Titel: | Polytechnische Schau. |
Fundstelle: | Band 337, Jahrgang 1922, S. 178 |
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Polytechnische
Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszüge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Neue Bauweisen. Für Gründungen in wenig tragfähigem
Boden, wo in absehbarer Tiefe kein gewachsener Grund anzutreffen ist, wird nach
einem neuen Gründungsverfahren ein mit einem Holzpfahl ausgefülltes Eisenrohr bis
zur gewünschten Tiefe eingerammt, der Holzpfahl dann herausgezogen und das Eisenrohr
einen Meter zurückgehoben. Auf dem Grunde wird nun eine Sprengpatrone angebracht und
die Röhre mit plastischem Beton ausgefüllt. Durch Explosion einer Patrone entsteht
eine kugelförmige Höhlung und Verdichtung des Bodens in Richtung der Tragkraft des
darauf lastenden Pfeilers. Den entstandenen Hohlraum füllt das halbflüssige Beton
aus und wird durch Nachgießen ergänzt.
Schon lange wollte man kleine Wohnhäuser aus Gußbeton mit Eiseneinlagen schnell und
billig herstellen, jetzt sollen nach dem 30. Jahrg. des Jahrbuchs der angew.
Naturwissenschaften 1914–1920 (Verlag Herder & Co., Freiburg i. Br. 1920) nach
dem Edisonschen Verfahren nahe bei Pittsburg viele Einzel- und Doppelhäuser
hergestellt worden sein. Die eiserne Schalung wurde jeweils für ein Stockwerk mit
Plattenbalkendecke hergestellt und dann der Beton auf einmal eingefüllt. So war ein
zweistöckiges Haus in etwa drei Wochen, und mit zwölf Sätzen von Schalungen in
dieser Zeit zwölf Häuser fertig. Nach einem anderen Verfahren werden die Hauswände
auf dem Boden liegend fertiggegossen, nach dem Erhärten aufgerichtet und miteinander
verbunden, oder man baut die Hauswände aus hakenförmigen Betonsteinen und füllt
deren Zwischenräume mit flüssigem Beton aus. Zum Bau von Himmelkratzern diente seit
langem die Skelettbauweise, wobei ganze Traggerippe aus Pfeilern, Stützen, Trägern
und Decken in Stahl, Eisen und Eisenbeton fertiggestellt werden und dann ganz
schwaches Mauerwerk in die Gefache eingefügt wird.
Von neueren Baumaterialien wendet man jetzt mit Erfolg Lochziegel an, die sich durch
geringe Leitfähigkeit für Wärme und Trockenheit auszeichnen. Die von Poisel
angegebenen Balkenziegel sind Hohlziegel besonderer Art und eignen sich namentlich
zu Deckenkonstruktionen. Sie bilden etwa 30 cm lange Hohlformstücke und besitzen
oben und unten eine Nut, in welche durchlaufende Flacheisen eingelegt und mit
Zementmörtel umgeben werden, so daß beliebig lange Balken entstehen, die fertig
nebeneinander verlegt und mit Mörtel verbunden werden. Nach einem besonderen
Verfahren fertigt man die aus Koksfasern und Gips hergestellten Duroplatten, welche
biegsam und feuerbeständig sind und sich mit Messern bearbeiten lassen. Sie eignen
sich zu Decken und doppelten, schall- und wärmesicheren Wänden, für große Behälter
aber die Betonsteine mit Drahteinlage. Die beiden Eisenenden zweier Steine verbindet
man durch einen Bügel und schlägt sie durch Hammerschläge um, worauf der Hohlraum
mit Beton ausgegossen wird. So wurde bereits ein Behälter für 400 cbm erbaut und
innen zum Abdichten mit einer Mörtelschicht überzogen. Auf S. 2 des 31. Jahrg. des
oben genannten Jahrbuchs wird das Verfahren von Erdmeyer zur Massenherstellung von
Zementdielen angegeben und die Arbeitsweise seiner Vertikalformmaschine, die auf
festem, ebenem Boden aufgestellt, mit Betonmasse gefüllt und dann geschlossen wird.
