Titel: | Polytechnische Schau. |
Fundstelle: | Band 336, Jahrgang 1921, S. 281 |
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Polytechnische
Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Automobiltechnik.
Sechszylinder-Motorwagen. Zur Zeit ist man mit
Berücksichtigung der Gestehungs- und Betriebskosten bestrebt, in erster Linie kleine
Wagen zu bauen. Die bekannten Automobilfirmen suchen aber trotz der ungünstigen
Marktlage auch die größeren Wagen weiterhin zu vervollkommnen. Die österreichische
Daimler-Motoren-Gesellschaft hat einen neuen
Sechszylinder-Wagen auf den Markt gebracht, der vollkommen neu konstruiert ist.
Besonders der Motor ist nach ganz neuen Gesichtspunkten gebaut. Das Motorgehäuse,
der Zylinderblock und der Kühlwassermantel bestehen aus einem Aluminiumgußstück. Die
Zylinderlaufbüchsen sind aus Gußeisen hergestellt. Die Zylinderbohrung ist 85 mm,
der Kolbenhub 130 mm. Die Steuerleistung berechnet sich zu 17 PS, die Höchstleistung
wird zu 60 PS angegeben. Der für alle sechs Zylinder gemeinsame Zylinderkopf ist aus
Gußeisen hergestellt und abnehmbar. Die hängend angeordneten Ventile werden mittels
Schwinghebel und Rollen durch eine oben liegende Steuerwelle betätigt. Die
hohlgebohrte Steuerwelle wird durch Schraubenräder angetrieben. Die Steuerung ist
durch einen Aluminiumdeckel abgeschlossen.
Auf ein geräuschloses Arbeiten des Motors ist besonders Wert gelegt. Deshalb sind die
Steuerungsteile möglichst leicht ausgeführt und es ist eine besondere Dämpfung des
Nackenstoßes angeordnet. Besonders vorteilhaft ist die Anordnung des Magneten, der
Lichtmaschine und der Wasserpumpe. Sie sind auf der Auspuffseite angeordnet und
werden durch eine gemeinsame, zur Motorachse parallel liegenden Welle angetrieben
und sind durch einen Aluminiumdeckel vollkommen staub- und wasserdicht
abgeschlossen. Die Kurbelwelle ist im Oberteil des Gehäuses in vier Gleitlagern
gelagert und vollkommen ausgeglichen, sie ist aus Chromnickelstahl hergestellt.
Für die Kühlung ist eine leicht auswechselbare Zentrifugalpumpe vorgesehen. Das
schmiedeeiserne Schwungrad ist als Gebläserad ausgebildet und saugt die Kühlluft
durch den Kühler. Der Motor ist auf dem Traggurt des Rahmens verschraubt. Der Kühler
steht nicht mehr unmittelbar mit dem Rahmen in Verbindung, sondern ruht auf dem
Motorgehäuse. Er ist dadurch vor Verwindungen und Leck werden geschützt. Nach unten
wird der Motorkörper ebenfalls durch eine Aluminiumschale abgeschlossen.
Eine zweckentsprechende Umlauf-Druckschmierung durch zwei Zahnradpumpen ergibt eine
zuverlässige Schmierung. Man hat hier die Erfahrungen aus dem Flugmotorenbau nutzbar
gemacht. Am Führersitz ist eine Signallampe angeordnet, die dann aufleuchtet, wenn
in der Oelleitung der Druck zu gering wird. Die eine Zahnradpumpe saugt das Oel aus
dem Motorgehäuse-Unterteil und befördert es zu einem Oelbehälter im Motorkörper.
Eine zweite Pumpe preßt das Oel zu den einzelnen Schmierstellen.
Der Vergaser kann sowohl durch Handhebel als auch durch ein Pedal betätigt werden.
Die Brennstoffförderung geschieht mittels eines Unterdruckförderapparates, der durch
eine vom Motor angetriebene Vakuumpumpe unterstützt wird. Der Brennstoffvorrat von
etwa 140 l reicht für 600–700 km Fahrt. Der Wagen ist mit einer besonderen
elektrischen Anlaßvorrichtung, Bauart Bosch-Ruschmere, ausgerüstet. Der hierzu
gehörige Anlaßmotor ist mit einem Ritzel versehen, das beim Anlassen in die
Verzahnung des Schwungrades eingreift.
Der Motor ist mit dem Getriebe durch eine im Oelbad laufende Stahllamellen-Kupplung
verbunden. Das Getriebegehäuse ist am Motor angeflanscht und bildet mit diesem einen
Block. Es ist ebenfalls aus Aluminium hergestellt. Im Getriebekasten ist eine Pumpe
zum Aufpumpen der Reifen eingebaut.
Die Bremsvorrichtungen sind besonders sorgfältig ausgebildet. Es sind zwei
voneinander unabhängige Bremsanlagen vorhanden. Die Getriebebremse ist im
Getriebegehäuse eingesetzt und als. Backenbremse ausgebildet. Die beiden
Hinterradbremsen wirken als Innenbackenbremsen. Zur Betätigung der Bremsen dient ein
Handhebel oder ein Fußhebel. Die Fußhebel für die Getriebebremse und die
Hinterradbremse liegen nebeneinander und können gleichzeitig mit dem rechten Fuß
betätigt werden. (Auto-Technik 1921, S. 13–15.)
W.
Gastechnik.
Ein neues Handelsgas. Wie uns mitgeteilt wird,
beabsichtigt eines unserer bekannten Hüttenwerke demnächst mit der Herstellung von
Methan (Sumpfgas, Vulkangas) zu beginnen. Da bis jetzt dieses Gas in größeren Mengen
im Handel nicht zu haben war, so bedeutet die nun ins Leben tretende neue
Fabrikation eine Erweiterung unserer Industrie der verflüssigten und verdichteten
Gase. Das Methan wird in den bekannten Stahlflaschen üblicher Größe und auf 125 bis
150 at komprimiert in Verkehr gebracht werden. Da die bekannten
Wasserstoff-Stahlflaschen auch zur Füllung mit Methan ohne weiteres verwendet werden
können, so brauchen weder neue Flaschen angeschafft, noch Aenderungen an Ventilen
vorgenommen zu werden.
