Titel: | Polytechnische Schau. |
Autor: | Parey |
Fundstelle: | Band 339, Jahrgang 1924, S. 4 |
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Polytechnische Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Fernsteuer- und Fernmeldeanlagen für Wasserwerke. Das
Niederlausitzer Wasserwerk in Senftenberg arbeitet in seinem weitverzweigten
Betriebe mit Fernsteuer- und Fernmeldeanlagen, die, was Einrichtung und praktische
Anpassung an die gegebenen Verhältnisse angeht, ein allgemeines Interesse
beanspruchen dürfen. Diese Anlagen wurden notwendig, weil man einerseits einen
wohlgeordneten, störungsfreien Betrieb eines ein umfangreiches Gebiet versorgenden
verzweigten Wasserwerkes nur gewährleisten kann, wenn zuverlässig arbeitende
Fernmeldungen vorhanden sind, und andererseits unter den herrschenden
wirtschaftlichen Verhältnissen der Wunsch bestehen mußte, mit möglichst wenig
Personal auszukommen. So wurden im Bereiche des Niederlausitzer Wasserwerkes verlegt
eine Wasserstands-Fernmeldeanlage, die nicht nur die Wasserstände in allein
Sammelbecken des Betriebes jederzeit abzulesen gestattet, sondern sie auch
fortlaufend aufschreibt; eine Selbststeuereinrichtung, bei der die Pumpsätze eines
von der Zentrale Buchwalde 5,2 km entfernt liegenden Zwischenpumpwerkes selbsttätig
durch den Zeiger des Wasserstandsmelders ein- und ausgeschaltet werden, sobald der
Wasserstand im zugehörigen Hochbehälter es erfordert, eine handbediente
Fernsteueranlage, mit der sich die Pumpen des Zwischenwerks von der Zentrale aus
beliebig an- und abstellen lassen, eine sogen. Nullspannungs-Fernmeldeanlage, die
anzeigt, wenn der Starkstrom ausbleibt, der zum Betrieb der Pumpsätze das
Zwischenpumpwerks dient; eine Fernsprechanlage, die einen bequemen mündlichen
Verkehr zwischen den einzelnen Stationen ermöglicht. Die Leitungen für diese
elektrischen Schwachstromeinrichtungen sind in einem Kabel vereinigt, das die
Hauptstationen des Betriebes, die Hauptpumpstelle Buchwalde, das Zwischenpumpwerk,
die Reservoire des von diesem versorgten, höher gelegenen Gebietes und das
Betriebsbureau in Senftenberg miteinander verbindet.
Um die Pumpen im Zwischenwerk durch den sich hebenden und senkenden Wasserspiegel im
Hochbehälter selbsttätig zu steuern, sind auf der Zeigerachse des
Wasserstandszeigers zwei verstellbare Kontaktscheiben angebracht, die mit vier an
dem Gerät befindlichen Federn Kontakte schließen können. Dadurch werden kleine, im
Gehäuse des Wasserstandszeigers liegende Schwachstromrelais eingeschaltet, von denen
zwei außerhalb des Apparates liegende Starkstromrelais abhängig sind. Diese
betätigen unmittelbar die Hilfsmotoren der Selbstanlasser für die Pumpen.
Sinkt der Wasserspiegel im Hochbehälter etwa auf 1 m, so schaltet sich die erste
Pumpe ein. Genügt ihre Förderung, den Wasserspiegel steigen zu lassen, so arbeitet
sie so lange, bis das Becken nahezu gefüllt ist, und schaltet sich dann selbsttätig
ab. Reicht sie aber allein nicht aus, was bei besonders starkem Wasserverbrauch,
z.B. bei Feuer, vorkommen kann, sinkt vielmehr der Wasserspiegel weiter, so tritt
selbsttätig eine Reservepumpe in Tätigkeit. Beide Pumpen arbeiten dann solange, bis
der höchste Wasserstand annähernd erreicht ist. Nunmehr schalten die
Kontaktvorrichtungen des Wasserstandmelders zunächst die Reservepumpe ab und setzen
dann die Hauptpumpe still.
Mit dieser Selbststeuereinrichtung ist nun die Fernsteuerung in der Weise kombiniert,
daß mit dem Einschaltender einen Anlage die andere stromlos wird. Zu diesem Zwecke hat man zwei
Fernsteuerrelais angebracht. Der Anker des einen schließt im Ruhezustand den
Stromkreis der Selbsteuerung. Bekommt das Relais infolge Einschaltens der
Fernsteuerung Strom, so zieht es seinen Anker an und unterbricht damit den,
Selbststeuerkreis. Gleichzeitig werden die Hilfsmotoren der Selbstanlasser
eingeschaltet. Diesen Vorgang veranlaßt man von Buchwalde aus, indem man den
Drehschalter für die Fernsteuerung aus der Nullstellung auf „Ein“ schaltet.
