Titel: | Die Lambertschen Grundgesetze für die Lichtmessung. |
Autor: | C. Michalke |
Fundstelle: | Band 338, Jahrgang 1923, S. 77 |
Download: | XML |
Die Lambertschen Grundgesetze für die
Lichtmessung.
Von Dr. C. Michalke,
Charlottenburg.
MICHALKE, Die Lambertschen Grundgesetze für die
Lichtmessung.
Die Lichtmeßkunde ist erst in neuerer Zeit vervollkommnet und die Lichtmessung
verfeinert worden. Solange es noch nicht möglich schien, die Arbeitszeit auch im
Winter voll auszunutzen, spielte die Lichtzuteilung noch nicht die Rolle wie in der
Neuzeit. Es machte früher auch Schwierigkeiten, Licht von gewünschter Fülle beliebig
zu erzeugen. Die Bedeutung des Lichtes in gesundheitlicher und wirtschaftlicher
Hinsicht ist erst in neuerer Zeit gehörig gewürdigt worden, andererseits zwingt die
Verteuerung des Lichts bei Verteilung und Zumessung haushälterisch umzugehen.
Als Vater der Lichtmeßkunde ist Lambert anzusehen, der in
der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts die Grundgesetze aufstellte. Eine
einwandfreie, von allen subjektiven Einflüssen freie Lichteinheit zu schaffen, ist
auch jetzt noch nicht in vollkommener Weise gelungen. Man muß sich mit
Vergleichseinheiten begnügen, die in verschiedenen Ländern verschieden gemacht sind,
da sich die Völker über eine allgemein anzuerkennende Einheit noch nicht geeinigt
haben. In Deutschland wird als Einheit der Lichtstärke
die Hefnerkerze verwendet, d. i. die Leuchtkraft einer
Amylacetatflamme von bestimmt festgelegten Abmessungen in horizontaler Richtung. Von
dieser Grundeinheit werden weitere Einheiten für Beleuchtung, Helligkeit, Lichtstrom
usw. abgeleitet.
Ist die Leuchtkraft einer Lichtquelle (Abb. 1) in
bestimmter Richtung \frakfamily{I} die Länge der Verbindungslinie
der Lichtquelle mit einem Flächenpunkt r und fällt das Licht unter einem
Einfallswinkel φ (gegen die Normale N) auf die Fläche ΔF, so ist die Beleuchtung der Fläche E=\frac{\frakfamily{I}\,\cos\,\varphi}{r^2}. Wird
\frakfamily{I} in Hefnerkerzen, r in Metern ausgedrückt,
erhält man die Beleuchtung in Lux. Die Lichtstrahlung der
üblichen Lichtquellen ist nach verschiedenen Richtungen verschieden. Ohne Rücksicht
hierauf können bei Wertung der Lichtquellen leicht Mißverständnisse auftreten.
Eindeutig wird die Lichtstärke einer Lichtquelle bestimmt, wenn das gesamte nach den
veschiedenen Richtungen ausgestrahlte Licht berücksichtigt wird. Man erhält so den
Lichtstrom. Der von der Lichtquelle
\frakfamily{I} (Abb. 1) auf
die Fläche ΔF fallende Lichtstrom ist
\varphi=\frakfamily{I}\,ѡ\,cos\,\varphi, wenn eo der
Raumwinkel ist, unter dem das Licht auf die Fläche fällt. Da \omega=\frac{\Delta\,F}{r^2}
ist, wird \Phi=\frac{\frakfamily{I}\,\Delta\,F\,\cos\,\varphi}{r^2}. Wird ΔF in m2, r in m,
\frakfamily{I} in Hefnerkerzen ausgedrückt, so erhält man φ
in Lumen. Eine gleichmäßig nach allen Richtungen mit der
Lieh stärke \frakfamily{I} strahlende Halbkugel (hemisphärische Leuchtkraft) entwickelt den Lichtstrom 2 π
\frakfamily{I}, eine ganze Kugelfläche (sphärische Leuchtkraft) den Lichtstrom 4 π
\frakfamily{I}. Hält der Lichtstrom die Zeit T an, so ergibt
dies die Lichtabgabe Q = φT (in Lumenstunden).
Textabbildung Bd. 338, S. 77
Abb. 1.
