Titel: | Polytechnische Schau. |
Fundstelle: | Band 337, Jahrgang 1922, S. 139 |
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Polytechnische
Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Elektrischer Antrieb von Walzenstraßen. Der
hauptsächlichste Ansporn für die Leistungsteigerung der Elektromotoren, die 20000
PS. schon weit überschritten haben, ging von dem Bestreben aus, den Elektromotor für
den Antrieb von Walzenstraßen, bei denen die größten mechanischen Leistungen zu
bewältigen sind, geeignet zu machen und hier in Wettbewerb mit der dieses Gebiet bis
dahin allein beherrschenden Dampfmaschine zu treten.
Bei den sogenannten durchlaufenden Straßen, bei denen drei übereinanderliegende
Walzen angeordnet sind (Triostraßen), wobei das Walzgut nach dem Passieren des
unteren Walzenpaares mittels Hebetischen bzw. Wippen gehoben wird, um dann rückwärts
das in entgegengesetzter Drehrichtung laufende obere Walzenpaar zu durchlaufen,
wobei also die Antriebsmaschine nur in einer Richtung läuft und bei denen zum
Abfangen der gewaltigen Belastungsstöße zwischen Maschine und Walzwerk schwere
Schwungräder eingebaut sind, konnte der Elektromotor, nachdem einmal seine
Leistungsfähigkeit die hier erforderliche Größe (bis ca. 3000 PS.) erreicht hatte,
den Wettkampf mit der Dampfmaschine erfolgreich aufnehmen. So sind seit mehr als 20
Jahren viele durchlaufende Walzenstraßen mit elektrischem Antrieb versehen worden,
der sich in allen Fällen den Ansprüchen des Walzbetriebes vollkommen gewachsen
gezeigt hat. Hier dürfte in nicht ferner Zeit der Elektromotor allein als
zweckmäßigste Antriebmaschine in Betracht kommen.
Erheblich größere Schwierigkeiten aber stellten sich dem Elektriker entgegen, als es
galt, für die schweren Umkehrstraßen, die nur ein Walzenpaar besitzen (Duostraßen)
und bei denen deshalb die Drehrichtung der Walzen nach jedem Durchgang des Walzgutes
geändert werden muß, einen geeigneten Antrieb zu schaffen. Hier können wegen des
dauernd und schnell aufeinander folgenden Wechsels der Drehrichtung keine
Schwungmassen zur Milderung der Belastungsstöße eingebaut werden. Dazu kommt noch,
daß bei diesen schweren Straßen, auf denen Blöcke bis zu 7 t Gewicht verwalzt
werden, die stoßweise auftretenden Beanspruchungen der Antriebsmaschine besonders
groß sind.
Es schien zunächst, als wäre hier die Dampfmaschine die einzig mögliche
Antriebsmaschine, da man den Elektromotor wegen der großen Schwankungen der
Stromaufnahme, die bei schweren Blockstraßen zwischen 0 und bis 10000 Ampere
stoßweise wechseln muß, unmöglich an ein Netz anschließen konnte, ohne den übrigen
Betrieb in empfindlichster Weise zu beeinträchtigen. Dieses Hemmnis wurde überwunden
durch die Anwendung des Ilgnersystems in Verbindung mit
der Leonardsteuerung. Von diesem Zeitpunkt ab begann der
elektrische Antrieb auch auf diesem Gebiete sich schnell einzuführen, so daß heute,
nach etwa 15 Jahren, seine volle Brauchbarkeit bereits allgemein in der
Walzwerksindustrie sich erwiesen hat. Fast überall, wo ein neues Umkehrwalzwerk
eingerichtet oder eine veraltete Dampfmaschine abgebaut wird, greift man heute zum
elektrischen Antriebe, und es dürfte nur noch eine Frage der Zeit sein, daß der
Elektromotor auch dieses Gebiet unumschränkt beherrscht.
