Titel: | Polytechnische Schau. |
Autor: | Sander |
Fundstelle: | Band 336, Jahrgang 1921, S. 361 |
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Polytechnische
Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Die Verkokung von Teerpech. Der überaus große Bedarf
an Elektrodenkohle für die im Kriege stark erweiterten elektrometallurgischen
Betriebe, Karbid- und Kalkstickstoffwerke zwang zur Auffindung neuer Quellen für die
Herstellung von elektrischen Kohlen und gab so die Veranlassung zur Schaffung einer
neuen Industrie, der Herstellung von Pechkoks. Als Ausgansmaterial hierfür wird
vorwiegend Steinkohlenteerpech benutzt, indessen eignen sich für diesen Zweck auch
Braunkohlenteerpech sowie Erdölpech. Daß diese Peche sich durch Erhitzung auf hohe
Temperaturen verkoken lassen, ist an sich eine längst bekannte Tatsache, und
derartiger Pechkoks wird bei mangelhafter Leitung der Teerdestillation bisweilen als
unerwünschtes Nebenprodukt erhalten.
Zur fabrikmäßigen Verkokung des Teerpechs benutzt man große gußeiserne Retorten von
1,5–2,5 m Durchmesser, deren abschraubbarer Oberteil mit einem Helm, einem
Sicherheitsventil, Vakuum-Druckmesser, Thermometer, Dampfeinleitrohr sowie einem
Mannloch versehen ist. Ali den Helm schließt sich das mit einem Kühler
verbundene Abzugrohr an, das in die einzelnen Auffangkessel mündet. Diese sind
zur Verhütung von Bränden in einem besonderen Raum aufgestellt und sind mit
Heizschlangen, sowie mit Anschlüssen für Vakuum und Preßluft ausgerüstet. Je 5–10
Retorten sind, wie A. Fischer im „Journal für
Gasbeleuchtung“, 62. Jahrg., S. 510, berichtet, zu einem Block vereinigt,
doch hat jede Retorte ihre eigene Kohlenfeuerung. Da zur Verkokung des Pechs eine
ziemlich hohe Temperatur notwendig ist, werden die Retorten stark angegriffen,
namentlich leiden die Retortenböden durch das wechselnde Erhitzen und Abkühlen.
Durch Einhalten einer Höchsttemperatur von 750° im Feuerraum konnte die Lebensdauer
der Retorten beträchtlich erhöht werden, und zwar von anfänglich 22 auf 56
Operationen bis zum Unbrauchbarwerden der Retortenböden, wobei jedoch auch die
Beschaffenheit des Gußeisens von großem Einfluß war.
Die Retorten fassen je nach ihrer Größe 1000–2500 kg Pech, das von dem über den
Retorten liegenden Lagerraum aus mit Hilfe von Rutschen eingefüllt wird. Die Dauer
einer Operation beträgt je nach der Größe des Einsatzes bis zu 36 Stunden, wobei auf die
eigentliche Pech Verkokung aber nur 18–20 Stunden entfallen, während die übrige Zeit
für die Abkühlung der Retorten, das Anheizen sowie das Füllen und Entleeren
notwendig ist. Die Destillation des Pechs erfolgt unter gutem Vakuum; bis 350° geht
ein dickes braunes Oel über, bis etwa 400° ein gelbes bis rotbraunes Harz, daneben
entstehen auch Gase in wechselnder Menge. Die Temperatur der abziehenden Dämpfe soll
420° nicht übersteigen. Die Koksbildung beginnt jedenfalls bereits, während das Harz
überdestilliert, sie wird durch eine längere Glühperiode beendet, wobei zur
Entfernung der letzten Oel- und Harzreste gegen Ende der Destillation überhitzter
Wasserdampf in die Retorte eingeleitet wird. Nach beendeter Destillation und
teilweiser Abkühlung wird der Oberteil der Retorte abgehoben und der gebildete Koks
mit der Spitzhacke losgebrochen und entleert.
Der Pechkoks ist von hellgrauer Farbe und besitzt sehr hohe Porosität; trotzdem steht
er, wenn er gut ausgeglüht ist, an Festigkeit dem Hüttenkoks kaum nach. Die
Beschaffenheit des Pechkokses ist aber selbst bei einer und derselben
Retortenfüllung ziemlich ungleichmäßig, und zwar sind die Boden- und Randpartien
meistens am besten und am kohlenstoffreichsten, während nach der Mitte zu die Güte
des Kokses abnimmt. Guter Pechkoks soll nicht mehr als 2 v. H. flüchtige
Bestandteile und nur 0,5 v. H. in Benzol lösliche Anteile enthalten; der Aschegehalt
soll höchstens 1 v. H. betragen und das spez. Gewicht soll zwischen 1,35 und 1,65
liegen. Infolge der großen Porosität schwimmt der Pechkoks auf Wasser und aus dem
gleichen Grunde nimmt er beim Lagern an der Luft beträchtliche Wassermengen auf, was
beim Einkauf zu beachten ist.
Aus 100 kg Pech erhält man je nach der Arbeitsweise 50–60 kg Koks neben 30–40 kg Oel,
4–6 kg Harz, geringen Mengen Ammoniak und brennbaren Gasen, die zur Heizung der
Retorten mitverwendet werden können. Die Oele können auf Teerfettöl verarbeitet oder
als Heizöl verwendet werden. Bei Verarbeitung von Braunkohlenteerpech enthalten die
Oele noch reichliche Mengen Paraffin, das durch Abpressen gewonnen werden kann.
Sander.