Fällt ein Lichtstrom φ auf eine Fläche ΔF, so wird die Beleuchtung E=\frac{\frakfamily{I}\,\cos\,\varphi}{r^2} auch
bestimmt durch die Gleichung φ E Δ F. Von dem auffallenden Lichtstrom wird ein
Bruchteil vesrchluckt, ein anderer μ zurückgeworfen. Es ist
μ E Δ F = H Δ F.
μ ist die Rückstrahlungszahl, H die
Helligkeit der Fläche, wie sie von unserem Auge
empfunden wird. Ist die Fläche AF rauh, so daß die Lichtstrahlen an den vielen
Unebenheiten von kleinen Abmessungen wiederholt zurückgeworfen werden, wobei sie zum
Teil mehr oder weniger tief in den Stoff eindringen, so verlassen die Lichtstrahlen
unter den verschiedensten Winkeln die Fläche. Das Licht wird zerstreut
zurückgeworfen. Bei vollkommener Streuung wird das von Lambert angegebene sog. Cosinusgesetz befolgt, d.h. ist die Rückstrahlung in
senkrechter Richtung (\varphi=0)\,\frakfamily{I}_0, so ist die
Strahlung \frakfamily{I}_{\varphi} unter dem Strahlungswinkel
\varphi=\frakfamily{I}_0\,cos\,\varphi. Der gesamte von der
Fläche ΔF zurückgestrahlte Lichtstrom ist unter Verwendung obiger Formeln
\mu\,\varphi=H\,\Delta\,F=2\,\pi\,\frakfamily{I}, wenn
\frakfamily{I} die mittlere hemisphärische Leuchtkraft der
Fläche ist. Es ist
also \frakfamily{I}=\frac{H\,\Delta\,F}{2\,\pi}. In senkrechter Richtung (φ = 0) ist die Strahlung am stärksten, in
Richtung parallel zur Ebene Δ F (für φ = 90°) ist die Strahlung Null. Wie leicht
nachzuweisen istWissenschaftliche
Veröffentlichungen aus dem Siemens-Konzern. I. Band, II. Heft 1921, Seite
56. Rechnen mit zerstreut zurückgeworfenem Licht., ist die
Höchststrahlung \frakfamily{I}_0=2\,\frakfamily{I}=\frac{H\,\Delta\,F}{\pi} und die Strahlung in beliebiger Richtung unter dem Winkel
φ gegen die Normale \frakfamily{I}_{\varphi}=\frac{H\,\Delta\,F\,\cos\,\varphi}{\pi}. Man kann demnach mit Flächen, die das Licht
zerstreut zurückstrahlen, unter Annahme des Lambertschen Cosinusgesetzes so rechnen
wie mit Selbsstrahlern, d.h. Körpern, die eigenes Licht aussenden, z.B. glühenden
Metallblechen.
Zerstreut wird das Licht nicht nur durch Rückwerfung von rauhen Flächen, Streuung des
Lichts tritt allgemein bei wiederholter unregelmäßiger Zurückwerfung des Lichts ein,
wenn dieses tiefer in Körper eindringt und an undurchsichtigen Teilchen im Innern
des Körpers zurückgeworfen wird oder wenn beim Eindringen in undurchsichtige
ungeordnet gelagerte Teilchen, die sich umgeben von einem Stoff mit anderem
Brechungsexponenten befinden, das Licht wiederholt gebrochen wird, so daß bei seinem
Austritt aus dem Körper keine Strahlungsrichtung bevorzugt wird. Je häufiger und
unregelmäßiger dieses Zurückwerfen oder Brechen des Lichts stattfindet, um so
vollkommener ist die Streuung, um so genauer wird das Lambertsche Cosinusgesetz
befolgt. So wird z.B. das Licht in durchscheinenden Platten, etwa Milchglasplatten,
Ueberfangplatten zerstreut, indem an den kolloidal kleinsten Teilchen im Innern der
Platte das Licht wiederholt zurückgeworfen und gebrochen wird.
Für sehr viele Fälle der Lichtberechnung kann man mit den gegebenen Formeln für die
Flächenstrahlung hinreichend genaue Werte erhalten. Sind die rückstrahlenden Flächen
nicht genügend rauh, sind sie teilweise spiegelnd, so daß die Streuung der
Lichtstrahlen nur unvollkommen ist, werden bestimmte Richtungen in der Rückstrahlung
bevorzugt. Das Lambertsche Cosinusgesetz gilt für solche Fälle nicht mehr streng.
