Titel: | Sparsame Temperaturwirtschaft. |
Autor: | K. Schreber |
Fundstelle: | Band 337, Jahrgang 1922, S. 51 |
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Sparsame Temperaturwirtschaft.
Von Dr. K. Schreber.
SCHREBER, Sparsame Temperaturwirtschaft.
Verhältnis des Wertes der Arbeitseinheit zu dem der
Wärmeeinheit. So lange die Kraftmaschinen reine Kraftmaschinen und die
Heizungsanlagen reine Heizungsanlagen waren, genügte es zur Feststellung der Güte
der Anlage, wenn man das Verhältnis der geleisteten Arbeit bezw. im anderen Falle
der der Heizleitung zugeführten Wärme zum aufgewendeten Brennstoff, den sogenannten
Gesamtwirkungsgrad feststellte. Seit aber der Kraftmaschinenbau in seiner
Entwicklung soweit gekommen ist, daß es wirtschaftlich ist, Kraft- und
Heizungsanlagen zu vereinigen, muß man sich zuerst über das Verhältnis der Einheit
der Arbeit zur Einheit der Wärme klar werden, ehe man die Güte der Gesamtanlage
beurteilen will.
Es wird der Energiesatz von Robert Mayer vielfach so
aufgefaßt, als ob Arbeit und Wärme äquivalent, gleichwertig seien. Wenn auch Mayer in der damals
üblichen, mit Fremdwörtern überladenen deutschen Sprache das Wort äquivalent
benutzt, so entspricht doch die diesem Wort jetzt meist untergelegte Auffassung der
Gleichwertigkeit durchaus nicht der Ansicht Mayers. Mayer hat nur nachgewiesen, daß sich Wärme und
Arbeit nach einem festen Maßverhältnis in einander verwandeln, daß sie gleich maß ig
sind. Ueber das Wertverhältnis beider Einheiten zu einander hat er sich gar keine
Gedanken gemacht.
Diese finden wir zuerst bei ZeunerZeuner, Mech. Wärmetheorie 1866. 468, Techn.
Therm. I. 1900. 429., der den Begriff des Arbeitswertes der Wärme
schuf. Leider ist dieser Begriff so wenig in die Kreise der Ingenieure eingedrungen,
daß man ihn kaum kennt, ja daß man ihn sogar mit der nach Arbeitseinheiten
gemessenen Wärme verwechselt.
Zucker und Kartoffeln werden beide nach kg gemessen, sind also gleichmaßig, aber noch
lange nicht gleichwertig; wer das behaupten wollte, würde sich wahrscheinlich recht
heftigen Widerspruch seiner Hausfrau zuziehen. 1 kg Zucker ist wertvoller als 1 kg
Kartoffeln.
Ebenso sind auch Arbeit und Wärme zwar gleichmaßig, beide lassen sich durch dasselbe
Maß z.B. Kalorien, messen, aber gleichwertig sind sie bei weitem nicht: 1 cal Arbeit
ist viel wertvoller als 1 cal Wärme. Wie nun der Physiologe ein Mittel zum Vergleich
des Wertes der Mengeneinheit Zucker und Kartoffel im Nährwert hat, so muß auch für
den Vergleich der Kalorie Arbeit und Kalorie Wärme ein Maßstab gesucht werden.
Einen solchen findet man auf demselben Wege, auf dem ich zum Begriff des
HeizungswertesGesundheitsing. 1920. 507. gekommen bin.
Man nutzt die in der Kraftmaschine gewonnene Arbeit aus, um Wärme, welche als solche
zwar in der Natur vorhanden, aber wertlos ist, zur Heizung von Räumen und für
ähnliche Aufgaben brauchbar zu machen. Zu dem Zweck denken wir uns mit der
gewonnenen Arbeit eine Kältemaschine betrieben, deren Verdampfer im Grundwasser
liegt und deren Verflüssiger eine Temperatur hat, welche für die gestellte Aufgabe,
z.B. zum Heizen von Räumen ausreicht. Die Leistungsziffer dieser Kältemaschine sei
ε; dann entzieht die Kältemaschine der an sich weitlosen Grundwasserwärme ε cal.
