Titel: | Polytechnische Schau. |
Autor: | Schmolke |
Fundstelle: | Band 336, Jahrgang 1921, S. 216 |
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Polytechnische
Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Brennstofftechnik.
Die Herstellung des Kohlenstaubes für Staubfeuerungen. In
der Zerkleinerungstechnik unterscheidet man das Vorbrechen, Vorschroten und Mahlen.
Zwischen den zu diesem Zwecke dienenden Maschinen befinden sich Förderanlagen,
Sammelbehälter und Aufgabevorrichtungen. Wenn es sich um die Herstellung von
Kohlenstaub handelt, so erübrigt sich meist das Vorbrechen. In vielen Fällen kann
sogar das Vorschroten erspart werden. Ist dies nicht möglich, so werden die
genannten Arbeiten fast ausschließlich auf Walzenmühlen verrichtet. Man kann
beispielsweise zwei übereinander liegende Walzenpaare benutzen, von denen das obere
zum Vorbrechen, das untere zum Vorschroten dient. Ist nur eine Verschrotung der
Kohle notwendig, so gebraucht man einfache Walzenmühlen. Das Brennmaterial verläßt
die Vorrichtungen in einer Korngröße bis etwa 5 mm und ist vor der Vermahlung zu
Staub einer Trocknung zu unterziehen. Je weniger flüchtige Bestandteile im
Brennstoff vorhanden sind, desto feiner muß er gemahlen werden. Der
Feuchtigkeitsgehalt, welcher die Feinheit des Staubes hier ausschlaggebender Weise
beeinflußt, soll daher bei Steinkohle auf ½ bis 2 v. H. herabgedrückt werden.
Braunkohle dagegen kann man zur weiteren Verarbeitung zulassen, wenn sie noch eine
Feuchtigkeit von 16 bis 18 v. H. besitzt. Zur Trocknung kommen für Steinkohle
überwiegend Trommeltrockner mit Beheizung durch Feuergase in Betracht. Für
Braunkohle bedient man sich indessen meist der Teller- oder Röhrentrockner mit
Dampfheizung. Hat der Brennstoff diese Vorrichtungen durchlaufen, so beginnt das
Mahlen. Schlagkreuz- und Hammermühlen in denen bei passend eingestellter Spaltbreite
auch das Vorschroten stattfinden kann, haben sich bei der Herstellung von Torf- und
Braunkohlenstaub als geeignet erwiesen. Will man jedoch Staub von höchster Feinheit
beim Vermählen von Koks, Halbkoks und Steinkohle gewinnen, so benutzt man Pendel-,
Ring- und Horizontalkugelmühlen. Für das Sichten des Mahlgutes haben die Windsichter
die weiteste Verbreitung gefunden. Bei ihnen wird der Staub auf einen Streuteller
gebracht und von diesem quer durch einen Luftstrom geschleudert. Dieser reißt die
feinen Staubteilchen mit sich fort, während die gröberen Körner niederfallen und zur
Mahlmaschine zurückgelangen. Eine neue, bisher in Deutschland noch nicht eingeführte
amerikanische Maschine, die Aero-Mühle, vereinigt Mahl- und Sichtvorrichtung. Sie
besteht aus mehreren, auf einer wagerecht gelagerten Welle angeordneten
Schlägerkeuzen. Auf derselben Welle sitzt ein Windrad, welches das hinreichend fein
zerkleinerte Mahlgut ständig absaugt und durch eine Rohrleitung zur
Verwertungsstelle drückt.
Die bisher genannten Vorrichtungen werden als schnellaufende Maschinen bezeichnet. Es
machen nämlich die Schlagkreuz- und Hammermühlen je nach Größe 1500 bis 2000
Umdrehungen in der Minute, während die Pendel-, Ring- und Horizontalkugelmühlen
immerhin noch mit 200 Umläufen arbeiten. Ihnen gegenüber stehen die Kugelfall- und
Rohrmühlen, deren Drehzahl auf 25 his 30 zurückgeht. Bei ihnen wird die
Mahlwirkung durch zahlreiche, regellos durcheinander geworfene Körper ausgeübt. Dies
bringt den Vorzug mit sich, daß man die Vorrichtungen mühelos in einem Zustande
gleichbleibender Leistungsfähigkeit erhalten kann, indem man bei eintretendem
Verschleiß eine entsprechende Menge neuer Mahlkörper in Gebrauch nimmt. Bei
schnellaufenden Maschinen macht sich hingegen eine Abnutzung recht unangenehm
bemerkbar, denn aus wirtschaftlichen Gründen kann eine Auswechslung der wenigen,
zwangläufig geführten Teile, die zur Zerkleinerung dienen, nur in größeren
Zeitabschnitten erfolgen. Dies führt dazu, daß man vor einer Auswechslung jedes Mal
einen erheblichen Rückgang der Mahlleistung beobachtet und als unvermeidlich in Kauf
nehmen muß. Ferner sind Kugel- und Rohrmühlen im Gegensatz zu den schnellaufenden
Vorrichtungen unempfindlich gegen Fremdkörper. Gelangen Eisenteile in die Maschine,
so nehmen sie an der Zerkleinerung wie die übrigen Mahlkörper teil, während sie bei
den anderen Mühlenarten durch einen Magnetabschneider unbedingt ferngehalten werden
müssen. Ein weiterer Vorzug des langsamen Ganges ist es, daß man einen höheren
Prozentsatz feinsten Staubes erhält. Als Nachteil macht sich indessen ein
verhältnismäßig großer Kraftbedarf bemerkbar. Trotzdem verdienen wohl in den meisten
Fällen die sehr betriebssicheren, langsam laufenden Mühlen den Vorzug.