Die genauen Werte für die Strahlung \frakfamily{I}_{\varphi} in
beliebiger Strahlungsrichtung könnten nur durch Messungen mittels Photometers
festgestellt werden. In einzelnen Fällen kann die zerstreute Strahlung und die
spiegelnde gesondert behandelt werden. Es sind dies ähnliche Erscheinungen wie sie
in der Wechselstromelektrotechnik bei der Rechnungsart mit Vektoren zu
berücksichtigen sind. Die Vektorenrechnung hat zur Voraussetzung, daß der
Wechselstrom sich wie der Sinus des Phasenwinkels ändert. Sind Oberschwingungen
vorhanden, so müssen diese bei genauen Rechnungen in meist umständlicher Weise
berücksichtigt werden.
In den entwickelten Formeln für Strahlung leuchtender Flächen können für sämtliche
Größen die entsprechenden Einheiten eingesetzt werden. Lambert ist in seinen
photometrischen Untersuchungen nicht soweit gegangen. Bei den von ihm entwickelten
Formeln müssen daher noch Proportionalitätsfaktoren eingeführt werden, wenn man mit
den gebräuchlichen Einheiten, Hefnerkerzen, Lux usw. rechnen will.
Es sei (Abb. 2) ΔF ein leuchtendes, das Licht
zerstreut ausstrahlendes Flächenelement, wobei es für die Folgerungen gleichgültig
ist, ob die Fläche eigenes Licht ausstrahlt, wie dies z.B. bei auf Glühgrad
erhitztem Metall der Fall ist, oder ob das Licht durch Rückstrahlung des von
einer fremden Lichtquelle eingestrahlten Lichts, oder ob es sich um durchscheinendes
Licht handelt. Auch in den beiden letzteren Fällen verhält sich die Fläche wie ein
Selbststrahler. Von der Fläche ΔF ausgestrahltes Licht treffe die Fläche ΔF2, so ist die Beleuchtung E2 dieser Fläche proportional
\frac{H_1\,\Delta\,F_1\,\cos\,\varphi_1\,\cos\,\varphi_2}{r^2}, wenn H1 die Helligkeit der Fläche ΔF1, r die Länge der Verbindungslinie von ΔF1 und AF2, ferner
φ1 und φ2 die
Winkel dieser Verbindungslinie gegen die Senkrechten N1 und N2 sind. In dieser Form wird die
Lambertsche Formel gewöhnlich geschrieben. Will man die Beleuchtung E2 der Fläche ΔF2 in
Lux erhalten, wenn für H1 der Wert in gleicher
Einheit angegeben ist, so hat man nach den gegebenen Formeln zu setzen, wenn
\frakfamily{I}_{\varphi} die Strahlung der Fläche ΔF1 unter einem Winkel φ1 φ1 der von ihr ausgehende Lichtstrom
ist:
\frakfamily{I}_{\varphi}=\frac{H_1\,\Delta\,F_1\,\cos\,\varphi_1}{\pi}
\Phi_1=\frac{\frakfamily{I}_{\varphi}\,\Delta\,F_2\,\cos\,\varphi_2}{r^2}=E_2\,\Delta\,F_2
E_2=\frac{H_1\,\Delta\,F_1\,\cos\,\varphi_1\,\cos\,\varphi_2}{r^2\,\pi}
In dieser Gestaltung der Beleuchtungsformel, die sich von der Lambertschen Form durch
Einführung des Proportionalitätsfaktors \frac{1}{\pi} unterscheidet, erhält man die
Beleuchtung E2 in gleicher Einheit wie die
Helligkeit H1 wenn
ΔF1 in m2, r
in m ausgedrückt wird.
Textabbildung Bd. 338, S. 78
Abb. 2.
