Titel: | Rechtswesen. |
Autor: | Werneburg |
Fundstelle: | Band 337, Jahrgang 1922, S. 34 |
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Rechtswesen.
Rechtswesen.
Aus dem Kohlensteuergesetz. Nach § 1 des
Kohlensteuergesetzes vom 7. 4. 1917 unterliegt die inländische sowie die aus dem
Auslande eingeführte Kohle einer in die Reichskasse fließenden Abgabe – der
Kohlensteuer. – Als Kohle im Sinne dieses Gesetzes gelten gemäß § 2 alle Arten nicht
aufbereiteter oder aufbereiteter Stein- und Braunkohle, bei Braunkohle auch die aus
ihr hergestellten Preßkohlen, bei der Einfuhr aus dem Auslande außerdem Koks sowie
die aus Steinkohle hergestellten Preßkohlen. Nach der Begründung des Gesetzes
verbietet sich die Erfassung weiterer Braunkohlenprodukte, vor allem des
Grudekokses, aus den gleichen Gründen, wie die Erfassung des aus der Steinkohle
gewonnenen Kokses. Aus dem Gesagten ergibt sich ohne weiteres, was Gegenstand der
Kohlensteuer ist.
Ueber die zur Entrichtung der Kohlensteuer verpflichteten physischen oder
juristischen Personen gibt dann der § 5 des Kohlensteuergesetzes nähere Regelung.
Hiernach ist zur Entrichtung der Steuer verpflichtet, wer von ihm im Inlande
gewonnener Kohle oder aus von ihm gewonnener Braunkohle hergestellten Preßkohlen auf
Grund eines Kaufvertrages liefert oder sie sonst abgibt oder sie der Verwendung im
eigenen Betriebe oder dem eigenen Verbrauch zuführt. Zur Entrichtung der Steuer ist
ferner verpflichtet, wer von einem anderen im Inlande gewonnene Steinkohle
aufbereitet oder wer von einem anderen im Inlande gewonnene Braunkohle zu Preßkohlen
verarbeitet und dann auf Grund eines Kaufvertrages liefert oder sonst abgibt oder
sie der Verwendung im eigenen Betriebe oder dem eigenen Verbrauche zuführt. Er
erhält bei der Versteuerung der bei ihm steuerpflichtig gewordenen Kohle die Steuer
vergütet, welche für die zur Aufbereitung oder Verarbeitung bezogenen Kohlen
entrichtet worden ist. Zur Entrichtung der Steuer für aus dem Auslande eingeführte
Kohle ist der Empfänger verpflichtet. Nach der Begründung zu dieser Vorschrift ist
die Verwendung von Kohle im eigenen Betriebe oder die Zuführung zum eigenen
Verbrauche der Lieferung oder Abgabe an Dritte steuerrechtlich gleichgestellt. Von
der Besteuerung wird die Kohle in dem Zustande erfaßt, in dem sie im eigenen
Betriebe verbraucht wird. Demgemäß wird z.B. Braunkohle, welche von dem Erzeuger zu
Preßkohle verarbeitet und dann im eigenen Betriebe verbraucht wird, als Preßkohle
steuerpflichtig. Jedes andere Verfahren würde zu einer unbilligen Bevorzugung
der gemischten Betriebe, vor allem der Hüttenzechen führen. Doch kommt die
Weiterbearbeitung der Rohkohle nur insoweit steuerrechtlich in Betracht, als
marktfähige Erzeugnisse im Sinne des § 2 hergestellt und der Verwendung im eigenen
Betriebe zugeführt werden (marktfähig sind die oben zu § 2 genannten Produkte). Die
Behandlung von Rohkohle lediglich im Zuge eines Verarbeitungsverfahrens, so z.B. die
bei der Oelgewinnung aus bituminösen Braunkohlen zum Zwecke der Vergasung
vorgenommene Pressung der Rohkohle, wird nicht als Aufbereitung oder Verarbeitung im
Sinne dieses Gesetzes angesehen.
Als Wert der der Verwendung im eigenen Betriebe zugeführten Kohle gilt (bei
langfristigen Verträgen) der in einem langfristigen Lieferungsvertrage über
entsprechende Mengen von Kohle gleicher Art erzielte Verkaufspreis auch dann, wenn
in einem Steuerabschnitt eine Lieferung dieser Kohle nicht stattgefunden hat.
Voraussetzung ist aber, daß der Lieferungsvertrag im Zeitpunkte der Verwendung der
Kohle noch in Geltung steht und ein Mißverhältnis im Sinne des § 10 Abs. 1 des
Gesetzes hinsichtlich des Verkaufspreises der Kohle zur Zeit des Vertragsabschlusses
nicht vorliegt (§ 10 Abs. 1 des Kohlensteuergesetzes bestimmt: Steht der angegebene
Verkaufspreis im Mißverhältnis zu den sonst ab Grube oder ab Verarbeitungsstelle
abgeschlossenen Preisen für entsprechende Mengen von Kohle gleicher Art, oder trägt
die Steuerbehörde Bedenken, den nach § 8 Abs. 3 – hiernach bestimmt sich der Wert
der in anderer Weise als durch Verkauf abgegebenen sowie der Verwendung im eigenen
Betriebe oder dem eigenen Verbrauch zugeführten Kohle nach dem für Kohle gleicher
Art ab Grube oder ab Verarbeitungsstelle geltenden Verkaufspreise – oder § 9 –
hiernach gilt als Wert der aus dem Auslande eingeführten Kohle der Erwerbspreis
zuzüglich der bis zum Orte der Grenzeingangsstelle entstandenen Kosten –
angemeldeten Wert als richtig anzunehmen, so kann die Steuerbehörde die Anmeldung
beanstanden) Urteil des Reichsfinanzhofs vom 28. Mai 1921 IV A. 95/20.