Das Ilgnersystem besteht darin, daß zwischen Motor und
Netz eine schnellaufende Zwischenmaschine eingeschaltet wird mit den zum Auffangen
der Belastungstöße erforderlichen Schwungmassen, d.h. die Schwungmassen sind von der
langsamlaufenden und fortwährend umgesteuerten Straße in eine schnellaufende
Maschine mit nur einer Drehrichtung verlegt. Das Umsteuern der Straße kann also
beliebig schnell geschehen und gleichzeitig werden in der Zwischenmaschine
(Ilgner-Steuermaschine) die Stromstöße fast vollständig abgedämpft. Die
Steuermaschine besteht aus dem Antriebsmotor, der je nach dem vorhandenen Netz als
Gleichstrom- oder Drehstrommotor ausgebildet wird, der Gleichstrom-Steuerdynamo, die
die für den Walzmotor erforderliche Energie erzeugt, und dem Schwungrad. Die
Drehzahl des Steueraggregates wird hoch gewählt (bis zu 600 p. Min.), um möglichst
kleine Maschinentypen und geringe Schwungmassen zu erhalten. Die Steuerdynamo, die
bei großen Leistungen als Doppeldynamo ausgeführt wird, muß den vollen vom Walzmotor
verlangten Energiestoß hergeben und würde, falls keine Schwungmassen vorhanden
wären, diesen Stoß auf den Steuermotor und damit auf das Netz übertragen. Durch eine
automatisch wirkende, sehr schnell ansprechende Einrichtung (bei Drehstrommotoren
automatische Veränderung des Rotorwiderstandes, bei Gleichstrommotoren automatische
Veränderung der Feldstärke) wird nun bei jeder Ueberschreitung der normalen
Stromaufnahme des Steuermotors sofort seine Drehzahl und damit auch die des
Schwungrades herunter reguliert, so daß die dabei freiwerdende Energie der
Schwungmassen denjenigen Teil des Stromstoßes deckt, der die Normalleistung des
Steuermotors übersteigt. Da umgekehrt in den Walzpausen, d.h. bei Sinken der
Stromaufnahme des Steuermotors unter den Normalwert die Automatik ein Heraufregeln
der Drehzahl des Steuermotors bewirkt, wobei dieser die im Stich entladenen
Schwungmassen wieder aufladet, so ergibt sich eine fast gleichmäßige Stromaufnahme
des Steuermotors, d.h. das Netz wird trotz der enormen Schwankungen der
Energieaufnahme des Walzmotors fast gleichmäßig mit der Normalleistung des
Steuermotors beansprucht.
Nachdem auf diese Weise ein Mittel gefunden war, die auftretenden, großen
Belastungsstöße praktisch fast vollkommen auszugleichen, war ein wesentlicher Teil
der Aufgabe gelöst. Eine weitere Schwierigkeit bestand jedoch noch darin, eine genau
und schnell wirkende, zugleich leicht zu handhabende Steuerungsart zu finden, die
eine schnelle Umsteuerung und Drehzahlregelung des Walzmotors ermöglichte und dabei
an die physische Kraft des Maschinisten möglichst geringe Anforderungen stellte.
Beim Auswalzen von Blöcken auf Duostraßen wird der anfangs noch kurze Block durch den
Rollgang an die Walzen gebracht, von denen er langsam gefaßt und mit steigender
Geschwindigkeit durchgezogen wird. Kurz vor dem Verlassen der Walzen wird die
Geschwindigkeit verlangsamt, damit der Block möglichst dicht hinter den Walzen
liegen bleibt und sofort wieder gefaßt und in umgekehrte Richtung durchgewalzt
werden kann.