Neue Vorrichtung zur Bestimmung der brennbaren Bestandteile in
Gasgemischen. Bei der Analyse brennbarer Gasgemische verfährt man
bekanntlich in der Weise, daß man von dem nach der Absorption von Kohlensäure,
Sauerstoff, schweren Kohlenwasserstoffen und Kohlenoxyd übrigbleibenden Gasrest, der
aus Methan, Wasserstoff und Stickstoff besteht, einen Teil mit einer größeren
Luftmenge vermischt und dieses Gemisch entweder langsam verbrennt oder durch den
Induktionfunken zur Explosion bringt. Durch die Verwendung nur einen Teiles des
erwähnten Gasrestes wird die Berechnung umständlicher und jeder unterlaufene
Analysenfehler vergrößert sich um ein Mehrfaches. Die langsame Verbrennung nimmt
ziemlich viel Zeit in Anspruch und ist unter Umständen nicht vollständig, während
die Explosion nicht immer ungefährlich ist und bisweilen auch unvollständig bleibt.
Um diese Nachteile zu beseitigen, hat Th. Kaleta eine
Apparatur angegeben, in der der gesamte Gasrest ohne Explosion mit sichtbarer Flamme
verbrannt werden kann. Die Vorrichtung besteht aus einem mit Zweiweghahn versehenen
Glasgefäß, in dessen oberem Teile eine kleine Platinspirale angebracht ist, die
durch den elektrischen Strom zum Glühen gebracht wird. Der Gasrest wird durch eine
Kapillare, die unmittelbar neben der Platinspirale mündet, zugeführt und verbrennt
beim Austritt aus der Spitze in der Verbrennungspipette, die vorher mit einer
gemessenen Luftmenge gefüllt worden ist, mit sichtbarer Flamme. Nach beendeter
Verbrennung wird das Gasgemisch in die Meßbürette zurückgeleitet, die Kontraktion
gemessen und hierauf wie üblich die aus dem Methan gebildete Kohlensäure
absorbiert.
Diese Methode, die sich im Laboratorium der Dortmunder Union gut bewährt hat,
gestattet natürlich auch die gleichzeitige Verbrennung des Kohlenoxds, dessen Menge
durch Bestimmung des unverbrauchten Sauerstoffs in der zugesetzten Luft in der
üblichen Weise ermittelt wird; auf diese Weise läßt sich die unzuverlässige
Absorption des Kohlenoxyds mit Kupferchlorürlösung umgehen. Die neue
Verbrennungspipette kann sowohl in Verbindung mit der Hempelbürette als auch mit dem Orsatapparat
benutzt werden, sie wird von der Firma Dr. Carl Görcki in
Dortmund hergestellt. (Chemiker-Zeitung 1921, S. 651).
Sander.
Sodagewinnung in Verbindung mit der Ammoniakfabrikation.
Die Knappheit und der hohe Preis der Schwefelsäure veranlaßte während des Krieges
die großen Stickstoffwerke, das von ihnen gewonnene synthetische Ammoniak nicht wie
üblich in schwefelsaures Ammonium überzuführen, sondern stattdessen salzsaures
Ammonium herzustellen, das als Düngemittel dem schwefelsauren Ammonium durchaus
gleichwertig ist. Zur Neutralisation des Ammoniaks wurde jedoch nicht freie
Salzsäure verwendet, sondern man ging hierbei von Kochsalz aus, das zusammen mit
Ammoniak und Kohlensäure nach dem seit Jahren in der chemischen Industrie benutzten
und in größtem Maßstabe durchgeführten Verfahren von Solvay in Soda und festes Chlorammonium verwandelt wurde. So entstanden in
Verbindung sowohl mit den Kalkstickstoffwerken als auch mit den nach dem Verfahren
von Haber arbeitenden Ammoniakfabriken große Anlagen, die
als Haupterzeugnis Chlorammonium und als Nebenerzeugnis Soda herstellen.
Diese Kombination von Sodagewinnung und Chlorammoniumherstellung bedeutet gegenüber
der bisherigen Arbeitsweise der Sodafabriken einen großen Vorteil, denn bisher
brachten diese Fabriken das neben der Soda gewonnene Chlorammonium nicht in den
Handel, sondern regenerierten durch Kochen der Chlorammoniumlösung mit Kalkwasser
das Ammoniak, das wiederum mit Kochsalz und Kohlensäure in Reaktion gebracht wurde.
Bei dieser Regeneration des Ammoniaks entstehen jedoch große Mengen von
Chlorkalziumlauge, deren Beseitigung oft beträchtliche Schwierigkeiten bereitete und
infolge der Versalzung der Flußläufe nicht selten Anlaß zu Unzuträglichkeiten gab.
Dieser Uebelstand fällt nun ganz weg, wenn bei der Sodagewinnung die Regeneration
des Ammoniaks entbehrlich wird und stets frische Ammoniakmengen verwendet werden. In
diesem Falle entstehen nämlich keinerlei Abfallstoffe.
Nach einem den Bayerischen Stickstoff werken und Dr. N. Caro erteilten Patent (D. R. P. 303843) wird das neue kombinierte
Verfahren in folgender Weise ausgeführt: Durch Brennen von Kalkstein wird
Kohlensäure und Aetzkalk erzeugt. Dieser wird mit Koks gemischt und im elektrischen
Ofen auf Kalziumkarbid verarbeitet. Dieses wird dann durch Erhitzen in einer
Stickstoffatmosphäre in Kalkstickstoff verwandelt, der seinerseits bei Einwirkung
von überhitztem Wasserdampf Ammoniak liefert. Das Ammoniak wird nun mit der beim
Brennen des Kalksteins gewonnenen Kohlensäure sowie mit Kochsalz in Soda und
Chlorammoniumlösung umgesetzt, aus der durch Eindampfen fester Salmiak gewonnen
wird. Die Gewinnung des festen Salzes kann auch durch Zusatz von Rohsalz zu der
Lösung oder durch Abkühlen erfolgen. Die Mutterlauge kehrt evt. nach weiterem Zusatz
von Kochsalz stets in den Betrieb zurück; auf diese Weise wird der Kochsalzverlust,
der bei der üblichen Ammoniaksodagewinnung sehr beträchtlich ist, auf ein äußerst
geringes Maß zurückgeführt. Andererseits wird dadurch, daß die Regeneration des
Ammoniaks bei dem kombinierten Verfahren wegfällt, auch der sonst unvermeidliche
Ammoniakverlust vermieden. Schließlich werden auch die Ausgaben für Kalkstein
verringert, weil bei der Zersetzung des Kalkstickstoffs neben Ammoniak auch
kohlensaurer Kalk entsteht, der wenigstens zum Teil zur Gewinnung der erforderlichen
Kohlensäure mitverwendet werden kann. Für Ammoniakfabriken, die nach dem Verfahren
von Haber arbeiten, bietet sich eine Kohlensäurequelle in
den Abgasen, die bei der Gewinnung von Wasserstoff aus Wassergas entstehen, denn
hierbei wird das Kohlenoxyd des Wassergases durch Oxydation mittels Dampfes
katalytisch in Kohlensäure verwandelt, von welcher somit sehr große Mengen
anfallen.