Zum Fördern der Kohle findet man am häufigsten Transportschnecken und
Keltenbecherwerke. Neuerdings wird auch Luftdruckförderung in Betracht gezogen, doch
ist man zu einem abschließenden Urteil bisher nicht gelangt. Ueber jeder Mühle
sollte ein Sammelbehälter angeordnet sein, aus dem das Mahlgut der Maschine durch
eine besondere Aufgabevorrichtung gleichmäßig zugeteilt wird. Nach seiner
Herstellung gelangt der Staub in einen weiteren Behälter, von dem er schließlich
durch eine Entleervorrichtung zur eigentlichen Feuerungsanlage kommt.
Große Bedeutung ist einer ausreichenden Entstaubung der Mahlanlagen beizumessen. Legt
man hierauf nicht genügend Wert, so tritt die Gefahr von Explosionen auf. Meist wird
die bekannte Druck- und Saugfilterentstaubung benutzt. Auch der Anschluß an die
Saugleitung des Feuergebläses hat sich bewährt. Die Herstellung von 1000 kg
Steinkohlenstaub einschließlich Vorschroten und Trocknung macht bei Rohrmühlen 40
bis 50 Ps/st, bei schnellaufenden Maschinen 30 bis 40 Ps/st erforderlich. Für 1000
kg Braunkohlenstaub benötigt man bei Hammermühlen sogar nur 15 bis 20 Ps/st. In den
Trockentrommeln werden mit 1 kg guter Steinkohle 5 bis 6 kg Wasser verdampft,
während für die Verdunstung von 1 kg Wasser bei Dampftrocknern etwa 1,3 kg des
Betriebsstoffes aufzuwenden sind, sofern der Druck ca. 1,5 at ist. Der Feinheitsgrad
des Staubes wird mit dem in der Zementindustrie gebräuchlichen Sieb von 4900 Maschen
auf 1 cm2 bestimmt. Auf diesem soll
Steinkohlenstaub höchstens 10 v. H., Braunkohlenstaub nicht mehr als 50 v. H.
Rückstand hinterlassen. (Mittag in Heft 17–20 der Zeitschrift für Dampfkessel und
Maschinenbetrieb.)
Schmolke.
Materialkunde.
Untersuchung eines abgelegten Drahtseiles mit Drahtbrüchen im
Innern. (Prof. Dr.-Ing. ehr. M. Rudeloff, Geh.
Reg.-Rat, Direktor des Materialprüfungsamts, Mitteilungen aus dem
Materialprüfungsamt zu Berlin-Lichterfelde West, 1919. Heft 5 und 6).
Die Untersuchung verdient, weiteren Kreisen zugänglich gemacht zu werden, unternimmt
es doch Rudeloff, unter scharfsinniger Anwendung aller
der Materialforschung zurzeit zur Verfügung stehenden Mittel in ein Gebiet
einzudringen, das – bisher bedauerlich stark vernachlässigt – vor allem für unsere
neuzeitige Bergwerksfördertechnik von lebenswichtigster Bedeutung ist: die
wissenschaftliche Aufdeckung der Ursachen des Zerfalls von Förderdrahtseilen.
Die bisherige Festigkeituntersuchung an Drahtseilen geschieht sowohl vor als auch
teilweise in und nach dem Gebrauch seitens der herstellenden Drahtseilfabriken bzw.
der verbrauchenden Bergwerke und deren angeschlossenen Seilprüfstellen unter fast
ausschließlicher Herrschaft statischer Methoden auf stark statistischer Grundlage.
Auf seine eigene Anregung hin bekam Rudeloff Gelegenheit,
die vorliegende Untersuchung an einem Förderseil auszuführen, das nach 1½jähriger
Betriebszeit auf einer westfälischen Zeche wegen mehrerer Drahtbrüche abgelegt
worden war, und bei dessen Aufspinnen sich herausstellte, daß im Innern eine ganz
ungewöhnliche Menge von Drähten gebrochen war, wofür eine Erklärung fehlte. Das
Ergebnis der Untersuchung an je 2 daraufhin aus der Seilmitte und von den Enden
entnommenen Seilproben liegt in der nur 24 Druckseiten umfassenden Veröffentlichung
vor, die als ein Muster kritisch-wissenschaftlicher Untersuchungsarbeit an einer
engbegrenzten Aufgabe angesprochen werden kann.