Die eigentliche Walzzeit beträgt bei Beginn des Walzprozesses nur etwa 1 bis 1,5
sek., die Pause zwischen den Stichen etwa 0,5 bis 1 sek. Wird der Block allmählich
länger, so wird die Walzgeschwindigkeit während des Stiches gesteigert, um den
langen Block zur Vermeidung zu starker Abkühlung möglichst schnell durch die Walzen
zu bringen; die Walzzeiten verlängern sich nach und nach bis auf mehrere sek., u. U.
auf 8 bis 10. Der Walzmotor muß also vom Stillstand in einer Drehrichtung schnell
bis zu einer mit wachsender Blocklänge steigenden Drehzahl gebracht, dann schnell
stillgesetzt und sofort wieder in umgekehrter Drehrichtung auf die erforderliche
Drehzahl gebracht werden können. Der Forderung, die Drehzahl jedesmal durch 0
hindurch zu regeln, kann nur durch Änderung der dem Motor zugeführten Ankerspannung
entsprochen werden. Diese Regelungsart würde aber wegen der in Betracht kommenden,
außerordentlich hohen Stromstärken sehr große Widerstände und damit einen ganz
unhandlichen Steuerapparat bedingen. Durch die Anwendung der Leonardsteuerung wurde diese Schwierigkeit vollständig überwunden. Bei
dieser Steuerung werden entweder unmittelbar oder vermittels Schützen Widerstände in
den Feldstromkreis der Steuerdynamo ein- und ausgeschaltet; die Spannung der
Steuerdynamo kann also entsprechend der Aenderung ihrer Feldstärke zwischen 0 und
dem Höchstwert geregelt bezw. durch einfache Umkehrung der Richtung des Feldstromes
umgekehrt werden, sodaß der Walzmotor von der Steuerdynamo mit einem in seiner
Richtung und Spannung leicht veränderlichen Ankerstrom gespeist wird, ohne daß der
Ankerstromkreis selbst von außenher irgendwie beeinflußt wird. Der Steuermaschinist
hat nur den verhältnismäßig schwachen Feldstrom der Steuerdynamo mit dem
Steuerapparat zu regeln. Hat der Ankerstrom durch entsprechendes Auslegen des
Steuerhebels seine volle Spannung und damit der Walzmotor die dieser Spannung
entsprechende Drehzahl (die sogen. Grunddrehzahl) erreicht, so kann die Drehzahl des
fremderregten Walzmotors noch weiter durch Schwächung seines Feldes gesteigert
werden, wobei allerdings sein Drehmoment im gleichen Maße sinkt, wie die Feldstärke
abnimmt. Da aber die hohen Geschwindigkeiten erst bei längerem Walzgut in Frage
kommen, wobei der Querschnitt schon gering geworden ist, so wird auch nur ein
geringes Drehmoment von den Walzen ausgeübt, sodaß sich der Elektromotor auch in
dieser Hinsicht den Anforderungen des Walzbetriebes durchaus anpaßt. Die Regelung
das Walzmotorfeldes erfolgt ebenfalls vom Steuerapparat aus, d.h. beim Auslegen des
Steuerhebels über die der Grunddrehzahl entsprechende Stellung hinaus beginnt das
Vorschalten von Widerständen in den Feldstromkreis des Walzmotors.
In neuerer Zeit wird mittels des Steuerapparates nicht mehr unmittelbar der Feldstrom
der Steuerdynamo und des Walzmotors geregelt, sondern die Felder zweier kleinen
Dynamos, die ihrerseits erst die Felder der Steuerdynamo und des Walzmotors speisen.
Diese beiden Zwischendynamos sind mit ihrem Antriebsmotor zu einem Aggregat, der
sogen. Erregermaschine vereinigt.
Diese Steuerungsart, die sogen. Erregermaschinen-Steuerung (im Gegensatz zu der
vorher beschriebenen Widerstands- bezw. Schützensteuerung) ermöglicht die Verwendung
noch leichterer Steuerapparate, da ja die nur die kleinen Feldströme der
Erregerdynamos geregelt zu werden brauchen. Die Erregermaschinensteuerung hat sich
bereits in einer großen Zahl von Anlagen bewährt.