Gleichzeitig verwandelt sich dabei die aufgewendete Kalorie Arbeit ebenfalls in
Wärme von der Verflüssigertemperatur, sodaß für jede aufgewendete Kalorie Arbeit ε +
1 Kalorieen Wärme der Heizleitung zugeführt werden. Es ist also 1 cala, wie ich zur
Unterscheidung 1 Kalorie Arbeit bezeichnen will, so wertvoll wie ε + 1 calw, was
Kalorie Wärme bezeichnen soll. ε + 1 ist das gesuchte Wertverhältnis.
Setzt man als Temperatur des Grundwassers 0°, als die der Heizungsleitung 50° und
nimmt für die Kältemaschine einen Carnotschen Umlauf an, so wird ε = 5,46. In diesem
Falle ist also 1 cala = 6,46 calw. Das ist das Verhältnis bei Raumheizung.
Bei Heizung für andere Zwecke erhält man andere Zahlen für ε; z.B. beim Heizen zum
Eindampfen von Lösungen mit verdichtetem Schwaden. Ist die Heizfläche genügend groß,
so kann man leicht einen Temperaturunterschied zu beiden Seiten der Heizfläche von
nur 4° erreichen, und geht dann das Eindampfen bei 100° vor sich, so wird ε = 93,
d.h. eine Arbeitseinheit ist in diesem Falle so wertvoll wie 94 Wärmeeinheiten.
Diese Zahl wird anschaulicher, wenn man die üblichen Einheiten: PSst und kg Dampf
einsetzt; es wird dann ε = 93 . 632/537 = 110, d.h. 1 PSst ist so wertvoll wie 110
kg Dampf.
Die Verwertungszahlen. Da Wärme und Arbeit nur
gleichmaßig, nicht gleichwertig sind, so ist beim Vergleich von Kraft- und
Heizungsanlagen die rechnerische Behandlung etwas anders durchzuführen, als es
bisher, wo jede Anlage für sich bestand, berechtigt war. Es muß von Anfang an der
Arbeitswert der Wärme festgestellt werden, damit man überall erkennen kann, wie viel
in Arbeit verwandelungsfähige Wärme nochvorhanden ist und wie viel durch nichtumkehrbare
Vorgänge die Verwandelungsfähigkeit verloren hat.
Es sei
H der Heizwert eines Brennstoffes, d.h. die Wärme, welche beim
Verbrennen von 1 kg in der Bombe und Abkühlen bis auf Zimmertemperatur frei wird,
wenn der entstehende Wasserdampf dampfartig bleibt,
G die beim Verbrennen auf dem Rost entstehende Gasmenge in
Molen oder in kg,
Cp = a + bT die Molekel- oder
spez. Wärme je nachdem man die Gasmenge mißt,
Tr die Rosttemperatur,
Ta die atmosphärische
Temperatur,
ALg der in Wärmemaß gemessene
Arbeitswert der HeizgaseSchreber, D. p. J. 1904, 166..
Dann ist:
1. H = G (Tr – Ta) (a + b/2 [Tr +
Ta]).
2. ALg = H – GTa (a lg Tr/Ta + b [Tr – Ta]).
Ich habe das Verhältnis
3. AL5/H =
αr
das Ausnutzungsverhältnis durch den Rost genannt. Es gibt an,
welcher Bruchteil der zugeführten Energie nach dem Vorgang auf dem Rost noch in
Arbeit verwandelungsfähig ist.