Stellt man ihn auf „Aus“, so erhält das andere Fernsteuerrelais Strom,
schaltet die Hilfsmotoren ab und setzt dadurch die Pumpen still. Ueber den
Schalterstellungen „Ein“ und „Aus“ ist eine grüne bezw. eine rote
Lampe angebracht. Diese Signallampen werden durch die Wasserstands-Fernmeldeanlage
eingeschaltet, und zwar leuchtet die grüne auf, wenn der zulässige niedrigste
Wasserstand erreicht und Neuauffüllung erforderlich ist, während bei gefülltem
Behälter das rote Licht erscheint. Außer diesen optischen wird auch noch ein
hörbares Alarmsignal gegeben. Von den Fernmeldeanlagen ist zunächst die für die
Wasserstände in den einzelnen Behältern bemerkenswert. Auf der Zentralstation in
Buchwalde sind die anzeigenden und registrierenden Geräte auf der Schalttafel
nebeneinander angeordnet, so daß man mit einem Blicke den Wasserstand in den
wichtigsten Behältern der Anlage überschauen kann. Die fortlaufenden Aufzeichnungen
über den täglichen Wasserverbrauch geben nachträglich Kunde von etwaigen
Unregelmäßigkeiten und gute Winke für eine wirtschaftlichere Gestaltung des
Betriebs.
Neben dieser Wasserstands-Fernmeldeanlage, ohne die ein größeres Wasserwerk
schwerlich auskommt, ist noch eine sogen. Nullspannungs-Fernmeldeanlage vorhanden.
Sie zeigt an, wenn im Zwischenpumpwerk oder in Buchwalde der Starkstrom ausbleibt,
der dort die Pumpen betreibt und hier auch zum Laden der Sammlerbatterie dient, die
den Strom für die gesamten Schwachstromeinrichtungen des Betriebes liefert. Der
Starkstrom durchfließt unter normalen Verhältnissen ein Relais, dessen Anker daher
angezogen ist. Bleibt der Starkstrom aus, so fällt der Anker ab und schließt mittels
Kontakte den Stromkreis der Nullspannungs-Meldeanlage, so daß in der Zentrale
Alarmsignale gegeben werden.
Wenn auch durch diese Meldeanlagen alle Vorgänge, die auf den Betrieb des
Wasserwerkes großen Einfluß haben, fortlaufend selbsttätig angezeigt werden, so ist
dennoch auch eine Fernsprechanlage in einem derartigen Betriebe nicht wohl zu
entbehren. Gerade wenn man an Personal sparen will, müssen sich die einzelnen
Stationen leicht über einzelne Vorgänge und Arbeiten untereinander verständigen
können. Im Senftenberger Werk ist die Fernsprechanlage insofern praktisch angelegt,
als man die Kabeladern für die Fernsteuerung auch zum Fernsprechen verwendet. Da die
eine Anlage mit Wechselstrom, die andere mit Gleichstrom arbeitet, läßt es sich so
einrichten, daß man beide Einrichtungen gleichzeitig benutzen kann, ohne daß sie
sich stören. Die Fernsprech-Wechselströme gehen wegen der hohen Selbstinduktion der
Spulen nicht durch die Fernsteuerrelais, und der Gleichstrom der Fernsteueranlage
wird dadurch von den Fernsprechapparaten ferngehalten, daß man Kondensatoren
vorschaltet, die wiederum das Fernsprechen nicht behindern.
Als Stromquelle für alle Schwachstromeinrichtungen ist, wie schon bemerkt, eine
Sammlerbatterie vorgesehen, die durch den Starkstrom der Ueberlandleitung
geladen wird. Auch dieses Laden erfolgt selbsttätig, so daß die ganze Anlage
nur sehr wenig Wartung erfordert. Ein auf der Schalttafel angebrachtes Laderelais
läßt, wenn neues Laden der Sammler erforderlich wird, den Anker fallen und schaltet
dadurch den Motor des Drehstrom-Gleichstromumformers ein, der den Drehstrom der
Fernleitung in Gleichstrom verwandelt. Hat der Gleichstromgenerator die
erforderliche Spannung erreicht, so wird er auf die Sammler geschaltet und lädt sie
auf, bis die einzelne Zelle eine Spannung von 2,6 Volt erreicht hat. Dann zieht das
Laderelais seinen Anker wieder an und setzt das Umformenggregat still.
Torffeuerung für Kraftwerke. Ueber günstige Ergebnisse mit
der Verfeuerung von Torf im Kraftwerk Neumünster berichtet Direktor Moritz. Um wenigstens einen Teil des Brennstoffbedarfs
für das Kraftwerk, dessen Jahreserzeugung etwa 15 Mill. kWh beträgt,
sicherzustellen, beteiligte sich die Stadt an dem zunächstgelegenen Torfwerk und
schloß mit anderen, die im Umkreis von 37 km liegen, Lieferverträge ab. Im laufenden
Jahre wird mit einer Lieferung von rund 20000 t Torf gerechnet, die etwa 10000 t
westfälische Kohle zu ersetzen vermögen. Der Torf hat einen Heizwert von 4165 WE/kg
bei einem Gehalt von 14,76 v. H. Wasser und 1,64 v. H. Asche. Die mit der Bahn
angelieferten Soden (18 × 8 × 8cm) werden auf Faustgröße gebrochen und durch ein
Becherwerk in einen Hochbehälter gefördert, aus dem der Torf über eine selbsttätige
Wage auf den Rost der Kessel gelangt. Die Wage und die Rutschen müssen so groß
bemessen sein, daß man sie auch für ungebrochene Torfsoden benutzen kann, falls der
Brecher durch Steine, die mitunter dem Torf beigemengt sind, beschädigt werden
sollte. Um dies zu verhüten, müssen an dem Brecher Scherstifte oder sonstige
Sicherungen angebracht werden.