Sander.
Erfahrungen mit der Lagerung von Kohlen unter Wasser. In
Amerika werden schon seit einer Reihe von Jahren in größeren Werken die
Kohlenvorräte in gemauerten, mit Wasser gefüllten Gruben gelagert, weil so am
einfachsten und sichersten die Selbstentzündung der Kohle verhütet und ihre
Wertminderung infolge der Einwirkung des Luftsauerstoffs verhindert werden kann.
Einem Bericht in der Elektrotechnischen Zeitschrift 1920, S. 473, zufolge besitzt
auch die Indianapolis Light and Heat Co. zwei derartige Betonbehälter zur Lagerung
der Kohlen unter Wasser. Der eine Behälter fast 13000 t, der andere 8000 t Kohle;
die gesamten Kosten für die beiden Behälter belaufen sich auf 60000 Dollar.
Der größere Feuchtigkeitgehalt der unter Wasser gelagerten Kohle hat bei der
Verfeuerung von Stückkohle bisher keine Schwierigkeiten bereitet, dagegen erwies
sich Nußkohle, wenn sie unter Wasser gelagert war, als schwerer entzündlich. Die
Förderung der Kohle aus dem Wasserbehälter zum Kesselhausbunker erfolgt durch
Eisenbahnwagen, so daß das Wasser auf diesem Transport genügend abtropfen kann. Die
Entwässerung der Kohle kann aber auch in der Weise erfolgen, daß der Wasserspiegel
in dem Lagerbehälter so weit gesenkt wird, daß die zum Verbrauch bestimmte Kohle
nicht vom Wasser bedeckt ist. Bei dieser Methode zeigte sich, daß auch die 2–3 m
über dem Wasserspiegel lagernde Kohle infolge der Kapillarität noch feucht bleibt.
Die Untersuchung zweier Kohlenproben der gleichen Zeche und aus demselben Flöz, von
denen die eine frisch gefördert war, während die zweite ungefähr 1 Jahr lang unter
Wasser gelagert war, ergab eine Verminderung des Heizwertes von 6970 auf 6794 WE;
der Verlust betrug also nur 2,5 v. H.
Sander.
Die Anlage zur Gewinnung von flüssiger Luft der
staatlichen Berginspektion II zu Zaborze beschreibt Lindner in einem ausführlichen Bericht über den Neubau der Tagesanlagen
und Fördereinrichtungen des Westfeldes der genannten Berginspektion. Die Anlage zur
Luftverflüssigung, Bauart Linde, arbeitet ohne Vorkühlung
und liefert stündlich 60 l flüssige Luft mit einem Sauerstoffgehalt von 97 v. H. Der
Hochdruckkompressor für 200 at Enddruck arbeitet fünfstufig und ist mit einer
Heißdampfmaschine von 180 PS Leistung gekuppelt. Seine Abmessungen sind so
gewählt, daß, sofern die Luft beim Eintritt in den Trennapparat eine Temperatur von
nicht mehr als 20° hat, reichlich 60 l flüssiger Sauerstoff in der Stunde gewonnen
werden können. Die erste Kompressorstufe saugt etwa 400 cbm Luft stündlich an, da
nur 60 v. H. des in der Luft enthaltenen Sauerstoffs durch Rektifikation gewonnen
werden können. Die vierte Kompressorstufe saugt weitere 500 cbm Luft stündlich an,
die ebenfalls auf 200 at verdichtet in den Trennapparat gelangen. Diese 500 cbm Luft
dienen jedoch nicht zur Sauerstoffgewinnung, sondern nur zur Kälteerzeugung, denn
sie kehren unter einem Drück von etwa 50 at wieder in den Kompressor zurück und
liefern bei ihrer Entspannung die Hauptmenge der zur Herstellung von 60 l flüssigem
Sauerstoff erforderlichen Kälte.
Die Leistung des Trennapparats hängt außer von der zugeführten Luftmenge natürlich
auch von der Temperatur ab, mit der die Hochdruckluft in den Apparat eintritt, und
zwar bewirkt eine Herabsetzung der Lufttemperatur um je 1° C eine Mehrerzeugung von
etwa 0,6 l flüssigem Sauerstoff in der Stunde, wie folgende Zahlentafel zeigt:
Lufttemperatur bei Eintrittin den
Trennapparat°C
Stündliche Erzeugungan flüssigem
SauerstoffLiter
ReinheitProz. O2
+ 8
68,5
87
+ 12
66
90
+ 16
63,5
93,5
+ 20
61
97
+ 24
58,7
98,5
+ 28
55,5
99
+ 32
53
99
Diese Zahlen zeigen deutlich den wesentlichen Einfluß der Lufttemperatur auf die
Leistung der Anlage; um die Luft dem Trennapparat mit möglichst niedriger Temperatur
zuzuführen, wird das Kühlwasser des Kompressors durch eine besondere
Streudüsen-Rückkühlanlage geleitet. (Zeitschr. f. d. Berg-, Hütten- u. Salinenwesen,
Bd. 67, S. 386).
Sander.
