Titel: | Polytechnische Schau. |
Fundstelle: | Band 337, Jahrgang 1922, S. 14 |
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Polytechnische
Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Ersparnisse bei Dampf- und Heizleitungen durch Verwendung
von Absperrvorrichtungen mit geringem Einzelwiderstand. (Nach einer
ausführlichen Veröffentlichung von K. Schmidt in den Zeitschriften „Dampfkessel
und Maschinenbetrieb“ und „Haustechnische Rundschau“, 1921.)
Verschiedentlich findet man in der Literatur Angaben, daß der Widerstand der
einzelnen Konstruktionsteile der Rohrleitungen einen großen Einfluß auf die
Bemessung derselben hat. Greifbare Zahlen über die Wirkung in Mark und Pfennigen
ausgedrückt findet man jedoch selten. Hier wird an einem Beispiel aus der Praxis
festgestellt, wie unter sonst gleichen Umständen sich die Anlagekosten der
Rohrleitung vermindern, wenn die Einzel-Widerstände der Leitung vermindert werden.
Die Verminderung kann am leichtesten durch Auswechselung von
Absperrvorrichtungen mit hohem Einzelwiderstand durch solche mit kleinerem
Einzelwiderstand erfolgen, es sollen daher nur Absperrvorrichtungen der weiteren
Betrachtung zu Grunde gelegt werden. Gleichzeitig soll zahlenmäßig nachgewiesen
werden, wie die laufenden Ausgaben für Brennstoffe, Instandsetzung, Abschreibung,
Verzinsung einer Rohrleitung mit der Verringerung der Einzelwiderstände
abnehmen.
Textabbildung Bd. 337, S. 13
Tafel I.
Für den zahlenmäßigen Nachweis wurde eine Rohrleitung mit einer Absperrvorrichtung am
Anfange und einer am, Ende gewählt Unter genauer Einhaltung von gleichem
Spannungsabfall wurde dann die für die verschiedenen Widerstände der einzelnen
Absperrvorrichtungen sich jeweils errechnende Rohrweite unter folgenden Annahmen
ermittelt: Die Länge der Leitung beträgt 50 m und die Anfangsspannung 9,6 at abs. bei 300 C. Es
wird ein Spannungsverlust von 6000 kg qm für die Fortbewegung des Dampfes
ausgenutzt. Zur Berechnung sind der Einfachheit wegen die Brabbéeschen Tabellen für Naßdampf benutzt worden. Was zulässig ist, da es
nur auf Verhältniszahlen ankommt.
Die Ergebnisse werden in Kurve I, Tafel I, aufgetragen. Die wagerechte Achse enthält
die einmaligen Widerstände von 1 bis 20. Die senkrechte Achse (Spalte 1) die unter
Einsetzung dieser Widerstandszahlen errechneten Durchmesser.
Textabbildung Bd. 337, S. 14
Tafel II.
Für die Errechnung der Ersparnisse bei Ersatz einer Absperrvorrichtung von hohem
Widerstand durch eine solche mit niederem Widerstand sind drei bekannte
Absperrvorrichtungen, der Schieber, ein Eck- und das Durchgangsventil (Tafel II,
Spalten 1, 3, 4) in Vergleich gestellt worden. In Tafel II finden sich die
entsprechenden Widerstandszahlen der Absperrvorichtung und der gesamten Leitung. Die
letzteren Zahlen treten natürlich bei Betrachtung der Kurve in Erscheinung. Sie sind
unter der wagerechten Achse, Tafel I, durch den Hinweis, Skizze 1, 4 und 6,
hervorgehoben. Dem Durchmesser entsprechen die Wärmeverluste, die auf der
senkrechten Achse, Tafel I in Spalte 2 aufgetragen sind. Da eine Ferndampfleitung,
z.B. für ein Krankenhaus 365 Tage ununterbrochen im Betrieb ist, so ist für die
Berechnung der Wärmeverluste eine Stundenzahl von 8760 im Jahre festgelegt
worden.
Spalte 4 enthält die danach sich berechnenden Brennstoff kosten, bei dem Tagespreis
vom 1. September 1920 für Steinkohlen von 250 Mk./to.