Sie gliedert sich in die Abschnitte: 1. Anlage des Seiltriebes; 2. Aufbau und Zustand
des Seiles und der einzelnen Drähte; 3. Festigkeitsversuche; 4. Zusammenfassung der
Ergebnisse der Festigkeitsversuche; 5. Härtebestimmungen; 6. Gefügeuntersuchungen;
7. Schlußwort. Besonders sei aber auch die Beifügung zahlreicher Bilder nach
photographischen Aufnahmen zur dokumentarischen Niederlegung sowohl des äußeren
Aussehens des Seilganzen wie auch der auf ihm und den Einzellitzen und -drahten zu
beobachtenden Oberflächenveränderungen als vorbildlich hervorgehoben. So wird unter
2. besonderer Wert auf eine scharfe Festlegung der äußerlich wahrzunehmenden
Abnutzungsstellen der Deckdrähte, der Riefelungs- und Druckerscheinungen an den
Drähten der inneren Lagen der Seillitzen gelegt. Während nämlich die Drähte der
äußeren Lage der Seillitzen an den Probeseilstücken keine Brüche, die der zweiten
Lage nur sehr wenige zeigten, waren die 4 Drähte der innersten Drahtlage durch eine
überraschend große Zahl von alten Brüchen außerordentlich stark zerstört, und diese
Brüche gerade an den Stellen, an denen die Drähte der nächsthöheren Lage in
entgegengesetztem Wicklungssinn die inneren überkreuzten.
Die Festigkeitsproben unter 3. umfassen Zugproben an Drähten, Litzen und Seilen,
Verwindungsproben an Drähten mit merkwürdig verschiedener Ausbildung der
Verwindungsstellen und schließlich Biegeproben mit Drähten an unverletzten wie an
Druckstellen. Das zahlenmäßige Ergebnis dieser Versuche ist übersichtlich in einer
ganzen Anzahl von Tabellen zusammengestellt und dann in seinem Zusammenhang kritisch
beleuchtet. Doch trotz Aufwendung allen Scharfsinns bei der Ausdeutung der
Versuchsergebnisse muß Rudeloff zu dem Schlusse kommen,
daß keine dieser Beobachtungen eine sichere Unterlage zur Aufdeckung der Ursache für
die Brüchigkeit der Seildrähte bietet, zumal die im Betriebe entstandenen
Drahtbrüche nicht auf Biegungsbeanspruchung zurückgeführt werden können, weil sie in
dem nicht über die Seilscheiben gelaufenen Seilabschnitt ebenso vorkommen wie im
Seilabschnitt, der im Betriebe Biegungen unterworfen war. Vielleicht könnte eine von
ihm an dieser Stelle entwickelte Arbeitshypothese für künftige Untersuchungen
leitend sein, nach der er auf Grund der Steigung der Drähte in den einzelnen
schraubenlinienförmigen Drahtlagen eine unvergleichlich viel größere
Zugbeanspruchung der Innendrähte gegenüber den äußeren errechnet.
Als letzte, dem Amt zur Verfügung stehende Untersuchungsmittel blieben schließlich
noch Härte- und Gefügeprüfung, deren Ergebnisse unter Beigabe einer Tafel
ausgezeichneter Dünnschliffbilder vorgeführt werden. Doch auch diese Bemühungen
müssen leider als erfolglos angesehen werden.
Ist nun auch das Gesamtergebnis der umfangreichen Arbeit im Grunde negativ, so ist es
doch keineswegs ohne Bedeutung. Wenn die Aufklärung der Ursachen für das Auftreten
von Drahtbrüchen im Seilinnern auf dem eingeschlagenen Wege nicht möglich war, so
liegt das eben an dem Mangel an Untersuchungsmethoden und -mitteln für diesen Zweck.
Und es ergibt sich, wie der Gelehrte im Schlußwort betont, im wirtschaftlichen und
besonders sicherheitlichen Interesse unserer Bergbaufördertechnik als Aufgabe der
allernächsten Zukunft, mit allen Mitteln wissenschaftliche Methoden auszubilden, die
endlich einmal erlauben, die Ursache dieser Drahtbrüche einwandfrei klarzustellen,
um sie mit Sicherheit vermeiden zu können. Ueber Rudeloffs Forderung hinaus aber
möchte der Berichterstatter noch in gleichem Sinne solche Methoden ausgebildet
wissen, die am noch aufliegenden Förderseil, im Betriebe
gestatten, Tatsache und Ausmaß des Vorhandenseins solcher für die Erhaltung von
Menschenleben und Gut so gefahrdrohenden Drahtbrüche im Seilinnern einwandfrei
festzustellen.
W. Heilmann.
Die Verwendung keramischer Stoffe in der chemischen
Industrie. (Vortrag von Direktor Dr. Singer-Charlottenburg auf der Hauptversammlung Deutscher Chemiker, Stuttgart
1921). Singer machte zunächst interessante geschichtliche Angaben über die
technische Verwendung von Ton, Kaolin und Speckstein. Die chemische Industrie
benutzte bei ihrer allmählichen Entwicklung die bereits seit Jahrhunderten in
Deutschland ansässige Steinzeugindustrie, die alle Bedürfnisse von dem kleinsten
Apparateteilchen bis zu riesigen Gefäßen von vielen tausend Litern Inhalt
befriedigen konnte. Die jüngere Porzellanindustrie liefert vorwiegend kleinere
Geräte für die chemischen Laboratorien, während sie wirklich große Gefäße für die
Industrie nur in geringem Umfang herstellt. Auf beiden Absatzgebieten tritt
neuerdings das Quarzglas in Wettbewerb, das mit einer unübertroffenen
Säurebeständigkeit größte Widerstandsfähigkeit gegen Temperaturwechsel vereinigt.