Die Steuerpflicht für inländische Kohle tritt gemäß § 4 des Gesetzes ein, sobald die
Kohle geliefert, sonst abgegeben oder der Verwendung im eigenen Betriebe oder dem
eigenen Verbrauch zugeführt wird; die Steuer wird fällig am letzten des folgenden
Monats. Der Bundesrat kann aber bestimmen, daß bei zur Verkokung gebrachten Steinkohlen die
steuerpflichtige Menge allgemein oder in besonderen Fällen nach dem normalen
Ausbringen an Koks ermittelt wird und die Versteuerung erst erfolgt, wenn der Koks
auf Grund eines Kaufvertrages geliefert oder sonst abgegeben oder der Verwendung im
eigenen Betriebe oder dem eigenen Verbrauch zugeführt wird. Die Steuerpflicht für
aus dem Auslande eingeführte Kohle tritt ein mit der Grenzüberschreitung. Die Steuer
wird fällig, sobald die Sendung zum freien Verkehr abgefertigt ist. (Der
Versteuerung unterliegen gemäß § 5 d. G. nicht die zur Aufrechterhaltung des
Betriebes des Bergwerks sowie der Aufbereitungsanlagen erforderlichen Kohlen, ferner
diejenigen Mengen an Braunkohle, welche als Betriebsmittel zur Herstellung der
Preßkohlen benötigt werden; weitere Einzelheiten vgl. § 5 Abs. 2 und 3 d. G.)
Die Steuer selbst beträgt gemäß § 6 d. G. zwanzig vom Hundert des Wertes der
gelieferten oder sonst abgegebenen oder der Verwendung im eigenen Betriebe oder dem
eigenen Verbrauch zugeführten oder der eingeführten Kohle; die steuerpflichtig
gewordene Kohle ist nach Menge und Wert nach näherer Bestimmung des Bundesrates der
Steuerbehörde schriftlich anzumelden. Als Wert der auf Grund eines Kaufvertrages
gelieferten Kohle gilt nach § 8 des Gesetzes der Verkaufspreis, ab Grube oder
Verarbeitungsstelle gerechnet. Nachvergütungen oder neben dem Verkaufspreis gewährte
Vorteile gelten als Teil des Verkaufspreises. Ist der Verkaufspreis einschließlich
Steuer berechnet, so wird der Versteuerung der Verkaufspreis abzüglich der Steuer zu
Grunde gelegt. (Erfolgt die Lieferung unmittelbar oder mittelbar an einen
Wiederverkäufer, an dessen Verkaufserlöse der Steuerpflichtige beteiligt ist, so
kann die Steuerbehörde den der Versteuerung zu Grunde zu legenden Verkaufspreis
unter Berücksichtigung des bei dem Wiederverkauf erzielten Zwischengewinnes gemäß
§10 anderweitig festsetzen.) Der Wert der in anderer Weise als durch Verkauf
abgegebenen sowie der Verwendung im eigenen Betriebe oder dem eigenen Verbrauch
zugeführten Kohle bestimmt sich nach dem für Kohle gleicher Art ab Grube oder ab
Verarbeitungsstelle geltenden Verkaufspreise. (Abs. 3 § 8.)
In seiner Entscheidung vom 17. September 1919 (Sammlung der Entscheidungen und
Gutachten des Reichsfinanzhofs, Bd. 1, S. 176) hatte sich der Reichsfinanzhof mit
der Frage zu befassen, ob die in den Kohlenverkaufspreis eingerechnete Umsatzsteuer
von dem Verkaufspreise in Abzug gebracht werden darf oder nicht; diese Frage ist von
der bezeichneten Behörde im letzteren – verneinenden – Sinne entschieden worden. Zur
Begründung dieses Standpunktes wird in der Entscheidung folgendes ausgeführt: Nach §
6 des Kohlensteuergesetzes beträgt die Kohlensteuer 20 vom Hundert des Wertes der
Kohle und nach § 8 gilt als Wert der auf Grund eines Kaufvertrages gelieferten Kohle
der Verkaufspreis, ab Grube oder ab Verarbeitungsstelle berechnet. § 8 Abs. 1 Satz 3
schränkt letztere Vorschrift allerdings dahin ein, daß, wenn der Verkaufspreis
einschließlich Steuer berechnet ist, dann der Versteuerung der Kaufpreis abzüglich
der Steuer zu Grunde gelegt wird. Aber bei dem engen Zusammenhang, in dem die §§ 6
und 8 zu einander stehen, kann es nicht dem mindesten Zweifel unterliegen, daß unter
Steuer im § 8 die Steuer, von der im § 6 die Rede ist, gemeint ist, also nur die
Kohlensteuer. Hätte sich § 8 Abs. 1 Satz 3 auch auf andere Steuern beziehen sollen,
so hätte dies durch Gebrauch der Mehrzahl des Wortes Steuer zum Ausdruck gebracht
werden müssen.
