Titel: | Die Entwicklung der neuzeitlichen Vergaser. |
Autor: | Wimplinger |
Fundstelle: | Band 339, Jahrgang 1924, S. 81 |
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Die Entwicklung der neuzeitlichen
Vergaser.
Von Dipl.-Ing. Wimplinger, Berlin-Südende.
(Fortsetzung von Seite 60 dieses
Bandes.)
WIMPLINGER, Die Entwicklung der neuzeitlichen Vergaser.
Bei der ständigen Verteuerung der leichten Motorenbetriebsstoffe ist unserer
Technik die Aufgabe gestellt, Mittel und Wege zu finden, auch die billigen schweren
Brennstoffe (Petroleum, Gasöl und Solaröl) im Kraftwagenbetrieb zu verwenden. Für
Nutzkraftwagen aller Art (Lastwagen, Omnibus) wurde in Deutschland bisher
hauptsächlich Benzol verwendet. Die in den letzten Jahren zunehmende Anwendung von
Kraftwagen brachte bald eine Knappheit und Verteuerung des Benzols. Außerdem ist zu
berücksichtigen, daß durch den Gewaltfrieden von Versailles eine erhebliche Menge
unserer Benzolerzeugung dem Feindbund ausgeliefert werden muß. Dadurch ist es auch
erklärlich, daß die Benzolpreise den Satz der allgemeinen Verteuerung, die durch die
Geldentwertung bedingt ist, bedeutend überschreitet. Für den Frachtverkehr mit
Lastkraftwagen entsteht dadurch aber eine bedeutende Mehrbelastung an
Betriebskosten. Dasselbe gilt auch für Boots- und stationäre Motoren. Es ist somit
erklärlich, daß die einwandfreie Verwendung von Schwerölen für die genannten
Motorarten von großer Bedeutung ist.
Wenn man einen Motor mit Schweröl betreiben kann, so erreicht man bei einem
Preisverhältnis von Schweröl zu Benzin wie 1 : 4 eine ganz wesentliche Ersparnis.
Der Benzolbetrieb ist gegenüber dem Schwerölbetrieb um etwa 100 v. H. teuerer. So
verbraucht z.B. ein 5-t-Lastwagen auf 100 km 50 l Benzol. Bei Verwendung eines
geeigneten Vergasers genügen 10 l Benzol, bis der Motor genügend heiß geworden ist
und zur weiteren Fahrt noch 50 l Schweröl. Die Verwendung schwerer Brennstoffe stößt
aber noch auf große Schwierigkeiten. Sollen solche schweren Brennstoffe für die
Dauer hier Verwendung finden, dann ist die Motoranlage ohne große Aenderung dem
neuen Brennstoff anzupassen. Das Gemisch aus schweren Brennstoffen mit hohem
Siedepunkt kann aber nicht ohne weiteres störungsfrei in allen Motoren und bei jedem
Betriebszustand verbrannt werden. Die vollkommene Vergasung der im Vergaser fein
zerstäubten höher siedenden Brennstoffsorten erfolgt erst im Motor. Die mit dem
Brennstoff-Luftgemisch in Berührung kommenden Motorteile, wie Saugrohr, Kanäle,
Zylinderwände müssen deshalb stets so heiß gehalten werden, daß sich der fein
zerstäubte Brennstoff an diesen Flächen nicht niederschlägt. Die Verarbeitung
schwerer Brennstoffe ist nun in den meisten Vergasern nicht ohne weiteres
möglich, da dieselben den Brennstoff nicht fein genug zerteilt in den Hauptluftstrom
führen, und die Kondensationsbildung an der Entstehungsstelle des Gemisches nicht
verbinden können. Allerfeinste Zerstäubung im Zusammenhang mit entsprechend
wirksamer Vorwärmung sind also Grundbedingungen für einwandfreien
Schwerölbetrieb.
Textabbildung Bd. 339, S. 81
Abb. 1.