Um eine Anschaulichkeit von der Größenordnung von αr
zu haben, schreibe ich eines der a. a. O. ausgerechneten Beispiele hier her. Es sei
westfälische Steinkohle vom Heizwert 8080 cal/kg mit der 1,6fachen Luftmenge
verbrannt; die Molenzahl wird C = 0,63, die Molekelwärme Cp = 6,870 + 0,001 516 T, die Rosttemperatur Tr = 1563 + 273, wenn ta = 20 ist. Mit
diesen Zahlen erhält man αr = 0,661; d.h. kaum ⅔ der
beim Verbrennen sich umsetzenden chemischen Energie kann nach dem Vorgang auf dem
Rost noch in Arbeit verwandelt werden.
Mit diesem Arbeitswert gelangen die Heizgase an die Kesselwand. An dieser findet eine
Teilung der Wärmemenge in 2 Teile statt. Der eine, Hw, geht durch die Kesselwand in das Wasser über und bringt dieses zum
Verdampfen; der andere, Hs, zieht durch den
Schornstein ab. Ist tf die Fuchstemperatur, mit der
die Heizgase vom letzten Teil der Heizfläche abziehen, so ist
4. Hw = G (Tr – Tf) (a + b/2
[Tr + Tf])
5. Hf = G (Tf – Ta) (a + b/2
[Tf + Ta]).
Beide zusammen ergeben, entsprechend dem Energiesatze, wieder die gesamte Wärmemenge
H. Das Verhältnis
6. Hw/H = ηk
ist der Kesselwirkungsgrad in der üblichen Bedeutung.
Selbstverständlich wird an der Kesselwand auch der Arbeitswert in 2 Teile zerlegt.
Der Arbeitswert der in den Schornstein abziehenden Gase ist wieder durch (2)
gegeben, wenn man Tf anstelle von Tr setzt. Dieser Arbeitswert ist nicht verloren,
sondern er erzeugt den Schornsteinzug.
Wichtiger ist der Arbeitswert des im Kessel entstehenden Dampfes. Zur Vereinfachung
der Rechnung setze ich trocknen Sattdampf von der Temperatur tk voraus. Ueber den Wert der Ueberhitzung vergl.
Schreber, Theorie der Mehrstoffdampfmaschinen, 1903, S. 39.
Nennen wir:
ik die Erzeugungswärme des
trocknen Sattdampfes bei tk,
ie die Erzeugungswärme des
Dampfes in dem Endzustand, den er durch adiabatische Dehnung von tk bis ta
erreicht,
iv die Erzeugungswärme des
flüssigen Wassers, Flüssigkeitswärme bei ta,
so ist die aus der Wärmeeinheit des Dampfes zu gewinnende
Arbeit gegeben durch
7. \eta_w=\frac{i_k-i_e}{i_k-i_v}.
Damit wird der Arbeitswert ALw der dem Wasserdampf
zugeführten Wärmemenge Hw:
8. ALw = ηw . Hw = ηk . ηwH.
Ich habe das Verhältnis ALw/ALg, in welchem der Arbeitswert der Heizgaswärme durch
die Kesselwand ausgenutzt wird, das Ausnutzungsverhältnis durch die Kesselwand
genannt
9. αk = ALw/ALg.
Vereinigt man (8) mit (9), so erhält man
ALw/H = ηk . ηw = (ALw/ALg) (ALg/H) = αk . αr
oder
10. \alpha_k=\frac{\eta_k\,.\,\eta_w}{\alpha_r}.