Die wirtschaftliche Verfeuerung von Torf erfordert natürlich eine geeignete
Sonderfeuerung. Der anfangs benutzte Halbgenerator-Treppenrost hat sich nicht
bewährt, da die Roststäbe zum Teil verbrannten und da auch die glasartigen
Schlacken, die bei Feuerraumtemperaturen von mehr als 1600° entstehen,
Schwierigkeiten bereiteten. Der Rost wurde daher so abgeändert, daß nur der obere
Teil, der zum Vortrocknen des Torfes dient, als Treppenrost ausgebildet ist; an ihn
schließt sich ein wassergekühlter Schrägrost an, an dessen Fuß sich noch eine
wagerechte Lage von Planroststäben befindet. Unter diesen wird Wasser verdunstet,
das eine Lockerung der Schlacke bewirkt. Mit diesem Rost von 16,4 qm Fläche ist ein
Wasserröhrenkessel von 400 qm wasserberührter Heizfläche verbunden, der mit
Vorwärmer und Saugzug versehen ist. Ein nach 2000 Betriebsstunden ausgeführter
Leistungsversuch ergab einen Gesamtwirkungsgrad von 82,6 v. H., eine Verdampfziffer
von 4,2, einen mittleren Dampfdruck von 11,8 at und eine mittlere
Heißdampftemperatur an der Entnahmestelle von 351° C. Die Leistung des Kessels auf 1
qm Heizfläche betrug während des Versuchs im Mittel 23,44 kg/h, könnte später aber
leicht auf 38 kg/h gesteigert werden. Für die Ueberwindung vorübergehender
Schwierigkeiten sind zwei Oelbrenner vorgesehen. (Ztschr. V. Dt. Ing. 1923, S.
262–263.)
Sander.
Die Tieftemperaturverkokung im geneigten Drehofen. Ueber
Einrichtung und Betrieb der von der Firma Fellner & Ziegler auf dem Hochofenwerk
der Gelsenkirchener Bergwerk – A.-G. errichteten Drehofenanlage macht A. Thau ausführliche Mitteilungen. Der Ofen besteht aus
einem mit 5 v. H. Neigung verlegten, ganz glatten Blechzylinder von 20 m Länge und 2,5 m
Durchmesser, der aus 18 mm starkem Stahlblech zusammengenietet ist. Die beiden Enden
des Zylinders ruhen auf Rollen, am oberen Ende ist ein schwerer Zahnkranz
angebracht, der mit einem doppelten, elektrisch angetriebenen Vorgelege in Eingriff
steht. Der Hauptantriebmotor hat 40 PS. Die Trommel macht in 3,4 Min. eine Umdrehung
und vermag in 24 Stunden etwa 50 t Förderkohle durchzusetzen. Die Trommel ist von 6
rechtwinkelig zur Trommelachse liegenden Kammern umbaut, von denen 5 von der einen
Seite durch Gichtgasbrenner beheizt werden, während die dem unteren Trommelende
zunächst liegende Kammer nicht beheizt wird und durch einen Fuchs mit dem
Schornstein in Verbindung steht. Jede Kammer ist unterhalb der Trommel durch ein
Gewölbe in zwei Abteilungen geteilt, so daß der Trommelmantel mit der Flamme nicht
in unmittelbare Berührung kommen kann. Die heißen Verbrennungsgase werden
spiralförmig um die Trommel herumgeführt und durch Verbindungskanäle jeweils in die
nächste Kammer geleitet, wodurch eine fast gleichmäßige Erhitzung der Beschickung
auf 500 Grad in der ganzen Länge der Trommel erzielt wird. Die auf 25 mm Stückgröße
gebrochene Kohle wird durch ein Becherwerk in einen 20 t fassenden Hochbehälter
gefördert, an den sich die Aufgabevorrichtung anschließt. Die Kohlensäule dient
zugleich als Gasabschluß des oberen Trommelendes, während das untere Trommelende
mittels einer Labyrinthdichtung in einen feststehenden Gußeisenkopf hineinragt, der
auf der Austragvorrichtung für den Halbkoks ruht.
Der Halbkoks entfällt zur Hälfte als Staub, zur Hälfte als kugelförmige oder formlose
Stücke von geringer Festigkeit; er eignet sich daher vornehmlich zum Betrieb von
Staubfeuerungen. Eine am oberen Ende der Trommel eingebaute, hin- und herbewegliche
Welle von 7 m Länge, die mit fast bis an die Trommelwandung reichenden
Winkeleisenarmen versehen ist, bezweckt die Bildung größerer, zusammenhängender
Koksstücke bei Verarbeitung backender Kohle zu verhindern.
Das Schwelgas wird am unteren Trommelkopf durch zwei Tellerventile abgeleitet und zu
zwei Staubabschneidern geführt, die abwechselnd in Betrieb sind. In diesen scheidet
sich infolge Verringerung der Strömungsgeschwindigkeit der Staub zusammen mit etwas
Dickteer aus; er wird unter Wasserverschluß entfernt. Das Gas strömt weiter in eine
kleine Sammelvorlage, aus dieser in einen Luftkühler und hierauf in einen
Schleuderwascher, in dem der Urteer restlos ausgeschieden wird. Hierauf wird in
einem Wasserkühler der im Gas enthaltene Wasserdampf niedergeschlagen und dann das
Gas mittels eines Dreiflügelsaugers durch zwei hintereinandergeschaltete Waschtürme
gedrückt, die mit Teeröl berieselt werden zwecks Auswaschung der dampfförmigen
Kohlenwasserstoffe aus dem Gas. Hierdurch wird der untere Heizwert des Schwelgases
von 6735 auf 6617 WE/cbm vermindert. Das Gas dient zur Beheizung einer
Erzsinteranlage bzw. eines Roheisenmischers.
