Titel: | Zur Kenntnis der Schwimmaufbereitung. |
Autor: | K. Arndt |
Fundstelle: | Band 337, Jahrgang 1922, S. 207 |
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Zur Kenntnis der Schwimmaufbereitung.
I.
Von Prof. Dr. K. Arndt,
Charlottenburg.
ARNDT, Zur Kenntnis der Schwimmaufbereitung.
In eigenartiger Weise werden Oelemulsionen im Hüttenwesen benutzt, um Erze,
besonders Sulfide, welche sich auf andere Weise nicht vorteilhaft verarbeiten
lassen, von der Gangart zu trennen. Die erste 1905 in Australien erbaute Anlage
verarbeitete täglich 600 t. 1916 wurden schätzungsweise 25 Millionen, 1921 sogar 70
Millionen t Erz auf vielen Werken in der ganzen Welt nach verschiedenen
„Schwimmverfahren“ (englisch Flotation Process) aufbereitet.
Die Grundlagen dieses Verfahrens sind sehr alt. Schon die Phönizier erleichterten
sich die Gewinnung von Waschgold durch Anwenden von Fett. Altbekannt ist auch, daß manche
feingepulverte Erze auf Wasser schwimmen können. 1860 versuchte W. Haynes seine
Entdeckung, daß sich Schwermetallsulfide durch Benetzen mit Oel von der begleitenden
Gangart trennen lassen, technisch zu verwerten, hatte aber keinen Erfolg. 1885 fand
C. J. Emerson zufällig, daß ein Säurezusatz das Haften
des Oeles am Erz begünstigt und daß die geölten Sulfide, wenn die Flüssigkeit stark
gerührt wird, an die Oberfläche steigen, während die das Oel abstoßende Gangart
zurückbleibt.Ich folge hier und später teilweise der Schrift von P. Vageler
„Die Schwimmaufbereitung der Erze“, Dresden 1921. Der
erste erfolgreiche Erfinder auf diesem Gebiete war jedoch vor 20 Jahren der
Engländer Elmore.
Bei dem alten Elmoreverfahren (1903) wurde die Aufschlämmung des feingemahlenen Erzes
in Wasser, die „Trübe“, mit Oel gemischt und durch Leisten, welche an einer
über der Flüssigkeit sich drehenden Welle befestigt waren, zu Schaum geschlagen. Die
schäumende Flüssigkeit wurde dann in ein hohes Gefäß überführt, wo die Gangart zu
Boden sank, während der das Erz tragende Schaum in eine Zentrifuge gelangte, welche
Oel, Wasser und Erz voneinander trennte. Bei dem neuen mit Vakuum arbeitenden
Elmoreverfahren wurde die Trübe mit 10% Säure und Rohpetroleum gemischt, kräftig
gerührt und dann durch eine Luftpumpe in ein kegelförmiges Gefäß emporgesogen, aus
welchem der Schaum, dessen Entwickelung durch die Luftleere mächtig gefördert wird,
und die Gangart getrennt abflössen. Auf 1 t Erz wurden jetzt nur 1½–5 kg Rohöl und
½–10 kg Schwefelsäure gebraucht.Siehe z.B. Electrochemical and Metallurgical Industry Bd. 6, (1908), S.
188.
Auch sonst waren es zunächst Engländer, welche sich um den Ausbau des neuen Weges
bemühten und ihn nach Gründung der Mineral Separation Ltd. großzügig ausnutzten. Ich
nenne Cattermoll, Sulman und Picard, Froment. Viel später traten einige schwedische Erfinder in den
Vordergrund, Appelquist und Tyden, sowie Gröndal. Es wurden z.B. Fettsäuren
oder Seife zugesetzt, das Oel oder die Trübe wurde zerstäubt, oder es wurde mit Oel
beladener Dampf eingeblasen, um eine recht innige Mischung zu erzielen. Neuerdings
haben sich deutsche Großunternehmer der Schwimmaufbereitung mit aller Energie
angenommen (Krupp-Grusonwerk, Beer, Sondheimer usw.).