Methan ist ein schwach riechendes, physiologisch anscheinend fast indifferentes Gas
mit einem Heizwert von etwa 9000 WE/m3. Sein
Heizwert ist mithin mehr als dreimal so hoch wie der des Wasserstoffs und zweimal so
hoch wie der des besten Leuchtgases. Die Benutzung des Methans hebt vollkommen die
schädlichen Wirkungen der sogen. „Sperrstunden“ auf und macht unabhängig von
Betriebsstörungen und Arbeitseinstellungen in den Gasanstalten. Das Methan kann
direkt aus der Stahlflasche vermittelst eines Reduzierventils entnommen und der
Verbrauchsstelle, z.B. dem Beleuchtungskörper (Gasglühlicht) oder dem Gaskocher oder
Gasofen zugeführt werden, ohne daß es nötig ist, das aus der Flasche strömende
Methan durch Zwischenschaltung irgend welcher Vorrichtung zu reinigen oder zu
homogenisieren. Denn da das Methan bei seiner Gewinnung vermittelst Verflüssigung
bei tiefen Temperaturen von sämtlichen flüssigen Kohlenwasserstoffen befreit wird,
so ist es ganz ausgeschlossen, daß einzelne Fraktionen des Stahlfascheninhaltes
verschiedene Zusammensetzung haben. Aus den mit der Fabrikation zusammenhängenden
Gründen ist das in Verkehr gelangende Methan völlig frei von Schwefel- und
Cyan-Verbindungen, so daß das Gas ohne jeglichen schädlichen Einfluß auch auf
empfindliche Pflanzen, Bijouteriewaren usw. ist.
Es ist daher damit zu rechnen, daß sehr bald das Methan in Haushaltungen,
Gastwirtbetrieben, im Kleingewerbe, in Laboratorien und überall dort Eingang finden
wird, wo man selbst beim Versagen der Gasanstalten mit Leucht- und Heizgas versorgt
bleiben will.
Eine „Normalflasche“ von 40 l wie solche zum Transport von Wasserstoff überall
in Benutzung steht, enthält 5 bis 6 m3
komprimiertes Methan, das im Gebrauche und Heizwerte 12 m3 besten städtischen Leuchtgases entspricht.
Methan läßt sich ohne weiteres in den meisten Gasglühlichtlampen, ob stehend oder
hängend, (hängendes Gasglühlicht) und auch als Preßgas verwenden, weil das Methan
aus der Stahlflasche vermittelst des Reduzierventils unter jedem beliebigen Druck
entnommen werden kann. Auch die meisten Koch- und Heizgasapparate und
Laboratoriumbrenner können ohne weiteres mit Methan betrieben werden. Wie sparsam
das Methan im Gebrauche ist, ersieht man daraus, daß, um eine vollkommene
Verbrennung zu erzielen, der Lampe oder dem Kochapparate, die gewöhnlich auf eine
bestimmte Luftzufuhr eingestellt sind, knapp die Hälfte der üblichen Leuchtgasmenge
zugeführt zu werden braucht, d.h. beim Einhalten desselben Gasdruckes der Gashahn
der Lampe oder des Gaskochers nur zur Hälfte aufgedreht werden darf.
Besonders willkommen wird das Methan überall dort sein, wo ein Anschluß an eine
Gasanstalt nicht vorhanden oder nicht möglich ist, wie z.B. auf Dörfern Gütern,
Villen, in Fabrikbetrieben außerhalb der Städte, in Eisenbahnzügen, auf Schiffen
usw.
Nach Versuchen von Prof. Hermann Richter in Hamburg eignet
sich Methan besonders gut zur autogenen Bearbeitung von Kupfer, Messing, Aluminium
und ähnlichen leicht schmelzenden Metallen, weil das Methan trotz seines überaus
hohen Heizwertes mit dem Sauerstoff eine sehr milde Flamme ergibt.
Der Vertrieb des Methangases liegt zur Zeit in Händen der Firma Fritz Hamm, G. m. b. H., Düsseldorf, und zwar wird er von einer
rechtsrheinischen Abfertigungsstelle im unbesetzten Gebiet stattfinden, so daß
Ausfuhrbestimmungen und Zulaufgenehmigungen nicht benötigt werden.
Metalltechnik.
Aluminiumlegierung für Automobilbau. Das Aluminium findet
in Legierungen mit anderen Metallen im Automobilbau mit Berücksichtigung seines
geringen spezifischen Gewichtes und seiner großen Wärmeleitfähigkeit immer mehr
Verwendung. Das spez. Gew. des Reinaluminiums ist 2,6, während der gewöhnliche
Aluminiumguß ein solches von etwa 2,95 hat. Der Wärmeleitungskoeffizient von
Aluminium ist 0,450, während der des Graugusses nur 0,120 beträgt. Das Aluminium
findet legiert mit andern Metallen Verwendung, weil dadurch seine Zerreißfestigkeit
und seine Härte günstig beeinflußt wird. Die Zerreißfestigkeit des Reinaluminiums
beträgt nur 9–12 kg/mm2, seine Dehnung 12–15 v.
H., und die Härtezahl nach Brinell ist 22. Nach den Angaben der Zeitschrift „La
Fondérie moderne,“ 1920, S. 170–174 kommen hauptsächlich folgende
Legierungen zur Verwendung:
1. Aluminium-Mangan-Legierungen: Mangan erhöht die Zerreißfestigkeit des Aluminiums
bedeutend. Ein Gehalt von 3 v. H. Mangan ergibt 15 kg/mm2 Zerreißfestigkeit bei 5 v. H. Dehnung. Ein höherer Mangangehalt
vergrößert die Sprödigkeit der Aluminiumlegierung.
2. Aluminium-Nickel-Legierungen: Nickel hat auf die Festigkeitseigenschaften des
Aluminiums einen noch größeren Einfluß als Mangan. Aluminium-Mangan-Legierungen sind
aber widerstandsfähiger gegen chemische Einflüsse als Aluminium-Nickellegierungen.
Beide Legierungen sind nicht einfach herzustellen, da die Schmelzpunkte von
Aluminium und Mangan bzw. Nickel zu weit auseinander liegen. (Aluminium 655°, Mangan
1245°, Nickel 1470°). Deshalb können bis jetzt aus wirtschaftlichen Gründen die
beiden genannten Legierungen nicht allgemein verwendet werden.
3. Aluminium-Kupfer-Legierung: Bei wachsendem Kupfergehalt steigt die
Elastizitätsgrenze und die Zerreißfestigkeit an, während die Dehnung von 2 v. H. Kupferzusatz
langsam abnimmt. Die zweckmäßigste Legierung enthält 6 v. H. Kupfer, mit folgenden
Eigenschaften: Elastizitätsgrenze = ρ kg/mm2,
Zerreißfestigkeit = 11–12 kg/mm2 und Dehnung = 1,5
v. H.