Nach einiger Zeit wird die Form geöffnet, die Maschine weitergefahren und wieder
verwendet, die fertigen Dielen aber werden erst nach drei Tagen weggenommen und zum
vollständigen Erstarren dicht gestapelt. In jedem Arbeitsgang lassen sich
zehn Dielen oder Bauplatten mit glatten, gerauhten oder gefederten Schmalseiten
herstellen. Die sog. Halbdauerbauten werden eineinhalbstöckig ausgeführt, und es
trägt ein Betonsockel die 12 cm starken Fachwerkwände, die mit Schlackenstein
ausgeriegelt und beiderseits verputzt werden. Bei den Erdstampfbauten wird das ganze
Bauwerk mit einem Schalenkreuz von nur zwei Dielenhöhen aufgeführt. Als Verschalung
dient neuerdings die „Wandergelenkverschalung“, zur Befestigung der
gestampften Mauer gegen Belastungen eine Einlage von Drahtflechtwerk.
Dr. Bl.
Thermosbau. Eine vorzügliche Isolierung bilden
lufterfüllte, vielfach unterteilte Hohlkörper in Verbindung mit Leichtbeton.
Konstruktionen mit Verwendung solcher vielfach unterteilten Hohlkörper für Wände,
Decken und Dächer in Verbindung mit Beton oder Eisen und Holz faßt man als
„Thermosbauten“ zusammen. In ihnen läßt sich der Beton mit seinen
vorzüglichen Eigenschaften für Wohn-, Geschäftshausbau usw., kurz für Hochbau
verwenden, indem so die gute Wärmeleitfähigkeit des Beton in ihrer schädlichen
Auswirkung überwunden wird. Beton eignet sich nämlich schlecht zur Herstellung von
Umfassungsmauern von Räumen, in denen eine von der Außentemperatur abweichende
Innentemperatur herrschen soll. In Wohngebäuden mit Außenwänden aus dem üblichen
Beton herrscht stets ein gewisses Unbehagen infolge der starken Schwitzwasserbildung
und der damit zusammenhängenden feuchten Luft. Im Winter lassen sich solche Räume
schlecht heizen, im Sommer sind sie unerträglich warm.
Durch geeignete Zuschläge läßt sich aber der Beton dem Ziegelstein gleichwertig
machen, durch Bimskies, schaumige, granulierte Hochofenschlacke, Müllschlacke,
Brikettasche und leichte Fabrikasche wird er sogar noch besser als jener, besonders
wenn dem Zement tonige Kieselguhr, ganz oder teilweise gebrannt, zugesetzt wird.
Solche Leichtbetonmischungen haben nach H. Pohlmann (S. 5 seines Buches
„Thermosbau“, Verlag J. Springer, Berlin 1921, Preis geb. M. 20) eine
Wärmeleitziffer von 0.20 bis 0.25 gegenüber Ziegel von 0.36. In dem Leichtbeton ist
der Zement noch als harte, gut leitende Masse vorhanden, der jedoch mit
pulverisierter Gur durchsetzt wesentlich schlechter leitet. Ein solcher Leichtbeton
heißt wegen seiner wärmehaltenden Eigenschaften „Thermosbeton“ und hat eine
Wärmeleitzahl von 0.13–0.20.
Der Thermosbau ist also eine Vereinigung lufterfüllter Hohlkörper mit Leichtbeton
derart, daß ein lufterfüllter Zellenkörper an einer der beiden Seiten Träger einer
Leichtbetonschicht ist. Eine so hergestellte Wand oder Decke ergibt eine vorzügliche
Isolierung gegen Kälte, Wärme und Schall. Zwecks Schallisolierung füllt man eine
oder mehrere von einander möglichst getrennt liegende Luftschichten mit Sand oder
ähnlichem körnigem Material aus. Sind Gebäude aus Thermosbaukörpern, also
Zellenkörpern mit Leichtbeton, herzustellen, so sind in deren Wände oder Decken
tragende Elemente anzubringen, d.h. Teile aus Eisen, Eisenbeton, Mauersteinen aus
Holz. Derartige Konstruktionsteile dürfen aber nicht ohne weiteres eingebaut werden,
sie würden sich draußen oder drinnen, je nach der wärmeren Temperatur, an den
Wandflächen abzeichnen, da dort eine schnellere Uebertragung von Kälte und Wärme
stattfindet. Im Thermosbau vollendeter Art werden deshalb alle Konstruktionsteile,
Stützen, Balken, Unterzüge usw. an beiden oder wenigstens einer Seite von einer oder
mehreren Luftschichten von der mit dem Thermosbaukörper verbundenen
Leichtbetonschicht getrennt. Durch diese Luftschichten wird eine annähernd gleiche
Flächentemperatur an allen Stellen solcher Decken u. Wände erzielt.