Ebenso umfangreich ist die Verwendung poröser Materialien für feuerfeste
Ausmauerungen, Gasretorten und Muffeln aller Art. Ein Sondergebiet ist die
Herstellung poröser Massen für Diaphragmen, die in der elektrochemischen Industrie
viel gebraucht werden, sowie von hoch feuerfesten Stoffen, wie Tonerde, Zirkon,
Siliziumkarbid und Borstickstoff.
Sander.
Spezialstähle für die chemische Industrie. (Vortrag
von Dr. Rittershausen-Essen auf der Hauptversammlung
Deutscher Chemiker Stuttgart 1921.) In den Chromnickel- und Nickelstählen besitzen
wir Baustoffe, die sich durch höchste Zähigkeit und Elastizität auszeichnen und die
auch den stärksten Beanspruchungen, selbst stoßweise und explosionsartig
auftretenden Belastungen standhalten. Die chemische Industrie benötigt aber auch
solche Stähle, die neben guten mechanischen Eigenschaften hohen Widerstand gegen
chemischen Angriff besitzen. Der 25%ige Nickelstahl galt lange Zeit als der
rostbeständigste Stahl, es zeigte sich aber, daß auch er auf die Dauer den
Einflüssen der Atmosphäre nicht standzuhalten vermag. Der Firma Krupp gelang es aber
in der letzten Zeit, zwei Gruppen von hochlegierten Chromnickelstählen herzustellen,
die in gleicher Weise durch gute Schmied- und Walzbarkeit wie durch leichte
Bearbeitbarkeit ausgezeichnet sind. Die erste Gruppe mit 10–15 v. H. Chromgehalt und
nur geringem Nickelzusatz liefert hochwertige Konstruktionsstähle, die praktisch
rostbeständig sind. Aus diesem Material wurden im Kriege hochbeanspruchte
Maschinenteile, z.B. für U-Boote, hergestellt, ferner gehärtete Schneidwerkzeuge und
Kugellager. Die zweite Gruppe mit einem Chromgehalt von 18–40 v. H. und einem
Nickelgehalt von 5–20 v. H. besitzt höchsten Korrosionwiderstand und ist namentlich
gegen Salpetersäure und schweflige Säure außerordentlich beständig. Aus dieser
Stahlmarke wurden neben vielen anderen Apparaten während des Krieges über 600
Kreiselpumpen für Salpetersäure hergestellt; sie dient ferner zur Anfertigung von
Kolbenstangen, Plungern und Ventilen aller Art für strömende saure Gase und Dämpfe,
von geschweißten Blechrohren und Gefäßen sowie von Gußstücken der verschiedensten
Ausführung. Diese Stahlmarke wird selbst bei Temperaturen von 1000° von dem
Luftsauerstoff nicht angegriffen. Gleichfalls sehr hitzebeständig, jedoch nicht
säurefest ist ein mit Aluminium legierter Stahl, den die Firma Krupp unter dem Namen
„Alit“ auf den Markt bringt.
Die erwähnten Chromnickellegierungen sind leider nicht auch gegen Schwefel- und
Salzsäure beständig, gegen diese beiden Säuren besitzt jedoch die siliziumreiche
Legierung „Thermisilid“ genügende Widerstandsfähigkeit, die als Guß in Form
von Röhren, Kesseln, Retorten usw. geliefert wird.
Sander.
Metalltechnik.
Die Zeitschrift für Metallkunde, herausgegeben von der
deutschen Gesellschaft für Metallkunde, erscheint vom April ab unter der Leitung von
Prof. Dr. W. Guertler und Dipl.-Ing. H. Groeck im Verlag des V. d. I.
Die Zeitschrift hat entsprechend der stetig wachsenden Bedeutung der Metalle und
Legierungen in der Gegenwart außer den bisher von ihr vorwiegend gepflegten Gebieten
der Aufbau- und Eigenschaftslehre der Metalle auch das ganze Feld der
mechanisch-technologischen Verarbeitung in ihren Wirkungskreis aufgenommen. Sie will
der Metalltechnik die Wege zu einer ausgiebigen Verwendung und Ausnutzung namentlich
auch unserer inländischen Metalle ebnen und besonders die machtvoll aufstrebende
Entwicklung unserer Leichtmetalle und Leichtlegierungen zusammenfassen. Damit soll
auch dem Mangel abgeholfen werden, daß wir in Deutschland im Gegensatz zum Ausland
bisher ein führendes Blatt der eigentlichen Metallverarbeitung nicht hatten. Das
erste soeben erschienene Heft der Zeitschrift für Metallkunde ist daher, diesen
Gedanken betonend, vorwiegend auf die Behandlung praktischer Gegenwartsfragen
eingestellt.