4. Aluminium-Zink-Legierungen: Diese sind die bekanntesten und wichtigsten. Die
Elastizitätsgrenze und die Zerreißfestigkeit nehmen mit wachsendem Zinkgehalt zu.
Die Dehnung sinkt von 15 v. H. Zink an. Die besten Legierungen enthalten 10–15 v. H.
Zink und können leicht bearbeitet werden. Die Elastizitätsgrenze ist dann 9–11
kg/mm2, die Zerreißfestigkeit 14–17 kg/mm2 und die Dehnung 11–6 v. H. Die Legierung läßt
sich gut formen und ist widerstandsfähig gegen chemische Einwirkungen, ist dagegen
Erschütterungen gegenüber nicht so widerstandsfähig als Kupferlegierungen. Ein
Gehalt von 20–30 v. H. Zink macht die Legierung hart und spröde und ist dann
besonders gut auf der Drehbank zu bearbeiten.
5. Sonstige Legierungen: Eisen vergrößert nur wenig die Zerreißfestigkeit des
Aluminiums. Von 5 v. H. Zusatz an Eisen wird das Aluminium hart und spröde.
Zinnzusatz hat keinen günstigen Einfluß auf die Festigkeitseigenschaften des
Aluminiums, ebenso wenig Blei, das sich infolge des bedeutenden Unterschiedes der
spezifischen Gewichte nicht gut mit dem Aluminium verbindet. Aehnlich verhält sich
auch Antimon. Legierung mit 5 v. H. Magnesium ergibt geringes Gewicht (Magnalium).
Der hohe Preis des Magnesiums verhindert eine größere Verwendung dieser
Legierung.
Ueber die zweckmäßigste Zusammensetzung der Aluminiumlegierungen gehen die Ansichten
noch auseinander. Folgende Legierungen werden empfohlen:
1. Für einfache Stücke, die keiner Erschütterung ausgesetzt sind: 15 v. H. Zink,
Elastizitätsgrenze 11 kg/mm2, Zerreißfestigkeit 17
kg/mm2, Dehnung 6 v. H.
2. Für widerstandsfähige Stücke, die Erschütterungen auszuhalten haben: 4 v. Kupfer,
8 v. H. Zink, Elastizitätsgrenze 10 kg/mm2,
Zerreißfestigkeit 14 kg/mm2, Dehnung = 4 v. H.
3. Für schwierige Gußkörper: 6 v. H. Kupfer, Elastizitätsgrenze = ρ kg/mm2, Zerreißfestigkeit 11,5 kg/mm2, Dehnung 1,5 v. H.
Die folgende Zusammenstellung zeigt die Festigkeitseigenschaften von
Leichtlegierungen mit bekannten Kupferlegierungen:
spez.Gew.
Elast.-Grenzekg/mm2
Zerreißfestigk.kg/mm2
Dehnungin v. H.
Leichtlegierung I (85 Al., 15 Zn.)
3,3
11
17
6
Leichtlegierung II (88 Al., 4 Cu., 8 Zn.)
3,2
10
14
4
Leichtlegierung III (94 Al., 6 Cu.)
3,0
9
11,5
1,5
Maschinenbronze (90 Cu., 10 Zn.)
8,7
12
25
35
Gewöhnl. Messing (67 Cu., 33 Zn.)
8,35
7
18
22
W.
Motortechnik.
Temperaturmessungen an Kolben von
Verbrennungskraftmaschinen. Kolben von Verbrennungskraftmaschinen,
besonders solche ohne besondere Kühlvorrichtung, werden durch die hohen
Betriebstemperaturen stark beansprucht. Um festzustellen, welche Temperaturen unter
den verschiedenen Betriebsverhältnissen auftreten, wurden bereits besonders in
letzterer Zeit Temperaturmessungen mit Hilfe von Thermoelementen an solchen
Kolben ausgeführt. Bei solchen Versuchen der Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg
(Z. d. V. d. I. 1921, S. 923–925) wurden Thermoelemente aus Eisenkonstantan- und
Kupfer-Konstantandraht verwendet und die Drähte mit Glasröhren isoliert. Bei den
Versuchen mit verschiedenen Belastungen war die Kühlwasserablauftemperatur auf etwa
45° eingestellt. Der Einblasedruck betrug entsprechend der Belastung 40–65 at. Die
Versuche wurden an einer stehenden Dieselmaschine von 70 PS bei 400 mm
Zylinderdurchmesser, 600 mm Hub und 165 Uml/min. ausgeführt. Dabei wurden die
folgenden Versuchsergebnisse erhalten:
Belastung
PSe
Temperaturer an denMeßstellen
1
2
3
4
5
⅙
12
271
235
205
172
104
½
39
337
300
276
216
122
¾
53
384
344
324
247
133
1/1
70
443
398
380
281
144
11/10
78
468
431
405
304
156
Bei diesen Versuchen wurde auch der Einfluß des Einblasedruckes auf die
Kolbentemperatur untersucht. Bei hohem Einblasedruck und hoher
Einblasegeschwindigkeit wächst die Höchsttemperatur in der Bodenmitte, sowie das
achiale und das radiale Temperaturgefälle. Für die Festigkeitsberechnung wird der
Kolbenboden als eingespannte obere Platte angenommen, mit radialem und achialem
Temperaturabfall. Die höchste Beanspruchung tritt in der Kolbenmitte ein. Diese
Beanspruchungen sind Druckbeanspruchungen, die heißere Kolbenmitte dehnt sich gegen
den kälteren Kolbenrand hin aus. Bei den hohen Temperaturen und Drucken des
Gleichdruckverfahrens gehen die Spannungen über die Elastizitätsgrenze hinaus. Wird
die Maschine abgestellt, dann treten in der Mitte des Kolbenbodens Zugspannungen
auf, die zu Rißbildungen führen. Nach der Zeitschrift Aerial Age Weekly 1921, S.
251, wurden an einem Lyberty-Einzylinder-Versuchsmotor mit Aluminiumkolben ebenfalls
Temperaturmessungen im Kolben (Mitte Kolbenboden, Seite Kolbenboden, unter den
Kolbenringen und am Kolbenende) ausgeführt. Die Versuche haben ergeben, daß die
Wärme vom Kolbenboden vorwiegend in der Nähe der Kolbenringe an die Zylinderwandung
weitergeleitet wird. Der Unterteil des Kolbens hat einen sehr geringen Einfluß auf
die Kolbentemperatur. Es wurden Kolben mit verschieden großer Wandstärke bei den
Versuchen verwendet. Die Versuchsergebnisse sind in folgender Zahlentafel
zusammengestellt:
SchwererKolben
MittlererKolben
LeichterKolben
Gewicht
kg
1.77
1.36
1.12
Drehzahl
Uml/min.