Die schon erwähnte erste Anlage auf Broken Hill in Australien, welche Zinksulfid
führende Abgänge aufzuarbeiten hatte, lieferte zu aller Zufriedenheit hoch
angereicherte Konzentrate bei über 70% Ausbringen. Auch 2 andere Anlagen arbeiteten
anfangs gut. Dann traten verhängnisvolle Störungen ein, welche aber allmählich
zumeist überwunden wurden, indem man die Verschiedenheit der Erze und der Oele
berücksichtigen und nicht zum wenigsten auf die Art des verwendeten Wassers achten
lernte. Eine Fülle von Erfindungen strömte herbei, die freilich großenteils
minderwertig waren, weil sie die Grundlagen des Schwimmverfahrens nicht genügend
beachteten. Die Zahl der auf diesem schwierigen Gebiete erteilten Patente hat bald
die Zahl 3000 erreicht.
Was nun die wissenschaftliche Klärung dieser verwickelten Vorgänge anlangt, so hat
bereits Bradfort 1886 auf die Bedeutung der
Oberflächenspannung hingewiesen. Zum besseren Verständnis sei hierzu folgendes
bemerkt. Wenn man einen Flüssigkeitstropfen auf die ebene Grenzfläche eines festen
Körpers (z.B. auf eine Glasplatte bringt, so sind zwei Grenzfälle möglich: im einen
Fall bleibt der Tropfen kugelig, er benetzt garnicht (Quecksilber auf Glas); im
zweiten Grenzfall breitet er sich völlig aus, er benetzt vollständig (Alkohol
auf Glas). Zwischen beiden Grenzen liegen die zahllosen Fälle, in denen der Tropfen
teilweise zerfließt (z.B. Wasser auf Glas, das nicht besonders gereinigt ist). In
diesen Fällen liegt der Winkel, unter dem sich die Grenzflächen flüssig-gasförmig
(im Beispiel Wasser gegen Luft) und fest-flüssig (im Beispiel Glas gegen Wasser)
schneiden, der Randwinkel zwischen 0 und 180°. Das Gas ist gewöhnlich Luft, was man
zumeist nicht besonders erwähnt. Weil kleine Verunreinigungen außerordentlichen
Einfluß haben, sind die Messungen der Randwinkels oft recht unsicher. Unter anderen
fand Sulman den Randwinkel für Quarz gegen Wasser 20 bis 59°, für Kupferkies gegen
Wasser 37 bis 87°.
Gegen angesäuertes Wasser (0,7% Schwefelsäure) war der Randwinkel bei Kupferkies
44–72°, bei Quarz 9°. Mit einer Oelhaut überzogenes Erz wird natürlich viel weniger
benetzt; geölter Kupferkies ergab 55–167°.
Neben der durch den Randwinkel leidlich gekennzeichneten Oberflächenspannung spielt
die Adsorption eine große Rolle bei der Schwimmaufbereitung, jene gewaltige, noch
ungenügend erforschte Kraft, welche auf der Oberfläche fester Körper Gase
verdichtet, Flüssigkeiten bindet und feste Teilchen anlagert. Bei der Adsorption
wirken Anziehungen zwischen den kleinsten selbständigen Teilchen der Stoffe, den
Molekülen; sie sind den chemischen Anziehungskräften zwischen den Atomen und
Atomgruppen verwandt. Nach Messungen von Vageler werden
von 100 g feingepulverter Substanz die in der folgenden kleinen Tafel angegebenen
Flüssigkeitsmengen gebunden:
Substanz
Wasser
Amylalkohol
Anilin
QuarzDie große Adsorptionsfähigkeit der Gangart für Wasser bewirkt, daß
eine undurchdringliche Wasserhaut das Oel von ihr
fernhält.