Heizwertvergleich verschiedener Brennstoffe. Auf der
Ausstellung für Wasserstraßen und Energiewirtschaft, die im Sommer in München
stattfand, zeigte die Bayerische Landeskohlenstelle eine Reihe interessanter Tafeln,
die auch dem Laien recht eindringlich den Wert der verschiedenen Brennstoffe vor
Augen führten. Besonders anschaulich kommt dies in nachfolgender Uebersicht zum
Ausdruck, die zeigt, welche Brennstoffmengen nötig sind, um 100000 Wärmeeinheiten zu
erzeugen.
100000 WE. werden geliefert durch Verbrennen von
54 kg Lignit, grubenfeucht,
53 kg oberpfälzischer Braunkohle,
50 kg rheinischer oder mitteldeutscher Rohbraunkohle und nassem
Torf (50 v. H. Feuchtigkeit),
45 kg Lignit, lufttrocken,
42 kg nassem Hartholz (40 v. H. Feuchtigkeit),
40 kg nassem Weichholz (40 v. H. Feuchtigkeit) und
Steinkohlenhaldenstaub,
27 kg lufttrockenem Weich- oder Hartholz,
25 kg lufttrockenem Torf,
24 kg Koksgrus,
21 kg Braunkohlenbriketts,
20 kg oberbayerischer Pechkohle,
17 kg Grudekoks,
15 kg Gaskoks,
14 kg Zechenkoks, Steinkohlenbriketts, oberschlesischer
Fettkohle oder Ruhrgasflamm- und Fettkohle,
13 kg Torfkoks oder Holzkohle, 12 kg Ruhranthrazit,
14 l Spiritus,
11 l Benzol oder Petroleum,
9 l Teeröl.
Gleichfalls recht instruktiv ist folgende Zusammenstellung, die für eine Reihe von
Fertigerzeugnissen angibt, welche Mengen davon bei einem Verbrauch von 1 kg
Steinkohle hergestellt werden können:
1 kg Steinkohle liefert 0,3 kg Preßhefe, 6 kg Romanzement, 0,7 Liter Spiritus, 2 kg
Stahl, 90 Schachteln Zündhölzer, 4 kg Stückkalk, 0,4 kg Leder, 1,4 kg Papier, 3 kg
Mlazkaffee, 127 g leichtes Porzellan (1 Kaffeetasse), 300 g schweres Porzellan (ein
mittelgroßer Teller), 6 Liter Bier, 0,2 kg Karbid, 20 kg Eis, 0,3 kg Leim, 2,5 kg
Kupfer, 0,04 kg Aluminium, 0,7 kg Flaschenglas (1 Bierflasche), 1 Paket
Würfelzucker.
Sander.
Tagung des Reichsbundes Deutscher Technik in Erfurt. Der
Reichsbund Deutscher Technik, in dem neben einer großen Anzahl von Einzelmitgliedern
fast sämtliche deutschen Verbände von Technikern und Ingenieuren der verschiedensten
Fachgruppen, sowohl die technisch-wissenschaftlichen als auch
technisch-wirtschaftlichen, vertreten sind, hielt in Erfurt vom 27. bis 30. Oktober
seine 6. Bundestagung ab.
Die Arbeit der Tagung war ernster innerer Aufbauarbeit gewidmet. Zu derselben waren
aus allen deutschen Gauen Vertreter der größeren Orts- und Landesgruppen und der
angeschlossenen Verbände erschienen. Die Arbeit der Delegierten war, wie schon
gesagt, eingestellt auf innere Bundesarbeit in der Richtung der Einstellung der
Techniker ihrer Bedeutung gemäß in Staatsverwaltung, öffentlicher Verwaltung und
Wirtschaft unter besonderer Einstellung auf die notwendige Rationalisierung der
deutschen Wirtschaft, auf deren Grund nur allein die schweren uns auferlegten
Aufgaben des Friedensvertrages zu erfüllen sind.
Neben den Arbeitsitzungen veranstaltete der R. D. T. am Sonnabend, dem 29. Oktober,
abends 6½ Uhr, in den Räumen des Hauses Kossenhaschen eine öffentliche Versammlung,
zu der eine große Anzahl aller in Betracht kommenden öffentlichen Körperschaften und
Verwaltungsstellen Ehrengäste entsandt hatten. Diese Versammlung wurde durch den
stellv. Vorsitzenden, Herrn Landmesser Gawehn (Dresden),
mit einer kurzen Ansprache eröffnet. Als Beauftragter der Stadt Erfurt begrüßte dann
Herr Stadtbaurat Weichbrodt die Vertreter des R. D. T.
und die durch diese vertretenen Ortsgruppen und angeschlossenen Verbände. Herr
Stadtbaurat Weichbrodt sprach über die Bedeutung der
Technik und die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt Erfurt. Er betonte die
Notwendigkeit, daß Technik und Wirtschaft auch in den Gemeinden, den Kreisen und
Verwaltungsbezirken zum Wiederaufbau und zur Wiedergesundung eingesetzt werden
müsse. Herr Stadtbaurat Weichbrodt erhofft von der in
Erfurt neugegründeten Ortsgruppe des R. D. T. erfolgreiche Förderung der Ziele, die
sich der R. D. T. gesteckt hat, auch in Bezug auf die Stadt Erfurt sowie das
Thüringer Land, und wünscht dem R. D. T. eine für den weiteren Ausbau und die
erfolgreiche Tätigkeit des R. D. T. im Reiche erfolgreiche Tagung. Die Erfurter
Tagung möge für die weitere Arbeit des R. D. T. den gleichen Erfolg zeitigen, den
die unter ähnlichen Verhältnissen auch in einem Zeitraum des Niederganges von
Erfurt einsetzende Bewegung Luthers hatte für die Wiedererstarkung des Deutschen
Volkes und die Gesundung des deutschen Volkslebens.