800
800
800
Bremsleistung
PS
12.9
13.1
13.2
Wassereintrittstemp.
°C
64
63
63
„ austritts „
„
77
76
77
Kolbentemperatur: Mitte Boden
„
336
363
–
Seite Boden
„
286
278
326
unter den Kolbenringen
„
130
85
109
am untern Rand
„
72
61
61
Der schwerste Kolben mit 9,5 mm Bodenstärke hat die kleinste Bodentemperatur und
leitet noch eine beträchtliche Wärmemenge an die unteren Stellen der Zylinderwandung
ab. Beim mittleren Kolben mit 6,4 mm Bodenstärke ist die Bodentemperatur höher,
dagegen der untere Kolbenmantel kühler. Die Wärme aus dem Kolbenboden wird fast
ausschließlich zwischen den Kolbenringen an die Zylinderwand weitergeleitet. Der
leichte Kolben (mit 5,6 mm Bodenstärke) wird am heißesten. Auch hier wird
die Wärme vorwiegend zwischen den Kolbenringen an die Zylinderwand weitergeleitet.
Nach diesen Versuchen hat es sich auch ergeben, daß bei Aluminiumkolben das
Kolbenspiel 1/1000
Durchmesser betragen soll.
W.
Materialtechnik.
Textabbildung Bd. 336, S. 284
Abb. 1. Zugversuch mit Spindelpresse.
Einfache Materialprüfvorrichtungen. Es ist auffallend, daß
in Fabrikbetrieben nur wenig Materialprüfungen vorgenommen werden, trotzdem die
große Bedeutung derartiger Untersuchungen von keiner Seite bezweifelt wird.
Begründet ist diese Erscheinung durch die hohen Kosten der Prüfmaschinen, die
überdies für Versuche mit halbfertigen Bauteilen wenig geeignet sind. Man verzichtet
daher meist auf die Beschaffung derartiger Vorrichtungen und schreitet auch nicht zu
deren Selbstanfertigung, da die Meinung besteht, wirklich brauchbare Anlagen seien
nur sehr schwer herzustellen. Daß diese Ansicht eine irrige ist, zeigt H. Steudel in Heft 30 der Zeitschrift für Dampfkessel und
Maschinenbetrieb, indem er einige Prüfmaschinen beschreibt, die während des Krieges
in der Forschungsanstalt von Prof. Junkers in Dessau
geschaffen und späterhin vervollkommnet wurden. Sie sollten in erster Linie für die
Entwicklung der Metallflugzeugkonstruktion nutzbar gemacht werden und mußten daher
sowohl zur Untersuchung von Maschinenelementen wie auch von zusammengesetzten
Bauteilen geeignet sein. Es zeigte sich, daß es durchaus zulässig ist, die Gewichte
unmittelbar an das Probestück anzuhängen, sofern nur kleine Zugkräfte in Frage
kommen. Auch konnte man Biegungsprüfungen vornehmen, indem man einen Stab auf zwei
Schneiden lagerte und in der Mitte belastete. Handelt es sich aber um größere
Kräfte, so ist die Benutzung einer Prüfvorrichtung unvermeidlich. Vielfach ist es
möglich, sich eine solche herzustellen, indem man zeitweise unbenutzte
Werkzeugmaschinen in geeigneter Weise umbaut. So kann man beispielsweise eine
Spindelpresse ohne wesentliche Schwierigkeit für die Ausführung von Druck- und
Knickversuchen einrichten, wenn man eine Dezimalwage unter Vorschaltung einer
größeren Hebelübersetzung als Kraftmeßvorrichtung verwendet. Auch für Zugprüfungen
kann eine solche Maschine benutzt werden, sofern ein anderer Zwischenhebel eingebaut
wird, wie Abb. 1 zeigt. Eine Fräsmaschine wurde für
Druckproben brauchbar gemacht, indem man einen Stahlstab in zwei ringförmige
Schneiden legte, die in den Spindelkanus beziehungsweise den Gegenhalter eingesetzt
wurden. Unter dem Stab befindet sich das zu untersuchende Stück. Mit ihm war eine
dritte Schneide fest verbunden, welche die auftretenden Druckkräfte auf die Mitte
des Stahlstabes übertrug. Die Durchbiegung desselben konnte unter Zwischenschaltung
eines hoch übersetzten Zeigers an einer Skala abgelesen werden und bildete einen
Maßstab für die Belastung. Außer Zug- und Druckprüfungen war es möglich, auch Biege-
und Scherversuche an der Fräsmaschine auszuführen. Als diese später wieder in
Betrieb genommen wurde, trat an ihre Stelle eine alte Granatenabdrückvorrichtung,
deren Umbau zu den genannten Zwecken ebenfalls gelang. Man erreichte sogar die
selbsttätige Aufzeichnung eines Arbeitsdiagrammes. Für große und sperrige Stücke
bewährte sich eine als „Prüfsäule“ bezeichnete Vorrichtung. Sie besteht aus
zwei etwa 5 m hohen, aus Eisenträgern zusammengesetzten Säulen, die oben durch einen
Querträger verbunden sind. Auf diesem läuft eine Laufkatze, welche einen Flaschenzug
trägt, der zur Ausübung der erforderlichen Zugkräfte dient.
Textabbildung Bd. 336, S. 284
Abb. 2. Prüfsäule (Zugversuch).
Textabbildung Bd. 336, S. 284
Abb. 3. Prüfsäule (Druckversuch).
An seinen Haken hängt man, wie Abb.
2 zeigt, mit Hilfe passender Einspannstücke den Probestab a und unter
diesen in einer Schneide das kurze Ende eines zweiseitigen Hebels h, dessen
Drehpunkt in der Schneide s liegt, welche an der Querplatte b angebracht ist. Der
längere Arm des Hebels überträgt die vom Flaschenzug ausgeübten Zugkräfte auf eine
Dezimalwage. Bei der Vornahme einer Prüfung muß natürlich auch das Eigengewicht des
Hebels berücksichtigt werden. Wenn man die Prüfsäule zu Druckversuchen benutzt,
(Abb. 3) so kann zur Messung ein Dynamometer
verwendet oder der Druckkörper unmittelbar auf die Wage gesetzt werden. Auch größere
Konstruktionsteile, z.B. Kastenträger und Bügel von Preßwerkzeugen, sind mit Hilfe
der Säule untersucht werden. Erstere wurden gleichzeitig auf Biegung und Torsion,
letztere nur auf Biegung belastet. Die auftretenden Kräfte konnten bis 15000 kg
gesteigert werden, und nach einer Verstärkung der Prüfvorrichtung erwiesen sich
sogar Beanspruchungen bis 80000 kg als zulässig. Zur Herstellung der einfachen Säule
einschließlich der Entwurfskizzen waren 14 Tage erforderlich. Die Bauzeit für die
verstärkte Säule von der ersten Skizze bis zur Inbetriebsetzung war 3 Wochen.
