Titel: | Polytechnische Schau. |
Fundstelle: | Band 337, Jahrgang 1922, S. 209 |
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Polytechnische
Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszüge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Der billigste Rohrdurchmesser für
Heißdampf-Kraftleitungen. Während in dem früheren Aufsatz „Der billigste
Rohrdurchmesser für Dampfkraftleitungen“ (vergleiche Seite 77 u. 102) die
Berechnung allein der Sattdampfleitungen behandelt wurde, sind in der vorliegenden
Arbeit entsprechende Formeln für Heißdampf entwickelt, die naturgemäß bei der völlig
verschiedenen Eigenart des Heißdampfes – besonders Fortfall des Kondensats durch
Abkühlung und statt dessen Dampfverbraucherhöhung in der Maschine – zu ganz anderen
Ergebnissen führen müssen. Berücksichtigt wurden bei Aufstellung der Formeln alle
für die Wirtschaftlichkeit solcher Heißdampfleitungen maßgebenden Größen:
1. Güteverminderung des Heißdampfes durch Druckabfall infolge der Rohrreibung
und der Einzelwiderstände; 2. Güteverminderung durch Temperaturabfall infolge der
Wärmeverluste unter Beachtung der Wertigkeit der Umfüllung; 3. Kapitalkosten:
Verzinsung, Abschreibung und Unterhaltung der Rohrleitung, unter besonderer
Berücksichtigung von etwa vorhandenen, nicht unter Dampfstehenden Reserveleitungen;
4. Arbeitszeit und 5. Gesamtbetriebskosten.
Der Aufbau der entwickelten Formeln setzt, wie bei den Sattdampfleitungen, stetige
Strömung in der Rohrleitung voraus. Dieselben sind daher streng gültig nur für
Dampfturbinen, für Kolbendampfmaschinen ohneBedenken nur dann, wenn vor der Maschine ein großer
Wasserabscheider als Dampfspeicher wirkt.
Als endgültige Formel für den billigsten Rohrdurchmesser db wird entwickelt:
d_b=d_R\,\frac{A}{B}
Gl. 61 des Originalaufsatzes.
Hierin stellt dR den
„Reibungsdurchmesser“ dar, d.h. den Rohrdurchmesser, welcher erhalten
wird, wenn als Leitungswiderstand nur Rohrreibung und wenn die Anlagekosten nicht
berücksichtigt werden.
Die Einzelwiderstände (Rohrkrümmungen, Ventile, Schreber), dargestellt durch den
Zähler A des Bruches, vergrößern den Durchmesser wesentlich und zwar umsomehr, je
größer die Widerstandszahl ∑ξ und die Dampfmenge ist.
Die Anlagekosten, berücksichtigt durch den Bruch B des Nenners, verringern dagegen
den Rohrdurchmesser, und zwar um so stärker, je kürzer die Arbeitszeit Z.
Besonders beachtenswert ist:
1. Daß der billigste Rohrdurchmesser db nahezu
unabhängig ist von der Größe 1 der Rohrlänge, dagegen sehr stark abhängig von dem
Verhältnis \frac{\Sigma\,\zeta}{l}, d.h. von den auf 1 m Rohrlänge enfallenden
Einzelwiderständen. Bei gleichbleibenden ∑ξ wird also db um so größer, je kürzer die Rohrleitung ist.
2. Der Einfluß der Einzelwiderstände der Absperrvorrichtungen (Ventile, Schieber
usw.) ist gegenüber der Rohrreibung unter normalen Verhältnissen so überwiegend, daß
die Zahl und Bauart der Absperrvorrichtungen nahezu allein den Rohrdurchmesser db bestimmt.
Weiterhin berücksichtigen Sonderformeln verschiedene Belastungen der Maschinen
während der jährlichen Arbeitszeit Z.
Ein Vergleich von a) Normal-Ventile und b) Koswa-Ventile lehrt:
1. Der große Widerstand (∑ξ = 25,5) der Normalventile bedingt einen wesentlich
größeren Durchmesser db gegenüber den Koswa-Ventilen
(nach Spalte 1db = 254 mm gegen 200) und
dementsprechend eine wesentlich kleinere Dampfgeschwindigkeit.