Betrachten wir nun die Ergebnisse der Tabelle, so vermindern sich die Anlagekosten,
Spalte 6, von Mk. 9469,00 auf Mk. 7155,00 bei Verwendung von Schiebern an Stelle von
Durchgangs-Ventilen und von Mk. 9469,00 auf Mk. 8257,00 bei Verwendung von
Eckventilen an Stelle von Krümmern und Durchgangsventilen. Aus Spalte 7 sind die
soeben erwähnten Ersparnisse zu entnehmen und zwar, daß bei einem Eckventil mit der
Widerstandszahl zu ζ = 4 bereits eine Ersparnis an Anlagekapital von Mk. 1212,00
eintritt und bei Schiebern mit der Widerstandszahl ζ = 1 eine solche von Mk.
2314,00. Es lohnt sich also in dem durchgerechneten Beispiel bei der Wahl der
Absperrvorrichtung die Widerstandszahl zu berücksichtigen.
Fast wichtiger als die Ersparnisse an einmaligem Anlagekapital sind die jährlichen
Aufwandverminderungen. Hier werden bei Verwendung eines Schiebers Mk. 1650,00
jährlich gespart. Die Rechnung verändert sich aber noch bedeutend, wenn
„wilde“ Brennstoffe verwandt werden müssen. Dabei wird die nutzbare W. E.
etwa fünfmal teurer.
Zu diesen Brennstoffersparnissen treten noch die jährlichen Aufwendungen des
Kapitaldienstes für Verzinsung, Abschreibungen und Instandhaltung hinzu. (Spalte
8).
Die Gesamtbetriebsersparnisse (Spalte 9 u. 10) belaufen sich dann bei Anwendung eines
Eckventiles auf jährlich Mk. 1327,00 (Spalte 10) und bei Anwendung eines Schiebers
auf Mk. 2344,00, sie betragen etwa die Hälfte des Anlagekapitals für eine Leitung
mit einer Absperrvorrichtung mit einem Widerstand ζ = 1. (Spalte 6).
Steigert man in vorstehendem Beispiel die zu fördernde Dampfmenge, so wird die Kurve
steiler. Die Ersparnisse für Brennstoffe und Kapitaldienst also verhältnismäßig
größer.
Für ein extremes Beispiel von 19000 kg/St. sind die Werte errechnet und in Kurve II
zur Darstellung gebracht worden.
Vermindert man bei gleichem Spannungsverlust von 6000 kg/qm die zu fördernde
Dampfmenge, so senkt sich die Kurve. Für die Kurven II und III sind die
dazugehörigen Rohrabmessungen aber nicht aus Spalte I, sondern aus Spalte 11 und 12
zu entnehmen, wo sie in demselben Maßstab wie in Spalte 1 eingetragen sind.
Ganz besonders hervorgehoben zu werden verdient, daß heute der jährliche
Brennstoffverbrauch, Spalte 4, größer ist als die einmaligen Anlage- bezw.
Umbaukosten, Spalte 6.
Durch Vergleich der Spalten 6 und 5 kann festgestellt werden, daß durch Umbau der 94
mm- in eine 76 mm-Leitung die Umbaukosten von Mk. 4675,00 in weniger als 3 Jahren
allein durch Brennstoff-Ersparnis abgeschrieben werden können.
Es lohnt sich also bei den in Betrieb befindlichen Anlagen von Fall zu Fall
rechnerisch zu prüfen, welche Vorteile durch den Kapitalaufwand für Umbau der Anlage
zu gewärtigen sind.
In vielen Fällen wird man an einen gänzlichen Umbau wegen der augenblicklich hohen
Baustoffpreise nicht schreiten wollen, es wird aber bei Kraftleitungen manches
erreicht, wenn die Hauptwiderstände aus der Leitung entfernt werden. Wird doch dadurch schon der
Spannungs- und Temperaturverlust in der Leitung kleiner! Dieses gewonnene Spannungs-
und Wärmegefälle kann besser in der Maschine oder den Wärmeverbrauchern
nutzbringende Arbeit leisten und somit den Wirkungsgrad dieser Einrichtungen
erhöhen. Diese Hebung des Wirkungsgrades der Maschinen zeitigt ähnlich günstige
finanzielle Ergebnisse wie sie in dem obigen Beispiel dargetan sind. Bei Leitungen
für Wärmeapparate, überhaupt bei Heizleitungen werden allerdings die Ersparnisse
geringer sein. Muß die Leistung einer Heizleitung erhöht werden, so wird man eine
Auswechselung der ganzen Rohrleitung vielfach durch Auswechselung einer
Absperrvorrichtung von hohem Widerstand durch eine solche von niederem Widerstand
ersparen können.
