Titel: | Polytechnische Schau. |
Fundstelle: | Band 339, Jahrgang 1924, S. 154 |
Download: | XML |
Polytechnische Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Zur Relativitätstheorie. (Professor Dr. Paul Kirchberger.) Die Aufsehen erregende Teilnahme, die
die Einsteinsche Relativitätstheorie vor einigen Jahren in den weitesten Kreisen
erweckte, hat nunmehr einer stilleren Betrachtung Platz gemacht. Man wird dies nur
begrüßen können, denn es handelt sich bei der Relativitätstheorie um eine ernste
wissenschaftliche Frage, die die Behandlung als Tagesneuigkeit nicht verträgt.
Für die immerhin recht weiten Kreise, die dieser schwierigen Lehre auch jetzt, wo sie
keine Modesache mehr ist, Interesse entgegenbringen, wird es von Wert sein, zu
erfahren, daß in der Frage eines stichhaltigen Beweises der kühnen Theorien
Einsteins neuerdings ein höchst beachtenswerter Erfolg erzielt worden ist. Die
Eigentümlichkeit der Einsteinschen Theorie ist es bekanntlich, daß trotz ihrer so
umstürzenden Wirkung auf unsere Raum- und Zeitanschauungen, doch ihre tatsächlich
beobachtbaren und nachmeßbaren Abweichungen von den bisher gültigen Anschauungen so
außerordentlich winzig sind, daß eine endgültige Entscheidung darüber die
allergrößten Schwierigkeiten macht. Von den drei Voraussagen Einsteins, nämlich 1.
der Drehung der Merkurbahn, 2. der Ablenkung der Lichtstrahlen durch die Schwerkraft
und 3. der sogenannten Rotverschiebung der Spektrallinien, war der Nachweis der
Rotverschiebung die schwierigste Aufgabe.
Es handelt sich dabei um folgendes: Im sogenannten Spektrum, d.h. in dem durch
ein Prisma erzeugten Farbenband des Lichtes, treten dunkle Linien, die sogenannten
Fraunhoferschen Linien, auf. Man kennt solcher Linien viele Tausende, und die
Stelle, an der sie stehen, ist sehr genau nachgemessen. Einstein behauptete nun, daß
sich diese Linien ein ganz klein wenig nach dem roten Ende des Spektrums hin
verschöben, wenn sie in einem starken Schwerefeld erzeugt würden. Der Zusammenhang
dieser Behauptung mit der allgemeinen Relativitätstheorie ist etwa der folgende: Die
Schwingungen des roten Lichts sind von allen Schwingungen die langsamsten. Man kann
sich nun vorstellen, daß diese Schwingungen ebenso zum Messen der Zeit benutzt
werden können, wie etwa die Schläge einer Pendeluhr. Rotverschiebung bedeutet also
einen langsameren Gang der Uhr. Die wesentlichste Behauptung der Relativitätstheorie
ist bekanntlich die, daß es keine Zeit an sich, also wenn man will, keine von
anderen Umständen unabhängige Uhr geben könne. Zu den Umständen nun, die nach der
Relativitätstheorie den Begriff der Zeit und demnach der Uhr beeinflussen, gehört
vor allen Dingen ein sogenanntes Schwerefeld. Auf der Sonne ist nun die Wirkung der
Schwerkraft etwa achtundzwanzigmal so groß, wie auf der Erde. Sie ist also ein recht
erhebliches Schwerefeld und muß nach Einsteins Behauptung alle in ihrem Licht
entstehenden Fraunhoferschen Linien merklich nach dem roten Ende hin verschieben.
Aber trotz der großen Genauigkeit, mit der man solche Messungen ausführen kann,
machte der Nachweis deshalb so ungeheure Schwierigkeiten, weil auch andere Ursachen
eine Verschiebung der Linien veranlassen können, vor allen Dingen Bewegungen der
Lichtquelle. Wie ein Ton scheinbar höher wird, wenn sich die Schallquelle auf uns zu
bewegt, weil dann in derselben Zeit eine größere Anzahl von Schallwellen unser Ohr
trifft, so verschieben sich auch die Fraunhoferschen Linien nach der schneller
schwingenden violetten Seite hin, wenn sich die Lichtquelle nähert, und nach der
roten Seite, wenn sie sich entfernt. Nun treten auch auf der ja bekanntlich aus
glühenden Gasen bestehenden Sonne erhebliche Bewegungen auf, deren Größe nicht genau
bekannt ist, die also auch nicht genau in Rechnung gestellt werden kann. Es kommt
dazu, daß noch weitere Gründe: Druck, unregelmäßige Lichtbrechung usw. eine kleine
Verschiebung der Linien zur Folge haben.