Vergleicht man Thermosbauwände mit Ziegelmauerwerk oder Betonmauern oder
Lehmwänden, so ergeben erstere eine erheblich größere Isolierwirkung gegen Kälte und
Wärme als letztere, wenn der Raumbedarf, die Kosten und Solidität die gleichen sind.
An Wohnhäusern aus verschiedenen Materialien hergestellt, die von gleichen
Abmessungen waren und der gleichen Sonnenstrahlung, dem gleichen Windanfall und der
gleichen elektrischen Beheizung ausgesetzt waren, erwiesen sich die des Thermosbaues
in bezug auf Wärmehaltung als die besten.
Der Thermosbau zeichnet sich durch sehr geringes Gewicht aus und eignet sich deshalb
ganz besonders gut dort, wo künstliche Fundierungen der Gebäude erforderlich oder
geringes Gewicht aus sonstigen Gründen nötig ist. Daher ist der Thermosbau auf
Schiffen infolge Gewichtsersparnis von größter Bedeutung und vollwertige
Ersatzkonstruktion für viele Eisenkonstruktionen. Von großem Wert ist er aber auch
an Stellen, wo Isolierungen gegen Kälte, Wärme und Schall und Feuersicherheit nötig
sind. An Land wie an Bord von Schiffen gestattet der Thermosbau die Schaffung
glatter, sauberer Flächen, die den Insekten keinen Unterschlupf, dem Staub keine
Schmutzwinkel bieten, da sich meist vorspringende Pfeiler und Unterzüge vermeiden
lassen. Bei den Landbauten lassen sich die glatten Wand- und Deckenflächen nach
Fertigstellung entsprechend den gewünschten Räumen beliebig mitteilen, auf Schiffen
die isolierenden Auskleidungen oder selbständigen Konstruktionen sehr gut mit dem
Wasserschlauch reinigen.
Die Thermosbaukörper gewähren ferner mit einer 4 cm starken Leichtbetonschicht
vollkommene Brandsicherheit und sind von den Baupolizeibehörden als feuersicher
anerkannt.
Um die lästige und ungesunde Schwitzwasserbildung zu vermeiden schaltet man in einem
Dach oder einer Wand eines Thermosbaus ein bis zwei vollkommen in sich
abgeschlossene Luftschichten ein, etwa von der Stärke einiger Zentimenter. Bei
Fabriken läßt sich durch die eingebaute Rahmenzellenkonstruktion und die damit
gebildeten Luftschichten sogar Kondenswasserbildung bei den Eisenbetondecken
vermeiden. Gegen besonders feuchte Luft empfiehlt sich ein Putz aus einem sehr
leichten und porösen Material, weil dessen spezifische Wärme gegen
Schwitzwasserbildung vorteilhaft ist.
Die Thermosbaukörper lassen sich ohne weiteres von Bauarbeitern aufbauen und
gestatten vermöge der großen Abmessungen der Körper und Platten hinsichtlich Gewicht
und Form einen schnelleren Aufbau als bei Verwendung von Ziegelsteinmauerwerk. Zur
Herstellung eines Thermosbaukörpers wird auch Kohle gespart, denn 1 qm
Thermosbauwand verbraucht je nach Stärke und Eisenbetontragekonstruktion 12–18 kg
Kohlen, dagegen 1 qm 1½ Stein starkes Ziegelmauerwerk mit Zementmörtel 1 : 6 an 45
kg Kohlen. Dabei ist besonders zu beachten, daß die Wärmedurchgangsziffer der
Thermosbauwand 2–4 mal wirksamer ist als bei 1½ Stein starkem Ziegelmauerwerk. Mit
der Höhe der Isolierfähigkeit steigen zwar die Herstellungskosten der Bau- bzw.
Isolierkörper, sinken aber auch die Unkosten für Heizung bewohnter Räume, bzw.
Kühlung bei Kühlräumen.
Das Thermosbauprinzip wird vielseitig angewendet, auf Schiffen zur Herstellung von
Kühlräumen, Kessel- und Maschinenschachtwänden, bzw. deren Verkleidung, Schott- und
Deckisolierungen, Bunkerwänden, Funkenkammern, Wohnkammern und Hospitäler. Bei
Landbauten dient es für Kühlhäuser, Wohnhäuser, Siedlungsbauten, Geschäftshäuser,
Lagerhäuser in Tropen, Fabrikhallen, Saalbauten usw.