Die Anwendung der vorstehend erläuterten beiden Hauptprinzipien, des selbsttätig
wirkenden Belastungsausgleiches und der Drehzahlregelung mittels der
Leonardsteuerung eröffneten dem Elektromotor das große Gebiet als Antriebsmotor von
schweren Umkehrstraßen, auf dem er bereits in weit über 100 Anlagen seine vollste
Brauchbarkeit in angestrengtestem, zum Teil jahrzehntelangem Tag- und Nachtbetrieb
erwiesen hat. Durch eine Reihe von Verbesserungen ist in neuester Zeit dafür Sorge
getragen, daß der elektrische Antrieb in jeder Beziehung den immer mehr gesteigerten
Ansprüchen der Walzwerke gerecht wird. Als wichtigste Neuerungen seien erwähnt:
Unschädlichmachung der Remanenz der Maschinenfelder, wodurch in Verbindung mit
besonderen Vorrichtungen zum Ausgleich der durch die Drehzahlschwankung der
Steuermaschine bedingten Spannungsschwankungen im Leonardstromkreis die Genauigkeit
der Steuerung auf das höchste Maß gesteigert ist. Bei Vorhandensein mehrerer
Walzmotoren mechanische oder elektrische Kupplung ihrer Steuermaschinen, wodurch in
Verbingung mit Umschaltschränken die vorhandenen Schwungmassen vorzüglich ausgenutzt
werden und eine weitgehende gegenseitige Reserve in Bezug auf die Steuerdynamos
erreicht ist. Genaueste Kontrolle der Betriebsverhältnisse durch Anwendung von
Registrierinstrumenten. Stromersparnis durch Einstellbarkeit der mittleren
Stromaufnahme des Steuermotors entspr. der mittleren Belastung des Walzwerkes,
wodurch der Stromverbrauch bei leichtem Walzprogramm herabgesetzt wird.
Rückgewinnung der bei Drehstrom-Steuermotoren infolge der durch die Automatik
bewirkten Herabsetzung der Steuermaschinendrehzahl bedingten Verluste im
Rotorstromkreis (Schlupfverluste) vermittels Hilfsmaschinen (Regelsätze) die die
Schlupfenergie umwandeln und entweder einem mit dem Steuermotor gekuppelten
Hilfsmotor (Hintermotor) zuführen – mechanische Rückgewinnung – oder dem
Drehstromnetz zuführen – elektrische Rückgewinnung.
Alle diese Verbesserungen machen den Elektromotor in jeder Beziehung zu dem
geeignetsten Walzwerksantrieb und sichern ihm eine immer steigende Anwendung.
Stork.
Verwendungsmöglichkeiten der Lindeluft in
Hochofenbetrieben. Die Anreicherung des Gebläsewindes mit Sauerstoff ist
nicht neu. Daß diese Maßnahme bisher noch selten getroffen wird, dürfte auf ein
Vorurteil zurückzuführen sein, das aus der Zeit stammt, in der die Erzeugungskosten
der Lindeluft noch zu hoch waren, um durch deren Verwendung wirtschaftliche Vorteile
zu erzielen. Gegenwärtig haben sich die Verhältnisse völlig verändert. Die Preise
für Koks sind außerordentlich gestiegen, so daß man kein Mittel unversucht lassen
darf, um den Verbrauch des genannten Brennstoffes herabzusetzen. Diesem Zwecke soll
die Beimengung von Sauerstoff zum Gebläsewinde dienen, welche jetzt weit geringere
Aufwendungen erforderlich macht als früher. Besonders in Gegenden, die fern von den
Fundorten der Kohle liegen, würden sich durch Verwendung von Lindeluft
bemerkenswerte wirtschaftliche Erfolge erzielen lassen. Allerdings darf nicht außer
Acht bleiben, daß hinreichend hohe Gestelltemperaturen auch bei einer Kürzung der
Koksgicht erhalten werden müssen. Ueberdies ist dem Hochofen die Kohlenstoffmenge
zuzuführen, welche sich gemäß der Formel Fe2O3 + 9CO = Fe2 +
3CO2 + 6CO zur Eisengewinnung als notwendig
erweist. Diese von Ackermann angegebene Gleichung besagt, daß für die Herstellung
von 2 × 55,85 kg Eisen 9 × 12 = 108 kg Kohlenstoff benötigt werden. Sie sind bei
Verminderung des Koksverbrauches durch Zufuhr von Staubkohle oder hochwertiger
