Titel: | Polytechnische Schau. |
Fundstelle: | Band 338, Jahrgang 1923, S. 95 |
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Polytechnische Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Die Temperatur des aus einer Lösung sich
entwickelnden Dampfes. Vor 100 Jahren veröffentlichte FaradayAnn. chim. phys 20 (1822) 320. einen
Versuch, den man in folgender Ausführung leicht wiederholen kann: Man bringe in
einem mit Ausguß versehenen Becherglas Wasser zum Kochen und decke es zu, so daß ein
Raum entsteht, der vollständig mit Wasserdampf gefüllt ist. Um ein Thermometer lege
man einen Streifen aus steifem Papier, der ungefähr dreimal so breit ist, wie das
Quecksilbergefäß lang ist, einmal herum und binde ihn oberhalb des Quecksilbers
fest. Er klafft dann unten auseinander und bildet, wenn man das überstehende Papier
geeignet zusammenkneift, eine kleine Schale, in welche man irgendein Salz mit
negativer Wärmetönung gibt, (Diese Bedingung wird nur gestellt, um Einwendungen
gegen das Ergebnis von vornherein unmöglich zu machen) z.B. Salmiak,
Ammoniumsalpeter oder dergleichen. Kocht das Wasser im Becher kräftig, so schiebe
man das Thermometer durch den Ausguß in das Becherglas. Man wird in kurzer Zeit das
Quecksilber Temperaturen erreichen sehen, welche weit heißer sind als die des
Dampfes: 120°, 150° und noch heißer.
In der Einleitung zu dieser Arbeit schreibt Faraday: Man weiß, daß, wenn man ein
Salz, z.B. Salpeter in Wasser wirft, welches bei 100 ° siedet, dieses Salz den
Siedepunkt des Wassers um mehrere Grade steigen läßt, ohne jedoch die Temperatur des
Dampfes zu erhöhen, so daß Dampf von der Temperatur 100 ° entsteht aus einer
Salzlösung, deren Siedepunkt bei 115° liegt. Dieser Satz, denn also Faraday schon
als bekannt voraussetzte, findet jetzt noch vielfach Widerspruch.
Beim Eindampfen von Lösungen durch Schwadenverdichtung ist es nun äußerst wichtig,
genau zu wissen, welche Temperatur der aus der Lösung entstehende Dampf hat. Da beim
ganzen Vorgang überhaupt nur geringe Temperaturunterschiede vorkommen, so muß man
die einzelnen um so genauer kennen, sonst wird die ganze Rechnung falsch.
Mit Hilfe des zweiten Hauptsatzes der Wärmelehre kann man aus dem eben beschriebenen
Versuch Faradays leicht ableiten, daß die Temperatur des aus einer Lösung
entstehenden Dampfes dieselbe sein muß, wie die des aus reinem Wasser bei demselben
Druck entstehenden. Wie man sieht, geht im Versuch Wärme von der Temperatur des
Dampfes, 100 °, über auf die Temperatur der Lösung, die, wie man am Thermometer
abliest, 120 ° beträgt. Das ist nur möglich, wenn irgendwelche Arbeit geleistet
wird. Diese Arbeit wird im vorliegenden Falle vom osmotischen Druck der Lösung
geleistet, deren Raumumfang durch das Hinzutreten des sich verflüssigenden Wassers
größer wird. Wie das Verfahren Landsbergers zum Heizen von Lösungen bei der
Bestimmung von Molekelgewichten beweist, geht die Erwärmung der Lösung genau bis zu
ihrem Siedepunkt.
Drehen wir nun den Wärmeübergang um, d.h. dampfen wir ein, so muß gegen den
osmotischen Druck dieselbe Arbeit geleistet werden, welche er vorhin selbst
geleistet hat. Da nun die Lösung die Temperatur ihres Siedepunktes hat, wie vorhin,
so muß auch der aus ihr entstehende Dampf dieselbe Temperatur haben, wie der sich
vorhin niederschlagende, d.h. 100°.Ausführlich ist
diese Umkehrung dargestellt in „Kali“ 1921 S. 307.
Da diese mit Hilfe des überall bewährten zweiten Hauptsatzes aus dem so äußerst
einfachen Versuch gezogene Schlußfolgerung keine Anerkennung gefunden hat, weil ihr
angeblich unmittelbare Beobachtungen entgegenstehen, habe ich die Versuche Faradays
und RudbergsPogg, Ann Physik und
Chemie 34 (1835) 257. mit den jetzigen Hilfsmitteln noch einmal
wiederholt und alle die Punkte, gegen welche sich die Vorwürfe richten, besonders
beachtet.Schreber, Z.
technische Physik 3 (1922) 19.
Ich ging aus von dem zum Eichen von Thermometern üblichen SiedegefäßKohlrausch, Praktische Physik (191)
146., das ich aber noch mit einem Blechmantel umgab, der überall
ungefähr 1 cm Abstand hatte. Zum Beheizen nahm ich zwei Flammen, die ich in die Nähe
des Randes stellen konnte, so daß ein mehr oder weniger großer Teil der Flammengase
unmittelbar im Raum zwischen Blechmantel und Siedegefäß wie in einem Schornstein
aufsteigen konnte. Es ist mir auf diese Weise gelungen, den im Dampfmantel des
Eichgefäßes nach unten strömenden Dampf bis auf Temperaturen zu überhitzen, welche
heißer waren als der Siedepunkt der Lösung. Es kann also meinen Beobachtungen
sicherlich nicht der Vorwurf gemacht werden, daß der im Beobachtungsraum befindliche
Dampf Wärme nach außen abstrahlt. Im Gegenteil ergab sich, daß ihm von seiner
Umgebung Wärme zugestrahlt wurde. Da diese Strahlung die Ablesungen fälschen würde,
so habe ich an dem, den Meßraum abschließenden 3 cm dicken Kork an drei dünnen
Drähten einen das Thermometergefäß umgebenden Strahlungsschutz aus Weißblech
aufgehängt.Knoblauch-Hencky,
Technische Temperaturmessungen.