Dr. Werner Lange gibt in seinem Aufsatz Metallüberzüge als Rostschutzmittel eine Bewertung der
galvanischen Verzinkung, der Feuerverzinkung, des Sherardisierens und der
Spritzverzinkung auf Grund von sorgfältig durchgeführten Korrosionsversuchen. Von
greifbarem praktischen Wert sind dabei die Regeln, die er am Schluß für die
Oberflächenbehandlung der verschiedensten Bau- und Maschinenteile und sonstigen
Gebrauchsgegenstände aufstellt. Oberingenieur J. Czochralski untersucht den Einfluß des Bleies
im Rotguß bei Bleigehalten von 1 bis 6 v. H. Er stellt
die Zerreißfestigkeit, Dehnung, Härte und Schlagfestigkeit fest und kommt dabei zu
wertvollen Ergebnissen technologischer Art. Dr.-Ing. E. H. Schulz berichtet über Versuche mit hochhaltigen
Gußzinklegierungen, während Oberingenieur Wunder
unter dem Titel Erfahrungen mit Aluminiumleitungen die
Ergebnisse einer Umfrage mitteilt, die der Aluminiumausschuß der Deutschen
Gesellschaft für Metallkunde an deutsche Elektrizitätswerke erlassen hat. Dieser
Bericht faßt als erster deutscher Bericht die Erfahrungen einer größeren Anzahl von
deutschen Elektrizitätswerken mit Aluminium-Fernleitungen zusammen.
In der Rundschau werden die bemerkenswerten Ergebnisse der
inländischen und ausländischen Literatur auf dem Gebiete der Metalle und Legierungen
wiedergegeben, so amerikanische Erfahrungen mit Spritzguß, Erfahrungen mit
Motorkolben aus Aluminium und neue Verwendungsmöglichkeiten der Metalle.
Betontechnik.
Wiederherstellungsarbeiten an Eisenbetonschiffen. In
neuerer Zeit tritt im Schiffsbau neben dem Eisen auch der Eisenbeton erfolgreich in
die Erscheinung. Allerdings machen sich gegen seine Einführung erhebliche
Widerstände geltend; vor allem aus den Kreisen der Reeder und namentlich der
fahrenden Seeleute. Dieses Mißtrauen hat verschiedene Ursachen, hauptsächlich liegen
diese in der technischen Bauart und der damit bedingten Wirtschaftlichkeit der
Eisenbetonschiffe überhaupt. Wichtig aber ist vor allem auch das Verhalten des
Eisenbetonschiffes bei einem Unfall, z.B. bei Auflaufen auf grobsteinigen Untergrund
usw. Können die dadurch entstehenden Beschädigungen rasch und gut behoben werden?
Während nun Wiederherstellungsarbeiten beim gewöhnlichen Eisenbeton, z.B. an
Plattenbalken oder Verstärkungsarbeiten an Brückenträgern verhältnismäßig schwierig
auszuführen sind, ist beim Schiffsbau meist nur die Betonhülle der Eiseneinlagen
zerstört, die bei dem heutigen Stande der Wissenschaft auf diesem Gebiete rasch
wiederum ausgebessert werden kann. Auch ernstere Unfälle können verhältnismäßig
leicht wett gemacht werden. So berichtet die dänische Zeitschrift
„Ingeniören“ (vom 19. März 1921) von einem Eisenbetonschiff, das im
November 1920 vollbeladen mit 8 Knoten Geschwindigkeit auf grobsteinigen Untergrund
auflief, wobei ein Teil der Ladung ins Wasser fiel. Dabei hatte die
Hauptkonstruktion nur wenig gelitten; der Schiffsboden war stärker beschädigt, der
äußere Beton hatte Risse und die Eisen waren stark verbogen. Die ganzen
Ausbesserungsarbeiten nahmen 21 Tage in Anspruch und wurden mit so gutem Erfolg
ausgeführt, daß das Schiff seine frühere Klasse behielt. Bei einem Eisenschiff
würden sich die Ausbesserungsarbeiten viel umfangreicher gestaltet haben. Dieser
Unfall beweist also aufs Neue die außerordentliche Widerstandsfähigkeit des
Eisenbetons; es kann also ein Eisenbetonschiff schon kräftige Stöße aushalten, ohne
in Stücke zu zerfallen.
A. M.
Gastechnik.