2. Obwohl die neuzeitlichen Koswa-Ventile 0,7% teurer sind (Spalte 3) als die
normalen Ventile, werden die Mehrkosten durch Verringerung des Durchmessers (200
gegen 254 mm nach Spalte 1) um 23,7% billiger, sodaß die Gesamtkosten der
Rohrleitungsanlage K (Spalte 4) noch um 13690 M. oder 10,5% geringer ausfallen.
Die so berechneten Formeln ergeben verhältnismäßig große Rohrdurchmesser. Die
vorteilhaftesten Geschwindigkeiten fallen, zumal bei Ventilen mit großem
Durchgangswiderstand, viel kleiner aus als bisher gebräuchlich war.
Es wird nun gezeigt, daß bei Verringerung des Rohrdurchmessers bis 10% gegenüber dem
errechneten db die jährlichen Betriebskosten M nur
etwa 3% höher werden, so daß es also ratsam ist, bei Abrundung auf Handelsmaße auf
den nächst niedrigen Durchmesser herabzugehen.
Zur Erläuterung der Rechnung ist dann ein Zahlenbeispiel eingehend durchgeführt:
Kondensations-Dampfturbine, dauernd belastet mit N = 5600 kW; Kesseldruck 14 at
absol., Kesseltemperatur 325° C.
Normalerweise wird der Dampf von je zwei gleichartigen Kesseln geliefert, sodaß die
Rohrleitung zerfällt in zwei gleich starke, je mit der halben Dampfmenge belastete
Teilstrecken I bezw. I' und in die gemeinschaftliche, mit der ganzen Dampfmenge
belasteten Teilstrecke II.
A) Um den Einfluß der Ventilwiderstände zu zeigen, sind gegenübergestellt der Einbau
von Normalventilen mit großem Widerstand (je ξ = 7) und von neuzeitlichen Ventilen
mit geringem Widerstand (je ξ = 1); und zwar ist für letztere das Koswa-Ventil der
Firmen Buschbeck & Hebenstreit in Dresden und Schumann & Co.,
Leipzig-Plagwitz 12, gewählt, da hierfür einwandfreie Zahlen durch Versuche an der
technischen Hochschule zu Dresden vorlagen.Gasterstaedt, „Versuche mit Koswa-Ventilen“, Zeitschr. f. Dampfk. u.
Masch.-Betrieb 1921, Nr. 47. Ferner sind die Preise für
Rohrleitung, Ventile und Kosten vom 1. Vierteljahr 1921 zugrunde gelegt.
Teilstrecke I:
Belastet mit N1 = 2800 kW, stündlicher Dampfverbrauch
G = 16500 kg/h. Bei 3 Ventilen wird für Normalventile ∑ξ = 25,5, für Koswa-Ventile
∑ξ = 7,5. Rohrlänge l = 15 m.
Die Ergebnisse der Rechnung zeigt Zahlentafel 12.
Zahlentafel 12.
Vergleich der Kosten für die billigsten Durchmesser db für Ventile mit großem und kleinem
Durchgangswiderstand.
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Durch-messerdbmm
Anlagekosten
Gesamt-anlagen-kostenK
=Kr + Kv%
Kapital-kostenMK%
Dampf-kostenMD%
JährlicheBetriebs-kostenM
=MK + MD%
Druck-abfallΔpkg/cm2
Tempera-turabfallΔt°C
Dampf-geschwin-digkeitvbm/sek
RohreKr%
VentileKv%
a) Normale Ventile ∑ξ = 25,5
254
100
100
100
100
100
100
0,2148
1,869
17,8
b) Koswa-Ventile ∑ξ = 7,5
200
77,3
100,7
89,5
89,5
80,9
84,1
0,1813
1,474
28,5
Ersparnisse durch b
+ 23,7
– 0,7%
+ 10,5%––––––––(13690 M)
+ 10,5%
+ 19,1%
+ 15,9%––––––––(14230 M)
3. Durch den geringeren Druck- und Temperaturabfall (Spalte 8 und 9) ermäßigen sich
die jährlichen Dampfkosten MD (Spalte 6) um 19%,
sodaß die jährlichen Betriebskosten M, sich zusammensetzend aus Dampf- und
Kapitalkosten, eine jährliche Ersparnis von 14230 M. oder 15,9% ergeben (Spalte
7).