Dieses Ausnutzungsverhältnis durch den Kessel läßt besonders schön den Fortschritt in
der Brennstoffverwertung erkennen, welche durch die Entwicklung des Kessels vom
einfachen Kochtopf Saverys über den Kofferkessel, den
Flammrohrkessel, den Wasserrohrkessel Dr. Albans zum
jetzigen Starkdruckkessel gegeben ist. Aus Rücksicht auf den zur Verfügung stehenden
Raum kann ich nur den einen Wert ausrechnen, welcher den jetzt üblichen
Verhältnissen im Dampfmaschinenbau entspricht. Es sei die Fuchstemperatur tf = 200°, dann ist ηk = 0,898; dieser Wert erscheint sehr groß im Vergleich mit den in der
Wirklichkeit beobachteten; das hat seinen Grund darin, daß aus Rücksicht auf die
einfache Rechnung sämtliche Wärmeabwanderungen durch Leitung und Strahlung
unbeachtet geblieben sind. Als Kesseltemperatur nehme ich tk = 200°, dann wird ηw = 0,357 und damit endlich ak 0.458. Bei
unseren jetzigen besten Kesseln geht also weniger als die Hälfte des in der Wärme
der Heizgase enthaltenen Arbeitswertes durch die Kesselwand hindurch, mehr als die
Hälfte wird an ihr verwüstet.
Für den weiteren Verfolg unserer Aufgabe müssen wir nun den Zweck kennen, dem die
Anlage dienen soll: ob es eine reine Kraftanlage, eine reine Heizungsanlage oder
eine vereinigte Kraft- und Heizungsanlage sein soll.
Bei der reinen Dampfkraftanlage wird der Dampf aus dem Wärmeerzeuger, dem Kessel, dem
Wärmeverwandler, dem Zylinder oder der Turbine, zugeführt. Um nicht die Rechnung
durch die unvollständige Dehnung der Kolbendampfmaschine zu erschweren, setze ich
überall Turbinendampfmaschinen voraus. Deren Entwicklung hat zwar einen sehr großen
Fortschritt im Bau der Wärmeabführer, der Verflüssige, veranlaßt, aber so weit ist
man doch noch nicht gekommen, daß man die atmosphärische Temperatur vollständig
erreicht. Deshalb wird auch der nach (8) zu berechnende Arbeitswert des Dampfes noch
in keiner Dampfmaschine erreicht.
Nennen wir
ie' die Erzeugungswärme des
Dampfes in dem Endzustand, den er durch adiabatische Dehnung von tk bis tv, der
Temperatur des Verflüssigers, erreicht,
iv' die Flüssigkeitswärme bei
tv,
so kann eine Dampfmaschine, welche mit vollständiger Dehnung
bis tv arbeitet, aus der Wärmeeinheit des Dampfes
die Arbeit
11. \eta_t=\frac{i_k-i'_e}{i_k-i'_v}
erzeugen. Aus der Wärmemenge Hw, welche der Dampf aufgenommen hat, erhält man also die Arbeitsmenge
ALt = ηtHw. Ich bezeichne das Verhältnis
12. \alpha_t=\frac{A\,L_t}{A\,L_{\alpha}}
als das Ausnutzungsverhältnis des Arbeitswertes des Dampfes
durch die Dampfmaschine.
Fassen wir die drei Ausnutzungsverhältnisse zusammen, so ist
13. A\,L_t/H=\alpha=\alpha_t\,\alpha_k\,\alpha_r=\frac{\eta_t}{\eta_w}\,\eta_w\,\eta_k=\eta_t\,.\,\eta_k.
α ist das Ausnutzungsverhältnis des Heizwertes des aufgegebenen Brennstoffes in der
ganzen Anlage; es ist natürlich gleich dem Gesamtwirkungsgrad in der üblichen
Bezeichnung.
Damit wir diese in der Dampfmaschine gewonnene Arbeit mit der zu Heizungszwecken
bestimmten Wärme vergleichen können, müssen wir sie nach der oben gegebenen
Vorschrift in einer Kältemaschine benutzen, um Wärme aus dem Grundwasser auf
Raumheizungstemperatur zu bringen. Mit dieser bekommen wir, wie schon oben
festgestellt, für jede Arbeitseinheit (ε + 1) Wärmeeinheiten in die Heizleitung
hinein. Die gesamte für die Heizung zur Verfügung stehende Wärme ist somit:
Q = (ε + 1) ALt = (ε + 1) αH.