Herr Regierungsbaurat Roth (Mannheim) berichtete über die Bedeutung des R. D. T., der
sich die Aufgabe gestellt hat, technischer Denkweise und technischwirtschaftlicher
Arbeit den gebührenden Einfluß auf die Geschicke unseres Landes zum Wohle des ganzen
Volkes zu erwirken. Der R. D. T. fordert zu diesem Zwecke unter anderem: die
Berücksichtigung der Technik auch im Lehrplan der Schulen und die Heranziehung
geeigneter Lehrkräfte, Aufklärung der Bevölkerung über die Leistung der Technik und
die Bedeutung technischer Geistesarbeit für unsere Kulturentwicklung und die
Mitarbeit der Techniker in öffentlichen Körperschaften als vollberechtigte
Mitglieder, hierzu die Beseitigung des Juristen-Monopols in der öffentlichen
Verwaltung und die ungerechte Vorherrschaft gewisser Berufszweige im
Wirtschaftsleben. Andererseits aber fordert der R. D. T. von den eigenen
Berufsgenossen, ohne Beeinträchtigung des Fachwissens, eine Vertiefung des
allgemeinen Wissens in kultureller Hinsicht, besonders aber in bezug auf die
Heranbildung geeigneter Kräfte, die im öffentlichen Leben, in Staatsverwaltung und
Leitung erfolgreich tätig sein können, Verständnis für die praktische Bedeutung des
Technikers, insbesondere der technischen Handarbeiter, Förderung der geistigen
Bedürfnisse der Arbeiterschaft, alles in allem eine wahre Berufs-Kameradschaft, frei
von jedem schädigenden Kastengeist.
Herr Stadtbaurat a. D. Schwandt (Hagen i. W.) sprach über
„Philosophie und Technik“, weiter Herr Ingenieur und Fabrikbesitzer Kräcker (Berlin) über: „Einstellung der Ingenieure und
Techniker auf die heutigen Wirtschaftsverhältnisse in der Praxis“.
Im Anschluß an die Vorträge fand in den Räumen des Hauses Kossenhaschen ein
gemeinschaftliches Abendessen mit anschließendem geselligem Zusammensein statt. Der
stellv. Vorsitzende des R. D. T. Herr Landmesser Gawehn
begrüßte die Teilnehmer und sprach der Ortsgruppe Erfurt den Dank des R. D. T. für
die von dieser geleisteten Vorbereitungen, die zum Gelingen der Tagung wesentlich
beigetragen haben, aus und wünscht Erfurt und der Ortsgruppe Erfurt eine gedeihliche
Entwicklung. Herr Oberlandmesser Henkel (D. V. V.) dankt
dem Vorsitzenden für die Wünsche, die er der Ortsgruppe Erfurt gewidmet hat, und
verspricht, daß die Ortsgruppe Erfurt sich bemühen werde getreu den Richtlinien des
R. D. T. mitzuarbeiten, an den großen Zielen und Aufgaben, die der R. D. T. zu lösen
berufen ist. Das vortreffliche vom Hause Kossenhaschen gebotene Mahl würzten noch
heitere, dabei aber vom technischen Geist getragene Reden und Vorträge der Herren:
Regierungslandmesser Feilhauer, Präsident Geheimrat Dr.
Strecker, Zivilingenieur Hartung, Stadtbaurat Schmandt. Angeregte
Unterhaltung und gute Stimmung hielt die Teilnehmer noch lange zusammen.
Die Einstellung der Ingenieure und Techniker auf die heutigen
Wirtschaftsverhältnisse in der Praxis. (Ingenieur und Fabrikbesitzer Kräcker, Neukölln, auf der Tagung des Reichsbundes
Deutscher Technik in Erfurt). Das Diktat von Versailles, das Wiesbadener
Wiederaufbauunternehmen für die zerstörten Gebiete Belgiens und Frankreichs und
letzten Endes das große nationale Unglück der Abtötung wichtiger Wirtschaftsnerven
unserer Industrie, das sich darstellt in dem Raube Oberschlesiens, all das sind
Dinge, die von Tag
zu Tag immer mehr dazu zwingen, alle Wirtschaft – die des Staates und des
Privatbesitzes – ständig auf ihren Nutzeffekt für die Gesamtheit zu untersuchen. Es
kommt dazu, daß das unselige politische Parteiwesen bei uns dazu geführt hat, daß
bisweilen die gesamte Wirtschaft, sehr häufig aber bestimmte Abschnitte des
Wirtschaftslebens lediglich vom parteipolitischen Standpunkt betrachtet und
ausgewertet werden, und daß darum die Organisationen unserer Industrien zwecks
Herbeiführung großer Nutzwerte durch rationellste Technik und planmäßig aufgebaute
Arbeit großen Hemmungen begegnet. Wenn dann noch an die Entwertung aller Sachwerte
durch den Valutastand unseres Papiergeldes erinnert wird, wenn ferner das Wort
„Ueberfremdung“ in den Kreis dieser Betrachtungen eingeschaltet wird –
jene Einkapslung fremdländischen Kapitals in den deutschen Wirtschaftskörper,
wodurch zwar im Augenblick die Kapitalsnot der Industrie überbrückt, aber nicht
beseitigt wird und wodurch leider für spätere Zeit die Möglichkeit des politischen
Zugriffs der fremden Völker auf unsere industriellen Sachwerte geschaffen ist, dann
hat man im großen und ganzen den Unterbau für die vorliegenden Ausführungen und die
Notwendigkeit für die an den deutschen Ingenieur und Techniker zu stellende
Aufforderung: „Seid nicht nur Ingenieure und Techniker in eurem engeren
Arbeitsgebiete, sondern beschäftigt euch auch fortan mit dem Wirkungsgrad eurer
Arbeit auch für das Volksganze und fundamentiert unser Wirtschaftsleben mit
technischem Geist und technischem Denken, damit das, was der Wirtschaft an
Schäden durch unkluge Parteipolitik und den Geßlerhut der Allierten, den uns
auferlegten Frondienst für andere Völker, zugefügt wird, immer wieder durch den
Geist der Technik zunichte gemacht wird, die der Eckpfeiler unseres
Wirtschaftslebens ist.“
Langsam aber sicher ringt sich trotz des politischen Kampfes überall in den Betrieben
des Staates und des Privatbesitzes ein Zusammengehörigkeitsgefühl durch, wobei
unzweifelhaft den Trägern der Technik die Führerrolle für die gesamte Wirtschaft
dann zugesprochen werden wird, wenn, wie Riedler in seinem Werke „Die neue
Technik“ sagt, die Technik Großes im Sparen und Erschließen leistet, neue
Werte schafft und ihr Wirken auf das Allgemeinwohl richtet, statt nur auf eine
hemmungslos eigensüchtige Ertragswirtschaft, wenn sie sachkundig erfahren und
volkswirtschaftlich eingestellt wird.