Für die Zentralheizungs-Industrie ist es natürlich weiter von Interesse, die für
Dampf berechnete Kurve I auch für Warmwasser zu ermitteln. Die gefundenen Werte sind
in Kurve IV aufgetragen. Die Warmwasser-Kurve IV verläuft bedeutend flacher als die
Dampfkurve I. Die für dieselbe in der wagerechten Achse hervorgehobenen
Einzelwiderstände ζ = 3 . 8 und 16,3 sich berechnenden
Betriebs- und Anlagekosten sind auf der rechten Seite des Kurvenblattes in den
Spalten 14 bis 20 eingetragen.
Die Höchstersparnis an Anlagekosten von Mk. 1510,– (Spalte 18) ist bedeutend kleiner
als bei Dampf. Noch bedeutender aber ist der Rückgang der Höchstbrennstoffersparnis,
welcher von Mk. 1650,00 (Sp. 5) auf Mk. 63,00 (Sp. 17) zusammenschmilzt. Diesen
Zahlen entsprechend geht die Gesamthöchstersparnis bei überhitztem Dampf von Mk.
2344,00 (Sp. 10) auf Mk. 516,00 (Sp. 20) bei Warmwasserheizung zurück.
Bei Fortleitung von Warmwasser wird mit abnehmender Wassertemperatur der Posten
Brennstoffersparnis (Spalte 17) immer kleiner und fällt bei Fortleitung kalter
Flüssigkeit gänzlich weg.
Um sich aber für Warmwasserheizungen ein anschaulicheres und für die unmittelbare
Praxis verwendbareres Bild zu schaffen, ist bei einer kleinen Warmwasserheizung für
58000 W. E. Kesselleistung die Berechnung der Durchmesser der verschiedenen
Kesselabsperrvorrichtungen auf ähnliche Weise wie oben dargelegt, durchgeführt
worden.
Der Vergleich der Ersparnisse bei Verwendung der verschiedenen
Kessel-Absperrvorrichtungen mit den Gesamtanlagekosten (Tafel II) gibt an sich noch
kein einwandfreies Bild, denn wenn bei Warmwasserkesseln überhaupt
Kessel-Absperrvorrichtungen eingebaut werden, so sind sie auch zu sichern. Als
Sicherungen von Absperrvorrichtungen kommen in Frage
a) die Umgehungsleitung der Hauptabsperrvorichtung mit
eingebautem Wechselventil, siehe Abb. Spalte 1, Tafel II.
b) Hauptabsperrvorrichtungen mit in die Hauptabsperrvorrichtung
direkt eingebauter Sicherheitsabsperrvorrichtung, siehe Abb. Spalte 7, 8, 9,
Tafel II.
Die für Absperrvorrichtungen nebst Sicherungen erforderlichen Kosten sind in Tafel II
Reihe 3 aufgeführt. Bei Verwendung von in die Umgehungsleitung eingebauten
Wechselventilen (Spalte 1 bis mit 6) ist ferner eine Auspuffleitung zur sicheren
Abführung des während der Umstellung ausströmenden Warmwassers erforderlich. Bei
Schiebern und Ventilen mit eingebauter Sicherung kann dieselbe als entbehrlich
bezeichnet werden. Aus der Reihe 5, Spalte 1 bis 6 geht hervor, daß der
Preisunterschied zwischen den Absperrvorrichtungen mit größtem und kleinstem
Widerstand nur Mk. 1888,00 beträgt, was im Verhältnis zu den Gesamtkosten der
Warmwasserheizung von etwa Mk. 60000,– nur 3% ausmacht. Ferner geht aber aus Reihe 5
einwandfrei hervor, daß die Abstellvorrichtungen mit eingebauter Sicherung, Spalte 7
bis 9, sämtlich bedeutend billiger sind als die Absperrvorrichtungen mit
Umgehungsleitungen und in diese eingebaute Wechselventile.