Hinsichtlich der Genauigkeit der Versuchsergebnisse standen die beschriebenen
Vorrichtungen hinter den käuflichen Materialprüfmaschinen nicht zurück. Sie
übertrafen dieselben in Bezug auf die Verwendungsmöglichkeit. Bei Vornahme von
Massenversuchen erwiesen sie sich allerdings als weniger bequem.
Schmolke.
Die künstliche Trocknung von Nutzhölzern. In der
Zeitschrift: Der praktische Maschinenkonstrukteur Nr. 24, Jahrgang 1921, berichtet
Oberingenieur Otto Brandt, Charlottenburg, über
künstliche Trocknung von Nutzhölzern. Einleitend werden die Bestandteile und
Eigenschaften des Holzes, seine Feuchtigkeitsgrade und das Schwinden der
gebräuchlichsten Hölzer behandelt. Dann wird das Wesen der Holztrocknung erörtert,
die künstliche Holztrocknung und die Rolle der Luftfeuchtigkeit bei dem
Trocknungsvorgang behandelt. Anschließend wird die Dämpfung der Hölzer besprochen,
sowie ein Ueberblick über ältere und neuere Warmluft-Holzrocknungsanlagen gegeben.
Es werden künstliche Holztrocknungsanlagen mittels Temperaturdifferenz,
Saugluftbetrieb, und nach dem Druckluftverfahren behandelt. Dann erörtert der
Verfasser die Gesichtspunkte bei Errichtung von Kammer- und Kanal-Trocknungsanlagen
nach dem Druckluftverfahren und die Ausführung des baulichen und maschinellen Teils
solcher Trocknungsanlagen. Hierauf folgt die Erörterung des Wärme- und Luftbedarfes
für Holztrocknungsanlagen, das Stapeln der Hölzer, die Arbeitsweise von Kammer- und
Kanaltrocknungsanlagen. Auch die Trocknung von gemesserten Furnieren ist kurz
gestreift. In dem Abschnitt „Arten der Heizmittel für
Warmluft-Holztrocknungsanlagen“ weist der Verfasser besonders auf die
Abwärme-Ausnutzung bei einer Auspuffdampfmaschine, Kondensations-Dampfmaschine,
Lokomobile mit Kondensation hin.
Der Schlußabschnitt behandelt die künstlichen Holztrocknungsverfahren durch
Elektrizität, auf chemischem Wege und durch Kälte.
B.
Werkstattstechnik.
Gleitende oder rollende Reibung? Das Gleitlager ist in
hohem Maße durch das Wälzlager ersetzt, das als Rollen- und Kugellager ausgebildet
ist und die gleitende Reibung in eine rollende umsetzt. Für die Wahl der einen oder
anderen Ausbildung sind von Fall zu Fall die Betriebsverhältnisse maßgebend. Man
unterscheidet Drucklager zur Aufnahme des Druckes in der Achsenrichtung und
Traglager für den Druck quer zur Achse. Die Zapfenreibungszahl von Wälzlagern ist
nach Versuchen von Stribeck weniger abhängig von
Lagerbelastung, Zapfenumfangsgeschwindigkeit, Temperatur usw. als bei Gleitlagern.
Für Wälzlager ist namentlich die Bauart des Lagers, die Härte des Materials und die
Form der Laufrillen von Wichtigkeit. Die bereits früher auf dem Gebiete des
Transportwesens verwandten Rollenlager haben den Nachteil, daß die Walzen zu lang
sind und daher leicht schränken und klemmen. Die neuen Präzisionsrollenlager
besitzen daher Wälzkörper, deren Länge höchstens das 1,5-bis 2fache des
Rollendurchmessers beträgt. Der Außenring des Rollenlagers wird schwach ballig
geschliffen, wodurch eine gewisse Selbsteinstellung des Lagers und Verlegung des
Druckes auf das mittlere Drittel der Rolle ermöglicht wird.
Ein von Stribeck aufgestelltes Schaubild veranschaulicht,
daß für Gleitlager ein Vielfaches derjenigen Arbeit erforderlich ist, die bei
Wälzlagern für die Ueberwindung der Lagerreibung genügt; besonders ist beim
Inbetriebsetzen der Gleitlager die Reibungsziffer erheblich höher, als während
des Betriebes, weil im Ruhezustand unmittelbare Berührung von Zapfen und Lager
stattfindet und erst in der Bewegung das verdrängte Schmiermittel wieder eintritt
und eine günstigere Reibungsziffer einstellt. Demgegenüber ist der Kraftverbrauch
oder die Reibungsziffer beim Wälzlager in jedem Falle gleich niedrig.
Sonderausführungen des Wälzlagers gestatten Winkeländerungen und Wellenbiegungen
oder Fehler bei der Aufstellung bei gleichbleibendem Lagerdruck. So führt das
Pendellager zwei Reihen Stahlkugeln im Käfig und ermöglicht infolge der
kugelförmigen Laufbahn im Außenring eine Selbsteinstellung des Lagers bei
Winkeländerung von Achsen und Wellen. Zur Aufnahme reiner Achialdrücke dienen die
Druck- oder Längslager, deren Kugeln zwischen gerillten Druckscheiben liegen. In
Fällen, wo die Beanspruchung nicht genau achial erfolgt, wird durch Verwendung
kugeliger Druckscheiben eine Einstellbarkeit der Längslager erzielt. Rollenlager
wirken durch Linienberührung im Gegensatz zur Punktberührung bei Kugellagern und
gestatten im Verein mit der günstigen Faserlage des Materials vorübergehende
Ueberlastung bis 50 %. (Dipl.-Ing. Joesten in Braunkohle
1921, Heft 16).
Kae.
Wärmewirtschaft.
Wärmewirtschaft in der Ziegelei- und Tonwarenindustrie.