Die aus Thermosbaufabrikaten ausgeführten Bauten oder Gebäudeteile haben bisher
in bezug ihrer Dauerhaftigkeit und Haltbarkeit nach keinen Anlaß zu Beanstandungen
gegeben, sondern eine gute Lebensdauer gezeigt. An Bord von Schiffen ergeben
Thermosbauten insofern Vorteile, als die Thermosbaukörper mit einem Leichtbeton an
die Stahlkonstruktionen des Schiffes herangebaut sind und diese so gegen frühzeitige
Korrosion schützen und rostschützende Anstriche entbehrlich machen. Zudem besitzen
die Thermosbaukörper und Konstruktionen daraus sehr stark die Fähigkeit, alle die
Vibrationen von den Maschinen und Propellern her und die durch den Seegang
hervorgerufenen Bewegungen des Schiffsgefäßes in sich ohne weiteres mitmachen zu
können. Bisher hat sich noch keine Thermosbaukonstruktion vom Schiffskörper gelöst
oder wurde durch Vibrationen, Wärmeausdehnung, Beanspruchung des Schiffskörpers u.
ä. beschädigt.
Aus wirtschaftlichem und hygienischem Interesse sind die Thermosbaufabrikate an allen
geeigneten Stellen bei Bauten zu Lande und auf Schiffen weitgehend zu verwenden.
Dr. Bl.
Elektrisierung der österreichischen Bundesbahnen. Die
Wiener Zeitschrift „Elektrotechnik und Maschinenbau“, Organ des
Elektrotechnischen Vereins in Wien, ließ aus der Feder des Sektionschefs Ing. Paul
Dittes, Direktor des Elektrisierungsamtes der österr. Bundesbahnen, ein Sonderheft
über „den Stand der Arbeiten für die Elektrisierung der österreichischen
Bundesbahnen zu Beginn des Jahres 1922“ erscheinen. Nach einem kurzen
Ueberblick über die zunächst zu elektrisierenden Strecken, dies sind im allgemeinen
die Hauptlinien westlich von Salzburg und die Salzkammergutlinie
Steinach–Irdning–Attnang–Puchheim, werden zunächst die Arbeiten am Spullerseewerk,
westlich des Arlbergpasses, beschrieben. Unter den bei diesem Werke auszuführenden
baulichen Herstellungen haben besonders die Sperrmauern, der Druckstollen und das
Wasserschloß schwierige und technisch neuartige Fragen gebracht, deren Lösung
mühevolle und langwierige Vorarbeiten neben der Verwertung von bei ähnlichen Anlagen
gemachten Erfahrungen erforderten. So haben zum Beispiel Stollen, die unter relativ
hohem Drucke stehen (der Spullerseestollen steht an der tiefsten Stelle unter 50 m
Wassersäule) in vielen Fällen sehr bedeutende Wasserverluste aufgewiesen und es muß
daher der Wandverkleidung besondere Sorgfalt gewidmet werden. Wenn auch der
Durchschlag des Spullerseedruckstollens für Anfang Mai zu erwarten war (er erfolgte
tatsächlich am 28. April 1922), so konnte trotz der bereits sehr weit gediehenen
Vorarbeiten noch nicht die endgültig zur Ausführung gelangende Art der Verkleidung
angegeben werden. Vom Wasserschloß führen beim vollen Ausbau des Werkes 3, vorläufig
2 Stränge einer Druckrohrleitung zum Kraftwerk, für die die Stütz- und Festpunkte
bereits in Arbeit sind. Ferner sind im Laufe des vergangenen Baujahres die sehr
umfangreichen Bauinstallationen zum überwiegenden Teil vollendet worden. Der Aushub
für das Planum des Krafthauses und für die Fundamente der Maschinenhalle, das
Bahnobjekt für die Unterführung der Rohrleitung sind nahezu vollendet, der größte
Teil der gesamten Baupläne fertiggestellt. Im Krafthause werden vorläufig 3, später
6 Maschinensätze mit einer Höchstleistung von je 8000 PS aufgestellt; der von den
Generatoren erzeugte Einphasenwechselstrom von 6000 Volt wird im Werk auf 55000 Volt
transformiert und den längs der Strecke vorgesehenen Unterwerken zugeführt; eines
dieser Unterwerke wird direkt an das Kraftwerk angebaut. Gemeinsam mit dem
Spullerseewerk, das ein Spitzenwerk ist, hat das Rutzwerk als Basiswerk die
Energieversorgung für die Strecken westlich der Tiroler Hauptstadt zu besorgen. Die
Ausgestaltung des Rutzwerkes, das bisher als Kraftwerk der Mittenwaldbahn diente,
umfaßt im Wesentlichen die Erweiterung des bestehenden Wasserschlosses, die Legung
eines zweiten Druckrohrstranges und die Aufstellung eines dritten Maschinensatzes
samt Transformator für eine Leistung von 8000 PS, ferner eine vollständige, den
erhöhten Betriebsanforderungen entsprechende Ausgestaltung der vorhandenen
Schaltanlage und der Nebenanlagen. Alle diese Arbeiten nähern sich der Vollendung.