Aus Vorstehendem läßt sich das Gesamturteil dahin zusammenfassen: Bei
Hochdruckdampfleitungen, besonders solchen mit überhitztem Dampf, hat der
Einzelwiderstand der Absperrvorrichtungen bei der Anlage und besonders bei dem
Betrieb eine ganz einschneidende private und volkswirtschaftliche Bedeutung, und es
sollte die Ersparnis durch Einbau von Absperrvorrichtungen mit geringem
Einzelwiderstand nicht nur bei Neuanlagen, sondern auch bei allen bestehenden
Betrieben eingehend nachgeprüft werden.
Dieselbe Frage vom allgemein wissenschaftlichen Standpunkte aus unter Entwicklung der
zur Berechnung erforderlichen Formeln behandelt Prof. Denecke in der Zeitschrift für Dampfkessel- und Maschinenbetrieb Heft 26.
(D. p. J. 21, Heft 17).
Stadtbauinspektor K. Schmidt.
Wärmeausnutzung bei Kraftmaschinen. Für die Verwertung der
Abwärme zu Heizzwecken kommen Kondensationsmaschinen in Frage, wenn die
erforderliche Temperatur nicht mehr als 40° bis 50° beträgt. Sind höhere Wärmegrade
erwünscht, so ist man auf die Ausnutzung des Abdampfes von Maschinen beschränkt, die
ohne Kondensation oder mit Gegendruck beziehungsweise mit Zwischendampfentnahme
sowie Anzapfung arbeiten. Durch restlose Verwertung der abfallenden Wärme läßt sich
die Brennstoffausnutzung bis 80 v. H. steigern. Entsprechend den Lehren der
Wärmetheorie ist ferner eine Zunahme der Eintrittsspannung auf den Wirkungsgrad von
günstigem Einfluß. Dieser tritt allerdings bei Dampfturbinen zurück, weil bei hohem
Druck in den ersten Stufen beträchtliche Verluste durch Undichtigkeiten sowie
Radreibung auftreten und überdies infolge der vollkommeneren Expansion und größeren
Luftleere die verhältnismäßige Wirkung einer Steigerung der Kesselspannung geringer
ist. Deren Einfluß wird aber sehr bemerkbar, wenn man mit Gegendruck arbeitet.
Beträgt dieser beispielsweise 5 at abs., so wird infolge einer Erhöhung der
Eintrittsspannung von 13 auf 16 at abs. eine Dampfersparnis von 2 kg für eine
indizierte Pferdekraftstunde erreicht. Aus diesem Grunde steigert man bei
Kolbenmaschinen den Ueberdruck auf 15 bis 20 at, während er bei Turbinen 15 at nur
in Ausnahmefällen überschreitet. Wilhelm Schmidt in
Cassel schlägt nun bekanntlich die Anwendung von Drücken bis 60 at vor. Diese würden
naturgemäß wiederum die Einführung hoher Gegendrücke gestatten, wodurch sich der
Verknüpfung von Kraft- und Heizbetrieb neue, sehr günstige Aussichten eröffnen. Es
gilt dies insbesondere für die Abdampf-Fernheizung. Allerdings darf nicht
unberücksichtigt bleiben, daß man ohne allzu große Schwierigkeiten bei den
gegenwärtig gebräuchlichen Kesseln die Spannung nur bis etwa 25 at steigern kann.
Geht man darüber hinaus, so sind neuartige Dampferzeuger erforderlich, über die zur
Zeit noch nicht ausreichende Erfahrungen vorliegen.
Sehr wichtig für eine wirtschaftliche Ausnutzung des Dampfes ist auch dessen
Temperatur. Man kann annehmen, daß bei Temperaturen von 300° bis 400° in guten
Kolbenmaschinen für je 5 bis 6° Ueberhitzung eine Dampfersparnis von 1 v. H. erzielt
wird. Demgegenüber ruft eine unvollkommene Expansion recht beträchtliche Mißstände
hervor. Es beträgt beispielsweise der Dampfverbrauch einer verlustlosen Maschine bei
15 at abs. Kesselspannung und 350° Dampfwärme sowie vollkommener Expansikn auf 0,1
at Kondensatordruck etwa 3,06 kg PSi. Derselbe erhöht sich bei unvollkommener
Ausdehnung entsprechend einer Expansionsentspannung von 0,6 at abs. auf 3,5 kg PSi.
Es. ist somit die theoretische Arbeitsfähigkeit einer Turbine rund 15 v. H. höher
als bei einer Kolbenmaschine. Wilhelm Schmidt regt an,
mit dem Expansionsenddruck wesentlich weiter herabzugehen, als es bisher üblich war.