Der auf die Fläche ΔF2 fallende Lichtstrom ist
demnach
\varphi_1=\frac{H_1\,\Delta\,F_1\,\Delta\,F_2\,\cos\,\varphi_1\,\cos\,\varphi_2}{r^2\,\pi}
Daß allgemein die Lambertsche Formel für Flächenstrahler in
einer Form gegeben war, in der die jetzt üblichen Lichteinheiten nicht
berücksichtigt sind, mag die Ursache sein, daß mit Flächenstrahlern selten gerechnet
wird. Zum mindesten in Annäherung lassen sich unter Verwendung der entwickelten
Formeln Rechnungen durchführen, die die Bedeutung der Strahlung heller Flächen für
die Lichtwirkungen zeigen. Schon in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts haben
z.B. Leonard Weber und Cohn in Breslau auf die Bedeutung des zerstreuten
Himmelslichts für die Beleuchtung von Arbeitsplätzen in Innenräumen hingewiesen. Es
wurde für ausreichende Beleuchtung eines Arbeitsplatzes durch zerstreutes Tageslicht
ein bestimmter Raumwinkel gefordert, von dessen Größe und von der Helligkeit des
Himmelslichts die Beleuchtung abhängt.
Der bei einem bestimmten Raumwinkel von einer endlichen Fläche ausgehende Lichtstrom
kann in folgender Weise (Abb. 3) berechnet werden: Es
sei eine kreisförmige Scheibe von der Helligkeit H angenommen. Ist von ihr ein
Flächenteilchen ΔF senkrecht bestrahlt, so ist der von einem Kreisring mit dem
Radius ρ also einer Fläche 2 ρ π d ρ auf das Flächenteilchen ΔF ausgestrahlte
Lichtstrom
d\,\Phi=\frac{2\,H\,\Delta\,F\,\varrho\,d\,\varrho\,\cos^2\,\varphi}{e_1^2}=H\,\Delta\,F\,\sin\,2\,\varphi\,d\,\varphi
Durch Integration von 0 bis ω/2 erhält man
φ = H Δ F sin2 ω/2
wobei ω ein dem Raumwinkel entsprechender Winkel ist, unter dem die Fläche ΔF
bestrahlt wird.
Die Beleughtung der Fläche ΔF ist demnach
E=H\,\sin^2\,\frac{\omega}{2}
Wie stark mit zunehmendem Winkel ω die Beleuchtung zunimmt, zeigt nachstehende
Tabelle, die die Abhängigkeit der Beleuchtung E von sin2 ω/2 gibt.
ω
sin2 ω/2
20
0,03^
40
0,12
60
0,25
80
0,41
100
0,59
120
0,75
140
0,88
160
0,97
180
1,00
Bei allseitiger Bestrahlung ω = 180° (ΔF in der Mitte einer halben Hohlkugel) ist die
Beleuchtung der beleuchteten Fläche gleich der Helligkeit der innereu
Halbkugelfläche.
Textabbildung Bd. 338, S. 79
Abb. 3.
Ist die Helligkeit der leuchtenden Fläche bekannt, so genügt es, den Raumwinkel zu
kennen, unter dem der Arbeitsplatz von der Fläche bestrahlt wird. Ist die leuchtende
Fläche (Abb. 3) gegen die Verbindungslinie e unter
einem Winkel abweichend von 90° geneigt, die Fläche ΔF unter den Winkel Ψ, so ist
für die Beleuchtung der Fläche ΔF nur der letztere Winkel von Einfluß. Bei Neigung
der strahlenden Fläche ist bei gleichbleibendem Raumwinkel ω die Fläche im gleichen
Verhältnis vergrößert, wie die Strahlung in Richtung nach ΔF vermindert wird, so daß
nach dem Cosinusgesetz die Lichtstrahlung die gleiche bleibt.
Die Beleuchtung der Fläche ΔF ist demnach
E\,\Psi=H\,\sin^2\,\frac{\omega}{2}\,\cos\,\Psi.
Rechnet man vorteilhafter mit oder Größe der strahlenden Flächen, so ist E=\frac{H\,F}{e^2+r^2},
wenn F = r2 π gesetzt wird. Ist e groß gegen r, so
genügt die Formel E=\frac{H\,F}{e^2} oder wenn Ψ die Neigung der Fläche ΔF gegen e ist,
E\,\Psi=\frac{H\,F\,\cos\,\Psi}{e^2}.