b) Würde die Rohrleitung bei Verwendung von Normalventilen (∑ξ = 25,5) den
Durchmesser 200 mm erhalten, welches bei Koswa-Ventilen mit ∑ξ = 7,5 die günstigsten
Verhältnisse liefert, so wäre die Rohrleitung zu eng, müßte ein unwirtschaftlich
großer Druckabfall und demnach eine Steigerung der Dampfkosten MD entstehen. Die hierdurch bedingten Verhältnisse
zeigt
Tafel 12 a) Reihe c. Würden in der so überlasteten Rohrleitung jetzt die
Normalventile durch Koswa-Ventile ersetzt, also der Zustand b) der Zahlentafel 12
eingeführt, so läßt die in Tafel 12a gebotene Gegenüberstellung von c) und b)
erkennen, welche Ersparnisse an jährlichen Betriebskosten durch Auswechslung
normaler Ventile gegen neuzeitliche Ventile in zu enger Rohrleitung erzielt werden
können.
Zahlentafel 12a.
Ersparnis durch Auswechslung normaler Ventile gegen neuzeitliche
Ventile in zu enger Rohrleitung.
1
2
3
4
5
6
7
8
9
Durch-messerdmm
Anlagekosten
Gesamt-anlagen-kostenK
=Kr + Kv%
Kapital-kostenMK%
Dampf-kostenMD%
JährlicheBetriebs-kostenM
=MK + MD%
Druck-abfallΔpkg/cm2
Tempera-turabfallΔt°C
RohreKr%
VentileKv%
a) Normale Ventile ∑ξ = 25,5
200
100
100
100
100
100
100
0,5732
1,474
b) Koswa-Ventile ∑ξ = 7,5
200
100
167,6
132,7
132,7
54
70
0,1813
1,474
Ersparnisse durch Koswa-Ventile
–
0
– 67,6
– 32,7
– 32,7
+ 46––––––––(39160 M)
+ 30––––––––(31960 M)
–
–
Durch Auswechslung der Ventile ermäßigt sich also der große Druckabfall von
0,5732 at auf 0,1813 at (Spalte 8). Trotz der erheblichen Mehrkosten der
neuzeitlichen Ventile von 67,6% (Spalte 4) wird daher durch die starke Verminderung
der Dampkosten um 39160 M. (46 v. H.) eine Ersparnis von jährlich 31960 M. (30
v. H.) Betriebskosten (Spalte 7) erzielt. Der Mehraufwand für Ventile würde bereits
nach 9 Monaten wieder eingespart sein.
c) Bemerkenswert ist weiterhin noch die Zusammenstellung 12b):
Zahlentafel 12b.
Vergleich richtig berechneter Leitung (a) mit zu enger Leitung
(c).
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Durch-messerdmm
Anlagekosten
Gesamt-anlagen-kostenK
=Kr + Kv%
Kapital-kostenMK%
Dampf-kostenMD%
JährlicheBetriebs-kostenM
=MK + MD%
Druck-abfallΔpkg/cm2
Tempera-turabfallΔt°C
Dampf-geschwin-digkeitvbm/sek
RohreKr%
VentileKv%
a) Normale Ventile ∑ξ = 25,5(Zahlentafel 12)
254
100
100
100
100
100
100
0,2148
1,869
17,8
b) Normale Ventile ∑ξ = 25,5(Zahlentafel 12a)
200
76,3
60,1
67,5
67,5
150
119,7
0,5732
1,474
28,5
Mehrkosten
– 23,7
– 39,9
– 32,5
– 32,5
+ 50
+ 19,7
Die Verringerung des Rohrdurchmessers von 254 auf 200 mm, also Steigerung der
Dampfgeschwindigkeit von 17,8 auf 28,5 m/sek (Spalte 1 u. 10) hat naturgemäß eine
starke Verbilligung der Anlagekosten, und zwar um 32,5 v. H. (Spalte 4) zur Folge.
Durch Steigerung des Druckabfalles von 0,2148 auf 0,5732 kg/cm2 (Spalte 8) entsteht jedoch eine so kräftige
Steigerung der Dampfkosten (50,0 v. H. nach Spalte 6), daß die jährlichen
Mehrausgaben an Betriebskosten 19,7 v. H. betragen.
Teilstrecke II.
Belastet mit der Gesamtleistung N = 5600 kW; stündlicher Dampfverbrauch G = 33000
kg/h. Bei 1 Ventil und 1 großen Wasserabscheider (ξ = 7) wird für Normalventile ∑ξ =
16, für Koswa-Ventile ∑ξ = 10. Rohrlänge l = 22 m.