Unzweifelhaft bringt diese Maßnahme Vorteile mit sich. Man sollte aber nicht
vergessen, daß sie zur Anwendung einer drei- oder vierfachen Expansion nötigt,
besonders wenn man gleichzeitig die von Schmidt gewünschten hohen Drücke einführt.
Es ergeben sich somit verwickelte Maschinen, bei denen ein Wechsel zwischen
Auspuff-, Kondensations- und Gegendruckbetrieb Schwierigkeiten bereitet. Wenn dieser
beabsichtigt ist, empfiehlt es sich, auf sehr weitgehende Ausdehnung zu verzichten.
Dasselbe gilt für Zwischendampfentnahme. Bei dieser sollte man den
Niederdruckzylinder nur verkleinern, wenn die Entnahme längere Zeit hindurch
erfolgt. Anderenfalls tritt häufig ein Mehrverbrauch an Dampf ein infolge der
unvollkommenen Expansion während der Zeit, in welcher nichts für Heizzwecke benötigt
wird. Es werden nämlich bereits bei normalen Verhältnissen im Hochdruckzylinder 80
bis 90° der theoretischen Arbeitsfähigkeit des Dampfes ausgenutzt, im
Niederdruckzylinder aber nur etwa 60 v. H. Die günstigste Luftleere ist bei 0,6 at
Expansionsenddruck rund 91 v. H., sofern das Speisewasser durch den Abdampf
vorgewärmt wird. Der zu Heizzwecken benutzte Dampf soll eine so niedrige Temperatur
haben, wie seine Verwendung erlaubt. Es ergeben sich durch eine solche Maßnahme zwar
weitere Dampfleitungen, indessen werden die Undichtigkeitsverluste geringer.
Nachstehende Gesichtspunkte dürfen nicht aus dem Auge verloren werden. Bei Erhöhung
des Gegendruckes nähert man sich bei Kolbenmaschinen immer mehr der vollkommenen
Expansion, während bei Turbinen das vorteilhafteste Druckgebiet fortfällt. Letztere
sollten daher mit möglichst großer Luftleere arbeiten. Auch durch
Zwischendampfentnahme wird die Turbine in ihrem wirksamsten Teile geschwächt. Die
Gegendruck-Kolbenmaschine erreicht die Wirtschaftlichkeit der Anzapfturbinen schon
bei teilweiser Abdampfverwertung. Wenn starke Schwankungen im Kraft- und Wärmebedarf
auftreten, ist eine Energieaufspeicherung in Dampf- oder Warmwasserspeichern ratsam.
Man wendet solche bereits für Drücke bis 8 at
an. (Heilmann in Heft 40 der Zeitschrift für Dampfkessel- und Maschinenbetrieb.)
Schmolke.
Die Brennkrafttechnische Gesellschaft E. V. hielt ihre 4.
Hauptversammlung am 19. November 1921 in der Aula der Technischen Hochschule Berlin
unter dem Vorsitz des Staatsministers v. Möller ab. Am
Vorstandstisch waren weiter anwesend: Prinz zu Löwenstein, Prof. Dr. Junkers, Oberbaurat Laudahn, Oberst Krenzlin,
Oberregierungsrat Gentsch.
Aus dem Jahresbericht ging hervor, daß die am 5. Dezember 1917 als eingetragener
Verein ohne eigenen Erwerbszweck gegründete Gesellschaft zur Aufgabe hat, die auf
dem Gebiet der Brennstoffausnutzung bisher neben oder auch gegeneinander wirkenden
Kräfte zu gemeinsamer, planmäßiger, praktisch-wissenschaftlicher Forschung
zusammenzufassen, um auf tunlichst wirtschaftliche Weise selbst Fragen zu lösen,
deren Lösung dem Einzelnen bisher nicht beschieden war. Sie ist die erste und
bisher einzige Körperschaft, in welcher die Wissenschaft, die Praxis und die
Regierungen des Reichs und der Länder als gleichberechtigte Kreise an denselben
Aufgaben arbeiten. Als die Gesellschaft ins Leben trat, gab es Zusammschlüsse
ähnlicher Richtung überhaupt noch nicht; sie hat auch die Bestrebungen zur Bildung
praktischer Wärmestellen ausgelöst.