Ich nenne das Verhältnis
14. Q/H = v
die Verwertungszahl des Brennstoffes in der Anlage und erhalte
somit für die Verwertungszahl in einer Kraftmaschine
15. vk = (ε + 1) α =
ηk (ε + 1) ηt.
Da α das Gesamtausnutzungsverhältnis ist, so dürfen wir hier ohne weiteres den durch
Beobachtung gefundenen Gesamtwirkungsgrad einsetzen und erhalten dann durch unsere
Gleichung nicht nur die rechnerische, sondern auch die wirkliche Verwertungszahl.
Man kann diesen Gedankengang sogar noch weiter fortsetzen: Wenngleich (15) unter
Zugrundelegung einer Dampfmaschine gewonnen worden ist, so enthält in der
endgültigen Gleichung α doch nur das Verhältnis der endgültig gewonnenen Arbeit zu
dem aufgewendeten Heizwert, ohne daß über den Weg der Verwandlung irgend etwas
gesagt ist. Deshalb dürfen wir (15) auch sofort auf Maschinen mit geschlossener
Feuerung anwenden. Wir beschränken uns aber für das Folgende auf Dampfmaschinen.
Die zur Zeit besten Verflüssigerluftpumpen erreichen einen Druck von ungefähr 0,05
at, dem eine Sättigungstemperatur tv = 33°
entspricht. Hiermit wird nach (11) ηt = 0,313 und
nach (12) αt = 0,929, so daß schließlich nach (13) α
= 0,281 ist; nach dieser Rechnung, in der von allen Wärmeabwanderungen abgesehen
ist, kann also 0,281 des aufgegebenen Heizwertes in Arbeit verwandelt werden. Mit
dem oben berechneten Wert ε = 5,46, den wir hier beibehalten, wird
vk = 1,815,
d.h. aus 1 kg Brennstoff mit dem Heizwert H kann man 1,815 H
Wärmeeinheiten in die Heizleitung schaffen, wenn man den Umweg über eine
Kältemaschine nimmt.
Die Zahlen dieses Beispieles sind durch Abb. 1
wiedergegeben, in welcher Arbeitswert durch gekreuzte und nicht mehr in Arbeit
verwandelbare Wärme durch einfache Schraffierung dargestellt sind.
Beim Vorgang auf dem Rost wird der Arbeitswert αr
= 0,661 erhalten; der nicht mehr in Arbeit
verwandelbare Rest ist in 2 Teile zerlegt worden, damit er für das Folgende
günstiger verteilt werden kann. Der schmalerne Teil geht von der Kesselwand in
den Schornstein und nimmt dabei einen ganz schmalen Streifen Arbeitswert mit sich.
Die große Unstetigkeit des Arbeitsflusses an der Kesselwand zeigt die große hier
stattfindende Arbeitsverwüstung. Bei den hier vorausgesetzten einfachen
Verhältnissen findet in der Turbinendampfmaschine keine Arbeitsverwüstung statt,
wohl aber wird ein recht schmaler Teil des Arbeitswertes mit der nicht
verwandelbaren Wärme in den Verflüssiger entlassen.
Textabbildung Bd. 337, S. 53
Abb. 1.
Soll nur geheizt werden, so wird der Dampf unmittelbar der Heizung zugeführt, ohne
durch eine Kraftmaschine zu gehen.
Des bequemeren Vergleiches wegen nehme ich einen Kessel mit demselben Druck an wie
bei der Kraftanlage, dann ist der Arbeitswert der Heizgase, der des Dampfes, die in
den Schornstein abziehende Wärme und deren Arbeitswert derselbe wie bei der reinen
Kraftanlage. Dagegen wird jetzt gleichzeitig mit der unverwandelbaren Wärme der
gesamte Arbeitswert des Dampfes der Heizleitung zugeführt und dort verwüstet. Diese
erhält also nicht mehr Wärme als der Dampf im Kessel erhalten hat, d.h. Q = ηkH und
16. vh = ηk.