A) Das Ergebnis der Rechnung zeigt Zahlentafel 13.
Zahlentafel 13.
Vergleich der Kosten für den billigsten Durchmesser db bei Ventilen mit großem und kleinem
Durchgangswiderstand.
1
2
3
4
5
6
7
8
9
Durch-messerdbmm
Anlagekosten
Gesamt-anlagen-kosten%
Kapital-kostenMK%
Dampf-kostenMD%
JährlicheBetriebs-kostenM
=MD + MK%
Druck-abfallΔpkg/cm2
Tempera-turabfallΔt°C
RohreKr%
VentileKv%
a) Normale Ventile ∑ξ = 16
364
100
100
100
100
100
100
0,1317
1,912
b) Koswa-Ventile ∑ξ = 10
325
82,3
144,3
109,5
109,5
94
97,8
0,1342
1,741
Ersparnisse durch Koswa-Ventile
–
+ 17,7
+ 44,3
– 9,5–––––––(6090 M)
– 9,5
+ 6,0
+ 2,2–––––––(1450 M)
–
–
Auch hier ergibt die Verwendung neuzeitlicher Ventile eine Ersparnis an
jährlichen Betriebskosten (2,2% n. Spalte 7), aber höhere Anlagekosten (9,5% n.
Spalte 4). Der Grund ist der, daß der Widerstand des einen Ventils gegenüber
dem Wasserabscheider und sonstigen Widerständen zu gering ist, um durch
Verkleinerung das \frac{\Sigma\,\zeta}{l} stark beeinflussen zu können: der kleine Unterschied der
Rohrdurchmesser (364 gegen 325 mm nach Spalte 1) hat so geringe Verbilligung der
Rohrleitung zur Folge, daß sie durch den höheren Preis des Koswa-Ventils nahezu
ausgeglichen wird.
Weiterhin wird Teilstrecke II für den Fall berechnet, daß die Belastung der Turbine
während der Betriebszeit Z verschieden ist, und zwar Vollbelastung für ½ Z,
Dreiviertelbelastung während ½ Z und halbe Belastung für ¼ Z.
Der billigste Durchmesser verringert sich gegenüber dauernder Vollbelastung bei
Normalventilen auf:
db = 377 mm gegen 364,
bei Koswa-Ventilen auf:
db = 283 mm gegen 325.
Bemerkenswert für Teilstrecke I und II sind die verhältnismäßig kleinen
Dampfgeschwindigkeiten vb, welche bei Verwendung der
billigsten Durchmesser db auftreten. Sie bleiben,
selbst bei Verwendung der Ventile mit geringem Eigenwiderstand, weit unter den
üblichen Werten. Da mehrfach in der Literatur eine Dampfgeschwindigkeit v = 80 m/sek
als erstrebenswert angegeben ist, wurde für Teilstrecke II eine Vergleichsrechnung
zwischen dem billigsten Mehrdurchmesser db = 268 mm
mit vb = 31,5 m/sek und einem sehr engen Durchmesser
d = 170 mm mit v = 81,6 m unter sonst gleichen Verhältnissen durchgeführt. Das
Ergebnis ist: Bei der engen Leitung werden durch die kleineren Abmessungen der Rohre
und Ventile zwar an Anlagekosten 51,7 v. H. (26 470 M.) gespart, die jährlichen
Betriebskosten dagegen um 112 v. H. (51390 M.) erhöht. Solch hohe Geschwindigkeiten
sind demnach unwirtschaftlich. (Die Wärme Nr. 8.).
Prof. Denecke, Braunschweig.
Textabbildung Bd. 337, S. 211
Abb. 1.
Bau und Berechnung von Wärmespeichern und Winderhitzern.
Wärmespeicher und Winderhitzer müssen unter einheitlichen Gesichtspunkten betrachtet
werden. Die Vorgänge in beiden unterliegen den gleichen Naturgesetzen, und eine
Größenberechnung auf derselben Grundlage ist daher möglich. Bei jeder der genannten
Vorrichtungen nimmt ein feuerfestes Gitterwerk Wärme von den Verbrennungsgasen auf
und gibt sie in der Folgezeit an zu erhitzende Luft oder andere Gase ab. Da sich
beide Vorgänge nach einander vollziehen, so müssen stets 2 Apparate vorhanden sein.