Regnault hat den Versuchen Rudbergs den Vorwurf gemacht, daß das Thermometer im Dampf
sich mit einer Wasserschicht bedecke und deshalb deren Temperatur und nicht die des
Dampfes anzeige. Um diesem Vorwurf zu prüfen, habe ich das Quecksilbergefäß mit
einer Heizdrahtschraube umgeben, natürlich mit der Vorsicht, daß der Draht das Glas
nirgends berührt. Mit dieser habe ich das Thermometer entweder vor dem Einsetzen in
den Dampf oder vor Beginn des Siedens der Lösung bis auf Temperaturen erhitzt, die
bedeutend heißer waren, als der Siedepunkt der Lösung und habe sie dann sich im
Dampf abkühlen lassen, indem entweder die Heizschraube an ihrer Stelle blieb oder
mit Hilfe der dicken Stromzuleitungsdrähte hochgezogen war. Das Thermometer erwies
sich in allen diesen Fällen vollständig trocken und kühlte sich doch bis auf 100 °
ab. Zeichnet man die Abkühlung des Thermometers in halblogarithmischem Papier in
Abhängigkeit von der Zeit auf, so erhält man gerade Linien, welche in der Nähe der
Temperatur der Lösung auch nicht die geringste Aenderung der Neigung aufweisen.
Daraus folgt, daß die Temperatur des Dampfes 100 ° ist.
Die wichtigste Bedingung, daß man reine Ergebnisse erhält, ist die, daß man für
sorgfältigste Abscheidung von Flüssigkeitströpfchen sorgt. Kommt ein einziges
solches Tröpfchen auf das Thermometer, so zeigt dieses nicht mehr die Temperatur des
Dampfes an, sondern die der Lösung, welche sich auf seiner Oberfläche befindet. Da
diese von dem Zufall der Menge der sich niederschlagenden Tropfen abhängt, sind
auch die Temperaturablesungen so regellos, wie das MagnusPogg, Ann Phys und Chem 112 1861)
408. bei Mitteilung seiner Versuchungsergebnisse beklagt.
Dadurch, daß ich an zwei einander gegenüberliegenden Stellen des Randes heizte,
erhielt ich von selbst einen guten Umlauf der Lösung im Siedegefäß, welcher an sich
schon tropfenfreie Dampfbildung begünstigt. Dem Siederaum des Eichgefäßes hatte ich
einen großen Durchmesser gegeben, so daß ich trotz langsamer Dampfentwicklung,
bezogen auf die Einheit der Oberfläche, doch einen kräftigen Dampfstrom durch das
Meßrohr erhielt. Schließlich hatte ich nach dem Vorgang von Rudberg den Meßraum vom
Siederaum durch mehrere feine Netze getrennt, an denen sich die doch noch
mitgerissenen Tröpfchen abschieden.
Nur die Versuche sind einwandfrei, bei denen auf dem Thermometer auch nicht die Spur
des gelösten Stoffes nachweisbar ist. Zeigt bei einem Versuch das Thermometer mehr
als 100 °, so nehme man es vorsichtig aus dem Meßraum heraus, spüle es mit möglichst
wenig Wasser ab und untersuche dieses Wasser auf den gelösten Stoff. Ist er im
Wasser nachweisbar, so ist der Versuch mißlungen, denn das Thermometer hat nicht die
Temperatur des Dampfes, sondern der auf ihm befindlichen Lösung angegeben.
Aus meinen mit aller Vorsicht angestellten Versuchen habe ich folgendes Ergebnis
erschlossen:
a) Der Grundsatz der Wärmeleitung, daß innerhalb eines Körpers zwischen unendlich
benachbarten Schichten nur unendlich kleine Temperaturunterschiede vorhanden sein
dürfen, darf nicht auf die an der Begrenzung zweier Körper liegenden Schichten
übertragen werden.
b) An der freien Oberfläche einer Lösung findet ein endlicher Temperatursprung statt,
dem der osmotische Druck das Gleichgewicht hält.
c) Die Temperatur des aus einer Lösung sich entwickelnden Dampfes ist, wie Faradays
schon vor 100 Jahren als bekannt vorausgesetzt hatte, dieselbe, wie die aus dem
reinen Lösungsmittel sich bei demselben Druck entwickelnden.
Dr. K. Schreber.
Die Wiederverwendung abgebrochener Spiralbohrer. Von Adolf Kummer, Oberregierungsbaurat, Ludwigshafen/Rh. Der
immer noch zunehmende Preis der Spiralbohrer zwingt in allen Betrieben der
Metallindustrie gebieterisch dazu, durch entsprechende Vorkehrungen den Verschleiß
dieser teueren Werkzeuge nach Möglichkeit zu vermindern und namentlich auch die
Werkzeuge selbst bis auf den letzten noch verwendbaren Rest auszunützen.
Die Wichtigkeit dieser Frage veranlaßte den Verfasser„Der Betrieb“ 3. I. 1921, 11.
das. Verfahren zur Wiederverwendung abgebrochener Spiralbohrer vom Standpunkt des
praktischen Werkzeugfachmannes aus einer neuerlichen Kritik zu unterziehen, wozu um
so mehr Veranlassung bestand, als inzwischen der Preis von gutem SS-Stahl die Höhe
von 8000 Mk. und mehr für 1 kg erreicht hat.
Die nochmalige Aufrollung der Frage, ob es wirtschaftlich angebracht und technisch
einwandfrei ist. einen abgebrochenen Spiralbohrer durch Angießen eines neuen
Schaftes wieder gebrauchsfähig zu machen, war auch durch einen Aufsatz über: „Die
Befestigung der Bohr- und Fräswerkzeuge“Ebenda
4. J. 1922, 13. veranlaßt und es wurden daher in mehreren
hiesigen, Mannheimer und Frankenthaler Betrieben die mit wiederbeschafteten
Spiralbohrern gemachten Erfahrungen gesammelt und hierbei festgestellt, daß
sich das Verfahren überall, wo es eingeführt ist, größter Beliebtheit erfreut.
Man wird der Beurteilung eines neuen Verfahrens am ehesten gerecht, wenn man die
Aeußerungen von Anfeindern desselben unter die Lupe der Kritik nimmt. Die von den
Gegnern des Verfahrens gegen dieses ins Feld geführten Nachteile und Mängel sind
folgende:
1. Die Bildung von Lunkern und Gußblasen am angegossenen Schaft
und die Entstehung von Einsenkungen am Kegelmantel durch ungleichmäßiges
Erstarren.
2. Die Ungenauigkeit des angegossenen Schaftes, welcher nicht
die mathematisch genaue Form eines Morse-Kegelschaftes besitzen soll, gegenüber
dem Eisen- oder Stahlschaft eines neuen Spiralbohrers, der auf der Drehbank nach
genauem Morsekegel gedreht und meist auch noch geschliffen ist.
3. Die leichte Verletzbarkeit des aus verhältnismäßig weichem
Metall angegossenen Kegelschaftes beim Werkstättegebrauch und die dadurch leicht
möglichen Formänderungen am Schaft, so daß ein guter Sitz im Hohlkegel der
Bohrmaschinenspindel nicht mehr gewährleistet ist und nicht mehr das bekannte
„Festsaugen“ des Bohrers im Hohlkegel stattfindet.