Die zwischen den beiden Kraftwerken angeordnete 55-kV-Uebertragungsleitung, die
neben der schon erwähnten Zuführung der Energie zu den Unterwerken die elektrische
und damit wasserwirtschaftliche Kupplung der Werke zu besorgen hat, wird zum Teil
auf eigenem Gestänge abseits der Bahn, zum Teil auf dem Fahrleitungsgestänge
geführt. Ihr interessantester und schwierigster Teil ist die Strecke St.
Anton–Arlberg–Langen, die über unwegbares Gebirge führt, da die zweite Möglichkeit,
sie durch den Tunnel als Kabel zu legen, aus wirtschaftlichen Gründen ausscheidet.
Auf der Strecke Innsbruck–Bludenz gelangen 4 Unterwerke von nahezu gleicher Bauart
mit einer geringen Verschiedenheit der Transformatorenleistungen zur Aufstellung.
Von diesen Unterwerken ist der Hochbau Zirl nahezu fertig und die elektrische
Einrichtung wird noch im Laufe dieses Jahres eingebaut werden. Der Fahrleitungsbau
ist im abgelaufenen Jahre besonders auf den Strecken Innsbruck–Telfs und Landeck–St.
Anton gefördert worden, während im Arlbergtunnel nach erfolgter Einmauerung fast
aller Befestigungsschrauben für die Leitungstragwerke die Abdichtung des Tunnels und
insbesondere der Leitungsstützpunkte von Tropfwasser durchgeführt wurde. An
Lokomotiven wurden bisher 7 Schnellzugslokomotiven, 20 Personenzugslokomotiven und
20 Güterzugslokomotiven in Auftrag gegeben. Auch der Bau zweier
Zugförderungsanlagen, und zwar in Innsbruck-Westbahnhof und Bludenz, haben sich als
notwendig ergeben. Was die Elektrisierung des Netzteiles
Salzburg–Wörgl–Schwarzach–St. Veit–Villach betrifft, so wurde dort im. allgemeinen
auch dieses Jahr nicht wesentlich über die Vorbereitungsarbeiten hinausgekommen. Das
Stubachwerk, das von den Hauptverkehrsadern abgelegen, im Hochgebirge angelegt
werden soll, muß durch eine durch schwieriges Gelände führende Autostraße zunächst
zugängig gemacht werden, ferner ist am künftigen Bauplatz die Errichtung von
Wohngebäuden in Angriff genommen worden. Weit rascher und mit geringeren Geldmitteln
läßt sich das Mallnitzwerk ausbauen, das bei Ausgestaltung des Stappitzsees als
Speicherbecken für sich allein im Stande wäre, die für den Betrieb der Tauernbahn
erforderliche Energie abzugeben. Dadurch könnte sich die Bundesbahnverwaltung rund
26000 t Normalkohle im Jahre ersparen, was 850 Millionen Kronen bei dem Kohlenpreise
anfangs 1922 entspricht. Dieser Umstand wird auch allgemein anerkannt und in der
Nationalversammlung wurde vor Kurzem die rascheste Durchführung dieses Baues und die
Elektrisierung der Tauernbahn gefordert. Der Entwurf für dieses Werk ist
fertiggestellt, an der Wasserfassung und dem Zulaufstollen wird gearbeitet und auch
einzelne Wohnbauten gehen der Fertigstellung entgegen. Bezüglich der Strecke
Steinach–Irdning–Attnang–Puchheim kann gesagt werden, daß die seitens der
Elektrizitätswerke Stern und Hafferl A.-G. im Kraftwerk Steeg aufzustellenden
Maschinen anfangs 1923 fertiggestellt werden und daß mit dem Einbau der elektrischen
Streckenausrüstung demnächst begonnen wird.