Das große Arbeitsfeld der Gesellschaft ist in Sondergebiete unterteilt, auf denen
Fachausschüsse die vorteilhafte Ausnutzung der Brennstoffe unter sachkundiger
Würdigung der Bedürfnisse der Brennstoffverbraucher zu ermitteln suchen. Die
Fachausschüsse werden technisch zusammengehalten durch den Hauptausschuß, der z. Zt.
aus etwa 60 Mitgliedern besteht und in den die Hauptversammlung im geschäftlichen
Teil folgende Herren als Vertreter großer Industriebereiche zu wählte: Direktor Dr.
Ruperti vom Benzol-Verband, Bochum, Kommerzienrat Otto Polysius, Dessau, Generaldirektor Müller, Staatliche Kohlenwerke, Dresden, Direktor Teufer, Berlin, Geh. Kommerzienrat Rosenthal, Selb i. Bayern, Fabrikbesitzer Purschian, Berlin. Die Ehrenmitgliedschaft der Gesellschaft wurde an deren
Vorsitzenden Exzellenz Staatsminister v. Möller
verliehen. Im öffentlichen Teil der Hauptversammlung sprach Prof. Schlawe über die Beschaffungsmöglichkeiten von Heiz- und
Treiböl für die deutsche Wirtschaft. Prof. Schlawe, ein
genauer Kenner insbesondere der rumänischen Verhältnisse, gehöri dem Vorstand der
Deutschen Erdöl-A.-G. an. Als zweiter Redner behandelte Regierungsbaurat Cyron vom Eisenbahn-Ausbesserungswerk Leinhausen die
Aufbereitung von Brennstoffabfällen, d.h. die Aussonderung der unverbrannten und
deshalb noch verwertbaren Rückstände in der Asche, nach dem nassen und dem
trocken-magnetischen Verfahren. Diesen Gegenstand hat die Brennkraft-technische
Gesellschaft vor Jahresfrist als Forschungsarbeit aufgenommen, um sie durch den
Bericht abzuschließen. Danach sprach ein Vertreter der Firma Meguin und gab
Dipl.-Ing. Behrens vom Magistrat Berlin einen Ausblick
auf eine andere Verwendungsmöglichkeit, nämlich auf die Müllverbrennung, die für die
Städte als ein Weg zu wirtschaftlicher Müllbeseitigung von erheblicher Bedeutung zu
werden verspricht. Stadtrat Schiller schilderte zum
Schluß seine Erfahrungen in der von ihm geleiteten Schöneberger
Müllverbrennungsanlage.
Deutsche Maschinentechnische Gesellschaft. In der am 6.
Dezember 1921 stattgehabten Hauptversammlung der Deutschen Maschinentechnischen
Gesellschaft wurde über die beiden eingegangenen Bearbeitungen der Beuth-Aufgabe „Entwurf zu Anlagen zur wirtschaftlichen
Verwertung des Eisenbahnschrotts“ berichtet. Beide Bewerber – Herr
Regierungsbauführer Wilhelm Kunze, Hannover, und Herr Regierungsbauführer Adolf
Runkel, Mannheim, – erhielten die Beuth-Medaille, ersterer außerdem den Staatspreis
von 3000 Mark.
Nach Vornahme der Wahlen zum Vorstand und zu den Ausschüssen hielt Herr Oberingenieur
Dr.-Ing. Schuster einen Vortrag über „Physikalische
und mechanische Vorgänge beim fliegenden Flugzeug“.