Es ist bei diesen Gedankengängen am Platze, sich den Begriff Wirtschaft einmal klar
vor Augen zu führen; Wirtschaft ist die Nutzbarmachung der Naturschätze und
Naturkräfte durch Technik und Arbeit zu dem Zwecke, alle Lebens- und
Kulturbedürfnisse eines Volkes zu schaffen. Je höher die Ansprüche an Leben und
Kultur sind, desto hochwertiger muß die Leistung von Technik und Arbeit werden, wenn
Naturschätze und Naturkräfte nicht mehr ausreichen (ein Fall, der heute auf unser
Vaterland zutrifft), deshalb müssen die Volksschichten, welche an der Wirtschaft
direkt keinen Anteil nehmen, selbstverständlich den technischen Berufsständen auf
die politischen Geschicke unseres Volkes den gebührenden Einfluß in Wirtschaft und
Politik einräumen. Die moderne Wirtschaft Deutschlands, mit ihrer noch heute
Weltgeltung besitzenden Technik und disziplinierten Arbeit, besteht ja nicht viel
länger als ein Menschenalter, deshalb ist es selbstverständlich, daß dieser Einfluß
den Ingenieuren und Technikern, Chemikern, Architekten und anderen technischen
Berufsgruppen nur auf dem Wege des ideellen Kampfes mit anderen Volks- und
Berufsgruppen errungen werden kann. In dieser Richtung bewegen sich die Bestrebungen
des Reichsbundes Deutscher Technik, so wird uns das Ziel neuzeitlicher
technisch-wissenschaftlicher und technisch-wirtschaftlicher Arbeit verständlich,
unsere vaterländischen Industrien trotz aller Kümmernisse immer wieder „neu zu
laden“, um einen elektrotechnischen Ausdruck zu gebrauchen, damit
unaufhörlich Strom und Spannung für das industrielle Leben, also die Wirtschaft als
solche, vorhanden ist. Um diese Wirkung vollkommen zu erreichen, ist eine technisch-
und wirtschaftlich eingestellte Lebensführung nötig. Dieselbe beginnt für uns
Techniker mit unserem technischen Studium, das aber von dem neuen Geist der Zeit
noch nicht viel aufgenommen hat. Dieses Studium, sich anschließend an den Besuch von
Schulen, deren Unterricht das Leben der Masse, frei von allem seit Jahrzehnten
mitgeschlepptem Ballast, befruchten muß, ist das Alpha und das Omega für Wertung und
Bedeutung technischer Arbeit. Es ist hier nicht der Ort, um über die Methodik des
Studiums Worte zu verlieren, es genügt, zu sagen, daß es den ideellen Unterbau haben
muß, daß die Wirtschaft in unserem, mit rasender Eile seiner Verarmung
entgegengehenden Vaterlande nicht mehr Privatsache, sondern Sache der Allgemeinheit
ist, denn: „Wirtschaft ist Schicksal.“
Es ist naheliegend, daß die Gewöhnung an den Gedanken eines gemeinschaftlich wirksam
werdenden Nutzeffekts technischer Arbeit die technischen Kreise den Arbeiterkreisen
näher bringen wird. Daß damit auf der einen Seite soziales und sozialpolitisches
Empfinden und Wirken, auf der anderen Seite bestehende Klassenvorurteile und
Klassengegensätze mit der Zeit weggeräumt werden, ist nicht zu bezweifeln, ist
vielmehr dringend nötig, denn die Kämpfe zwischen Kapital und Arbeit hätten in der
Wirtschaft nicht so trennend und zerschneidend gewirkt, wenn die noch aus der
Vorkriegszeit stammenden Gegensätze nicht eine tiefe Verbitterung in weiten
Volkskreisen geschaffen hätten.
Nach Vorhergesagtem hat man nunmehr zu fragen: Was zeigt die heutige Wirtschaft, im
Ganzen angesehen, eigentlich dem sich umstellenden Ingenieur und Techniker? Dabei
kommt man auf volkswirtschaftlich und betriebswirtschaftlich neue Begriffe, wie
Gemeinschaft, Planwirtschaft, Brennstoff- und Kraftwirtschaft, auf Syndikate und
Trusts, kurzum auf all das, was immer wieder technischen Geist kapitalistisch im
Sinne großer Volksschichten auswirken läßt.
Als Kennzeichen der Gemeinwirtschaft führt Geheimrat Riedler noch an: sittliche
Pflicht muß es werden, keinen Stoff, keine Arbeit zu verschleudern, Brennstoff zu
sparen, Kraft und Arbeit richtig zu höchster Leistung zu verwenden, keine Abfälle,
keine Fehlarbeit zu verschulden, den unvermeidlichen Abfall zu nutzen usw., kurz:
viel, gut, werteschaffend und wirtschaftlich für das Geweinwohl zu arbeiten, also
die besten Mittel zu schaffen, vorhandene zu verbessern, alle im besten Verfahren
auszunutzen, alte untaugliche Mittel abzustoßen und die Arbeiter richtig zu bilden
und zu verwenden. Das sind Pflichten, denen der Besitz bisher nicht immer
nachgekommen ist, der Besitz hat das Eigentum vielfach nicht im Sinne eines ihm
anvertrauten Teils des allgemeinen Besitzes verwaltet.
Das sind Worte von so großer Bedeutung, daß man sie in jedem Fabriksaal anschlagen
müßte.