So war denn die Wirklichkeit der von Einstein behaupteten Rotverschiebung bisher
lebhaft umstritten. Zwei deutsche Physiker der Bonner Universität, Bachem und Grebe,
behaupteten, sie gefunden zu haben. Aber dieses Ergebnis wurde namentlich von
amerikanischen Physikern bestritten. Da diese mit Instrumenten arbeiten konnten, wie
sie sich leider die deutsche Wissenschaft gegenwärtig nicht leisten kann, so wurde
ihren Beobachtungen vielfach das größere Gewicht beigelegt. Nunmehr hat sich aber
der Führer der amerikanischen Physiker, Charles E. St. John, auf Grund sehr
ausgedehnter und sorgfältiger Beobachtungen zur Einsteinschen Behauptung bekehrt.
Zwar ist ein endgültiger Beweis noch nicht gelungen; dafür sind die oben erwähnten
Schwierigkeiten zu groß; aber es liegt doch so, daß von dreihundert bis vierhundert
verschiedenen Linien unzweifelhaft Verschiebungen beobachtet worden sind, zu deren
Erklärung mehrere der erwähnten Umstände herangezogen werden müssen. Nimmt man auch
den Einsteinschen Effekt an und schreibt ihm etwa zwei Drittel der Gesamtwirkung zu,
so ist eine zwanglose Erklärung der Beobachtungsergebnisse möglich, während ohne sie
eine befriedigende Deutung der Beobachtungen nicht möglich erscheint. Aus diesen
Gründen hat sich der oben erwähnte hervorragende Fachmann auf diesem Gebiet, der
bisher der Einsteinschen Lehre ablehnend gegenüberstand, nunmehr dieser Lehre
angeschlossen.
Natürlich bedeutet dieses Ergebnis noch keinen Abschluß der Arbeiten und noch keine
endgültige Entscheidung. Die Untersuchungen werden vielmehr weitergehen. Auch die
zweite der oben erwähnten Voraussagen der Relativitätstheorie, nämlich die Ablenkung
der Lichtstrahlen im Schwerefeld, wird bei Gelegenheit totaler Sonnenfinsternisse
stets weitergeprüft werden. Aber ein ungemein wichtiger Schritt ist mit der
Veröffentlichung Johns doch getan, und so kann man, wenn auch noch nicht von einer
endgültigen Entscheidung, so doch von einem wichtigen Markstein auf dem Siegesweg
der Relativitätstheorie sprechen, der um so bedeutungsvoller ist, als an der
Richtigkeit der ersten Behauptung – Drehung der Merkurbahn – kaum noch ein Zweifel
bestehen kann.
Ueber die Gewinnung von Eisenerz in den Vereinigten
Staaten liegen jetzt die endgültigen Ergebnisse für 1922 seitens der
Geologischen Landesanstalt zu Washington vor. Demnach betrug die Bergwerksförderung
folgende Mengen getrennt nach Sorten, in long tons (zu je 1016 kg).
Jahr
Hämatft-eisenerz
Braun-eisenerz
Magnet-eisenerz
Spat-eisenstein
Gesamt-menge
1918
65894709
1613844
2149725
–
69658278
1919
57719582
1127397
2118439
–
60965418
1920
63883523
1325661
2391541
3740
67604465
1921
28128961
370154
780866
2709
29282690
1922
44888723
783582
1452966
3256
47128527
Der Rückschlag in der Förderung war demnach im Jahre 1921 überaus bedeutend, und
selbst die Gewinnung im Jahre 1922 war trotz ihrer Steigerung noch keineswegs wieder
normal, Unter den einzelnen Bergbaugebieten ragt der Bezirk am Oberen See, wo fast
nur Hämatiterz gefördert wird, bei weitem hervor. In diesem Bezirk wurden nämlich
folgende Mengen (lg. t.) gefördert wobei die einzelnen Fördergebiete getrennt
gehalten sind.
Eisenerzforderung im Gebiete des Oberen See in long tons,
1928–1922.