4. Die hohen Kosten der zum Angießen des Schaftes verwendeten
Metallegierung infolge der hohen Preise der Grundstoffe.
5. Die Bildung einer Bürste am Mitnehmerlappen durch
mehrmaligen Gebrauch des Keilaustreibers und die Notwendigkeit, an den
angegossenen Schäften eine Nacharbeit durch Zufeilen des Mitnehmerlappens
vorzunehmen.
6. Das Ausglühen des Bohrers an der Angußstelle, entstehend
beim Eingießen des heißen Metalls.
7. Der häufige Bruch des Mitnehmerlappens.
Der Verfasser hat nun alle diese Nachteile und Mängel mit der Inhaberin der das
Wiederbeschaftungsverfahren durch Angießen betreffenden Patente – der
„Scabus“ G. m. b. H. in Nürnberg – einer eingehenden Besprechung und
Prüfung in deren Werk unterzogen, die nachstehendes ergeben hat:
Zu Punkt 1: Genannte Firma besitzt ausgezeichnete, durchaus neuzeitliche Laboratorien
zur physikalischen, chemischen und metallographischen Untersuchung von Metallen und
ist daher in der Lage, diejenige Legierung, die zum Angießen der Schafte am besten
geignet ist, auf Grund neuzeitlicher Untersuchungsmethoden von vornherein zu
bestimmen. Es bot daher keine Schwierigkeit, die zum Angießen des Schaftes
hinsichtlich geringster Neigung zum Schwinden, und damit zur Lunker- und
Blasenbildung, ferner hinsichtlich Zug- und Druckfestigkeit, Schrumpfwirkung usw. am
besten geeignete Legierung nach wissenschaftlichen Methoden festzustellen. Das
Ergebnis dieser Untersuchungen zeigte, daß das vom Erfinder des Angießverfahrens
zuerst verwendete Metall eine Zugfestigkeit von 390 kg/qcm, Zündermetall aus
Kriegsbeständen eine solche von 940 kg/qcm, das jetzt als bestgeeignete Legierung
verwendete Metall (eine Zink-Aluminium-Kupfer-Legierung) aber eine Festigkeit von
1460 kg/qcm besitzt. Die angegebenen Zahlen sind Durchschnittswerte aus einer Reihe
von Versuchen. Beim Gebrauch dieser Metallegierung und infolge des gut
eingearbeiteten Personals ist nun auch eine Lunker- und Blasenbildung leicht zu
vermeiden und Einsenkungen am Kegelmantel kommen ebenfalls nicht mehr vor, weil man
als Hauptgrund solcher wie auch der Entstehung von Gußblasen erkannte, daß beim
Angießen des Mitnehmerlappens bei den kleineren Kegelschaften der Metalleinguß an
der Stelle der Einschnürung der Form zuerst erstarrte und daher vom verlorenen
Kopf nichts mehr nachfließen konnte. Man gießt daher bei dem Kegelschaft Nr. 1 jetzt
nur mehr einen Morsekegelschaft ohne Mitnehmerlappen an und fräst letzteren erst
nach dem Erkalten an. Diese Verbesserung hat sich sehr gut bewährt.
Zu Punkt 2. Es ist nicht in Abrede zu stellen, daß der angegossene Schaft nicht die
mathematisch genaue Form eines Morsekegelmantels besitzt, wie sie beim Eisen- oder
Stahlschaft durch Schleifen nahezu vollkommen zu erzielen ist. Andererseits aber
ergibt eine genauere Prüfung der Hohlkegel in den Werkzeugmaschinenspindeln, daß bei
der Mehrzahl derselben auch nicht alles mathematisch genau stimmt, daß vielmehr
häufig Riefen und Abweichungen von der Morsekegelform vorhanden sind, die auch den
Stahlschaft nicht absolut genau anliegen lassen. Die „Seabus“ G.m.b.H. hat
nach den praktischen Erfahrungen das Angießverfahren zuerst vervollkommnet, daß die
Schafte jetzt vollständig lehrenhaltig aus der Gießform kommen und nur des besseren
Aussehens wegen geputzt werden. Jeder einzelne Bohrer wird wie in der Kontrollstelle
gut geleiteter Spiralbohrerfabriken vor der Zurückgabe an den Einsender in der
Morsekegellehre auf guten Sitz geprüft und Bohrer mit irgendwelchen Mängeln
neuerlich beschaftet. Die Angelköpfe werden natürlich auf Form bearbeitet. Die
Bohrer entsprechen daher in den Abmessungen genau den Erzeugnissen guter
Spiralbohrerfabriken.
Zu Punkt 3. Daß Bohrer mit angegossenem Schaft etwas empfindlicher sind, als solche
mit Eisen- oder Stahlschaft, ist richtig und der denkende Maschinenarbeiter wird
auch dementsprechend mit solchen Bohrern umgehen. Mißbrauch in der Handhabung, z.B.
das Herausschlagen eines Bohrers aus der Bohrmaschinenspindel mittels eines als
Hammers benützten anderen Bohrers rächt sich aber auch am Bohrer mit Stahlschaft.
Oeftere und eingehende Belehrung seitens der Meister hilft aber solche Mißstände
sicher beseitigen, ebenso das Anbringen des Betriebsblattes über die Behandlung der
Werkzeugkegel an den Werkzeugmaschinen.
Zu Punkt 4. Es muß zugegeben werden, daß bei den derzeitigen Preisen der Rohmetalle,
aus denen die Legierung zum Angießen der Schafte besteht, der Wert der angegossenen
Schafte, namentlich bei den größeren Kegelschaften, ein ziemlich hoher ist. Dem ist
aber entgegenzuhalten, daß die Metallegierung durch hüttenmännische Behandlung immer
wieder in die Einzelmetalle verwandelt werden kann. Vergleicht man aber den
Materialwert des angegossenen Schaftes mit dem prozentualen Wert des neubeschafteten
Bohrers gegenüber dem Preise eines neuen Bohrers von gleichem Durchmesser, so kommt
man ohne weiteres zu der Ueberzeugung, daß der Wert des aufgewendeten
Beschaftungsmaterials keine nennenswerte Rolle spielt. Die Wiederverwendung der
einmal gebrauchten Metalllegierung ist nicht ratsam, da die guten Eigenschaften
derselben schon beim ersten Abschmelzen verlorengehen und nur eine minderwertige
Legierung entsteht.
