Titel: | Carl Dietrich Harries. |
Fundstelle: | Band 338, Jahrgang 1923, S. 200 |
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Carl Dietrich Harries.
[Carl Dietrich Harries.]
Am 3. November starb nach kurzem schwerem Leiden an den Folgen eines
chirurgischen Eingriffes der Geheime Regierungsrat Professor Dr. phil. Dr.-Ing. e.
h. Carl Dietrich Harries, stellvertretender Vorsitzender
des Aufsichtsrates von Siemens & Halske A.-G. und Mitglied des Aufsichtsrates
der Siemens-Schuckertwerke.
Der Verstorbene war am 5. August 1866 in Luckenwalde geboren und hatte sich dem
Studium der Chemie gewidmet. Seine Leistungen verschafften ihm schon 1890 die
Stellung als Assistent von A. W. v. Hofmann, dem damaligen in weiten Kreisen
bekannten Lehrer der Chemie an der Universität Berlin. Zwei Jahre später wurde Harries Assistent
bei Emil Fischer und widmete sich nun mehr und mehr der organischen Chemie. Nachdem
er 1900 Vorsteher im 1. chemischen Institut der Universität Berlin geworden war,
erfolgte 1904 seine Ernennung zum außerordentlichen Professor und im selben Jahre
seine Berufung als ordentlicher Professor in Kiel. Hier konnte er an der Spitze des
Chemischen Universitäts-Laboratoriums eine ausgedehnte Tätigkeit sowohl als Lehrer
wie als Forscher entfalten. Besonders eingehend widmete er sich dem Studium des
Ozons in seiner Wirkung auf organische Verbindungen. Nicht weniger bedeutsam waren
seine Untersuchungen über die chemische Natur des Kautschuks. Frühzeitig durch seine
Leistungen bekannt geworden, war er 1904 Generalsekretär der chemischen Abteilung
auf der Welt-Ausstellung in St. Louis, 1912 wurde er vom Verein Deutscher Chemiker
mit der Verleihung der Liebig-Denkmünze in Gold ausgezeichnet.
Mit dem Jahre 1915 schloß Geheimrat Harries seine erfolgreiche Lehr- und
Forschertätigkeit in Kiel ab, um sich einer neuen umfangreichen Aufgabe zu widmen.
Durch seine Verheiratung 1899 mit Hertha v. Siemens, der jüngsten Tochter von Werner
v. Siemens, hatte er immer näher werdende wissenschaftliche Beziehungen zu Wilhelm
v. Siemens gefunden, der als Leiter der Siemens-Firmen, seinem Vater gleich, die
wissenschaftliche Forschung als Grundlage des technischen Schaffens pflegte. Er sah
besonders in der organischen Chemie ein Mittel für künftige große technische
Leistungen. So konnte nicht auffallen, daß Geheimrat Harries im Januar 1916 vom
Lehrstuhl in die ausübende Technik überging und im Aufsichtsrate von Siemens
& Halske und den Siemens-Schuckertwerken die Möglichkeit suchte und fand, sein
ausgedehntes Wissen für den Konzern nutzbar zu machen. Er blieb dabei gleichwohl
seiner Forschertätigkeit treu und konnte seiner Neigung zum Lehren auch noch als
Honorar-Professor an der Technischen Hochschule in Berlin-Charlotlenburg genügen.
Zunächst setzte er während des Krieges alle Kraft für die Vervollständigung unseres
Rüstzeuges ein, seine Verdienste darin wurden durch die Verleihung des Eisernen
Kreuzes am weißschwarzen Bande anerkannt. Nach Beendigung des Krieges bekamen dann
die Einrichtungen feste Form, die äußerlich die leitende Wirksamkeit von Geheimrat
Harries kennzeichneten. Die verschiedenen Versuchsstätten des Konzernes wurden zu
planmäßiger Arbeit zusammengefaßt unter der Bezeichnung „Zentralstelle für
wissenschaftlichtechnische Forschungsarbeiten im Siemens-Konzern“ und das
während des Krieges gebaute große Physikalisch-Chemische Laboratorium in
Siemensstadt bezogen. Für die wissenschaftlichen Arbeiten der Angehörigen des
Konzernes rief Geheimrat Harries die Wissenschaftlichen Veröffentlichungen aus dem
Siemens-Konzern ins Leben, deren eifriger Mitarbeiter er selbst wurde. Noch das
letzte Heft dieser Veröffentlichungen aus dem Sommer dieses Jahres enthält zwei
Arbeiten von Geheimrat Harries. Kurz vor seinem Tode stellte er seine letzte Arbeit
fertig. Ein vorzeitiger Tod hat ein Leben angestrengter Arbeit und reicher Erfolge
abgeschlossen, deren Spuren wie in der reinen Wissenschaft, so auch im
Siemens-Konzerne dauernd sichtbar sein werden.