Präzisions-Rollenlager. Unter den Maschinenelementen ist
wohl keines so wichtig, wie gerade das Lager; denn jede Maschine enthält in sich
verschiebende und drehende Teile, die gestützt werden müssen. Der Ausbildung der
Lager wurde daher schon frühzeitig die größte Aufmerksamkeit geschenkt. Nachdem das
gewöhnliche Gleitlager bis zum Ringschmierlager entwickelt war, ging man daran, die
mit ziemlich hohen Kraftverlusten verbundene gleitende Reibung durch rollende
Reibung zn ersetzen. Man ging an den Bau von Walzen- und Kugellagern.
Das Walzenlager führte sich wegen des Eckens der Walzen nicht ein. Man benutzte es
auch nur für ganz rohe Lagerungen. Das Kugellager hingegen verschaffte sich fast im
gesamten Maschinenbau in hohem Maße Eingang.
Für schweren und stoßweisen Betrieb, sowie für zeitweise Ueberlastung erwies sich
jedoch das Kugellager als nicht geeignet. Wollte man nicht wieder zum
unwirtschaftlichen Gleitlager zurückkehren, so mußte man die Vorteile der Walzen-
und der Kugellagerkonstruktionen vereinigen, d.h. ein Lager schaffen, das hoch
belastbar ist und gleichzeitig eine ebenso gute Reibungsziffer wie das Kugellager
besitzt. Man kam so auf die Rollenlager mit schmalen Rollen, die dieselben
Abmessungen haben wie die Kugellager.
Der Grund der Ueberlastbarkeit und Aufnahme von Stoßwirkungen ist einmal in der Form
und das andere Mal in der Herstellung der Rollen zu suchen. Bei der Herstellung der
Kugel wird die Materialfaserrichtung derart verändert, daß ihre Lage bei der
fertigen Kugel nicht mehr festzustellen ist. Jedes Material ist bekanntermaßen in
der Faserrichtung nicht so widerstandsfähig, wie senkrecht dazu. Im Betriebe kommen
nun aber naturgemäß auch in der Faserrichtung Stöße vor. Die Herstellung der Rolle
hingegen erlaubt keine Veränderung der Walzfaserrichtung; außerdem verläuft die
Berührung zwischen der Rolle und der Laufbahn in einer Linie, während die Berührung
zwischen Kugel und Laufbahn sich als Punktberührung ergibt. Hieraus ist ohne
weiteres zu erkennen, daß die Belastungsfähigkeit der Rolle eine größere sein muß,
als die der Kugel, d.h. daß ein Rollenlager höher beansprucht werden kann, als ein
Kugellager gleicher Abmessungen.
Textabbildung Bd. 337, S. 180
Abb. 1.
Unter den Rollenlagern hat sich besonders das zylindrische Rollenlager, das nach
einem von der S. K. F.-Norma, Berlin, streng geheim gehaltenen Verfahren rationell
und präzise hergestellt wird, vorzüglich bewährt.
Textabbildung Bd. 337, S. 180
Abb. 2.
Dieses Rollenlager wird in verschiedenen Typen ausgeführt: einmal als
Einstellrollenlager mit Innenbord (Abb. 1), welches
nur zur Aufnahme rein radialer Beanspruchungen dient, dann als Schulterrollenlager
mit Innenbord (Abb. 2), sowie als
Führungsrollenlager mit Innenbord (Abb. 3), welche
auch für zusätzliche Achsialbeanspruchungen vorgesehen sind.
Jede Lagerart hat zylindrische Rollen, die zwischen Spurkränzen in einem der
Ringe, den sog. Borden, laufen (meist Innenborde, in besonderen Fällen aus Gründen
der Montage aber Außenborde), die Rollen werden in einem massiven, gebohrten oder in
einem mit Bolzen vernieteten, kräftigen Plattenkäfig geführt, die Laufbahn des
Einstellrollenlagers ist ballig geschliffen, dabei verläuft der radiale Druck stets
durch das mittlere Drittel der Rollen, diese konstruktiven Eigenschaften schützen
die Kanten der Rollen vor übermäßigen Drücken und Ausbrechungen und verhindern das
Schränken der Rollen. Bei Wellendurchbiegungen kann sich das Lager selbst
einstellen.