Zu Punkt 5. Die Behauptung, daß nach oftmaligem Gebrauch des beschafteten Bohrers
durch die Wirkung des Austreibers Bürstenbildung am Mitnehmerlappen eintritt, die
dem leichten Herausfallen des Bohrers aus der Bohrmaschinenspindel hinderlich ist,
entspricht den Tatsachen. Dieser Mißstand tritt aber nur dann ein, wenn der
Mitnehmerlappen angegossen wird und nicht die technisch – richtige Form erhält. Wird
der Mitnehmerlappen – wie unter Punkt 1 beschrieben, durch Anfräsen aus dem Vollen
oder sorgfältig und sachgemäß durch Nacharbeit hergestellt, so ist es ein Leichtes,
demselben eine Form zu geben, die selbst bei oftmaligem Gebrauch des Austreibers
noch keine Umformung des Mitnehmerlappens zuläßt. Die nachstehenden Abbildungen
lassen die Richtigkeit dieser Behauptung ohne weiteres ersehen. Der Austreiber kann
dann lediglich an dem Punkt a des Mitnehmerlappens angreifen, wobei jede
Bürstenbildung ausgeschlossen ist.
Textabbildung Bd. 338, S. 98
Fig. 1.
Textabbildung Bd. 338, S. 98
Fig. 2.
Zu Punkt 6. Es ist zum guten Gelingen des Angießverfahrens unbedingt notwendig, die
Gießform gut vorzuwärmen. Dieses Vorwärmen muß aber hauptsächlich am mittleren und
oberen Teil der Form stattfinden, weniger an der Zentrierhülse, die den
abgebrochenen Bohrer festhält. Wird der letztere mit der, bis zur genügenden
Dünnflüssigkeit erwärmten Metalllegierung umgössen, so kann bei Bohrern aus
Werkzeugstahl allerdings eine Materialerweichung durch Ausglühen stattfinden, die
praktischen Erfahrungen haben aber erwiesen, daß ein solches Ausglühen erst bei
Bohrern von 5 mm Durchmesser und darunter stattfindet, stärkeren Bohrern vermag die
Wärme nichts anzuhaben.
Zu Punkt 7. Von allen Gegnern des Angießverfahrens wird als ein Hauptnachteil der
leichte Bruch des Mitnehmerlappens ins Feld geführt, es werden Interessenten
zahlreiche Bohrer mit abgebrochenen Mitnehmerlappen vorgewiesen und daraus die
Behauptung abgeleitet, daß der Mitnehmerlappen aus der verhältnismäßig weichen
Legierung „unmöglich halten könne“. Mit dieser Behauptung beweisen aber die
Gegner des Verfahrens lediglich, daß sie den Zweck des Mitnehmerlappens völlig
verkennen und – verführt durch die allerdings recht unglücklich gewählte Bezeichnung
„Mitnehmerlappen“ – glauben, daß der Zweck desselben sei, die in das
Werkzeug von der Bohrmaschine eingeleitete Kraft von der Befestigungsstelle des
Werkzeugs auf die Schneiden desselben zu übertragen. Diese Ansicht ist aber nicht
richtig, denn die Uebertragung der Kraft erfolgt ausschließlich durch das Drehmoment
des Kegels, das sich ergibt aus dem Reibungswiderstand der Kegelmantelfläche mal dem
mittleren Halbmesser des Kegels. Dieses Produkt muß natürlich um so größer werden,
je inniger sich die Kegelmantelfläche des Bohrers und die Hohlkegelfläche berühren
und erreicht den Höchstwert dann, wenn beide Mantelflächen an allen Punkten
aufeinanderliegen und sich der Kegelschaft des Bohrers unter dem Druck der
Bohrmaschine in der Hohlspindel „festsaugt“. Hieraus ergibt sich, daß es sehr
wohl möglich sein muß, selbst mit einem Bohrer, an welchem der Mitnehmerlappen
abgebrochen ist, die Höchstleistung zu erzielen und ein einfacher Versuch bestätigt
das, so ferne Kegel und Hohlkegel absolut genau zueinander passen. Der Zweck des
Mitnehmerlappens ist nur der, das Herausnehmen des Bohrers mit dem Austreiber zu
ermöglichen und beim ersten Angriff der Bohrerschneiden, wenn der Druck der
Bohrmaschine noch nicht hinreicht, um eine genügende Reibung zwischen Kegel und
Hohlkegel zu erzeugen, ein Drehen der beiden ineinander und dann unvermeidliches
„Fressen“ zu verhüten.
In Erkenntnis der Wichtigkeit eines genauen Passens der angegossenen Kegelschafte hat
die „Seabus“ G. m. b. H. – wie schon oben erwähnt – die Einrichtung
getroffen, daß kein Bohrer die Werkstätten verläßt, ohne daß mit der Morsekegellehre
die richtige Form des Kegelmantels genau geprüft worden ist. Wird diesem Punkte auch
in den Betrieben durch ständige Kontrolle der Bohrmaschinenspindeln die
erforderliche Beachtung gewidmet, so werden die Klagen über Abbrechen der
Mitnehmerlappen bald verschwinden, namentlich dann, wenn es durch gute Ueberwachung
und Belehrung auch erreicht wird, das ebenso beliebte als schädliche Befestigen von
Bohrern durch Papier- oder gar Blechbeilagen in der Bohrmaschinenspindel zu
verhüten.
Aus dem oben bei Punkt 7 Gesagten ergibt sich aber, daß kein
Spiralbohrer genügend ausgenutzt, d.h. in das Werkzeug soviel Kraft eingeleitet
werden als von den Schneiden verbraucht werden kann, wenn der größte Durchmesser
des Kegelschaftes ≧ dem Bohrerdurchmesser ist.
Diese Art der Ausführung der Kegelschafte an Spiralbohrern – zuweilen auch an
Reibahlen, Fräsern und ähnlichen rotierenden Werkzeugen – bildet aber wegen der
damit verbundenen Materialersparnis die Regel, weil ein Bohrer mit einem größeren,
dem wirklichen Kraftverbrauch entsprechenden Kegelschaft aus einem dickeren Rohling
hergestellt werden muß und daher durch erhöhte Lohn- und Materialausgaben wesentlich
teurer ist.