Zur Trennung des Urteers vom Schwelwasser wird das Gemisch in einer kleinen Blase mit
indirektem Dampf erhitzt, wobei mit dem Wasser auch ein Teil der im Teer enthaltenen
Benzine entweicht, die in einer Vorlage aufgefangen werden. Der Teer läuft aus der
Blase in praktisch wasserfreiem Zustand ununterbrochen ab, sein Staubgehalt beträgt
noch 3,5 v. H. Die Benzingewinnung aus dem Schwelgas stimmt vollkommen mit der in
Kokereien allgemein üblichen Benzolgewinnung überein. Sowohl das aus dem Gas
wie das aus dem Teer bei der Entwässerung gewonnene Benzin wird nochmals destilliert
und in bestimmte Fraktionen zerlegt, wobei Waschöl sowie aus letzterem stammendes
Naphthalin als Rückstand übrigbleiben. Das Benzin wird aus einer Destillierblase mit
aufgesetzter Kolonne und Dephlegmator zunächst mit indirektem Dampf und gegen Ende
auch mit direktem Dampf destilliert; die den Dephlegmator verlassenden Dämpfe werden
in einem Wasserkühler verdichtet und einem Scheidegefäß zugeführt, aus dem das
Benzin in mehrere Lagerbehälter abläuft.
Die Ausbeute an Schwelerzeugnissen bei der Verarbeitung von Gasflammförderkohle der
Zeche Fürst Hardenberg stellt sich bei einem täglichen Durchsatz von 54 t wie
folgt:
Halbkoks: 41,6 t = 77,04 v. HL,
Schwelgas: 5945 cbm = 110 cbm t,
Urteer: 3,74 t = 6,46 v. H.,
Dickteer: 0,425 t = 0,78 v. H.,
Benzin: 0,853 t = 1,58 v. H.
Die genante Benzinausbeute bezieht sich sowohl auf die aus dem
Gas ausgewaschene Menge als auch auf die bei der Entwässerung des Teers erhaltene
Menge. Das Haupterzeugnis der Anlage, der Halbkoks, der noch rd. 10 v. H. flüchtige
Bestandteile enthält, wird vermählen und in einer Staubfeuerung verbrannt, der vom
Feinkoks abgesiebte Grobkoks kann auch sehr gut in Generatoren vergast werden,
ebenso hatten Brikettierversuche ein günstiges Ergebnis. (Glückauf 1923, Heft 2 und
3.)
Sander.
Härteofen. Unser ganzes Wirtschaftsleben wird von der
herrschenden Brennstoffnot beeinflußt. Eine rationelle Ausnutzung unserer
Brennstoffvorräte zu erreichen, ist Aufgabe der Wärmewirtschaft in Industrie,
Gewerbe und Haushalt. Bei dem hier beschriebenen Härteofen ist versucht worden,
höchste Wirtschaftlichkeit im Brennstoffverbrauch zu erreichen. Bei den bis jetzt
bekannt gewordenen Glüh- und Einsatzöfen wird nur etwa 50 v. H. der aufgewendeten
Wärmemenge nutzbringend verwertet. Werden bei einem solchen Oefen mehrere Muffeln
von verschiedenem Temperatur-Wärmebedarf vereinigt mit einer zentralen Feuerung, so
können durch angeordnete Schieber Temperaturen von 500–1200° in den einzelnen
Muffeln erhalten werden. Dadurch können zu gleicher Zeit voneinander unabhängige
Wärmebehandlungen vorgenommen werden. Bei einem solchen Ofen sind mit zwei
Feuerungen fünf Arbeitsräume heizbar, so daß sämtliche Feuer- und Härteoperationen
an den verschiedenen Stahlsorten ausgeführt werden können. Es können somit
gleichzeitig Einsatztemperaturen von 800–850°, Härtetemperaturen von 800° und für
das Nachglühen von Chromnickelstahl Temperaturen von 600° erzeugt werden. In den
Arbeitsräumen unmittelbar über den Feuerungen ergeben sich die größten Temperaturen
von etwa 1150°. Schnelldrehstähle und andere Werkzeuge lassen sich in diesen
Arbeitsräumen besonders gut behandeln. Ein solcher Ofen ist aus feuerfestem Material
herzustellen und wird mit Gußplatten und Winkeleisen armiert. Die Einheizdauer für
eine Einsatzwärme von etwa 900° beträft 3 Stunden, wodurch in einer 8stündigen
Arbeitszeit alle Härte-, Glüh- und Einsatzarbeiten ausgeführt werden können. Der
Koksverbrauch beträgt hierbei etwa 350 Grad C. (Motorwagen 1923, S. 374 bis
376.)
Wimplinger.
Schule und Brennstoffersparnis. Im Preußischen Ministerium
für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung rand eine Konferenz von Oberschulräten und
Regierungs- und
Schulräten statt, in der die Frage erörtert wurde, wie die Schule dazu beitragen
könne, den Sinn für das Haushalten mit Wärme zu wecken und zu verbreiten.
Die Besprechungen am Nachmittag wurden durch den Staatssekretär Professor Dr. Becker eröffnet.