Die viel umstrittene Planwirtschaft definiert Riedler
treffend: Die Planwirtschaft im technischen Bereich will vollkommene Mittel in
planmäßiger Gesamtarbeit so anwenden, daß die Leistung in jeder Einzel- wie in der
Gesamtarbeit möglichst erhöht wird. Denn die menschliche Arbeit allein ist
unzulänglich, nach Stärke und Dauer natürlich begrenzt, während die zu lösenden Aufgaben immer
größer und schwieriger werden. Daher muß die Menschenkraft durch die Naturkraft
abgelöst, die Menschenleistung durch Maschinenarbeit und Planverfahren erhöht,
anstelle des unzureichenden Erfassens und Ausführens durch den Einzelnen die
Arbeitsteilung gesetzt werden. Rohstoff und aufgewendete Arbeit lassen sich dann bei
Umwandlungsarbeiten weit besser ausnutzen, der Wirkungsgrad der Arbeit bedeutend
erhöhen. Zu diesen technischen Forderungen kommen die der Gemeinarbeit für das
Gemeinwohl hinzu.
Der vorher gemachte Hinweis auf die unbedingt notwendige Durchführung einer neuen
Brennstoff- und Kraftwirtschaft braucht im einzelnen nicht weiter ausgeführt zu
werden, weil Jedermann ja weiß, daß, nachdem der Feindbund uns des wichtigsten
Rohstoffs für unsere Wirtschaft, der Kohle, in bedeutendem Maße beraubt hat, es
notwendig ist, zu anderen Kraftfaktoren für die Wirtschaft überzugehen. Dabei sei
nur an die Förderung aller mit der Braunkohlenindustrie zusammenhängenden
technischen Fragenkomplexe, an die Schaffung einer umfassenden Wasserwirtschaft, an
die großzügige Organisation der Elektrizitätsversorgung u.a.m. erinnert. Wie nun
aber auf der einen Seite es notwendig ist, neues wirtschaftliches Leben durch
Einstellung aller technischen Arbeit und technischen Denkens als auf das Gesamtwohl
anzuregen, so besteht auf der anderen Seite für alle technischen Kreise auch die
Notwendigkeit, den Vertrieb der Erzeugnisse der Wirtschaft, ebenso planmäßig und auf
gesunde Wirtschaftlichkeit eingestellt, organisiert zu sehen, Auswüchse des
Wirtschaftslebens, wie beispielsweise Zurückhaltung von Waren, Preistreiberei,
Wucher und auch ungenügende Bewertung technischer Arbeit sind ebenso verhängnisvoll
für uns wie die Maßnähmen der Entente, und führen wie diese zu einer Zerrüttung
unseres Wirtschaftslebens. Wohl bieten Syndikate und Trusts die Möglichkeit eines
gewissen Ausgleichs, trotzdem muß aber auch hier für die Technik Einfluß auf die
Vorgänge im Wirtschaftsleben gefordert werden.
Wir sind hier in Erfurt auf historischem Boden deutscher Geschichte. Einstmals, zu
Luthers Zeiten auch wie heut, ein zerrüttetes, verarmtes, teilweise verlottertes
Deutschland! Der Mut und die Entschlossenheit dieses Mannes hat es zuwege gebracht,
daß unser Vaterland bestehen blieb. Die große Persönlichkeit, der Luther, der
Bismarck der Technik fehlt! Ersetzen wir Techniker den noch fehlenden großen Mann
dadurch, daß wir selbst dahin wirken, daß technisches Denken und technischer Geist
Gemeingut unseres Volkes werden, damit das Verhängnis des Verderbens, das uns durch
den unversiegbaren Neid und Haß unserer Feinde droht, wirkungslos, ein freies
Deutschland in der Menschheitsgeschichte führen wird.
Entschließungen des Reichsbundes Deutscher Technik
(Bundesversammlung vom 27.–30. Oktober).
„Der Reichsbund Deutscher Technik ersucht das Patentamt dringend, die
Jahresgebühren für die infolge des Patent-Verlängerungs-Gesetzes hinzugekommenen
Jahre durch die nach dem bisherigen Gesetz ordnungsgemäß erfolgten Zahlungen als
abgegolten anzusehen, unter allen Umständen aber notwendige Ergänzungszahlungen
aus den bereits für die folgenden Jahre eingezahlten Gebühren zu entnehmen.“
„Der R. D. T. hat sich seit drei Jahren bemüht, die Bedeutung der neuen
Gesetzentwürfe für den Ausbau der öffentlichen Selbstverwaltung in Preußen durch
eingehende Mitarbeit zu würdigen. Der R. D. T. hat bei den entsprechenden
Verhandlungen mit Nachdruck den Standpunkt vertreten, daß unter gerechter
Berücksichtigung aller Verhältnisse des öffentlichen und privaten Lebens
die Träger fachlicher und insbesondere technischer Arbeit unbedingt eine
stärkere Vertretung in den Körperschaften des öffentlichen Rechts haben müssen.
Wo es infolge der bisherigen Verwaltungsmethoden an dem vielseitigen fachlichen
Nachwuchs fehlen sollte, muß die künftige Verwaltung Gelegenheit geben und
nehmen, sich diesen Nachwuchs heranzuziehen, damit eine lebendige Wechselwirkung
zwischen den maßgebenden Verwaltungsstellen und den wirtschaftlich-kulturellen
Beziehungen des Volkes entstehe und erhalten bleibe.
Der R. D. T. gibt der Erwartung Ausdruck, daß die fachlichen und insbesondere
technischen Organisationen bei der letzten Fassung des entsprechenden Gesetzes
gehört werden, ehe die Vorlage an den Landtag erfolgt.“
„Der in Erfurt tagende Reichsbund Deutscher Technik beklagt aus tiefstem Herzen,
daß es ihm zurzeit nicht möglich ist, seinen vergewaltigten deutschen
Volksgenossen in Oberschlesien durch die Tat zu helfen.