Aus dieser Ueberlegung heraus läßt sich aber ein weiterer Schluß ziehen. Es liegt in
der Natur des ganzen Angießverfahrens, daß die angegossenen Schafte wesentlich
dicker, deren Drehmomente daher sehr viel größer sind als bei neuen Bohrern. Es ergibt sich daher mit zwingender Notwendigkeit die
Schlußfolgerung, daß in einen gebrochenen Spiralbohrer mit angegossenem Schaft
eine ungleich größere Kraft eingeleitet werden kann, als in einen neuen Bohrer
mit zu schwachem Kegelschaft, und daß es daher viel leichter möglich ist, den
Bohrer mit angegossenem Schaft bis zur äußersten Beanspruchung der Schneiden
auszunutzen. Die einzige Bedingung hierfür ist nur ein gutes Passen des
angegossenen Schaftes in dem Hohlkegel der Bohr- oder Fräsmaschinenspindel, das
durch das Kontrollieren mit der Kegellehre unschwer zu erreichen ist. Daß die
spezifische Reibung zwischen Metallegierung und Stahl größer ist, als die von Stahl
auf Stahl, das Haften also begünstigt wird, möge nur nebenbei angeführt sein.
Von großem Interesse war es für den Verfasser, bei dem Besuche der
Beschaftungswerkstätte in Nürnberg folgendes zu erfahren: Eine große Fabrik der
Automobilbranche in Stuttgart schickte an „Seabus“ insgesamt 800 Stück neue
Spiralbohrer mit zylindrischem Schaft ein und ließ an diese neuen Bohrer
Morsekegelschafte angießen. Ueber den Zweck der Maßnahme und deren
Wirtschaftlichkeit um Auskunft angegangen, teilt die Firma dem Verfasser mit:
„.... Das Bohren selbst geschieht auf vierspindligen
Bohrmaschinen, bei denen die Lochentfernung sehr klein ist und können daher
Bohrköpfe nicht verwendet werden. Der Anguß dient außerdem als Ersatz
für die früher verwendeten geschliffenen Hülsen, in welche die Bohrer
eingelötet werden mußten. Trotzdem die Hülsen mehrere Male benutzt werden
konnten, hat es sich gezeigt, daß sich das Aufgießen des Morsekonus billiger
stellt, und was das Rundlaufen der angegossenen Morsekonen betrifft, so
haben wir bis jetzt nur gute Resultate damit erzielt ....“ In
anderen Anerkennungsschreiben wird die größere Haltbarkeit der angegossenen Schafte
betont und damit die Richtigkeit der obigen Behauptung bestätigt. Eine der größten
deutschen Elektrizitätsfirmen äußert sich ebenfalls sehr befriedigt von den mit
beschafteten Spiralbohrern gemachten Erfahrungen.
So urteilt die Praxis über das Angießverfahren und wie schon eingangs erwähnt, ist
die Zahl der Betriebe, in denen sich das Angießverfahren einbürgert, ständig im
Zunehmen begriffen. Das Verfahren ist ein Kind der Neuzeit und eine derjenigen
Erfindungen, die ihr Dasein der Not der Zeit verdanken, denn bei den früheren
Preisen der Spiralbohrer wäre es niemand eingefallen, an eine Wiederverwendung
abgebrochener Spiralbohrer durch Angießen eines neuen Schaftes zu denken.
Der Verfasser glaubt durch obige Darlegungen nicht nur den zahlreichen Werken, die
das Verfahren bereits eingeführt haben, sondern namentlich den Werken, die sich zwar
für Sparmaßnahmen im Werkzeugverbrauch interessieren, dem Verfahren aber noch
unschlüssig gegenüberstehen, einen Dienst erwiesen und zur Klärung der Frage, in
welcher Weise abgebrochene Spiralbohrer nutzbar gemacht werden können, ein
Scherflein beigetragen zu haben.
Automobile in Amerika. Die Vereinigung der
Automobilfabrikanten in den Vereinigten Staaten hat kürzlich eine Statistik
veröffentlicht, nach der im letzten Jahre im Lande 2257000 Kraftwagen aller Art
hergestellt wurden. Damit ist ein neuer Rekord erreicht worden, denn die bisherige
Höchstproduktion, jene des Jahres 1920, wird damit um 322000 Fahrzeuge übertroffen.
Der Gesamtwert der Automobile und Automobilfabrikate wird in der genannten Statistik
zu 1558567 Millionen Dollar veranschlagt, und es werden 2431000 Personen in den
amerikanischen Automobilfabriken beschäftigt. Gegenwärtig, also 1922/1923 sind in
den Vereinigten Staaten 11,5 Millionen Automobile im Gebrauch, von denen
eineinviertel Million Lastautomobile sind, die der Güterbeförderung dienen. Es
wurden im Jahre 1922 66000 Personenautos und 10000 Lastautos exportiert.
Si.
Benzin – elektrischer Lastzug. Für die Beförderung
schwerer Lasten hat die Oesterreichische Daimler-Motoren-A.-G. einen Motorlastzug
gebaut, der aus einem Maschinenwagen und einem Anhänger besteht. Der Maschinenwagen
enthält einen wassergekühlten Sechszylinder-Benzinmotor von 150 PS., der mit einem
90-kW-Gleichstromdynamo gekuppelt ist. Am Maschinenwagen ist außerdem ein
Seilwindenantrieb angebracht, ebenso die Organe für die Saugluft-Bremsung. Die
Hinterräder des Wagens werden durch zwei 15pferdige Elektromotoren angetrieben. Der
Wagen ist für die Fahrt auf der Straße und auch zur Schienenfahrt eingerichtet, und
zwar für Normalspur und russische Spur.
Die Nutzlast für den Anhänger beträgt 25–30 t. Um geringen Achsdruck zu erhalten, ist
die Last auf vier Achsen verteilt. Für die Fahrt auf steilen Straßen ist der
Antrieb aller acht Räder durch 15 – PS – Elektromotoren vorgesehen. Das Eigengewicht
des Maschinenwagens ist 8900 kg, das des Anhängewagens 15000 kg. Der Anhängewagen
ist mit selbsttätiger Saugluftbremse und mit Handbremsen ausgerüstet. Die größte
Fahrgeschwindigkeit des Zuges beträgt bei Vollast auf ebener Strale 10 km/st. Die
größte Steigfähigkeit des Zuges ist 23 v. H. (Zeitschrift d. Ver. deutsch. Ing.
1923, S. 1144.)
Wimplinger.
Diesel – elektrischer Triebwagen. Die Firma Gebrüder
Sulzer hat neuerdings mit einem solchen Triebwagen Versuche ausgeführt. Der
Sechszylinder-Dieselmotor ist mit einer Gleichstromdynamo gekuppelt. Die Zylinder
sind in V-Form angeordnet und arbeiten ohne Kompressor. Der Brennstoff wird mit
Hilfe der Brenngase eingespritzt. Beim Anlassen wird die Dynamo aus einer Batterie
gespeist. Der Motor leistet bei 440 Uml./Min. 200PS, kann aber vorübergehend auch
250 PS leisten. Zwei im hinteren Drehgestell liegende Reihenschlußmotoren werden mit
Strom von 300 V gespeist. Der Wagen enthält 69 Sitzplätze und kann mit einem
Anhänger von 30 t Gewicht 60 km/std. Geschwindigkeit erreichen. 350 Liter Brennstoff
reichen für 500 km Fahrt. (Zeitschr. d. Ver. Deutsch. Ing. 1923, S. 67.)
