Titel: | Polytechnische Schau. |
Autor: | Sander |
Fundstelle: | Band 337, Jahrgang 1922, S. 229 |
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Polytechnische
Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Erzeugung von hochgespannter Druckluft im Anschluß an
Niederdruckleitungen. Die guten Erfahrungen beim Betriebe von
Kohlengewinnungsmaschinen (Bohr- und Schrämmaschinen unter Tage) mit Preßluft haben
dieser die Wege zu weiteren Verwendungsgebieten im Bergbau geebnet. So hat man u.a.
im Grubenförderwesen Druckluftlokomotiven in Betrieb genommen, welche vor den
elektrischen und Benzollokomotiven besondere Vorzüge haben (vergl. Glückauf S. 589
Gunderloch: „Der Stand der Grubenlokomotivförderung im Ruhrbezirk“). Da diese
mit 175 at Druck betrieben werden, ist die Aufstellung einer
Hochdruckkompressorenanlage notwendig. Die Höhe der dafür aufzuwendenden
Anlagekosten und die Möglichkeit einer intensiven Ausnutzung einer vorhandenen
Niederdruckanlage legen den Gedanken nahe, bei den Hochdruckkompressoren, die für
gewöhnlich fünfstufig gebaut sind, zwei Stufen durch Anschluß an die gegebene
Preßluftleitung zu ersparen. Die dadurch entstehende Kostenminderung bringt zugleich
den Vorteil einer geringeren Antriebskraft mit sich.
Textabbildung Bd. 337, S. 228
Abb. 1.Hochdruckkompressor, dreistufig mit Abdampfbetrieb, 800 mm Hub, n
= 90 Umdr./min. (Demag, Duisburg.)
Der in Abb. 1 dargestellte dreistufige
Hochdruckkompressor für 150 at und 2400 cbm/stdl. Saugleistung (Demag Duisburg)
Enddruck verdankt dieser Ueberlegung seine Entstehung. Der Kompressor entnimmt
aus einem vorhandenen Druckluftnetz die bereits auf 4 bis 6 at vorgepreßte Luft und
erspart dadurch die beiden ersten Luftstufen und wird von einer Abdampfmaschine mit
einer Eintrittspannung von nur 1 at abs. betrieben. Die einachsige Maschine besitzt
einen kräftigen mit seiner ganzen Länge aufliegenden Gabelrahmen und hat folgende
Abmessungen:
Luftzl. Durchmesser
1.
Stufe
330/265 vorn und
330/130
mm
hinten
2.
„
265/120
„
„
3.
„
130
„
„
Kolbenhub
800
„
Uml./min.
90
„
Dampfzl. Durchmesser
2000
„
Enddruck der Luft
150
at
Eintrittspannung des Dampfes
0,9 bis 1,1
„
Leistung der Dampfmaschine
470
PSi
Der vom Kreuzkopf und einer mittleren Führung getragene Abdampfkolben ist wegen
seines großen Durchmessers sehr schmal gehalten, um sein Gewicht möglichst zu
vermindern. Der Kolbenschieber des Abdampfzylinders ist durch eine vordere und
hintere Führung schwebend getragen, und die Steuerkanten des mit Spiel in der
Schieberbüchse laufenden Schiebers bilden die Schieberringe. Der Abdampfzylinder
besitzt Kolbenschiebersteuerung ohne Expansion und einen Drosselregler. Für einen
leichten Abfluß des Kondenswassers ist der Schieberkasten schräg unter dem
Dampfzylinder angeordnet. Luft- und Dampfseiten sind durch eine kräftige Laterne
verbunden, deren Oeffnung für den Ausbau des Abdampfkolbens von 2 m ⌀. ohne
Entfernung der Luftseite groß genug ist. Der Luftzylinder der ersten Stufe, welcher
bei einem normalen fünfstufigen Kompressor demjenigen der dritten Stufe entspricht,
besteht aus Gußeisen und ist doppeltwirkend. Die schmiedeeisernen Zylinder der
beiden einfach wirkenden Hochdruckstufen erhalten eingesetzte Laufbüchsen aus
Gußeisen. Der Zylinder der zweiten Stufe besitzt einen besonderen Ventilkopf aus
Stahlformguß. Auf Wunsch des Abnehmers wurden sämtliche Zylinder mit Kühlmänteln
versehen, die bei den stählernen Hochdruckzylindern angeschweißt worden sind. Die
Luftkolben besitzen selbstspannende Kolbenringe, und zwar
in der ersten Stufe 7, in der zweiten Stufe 10, und in der
dritten Stufe 15 Kolbenringe.