Jahr
BezirkMarguette
BezirkMenominee
BezirkGogebic
BezirkVermillion
1918
3946554
6041637
7837634
1192677
1919
4158751
4863968
7368994
1051795
1920
4457609
5651542
8298206
1053518
1921
1995826
2147569
3135477
981576
1922
2745626
3290641
4910789
1108764
Jahr
BezirkMesabi
BezirkCuyuna
Gesamt-förderung
1918
39055977
1705315
59779794
1919
33262954
1685877
52392339
1920
36641880
1757775
57860530
1921
16380190
449559
25090197
1922
26704601
955595
39716016
Si.
Die neuen Erdölfunde in Hannover und in Holland. Gegen die
Mitte März brachten die Tageszeitungen die ersten Nachrichten über die Erbohrung
einer Erdölsonde mit einer Tagesproduktion von 300 t im Erdölgebiete von
Hänigsen-Obershagen. Anfang März war die „Deutsche Erdöl-Akt.-Ges. in Hannover bei
Ehlershausen unweit von Nienhagen in 750 m Teufe auf Erdöl fündig geworden. Ganz
überraschend erfolgte dann in den Abendstunden des 10. März ein gewaltiger
Erdölausbruch, der etwa 300 t Oel zutage förderte. Es ist dies ein Ereignis, das für
die deutsche Oelwirtschaft von außerordentlicher Bedeutung ist, weshalb wir in
folgendem einige darüber erschienenen technisch-geologischen Berichte auszugsweise
hier wiedergeben.
In der Zeitschr, f. prakt. Geologie (1924, Heft 3, S. 34) schreibt Wunstorf zu diesem
Ereignis: Die Bedeutung des Fundes geht daraus hervor, daß sein Ergebnis die
bisherige Gesamtproduktion Deutschlands weit übertrifft und geeignet ist, sogar den
bitteren Verlust der elsässischen Oelfelder mehr als wettzumachen. Besonders wichtig
ist dabei, daß durch diesen Fund voraussichtlich die Bohrtätigkeit neu belebt werden
wird, und zwar sowohl in dem Produktionsgebiete selbst, als auch im übrigen
Norddeutschland, das, wenn es auch schon in großem Umfange durch Bohrungen auf Erdöl
untersucht wurde, wegen seines geologischen Baues doch noch Gebiete einschließen
kann, in denen entsprechende, für die Entstehung reicher Erdöllager günstige
Verhältnisse vorliegen. Ein besonders günstiges Zusammentreffen ist es ebenfalls,
daß in letzter Zeit auch in Holland Erdölfunde gemacht wurden, über die wir gleich
berichten werden, die aber in der Art ihres Vorkommens ebenfalls auch für Nordwestdeutschland auf
eine neue Möglichkeit der Erschließung von Erdöl hinweisen.
An technisch-geologischen Einzelheiten ist zunächst über die fündige Sonde, die in
der Nachbarschaft des wegen seiner Oelführung schon seit längerer Zeit bekannt
gewordenen Forstortes Brand liegt, nur bekannt geworden, daß das Oel in einer Teufe
von rund 750 m gefunden wurde. Hinsichtlich der geologischen Stellung der
einschließenden Schichten fehlen noch jegliche fachliche Mitteilungen. – Wir werden
später über die Geologie des Fundortes kurzen Bericht erstatten.
Die schon erwähnten holländischen Funde wurden, ebenfalls
nach der Zeitschr. f. prakt. Geologie, bei der staatlichen Bohrung Corle bei
Winterswyk gemacht und beziehen sich auf das Vorkommen von flüssigem Erdöl in einer
mächtigen Anhydritbank an der Basis der Zechsteinformation und in Sandsteinen des
Steinkohlengebirges, bei rund 680 m und bei rund 1070 m Teufe. Bei den nach der
Einstellung der im ganzen 1284,60 m tiefen Bohrung vorgenommenen Schöpfung konnten
in kurzer Zeit mehrere hundert Liter leichtes Rohöl gewonnen werden, was dem Funde
wirtschaftliches Interesse verleiht. Winterswyk liegt etwa in der Mitte der Strecke
Wesel– Enschede. Das wichtigere der Vorkommen ist dasjenige in den karbonischen
Sandsteinen, das auf einer von außen her erfolgten Imprägnation beruht. Der
Herkunftsort liegt ohne Zweifel im Süden des Gebietes von Winterswyk, wo
wahrscheinlich auf einer besonderen Gebirgsscholle die Zechsteinformation eine Lage
einnimmt, die einen Uebertritt des in ihr primär entstandenen Bitumens in das
Steinkohlengebirge der Nachbarschaft gestattet. Der seitliche Gebirgsdruck, dem das
Gebiet unterworfen war, Trat für den Uebertritt den Anlaß gegeben. Danach erscheint
es sicher, daß die Imprägnation sich auf eine größere Fläche ausdehnt, deren
Begrenzung von der Lage der Zechsteinformation auf der tieferen Scholle abhängig
ist. Die Ergebnisse der weiteren Untersuchungen haben für uns Deutsche besonderes
Interesse, da geologische Verhältnisse, wie sie bei Winterswyk die Entstehung der
Oelvorkommen herbeigeführt haben, ohne Zweifel auch manche Gebiete
Nordwestdeutschlands beherrschen.