Ofenanlagen, insbesondere Kammer- und Ringöfen verlangen in erster Linie einen
Untergrund, der von Bodenfeuchtigkeit und Grundwasser frei ist. Sonst wird ein Teil
der Wärme nutzlos zur Verdampfung von Wasser verbraucht, die Zugverhältnisse werden
ungünstig beeinflußt, auch leidet die Haltbarkeit der Ofenanlage infolge von
Spannungen und Lockerungen. Arbeitet der Ofen ununterbrochen, so wird der Boden
allmählich ausgetrocknet und saugt um so gieriger Feuchtigkeit an. Hiergegen schützt
man sich durch eine starke Schicht von festgestampftem gröberem Kies unter dem Ofen
mit vielen Abzügen, um das Wasser abzuleiten. Unter den Brenn- und Feuerkanälen si*d
noch besondere Isolierschichten aus Bruchstein, Kies oder sandigem Lehm anzubringen,
die mit Ziegelsteinen gepflastert werden. Felsiger Baugrund ist nur für Oefen mit
kleiner Grundfläche vorteilhaft. Bei Oefen von großer Breite und Länge wird
zweckmäßig über den Baugrund eine Schicht aus sandigem Lehm oder Ton gelegt. Bei
allen Ofenanlagen sind die Verankerungen so einzurichten, daß man sie nach Bedarf
nachlassen oder anziehen kann.
Mit Rücksicht auf die Ausnutzung der Brennstoffe kann man unterscheiden: 1.
Behelfsöfen, wie Feldbrandöfen und die sogenannten alten deutschen Oefen; 2.
absatzweise arbeitente Einzelöfen mit überschlagender Flamme und halbkontinuierliche
Gruppenöfen mit Plan–, Treppenrost- oder Schüttferungen, Halbgas- oder Gasfeuerungen
und besonderen Schornsteinanlagen; 3. fortlaufend arbeitende Brennöfen, wie
Ringöfen, Kammer- oder Kanal- und Tunnelöfen mit Schutt-, Halbgas- oder
Gasfeuerungen. Behelfsöfen verlangen ungewöhnlich viel Brennstoff und sollten nur in
Ausnahmefällen verwendet werden. Die Oefen mit unterbrochenem Betrieb werden
hauptsächlich zum Brennen besonderer Waren gebraucht. Am ausgiebigsten läßt sich der
Brennstoff in den ununterbrochen arbeitenden Oefen ausnutzen. (Fabrikdirektor P. Schneider, Vortrag in einem Wärmekursus, der auf
Veranlassung der Hauptstelle für Wärmewirtschaft, Berlin, in Breslau und Görlitz für
die Ziegelei- und Tonwarenindustrie abgehalten worden ist.)
Ausnutzung von Abwärme bei Wassergasanlagen. Die vom
Kühlwasser das Gaswäschers aufgenommene Wärme wird im Gaswerk der Stadt Leipzig zum Vorwärmen
von Wasser für das 300 m entfernte städtische Bad verwertet. Das Werk erzeugt
jährlich rd. 9 Mill. m3 Wassergas, zu deren
Kühlung rd. 84000 m3 Wasser erforderlich sind. Das
Wasser verläßt die Gaswäscher mit rd. 70° C und heizt, da es nicht unmittelbar für
Badezwecke verwendbar ist, zwei Oberflächenvorwärmer von je 75 m2 Heizfläche (Dr.-Ing. A. Paul, „Das Gas- und
Wasserfach,“ 27. 8. 1921.)
Technik der Kesselspeisewasser-Behandlung. Es wird erneut
auf den Unfug hingewiesen, der mit der Anpreisung von Geheim- oder Universalmitteln
zur Verhinderung von Kesselstein getrieben wird, deren wirklicher Wert in keinem
auch nur annähernd angemessenen Verhältnis zum Verkaufspreis steht. Die
„Erfinder“ rechnen vielmehr mit mangelnder Einsicht und Sachunkenntnis
weiter Kreise und ziehen daraus ungerechtfertigten Gewinn, garnicht zu reden von der
Gefahr, die diese zweifelhaften Mittel dem Kesselbetriebe bringen. Die wirksamen
Bestandteile der Geheimmittel sind hauptsächlich Soda und Aetznatron, daneben einige
Salze, die ihres hohen Preises wegen für eine wirtschaftliche Wasserreinigung nicht
in Frage kommen. Die den Gebrauchsanweisungen beigegebenen Berechnungen sind
wertlos, da meist ungewöhnlich günstige Wässer zugrunde gelegt sind, und sie ihrer
Herkunft nach nicht fachlicher Seite entstammen. Organische Mittel bewirken zwar die
leichtere Ausfällung der Härtebildner, jedoch brennt einerseits der dabei
entstehende Schlamm leicht fest, andererseits wird der Dampf durch die meist
leichtflüchtigen Stoffe verunreinigt. Die Verwendung von Anstrichmitteln, Graphit,
Ruß usw. mit Teer, Asphalt oder Oelen gemischt, bedarf größter Vorsicht, da die
leichtflüchtigen Stoffe vielfach die Arbeiter beim Anstreichen gefährdet haben.
Jeder Sachkundige weiß, daß jedes Speisewasser einer individuellen Beurteilung und
Behandlung bedarf, und unsere heutige Wasserbehandlungstechnik besitzt
wirtschaftliche, auf wissenschaftlicher Grundlage beruhende Verfahren zur sicheren
und gefahrlosen Verhütung des Kesselsteins. Es ist also von jeder Verwendung von
Geheim- oder Universalmitteln abzuraten. (Ing. Chemiker Graulich, Zeitschrift f. Dampfkessel und Maschinenbetrieb 1921, Nr.
32).
Kae.
Die Selbstverwaltung in der industriellen Wärmewirtschaft.
Die Hauptstelle für Wärmewirtschaft hat am 22. und 23.
September in Dresden ihre Jahresversammlung abgehalten, die ein für die weitere
Entwicklung der wärmewirtschaftlichen Organisation bedeutsames Ergebnis gehabt
hat.
Auf Veranlassung des Vorstandes hielt der Geschäftsführer der Hauptstelle, Herr
Professor Eberle, einen Vortrag über „Die
Selbstverwaltung in der industriellen Wärmewirtschaft,“ der in der Forderung
gipfelte: „Ueberlassen wir der Industrie und deren Wärmestellen die Förderung
ihrer Wärmewirtschaft; sie haben den richtigen Weg beschritten und werden im
Bewußtsein der Verantwortung auch zum Ziel gelangen.“ Die aus den Spitzen
sämtlicher mit der Brennstoffbewirtschaftung betrauten Behörden des Reiches und der
Länder, den Vertretern sämtlicher von der Industrie gegründeten Wärmestellen und
zahlreichen sonstigen Fachleuten bestehende Versammlung schloß sich dieser Forderung
einstimmig an.