Bei dem hier beschriebenen Graetzin-Schwerölvergaser können je nach Beschaffenheit
des Motors für Schwerölbetrieb entweder reines Schweröl oder hochprozentige Mischung
von Schweröl mit Schwerbenzol oder Benzin verwendet werden. Wie Abb. 1 zeigt, wird dabei der Vergaserkörper mit einem
Heizmantel umgeben. Beim Graetzinvergaser kann man eine sogenannte Vormischstelle V
(grobe Zerstäubung) und eine Mischstelle des Vorgemisches mit der Hauptluft R (feine
Zerstäubung) unterscheiden. Die Vormischung von Luft und Brennstoff aus Korrektur-
und Brennstoffdüse erfolgt in der Hauptdüsenhalterkammer, verhältnismäßig weit
entfernt von der eigentlichen Mischstelle R mit der Hauptluft. Das Vorgemisch hat
also Zeit, auf dem
Wege von V bis R sich gut zu vermischen. Dieses sehr gut zusammengesetzte Vorgemisch
wird nun auf einem verhältnismäßig langen Weg V–R der Wirkung des heißen Kühlwassers
ausgesetzt. Die Folge davon ist, daß die im Schwerölgemisch enthaltenen
leichtsiedenden Bestandteile eine Erhöhung der Spannung dieses Gemisches auf seinem
Wege durch das Rohr C erzeugen. Werden, wie bereits hervorgehoben, die weiteren Wege
des Gemisches (Saugrohr und Zylinder) derartig gestaltet und durchgebildet, daß auch
hier Kondensieren des Gemisches nach Möglichkeit verhindert ist, so wird die
Maschine ein brauchbares und zündfähiges Gemisch erhalten.
Textabbildung Bd. 339, S. 82
Abb. 2.
Um nun beim Schwerölbetrieb äußerste Betriebssicherheit und gute Elastizität des
Motors zu erhalten, wie dies besonders im Lastwagenbetrieb verlangt wird, verwendet
man sogenannte Doppelvergaser. Der Graetzin-Doppelvergaser ist in Abb. 2 dargestellt. Bei Schwerölbetrieb hat es sich
nämlich gezeigt, daß die Regulierfähigkeit in den unteren Drehzahlbereichen zu
wünschen übrig läßt und auch plötzliches Abdrosseln und wieder Gasgeben sehr bald
Zündungsstörungen hervorruft. Für derartige Betriebsverhältnisse ist es
vorteilhafter, mit einem Gemisch von leichtem und schwerem Brennstoff im Verhältnis
3 : 7 zu fahren. Wie die Abb. 2 zeigt, kann durch
Verschiebung des Kolbens R, je nach dem Betriebszustande des Motors auf Leichtöl
oder schweren Brennstoff, umgestellt werden. Die Leerlaufdüsenanordnung ist aus
gleichen Gründen der Betriebssicherheit ebenfalls auf der Leichtölseite
angeschlossen, so daß der Motor bei plötzlichem Abdrosseln niemals zum Stillstand
kommt, da der Leerlauf ein auch in niedrigen Drehzahlen zündsicheres Leichtölgemisch
liefert. Einen weiteren Vorteil bietet diese Anordnung des Leerlaufes dadurch, daß
auch bei Vollastbetrieb ganz geringe Mengen Leichtöl dem schweren
Brennstoffgemisch durch die Leerlauföffnung beigefügt werden, und dadurch die
Zündfähigkeit des Gemisches infolge Bildung von Dämpfen erhöht wird.
Das Anlassen des kalten Motors ist natürlich bei der Doppelvergaseranordnung sehr
leicht möglich. Durch einfaches Umschalten des Kolbens K auf die Leichtölseite kann
der kalte Motor sofort anspringen. Nachdem die entsprechend hohe Betriebstemperatur
erreicht ist, wird durch Umschalten des Kolbens K die Schwerölseite in Betrieb
genommen. Die Kühlwassertemperaturen des Motors müssen mindestens auf 75 bis 85 Grad
gehalten werden. Die angesaugte Luft soll eine Temperatur von 60–80 Grad haben. Der
Querschnitt im Aussaugerohr kann gegebenenfalls verkleinert werden, wenn die für
eine gute Zerstäubung des Brennstoffes nötige Luftgeschwindigkeit sonst nicht
erreicht wird. Ein Temperaturabfall des Gemisches hinter dem Vergaser darf nicht
eintreten, der außenliegende Teil des Saugrohres ist deshalb zu beheizen. Der
Betrieb mit der Schwerölseite kann solange aufrechterhalten werden, als der Motor
mit voller oder drei Viertel Drehzahl arbeitet. Tritt starke Verminderung der
Drehzahl oder Zündungsstörung ein, so genügt kurzes Umschalten auf die Leichtölseite
und der Motor arbeitet dann regelmäßig mit Leichtöl. Die Betriebskosten können bei
einem solchen Betrieb um etwa 30 v. H. verkleinert werden.
Die Verbrennung der schweren Brennstoffe erfordert einen möglichst kräftigen
Zündfunken, welcher nur bei sehr sauberen Kerzen erhalten wird. Einige Minuten vor
Betriebseinstellung empfiehlt es sich, den Motor auf vollen Leichtölbetrieb
umzustellen, damit dem Absetzen und Niederschlagen schwerer Brennstoffteilchen auf
alle Fälle vorgebeugt und der Motor nicht verunreinigt wird.
(Fortsetzungen folgen.)