Mehr unter dem Gesichtspunkte wirtschaftlicher Betrachtung ist ein Bericht in der
Zeitschrift „Kali, Erz und Kohle“ (April 1924) abgefaßt. Es heißt da: Der
glückliche Fund der Deutschen Erdöl-Akt.-Ges. in Hannover, die aus einer Tiefe von
750 m ein Bohrloch mit einer Anfangsproduktion von täglich 300 t Rohöl erschlossen
hat, lenkt die Aufmerksamkeit auf die Frage, ob weitere solche Funde möglich sind
und zu welchen Konsequenzen sie führen können.
Es ist bekannt, daß vor dem Kriege die deutsche Erdölförderung sich jährlich auf
nicht mehr als 120000 Tonnen stellte, die in 31 Betrieben gewonnen wurden. Davon
entfallen auf die beiden Hauptbetriebe der Deutschen Erdöl-Akt.-Ges. im Elsaß nicht
weniger als 50000 t, so daß für die hannoversche und die übrige deutsche
Erdölgewinnung nur etwas über 70000 t verbleiben. Zeitweise hatte man – etwa ein
Jahrzehnt vor dem Kriege – in Hannover bis zu 100 bis 120000 t Rohöl jährlich
gefördert. In und nach den Kriegsjahren war die deutsche Förderung an rohem Erdöl
nach Verlust der elsässischen Betriebe auf jährlich 35–38000 t zurückgegangen.
Teils, weil man keine Notwendigkeit sah, die unrentable Erdölgewinnung im
Bohrbetriebe weiter zu fördern, teils auch deshalb nicht, weil auch die Gewinnung
von Mineralölen aus der Braunkohle in rentablem Verfahren genutzt werden konnte. Die
großen deutschen Erdol- und Mineralölbetriebe, wie z.B. die Deutsche
Erdöl-Akt.-Ges., ferner die Deutsche Petroleum-Akt.-Ges., Rütgers und andere, haben
sich bedeutende Braunkohlenfelder im Halleschen und im Altenburger Bezirk gesichert,
um aus der Vergasung der Braunkohle Mineralöl zu gewinnen. Wie bedeutend diese
Gewinnung ziffernmäßig gewesen ist, steht nicht genau fest; so viel aber ist
bekannt, daß wir noch immer außerordentliche Mengen von Erdölprodukten nach
Deutschland einführen mußten. Bemerkt sei hierbei, daß die deutsche Erdölförderung
vor dem Kriege kaum 2 % der Weltförderung ausmachte; heute wird sie nach dem
Verluste von Elsaß kaum noch 1/10 % betragen. Dagegen verbrauchten wir zu
Friedenszeiten, laut unserer Einfuhrstatistik, abzüglich der Ausfuhr, jährlich rund
etwa ¾ Million Tonnen Leuchtöl und etwa ¼ Million Tonnen Schmieröl, sowie ferner
noch mindestens ¼ Million Tonnen Benzin; dazu trat dann noch unser Bedarf an Gasöl
und an Heizöl. In der Nachkriegszeit haben wir auch nicht entfernt mehr diese Mengen
eingeführt, auch nicht einführen können, da die Valutaverhältnisse dem
entgegenstanden. Im Jahre 1922 haben wir im ganzen etwa wieder 300000 t Schmieröl
aus dem Auslande bezogen, 1923 dagegen fast nur noch die Hälfte, weil uns die
Entwertung unseres Geldes zu solcher Einschränkung des Imports zwang. Die Einfuhr
von Leuchtpetroleum betrug in 1922 mit 190000 t kaum den vierten Teil der
Friedenseinfuhr und ist selbst von dieser Höhe im Jahre 1923 auf nur 77000 t
herabgesunken. An Benzin führten wir in 1922 etwa 200000 t ein, 1923 aber nur rund
150000 t.