Neues Gas-Kalorimeter. Zur Bestimmung der
Verbrennungswärme von Heiz- und Leuchtgasen benutzte man bisher fast ausschließlich
das Kalorimeter von Junkers, dessen Prinzip darin besteht, daß ein Wasserstrom durch
einen mit dem zu untersuchenden Gas gespeisten Bunsenbrenner erhitzt wird. Durch
Messung der verbrannten Gasmenge, der durch den Apparat hindurchgeflossenen
Wassermenge sowie der Wassertemperatur beim Eintritt und beim Austritt aus dem
Kalorimeter erfährt man- alle zur Ermittlung der Verbrennungswärme erforderlichen
Daten. Auf einem ganz anderen Prinzip beruht ein neues von Dr. O. Dommer konstruiertes Gaskalorimeter, das eine sehr
einfache Bauart besitzt und leicht transportabel ist. Der neue Apparat besteht aus
einer mit Zahleneinteilung versehenen Glasröhre von ähnlicher Gestalt wie die
bekannte Bunte-Bürette; in dieser Röhre wird das zu untersuchende Gas abgemessen,
mit Luft gemischt und durch einen Induktionsfunken gezündet und verbrannt. Die
Meßröhre ist mit einem mit Petroleum gefüllten Glasmantel umgeben, an dem ein
Kapillarrohr mit Skala angeschmolzen ist. Die bei der Verbrennung des
Gas-Luftgemisches auftretende Wärme überträgt sich auf das Petroleum, das sich
ausdehnt und dem Heizwert des Gases entsprechend mehr oder weniger hoch in der
Ansatzröhre hochsteigt. Bei dem neuen Kalorimeter wird also im Gegensatz zum
Kalorimeter von Junkers eine abgeschlossene Gasmenge
explosionsartig verbrannt und die gebildete Wärme auf eine ruhende Flüssigkeitsmenge von hoher spezif. Wärme übertragen. Auf der
nämlichen Grundlage beruht das bereits vor 10 Jahren von Prof. Strache konstruierte Explosionskalorimeter, bei dem jedoch die
Verbrennungswärme auf ein Luftpolster übertragen wurde. Infolge von
Abkühlungsverlusten entstehen hierbei leicht beträchtliche Fehler, weshalb dieses
Kalorimeter keine große Verbreitung in der Praxis erlangt hat.
Um aus der Steighöhe des Petroleums in der Ansatzröhre unmittelbar die
Verbrennungswärme des untersuchten Gases berechnen zu können, muß man vorher jeweils
in gleicher Weise ein Gas von bekannter Verbrennungswärme in dem Apparat verbrennen,
und zwar benutzt man hierzu am bequemsten Knallgas, dessen Verbrennungswärme 2020 WE
für 1 m3 beträgt. Zur raschen Bereitung des
Knallgases wird das Meßgefäß des Kalorimeters mit verdünnter Schwefelsäure gefüllt
und durch elektrolytische Zersetzung der Säure Knallgas erzeugt, was durch einfaches
Umschalten des Batterieschalters bewirkt wird. Da die Verbrennung des zu
untersuchenden Gases und des Knallgases kurz hintereinander und unter genau den
gleichen Verhältnissen vorgenommen werden, erhält man durch den Versuch unmittelbar
die Verbrennungswärme des betr. Gases, bezogen auf 0°, 760 mm und trockenen Zustand;
alle Korrekturen und Umrechnungen fallen hierbei also fort. Zur Erläuterung der
Berechnung diene folgendes Beispiel: Bei der Verbrennung von 20,0 cm3 Knallgas von 2020 WE stieg das Petroleum in dem
Steigrohr 115 mm hoch; bei der Verbrennung von 10,0 cm3 des zu untersuchenden Gases betrug dagegen der Ausschlag 122 mm.
Hieraus ergibt sich die Proportion:
\frac{20,2\,\times\,2020}{115}=\frac{10,0\,\times\,x}{122}
und folglich x = 4286 WE.
Das neue Kalorimeter wurde im Gasinstitut zu Karlsruhe längere Zeit hindurch auf
seine Zuverlässigkeit untersucht, indem Parallelversuche mit dem Junkers-Kalorimeter
ausgeführt wurden, und zwar wurden die Versuche mit den verschiedensten Gasen von
9000 bis herab zu 500 WE ausgeführt. Dabei zeigte sich, daß das neue Kalorimeter,
wenn es ins Gleichgewicht gebracht ist und wenn stärkere Temperatur- und
Luftdruckschwankungen ausgeschlossen werden, sehr genaue Werte liefert. Besonders
wichtig ist noch, daß das Union-Kalorimeter im Gegensatz zu dem Junkers-Kalorimeter unabhängig von dem Vorhandensein
einer Wasserleitung ist, leicht von einem Ort zum anderen befördert werden kann,
ohne daß man den Apparat auseinanderzunehmen braucht, daß keine Gasuhr erforderlich
ist und daß auch sehr kleine Gasmengen mit dem neuen Apparat auf ihre
Verbrennungswärme hin untersucht werden können. (Das Gas- u. Wasserfach 1921, S.
83–86).
Sander.
Umfüllen von flüssigem Ammoniak aus Kältemaschinen in
Stahlflaschen. Zur gefahrlosen Entleerung des Ammoniaks aus Kältemaschinen
gibt die Gesellschaft für Lindes Eismaschinen eine genaue
Anleitung, die allgemeine Beachtung verdient. Die Stahlflasche, in die das in der
Kältemaschine enthaltene Ammoniak eingefüllt werden soll, wird auf eine Wage gelegt
und durch ein sehr elastisches Röhrchen von ¼'' mit der Füllvorrichtung verbunden,
worauf der Flüssigkeitshahn am Verdampfer bzw. die Spindeln des Verteilungsstückes
geschlossen, der Füllhahn und die Flaschenventile dagegen geöffnet werden. Das nun
aus dem Kondensator der Maschine in die Stahlflasche einströmende flüssige Ammoniak
muß genau gewogen werden, damit die Flasche nicht über das zulässige Maß gefüllt
wird. Falls die Flasche versehentlich dennoch zu stark gefüllt worden ist, muß
sofort so lange Ammoniak in den Verdampfer abgelassen werden, bis die einspielende
Wage das richtige Gewicht anzeigt. Nach beendeter Füllung wird sowohl der Füllhahn
als auch das Flaschenventil geschlossen und nach Entfernung des Verbindungsrohres
die Schutzkappe auf die Stahlflasche wieder aufgeschraubt.