Aus dieser Tatsache kann geschlossen werden, daß auch die Reichs- und Landesbehörden
sich von der Zweckmäßigkeit des baldigen vollständigen Abbaues der amtlichen
Wärmewirtschaftstätigkeit überzeugt haben.
Brennstofftechnik.
Rohbraunkohlenverwendung beim Ziegelbrennen. Wie in
anderen industriellen Zweigen ist man auch in der Ziegelindustrie beim Ringofen dazu
übergegangen an Stelle langflammiger Steinkohle, Rohbraunkohle oder in wechselnder
Mischung Rohkohle, Briketts oder Koks mit Steinkohle zu gebrauchen. Wegen der
größeren Brennstoffmengen sind höhere Sohlkanäle und erweiterte Schächte
anzubringen. Zumeist verfeuern die Ziegeleien den Brennstoff unmittelbar im
Streufeuer. Betriebsergebnisse haben gezeigt, daß man bei Braunkohlen-Briketts etwa
die doppelte, bei Rohkohle mit 40 % H2O und 5 %
Asche das 3- bis 3,5fache der Brennstoff menge bei Steinkohlenfeuerung benötigt;
zugleich verringert sich naturgemäß der Feuerfortschritt.
Auch für gasbeheizte Ringöfen (Generatorbetrieb) ist die Rohkohle geeignet, es
empfiehlt sich aber das Gas vor Eintritt in den Ofen zu trocknen. Im Aachener- und
Westerwäldergebiet werden zur Zeit Ziegeleien auf Gasheizung umgestellt.
Hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit ist die. unmittelbare Verfeuerung der Kohle als
die behelfsmäßige, Gasheizung als die endgültige Umstellung anzusehen. Letztere
kommt wie auch sonst in der Industrie nur für Ziegeleien in Betracht, die am
Gewinnungsorte von Braunkohle liegen oder aber für den Dauerbetrieb Steinkohlen
schwieriger beschaffen können als Braunkohle. (Dipl.-Ing. Weiß und Dr.-Ing. Becker in Braunkohle 1921,
Heft 20).
Kae.
Ueber die Hydrierungsprodukte des Naphthalins macht
Dr.-Ing. Schön nähere Mitteilungen. Bekanntlich gelingt
es, mit Hilfe der Wasserstoffanlagerung das feste Naphthalin in flüssige
Kohlenwasserstoffe zu verwandeln, die mannigfacher technischer Anwendung fähig sind.
Da das Naphthalin fünf Doppelbindungen enthält, lassen sich fünf verschiedene
Hydronaphthaline gewinnen, je nachdem 2, 4, 6, 8 oder 10 Wasserstoffatome in das
Naphthalinmolekül eingeführt werden. Diese Verbindungen sind alle bereits seit
längerer Zeit bekannt, ihre Herstellung erfolgte jedoch bisher nur im Laboratorium
in kleinen Mengen und auf recht mühevolle Weise. Die technische Gewinnung der
Hydronaphthaline beruht auf den bahnbrechenden Arbeiten von Sabatier und Senderens, die in dem
feinverteilten Nickel ein vorzügliches Mittel zur Anlagerung von Wasserstoff an
ungesättigte organische Verbindungen fanden. So stellten sie vor etwa 20 Jahren
durch Ueberleiten von Naphthalindämpfen zusammen mit Wasserstoff über einen aus
metallischem Nickel bestehenden Katalysator bei 190° das Tetrahydronaphthalin her
und aus diesem gewann etwas später Leroux nach dem
gleichen Verfahren das Dekahydronaphthalin.
Dieses Verfahren ist im wesentlichen das nämliche, wie es auch bei der Fetthärtung
zur Anwendung gelangt, indessen geht die katalytische Wasserstoffanlagerung bei den
ungesättigten Oelen und Fetten viel leichter vor sich als bei den aromatischen
Verbindungen (Benzol, Naphthalin usw.), weil diese häufig Verunreinigungen
enthalten, die den Katalysator unwirksam machen. Zu diesen sog. Kontaktgiften gehört
z.B. auch der Schwefel, der, wie die Untersuchungen von Willstätter und King zeigen, in einer Menge von
etwa 0,25 % auch in dem reinsten Naphthalin des Handels enthalten ist und nur sehr
schwer zu entfernen ist. Die sich hieraus ergebenden Schwierigkeiten sind jedoch
überwunden worden und die während des Krieges gegründete Tetralin-Ges. m. b. H. stellt in ihrer Fabrik in Rodleben nach einem von
Prof. Schröter ausgearbeiteten Verfahren täglich bis zu
100 t Tetrahydronaphthalin her, das unter der Bezeichnung „Tetralin“ im
Kriege als Heizöl für unsere U-Boote, heute als Lösungsmittel für Harze, Firnisse,
Fette und Wachse sowie auch als Betriebstoff für Kraftwagen Verwendung findet. So
ist es gelungen, für das bei der Teerdestillation in großen Mengen anfallende
Naphthalin eine neue großzügige Verwendung zu finden. (Oesterr. Chem.-Zeitg., 23.
Jahrg., S. 69–70).
Sander.
Elektrotechnik.
Ueber eine neuartige Scheinwerfer-Reklame, die als
deutsche Erfindung sich im Fluge das Ausland erobert hat, berichtet Geh.
Oberregierungsrat Geitel im „Elektrotechnischen
Anzeiger.“ In der Vorkriegszeit suchte sich die Geschäftswelt bei der
Lichtreklame, die ja das moderne öffentliche Leben immer mehr beherrscht, in der
brutalen Steigerung blendender Helligkeit, in der Häufung schreiender Farbeneffekte
zu überbieten. Der Erfolg war eine zunehmende Abstumpfung des Publikums gegen solche
rein dynamische Lichtwirkung. Dieser Widerwille und die Notwendigkeit der
Elektrizitätsersparnis stellten die Aufgabe, mit einfachen Mitteln starke Wirkungen
zu erzielen. Der Atrax-Gesellschaft in Berlin gelang es, einen kleinen, handlichen
und billigen, dem Hausgebrauche dienenden Projektor zu konstruieren, der nicht durch
aufdringliche und schreiende Lichteffekte, sondern durch die äußere und innere
Werbekraft eines künstlerischen farbigen Lichtbildes wirkt. Das Atrax-Lichtbild
taucht plötzlich aus unbekannten Tiefen geheimnisvoll auf, um ebenso wieder zu
verschwinden. Die angenehme Ueberraschung des Beschauers verwandelt sich immer mehr
in lebhaftes Interesse an der eigenartigen Schönheit der Erscheinung und schließlich
an dem Werbeinhalt des Bildes selbst. Ein starkes Nachbild bleibt im Gedächtnisse
des Beschauers zurück. Die Reklame sitzt. Das Geheimnis der Wirkung des Projektors
beruht in seiner zweifachen Originalität: in der Originalität seiner Form und in der
Originalität der Oertlichkeit. Das Atrax-Lichtbild kann
ohne Projektionsschirm oder Leinwand überall, d.h. auf jeder Fläche und Grundfarbe
erscheinen und infolgedessen auch gerade dort auftauchen, wo man es am wenigsten
erwartet. Bei alledem ist die Konstruktion so einfach, daß jeder Laie den Projektor
ohne weiteres zu bedienen vermag. Der kleine Apparat läßt sich an jeden Lichtkontakt
anschließen und verbraucht nur 1/10 kW Strom in der Stunde.