Daß von einem Entgelt, das sich als abgewälzte Steuer darstellt, nicht wiederum eine
Abgabe erhoben werden könne, ist nicht ein Grundsatz, der sich irgendwie aus
einer Denknotwendigkeit ergäbe, sondern kann nur aus finanzpolitischen Erwägungen
beruhen, die dann ihren gesetzgeberischen Ausdruck finden müssen. Hängt eine Abgabe
von der Höhe des Preises einer Ware ab, so wird es für den Gesetzgeber nahe liegen,
die Absetzung der in den Preis eingerechneten Abgabe vor der Steuerberechnung dann
vorzuschreiben, wenn die Abgabe sehr hoch ist, und in diesem Sinne wird die im
Kommissionsbericht wiedergegebene Aeußerung des Antragstellers zu verstehen sein,
daß der beantragte Zusatz eigentlich Selbstverständliches ausspreche und nur eine
Klarstellung bezwecke. Hätte sich der Zusatz auch auf andere Steuern beziehen
sollen, so wäre es durchaus nichts Selbstverständliches gewesen. Steuern, mögen es
direkte oder indirekte sein, die ein Geschäftsinhaber zu zahlen hat, erhöhen in
irgendwelcher Weise immer den Preis, zu dem er seine Waren verkaufen kann. Wird eine
Abgabe, deren Höhe von dem Preise der Ware abhängt, auf den Umsatz der Ware gelegt,
so stecken darin demnach stets Steuern von der Steuer, ohne daß deren Herausrechnung
auch nur in allen Fällen möglich wäre.
Nach § 8 Abs. 3 bestimmt sich der Wert der in anderer Weise als durch Verkauf
abgegebenen sowie der der Verwendung im eigenen Betriebe oder dem eigenen Verbrauch
zugeführten Kohle nach dem für Kohle gleicher Art ab Grube oder ab
Verarbeitungsstelle geltenden Verkaufspreise. Ist dieser Verkaufspreis durch
Richtlinien bestimmt, in die die Umsatssteuer mit eingerechnet ist, so kann eine
Herausrechnung der Umsatzsteuer für die Kohlensteuerberechnung auch dann nicht
erfolgen, wenn ein Fall der im § 8 Abs. 3 bezeichneten Art vorliegt.
Unter dem Verkaufspreis im Sinne der oben angeführten Bestimmung des § 8 des Gesetzes
ist nach der Begründung die Summe aller für gelieferte Kohle empfangenen Vergütungen
zu verstehen. Bei Verkäufen syndizierter Zechen an das Syndikat setzt sich der
Verkaufspreis zusammen aus dem Abrechnungspreise zwischen Zeche und Syndikat
zuzüglich aller der Zeche gewährten Nachvergütungen und abzüglich aller dem Syndikat
von der Zeche zu leistenden Rückvergütungen. In gleicher Weise ist bei Verkäufen an
Händler der Endpreis maßgebend, der sich aus dem bei der Lieferung vereinbarten
Verkaufspreise zuzüglich aller Nachvergütungen errechnet. Nach Vergütungen sind
demgemäß anzumelden, sobald ihr Betrag feststellbar ist.
Steht der angegebene Verkaufspreis im Mißverhältnis zu den sonst ab Grube oder ab
Verarbeitungsstelle abgeschlossenen Preisen für entsprechende Mengen von Kohle
gleicher Art oder trägt die Steuerbehörde Bedenken, den in der oben bezeichneten
Weise angemeldeten Wert als richtig anzunehmen, so kann die Steuerbehörde die
Anmeldung beanstanden. Führen die Verhandlungen mit dem Steuerpflichtigen nicht zu
einer Einigung, so ist die Steuerbehörde berechtigt, der Versteuerung den Marktpreis
zu Grunde zu legen oder in Ermangelung eines solchen den Wert schätzen zu lassen und
danach die Steuer festzusetzen. (§ 10.) Wird der Wert der Kohle von der
Steuerbehörde abweichend von der Anmeldung des Steuerpflichtigen festgesetzt, so ist
dem Steuerpflichtigen über die Festsetzung ein Bescheid zu erteilen. Gegen den
Bescheid ist die Beschwerde im Verwaltungswege zulässig. (Das Kohlensteuergesetz
gibt dann noch in seinem II. Abschnitt nähere Bestimmungen über die Steueraufsicht
und in seinem III. Abschnitt eine Reihe von Straf Vorschriften bei
Steuerhinterziehung.)
Rechtsanwalt Dr. Werneburg, Berlin-Schöneberg.