Er stellt fest, daß die widerrechtliche Wegnahme dieses großen Industriegebietes
den Wiederaufbau der Wirtschaft Deutschlands und damit derjenigen Europas
verhindern muß.“
Gewinnung und Bedeutung des Oelschiefers. Die Oelschiefer
sind durch Ablagerung von abgestorbenen Wasserorganismen der Tier- und Pflanzenwelt,
auf dem Meeresboden entstanden. In diesen eiweiß- und fetthaltigen Urstoffen, die im
wesentlichem auch für die Entstehung des Erdöls in Betracht kommen, wächst durch
„Inkohlung“ unter Abscheidung von Wasser, Kohlensäure und Methan
allmählich der Kohlenstoffgehalt. Die so veränderten Stoffe bilden den Bitumengehalt
des kalk- oder tonhaltigen Minerals. Die aus diesen Gesteinen gewonnenen Erzeugnisse
weisen infolge der Uebereinstimmung der Ausgangstoffe gewisse Aehnlichkeit mit dem
Erdöl auf. Die Gewinnung von Leuchtöl aus dem Schiefer wurde denn auch schon
frühzeitig mit einfachen Mitteln aufgenommen, mußte aber beim Erscheinen des
amerikanischen Petroleums auf den europäischen Märkten wegen Unwirtschaftlichkeit
meistens wieder eingestellt werden. Nur an einigen durch Beschaffenheit und Lage
bevorzugten Stellen (Schottland, Messel bei Darmstadt) wird die Gewinnung von
Schieferöl auch heute noch betrieben. Infolge der Brenntoff- und Oelknappheit, die
im Verlaufe des Krieges eintrat, wurde in allen Ländern wieder die Aufmerksamkeit
auf die Schiefervorkommen gelenkt und es wurden neue Versuche zu ihrer Verwertung
teils zur Gewinnung von Wärme, teils zur Gewinnung von Schmieröl aufgenommen.
Die deutschen Schiefervorkommen sind, wie Dr.-Ing. Landsberg in der Elektrotechnischen Zeitschrift 1920, S. 354 ausführt,
sehr beträchtlich, so die Ablagerung, die sich von Verden a. d. Aller östlich bis
nach Schöppenstedt (Braunschweig) erstreckt, die Vorkommen in Messel sowie am
Westrand der schwäbischen Alb. Ferner finden sich kleinere Vorkommen in Bayern,
Baden, Hessen-Nassau und in der Rheinprovinz. Der Bitumengehalt der deutschen
Oelschieferlager schwankt zwischen 5 und 8 %, daneben finden sich wechselnde Mengen
von Wasser und die 80–85 % ausmachenden Mineralbestandteile, die meist zur
Herstellung von Kunststeinen geeignet sind.
Die Exstraktion des Bitumens (nach dem Muster der Gewinnung von Montanwachs aus der
Braunkohle) liefert im Großen keine günstigen Ergebnisse, vielmehr gewinnt man das
Bitumen allgemein durch Anwendung von Wärme, und zwar in unvollkommener Weise, wenn
man den Schiefer in offenen Tiegeln mäßig erhitzt und das ausfließende Bitumen
aufsammelt, oder besser durch Verschwelen des Schiefers in kleinen Retorten mit
Außenheizung bzw. in größeren Schwelräumen mit Innenheizung. Die zum Verschwelen
erforderliche Wärme wird dabei gewöhnlich durch Vergasen des zurückbleibenden
Schieferkokses gewonnen, und zwar am besten unmittelbar im Anschluß an die
Entgasung, da der Schiefer die Schwelräume mit einer Temperatur von 400–500°
verläßt. Während man früher, so z.B. auf der Grube Messel, stehende Retorten mit
Außenheizung anwandte, ist neuerdings die Entgasung des Schiefers auch mit Hilfe von
Drehöfen, wie sie in der Zementindustrie gebräuchlich sind, versucht worden, die in
diesem Falle aber ebenfalls von außen mit Gas beheizt werden. Bei zweckmäßiger
Entgasung erhält man einen dem rohen Erdöl nahestehenden Teer, ferner Gas und
Ammoniak. So werden in Messel aus 100 kg Schiefer 30 cbm Gas und 6–10 kg Rohöl
gewonnen, das neben Leucht-, Treib- und Schmierölen auch Paraffin liefert. Aus
Braunschweiger Schiefer lassen sich im Laboratorium mit Chloroform 7 % Bitumen
extrahieren, wogegen man beim Verschwelen bei 500° nur eine Ausbeute von 6 %
erzielt. Durch Destillation des so erhaltenen Teeres im Vakuum lassen sich etwa
40 % Schmieröle gewinnen; ferner ergibt 1 t Schiefer etwa 10 kg Ammonsulfat.
Versuche, den Schiefer direkt als Brennstoff sowie als Ausgangsmaterial für die
Gewinnung von Heiz- und Leuchtgas zu verwenden, haben sich als unwirtschaftlich
erwiesen, da der Heizwert des Schiefers infolge seines hohen Gehaltes an
Mineralbestandteilen zu gering ist. Infolgedessen kommt nur die Oelgewinnung in
Frage, die bei unserem großen Bedarf an ausländischen Oelen von erheblicher
volkswirtschaftlicher Bedeutung ist. Da der Verbrauch an Leuchtöl mit dem Vordringen
des elektrischen Stromes namentlich auf dem Lande mehr und mehr zurückgeht, ist also
in erster Linie auf die Gewinnung von leichten Oelen für Explosionmotoren, von
Treibölen für Dieselmaschinen sowie von Schmierölen Wert zu legen, wodurch große
Kohlenmengen erspart werden können. Auch die chemische Verarbeitung der Oele auf
Fettsäuren für die Seifenindustrie kommt vielleicht in Frage. Da die deutschen
Schiefervorkommen auf mehrere Millionen Tonnen geschätzt werden, kommt ihnen
zweifellos für unsere Oel- und Wärmewirtschaft eine große Bedeutung zu.
Sander.