Die Kolbenringe der beiden Hochdruckkolben sitzen in
besonderen Kammerringen. Die Luftzylinder sind derart angeordnet, daß für alle drei
Druckstufen nur eine einzige Stopfbüchse vorhanden ist. Die beiden Dampf- und die
Luftstopfbüchsen haben bewegliche Ringe aus Gußeisen nach System Robertson. Der
Vorteil dieser Packung besteht vor allem darin, daß sie keinerlei Nachstellung
erfordert und daß sie sich den Bewegungen der Kolbenstange ohne weiteres anpaßt. Die
Luftsteuerung bei diesem Kompressor besteht aus runden Plattenventilen mit
Federbelastung.
Textabbildung Bd. 337, S. 229
Abb. 2.Luft- und Dampfdiagramme.
Die Zwischen- und Nachkühler werden aus Rohrschlangen
gebildet, von denen jede in einem besonderen Kühlgefäß untergebracht ist. Luft- und
Dampfzylinder werden durch Stempelpressen nach System Mollerup geschmiert. Die
Hauptlager, die Kurbel- und Kreuzkopfzapfenlager, das Exzenter und der Kreuzkopf
besitzen Umlaufschmierung. Das Oel strömt aus einem Hochbehälter in einer Höhe von
etwa 3 m an der Wand diesen Triebwerkteilen zu, wird in einem Sammelgefäß
aufgefangen und durch eine Zahnradölpumpe wieder in den Hochbehälter gedrückt. Der
Abnahmeversuch ergab folgende Werte in Gegenüberstellung mit den Garantiezahlen:
Garantie
Abnahme
Angesaugte Luft auf at. Spannung reduz.
40 cbm/min.
41,6
Leistung der Abdampfmaschine
470 PSi
403
Mechanischer Wirkungsgrad
87 vH
94
Kühlwasserverbrauch bei 12° C
16,8 cbm/stdl.
15,2
Abdampfverbrauch b. 1 at abs. Eintrittspannung
16 kg
15,87
Dipl.-Ing. Giller.
Die Mitwirkung des Ingenieurs an der chemischen Ausnutzung
der Kohle bespricht Professor Dr. Franz Fischer in einer beachtenswerten
Abhandlung im „Anzeiger für Berg-, Hütten- und Maschinenwesen“, 43. Jahrg.
Nr. 40. Er weist darauf hin, daß für die chemische Ausnutzung der Brennstoffe fast
alle in der chemischen Industrie verwendeten Reagenzien zu kostspielig sind, da ihr
Wert zu dem der Kohle nicht im entsprechenden Verhältnis steht. Man muß daher bei
der chemischen Auswertung der Brennstoffe bemüht sein, die Anwendung chemischer
Reagenzien überhaupt zu vermeiden oder sich nur der allereinfachsten zu bedienen.
Man sucht denn auch in der Praxis möglichst viel durch Benutzung der Wärme selber zu
erreichen und alles übrige mit Hilfe geeigneter Apparatkonstruktionen durchzuführen,
gegebenenfalls unter Heranziehung von Wasserstoffgas oder Luft.
Die Extraktion der Brennstoffe mit flüssigen Lösungsmitteln ist z. Zt. die einfachste
Methode, wertvolle Bestandteile aus ihnen herauszuholen. Hierbei ist die möglichst
vollkommene Wiedergewinnung des Lösungsmittels für die Wirtschaftlichkeit des
Verfahrens ausschlaggebend. Extraktionsapparate von verhältnismäßig einfacher Bauart
sind in großem Umfang in der Braunkohlenindustrie zur Gewinnung des rohen
Montanwachses durch Benzolextraktion in Betrieb. Um das Bitumen der Steinkohle zu
gewinnen, sind erheblich stärker wirkende Lösungsmittel erforderlich, so hat sich
z.B. verflüssigte schweflige Säure als günstig erwiesen. Die hierzu notwendigen
Extraktionsapparate müssen aber 10 at aushalten und dürfen von dem Schwefeldioxyd
nicht angegriffen werden. Wesentlich besser lassen sich Steinkohlen extrahieren,
wenn man mit Benzol bei einer Temperatur von 250° in druckfesten Apparaten arbeitet,
doch werden derartige Apparate für ununterbrochenen Betrieb in großen Abmessungen