Wimplinger.
Lastkraftwagen mit Sauggasbetrieb. Für die teueren
Brennstoffe des Kraftwagenbetriebes wie Benzin und Benzol sucht man besonders für
den Lastwagenmotor schwere Oele oder Sauggas zu verwenden. In England und in
Frankreich hat man bereits mit Sauggasbetrieb gute Erfahrungen gemacht. In England
verwendet man Koks und Anthrazit, in Frankreich dagegen Holzkohle. Man ist dabei
bestrebt, vorhandene Lastwagen mit Sauggasanlagen zu versehen. Da die Motorleistung
mit Sauggasbetrieb stark sinkt, so muß dementsprechend die Nutzlast und die
Fahrgeschwindigkeit verkleinert werden. Man hofft dabei, daß trotz dieses Nachteils
und des Mehraufwandes an Wartung sich der Sauggasbetrieb unter gewissen
Betriebsverhältnissen bewähren wird. Die Motorenanlage wird aber in den meisten
Fällen so ausgeführt, daß man wahlweise mit Sauggas oder mit flüssigen Brennstoffen
fahren kann. In der Zeitschrift The Engineer 29. Sept. 1922 werden die folgenden
Bauarten beschrieben: Der Gaserzeuger Lion – Montchat arbeitet mit Holzkohle. Zum
Anfachen des Feuers bei Inbetriebsetzung dient ein Handgebläse. Da das Gas so unter
Druck zum Motor gelangt, wird das Andrehen des Motors erleichtert. Es soll möglich
sein, daß nach 36stündiger Betriebsdauer der Wagen nach 5 Min. betriebsbereit
ist.
Die Sauggasanlage der Société Française de Matériel Agricole wird mit einer Mischung
von Holz und Holzkohle betrieben. Ein Dreiweghahn am Sauggasrohr gestattet, den
Motor augenblicklich auf Betrieb mit flüssigem Brennstoff umzustellen, wenn eine
größere Motorleistung erreicht werden soll. Die Société des Gazogènes Cazes
verwendet Holzkohlengaserzeuger mit Wassereinspritzung. Man hat diesen Gaserzeuger
mit Erfolg auch bei Pflugschleppern verwendet. Hier sind Wäscher und Kondensator
durch ein doppeltes Oelfilter ersetzt, wodurch an Gewicht gespart wird.
Der Sauggas-Lastkraftwagen von Thornycroft, der als Sieger aus dem Wettbewerb in
Frankreich hervorging (s. D. p. J. 338, 6), ist auf Grund langjähriger Erfahrung
gebaut. Der Motor hat höhere Verdichtung als bei Benzinbetrieb. Der Dampf wird durch
die Auspuffwärme erzeugt. Ein Versuchswagen soll bei Betrieb mit gewöhnlichem
Anthrazit 0,73 kg/km auf insgesamt 2530 km Wegleistung verbraucht haben.
Wimplinger.
Schwere Brennstoffe für Fahrzeugmotoren. Die
amerikanische Zeitschrift „The Journal of Industrial and Engineering
Chemistry“, Juli 1922, berichtet in ausführlicher Weise über Versuche, die
von der „General Research Corporation“ zu Dayton-Ohio mit solchen
Brennstoffen ausgeführt wurden, um feststellen zu können, auf welche Weise dieselben
einwandfrei verbrennen. Bei der Verbrennung solcher Brennstoffe im Motorzylinder
treten häufig plötzliche Drucksteigerungen ein, die das Getriebe sehr stark
beanspruchen und zu Geräuschbildung, zu dem sogenannten „klopfen“
Veranlassung geben. Im Laboratorium der genannten Gesellschaft wurden nun
Einrichtungen geschaffen, mit denen die Neigung eines Brennstoffes zum Klopfen
festgestellt werden kann.
Die Neigung des Klopfens hängt von der Größe des Verdichtungsverhältnisses und von
der Motorbelastung ab, außerdem nimmt die Neigung zum Klopfen mit der Erwärmung des
Motors zu. Zur Prüfung des Brennstoffes in bezug auf seine Neigung zum Klopfen wurde
der Verbrennungsraum des Motors mit einer Indikatorvorrichtung verbunden, bei der
der Indikatorkolben mit einer starken Feder belastet war. Bei der Drucksteigerung,
die durch die normale Zündung entsteht, machte dementsprechend der Kolben geringe
Hübe. Bei starken Explosionen dagegen, die das Klopfen hervorrufen, wird der
Kolbenhub von etwa 0,1 mm bis zu 38 mm vergrößert. Die Bewegungen des Kolbens
dienten ferner dazu, einen elektrischen Stromkreis zu schließen, in dem eine
elektrolystische Zelle mit angesäuertem Wasser eingeschaltet war. Die während einer
gewissen Betriebsdauer erzeugte Knallgasmenge dient als Maß für die Neigung des
Brennstoffes zum Klopfen. Auf diese Weise konnte festgestellt werden, daß ein
Gemisch von 55 Teilen Petroleum und 45 Teilen Benzol in bezug auf Klopfen reinem
Petroleum gleichkommt, dem 5 Teile Xylidin beigemischt war.
Die Versuche haben weiterhin ergeben, daß geringe Mengen gewisser Metallverbindungen,
welche dem Brennstoff beigemengt werden, das Klopfen ausschalten, so z.B.
Diäthyltellurid (C2H5)2 Te und Diäthylselenid (C2H5)2 Se, auch gewisse Stickstoffverbindungen, z.B. die
Amine haben die gleiche Wirkung.
Wimplinger.
Versuche an einer Gasgebläsemaschine. Im Ma 1921 wurden an
einer solchen Maschine Versuche ausgeführt, um den Gütegrad und die Wärmebilanz
festzustellen. Die doppeltwirkende Viertakt-Tandemmaschine mit 1150 mm Zyl. = Dmr.
und 1300 mm Hub ist unmittelbar mit dem Gebläsezylinder von 2700 mm Zyl. Dmr.
gekuppelt. Bei 80 Uml./mm werden 1170 m3/min Luft
von 0,61 at gefördert. Der Heizwert des Gases schwankte während den Versuchen
zwischen 797 und 852 WE/m3. Bei einer Belastung
der Gasmaschine von 1747 PSi betrug der Gichtgasverbrauch 2,31 m3/PSih. Damit
berechnet sich der Wärme verbrauch zu 2080 WE/ PSih.