In den Verhandlungen wurde vom Vertreter des Reichskohlenrats betont, daß der Kampf
um die wirtschaftliche Selbstbehauptung unseres Volkes zu einem wesentlichen Teil
der Kampf um die Kohle sei. Darum muß überall die Erkenntnis Wurzel fassen, daß
Kohle für ein Industrievolk wie das deutsche genau dieselbe Rolle spielt, wie
Brotgetreide und Vieh für die Ackerbauvölker der Vergangenheit. Wer uns die Kohle
nimmt, nimmt uns das Brot. Unsere großen Städte, der Menschenreichtum unseres
Landes, sie beruhen auf der Kraft der Kohle, die Lebensmittel aus weiter Ferne
billig heranzuschaffen, die mit Dampf und Strom, d.h. die mit Kohle erzeugten
Fabrikate auf weit entfernten Märkten billig feilzubieten.
Kohle sollte uns als Grundlage unseres Daseins heilig sein, wie das Brot. Ihre
Verschwendung ist Sünde, mit ihr Haus zu halten ist oberstes Gebot! Wer dem Bergbau
zuruft, mehr Kohle zu schaffen, ist auch verpflichtet, weniger Kohle zu
verbrauchen.
Wir sind heute um ein Drittel ärmer an Kohle als vor dem Kriege. Was an der Ruhr
geschieht, wird uns noch viel ärmer machen. Diesen Verlust gilt es wettzumachen
durch geringeren Verbrauch an Kohle, das heißt an Wärme.
Wer ein Zündholz achtlos vergeudet, – wer Leitungswasser nutzlos rinnen läßt, das
durch kostbare Wärmeenergie in die Wohnung hinein gepumpt wurde –, wer die Wärme
seines zentralgeheizten Zimmers durch Oeffnen des Fensters, statt durch Regulieren
des Ventils herabsetzt, – der versündigt sich an einem der kostbarsten Güter, die
wir besitzen, an der Wärme. Der Verwaltungsbeamte, der seine Gebäudeheizungen nicht
heiztechnisch überwachen läßt, – der Fabrikdirektor, der die Abfallwärme seiner
Maschinen in die Luft sendet, statt sie zu nutzen, – der Heizer, der den Zug seines
Ofens nicht richtig regelt, – der Maschinist, der die wärmeübertragenden Flächen
seiner Maschinen nicht sauber genug hält, – der Mieterausschuß, der die
Zentralheizungskessel von Kesselstein und Ruß zu säubern verabsäumt, – der Hauswirt,
der die Oefen und Herde verfallen läßt, bis sie Falschluft einsaugen, – die
Hausfrau, die mit weitgeöffnetem Zugschieber den Schornstein heizt, statt ihre
Herdplatte, – sie alle tragen bei zum Elend unseres Vaterlandes.
Die künftigen Hausfrauen, die künftigen Heizer, die künftigen Werksleiter,
Verwaltungsbeamten, Parlamentsmitglieder, – sie alle, denen dies kostbare Gut: die
Wärme, die Kohle anvertraut sein wird, sind heute Schüler und Schülerinnen. Lehrern
und Lehrerinnen liegt es ob, den Sinn für das Haushalten mit Brennstoffen in die
empfängliche Seele des Kindes zu pflanzen, seinen Geist dafür zu schulen.
Der Geschichtsunterricht kann auf den Einfluß der Kohle auf die Geschicke der Völker
hinweisen; in der Erdkunde sind Lage und Entstehung der Städte, Bevölkerungsdichte,
Ausbildung der Verkehrswege in ihrer Abhängigkeit von der Kohle zu schildern; beim
Rechnen können die Preßkohle und der Heizwert, die ungeheure Multiplikation kleiner
Ersparnisse im Einzelhaushalt für unser ganzes Volk, zu Aufgaben benutzt werden; der
deutsche Aufsatz kann sich mit dem Weg der Kohle vom Bergwerk zum Herd, mit dem Weg
der Wärme vom Rost zum Mahle, zur Zimmerheizung beschäftigen; Bilder aus dem
Reich der Kohle und der Wärme können im deutschen Lesebuch ihren Platz finden, und
vollends der Unterricht in den Naturwissenschaften kann die willkommene und dringend
notwendige Brücke vom abstrakten Naturgesetz zur Anwendung in Haus und Werkstatt
schlagen! –
Die preußische Unterrichtsverwaltung legt größten Wert auf die Verbreitung des
Verständnisses dieser Zusammenhänge bei Lehrern und Schülern. Sie wird durch
entsprechende Maßnahmen, insbesondere zunächst durch planmäßige Schulung der
Lehrkräfte, diesem Ziel zustreben. Alle Lehrkräfte werden zu einmütigem
Zusammenwirken auf diesem Wege in den Schulen und in ihren Vereinen aufgerufen, zum
besten unseres schwer heimgesuchten Volkes!
