Mining and Metallurgy“ gibt Mitchell eine fesselnde Gegenüberstellung der
verschiedenen Sätze, die einmal nach % der Ausführungskosten, dann nach Tagessätzen
oder schließlich in einer festen Summe berechnet werden. Um einen Begriff für
ihre Höhe zu geben, sei erwähnt, daß z.B. das A. I. C. E. Tagessätze (für den
6stündigen Arbeitstag) von 100 £ an aufwärts
vorschlägt; ein Satz, der sich je nach der Größe des Gegenstandes und der
„Größe“ des Gutachters auf 250–1000 £
erhöht. Die anderen Verbände haben niedrigere Sätze, die jedoch alle über 25 £, also weit über dem Preis, den nach der
Gebührenordnung des V. D. I. die deutschen Ingenieure für ihre doch gewiß ebenso
wertvollen Leistungen beanspruchen können, liegen. (Mining and Metallurgy, 1921,
Jan., S. 15/17, daselbst auch weiteres Schrifttum.)
K.
Staatlicher Kraftwagenbetrieb. Die Reichspost hat eine
Denkschrift ausgearbeitet über die Verwendung des Kraftwagenbetriebes. Als
Hauptvorzug wird die größere Fahrgeschwindigkeit und das größere Fassungsvermögen
der Fahrzeuge hervorgehoben. Die größere Geschwindigkeit und Ladefähigkeit der
Lastkraftwagen kommt namentlich beim Telegraphenbau zur Geltung. Hier kommt der 3
t-Lastwagen, auch mit Anhänger in Betracht. Seit 1919 sind für den Ueberlandverkehr
Omnibusse bestellt mit 12 bis 18 Sitzplätzen. Ende September waren 90 Linien mit
2385 km in Betrieb, mit 170 Kraftwagen. Hierzu kommen noch die Postlinien in Bayern,
Württemberg und Baden.
W.
Persönliches.
Der Senat der Technischen Hochschule Stuttgart hat dem Senior-Chef der Firma
Fortuna-Werke, Spezialmaschinenfabrik, G. m. b. H., Stuttgart-Cannstadt, Herrn
Albert Hirth, die Würde eines Dr.-Ing. E. h. in
Anerkennung seiner hervorragenden technischen Leistungen auf zahlreichen Gebieten
verliehen.