Textabbildung Bd. 337, S. 180
Abb. 3.
Dipl.-Ing. Castner.
Untersuchungen über den Entzündungspunkt des Knallgases.
Ueber den Entzündungspunkt des Knallgases finden sich in der Literatur sehr
widersprechende Angaben, die einfache Angabe einer bestimmten Temperatur hat auch
keinerlei praktische Bedeutung, wenn nicht gleichzeitig über die näheren Umstände,
unter denen sie ermittelt wurde, genaue Mitteilungen gemacht werden, da der
Entzündungspunkt des Knallgases wie überhaupt eines jeden Gasgemisches von dem
Druck, der Strömunggeschwindigkeit, dem Gefäßmaterial und noch anderen Faktoren
abhängig ist. Der verstorbene bedeutende Chemiker, Prof. Dr. Alexander Mitscherlich,
hat über diesen Gegenstand sehr eingehende, über viele Jahre sich erstreckende
Versuche angestellt, die vor einiger Zeit in der „Zeitschrift für komprimierte
und flüssige Gase“ veröffentlicht worden sind.
Das für diese Versuche erforderliche Wasserstöff-Sauerstoffgemisch wurde durch
Elektrolyse einer chemisch reinen, 0,2prozentigen Kalilauge zwischen einer
zylindrischen Nickelkathode und einer ebensolchen Platinanode, die durch eine poröse
Tonzelle voneinander getrennt waren, hergestellt. Das so gewonnene Knallgas wurde
sorgfältig getrocknet, es strömte durch mehrere Sicherheitsapparate und gelangte
dann in das Verbrennungsrohr, das von einem massiven Kupferrohr umgeben war. Dieses
war außen mit Asbest umwickelt und wurde von 7 Gasbrennern auf seiner ganzen Länge
gleichmäßig erhitzt. An das Verbrennungsrohr war mit Hilfe eines T-Stücks einerseits
ein sehr empfindlicher Quecksilbermanometer, anderseits eine Wasserstrahl-Luftpumpe
angeschlossen. Sämtliche Versuche wurden mit strömendem Knallgas und bei Unterdruck
(130–530 mm QS) ausgeführt, um eine Beschädigung des Apparats durch die Explosion zu
verhüten. Das Eintreten der Explosion kann sowohl an dem Hinaufschnellen des
Manometers, mit großer Genauigkeit aber auch an der Lichtentwicklung im
Verbrennungsrohr festgestellt werden. Ein Knall tritt bei großer Verdünnung des
Gasgemisches in der Regel nicht auf. Wegen der weiteren Einzelheiten der Apparatur
und der Versuchausführung sei auf das Original verwiesen. Als wichtigste Ergebnisse
der Untersuchungen Mitscherlichs sind folgende zu nennen: In einem 7 mm weiten Rohr
aus arsenfreiem Jenaer Glas wurde bei 150 mm Verdünnung ein Entzündungspunkt des
Knallgases von 540° C. ermittelt; bei zunehmendem Druck stieg die
Entzündungstemperatur. Ebenso zeigte sich bei verkleinerter Strömunggeschwindigkeit
ein Ansteigen der Entzündungstemperatur. Eine erhebliche Erhöhung der
Entzündungstemperatur ist indessen nur bei sehr geringer Strömunggeschwindigkeit des
Gases zu bemerken,
während bei größerer Gasgeschwindigkeit die Temperaturschwankungen 4–5° nicht
übersteigen.
Sehr interessant ist der Einfluß, den das Material der angewandten Verbrennungsröhren
auf die Entzündungstemperatur ausübt. Bei geringer Gasstromgeschwindigkeit wurde
häufig schon vor dem Eintreten der Explosion eine Kontraktion des Gasvolumens
beobachtet, woraus hervorgeht, daß schon unterhalb des Entzündungspunktes eine
langsame Verbrennung von Wasserstoff und Sauerstoff, d.h. eine stille Vereinigung
ohne Lichterscheinung und Knall, vor sich geht. Die
hierdurch bedingte Wasserbildung nimmt mit steigender Temperatur erheblich zu, und
zwar ziemlich regelmäßig. Dasselbe ist bei steigendem Druck der Fall, auch hier ist
eine gewisse Regelmäßigkeit zu beobachten. Es zeigte sich aber, daß die
Wasserbildung auch unter gleichen Umständen ganz verschieden ausfällt, wenn das
Verbrennungsrohr vor dem Versuch längere Zeit auf 600 bis 700° erhitzt wurde, oder
wenn es mit Säure oder Alkali vorher behandelt wurde. Hierbei tritt offenbar eine
Oberflächenänderung des Glases ein, wodurch die Wasserbildung stark beeinflußt wird.