Der Wirkungsgrad einer derartigen Anlage ist das Verhältnis der vom vorgewärmten Gas
abgenommenen zu der in den Erhitzer eingeführten Wärme. Das Bestreben, die
Temperatur der Speicherabgase möglichst niedrig zu halten, erweist sich unter
Umständen geradezu als schädlich. Es führt zur Vergrößerung des Gitterwerkes.
Hierbei wachsen aber bisweilen die Strahlungsverluste so stark, daß kein Gewinn
durch Temperaturerhöhung bei der Vorwärmung erreicht wird. In der Abb. 1 ist schematisch der Temperaturverlauf in einem
4 m hohen SM-Wärmespeicher gezeigt. Die zu erhitzende Luft tritt mit 50° bei G ein.
Der Temperaturunterschied zwischen ihr und den Steinen ist bedeutend, nämlich gleich
der Strecke GD. Infolgedessen erfolgt eine rasche Erwärmung. Bei J ist der Punkt
erreicht, wo die Wind- und Steintemperatur annähernd gleich ist und der noch
vorhandene Unterschied zwischen beiden keine Veränderung mehr erfährt. Erniedrigt
man das Gitterwerk um 1 m, so ist nunmehr B die unterste Schicht. Sie besitzt, wie
der Verlauf von EF zeigt, eine höhere Temperatur als zuvor. Der bei G' wieder
mit 50° eintretende Wind wird sich daher noch rascher erhitzen als im ersten Falle
und die früher bei J erreichte Annäherung an die Steintemperatur erfolgt jetzt bei
K. Die unteren Steinlagen sind starken Temperaturschwankungen ausgesetzt, was für
die oberen nicht zutrifft. Die Größe der Vorwärmung hat keine Veränderung erfahren.
Allerdings darf nicht außer Acht gelassen werden, daß sich K gegen Ende der
Umsteuerzeit nach F verschiebt. Wird jedoch die Höhe der Kammer nicht gar zu gering,
so richtet sich die Temperatur der obersten Steinschicht nur nach dem Wärmegrad der
Heizgase. Abb. 2 veranschaulicht dieselben
Verhältnisse in Cowper-Apparaten. Es fällt die außerordentliche Höhe von 20 m des
Gitterwerkes auf, welche zurückzuführen ist auf lange Windzeiten,
Aufheizschwierigkeiten bei ungereinigten Gasen und auf den irrtümlichen Glauben, daß
die Wärmeausnutzung besser wird, wenn die Essentemperatur niedrig ausfällt. Seitdem
man mit gereinigten Gichtgasen arbeitet, haben sich die Verhältnisse ganz und gar
geändert. Die punktierten Linienzüge für die Stein- und Lufttemperatur auf der
rechten Seite der Abbildung zeigen, daß sich bei einer Erniedrigung des Gitterwerkes
auf 6 m die Windaustrittstemperatur nicht ändert. Die Möglichkeit einer Verringerung
der Höhe des Erhitzers wird befördert durch eine Verkürzung der Umsteuerzeit. Eine
derartige Maßnahme hat eine starke Abnahme der Ausstrahlungsverluste zur Folge.
Textabbildung Bd. 337, S. 211
Abb. 2.
Beachtenswert ist auch der Vorschlag, die Strahlungswärme der Cowperwandungen zur
Erhitzung der Verbrennungsluft des Gases auszunutzen. Man umgibt zu diesem Zwecke
den Apparat mit einem dünnen Blechmantel. Zwischen ihm und den Wänden des Cowpers
bleibt ein Zwischenraum, in dem unten Luft eintritt, die durch den in der Kuppel des
Winderhitzers befindlichen Brenner angesaugt wird. Eine etwa 5prozentige
Gasersparnis läßt sich auf diesem Wege erzielen.
Vielfach werden zur Berechnung Formeln benutzt, welche die Heizfläche, das
Temperaturgefälle zwischen ihr und den vorzuwärmenden Gasen, die Zeitdauer und einen
Wärmeübertragungskoeffizienten enthalten. Derartige Gleichungen leiden an
Unsicherheit hinsichtlich einigermaßen zutreffender Annahmen über den
Temperaturunterschied der Wärme austauschenden Körper. Einem praktisch verwendbaren
Rechnungsverfahren muß das „wirksame Steingewicht“ zu Grunde gelegt werden.