1,08 g
1,09 g
1,00 g
Buntkupfererz
0,11
0,07
0,13
Zinkblende
0,16
0,08
0,11
Das Pulver war durch ein Sieb getrieben, das 100 Maschen auf den qcm enthielt.
Mittels der adsorbierten Flüssigkeitshaut hängen sich, wenn alles in Ordnung ist, die
Erzteilchen an die in der Trübe verteilten Gasbläschen und lassen sich von ihnen
emporheben.
Drittens kommt es bei der Schwimmaufbereitung darauf an, die winzigen Teilchen zu
größeren Flocken zu vereinigen; denn bei zu feiner Zerteilung ist keine ordentliche
Trennung möglich. Ueber die Bedingungen des Ausflockens gibt uns die Kolloidchemie
leidliche Auskunft. Hier spielen elektrostatische Kräfte eine wesentliche Rolle.
Denken wir uns z.B. die festen Teilchen, welche wegen ihrer Winzigkeit in der
Flüssigkeit schweben bleiben, alle negativ geladen, so stoßen sie einander ab.
Sobald wir nun durch Ansäuern positiv geladene Wasserstoffionen einführen, mögen
sich diese an jene negativ geladenen Teilchen anlagern und sie neutralisieren. Auf
diese Weise kann man sich erklären, daß solche von schwebenden Teilchen erfüllten
Trüben durch Säurezusatz ausgeflockt werden. Im umgekehrten Falle positiv geladener
Teilchen kann die Einführung negativ geladener Hydroxylionen ausflockend wirken,
also z.B. Zusatz von ein wenig Natronlauge. Sehr wirksam sind auch Salze
mehrwertiger Elemente, z.B. Kupfersalze.
Bei dem Zusammenballen wünscht man natürlich nicht, daß Erz und Gangart zusammen
ausflocken, was besonders dann leicht eintritt, wenn die Gangart als feiner Schlamm
die Erzteilchen umhüllt. Man kann dies durchverschiedene Kunstgriffe hindern, z.B. indem man
„Schutzkolloide“ einführt, Kieselsäure oder Seife zugibt – diese Stoffe
vergrößern nach Vageler das Volumen der Gangteilchen – oder indem man schon beim
nassen Mahlen des Erzes die Gangart durch sehr wenig Wasserglas vor zuweitgehender
Zerkleinerung bewahrt. Hierbei nutzt man das größere Adsorptionsvermögen des Quarzes
aus, welcher ja einen Hauptbestandteil des Ganges zu bilden pflegt.
Was die verwendeten Oele anlangt, so unterscheidet man sammelnde und schaumbildende
Oele. Die Tröpfchen der sammelnden Oele, z.B. Kohlenteeröl, schließen die
Erzteilchen ein und vereinigen sich zu größeren Tropfen. Im Gegensatz zu ihnen sind
die schaumbildenden Oele, z.B. Kienöl, in Wasser ziemlich löslich. Es kommt des
weiteren darauf an, daß der Schaum das vom Sammler umhüllte Erz willig aufnimmt und
gut trägt, die Gangart aber zurückläßt, und daß das angereicherte Erz vom Schaum
leicht befreit werden kann.Man zerstört den Schaum meist durch Aufsprühen von Wasser, entwässert dann in
Schüttelkästen bis auf 6–9% Wasser und trocknet, wenn nötig, an der Luft
nach.