Normung der Gewindesysteme. Die Normung der Gewinde hat
die Ingenieure schon lange Zeit beschäftigt, denn die mit Gewinde versehenen
Schrauben und Muttern gehören zu den wichtigsten Konstruktionselementen, mit denen
die Technik arbeitet. Schon 1841 stellte der Engländer Whitworth das weltbekannte
Whitworth-Gewinde auf und schuf so unbewußt die ersten Gewindenormen. Mag auch das
Whitworth-System noch so zweckmäßig und gut durchdacht sein, so konnte es doch nicht
alle Bedürfnisse befriedigen und die Technik war genötigt, sich weitere Gewinde zu
schaffen, besonders auch Gewinde, die nicht – wie das Whitworth-Gewinde – an das
englische Zollmaßsystem gebunden waren. Unter diesen ist besonders das auf dem
Züricher Kongreß 1898 aufgestellte metrische oder SJ-Gewinde für die Gewindenormung
bedeutungsvoll gewesen. Die damals gehegten Hoffnungen, daß das SJ-Gewinde bald das
vielfach gewünschte Einheitsgewinde würde, erwiesen sich leider als trügerisch, denn
eine Umfrage in der deutschen Industrie im Jahre 1912 ergab, daß 70 % der befragten
Firmen Whitworth-Gewinde, 14 % SJ-Gewinde und der Rest sogenannte wilde Gewinde
verwendeten. Diese Zersplitterung machte sich im Kriege ganz besonders störend
bemerkbar, als es galt, die Werkstätten schnell auf die Bearbeitung von Heeresbedarf
umzustellen. Um die Arbeiten möglichst zu beschleunigen, wurde 1918 der schon 1911
gegründete Gewindeausschuß in den damals eben geschaffenen Normenausschuß der
deutschen Industrie übergeleitet. Seit 1918 haben nun die Arbeiten des
Gewindeausschusses unter der geschickten Führung des Herrn Prof. Schlesinger als Obmann glänzende Fortschritte gemacht und
sind jetzt im großen und ganzen abgeschlossen.
Gerade zu diesem Zeitpunkte ist es ganz besonders interessant zu erfahren, wie es auf
dem Gebiete der Gewinde aussah und was uns die Gewindenormung gebracht hat. Hierüber
berichtet Herr Prof. Schlesinger in kurzer aber umfassender Form in dem vom
Normenausschuß der Deutschen Industrie-Anschrift: Dinorm Berlin NW 7, Sommerstraße
4a – herausgegebenen Dinbuch 2 „Die Normung der Gewindesysteme“.
Ein Einheitsgewinde läßt sich in Deutschland im Hinblick auf die wirtschaftlichen
Verhältnisse auch heute noch nicht schaffen. Einerseits würde die Umstellung z.B.
auf das metrische Gewinde als Einheitsgewinde mit recht wesentlichen Kosten
verknüpft sein und andererseits muß die deutsche Industrie beim Exportgeschäft
darauf Rücksicht nehmen, daß das Whitworth-Gewinde zurzeit noch den Weltmarkt
beherrscht. Daher müssen das Whitworth- und das metrische System nebeneinander
bestehen bleiben. Beide Arten haben je ein Befestigungsgewinde und mehrere
Feingewindereihen, zu denen beim Whitworth-System noch das Rohrgewinde (Gasgewinde)
hinzutritt. Die Befestigungsgewinde waren durch das Original-Withworth-Gewinde und
durch das SJ-Gewinde im wesentlichen bestimmt. Bei dem Feingewinde dagegen galt es,
zwischen den zahlreichen möglichen Kombinationen von Steigung und Durchmesser einige
wenige (3 Whitworth und 3 metrisch) so herauszufinden, daß die Wünsche aller
Industriezweige erfüllt wurden. Außerdem ist auch noch auf die vom NDI festgelegten
Paßdurchmesser zwecks Werkstoffersparnis, namentlich bei Wellen mit mehreren
Gewinden, Rücksicht genommen worden.
Die Gasflaschengewinde mußten genormt werden, weil besonders im Kriege durch
Unbedachtsamkeit Verwechslungen der Anschlüsse häufig vorkamen, die oft unheilvolle
Folgen hatten. Hier war also in erster Linie die Unmöglichkeit der Verwechslung der
für jede Gruppe von Gasen charakteristischen Anschlüsse miteinander maßgebend.
Für die Normung der Trapezgewinde sprach hauptsächlich die Tatsache, daß
Trapezgewinde sich im Gegensatz zu den Rechteckgewinden fräsen lassen. Durch die
Aufstellung eines groben, mittleren und feinen Trapezgewindes dürften alle
praktischen Erfordernisse erfaßt sein.
Für einseitig wirkende hohe Drücke wurden die Sägengewinde geschaffen, bei denen die
nichttragende Flanke einen Winkel von 30'' gegen die Senkrechte zur Gewindeachse
hat, während die tragende Flanke um 3'' nach der anderen Richtung geneigt ist, um
das Fräsen zu ermöglichen. Auch hier sind 3 Reihen aufgestellt.
Ein Rundgewinde mußte für die Zwecke der Armaturenindustrie und der Feuerwehr
festgelegt werden, weil dort die Gewinde vielfach Verunreinigungen durch Sand und
Ablagerungen ausgesetzt sind. Leider ließ sich das Kupplungsgewinde der Eisenbahn
nicht dem Rundgewinde eingliedern, da es eine feste Steigung von 7 mm hat, während
für die Rundgewinde bei metrischem Durchmesser zöllige Steigungen vorgesehen
sind.
Ferner sind die Sondergewinde der Elektrotechnik für Glühlampen,
Installationsmaterial, Schutzgläser und Porzellan zu erwähnen. Hier wird die Normung
sich mit der eindeutigen Festlegung des Vorhandenen begnügen müssen, denn die
Austauschbarkeit mit den Unmengen des schon vorhandenen Materials muß unbedingt
gewahrt bleiben. Namentlich bei den Glühlampen besteht praktisch schon seit Jahren
eine internationale Gewindenormung, denn das Edison-Fassungsgewinde ist über die
ganze Welt verbreitet.