bisher noch nicht gebaut. Auch die trockene Destillation, die gebräuchlichste Art
der Kohleverarbeitung, erfordert keine Chemikalien. An der Entwicklung der Kokerei
hat der Ingenieur ja ausschlaggebenden Anteil, doch haben sich in den letzten Jahren
mehrere neue Möglichkeiten ergeben. Führt man die Destillation der Brennstoffe bei
niedrigerer Temperatur als bisher aus, so erhält man eine größere Ausbeute an
flüssigen Destillaten. Für diese Oelgewinnung aus Kohle eignen sich jedoch
feststehende, von außen erhitzte Apparate sehr wenig, weil die Wärmeleitfähigkeit
der Kohle außerordentlich gering ist und eine Ueberhitzung der Gefäßwände hierbei
sehr nachteilig ist. Auch die Heizung der Kohle mittels durchgeleiteter heißer Gase
oder überhitzten Wasserdampfs hat große Mängel, obschon dieser Methode gewisse
Vorteile nicht abzusprechen sind. Zweckmäßiger ist deshalb die Anwendung von
Drehrohröfen, wie sie bereits im Jahre 1916 in kleinen Abmessungen im
Kaiser-Wilhelm-Institut für Kohlenforschung in Mülheim zu wissenschaftlichen Zwecken
benutzt und auch für einen Tagesdurchsatz von 100 t Kohle von der Firma Thyssen in
Mülheim mit gutem Erfolg gebaut werden. Bei den Drehrohröfen wird den Kohlen die
Wärme nicht durch eine dicke Schicht hindurch zugeführt, sondern durch die ständige
Umlagerung der Kohle werden alle Teile der Füllung immer wieder mit der erwärmten
Ofenwand in direkte Berührung gebracht. Als Material hierfür hat sich aluminiertes
Eisen bewährt, das nach einem ähnlichen Verfahren wie das sherardisierte Eisen
hergestellt wird.
Da der im Drehrohrofen gebildete Halbkoks im allgemeinen sehr porös und brüchig ist,
hat Verfasser versucht, den Halbkoks, während er sich in plastischem Zustand
befindet, mit Hilfe einer frei im Drehrohrofen gelagerten Eisenwalze zu verdichten.
Auf diese Weise konnte im Kleinen ein außerordentlich fester und gleichmäßiger Halbkoks
erhalten werden; man müßte nun eine Konstruktion zu finden suchen, die diesen
Gedanken auch mit einem großen, ununterbrochen arbeitenden Drehrohrofen zu
verwirklichen gestattet. Man könnte auch daran denken, die Kohlen zwischen großen,
zwangläufig angetriebenen und von innen geheizten Walzenpaaren, die in gasdichten
Kammern eingebaut sind, hindurchzuschicken, wobei eine Vorwärmung der Kohle sicher
zweckmäßig wäre.
Für die Weiterverarbeitung der Urteere durch systematische Wärmebehandlung fehlen
heute noch große Apparate, die die Erreichung von hohen Temperaturen, z.B. von
750.°, und deren dauernde Einhaltung mit etwa 10° Genauigkeit ermöglichen. Derartige
Heizvorrichtungen sind z.B. nötig zur Umwandlung der Phenole des Urteers in
technisch wertvollere Stoffe. Es wurde nämlich gefunden, daß die wenig willkommenen
Phenole, die in manchen Urteeren bis zu 50 v. H. ausmachen, mit einer Ausbeute von
70 v. H. und mehr in Benzol umgewandelt werden können, wenn man sie mit Wasserstoff
(Koksofengas) zusammen durch innen verzinnte Eisenrohre hindurchleitet, die auf 750°
erhitzt sind. Diese Temperatur muß genau eingehalten werden, denn unterhalb 750°
verläuft die Umwandlung unvollständig und oberhalb dieser Temperatur wird das
gebildete Benzol zersetzt. In Berührung mit blankem Eisen findet Rußabscheidung
statt, das Rohr muß daher überall gut verzinnt sein. Die scharfe Ausarbeitung dieser
Bedingungen ist Sache des Chemikers, die Schaffung einer geeigneten Großapparatur
ist dagegen ohne Hilfe des Ingenieurs nicht möglich.