Wirtschaft.
Betriebstechnische Ausstellung in Berlin. Im
technisch-industriellen Ausstellungswesen bereitet sich insofern eine Wandlung vor,
als man neuerdings dazu übergeht, als Ergänzung zu der bei Messen üblichen Art der
Schaustellung fertiger Erzeugnisse für die Zwecke des Warenabsatzes den technischen
Fortschritt an ausgewählten für die Belehrung geeigneten Musterbeispielen zu zeigen.
Einen Versuch in dieser Hinsicht stellt die Betriebstechnische
Wanderausstellung dar, die von der Arbeitsgemeinschaft deutscher Betriebsingenieure im Vereine deutscher
Ingenieure zusammengebracht worden ist.
Inhalt und Ziel der Ausstellung werden am besten gekennzeichnet durch die Ausdrücke:
„Steigerung der Güte“ und „Verminderung der Kosten.“ Die
Steigerung der Güte kommt in der Hauptsache in der „Abteilung Messen“ zum
Ausdruck. Es werden hier die für die Fertigung in der mechanischen Industrie
wichtigsten Meßwerkzeuge und zwar sowohl einfachste Handmeßwerkzeuge wie
genaueste optische Meßgeräte gezeigt. Von der Handhabung und dem Verwendungsbereich
kann sich jeder Besucher durch eigene Messung ein Bild machen, sowie Anhaltspunkte
für die Wahl des bestgeeigneten Meßgerätes gewinnen. Die Möglichkeit der
Verringerung der Kosten wird in den Abteilungen Arbeitsverfahren, wirtschaftliche
Vergleiche der verschiedenen Fertigungsarten, Fabrikanlagen und Fabrikorganisation
gezeigt. Beachtung verdient auch die Abteitlung Berufseignung, in der an Beispielen
die Verfahren und Apparate für die Prüfung der Berufseignung gezeigt werden. Die
damit erzielten Ergebnisse sind ausgewertet und übersichtlich zusammengestellt.
In sämtlichen Abteilungen ist besonderer Wert auf eine sinnfällige Darstellung durch
Vergleiche und Gegenüberstellungen gelegt worden.
Die Ausstellung soll durch die Ortsgruppen der Arbeitsgemeinschaft deutscher
Betriebsingenieure wandern und laufend ergänzt und der Entwicklung angepaßt werden.
Sie ist bereits in Cassel und Stuttgart den Fachkreisen zugänglich gemacht worden
und gelangt nunmehr in der Akademischen Hochschule für
bildende Künste in Charlottenburg, Hardenbergstr. 33, zur Aufstellung. Sie
ist täglich von 9 bis 6 Uhr geöffnet. Der Zutritt ist den Mitgliedern des Vereins
deutscher Ingenieure und der Arbeitsgemeinschaft deutscher Betriebsingenieure gegen
Vorzeigen der Mitgliedskarte gestattet. Für Angehörige deutscher Firmen sind
Eintrittskarten bei der Geschäftsstelle der Arbeitsgemeinschaft deutscher
Betriebsingenieure, Berlin NW 7, erhältlich.
Der Bund der Reichsdeutschen in Oesterreich hat folgendes
wirtschaftliche Programm aufgestellt:
1. Förderung und Ausbau der gemeinsamen Interessen und wechselseitigen
wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Oesterreich und Deutschland
a) durch Beseitigung der bestehenden Hemmnisse in: Ausfuhr-,
Einfuhr-, Durchfuhr- und Zollfragen;
b) durch Ausbau des Verkehres und Einschränkung der
Paßformalitäten auf das unumgänglich notwendige Maß;
c) durch finanzpolitische und Warenkredit-Hilfe, insbesondere
Erleichterungen bei Beschaffung der Valuta.
2. Fühlung- und Einflußnahme auf die Behörden für Industrie, Handel und Arbeit
a) durch ständige Verbindung mit den deutschen Vertretern des
Reiches;
b) durch Stellung eines Beirates von Vertretern der Industrie
und des Handels bei den deutschen Behörden; Vertretung von
Arbeitsinteressen;
c) durch ständige Berichterstattung über die in den
gegenseitigen wirtschaftlichen Beziehungen gemachten Erfahrungen; Verwertung der
letzteren bei allen behördlichen Anordnungen.
3. Förderung und Ausbau der sozialen Aufgaben für alle Mitarbeiter deutscher
Industrie und Handels
a) durch Hebung des Versicherungswesens bei Krankheit
usw.;
b) durch Schaffung und Nachweis von Arbeitsgelegenheit;
c) durch Ausgleich der Bestrebungen von Kapital und
Arbeit.
4. Förderung der wirtschaftlichen Interessen der einzelnen Bundesmitglieder
a) durch Nachweis von Absatzmöglichkeiten;
b) Vermittlung von Geschäftsverbindungen, von guten Vertretern
usw.;
c) Vertretung u. Bearbeitung von
Steuerangelegenheiten;
d) Vertretungen – Kriegsforderungen;
e) Interessenvertretung durch gemeinsamen Abschluß von
Verträgen mit Versicherungs-, Speditions- und Revisions-Gesellschaften;
f) Schaffung eines Nachschlagewerkes für ständige Benützung
durch die Mitglieder.
5. Errichtung von Zweigwirtschaftsgruppen in anderen Staaten.
6. Schaffung einer ständigen Musterausstellung deutscher Erzeugnisse in Wien
(Exportmusterlager).
7. Vertretung der deutschen Interessen bei Mustermessen in Oesterreich und den
angrenzenden Staaten.
8. Errichtung von Vertretungen für Balkan und die Türkei.
9. Möglichste Zusammenarbeit mit Verbänden ähnlicher Wirtschaftsziele zwecks
Förderung aller gemeinsamen Interessen.