Vom wissenschaftlichen Standpunkt läßt sich über die Bedingungen des Schäumens
folgendes sagen. Schaumbildung vergrößert die Oberfläche der Flüssigkeit
außerordentlich. Weil aber die Oberflächenspannung die Oberfläche zu verkleinern
strebt, so ist kleine Oberflächenspannung eine Vorbedingung für gutes Schäumen, der
Schaum zergeht aber bald wieder, wenn er nicht zähe ist. Die besten Schaumbildner,
wie Seifen, Pepton, gewisse Farbstoffe, erfahren in der Oberfläche, wo ihre
Konzentration weit höher ist als in der übrigen Flüssigkeit, wichtige Veränderungen,
indem sie gallertartig erstarren oder ausflocken. Hierdurch entsteht ein aus
verhältnismäßig festen Blättern aufgebautes Schaumgerüst. Die dazu nötige Stoffmenge
ist manchmal erstaunlich gering. Schon 3 mg Pepton genügen, um auf einer Oberfläche
von 1 qm ein festes Häutchen und einen beständigen Schaum zu erzeugen. Zusätze,
welche den Schaumbildner aus der Oberfläche verdrängen, hindern die
Schaumbildung.Siehe Freundlich, Kapillarchemie, Leipzig 1909, S.
302 ff. Ein großblasiger Schaum ist naturgemäß nicht so beständig
wie ein kleinblasiger.
Meist werden Mischungen mehrerer Oele verwendet, die man für das betreffende Erz
geeignet gefunden hat. Ebenso müssen durch messende Laboratoriumsversuche die
günstigste Temperatur, die günstigste Konzentration der Trübe und alle anderen
nützlichen oder schädlichen Umstände genau ermittelt werden.
Zahllose Oele und Oelmischungen sind im Laufe der Jahre geprobt worden. Eine
beschränkte Anzahl erwies sich für bestimmte Erze brauchbar. Für Zinkerze eignet
sich unter anderen Oelsäure, welche gemischt mit Fischöl auch Silikate hebt.
Eukalyptusöl erlaubt auf Grund verschiedener Benetzung Blei- und Zinkerze
voneinander zu scheiden. Von Verwandten des Anilins ist besonders das rohe
a-Napthylamin für Kupferkiese sehr beliebt geworden, besonders in Verbindung mit
Xylidin als Lösungsmittel.
Von schädlichen Stoffen sei als Beispiel Saponin genannt, auch Huminsubstanzen,
welche der Schaumbildung schaden. Geringe Mengen Saponin haben einmal eine große
Anlage wochenlang lahmgelegt. Umgekehrt erwiesen sich in einem anderen Falle die
winzigen Kupfermengen, die aus den Metallteilen der Aufbereitungsmaschine in die
Flüssigkeit gerieten, ohne daß man es wußte, als überraschend günstig.
Um an „Flotationsmitteln“ und Wasser zu sparen, klärt man und benutzt es im
Umlauf. Gröber gemahlene Erze (Sande) werden mit der dreifachen, Mehle mit der
4–5fachen Wassermenge versetzt. Es empfiehlt sich, die letzte Verdünnung kurz vor
der Flotationszelle vorzunehmen, namentlich wenn das Oel schon bei der Zerkleinerung
zugesetzt wird, damit das Oel sich recht gut verteilt.Siehe Ullmann, Enzyklopädie der technischen
Chemie, Bd. 10, S. 334.
Auch oxydische Erze lassen sich nach dem Schwimmverfahren aufbereiten, nachdem sie
z.B. durch Schwefelwasserstoff oberflächlich in Sulfide umgewandelt sind.
Die Schwimmaufbereitung kommt neben den anderen Aufbereitungsverfahren besonders in
Betracht, wenn die Erze arm und sehr fein eingesprengt sind, also doch so fein
gemahlen werden müssen, wie das Schwimmverfahren es verlangt (mindestens ¼ mm).
Gegenwart von Ton ist sehr ungünstig, weil er das ganze Oel an sich reißt.
Auch Graphit, gediegen Gold und Silber, sogar Steinkohle von Halden lassen sich nach
dem Schwimmverfahren aufbereiten.
Ein Nachteil ist, das wegen der Feinheit der Teilchen sich die nach dem
Schwimmverfahren gewonnenen Erzkonzentrate nicht leicht handhaben und in
gewöhnlichen Oefen nur mit beträchtlichen Verlusten verhütten lassen.Ein zweiter Aufsatz soll neues experimentelles Material
beibringen.