In der Absicht, die Vorgänge beim Fliegen möglichst anschaulich und der Vorstellung
zugänglich darzustellen, brachte der Vortragende zunächst eine Zusammenstellung von
Körpern verschiedener Form, aber solcher Größe, daß alle den gleichen Luftwiderstand
besaßen. Es fiel dabei besonders der gewaltige Größenunterschied zwischen einer
kleinen kreisförmigen Platte und einem großen tropfenförmigen Ballonkörper in die
Augen. Noch wichtiger als diese Körperformen erwies sich aber die Gestaltung der
Tragflächen, deren Profilform eine wesentliche Einwirkung sowohl auf die Größe des
Auftriebs und des für den Tragflächen widerstand ausschlaggebenden Verhältnisses des
Widerstands- zum Auftriebskoeffizienten, als auch auf die Lage des Luftstützpunktes
hat. Die durch letzteren beeinflußte Stabilität des Flugzeuges wird selbsttätig
geregelt durch die sogenannte V Form der Tragflächen und die Vorderlastigkeit mit
Pénoud-Steuer, das versteckt auch in den Taubenflügeln und bei den
Pfeildoppeldeckern zu finden ist. Die früher hochgeschätzte Selbst-Stabilität ist
aber mit den wachsenden Fluggeschwindigkeiten einer sorgfältigeren Durchbildung der
Steuerung und einer guten Massenkonzentration im Flugzeug gewichen. Die
Steuervorgänge sind beim Flugzeug viel verwickelter als bei anderen Fahrzeugen,
insbesondere die Höhensteuerung ist eng mit dem Leistungsbedarf und der
Leistungszufuhr des Flugzeugs verbunden. Den Leistungsbedarf für die verschiedenen
Angriffswinkel und Geschwindigkeiten veranschaulicht man sich am besten graphisch im
Diagramm, indem man die Leistung des Flugzeugs berechnet unter Berücksichtigung des
Tragflächenwiderstandes und des sogenannten schädlichen Widerstandes der übrigen
keinen Auftrieb erzeugenden Teile. Diese Diagrammkurve gibt allerlei Aufschluß über
die Eigenschaften des Flugzeuges, so seine größte Geschwindigkeit und sein
Geschwindigkeitsbereich, seine Tragfähigkeit und Steigfähigkeit sowie sein Verhalten
beim Höhenflug. Der hochinteressante Vortrag, der mit zahlreichen Lichtbildern
ausgestattet war, fand allseitig lebhaften Beifall.
Reichskuratorium für Wirtschaftlichkeit in Industrie und
Handwerk. Am 13. Dezbr. 1921 fand die Halbjahres-Sitzung statt. Der
Vorsitzende, Herr Dr.-Ing. e. h. Carl Friedrich von
Siemens, eröffnete die Sitzung mit einer Begrüßungsansprache, in der er auf
die außerordentliche Bedeutung der Arbeiten hinwies, die auf die Verbesserung und
Verbilligung unserer Produktion gerichtet sind. Träger dieser Arbeiten können nur
Industrie und Handwerk selbst sein, denn nur im Produktionsgang treten sowohl die
Forderungen, wie auch die Bedingungen und Möglichkeiten sie zu erfüllen klar
hervor.
„Es soll mit einem bestimmten Aufwand an Material und Arbeit möglichst viel
erreicht werden“, so kennzeichnete Herr Direktor Dr.-Ing. e. h. Köttgen das Streben nach höchster Wirtschaftlichkeit in
den Betrieben in seinem Vortrag über die Aufgaben des Reichskuratoriums für
Wirtschaftlichkeit in Industrie und Handwerk. Dies ist wohl schon immer eine der
vornehmsten Aufgaben aller technischen Entwicklung gewesen. Bisher waren die
Arbeiten aber zersplittert, wiederholten sich vielfach an verschiedenen Stellen und
waren meist einseitig und unzulänglich. Hier setzt nun die Aufgabe des
Reichskuratoriums ein. Es soll die Arbeiten zusammenfassen und auf
Gemeinschaftsarbeit hinwirken.
Hervorragende Vertreter aus Industrie und Wissenschaft schilderten dann im Verlaufe
der Sitzung die Arbeitsweise und Aufgaben der mit dem Reichskuratorium
zusammenarbeitenden technisch-wissenschaftlichen Körperschaften, sodaß alle diese
Berichte zusammen ein umfassendes Bild des derzeitigen Standes der Arbeiten geben,
die bisher auf dem Gebiete der Hebung der Wirtschaftlichkeit in Industrie und
Handwerk vom Reichskuratorium und den genannten Körperschaften geleistet sind.
Die wesentlichen Aufgaben dieser wissenschaftlichen Körperschaften kennzeichneten die
Vortragenden wie folgt:
Direktor Dr.-Ing. e. h. Köttgen: Die Betriebstechnische
Abteilung faßt diejenigen Arbeiten aus der Praxis zusammen, welche eine Verbesserung
und Verbilligung der Produktion in den Einzelbetrieben ermöglichen. Sie macht die
Ergebnisse ihrer Arbeiten den breiten Kreisen in Industrie und Handwerk durch
Veröffentlichung, Vorträge, Kurse und Ausstellungen bekannt.