Ist die Fläche F unregelmäßig gestaltet, wie dies bei Beleuchtung von Arbeitsplätzen
durch Tageslicht der Fall sein kann, so kann der Raumwinkel unter dem die leuchtende
Fläche den Arbeitsplatz bestrahlt, durch einen Raumwinkelmesser, wie er von Leonhard
Weber angegeben wurde, bestimmt werden. Dieser enthält eine Linse, durch die das
Bild der strahlenden Fläche auf mm Papier geworfen wird. Die Flächengröße des
Bildes wird ausgewertet, das einem bestimmten Raumwinkel entspricht. Die Auswertung
ist leicht, wenn ein Bild von einer kreisrunden Fläche in bestimmter Entfernung,
also bei bestimmtem Raumwinkel auf das mm Papier geworfen wird.
Ist beispielsweise (Abb. 4) die Helligkeit des Himmels
300 Lux, der Raumwinkel unter dem Licht des Himmelsgewölbes auf einen Arbeitsplatz
eines Innenraumes fällt (entsprechend dem Winkel an der Spitze des Kegels) ω – 30°,
ist die Beleuchtung des Platzes bei senkrechter Bestrahlung E = 300 sin2 15° = 20 Luxl wenn das Tageslicht unter 45° auf
die beleuchtete Fläche fällt, ist deren Beleuchtung 20 cos 45° oder rund 14 Lux. Ist
ω = 50°, steigt die Beleuchtung bei senkrechter Bestrahlung auf rund 54 Lux, bei
Bestrahlung unter 45° auf rund 38 Lux. Aus diesen Rechnungen ergibt sich der starke
Einfluß großer Fensteröffnungen, durch die das Licht vom Himmelsgewölbe unmittelbar
auf den Arbeitsplatz fallen kann, für die Beleuchtung von Innenräumen. Da das Licht
von großen Flächen ausgestrahlt ist, verursacht es weniger Blendung als
unmittelbares künstliches Licht.
Textabbildung Bd. 338, S. 79
Abb. 4.
Dringt kein Licht unmittelbar vom Himmelsgewölbe in einen Innenraum, etwa weil
gegenüberliegende Gebäude in großer Nähe die Einstrahlung versperren, so dringt in
den Raum nur unmittelbar Licht von den gegenüberliegenden Wänden der Gebäude, die im
besten Fall unmittelbar Licht vom Himmelsgewölbe erhalten. Die Beleuchtung im
Innenraum hängt von dem Raumwinkel ab, unter dem das Licht von den Wänden des
Gebäudes eingestrahlt wird, aber ferner noch von dem Betrage, wieviel von dem auf
die Gebäudewand fallenden Licht wieder zurückgestrahlt wird, also von der
Rückstrahlungszahl. Die Beleuchtung und demnach auch die Helligkeit im Innenraum
hängt also von dem Anstrich des gegenüberliegenden Gebäudes ab. Je mehr der Anstrich
rein weiß ist, um so mehr Licht wird von der Gebäudewand abgegeben, um so heller ist
der Innenraum. Die Berechnung, die in solchem Fall nur überschlägig ein ungefähres
Urteil über die Helligkeit des Innenraumes geben kann, wird ähnlich der obigen
durchgeführt. Wird z.B. die Gebäudewand unter einem Winkel von 45° bestrahlt vom
Himmelslicht, das bei einer Helligkeit von 300 Lux unter einem Raumwinkel von 50°
einfällt, so ist die Beleuchtung der Gebäudewand nach obigen Rechnungen rund 38 Lux.
Wird die Hälfte zurückgestrahlt (μ = 0,5), und dringt das Licht wieder unter einem
Raumwinkel von 50° auf einen Arbeitsplatz im Innenraum, erhält man bei senkrechter
Bestrahlung E = 0,5 • 38 • sin2 25° oder rund E =
3,4 Lux. Ist der
Arbeitsplatz 45° gegen die einfallende Strahlung geneigt, ist die Beleuchtung des
Arbeitsplatzes nur etwa 2,4 Lux. Man ersieht hieraus, wie wichtig bei
Tageslichtbeleuchtungen es ist, daß das Licht möglichst unmittelbar vom
Himmelsgewölbe in die Innenräume eines Hauses eindringt. Selbst wenn die den
Innenräumen gegenüberliegende Hauswand einen hellweißen Anstrich bekäme, der 0,8 des
eingestrahlten Lichts zurückwerfen würde, könnte die Beleuchtung nur unter den
obigen Annahmen auf 5,4 und 3,2 Lux gesteigert werden.