Man versteht hierunter das Verhältnis des theoretischen zum wirklichen Steingewicht,
welches erforderlich ist, um einen bestimmten Temperaturabfall zu erreichen.
Nachstehende mathematische Beziehung dürfte den Begriff deutlich erklären. Ist W die
zu übertragende Wärme, S der Strahlungsverlust in der Windperiode, c die spezifische
Wärme, Δt der mittlere Temperaturabfall aller Steinlagen und η das wirksame
Steingewicht, so gilt G=\frac{W+S}{\eta\,.\,\Delta\,t\,.\,c}, sofern G die tatsächlich benötigte Menge von
Gittersteinen bezeichnet. Die Ermittlung von η kann auf folgendem Wege geschehen.
Trägt man wie Abb. 3 zeigt, in ein Koordinatensystem
den Verlauf der Oberflächentemperatur eines periodisch erwärmten und sich
abkühlenden Steines über der Zeit als Abszisse ein, so wird das Erkalten durch einen
gebrochenen Linienzug AC gekennzeichnet. Zunächst geben die Randschichten des
Steines Wärme nicht nur nach außen, sondern auch nach innen ab. Die Temperatur sinkt
daher entsprechend Linie AB schnell. Im Augenblick aber, in dem auch der Steinkern
an der Wärmeabgabe teilnimmt, verlangsamt sich der Temperaturabfall, was durch den
Knick bei B und den sich anschließenden Linienzug BC gekennzeichnet wird. Verlängert
man letzteren bis D, so stellt DF die Temperaturabnahme Δtm dar, die eingetreten wäre, wenn von Anfang an das ganze Steingewicht
nach außen Wärme abgegeben hätte. Demgegenüber ist AF der wirkliche Temperaturabfall
Δt und η wäre dem Verhältnis \frac{\Delta\,t_n}{\Delta\,t} gleichzusetzen. Wie man leicht erkennt,
ändert sich η mit der Umsteuerzeit. Wird dieselbe länger, so tritt der Einfluß von
AB bezw. AD weniger hervor. Ohne Schwierigkeit läßt sich nun η für eine beliebige
Umsteuerzeit bestimmen. Dieselbe umfaßte 40 Minuten bei dem der Darstellung zu
Grunde gelegten Vorgange. Dehnt sie sich auf 60 Minuten aus, so müßte BC bis E
verlängert werden. Im übrigen ändert sich in der Abbildung nichts, und man erkennt
leicht den oben erwähnten Wechsel des Einflusses von AB. Beim Aufheizen finden
ähnliche Vorgänge statt. Anfangs steigt die Temperatur schnell, da vom Kern des
Steines Wärme nach der kälteren Oberfläche abfließt. Nach einiger Zeit aber nimmt
das Steininnere Wärme auf, und die Temperaturzunahme vermindert sich
dementsprechend. Die experimentelle Ermittlung der Aenderung des Wärmgrades der
Oberfläche ist einfach. Sie kann mit Hilfe eines Thermoelementes und eines in
Schamottemehl oder Kieselgur eingebetteten elektrisch beheizten Steines vorgenommen
werden. Außer diesem im Laboratorium ausführbaren Versuch gibt es auch Verfahren,
die sich auf Beobachtungen stützen, welche unmittelbar am Martinofen angestellt
wurden.
Textabbildung Bd. 337, S. 212
Abb. 3.
Es versteht sich von selbst, daß große Oberfläche und geringe Dicke des Steines eine
Erhöhung des wirksamen Gewichtes zur Folge haben müssen. Die Gefahr des
Sicherschöpfens ist bei dünnen Steinen nicht so groß, wie vielfach angenommen wird.
Es sind nämlich nicht nur die oberflächlichen Schichten Temperaturveränderungen
unterworfen. Es fließt vielmehr Wärme, so lange wie an irgend einer Stelle des
Steines gegenüber dem umspülenden Mittel ein Temperaturunterschied vorhanden ist.