Direktor Thiele: Die Hauptstelle für Wärmewirtschaft hat
sich zur Aufgabe gesetzt, die Industrie und darüber hinaus alle interessierten
Volkskreise mit wärmetechnischer Erkenntnis in unermüdlicher Kleinarbeit zu
durchdringen.
Dr. Helfft: Die Hauptstelle zur Förderung der Altstoff-
und Abfallverwertung will im Sinne einer restlosen Altstoff- und Abfallverwertung in
der Industrie wirken, weil ihr in den Verbraucherkreisen bisher nicht die Beachtung
geschenkt wird, die dem rohstoffarmen Deutschland zukommt.
Generaldirektor Baurat Dr.-Ing. e. h. Neuhaus: Der
Normenausschuß der deutschen Industrie hat die Aufgabe, eine Vereinheitlichung
grundsätzlicher technischer Regeln, Konstruktionselemente u. Leistungsbedingungen
durchzuführen, um durch Einschränkung der sachlich unbegründeten Verschiedenheiten
in den Ausführungsformen eine Vereinfachung und Verbilligung der Produktion zu
erreichen.
Generaldirektor Baurat Dr.-Ing. e. h. Neuhaus: Der
Ausschuß für wirtschaftliche Fertigung hat sich zum Ziel gesetzt, diejenigen
Maßnahmen zur Verbesserung und Verbilligung der Produktion zu untersuchen, die sich
auf die Zusammenhänge der Betriebe untereinander beziehen.
Direktor Klein: Die Arbeitsgemeinschaft deutscher
Betriebsingenieure will die Hebung der Wirtschaftlichkeit industrieller und
gewerblicher Produktion durch Erfahrungsaustausch und durch gemeinnützige
Zusammenarbeit von Fachgenossen fördern.
Direktor Baurat Dr.-Ing. Lippart: Der Deutsche Ausschuß
für technisches Schulwesen sucht als Zentralstelle für die gemeinsame Behandlung
aller technischen Erziehungsaufgaben von der Hochschule bis zur Fortbildungsschule
unter weitgehendster Mitarbeit der Industrie die Ausbildung aller an der Produktion
beteiligten Arbeiter zu fördern.
Hannoversche Hochschulgemeinschaft. In Hannover ist
kürzlich die „Hannoversche Hochschulgemeinschaft, Vereinigung von Freunden der
Technischen Hochschule Hannover E. V.“ (Briefanschrift: Hannover, Technische
Hochschule) ins Leben gerufen worden, die sich die Förderung von Industrie, Handwerk
und Landwirtschaft, von Bankwesen, Handel und Gewerbe, von Verkehrswesen und
Verwaltung angelegen lassen sein will. Dieses Ziel soll durch Gemeinschaftsarbeit
zwischen Wissenschaft und Praxis, vor allem durch Veranstaltung von Hochschultagen,
erreicht werden, auf denen in Vorträgen und Verhandlungen neue Fragen der
Wissenschaft und Praxis besprochen und der Lösung näher gebracht werden sollen.
Daneben will die Gemeinschaft das Bewußtsein der Zusammengehörigkeit aller
ehemaligen Angehörigen der Technischen Hochschule Hannover wecken und hierdurch
Mittel gewinnen, um Beihilfen zur Errichtung neuer und zur Vergrößerung bestehender
Einrichtungen der Hochschule Hannover sowie zwecks Lösung bestimmter
wissenschaftlicher Aufgaben gewähren zu können.
Der erste Hochschultag, der in Verbindung mit der Gründungsversammlung der
Hannoverschen Hochschulgemeinschaft am 2. und 3. Dezember v. J. in Hannover
stattfand, brachte eine Reihe bemerkenswerter Vorträge; u.a. sprachen Prof. Blum,
Hannover, Prof. Schwerd, Hannover, Geh. Kom.-Rat Wieland, Ulm (M. d. R.), Prof. Matschoß, Berlin.
Der vorbereitende Ausschuß der Hochschulgemeinschaft, dem führende Persönlichkeiten
aus Industrie, Gewerbe, Verkehr, Handel und Wissenschaft angehören, wendet sich in
einem Aufruf an die Oeffentlichkeit, um Mitarbeiter, Freunde und Förderer zu
gewinnen, die bereit sind, sich den gekennzeichneten Aufgaben zu widmen und auch auf
diesem Wege am Wiederaufbau des Vaterlandes mitzuarbeiten.