So Mancher, der sich mit Lichtmessungen in Innenräumen eingehend beschäftigte, hat zu
seinem Erstaunen bemerkt, daß die Auswertung der Beleuchtung der einzelnen Plätze
einen viel größeren Lichtstrom ergab, als die Lichtquellen besaßen, die das Licht
für den Raum spendeten. Es macht dies zunächst den Eindruck, als ob dies dem
Grundsatz von der Erhaltung der Arbeit widerspreche. Die Messungen beruhen jedoch
auf keinem Irrtum. In einem Innenraum ist es tatsächlich heller, als es sich
rechnerisch nur unter Berücksichtigung des Lichtstroms der vorhandenen Lichtquellen
ergibt.
Das Lambertsche Grundgesetz der Strahlung von Flächen, die zerstreutes Licht
aussenden, gilt auch in der Abänderung, wie es oben entwickelt wurde, unter der
Voraussetzung, daß das von der beleuchteten Fläche zurückgestrahlte Licht in der
Formel unberücksichtigt bleibt. In den oben gewählten Beispielen der Einstrahlung
von Licht aus Außenflächen durch die Fenster in die Innenräume kann das wieder nach
außen gestrahlte Licht praktisch in der Rechnung unberücksichtigt bleiben. Zimmer,
die nur vom Tageslicht von außen erhellt werden, erscheinen von außen dunkel, falls
die Fensteröffnungen nicht ungewöhnlich groß, die Wände nicht ausnahmsweise hell
sind. Es sind für die Innenräume eines Hauses zum Teil die gleichen Erwägungen
maßgebend, die bei einem Hohlkörper mit kleiner Oeffnung zur Auffassung eines
vollkommen schwarzen Körpers führen. Die Rückstrahlungsvorgänge an den Wänden des
Innenraumes gehen fast vollständig innerhalb dieses Raumes vor sich, während nur
verhältnismäßig wenig Licht wieder nach außen dringt. Für die Vorgänge im Innenraum
selbst muß jedoch das von den Wänden zurückgestrahlte Licht berücksichtigt
werden.
Textabbildung Bd. 338, S. 80
Abb. 5.
Wird (Abb. 2) die Fläche ΔF2 von der leuchtenden Fläche ΔF1,
beleuchtet, so wirft die Fläche ΔF2 wieder Licht
zurück, von dem ein Teil die Fläche ΔF1 trifft und
deren Helligkeit vergrößert. Die verstärkte Helligkeit wirkt wieder zurück auf die
Fläche ΔF2. Durch die Wechselwirkung tritt eine
Verstärkung der Beleuchtung ein, die von den Rückstrahlungszahlen μ1 u. μ2 der beiden
Flächen abhängt. Für eine Halbkugel vom Radius r (Abb.
5) deren Innenfläche das Licht zerstreut zurückwirft, kann die Verstärkung
in folgender Weise berechnet werden. Der Einfachheit wegen sei eine Lichtquelle
\frakfamily{I} im Mittelpunkt der Halbkugel angenommen. Die
unmittelbare Beleuchtung der Halbkugel im Innern ist E=\frac{\frakfamily{I}}{r^2}. Die Helligkeit der
Innenfläche ist H-\frac{\mu\,\frakfamily{I}}{r^2}, wenn μ die Rückstrahlungszahl der Fläche ist. Ein
Flächenteilchen d f erhält außer der unmittelbaren BeleuchtungBeleuchtunng durch \frakfamily{I} noch eine Zusatzbeleuchtung von
allen Teilen der Halbkugel. Von der Fläche df erhält sie die
Zusatzbeleuchtung
d\,E=\frac{H\,d\,f\,\cos^2\,\varphi}{\varrho^2\,\pi}=\frac{\mu\,\frakfamily{I}\,d\,f}{4\,r^4\,\pi}
demnach von der ganzen Halbkugel 2 r2 π die Zusatzbeleuchtung E'=\frac{\mu}{2}\,\frac{\frakfamily{I}}{r^2}. Diese
erzeugt wieder eine weitere Zusatzbeleuchtung E''=\left(\frac{\mu}{2}\right)^2\,\frac{\frakfamily{I}}{r^2} usw. fort. Es stellt sich
somit eine Gesamtbeleuchtung ein:
E_h=\frac{\frakfamily{I}}{r^2}\,\left(1+\frac{\mu}{2}+\left(\frac{\mu}{2}\right)^2+\left(\frac{\mu}{2}\right)^3+....\right)
E_h=\frac{\frakfamily{I}}{r^2}\,\frac{1}{1-\mu/2}
\frac{1}{1-\mu/2} ist demnach die Verstärkungszahl für die
Beleuchtung im Innern der Halbkugel.