Bei runden Kondensatoren ist für einen genügend hohen Kondensatordruck (mehrere at
Ueberdruck) zu sorgen. Das Abfüllen des Ammoniaks aus Berieselung-Kondensatoren geht
in der kalten Jahreszeit langsamer vor sich als unter normalen Verhältnissen (6–10
at Kondensatordruck). Will man eine mit mehreren Verdampfern ausgestattete
Kühlanlage nicht entleeren, sondern nur ihre zu reichliche Füllung etwas verringern,
so braucht man nur den Flüssigkeithahn des Verdampfers, in dessen Flüssigkeitleitung
die Füllvorrichtung angebracht ist, abzustellen, worauf das Wiederfüllen einzelner
Flaschen in der angegebenen Weise während des Betriebs der Maschine vorgenommen
werden kann. Die Stahlflaschen für flüssiges Ammoniak sind an einem kühlen Orte vor
Sonnenstrahlen und Ofenwärme geschützt aufzubewahren und dürfen nicht geworfen
werden. Sie müssen alle 5 Jahre einem Probedruck von 100 at unterzogen werden und
müssen am Oberteile das Leergewicht, das höchste zulässige Gewicht der Füllung in kg
sowie das Datum der letzten Druckprobe in dauerhafter Prägung aufweisen. (Zeitschr.
f. ges. Kälte-Ind. 1920, S. 122).
Sander.
Die Gewinnung von Schwefel aus Schwefelwasserstoff mittels
aktiver Kohle. (Vortrag von Dr. Engelhardt-Wiesdorf auf der Hauptvers. D. Chem. Stuttgart 1921.) Die aktive
Kohle wird von den Farbenfabriken vorm. Fr. Bayer bereits seit längerer Zeit zur
Abscheidung des Benzols aus Kokereigasen verwendet, sie kann aber auch zur Oxydation
von Schwefelwasserstoff zu Schwefel Anwendung finden, wobei entweder Schwefeldioxyd
oder Luft als Oxydationsmittel dient. Es findet sowohl bei konzentrierten als auch
bei verdünnten Gasen eine glatte Oxydation zu Schwefel statt; bei verdünnten Gasen,
z.B. Leuchtgas, wird die Oxydation durch einen geringen Ammoniakgehalt des Gases
wesentlich beschleunigt. Es erscheint daher möglich, auf diesem neuen Wege
Steinkohlengas von Schwefelwasserstoff zu reinigen. Die Trennung des abgeschiedenen
Schwefels von der Kohle kann durch Ausschmelzen mit Dampf oder heißen Gasen, durch
Rösten oder besser durch Extraktion mit chlorierten Benzolen erfolgen.
Sander.
Wärmewirtschaft.
Wärmewirtschaftliche Sonderkurse für Brauerei und chemische
Gewerbe. Die Hauptstelle für Wärmewirtschaft
veranstaltet in Gemeinschaft mit dem Institut für Gärungsgewerbe, Berlin und der
Hochschule für Brauerei, Weihenstephan b. München je einen wärmetechnischen
Vortrags- und Uebungskursus für Betriebsleiter. Die Kurse finden statt am Institut
für Gärungsgewerbe in Berlin, Seestraße, in der Zeit vom 18.–21. Juli 1921 und an
der Hochschule für Brauerei im Weihenstephan b. München in der Zeit vom 1.–4. August
1921. Die Vorträge, an welche sich Aussprachen anschließen, behandeln die Grundlagen
der Wärmelehre, Brennstoffe und Verbrennung, Anpassung der Feuerungen an die
Brennstoffverhältnisse, Speisewasserreinigung, Dampfverwendung, Abwärmeverwertung im
Gärungsgewerbe und der chemischen Industrie, wärmetechnische Betriebsüberwachung.
Praktische Uebungen werden an Meßgeräten, Kesseln, Dampfmaschinen und Kühlmaschinen
vorgenommen. Eine höhere wissenschaftlichtechnische Vorbildung wird bei den
Teilnehmern nicht vorausgesetzt.
Als Teilnehmer für diese Kurse kommen hauptsächlich Betriebsleiter aus
Brauereibetrieben, der Leder-, Nahrungsmittel-, chemischen Industrie usw. in
Betracht. Die Teilnehmergebühr beträgt M. 150.–. Hierin ist der Preis für die den
Teilnehmern überlassenen Druckschriften eingeschlossen. Der genaue Zeitplan wird
baldigst bekanntgegeben. Anmeldungen sind bis zum 1. Juli an die Hauptstelle für
Wärmewirtschaft, Berlin NW. 7, Sommerstraße 4a bei gleichzeitiger Ueberweisung der
Teilnehmergebühr auf das Postscheckkon o Berlin Nr. 100340 zu richten. Die Zusendung
der Teilnehmerkarte erfolgt nach Eingang der Teilnehmergebühr.