Bei einem l,3 fachen Luftüberschuß ergab sich die beste Verbrennung. Die Abgase
enthielten nur noch 0,1 v. H nicht verbranntes Kohlenoxyd. Bei einem Winddruck von
216 bis 634 mm Q-S betrug die Leistung der Gasmaschine 1085 bis 1765 PSi und der Arbeitsbedarf des Gebläses 842 bis 1467
PSi.
Die isothermische Arbeit des Gebläses wird berechnet:
\mbox{Nis}=\frac{\mbox{Lis}\,Y}{27000}\,(\mbox{PS}), wobei \mbox{Lis}=10000\,\times\,2,303\,p_1\,\mbox{log}\,\frac{p_2}{p_1} (mkg/m3).
Aus den Versuchen ergab sich ein thermischer Wirkungsgrad der Gasmaschine zu 25,8 bis
30,5 v. H. Der Gesamtwirkungsgrad der Maschinenanlage beträgt 20,1 bis 25,2 v.
H. Die indizierte Leistung des Gebläses ist um etwa 300 PSi niedriger als die der Gasmaschine. Bei einem Leerlaufbedarf von 320
PSi betrug der Gasverbrauch 4,5 m3/PSi. Auch hier
haben die Versuche ergeben, daß der mechanische und der thermische Wirkungsgrad mit
der Belastung zunehmen. Der volumetrische Wirkungsgrad des Gebläses schwankte
zwischen 0,88 und 0,95. (Zeitschrift des Vereins deutsch. Ing. 1923, S.
151–153.)
Wimplinger.
Kompressorlose Gleichdruckmaschinen. In der Entwicklung
der Oelmaschine ist man bestrebt, die Einspritzung des Brennstoffes mit Preßluft zu
vermeiden. Dadurch erreicht man eine wesentliche Vereinfachung der Maschinenanlage
und vermeidet die hohen Kosten des Luftverdichters. Der Kraftbedarf des
Luftverdichters wird nur zu einem Bruchteil im Maschinenzylinder wiedergewonnen. Die
Schwierigkeiten und Gefahren, die der Betrieb mit hochgespannter Preßluft mit sich
bringt, sind bekannt. Brennstoff- und Schmierölverdampfung können Veranlassung zur
Bildung von explosiblen Gemengen in der Luftleitung geben, deshalb muß die
Temperatur der Einspritzluft möglichst tief gehalten werden. Beim Eintritt der
Einspritzluft in dem Verdichtungsraum tritt eine Ausdehnung und somit eine
wesentliche Abkühlung ein. Infolgedessen muß die Verdichtung im Arbeitszylinder
größer sein, als die Selbstzündung es erfordert.
Man hat deshalb bereits versucht, den Luftverdichter zu vermeiden. Die Maschinen von
Haselwander, Trinkler und Vogel entnehmen die Zerstäuberluft aus dem Zylinder. Bei
den neueren Verfahren von Liusne, Benz, Steinbecker, sind besondere Zündkammern
vorgesehen. Die Motorenfabrik Deutz hat nun eine Maschine ausgebildet, bei der der
eingespritzte Brennstoff mit Hilfe einem im Verbrennungsraum erzeugten Luftwirbels
zerstäubt wird. Der Kolben ist hierbei mit einem Aufsatz versehen, der in einem
zylindrischen Hals des Verbrennungsraumes eindringt. Im Gegensatz zur Maschine mit
Preßlufteinspritzung findet in der Verdrängermaschine die Vermischung des
Brennstoffes mit Luft erst im Verbrennungsraum statt, und zwar mit heißer Luft, die
sich in wirbelnder Bewegung befindet und nicht wie bei der erstgenannten Maschine
innerhalb des Düsenraumes mit kalter Luft. Außer Rohöl, Gasöl, Paraffinöl, können
auch Petroleum und Benzin in der Verdrängermaschine verwendet werden. Der
Wärmeverbrauch beträgt je nach der Zylinderleistung 1850–2200 WE/PSe h. Die
Verdrängermaschinen werden bis jetzt für Leistungen bis zu 125 PSe in einem Zylinder
ausgeführt. Sie besitzt die Fähigkeit, sich leicht dem jeweils billigsten Brennstoff
anzupassen. Durch einfache Umänderung und Austausch weniger Teile kann die Maschine
für den Betrieb mit Leuchtgas, Sauggas, Erdgas usw. eingerichtet werden.
(Zeitschrift des Ver. deutsch. Ing. 1923, S. 1125–1129.)
Wimplinger.
Wärmespeicher im Lokomotivbetrieb. Die italienischen
Staatsbahnen haben bei Rom eine solche Anlage errichtet, die dazu dient, die im
Kesselwasser enthaltene Wärme zum Anwärmen von frischem Speisewasser sowie zur
Erzeugung von warmem Spülwasser für die Lokomotivkessel zu verwenden. Es können bei
dieser Anlage zu gleicher Zeit zwei Lokomotiven entleert und zwei andere mit
vorgewärmtem Speisewasser versehen werden. Auf diese Weise wird die Anheizzeit und
der Kohlenverbrauch verkleinert.
Um den Lokomotivkessel zu entleeren wird ein biegsamer Schlauch an seinem
Ablaßhahn angeschlossen. Das Kesselwasser fließt dann unter dem Kesseldruck in die
Heizrohre des Wärmespeichers. Das Wasser fließt zuerst durch einen
Speisewasservorwärmer, dann durch einen Filter und gelangt dann in den Behälter für
Spülwasser. In diesem Behälter wird in Rohrschlangen das frische Speisewasser auf 30
Grad vorgewärmt und im genannten Speisewasservorwärmer auf 70 Grad und fließt dann
in einem Vorratsbehälter. Zum Wasserumlauf in der Anlage dient eine elektrisch
betriebene Pumpe für 8at Druck. Zum Auswaschen der Kessel ist eine besondere Pumpe
vorhanden. Eine dritte Pumpe wird zum schnellen Entleeren der Lokomotivkessel
verwendet, wenn der Dampfdruck hierzu nicht mehr ausreicht. Es ist beabsichtigt,
auch in Mailand, Turin, Florenz, Neapel usw. ähnliche Anlagen zu errichten.
(Engineering, 15. Januar 1923.)
Wimplinger.