Generatorgase zu ersetzen. Wenn zu dem letzgenannten Mittel gegriffen wird, so
spricht man von „gemischtem“ Betrieb. Bei dessen Einführung ist die
Errichtung von Anlagen zur Erzeugung von sauerstoffreicher Luft sowie von
Generatorgas erforderlich. Ueberdies ist gesondert durchzuführen die Vorwärmung von
Wind und Gas. Die Gebläse sind zu trennen, und schließlich muß eine Zweiteilung der
Reinigungsanlage für Gicht- und Generatorgas vorgesehen werden. Die Kosten der
Einrichtung dürften trotzdem nicht zu hoch ausfallen, da die Hüttenwerke in enger
Verbindung mit anderen Betrieben stehen und daher nicht selten die
aufgezählten Anlagen teilweise bereits vorhanden sind. Außerdem sollte nicht
übersehen werden, daß bei der Verwendung von Lindeluft die zu bewegende Wind- und
Gasmenge verhältnismäßig klein ist. Es reichen daher die vorhandenen Gebläse und
Cowperapparate eines Hochofens bei Umstellung auf gemischten Betrieb reichlich für
zwei Oefen aus.
Eine Verminderung der Koksgicht um mehr als 50 v. H. ist nicht zulässig, da
anderenfalls wesentliche Aenderungen der Ofenform notwendig wären, um eine freie
Gasbewegung in der Reduktionszone zu gewährleisten. Außerdem sprechen aber auch
heiztechnische Erwägungen gegen eine weitere Herabsetzung der Menge des festen
Brennstoffes. Im Schmelzraum des Hochofens herrscht nämlich eine Temperatur von
1600–1750°. Dieser hohe Wärmegrad hat zur Folge, daß ein gasförmiger, vorwiegend
Kohlenoxyd enthaltender Brennstoff fast garnicht zur Wirkung gelangt. In dem
Generatorgas ist nämlich Kohlensäure und Kohlenoxyd in einem Verhältnis enthalten,
das dem Gleichgewichtszustande bei 1600–1700° entspricht. Es reduziert daher der
glühende, feste Kohlenstoff sofort die im Schmelzraum durch Verbrennung von
Kohlenoxyd entstehenden geringen Mengen von Kohlensäure. Als Wärmeerzeuger kommt
somit nur der feste Brennstoff in Frage. Dennoch bringt die Verwendung von
Generatorgas in Verbindung mit Lindeluft von 92 v. H. Sauerstoffgehalt einen sehr
bemerkenswerten Vorzug mit sich. Derselbe ist darin begründet, daß die Notwendigkeit
fortfällt, den gewaltigen Stickstoffballast, welchen der gewöhnliche Gebläsewind mit
sich führt zu erhitzen. Die hierdurch gebundene Wärmemenge ist so bedeutend, daß bei
Fortfall eines erheblichen Teiles des Stickstoffgehaltes die Wirtschaftlichkeit des
Betriebes trotz der oben erwähnten, nicht unbedeutenden Anlagekosten gesichert sein
dürfte, was Wagner in Heft 12 von Stahl und Eisen rechnerisch nachzuweisen suchte.
Noch günstiger erscheinen die Aussichten für die Benutzung Sauerstoff reich er Luft
beim Hochofenbetrieb mit Kohlenstaubfeuerung. Während nämlich das Generatorgas, wie
oben erwähnt wurde, für die Wärmeerzeugung kaum in Frage kommt, dient Staubkohle
nicht nur als Reduktionsmittel, sondern trägt auch zur Erzielung des zum Schmelzen
notwendigen Hitzegrades bei. Demgegenüber wird als Mangel empfunden, daß
atmosphärische Luft, die zur Beförderung des Kohlenstaubes dient, infolge der
Entzündungsgefahr auf keine höhere Temperatur als 250° vorgewärmt werden kann. Die
Bedeutung dieser Tatsache darf aber nicht überschätzt werden, denn es ist zur
Förderung der Staubkohle durchaus nicht der ganze dem Hochofen zugeführte
Gebläsewind erforderlich. Es erscheint durchaus angängig, nur die in den Ofen
eingeblasene Lindeluft als Fördermittel zu benutzen und die zum Betrieb benötigte
atmosphärische Luft in üblicher Weise auf 600–800° vorzuwärmen. (Wagner in Nr. 12
von „Stahl und Eisen“.)