Will man die Kohlen restlos in Oele und Harze oder in sonstige chemische Erzeugnisse
umwandeln, ohne dabei kostspielige chemische Reagenzien anzuwenden, so kommt man auf
das Gebiet der Behandlung der Kohle einerseits mit komprimiertem Wasserstoff,
anderseits mit komprimierter Luft, und zwar jeweils bei erhöhter Temperatur und
unter Verwendung druckfester Apparate. Bei der Behandlung der Kohle mit
komprimierter Luft handelt es sich um einen Verbrennungsprozeß, bei dem jedoch im
Gegensatz zu der industriellen Verbrennung nicht die dabei entwickelte Wärme,
sondern die entstehenden chemischen Stoffe, wie Benzolsäure, Phthalsäure usw.,
nutzbar gemacht werden. Dieser Verbrennungsprozeß geht bei Temperaturen von etwa
200° vor und muß zur Vermeidung der Entflammung der Kohle in Gegenwart von flüssigem
Wasser, also in Druckapparaten vorgenommen werden, durch die gleichzeitig Druckluft
hindurchgeleitet wird. Auch für diesen Zweck sind bisher nur kleine Versuchsapparate
gebaut worden, die Konstruktion großer Gefäße zur technischen Ausführung dieses
Prozesses stellt wiederum den Ingenieur vor wichtige neue Aufgaben.
Sander.
Die Erdölgewinnung der Welt seit 1900. Seit der
Jahrhundertwende hat die Erdölgewinnung der Welt eine gewaltige Zunahme erfahren.
Während sich die gesamte Erdölgewinnung im Jahre 1900 erst auf 149132116 Faß (1 Faß
= 42 Gall. = 159 Liter) belief, hatte sie sich im Jahre 1909 bereits verdoppelt und
im letzten Jahre, das eine Gewinnung von 759 Mill. Faß aufweist, mehr als
verfünffacht. Mit Ausnahme der Jahre 1905 und 1906, die einen kleinen Rückgang
gegenüber der Gewinnung des Jahres 1904 aufweisen, ist seit dem Beginn unseres
Jahrhunderts eine regelmäßige starke Zunahme der Erdölgewinnung zu verzeichnen, die
auch durch den Weltkrieg keine Unterbrechung erfahren hat. Diese starke Zunahme der
Erdölgewinnung ist vorwiegend auf die Steigerung der Förderung in den Vereinigten
Staaten von Amerika und ganz besonders von Mexiko zurückzuführen, wahrend der
Anteil Rußlands an der Erdölgewinnung der Welt, wie nachstehende Zahlentafel zeigt,
besonders seit dem Jahre 1918 ganz erheblich zurückgegangen ist.
Vereinigte Staaten
Mexiko
Rußland
Mill. Faß
v. H. derWeltgew.
Mill. Faß
v. H. derWeltgew.
Mill. Faß
v. H. derWeltgew.
1901
69,39
41,44
0,01
0,01
85,17
50,87
1905
134,72
62,57
0,25
0,12
54,96
25,53
1911
220,45
64,05
12,55
3,65
66,18
19,23
1915
281,10
65,72
32,91
7,69
68,55
16,03
1916
300,77
65,47
39,82
8,67
72,80
15,85
1917
335,32
65,92
55,29
10,87
69,96
13,75
1918
355,93
69,15
63,83
12,40
40,46
7,86
1919
377,72
68,12
87,07
15,70
34,28
6,18
1920
443,40
63,81
163,54
23,54
25,43
3,66
1921
469,64
61,87
195,06
25,70
28,50
3,75
Diese Tafel zeigt recht deutlich, welch außerordentliche Bedeutung die Erdölindustrie
in den Vereinigten Staaten in den letzten 20 Jahren erlangt hat, ihre Gewinnung hat
sich in dem genannten Zeitraum um 400 Mill. Faß gehoben und ihr Anteil an der
Weltgewinnung erreichte im Jahre 1918 fast 70 v. H. Recht bemerkenswert ist auch die
sehr rasche Entwicklung der Erdölgewinnung Mexikos, die erst im Jahre 1901 ihren
Anfang nahm und im letzten Jahre bereits über ein Viertel der Welterzeugung
lieferte, wogegen Rußland, das zu Beginn des Jahrhunderts noch an der Spitze
sämtlicher Erdölländer stand und mehr als die Hälfte der Welterzeugung lieferte,
seine einstige Bedeutung vollkommen verloren hat. Seine Erdölgewinnung betrug im
letzten Jahre nur noch ein Drittel von derjenigen des Jahres 1901, nachdem im Jahre
1916 noch einmal ein Höhepunkt erreicht war, der aber infolge des Krieges und der
Revolution nicht aufrechterhalten werden konnte.