Bei Versuchen mit Quarzröhren, die daraufhin vorgenommen wurden, trat nun die
Wasserbildung überraschenderweise in noch viel stärkerem Maße auf, so daß der Schluß
berechtigt ist, daß der verschiedene Gehalt der Gläser an freier Kieselsäure auf die
Vereinigung von Wasserstoff und Sauerstoff bei hoher Temperatur beschleunigend
wirkt. Der so gebildete Wasserdampf setzt natürlich den Entzündungspunkt des
Knallgases nicht unwesentlich herauf. Von diesem Fehler sind indessen Röhren aus
glasiertem und namentlich aus unglasiertem Porzellan völlig frei, so daß nur dieses
Material für die genaue Bestimmung des Entzündungspunktes von wasserstoffhaltigen
Gasgemischen in Frage kommen kann. (Ztschr. f. komprim. u. flüss. Gase, 21. Jahrg.,
S. 89–93,101–103,125–128).
Sander.
Anwendung der Klein-Bessemerei namentlich in Duplex-Anordnung
und neue Betriebserfahrungen in einer deutschen Duplexanlage. (Verein
Deutscher Gießereifachleute.) Wohl kaum eine Erfindung hat jemals in so kurzer
Zeit eine so ausgesprochene wirtschaftliche und technische Umwälzung hervorgerufen,
als das von dem genialen Henry Bessemer ausgebildete Verfahren der Umwandlung von
Roheisen in Schmiedeeisen. Das Verfahren besteht bekanntlich darin, daß in ein
flüssiges Roheisenbad Wind, d.h. Sauerstoff eingeführt und dadurch die
Fremdbestandteile des Eisens verbrannt werden. Die Verbrennung dieser
Nebenbestandteile erhöht gleichzeitig die Temperatur des Bades und die
Dünnflüssigkeit des Erzeugnisses. Zum erheblichen Teil beruht die Bedeutung, die das
Bessemerverfahren für die Erzeugung von Stahlformguß erlangte, auf dieser
Dünnflüssigkeit des Stahles, der den Gießer in den Stand versetzt, Stücke von ganz
geringer Wandstärke mit Sicherheit zu gießen. Geht auch das Kleinbessemerverfahren,
wie es zur Erzeugung von Stahlformguß geübt wird, in seinen Ursprung auf Bessemer
zurück, so hat es sich doch neben dem in Großstahlwerken angewendeten
Bessemerverfahren ganz selbständig entwickelt. Neben französischen Konstrukteuren
war es namentlich der Deutsche Zenzes, der dem Verfahren zum Teil neue Wege wies.
Der Vorteil des Zenzeschen Kleinkonverters besteht besonders darin, daß Birnengefäß
und Windkasten von einander getrennt sind, daß die Birnen sich schnell auswechseln
lassen und sich bedeutende Ersparnisse an Anlage kosten ergeben. Zenzes hat die
neueste Entwicklung des Kleinkonverterverfahrens im letzten Jahr erneut
richtunggebend beeinflußt. Es ist ihm gelungen, nur aus Stahlschrott im Martinofen
erschmolzenes Eisen in der Birne zu Verblasen und die Bessemerei so vom teuren
Hämatitroheisen unabhängig zu machen. Den für die Wärmelieferung erforderlichen
Siliziumgehalt des Bades erzeugt Zenzes durch Zusatz von Ferrosilizium in der Birne.
Es ist so möglich geworden, in Siemens-Martinstahlgießereien, die Kupolöfen nicht
besitzen, das Birnenverfahren anzuwenden und dünnwandigen Guß mit billigeren Kosten
als bisher zu erzeugen, eine Aufgabe, die bisher nur unter Anwendung des
Elektroofens gelöst werden konnte.