Auch das Kühlergewinde der Automobilindustrie ist ein Sondergewinde, das sich von
selbst innerhalb eines Industriezweiges entwickelt hat und als gegebene Tatsache zu
betrachten ist.
Recht interessant ist die Frage der Gewindetoleranzen. Wie bei vielen anderen
Erzeugnissen, muß auch bei der Abnahme der Schrauben der Käufer die Möglichkeit
haben, an Hand von Lehren die Gewinde der Schrauben auf Maßhaltigkeit zu prüfen. Die
Grundlage für diese Prüfung sind die Geschwindetoleranzen, eine Aufgabe, deren
Schwierigkeit schon daraus hervorgeht, daß man es beim Gewinde mit nicht weniger als
7 verschiedenen Größen zu tun hat, die sich teilweise untereinander noch
beeinflussen. Nur durch Messungen an ausgeführten Schrauben und Muttern war es
möglich, Anhaltspunkte für die Größen der Gewindetoleranzen zu finden, wobei 3
Genauigkeitsgruppen unterschieden werden, nämlich feine Schrauben, mittlere
Schrauben und grobe Schrauben. Aber nicht nur die Herstellungsgenauigkeit der
Schrauben und Muttern war zu berücksichtigen, sondern auch die Toleranzen, die man
notwendigerweise für das gewalzte und gezogene Schraubeneisen zugestehen muß, wenn
man das Gewinde zwecks wirtschaftlicher Fertigung ohne Nacharbeit auf das
Schraubeneisen schneiden will. Das Verdienst, die Tolerierung der Gewinde
durchgeführt zu haben, fällt außer Herrn Prof. Schlesinger Herrn Prof. Dr. Berndt
zu, der nicht nur die umfangreichen Messungen an Schrauben durchgeführt, sondern
auch die auf Grund dieser Messungen als zweckmäßig erkannten Toleranzen, unter
Berücksichtigung der Herstellungs- und Werkstoffschwierigkeiten, aufgestellt
hat.
Mit der Normung der Gewindetoleranzen, die übrigens mit den entsprechenden
ausländischen Arbeiten recht gut übereinstimmen, ist der Schlußstein zur Normung der
Gewinde in Deutschland gelegt, eine Arbeit, deren Früchte Industrie und Handwerk
nunmehr ernten können und die hoffentlich mit dazu beiträgt, noch wirtschaftlicher
zu arbeiten, als wir es bisher konnten und notwendig hatten.
Motorpflüge. Mit einem Motorpflug der Maschinenfabrik
Augsburg-Nürnberg von 25 PS und einem Stock-Motorpflug 25/30 PS wurden im Sommer
1922 Pflugversuche ausgeführt. Beim Schalen leistete der MAN-Pflug 0,475 ha/st, der
Stockpflug 0,41 ha/st. Beim Saatpflügen ergab bei 20 cm Arbeitstiefe der MAN-Pflug
0,354 ha/st, bei einem Brennstoffverbrauch von 15,9 kg/ha, der Stockpflug dagegen
0,338 ha/st, bei einem Brennstoffverbrauch von 14,6 kg/ha. Der gute Wirkungsgrad der
beiden geprüften Kleinpflüge kommt im niedrigen Brennstoffverbrauch zum Ausdruck.
Gewöhnlich rechnet man bei großen Motorpflügen mit 28 kg/ha Brennstoffverbrauch. Bei
großen Motorpflügen von etwa 50 PS rechnet man für je 30 PS eine Tagesleistung von
10 Morgen – 2,5 ha bei neunstündiger Arbeitszeit. Dies entspricht einer
Flächenleistung von 0,46 ha/st, beim 50pferdigen Motorpflug und einer spezifischen
Flächenarbeit von 92 qm für 1 PS/st. Die hier geprüften Kleinpflüge hatten dagegen
eine spezifische Flächenleistung von 135-142 qm für 1 PS/st.
Jeder der beiden geprüften Pflüge war mit zwei Gängen ausgerüstet, die sich ohne
jeden Zeitverlust umschalten lassen. Die Steigungen betrugen 16–30 v. H. Die
folgende Tabelle zeigt die Ergebnisse, die mit den Probepflügen im Vergleich zum
Großpflug erreicht wurden.
Motor-stärkePS
Gewicht
Flächen-leistung
Brennstoff-verbrauch
kg
kg/Ps
ha/st
qm/PSst
kg/ha
kg/st
g/PSst
Großpflug
50
6000
120
0,46
92
28
12,9
258
Kleinpflug
MANStock
2525
20002300
80 92
0,3540,338
142135
15,914,6
5,6 4,9
224196
(Der Motorwagen, 1923; S. 371–374.)
Wimplinger.
Das Technische Museum für Industrie und Gewerbe in Wien.
Angesichts der in gutem Fortschreiten begriffenen Fertigstellungsarbeiten an dem
Deutschen Museum in München ist es interessant, den Blick auf ein ähnliches Museum
zu werfen, das in Wien besteht und dessen Einrichtung, speziell der
elektrotechnische Teil, in Heft 27 Jahrg. 41 der Zeitschrift „Elektrotechnik und
Maschinenbau Wien“ geschildert wird. Der systematische Aufbau ist dem des
Deutschen Museums ähnlich. Ausgehend von den „Grundwissenschaften der
Technik“, Physik und Chemie, gliedern sich die 30 einzelnen Gruppen,
Elektrotechnik, Maschinenbau, Bauwesen, Verkehrswesen u.a. Bei der großen Bedeutung,
die die Elektrotechnik für das kohlenarme, aber an Wasserkräften reiche Oesterreich
hat, tritt diese Abteilung besonders hervor. Aus den allerersten Tagen der
Elektrotechnik stammt eine magnetelektrische Alliance-Maschine, die von der
österreichischen Heeresverwaltung für einen Leuchtturm-Scheinwerfer aufgestellt war.