Schmolke.
Die unerforschte Kerbschlagprobe. Obgleich die Wichtigkeit
der Kerbschlagprobe nicht bezweifelt werden darf, ist bei deren Anwendung im
Abnahmewesen Vorsicht am Platze, da bisher nicht mit Sicherheit gesagt werden kann,
welche Folgerungen sich aus dieser Untersuchung ergeben. Die vom Deutschen Verbände
vor 15 Jahren aufgestellten Richtlinien erweisen sich nämlich bei näherer Prüfung
durchaus nicht als einwandfrei, wie nachstehende Betrachtung zeigen dürfte.
Entsprechend den erwähnten Vorschriften soll bei der Blechprüfung der durch den Kerb
verminderte Querschnitt stets 15 mm hoch sein, während seine Breite gleich der
Blechstärke ist. Die Probestäbe haben also verschiedene Dicke, aber dieselbe
Höhe. Dies kann zu Irrtümern bei der Beurteilung des Baustoffes führen, denn die
spezifische Schlagarbeit wird von der Breite des Querschnittes beeinflußt. Sie nimmt
mit wachsender Blechstärke ab, und zwar erfolgt die Abnahme nicht stetig. Man erhält
vielmehr beim Auftragen der spezifischen Schlagarbeit als Ordinate über der
Querschnittbreite als Abzisse einen Linienzug, der in einen hochliegenden Ast für
kleinere und einen tiefliegenden Ast für größere Querschnittsbreiten zerfällt. Der
Uebergang von der Hoch- zur Tieflage geschieht nicht bei einer bestimmten Breite,
sondern es ist ein Streuungsgebiet vorhanden. Infolge des beschriebenen Verhaltens
der Probestäbe kann es leicht vorkommen, daß die spezifische Schlagarbeit für
dasselbe Blech sehr verschieden ausfällt. Das Stahlwerk ist daher bei jedem, dem die
erwähnten Umstände unbekannt sind, einer abfälligen Beurteilung hinsichtlich der
Gleichwertigkeit seiner Erzeugnisse ausgesetzt. Dieser Uebelstand muß natürlich
vermieden werden. Nachdem erkannt wurde, daß die Kerbzähigkeit eine Eigenschaft ist,
auf welche die Stabform einen Einfluß ausübt, scheint es unbedingt geboten, den
Querschnitt des Probestabes dem Verwendungszwecke anzupassen. Zwei Wege können bei
einer Neuregelung der Vorschriften beschritten werden. Entweder behält man die
Blechdicke als Stabbreite bei und. setzt die Höhe in ein angemessenes Verhältnis,
oder man schneidet den Kerb von der Walzfläche aus ein und legt die Stabbreite frei
fest. Versuchsergebnisse lassen es als empfehlenswert erscheinen, daß man mit
abnehmender Höhe das Verhältnis von Breite zu Höhe größer wählt. Ein starres
Festhalten am Aehnlichkeitsgesetz dürfte nicht am Platze sein. Als anfechtbar
erweisen sich ferner die Richtlinien, wenn sie in den meisten Fällen den Rundkerb
vorschreiben und nur für kleine Proben von 8 bis 10 mm Breite den scharfen Kerb
zulassen. Eine solche Maßnahme bedeutet eine Abschwächung der Kerbschlagprobe, die
anfänglich vielfach auf Widerstände stieß, da sie zu einem ungünstigen Urteil über
Baustoffe führte, welche sich beim Zerreißversuche durchaus bewährten. Die Hoffnung,
durch Zulassung des Rundkerbes die Gegner der Kerbschlagprüfung zu entwaffnen,
erwies sich als trügerisch. Die Milderung des Untersuchungsverfahrens hatte vielmehr