Abb. 2 zeigt den Fluß der Arbeit und der Wärme durch
die Anlage in derselben Weise wie in Abb. 1. Der
Vergleich der der Heizleitung zugeführten Wärme in beiden Abbildungen zeigt deutlich
die Vorteile des Umweges über die Kraftmaschine: Die Verwertungszahl ist hier nur
die Hälfte von der bei der Kraftanlage. Es wird hier der ganze Temperaturunterschied
zwischen der des Rostes und der der Heizleitung ungenutzt gelassen, verwüstet.
Textabbildung Bd. 337, S. 53
Abb. 2.
Als man in der Entwicklung der Kraftmaschinen bis zu einer gewissen Stufe gelangt
war, konnte man daran denken, diesen in der Heizungsanlage nicht genutzten
Temperaturunterschied zur Krafterzeugung zu verwenden. Die vereinigten Kraft- und
Heizungsanlagen sind, wenn man in der Richtung der Bewegung des Energieträgers durch
die Anlage vor sich geht, so eingerichtet, daß die Kraftanlage der Heizungsanlage
vorgeschaltet ist. Es findet Vortemperaturverwertung statt.
Mit Bewußtsein ist eine solche Anlage, soweit mir bekannt, zuerst im Stuttgarter
Stadtbad von EberleEberle, Z. d. bayr. Rev. Ver. 1910. 96.
eingerichtet worden.
Auf dem Rost und an der Kesselwand treten durch diese Erweiterung der Aufgabe der
Anlage keine Aenderungen gegenüber den beiden besprochenen Einzelanlagen ein. Aber
die Dampfmaschine kann jetzt den Arbeitswert nicht mehr so weit ausnutzen wie in der
reinen Kraftmaschine, denn es soll der Abdampf der Heizleitung zugeführt werden. Es
sind also in (11) die der Temperatur der Heizleitung, 50°, zugehörigen Werte von
ie' und iv'
einzusetzen.
Ist das nur eine bei der zahlenmäßigen Berechnung eintretende Aenderung, so erhalten
wir auch eine Aenderung der Gleichungen, wenn wir die Verwertungszahl berechnen. Da
hier der Abdampf in die Heizleitung geführt wird, so ist die dieser zugeführte
Wärmemenge gegeben durch
Q = (Hw – ALt) + G + ALt = Hw + G = (ηk + αε)
H
so daß
17. vv = ηk + αε = ηk (1 +
ηtε).
Nehmen wir als Temperatur der Heizleitung wieder 50°, so wird ηt = 0,280, α = 0,252 und damit v = 2,270.
Der Fluß der Arbeit und der Wärme durch die Anlage wird durch Abb. 3 gegeben.
Bei der reinen Kraftmaschine hatten wir eine merklich kleinere Verwertungszahl
bekommen. Das ist nur die Folge der zur Erzielung einer einfachen Rechnung gemachten
Annahme. Würden wir dort 2 Kältemaschinen aufstellen, von denen die eine die in den
Verflüssiger abgehende Wärme von 20° wieder verwendungsfähig macht, während die
andere mit dem noch verbleibenden Rest der Arbeit Wärme aus dem Grundwasser
entnimmt, so würden wir dort genau dieselbe Verwertungszahl finden wie hier. Da es
aber zunächst nur darauf ankommt, einen festen Weg der Berechnung der
Verwertungszahl zu finden zum Zweck des Vergleiches der verschiedenen Arten von
Anlagen, so soll es bei der ersten Berechnung bleiben.