Sie besteht aus 6 feststehenden Kränzen von permanenten Stahlmagneten, an deren
Polen Drehspulen mit Weicheisenkernen mittels einer Lokomobile von 2 bis 3 PS
vorbeigeführt werden. Nachdem Werner v. Siemens 1867 das dynamoelektrische Prinzip
eingeführt hatte, gelang der Bau größerer Maschineneinheiten. Interessant ist eine
Maschine von Gramme aus dem Jahre 1872 mit zwei Ringankern sowie mehrere Maschinen
von Siemens & Halske mit Trommelankern nach Hefner – Alteneck. Auf einem ganz
eigenartigen Prinzip beruht eine Maschine, die von Kravogel im Jahre 1867
konstruiert und im Original vorhanden ist. Auf einer drehbaren Scheibe ist ein
Randwulst angebracht, in den Solenoide eingebaut sind; diese werden über einen
Kollektor nur auf der einen Seite des Motors mit Strom gespeist, während die Spulen
der anderen Motorseite stromlos sind. Innerhalb der Spulen ist ein segmentförmig
gebogener Weicheisenkern auf Rollen leicht beweglich angeordnet; er umfaßt etwa ein
Drittel des Radumfanges. Die stromdurchflossenen Spulen ziehen diesen Kern seitlich
in die Höhe und durch die gegenseitige Wirkung von Schwerkraft und Magnetismus gerät
die Scheibe in Drehung. Professor Pfaundler in Innsbruck hat später diesen Motor als
Dynamomaschine verwendet und damit einen völlig stetigen Gleichstrom erzielt. Die
weiteren Entwicklungsstufen der elektrischen Maschinen bis zu einer modernen
450-PS-Darnpfturbine mit Turbogenerator sind teils in Originalen, teils in Modellen
im Museum vertreten. In dem Raum für Kabeltechnik, wo der ganze Verlauf der
Herstellung, Verlegung und Anwendung der Kabel gezeigt wird, ist besonders ein
eigner für das Museum entworfener Beobachtungsapparat mit wandelnden Lichtbildern
über das Ueberlandwerk Ebenfurth der Gemeinde Wien bemerkenswert. In der
Abteilung für Schwachstromtechnik ist das Originaltelephon von Philipp Reis
vorhanden neben den modernsten Apparaten der Gegenwart, in der Gruppe
„Grundwissenschaften“ erweckt der Originalapparat der Frau
Slodowska-Curie zum Nachweis der Wirkung des Radiums besondere Aufmerksamkeit. Die
Eisenbahnabteilung zeigt Einzelteile sowie betriebsfähige Modelle der ersten
österreichischen elektrischen Bahn von Siemens & Halske aus dem Jahre 1885 sowie
einer modernen elektr. Straßenbahn, daneben auch die elektrischen Signal- und
Sicherungseinrichtungen. Die Entwicklung der Akkumulatoren, die Galvanotechnik,
Stickstoffgewinnung aus der Luft, Meßinstrumente, Elektro-Oefen, die moderne
Hochfrequenztechnik und all die unendlichen Anwendungsgebiete der Elektrizität sind
durch Originale, Modelle und Abbildungen dargestellt und es würde zu weit führen,
wollte man sie einzeln aufzählen. So stellt das Technische Museum für Industrie und
Gewerbe in Wien eine Einrichtung dar, die geeignet ist, durch Weckung des Interesses
am technischen Fortschritt die Bedeutung der Technik für Oesterreichs Wiederaufbau
hervorzuheben.
Die Geschichte dieses Museums gibt ein bezeichnendes Bild der österreichischen
Entwicklung. Als vor 50 Jahren Wilhelm Exner die Schaffung eines technischen Museums
anregte, fand er kein Verständnis für seine Pläne, denn Oesterreich war damals noch
überwiegend Agrarstaat. Ein von ihm eingerichtetes „Museum der österreichischen
Arbeit“ blieb klein und wenig bekannt. Erst im Jahre 1906 konnte der
Elektrotechnische Verein in Wien einen festen Plan für ein Technisches Museum fassen
und die Unterstützung der Regierung erwirken. Nach Ueberwindung mannigfacher
Schwierigkeiten wurde 1909 der Grundstein des Gebäudes gegenüber dem Schloß
Schönbrunn gelegt, im Jahre 1913 war der monumentale Bau vollendet; die Schaffung
der Inneneinrichtung zog sich bis in die Kriegszeit hinein. Der unglückliche Ausgang
des Krieges brachte das Museum in große Schwierigkeiten, nicht zum wenigsten
Finanzschwierigkeiten, und es war zu begrüßen, daß am 1. Januar 1922 der
österreichische Staat das Museum übernommen hat. Dadurch ist es möglich, die
Sammlungen wieder den meisten technischen Fortschritten anzupassen, denn nur dann
kann ein Technisches Museum seinen Zweck erfüllen.
Parey.