Wenn nun auch nicht anzunehmen ist, daß die jetzt mit 300 t Rohöl täglicher
Anfangsproduktion fließende Sonde auf die Dauer gleiche Schätze auswerfen wird, so
würde sich das Bild doch schon ganz wesentlich zu unseren Gunsten ändern, wenn etwa
ein Dutzend solcher Bohrlöcher erfolgreich niedergebracht würden. Es kann auch
keinem Zweifel unterliegen, daß Tiefbohrungen im Hannoverschen, die man wegen der
großen Kosten vor dem Kriege scheute, guten Erfolg bringen können. Die bisherigen in
geringer Tiefe niedergebrachten Bohrlöcher sind, soweit man die geologischen
Verhältnisse beurteilen kann, eben nur auf solche Schichten gestoßen, in denen das
Oel mehr oder weniger schwer war, so daß es sich nicht zur Leuchtöl- oder
Benzingewinnung, sondern höchstens für Schmieröle eignete. Heute, wo man bedeutende
Kohlenvorkommen im Harz festgestellt hat und auch die Ansicht ausspricht, daß
vielleicht sogar die englischen Kohlenvorkommen unter dem Harz hinweg bis nach
Oberschlesien ihre Fortsetzung finden, und wo Tiefenverhältnisse leichter als früher
durch die Technik überwunden werden können, da ist es sehr wohl möglich, daß
Erdölbohrungen von 700 bis 1000 Meter, und selbst darüber hinaus, noch gute Erfolge
erzielen, um so mehr, wenn man bedenkt, daß es in Galizien sich noch lohnt, bis 1500
Meter Tiefe und noch darüber selbst hinaus mit den dortigen Bohrungen zu gehen. –
Von diesem Gesichtspunkte aus gewertet, erscheint der Erfolg der „Deutschen
Erdöl-Akt.-Ges.“ in einem ganz besonderen Lichte. Falls es gelingt, in
einwandfreier Feststellung des geologischen Untergrundes die Wahrscheinlichkeit
einer Erdölzone aufzudecken, können uns noch ganz bedeutende Ueberraschungen
vorbehalten sein, die von unübersehbaren Erfolgen begleitet sein dürften.
(Kali, Erz und Kohle.)
Ein dritter Bericht, der mir vorliegt, erschien in der bekannten Wochenschrift
„Die Umschau“ (1924 H. 19) und stammt aus der Feder von cand. geol. E. F.
Klingner in Salzderhelden. Danach liegt die Fundstelle genauer bei Ehlershausen
unweit von Nienhagen in dem schon lange bekannten Erdölgebiete von
Hänigsen-Olbershagen. Hier bei Ehlershausen erfolgte ganz überraschend in den
Abendstunden des 10. März 1924 bei 750 m Teufe ein gewaltiger Erdölausbruch, der
etwa 300 t Oel zutage förderte. Ueber das Alter der das Erdöl umschließenden
Schichten vermag auch Klingner noch nichts anzugeben, er meint jedoch, wohl auf
Grund seiner lokalen geologischen Kenntnisse, daß sie vielleicht ins Sennon gehören,
also oberste Kreideformation, vielleicht aber auch in das Tertiär. Die Ausbrüche
erfolgten in den ersten acht Tagen fast regelmäßig alle 4–5 Stunden. Am 17. März
fand dann der letzte größere Ausbruch statt, der etwa 6 Stunden anhielt; am 18. März
erfolgte des Morgens gegen 10 Uhr nochmals ein schon schwächerer, eine Stunde lang
andauernder Ausbruch. Damit waren die unterirdischen Kräfte scheinbar erschöpft;
wenigstens vorläufig. Am 29. März meldeten dann die Zeitungen wieder, daß nach
achttägiger Ruhe die Oelquelle vor einigen Tagen, nach eingehender Säuberung des
Bohrloches einen neuen Ausbruch hatte, der seinerseits wiederum 5 Stunden andauerte,
so daß die eingedeichten Sammelbecken, welche man vorher schnell aufgeworfen hatte,
sich wiederum mit Erdöl füllten. Nachher scheint wieder Ruhe eingetreten zu sein,
denn es liegen noch keine weiteren Meldungen vor. Anfänglich, am 10. März, brach das
Oel in armdickem Strahl aus den Röhren und aus der am Bohrturme selbst geöffneten
oberen Lücke aus, wobei das Oel nahezu an hundert Meter weit geschleudert worden
sein soll. Man warf darum schleunigst Sammelbecken aus Erde auf, um den kostbaren
Rohstoff aufzufangen. Die Klingnersche Abhandlung bringt neben dem Texte drei
Abbildungen, eine Kartenskizze des Erdölgebietes zwischen Peine und Celle, mit dem
eingetragenen Fundpunkt unweit Ehlershausen, dann ferner den Bohrturm selbst und
schließlich auch noch die schnell aufgeworfenen Erdölsammelbecken.