In der amerikanischen Eisenindustrie bringt das neue Jahr anscheinend einen ganz
ungeahnten Aufschwung, denn die Erzeugung von Rohstahl
bewegt sich drüben auf der Rate von 40 Millionen t pro Jahr, was reichlich 20 % mehr
ist als noch vor etwa sechs Monaten die Erzeugung betrug. Der Stahltrust hat es
ablehnen müssen, noch Bestellungen für das erste Vierteljahr 1923 zu übernehmen;
seine Werke sind zwar nur zu 80 % beschäftigt, doch fehlt es an Arbeitern und an
Brennstoff. Große Bestellungen an Eisenbahnschienen und an rollendem Material sind
erfolgt. Nach „Railway Age“ haben die Bahnen im
Jahre 1922 an 173 000 Güterwagen bestellt, während sonst der Jahresdurchschnitt nur
wenig über 92 000 lag. Ferner wurden 2450 Lokomotiven bestellt, gegenüber mir 239 im
Jahre 1921.
Si.
Kupfer. In Schweden sind in der Provinz Vesterbotten große
Kupfererzlager festgestellet worden, deren Erz reichhaltiger und hochwertiger sein
soll, als die bis heutigen Tages in Schweden bekannten Kupfererzvorkommen.
Si.
Radium. Infolge des starken Rückganges der Radiumpreise
von 120000 Dollar auf 70000 Dollar für 1 g, der durch die großen Pechblendefunde in
Katanga (Belgisch-Kongo) hervorgerufen wurde, mußte die Colorado – Radium – Anlage
der Standard Chemical Company im Paradox-Tal geschlossen werden. (Chem. -Ztg. 1923,
S. 75.)
Si.
Sulfitspiritus. Die deutsche Branntwein-Monopolverwaltung
beabsichtigt die Ausdehnung der Herstellung von Spiritus aus
Sulfitcellulose-Ablaugen und will 300 Millionen Mark für Darlehn bereitstellen.
Si.
Zement. Nach einer Zusammenstellung der
Asono-Portland-Cement-Co. in „The Trans-Pacific“ beträgt der Zementverbrauch
in: China 1850000 Faß bei einer Bevölkerung von 440 Millionen, in Japan 900000 Faß
bei 77 Millionen Einwohnern, in Brit.-Indien 1600000 Faß bei 1600 Millionen, in
Holländisch-Indien 650000 Faß bei 37 Millionen, Vereinigte Staaten 103000000 Faß bei
110 Millionen Einwohnern, in Canada 8000000 Faß bei 3,77 Millionen, in Neuseeland
1100 000 Faß bei 1,26 Millionen Einwohnern und in Australien 2100000 Faß bei rund 5
Millionen Seelen. Bei einer Verrechnung dieses Verbrauches auf den einzelnen Kopf
würde China das 222fache, Japan das 8fache, Indien das 187fache und Java das 53fache
verbrauchen müssen, um an den Zementverbrauch der Bevölkerung der Vereinigten
Staaten heranzukommen. Hier kommen nämlich auf den Kopf der Bevölkerung 856
englische Pfund, in Kanada 347 Pfund, in Neuseeland 332 und in Australien 160
englische Pfund. („Zement“ 1922, S. 521.)
Si.
Verschiebung der Ersten Kölner Messe auf den Herbst 1923.
Der Aufsichtsrat des Messeamtes Köln hat beschlossen, die für den 6.–12. Mai d. J.
angesetzte Erste Kölner Messe auf den Herbst zu vertagen. Die Messe wird in der
Woche vom 9.-15. September d. J. stattfinden. Bestimmend für die Entscheidung waren
die durch die politischen Verhältnisse im besetzten Gebiet hervorgerufenen
Verkehrshemmnisse und die Schwierigkeiten im Warenverkehr zwischen dem besetzten
Gebiet und dem übrigen Deutschland. Der Entschluß, die Messe zu verschieben, ist
umso schwerer geworden, als die Messebauten unmittelbar vor ihrer Vollendung stehen
und die zahlreiche Ausstellerbeteiligung die Gewähr für eine imponierende Schau
deutscher Arbeit geboten hätte. Von den angemeldeten Firmen konnte nur die Hälfte
zugelassen werden.
Hierzu teilt das Messeamt Köln weiter mit:
Die Frage der Abhaltung der Kölner Frühjahrsmesse, deren Aussichten vor einem
Vierteljahr noch so günstig schienen, ist damit entschieden. Auch sie ist ein Opfer
der französischen Ruhraktion mit ihren unheilvollen Folgeerscheinungen im
Wirtschafts- und Verkehrsleben geworden. Die Messeleitung hat der Not gehorchen
müssen; die durch die Zuspitzung der politischen Verhältnisse im Westen geschaffene
Zwangslage ist stärker gewesen als ihr guter Wille. Vor einigen Wochen noch hatte
man bestimmt geglaubt, die erste Messe zu dem vorgesehenen Zeitpunkt im Mai abhalten
zu können und die Messeleitung wurde in ihrem Vorhaben und bei der konsequenten
Durchführung der Messevorbereitungen ermutigt durch die Haltung vieler Aussteller,
die trotz der bestehenden politischen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten die
Abhaltung der Messe wünschten. Im Stillen hatten allerdings wohl alle gehofft, daß
sich bis zum Mai die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse wenigstens etwas
geklärt haben würden und daß vor allem die Verkehrserschwernisse beseitigt worden
wären. Die Hoffnung hat getrogen. Bei der gegenwärtigen Lage wäre es deshalb den
Ausstellern gegenüber nicht zu verantworten gewesen, die Messe abzuhalten.
Für den Erfolg einer Messe ist letzten Endes ein starker Besuch von Einkäufern
ausschlaggebend. Bei den Verkehrsbeschränkungen im besetzten Gebiet, die in der
letzten Zeit eher zu- als abgenommen haben, wäre es aber ein Ding der Unmöglichkeit
gewesen, die für die Messe notwendigen Einkäuferscharen nach Köln zu bringen.
Ausländische Besucher würden wohl ganz gefehlt haben; denn Frankreich und Belgien
wären diesmal ohnehin als Käufer nicht in Betracht gekommen, und die Kaufleute aus
dem übrigen Ausland würden sicherlich kaum Lust verspürt haben, sich in die
politische Kampfzone zu begeben und sich unter Umständen Unannehmlichkeiten
auszusetzen.
Diese Gründe sind allein für Hie Entscheidung der Kölner Messegesellschaft maßgebend
gewesen und sie glaubte, mit der Verschiebung der Messe zum Herbst vor altern im
Interesse der Aussteller zu handeln.