Hinsichtlich der Aussetzform sind rechteckige Kanäle den runden oder quadratischen
vorzuziehen, da bei ihnen die Heizfläche größer ist. Je geringer die
Abgasgeschwindigkeit wird, desto mehr Wärme kann der Speicher aufnehmen, und je
kleiner die Geschwindigkeit des zu erhitzenden Stoffes ist, desto leichter erreicht
dieser die Temperatur der Gittersteine. Indessen darf man aus baulichen Gründen
nicht zu kleine Geschwindigkeiten wählen, da mit zunehmendem Kammerquerschnitt
der Kuppelraum wächst und die Strahlungsverluste steigen. Bei Winderhitzern,
deren Höhe auf 6 bis 8 m herabgesetzt wurde, dürfte es sich empfehlen,
Luftgeschwindigkeiten von 0,5 bis 0,8 m/sek zu wählen. Dankbar wäre es zu begrüßen,
wenn sich die Wärmeforschungsinstitute eine recht genaue Ermittlung des wirksamen
Steingewichts sowie geeigneter Steinformen angelegen sein ließen. (Preußler in Heft
16 Stahl und Eisen.)
Schmolke.
Trockene Kokslöschung nach System Sulzer. Eine der
wichtigsten Aufgaben, welche der heutigen Technik gestellt sind, ist, dafür zu
sorgen, daß in allen Betrieben gespart wird. Die Entwicklung der gesamten Technik
steht heute unter dem Zeichen der sparsamen Wärmewirtschaft. Verwertung der Abhitze,
Ausnützung von geringwertigen Brennstoffen und des Abdampfes sind in zahlreichen
Fällen mit wirtschaftlichem Erfolg durchgeführt worden. Auch in den Gaswerken, die
im engsten Sinne als städtische Wärmezentralen zu betrachten sind, ist man bemüht,
den Wärme verbrauch für den Fabrikationsprozeß zu vermindern und die Abfallwärme so
weit wie möglich zu gewinnen. Um so befremdender ist es, daß die Ausnützung einer
bedeutenden Wärmequelle in den Gaswerken bis jetzt nicht durchgeführt worden ist. In
dem glühenden, den Destillationsraum verlassenden Kokskuchen sind gewaltige
Wärmemengen enthalten. Diese Wärmemengen werden beim Ablöschen des Kokses in Dampf
umgesetzt, welcher vollständig nutzlos und dazu noch schädigend für die dem
Kokslöschplatz nahe gelegenen Gebäudeteile in die Atmosphäre entweicht. Es fehlte
nicht an Vorschlägen, die im glühenden Koks enthaltenen Wärmemengen zu verwerten,
doch sind die bisherigen Versuche ohne Erfolg geblieben. Den Schritt zur
Verwirklichung des Gedankens, die im glühenden Koks enthaltenen Wärmemengen nutzbar
zu machen, unternahm die Aktiengesellschaft Gebr. Sulzer
in Winterthur. Gebr. Sulzer verwenden indifferente Gase zum Kühlen des glühenden
Kokses. Eine Versuchsanlage ist von genannter Firma im Gaswerk Schlieren-Zürich
erbaut worden. Der aus den Vertikalkammern abgezogene glühende Koks wird in einen
schachtförmigen, luftdicht abgeschlossenen Kokskühlbehälter, der unmittelbar mit
einer Dampfkesselanlage verbunden ist, gefördert. Das gleiche unverbrennbare Gas
nimmt im Kokskühlbehälter die Wärme auf und gibt sie an den Dampfkessel wieder ab.
Das Gasgemisch bleibt also ohne Zusatz von Frischluft vollständig in demselben
Kreislauf. Bei der Versuchsanlage in Schlieren-Zürich ist ein stehender
Wasserröhrenkessel von 114 qm Fläche mit vorgebautem Vorwärmer zur Anwendung
gekommen. Mit dieser neuen Einrichtung kann in den Gaswerken die gesamte für den
Betrieb erforderliche Dampfmenge erzeugt werden. Der glühende Koks wird von 1000° C
auf 250° C heruntergekühlt.
Man kann wohl sagen, daß durch die Ausnutzung dieser neuen Energiequelle für die Gas-
und Kokereiindustrie eine Möglichkeit zu der Wohlfeilung der Erzeugungsmethoden
gefunden worden ist. Vom rein wirtschaftlichen Standpunkte aus ist es nur zu
wünschen, daß alle industrielle Abfallwärme, und um solche handelt es sich auch
hier, wirklich genützt wird. (Stadtbaudirektor Kuckuck,
Heidelberg, im Deutschen Verein von Gas- und Wasserfachmännern.)
Berichtigung. In Heft 19, Seite 201, rechte Spalte, 2.
Absatz, ist zu lesen statt „1000 at verdichtete Gasgemisch“: „100 at
vorverdichtete Gasgemisch“.