Wenn die Gewinnung so fortschreitet, würde diese Erdölsonde die Gesamtförderung des
deutschen Erdöls, die 1922 etwa 45000 t betrug, bei weitem übertreffen. Ja, der
herbe Verlust der alten Erdölquellen im ehemals deutschen Elsaß bei Pachelbronn mit
einer Förderung von rund 70000 t im Jahre 1922 würde dadurch wettgemacht werden. Wie
cand. geol. E. F. Klingner des weiteren noch mitzuteilen vermag, weisen, nach einer
Mitteilung der Harburger Bergbaugesellschaft m. b. H., die Funde auf reife
Erdöllager im nördlichen Teile der Provinz Hannover hin. Auch in der Harburger
Gegend sollen verschiedene Oelgesellschaften Verträge mit den Gemeinden
abgeschlossen haben, nachdem durch eingehende Untersuchungen, geologische
Forschungen und durch Rutengänger Erdöllager festgestellt worden seien. Die
„Nordische Petroleumindustrie Akt.-Ges.“ habe mit dem Bau eines
Bohrturmes bei Wunstorf begonnen. Schließlich soll sich auch die „Lisellen
Erdöl-G. m. b. H.“ in Harburg, die auf Bahrendorfer Gebiet eine Bohrung
niederbringt, kürzlich den Bezirk Sottorf durch einen langfristigen Vertrag
gesichert haben. Diese Gesellschaft „Lisellen“ habe als erste in der
Harburger Gegend mit Oelaufschlußarbeiten begonnen. Sie sei mit ihrer Bohrung
bereits bei 340 m Tiefe auf eine etwa 20 m mächtige Schicht dickflüssigen Oeles
getroffen und durchteufte beim Weiterbohren fast ständig ölführende Schichten.
Die „Lisellen Erdölwerke“ sitzen mit ihrer Bohrung im Anhydrit (vergl. das
oben gesagte von Holland), der mit Asphalt und Oel durchtränkt sei, so daß beim
Weiterbohren eine Fündigkeit sehr wahrscheinlich sei. – Mit Recht hebt jedoch
Klingner hervor, daß man sich vor übertriebenen Erwartungen hüten müsse. Wie schon
in den achtziger Jahren der Erdölfund bei Peine-Oelheim, so hat auch dieser letzte
große Fund bei Nienhagen eine wilde Gründertätigkeit hervorgerufen. Alle ölhöffigen
Grundstücksparzellen, die allen möglichen bäuerlichen Besitzern gehören, müssen von
diesen erst einzeln erworben werden. Die Verhandlungen sind dabei natürlich recht
schwierig, denn die Gebote für Erdölkonzessionen an die Grundbesitzer erreichen
jetzt schon eine derartige Höhe, daß ein lohnender Betrieb fast ausgeschlossen ist.