Textabbildung Bd. 338, S. 80
Abb. 6.
Will man die Verstärkungszahl für das Innere einer ganzen Kugel ermitteln
(Ulbrichtsches Kugelphotometer), sind in obiger Ausführung die einzelnen
Zusatzbeleuchtungen nicht auf die Halbkugel 2 r2
π, sondern auf die ganze innere Oberfläche 4 r2 π
der Hohlkugel zu beziehen. Man erhält so für das Innere der ganzen Kugel
einschließlich der Zusatzbeleuchtungen einen Wert
E_g=\frac{\frakfamily{I}}{r^2}\cdot \frac{1}{1-\mu}.
Die Verstärkungszahl für die ganze Kugel ist demnach
\frac{1}{1-\mu}.
In der Schauliniendarstellung (Abb. 6) sind die
Verstärkungszahlen für die verschiedenen Rückstrahlungszahlen gezeichnet. Der
Grenzfall μ = 1 hat nur theoretischen Wert, da es praktisch keine Flächen gibt, die
sämtliches auffallende Licht zerstreut ohne Verluste zurückwerfen. Die untere Linie
I gibt die Verstärkungszahl für die Halbkugel, die höchstens bis zum Wert 2
steigt, d.h., für μ = 1 würde die Beleuchtung doppelt so hoch sein, als sie sich
rechnerisch ergibt, wenn nur die unmittelbare Bestrahlung durch die Lichtquelle
\frakfamily{I} (Abb. 5)
berücksichtigt wird. Entsprechend der oberen Schaulinie II steigt bei der ganzen
Kugel die Schaulinie für die Verstärkungszahl steiler aufwärts. Sie erreicht für μ =
1 den Wert ∞. Für eine Rückstrahlungszahl μ 0,8, die bei rein weißen Wänden bei
ausgewählten Anstrichen erreicht werden kann, ist die Rückstrahlungszahl für die
Halbkugel 1,67, d.h. die Beleuchtung wird um 67 v. H. verstärkt. Bei der Strahlung
von einer ganzen Kugel wird für μ = 0,8 die Beleuchtung verfünffacht.
Die Verstärkungszahl hat praktische Bedeutung für die Beleuchtung in Zimmern, Sind
nur die Seitenwände und die Decke hellweiß, während der Fußboden so dunkel gehalten
ist, daß eine Rückstrahlung praktisch nicht in Betracht kommt, so hat man annähernd
etwa den Fall der Beleuchtung einer Halbkugel (Schaulinie I Abb. 6), ist auch der Fußboden so hellweiß gestrichen, wie es Wände und
Decke sind, hat man den Fall einer ganzen Kugel (Schaulinie II). Die Innenräume
besitzen zwar keine Halbkugelflächen, sondern ebene Flächen, für die praktische
Beurteilung der Lichtverstärkung- ist dies jedoch nicht von großer Bedeutung. Für
Flächenteile, die nicht senkrecht zur Strahlungsrichtung stehen, gelten für die
Berechnung der Beleuchtung die Projektionen der gegen die Strahlungsrichtung
geneigten Flächen auf eine zur Strahlungsrichtung zenkrechte Fläche. Man kann sich
daher alle Flächenteile des Innenraumes auf die Kugelfläche projiziert denken, so
daß die obigen für die Kugel oder die Halbkugel entwickelten Formeln in genügender
Annäherung auch für anders gestaltete Flächen, also auch für die ebenen Flächen von
Zimmern gelten. Berücksichtigt man, daß für eine Kugelkalotte von unendlich kleiner
Höhe, also eine kleine Fläche, die sich immer tangential an die Halbkugel anlehnt,
die Verstärkungzahl 0 ist, so erkennt man, daß die Verstärkungszahl mit zunehmender
Höhe der Kalotte zunimmt und bei der Vollkugel den Höchstwert erreicht. Auf die
Verhältnisse in einem Zimmer mit ebenen Wänden übertragen heißt das, die
Verstärkungszahl nimmt abgesehen von der Rückstrahlungszahl um so mehr bei dunklem
Fußboden zu, je höher die Wände gegenüber derem gegenseitigen Abstand sind.