An vierter Stelle unter den Erdöl liefernden Ländern steht Niederländisch-Indien, das
seine Gewinnung in den letzten 20 Jahren von 2,25 auf 17,53 Mill. Faß steigern
konnte, nach ihm folgt Persien mit einer Erzeugung von 12,36 Mill. Faß. Indien und
Rumänien erzeugten im Jahre 1920 beide etwa je 7,5 Mill. Faß, entsprechend 1,1 v. H.
der Weltgewinnung, Die Erdölgewinnung Galiziens hat seit dem Beginn des Jahrhunderts
nur wenig zugenommen, sie ist von 2,35 auf nur 5,61 Mill. Faß gestiegen,
entsprechend 0,8 v. H. der Weltgewinnung. Seine höchste Förderung erreichte Galizien
im Jahre 1909 mit faßt 15 Mill. Faß, im Jahre 1913 war sie bereits auf die Hälfte
zurückgegangen und durch den Krieg sank sie im Jahre 1915 bis auf 4,16 Mill.
Faß.
Von Ländern mit einer Erdölgewinnung von mehr als 1 Mill. Faß im Jahre 1920 sind noch
zu nennen Peru mit 2,82, Japan mit 2,14, Trinidad mit 2,08, Argentinien mit 1,66,
Aegypten mit 1,04 und Britisch-Borneo mit 1,02 Mill. Faß. Frankreich ist durch die
Einverleibung des Elsaß in die Reihe der Erdöl liefernden Länder eingetreten und
lieferte 1920 388700 Faß, während Deutschlands Erdölgewinnung infolge dieses
Verlustes auf 212000 Faß zurückgegangen ist.
Als Kraft- und Wärmequelle steht das Erdöl in einem scharfen Wettbewerb mit der
Kohle, doch kann es ihr vorerst noch nicht den Rang ablaufen. Immerhin zeigen obige
Zahlen, daß die Erdölgewinnung seit dem Beginn dieses Jahrhunderts auf mehr als das
Fünffache gestiegen ist, während die Weltkohlengewinnung in dem gleichen Zeitraum
nur eine Zunahme von rund 75 v. H. aufzuweisen hat. (Glückauf 1922, S. 79–82.)
Sander.
Gewinnung von Schmierölen aus Braunkohlengeneratorteer.
Der gewöhnliche Braunkohlengeneratorteer liefert bei der Destillation bekanntlich
neben festem Paraffin in der Hauptsache dünnflüssige Oele, die zwar zum Betrieb von
Dieselmotoren sehr gut verwendbar sind, die sich aber nicht als Schmieröle eignen,
da sie keine genügende Viskosität besitzen. Nach einem neuen von der Badischen
Anilin- und Sodafabrik angegebenen Verfahren (D. R. P. 310075) lassen sich jedoch
aus diesen dünnflüssigen Oelen hochwertige Schmieröle gewinnen, wenn man sie nach
vorheriger Abscheidung des Paraffins einer Druckerhitzung unterwirft. So soll man
z.B. ein Braunkohlengeneratorteeröl, das bei 10 mm Druck bis 190° siedet, im
Autoklaven zwei Stunden lang auf 350° erhitzen, wobei der Druck etwa 10 at betragen
soll. Dabei tritt rasch eine Polymerisation des Oeles ein, zugleich werden
gasförmige Kohlenwasserstoffe abgespalten, die einen je nach der Beschaffenheit des
verwendeten Oeles verschieden hohen Ueberdruck erzeugen, den man mit Hilfe eines
selbsttätigen Sicherheitsventils auf der gewünschten Höhe halten kann. Nach
beendigter Druckerhitzung werden die niedriger siedenden Anteile (bis etwa 300°) des
Oeles bei Atmosphärendruck abdestilliert, wobei man als Rückstand in einer
Ausbeute von etwa 30 v. H. ein Schmieröl erhält, das einen Flammpunkt von 160° und
eine Viskosität von 6,6 Englergraden bei 50° C hat.
Ein Schmieröl mit noch höherem Flammpunkt und noch höherer Viskosität läßt sich
erzielen, wenn man die Fraktion des Braunkohlengeneratorteers verwendet, die bei 25
mm Druck zwischen 200 und 290° siedet. Wenn man dieses Oel durch Tiefkühlung und
Abpressen möglichst weitgehend von dem darin enthaltenen Paraffin befreit und
hierauf drei Stunden lang in einem Rührautoklaven auf etwa 300° erhitzt, erhält man
ein Oel, das nach dem Abdestillieren des unterhalb 350° siedenden Anteils als
Rückstand ein Schmieröl vom Flammpunkt 210° und mit einer Viskosität von 7,5
Englergraden bei 50° C ergibt. Die niedrigsiedenden Anteile dieser Oele können als
Treiböle für Dieselmotoren Verwendung finden, und zwar ist infolge ihres niedrigen
Flammpunktes ein Zusatz von Zündöl nicht erforderlich.
Sander.