den unerwünschten Erfolg, daß man zu unwichtigen Ergebnissen gelangte. Daher sollte
in Zukunft nur der scharfe Kerb für zulässig erklärt werden. Allerdings dürfte man
in diesem Falle die Kerbschlagprobe auch nur bei Baustoffen vorschreiben, von denen
eine bedeutende Kerbzähigkeit verlangt wird, wie beispielsweise bei gekröpften
Lokomotivachsen, Radscheiben von Dampfturbinen, Kurbelachsen von
Verbrennungskraftmaschinen usw. Die Einwendung, daß über die Schärfe des Kerbes
Unsicherheit besteht und somit infolge auftretender Verschiedenheiten irrige
Schlußfolgerungen gezogen werden können, ist unzutreffend. Demgegenüber bringt die
Verwendung des scharfen Kerbes den Vorteil mit sich, daß man Stäbe von kleinerem
Querschnitt bei der Prüfung benutzen kann. Es wird nämlich die oben erwähnte
Tieflage der Schlagarbeit bei scharfem Kerb früher als bei rundem erreicht.
Sehr wenig geklärt ist bisher der Zusammenhang von Schlaggeschwindigkeit und
Kerbzähigkeit. Vorgeschrieben wird durch die Richtlinien die Anwendung von
Charpy-Hämmern bei der Probe. Ob die ausschließliche Benutzung dieses Schlagwerkes
gerechtfertigt ist, erscheint fraglich, denn keineswegs darf man es für
ausgeschlossen erklären, daß bei manchen Baustoffen durch große
Schlaggeschwindigkeit eine Abnahme der Kerbzähigkeit hervorgerufen wird. Eine nähere Untersuchung
der hierfür maßgebenden Umstände scheint am Platze. Es unterliegt jedenfalls keinem
Zweifel, daß noch recht umfangreiche, wissenschaftliche Arbeiten zu leisten sind,
ehe man zu einer Klärung aller die Kerbschlagprobe beeinflussenden Verhältnisse
gelangt. Dessenungeachtet könnte man aber auch schon gegenwärtig manche Verbesserung
im Abnahmeverfahren einführen. (Stribeck in Nr. 11 von „Stahl und
Eisen“).
Schmolke.
Der Kompressorenverband auf der Leipziger Messe. Für den
Kompressorenverband, dessen Vorsitzender Geheimrat Konrad von Borsig und dessen
Geschäftsführer Gewerberat Zaeuner ist, und die ihm angeschlossenen Verbände wird
auf dem Gelände der Technischen Messe in Leipzig ein neuer zweigeschossiger
Eisenbetonbau aufgeführt werden. Die einzelnen Verbände bilden eine Unterabteilung
des Vereins Deutscher Maschinenbau-Anstalten, der grundsätzlich der Beschickung
der Leipziger Messe zugestimmt hat. Den in Frage kommenden Firmen geht die
Aufforderung zur Ausstellung durch Vermittlung ihrer Verbände zu. An der Aufbringung
des Baukapitals müssen sich die an der Messe teilnehmenden Firmen im Verhältnis zur
Größe des von ihnen beanspruchten Ausstellungsraumes beteiligen.
Persönliches. Herr Kommerzienrat Wilhelm Mathiesen,
Leipzig-Leutzsch, der Mitbegründer und langjährige technische Leiter der Körting
& Mathiesen A.-G., Leipzig-Leutzsch, ist in Würdigung seiner Verdienste um die
deutsche Lichttechnik und Wissenschaft, insonderheit um die Erforschung und
Nutzbarmachung des elektrischen Lichtbogens von der Technischen Hochschule Karlsruhe
anläßlich der Eröffnung des lichttechnischen Instituts dieser Hochschule zum
Dr.-Ing. ehrenhalber ernannt worden.