Beeinträchtigt wird die Licht Verstärkung in Zimmern durch die Möbel, Bilder,
Teppiche u. dgl.
Auch im Freien macht sich der Einfluß der Lichtverstärkung geltend. Im Winter wird
durch den gefallenen Schnee die Helligkeit vermehrt. Es findet in der entwickelten
Weise eine wechselseitige Rückstrahlung von Schneefeld und Wolkenschicht statt. Bei
weiten bis zum Horizont reichenden Schneefeldern hat man die gleichen
Verhältnisse wie bei einer ganzen Hohlkugel. Das geringe Sternenlicht reicht daher
des Nachts aus, um bei gefallenem Schnee eine meist noch ausreichende Beleuchtung zu
erhalten. In Volkskreisen ist daher vielfach die Ansicht verbreitet, daß der frisch
gefallene Schnee, der eine hohe Rückstrahlungszahl hat, eigenes Licht ausstrahle.
Der Einfluß der Schneeflächen auf das Tageslicht macht sich auf große Entfernung
bemerkbar. So erschien bei den Tageslichtmessungen von Leonhard Weber in Breslau
(Ende der 80er Jahre des vorigen Jahrh.) die Beleuchtung durch das Himmelslicht
stärker als gewöhnlich, als in der Stadt zwar kein Schnne mehr lag, aber in dem
Hügellande in etwa 20 km Entfernung noch reichlich reiner Schnee auf den Feldern
sich befand. Auch wenn keine Wolken am Himmel stehen, wird das Licht durch die
wiederholte Rückwerfung an den Luftmolekeln verstàrkt.
Die Verstärkung der Beleuchtung nur durch wiederholte Zurückwerfung des Lichts von
den bestrahlten Flächen ohne Verstärkung der Lichtquelle wird erklärlich, wenn man
sich vergegenwärtigt, daß die einzelnen Zurückwerfungen des Lichts Vorgänge sind,
die zeitlich nacheinander auftreten. Die Zusatzbeleuchtung (Bild 5) tritt tatsächlich später auf, als die unmittelbare Bestrahlung.
Letztere und die Rückstrahlung, die sich übereinander lagern und so die Beleuchtung
verstärken, gehen mit Lichtgeschwindigkeit vor sich, folgen also so schnell
aufeinander, daß sie für das Auge als gleichzeitig angesehen werden können.
Zusammenfassung. Die Lambertschen Grundgesetze der
Lichtstrahlung werden für gerichtete Strahlung zusammengestellt, bei denen für die
einzelnen Größen festgelegte Lichteinheiten gelten. Es wird gezeigt, daß sich das
Lambertsche Gesetz der zerstreuten Flächenstrahlung gleichfalls in eine Form bringen
läßt, in der die einzelnen Größen gebräuchliche Einheiten bedeuten. Es läßt sich in
dieser Gestaltung mit den für die zerstreute Flächenstrahlung aufgestellten Formeln
so rechnen, wie mit der gerichteten Strahlung. An Beispielen wird gezeigt, wie
derartige Formeln von Wert sind für Berechnung der Helligkeit von Innenräumen durch
zerstreutes Tageslicht. Es wird darauf hingewiesen, daß das Lambertsche
Cosinusgesetz für die Bestrahlung einer Fläche durch eine andere nicht die
Rückstrahlung der bestrahlten Fläche berücksichtigt. Die durch die Rückstrahlung
entstehende Lichtversträrkung wird berechnet für den Fall, daß die Rückstrahlung nur
von den Wänden oder allseitig auch von dem Fußboden erfolgt. Für die Licht
Verstärkung, die ohne Verstärkung der Lichtquelle auftritt, wird eine Erklärung
ergeben, wonach solche Lichtverstärkung nicht dem Gesetz von der Erhaltung der
Arbeit widerspricht.