Das Rätsel der Brennkraftturbine. Leider legte man in
Deutschland infolge der zahlreichen Mißerfolge auf die Entwicklung einer betriebs-
und wettbewerbsfähigen Brennkraftturbine lange Zeit hindurch nicht viel Gewicht,
während das Ausland recht lebhaft in diesem Sinne bemüht war. Erst die gegenwärtige
Zeit des Kohlenmangels, welche dazu zwingt, die Oel- und Gasausnutzung tunlichst zu
steigern, hat die gekennzeichnete Frage wieder in den Vordergrund gerückt. Man hofft
vor allem, durch die Ausbildung der Gleichdruck- und der Explosionsturbinen Erfolge
zu erzielen. Bei den erstgenannten drückt man das verdichtete Gasgemisch
gleichförmig in eine Kammer. Dort verbrennt es bei unverändertem Druck und
expandiert in einer Düse, so daß ein stetiger Gasstrom das Rad beaufschlagt.
Bei diesem Vorgange bereitet die Verdichtung Schwierigkeiten. Es liegt nämlich nahe,
für dieselbe einen Kreiselverdichter zu benutzen. Dessen wirtschaftlicher
Wirkungsbereich übersteigt aber gegenwärtig wenige Atmosphären nicht, und ein
Kolbenkompressor paßt wiederum schlecht in die Turbinenanlage. Auch die Kühlung und
Regelung ist nicht einfach. Diese Nachteile kommen zum Teil bei den
Explosionsturbinen in Fortfall. Sie besitzen eine geschlossene Kammer, in welcher
ein Gemisch verpufft. Die Explosionsgase expandieren nach Oeffnen eines Ventils in
einer Düse und treiben das Rad an. Die Kammer wird gespült und wiederum geladen. Der
Explosionsvorgang bei gleichbleibendem Rauminhalte erspart die lästige
Verdichtungsarbeit. Es genügt eine Vorverdichtung, die ein rechtzeitiges Füllen der
Kammern gewährleistet. Als Uebelstand ist zu betrachten, daß man nicht mehr mit
einem gleichförmigen Gasstrom zu tun hat, sondern mit Gasstrahlen, die den Laufkranz
schlagartig treffen und deren Geschwindigkeit von einem Höchstwerte bis zu einem
Mindestwerte sinkt, der bei der Entleerung der Kammer erreicht wird. Zu Bedenken
gibt auch das Düsenventil Veranlassung. Es ist den heißesten Gasen ausgesetzt und
muß sehr genau öffnen und schließen. Eine Vorauströmung hat nämlich Herabsetzung des
Explosionsdruckes zur Folge, während ein zu spätes Oeffnen Wärmeverluste durch die
Kammerwand verursacht. Läßt man die Explosionskammer nach dem Auslaß stets offen, so
fällt zwar das Düsenventil fort. Indessen ist auch an eine nennenswerte Verdichtung
der Ladung nicht mehr zu denken. Die den Gasen zum Zwecke der Kühlung entzogene
Wärme kann man zur Dampferzeugung nutzbar machen. Der gewonnene Dampf läßt sich für
die Beaufschlagung des gleichzeitig durch Gas angetriebenen Rades verwerten. Er
arbeitet in diesem Falle aber unter ungünstigen Verhältnissen. Sofern ein besonderes
Rad vom Dampf beaufschlagt wird, muß man erhöhte Ventilationswiderstände in Kauf
nehmen. Setzt man dem Gas vor oder während der Verbrennung Dampf zu, um eine Kühlung
zu erzielen, so sinkt die Verbrennungstemperatur und das verfügbare Wärmegefälle.
Mischt man das Gas nach der Explosion mit Dampf, so muß bei dessen Einführung der
Kammerdruck überwunden werden. In allen Fällen, wo sich ein Gasdampfgemisch bildet,
wird überdies der Molekularstoß befürchtet, über dessen Wesen sich vor allem Stodola ausgesprochen hat. Vereinigen sich die
Explosionsgase im Strahlgebläse mit einer Flüssigkeit, so erhält man kalte, träge
fließende Treibmittel. Schließlich ist auch der Gedanke an mittelbar wirkende
Gasturbinen aufgetaucht. Die Explosionsgase sollen bei diesen durch Stoß oder Druck
eine Flüssigkeit beschleunigen, die ihrerseits auf ein Rad wirkt. Sofern dies
angängig ist, will man die Gase der Flüssigkeit in den Kranz nachschicken. Man
erkennt, daß auch hierbei viele Schwierigkeiten zu überwinden sind. Einigkeit
herrscht darüber, daß in Gas- und Ölturbinen möglichst hohe Verbrennungstemperaturen
erzielt werden müssen. Über die Vorgänge in der Ladekammer, der Düse, den Leit- und
Laufkanälen usw. sowie über den Molekularstoß besteht aber noch vielfach Unklarheit.
Die Hoffnung ist vorhanden, daß es möglich sein wird, Turbinen mit einer Leistung
von mehr als 10000 PS. wirtschaftlich zu betreiben. Es müssen aber noch viele
kostspielige und unproduktive Vorarbeiten geleistet werden sowohl auf
wissenschaftlichem wie auch auf experimentellem Gebiete. (W. Gentsch in Brennstoff
und Wärmewirtschaft. Nr. 4.)
Schmolke.