In Deutschland sind Heizleitungen mit Dampf von 50° recht selten. Man hat meist Dampf
von atmosphärischem Druck in der Heizleitung. Wir müssen also noch ein Beispiel
durchrechnen, in welchem 100° als die kältere Grenztemperatur der Kraftmaschine
eingesetzt wird. Für die aus dem Grundwasser entnommene Wärme behalten wir 50° als
heißere Temperatur bei und kümmern uns hier nicht um die bauliche Schwierigkeit, die
Heizleitung in 2 Teile mit verschiedener Temperatur teilen zu müssen. Die zum
Betrieb der Kältemaschine verwendete Arbeit wird ja in der Wirklichkeit doch anders
verwendet; ihre Zuführung zur Kältemaschine geschieht nur in Gedanken, um die
Berechnung der Verwertungszahl zu ermöglichen.
Bis an die Turbinendampfmaschine heran bleibt alles wie in den bisherigen Beispielen
mit Kraftmaschinen. Dort wird aber jetzt ηt = 0,195,
damit αt = 0,577; G = 0,959 H und v = 1,853; vergl.
Abb. 4.
Die Zahlen sowohl wie die Abb. 3 und 4 zeigen den Einfluß des weiter ausgenutzten
Temperaturunterschiedes in sehr lehrreicher Weise. Im zweiten Beispiel ist der
Temperaturunterschied von 100° bis 50° unausgenutzt geblieben, während er im ersten
Beispiel zur Arbeitsleistung herangezogen worden ist. Der Erfolg ist die größere
Verwertungszahl, deren Herkunft man in dem schmaleren an der Wand der Heizleitung
verwüsteten Streifen Arbeit erkennt.
Man muß den Temperaturunterschied von 100° bis zu der für die Heizleitung
unbedingt erforderlichen Temperatur möglichst zur Arbeitsleistung heranziehen: man
muß sparsame Temperaturwirtschaft treiben.
Das in der üblichen Wärme Wirtschaft so viel benutzte Wärmediagramm, Darstellung des
Flusses der Wärme durch die Anlage, läßt diese Aufgabe nicht erkennen. Erst das
Aufzeichnen des Flusses der Arbeit durch die Anlage, wie ich es schon früherD. p. J. 85. 1904. 113. vorgeschlagen, in Verbindung mit dem
Wärmefluß, wie es die hier gegebenen Abb. zeigen, bringt deutlich die Verwüstung von
Arbeitswert durch nicht ausgenutzte Temperaturunterschiede zur Anschauung. Man
vergleiche die Arbeitsverwüstung an der Heizfläche in den Abb. 2 und 3, und man wird begreifen,
warum im letzten Falle die Verwertungszahl soviel größer ist. Der Vergleich beider
Abb. läßt den Wert der sparsamen Temperaturwirtschaft sofort sehen. Erst die
Einzeichnung des Flusses der Arbeit in den Fluß der Wärme gibt ein vollständiges
Bild der richtig geleiteten Energiewirtschaft.
Textabbildung Bd. 337, S. 54
Abb. 3.
Textabbildung Bd. 337, S. 54
Abb. 4.
Die hier gestellte Forderung, vorhandene Temperaturunterschiede möglichst zur
Arbeitsgewinnung auszunutzen, kann man besser als durch Abdampf erfüllen, wenn man,
wie das ja auch schon vielfach geschieht, vor dem Verflüssiger einen
Temperaturaustauscher anordnet, welcher die Temperatur des Abdampfes an Wasser oder
eine ähnliche Flüssigkeit überträgt, die dann durch die Heizleitung fließt. Hier
kann man die Forderung der möglichsten Temperaturausnutzung sehr leicht erfüllen,
indem man bei geringem Wärmebedarf die Temperatur der Heizleitung kälter einstellt
als bei großem und die Kraftmaschine immer bis an diese Temperatur heran arbeiten
läßt. Man nähert sich dann je nach dem Wärmebedarf entweder der Abb. 3 oder 4. Die
gewonnene Arbeit wird in der Wirklichkeit natürlich nicht wie hier einer
Kältemaschine zugeführt, sondern dient zum Antrieb der Arbeitsmaschinen.