Mancher kleine Geldgeber verliert dabei sein Vermögen. Klingner erinnert dieserhalb
an den Zusammenbruch der Oelheimer Petroleum-Industrie-Gesellschaft in Peine. – Zum
Schlüsse erscheint es uns noch angebracht, eine kurze Uebersicht der Entwicklung der
deutschen Erdölgewinnung zu geben. Nach „Wirtschaft und Statistik“ (Jahrgang
1923 Bd. 3 S. 299) beträgt die Rohölgewinnung Deutschlands in
1000 Tonnen folgende Mengen, wobei „Altes Gebiet“ und „Neues
Gebiet“, dieses also ohne Elsaß-Lothringen, unterschieden wird:
Jahr
Altes Gebiet
Neues Cebiet
1908
140,9
–
1909
137,4
–
1910
139,9
–
1911
137,–
–
1912
135,–
–
1913
121,–
71,4
1914
110,3
61,3
1915
99,3
56,1
1916
92,7
51,4
1917
90,6
43,7
1918
–
38,1
1919
–
37,4
1920
–
34,8
1921
–
38,8
1922
–
45,–
1923
–
?
Si.
Erzeugung von Koks und Steinkohlenbriketts in England im Jahre
1922.
Bezirk
Kokser-zeugunglg. t.
VerkokteKohlelg. t.
Betriebene Koksöfen
Bienen-korbofem
Nebenpro-ductöfen
andere
zu-samm
NordostküsteCumberlandLancashire,
CheshireYorkshire, Lincoln- shire, DerbyshireStafford,
Salop, Glou- cester, SomersetSüdwales,
Mon- mouthshireSchottland
3373270 362672 5056442963363 4425051043234 345053
4888908 527007 746110
4391248 661760 1569130 506417
1056– 423 717 34 77 380
2716 350 4312751 454 729 303
–––– 6470–
3772 350 854 3468 494 1276 683
Zusammen 1922
9035741
13290580
2687
7734
476
10897
„ 1921
4573970
6883112
4044
8126
836
13006
Nach dem Rückschlag im Jahre 1921 als Folge des großen Bergarbeiterstreiks hat sich
die Kokserzeugung Englands im Jahre 1922 schnell wieder auf fast das Doppelte
gehoben, womit natürlich auch gleichzeitig der Kohlenverbrauch sich verdoppeln
mußte. Wie die Kokserzeugung des Jahres 1922 sich auf die einzelnen Bergbaubezirke
verteilte, zeigt die vorstehende Uebersicht, welche erkennen läßt, wie sehr
verschieden diese Bezirke im einzelnen an der Gesamtkoksherstellung teilnehmen. Das
wichtigste Gebiet für die Kokserzeugung ist demnach immer noch die Nordostküste; die dort
betriebenen 3772 Koksöfen lieferten an 3,4 Mill. t Koks. – Die Gesamtzahl aller
betriebenen Koksöfen war in 1922 um rund 2200 geringer als in 1921. Von den 10 897
betriebenen Koksöfen des Jahres 1922 waren immer noch 2687 oder 24,66 %
Bienenkorbkoksöfen, also ohne Nebenproduktengewinnung; doch ist ihre Zahl gegenüber
1921, wo noch 4044 solcher alter Oefen bestanden, stark im Abnehmen begriffen. An
Oefen mit Nebenproduktengewinnung standen zwar auch nur 7734 gegen 8126 in Betrieb,
aber ihre Zahl macht doch für 1922 an der Gesamtziffer der betriebenen Oefen 70,97 %
aus. Offenbar wird auch in England die Zahl dieser modernen Oefen immer mehr
wachsen, während die Bienenkorböfen zahlenmäßig Einbuße erleiden; daran vermag
selbst der vielgerühmte englische konservative Geist nichts zu ändern. Die Oefen mit
Nebenproduktengewinnung verteilten sich auf folgende Systeme:
Ofenbauart
Betriebene Koksöfen
in 1921
in 1922
Nebengewinnungsöfen: Otto
Hilgenstock Simon-Carves Koppers
Semet-Solvay Simplex Coppee Hüisener
Collins Carl Still Mackey Seymour
Cleveland Sonstige Bauarten
1993170717071124 523 384 379 126 72 32 6 73
1867172116941006 484 348 299 136 72 32 6 69
Andere Öfen:
Coppée Tredegar Long Drag
636 144 6
350 120 6
Die Preßkohlenerzeugung Großbritanniens hatte unter dem
Streik des Jahres 1921 natürlich ebenfalls Einbuße erlitten, so war denn für 1922
eine Steigerung um 268000 t oder um 25,19 % zu verzeichnen. Der Hauptbezirk der
Brikettherstellung liegt in Südwales, das übrige England und Schottland stellen
zusammen nur wenig über 100000 t Briketts her. Die gesamte Preßkohlenerzeugung
verteilte sich für 1922 in folgender Weise auf die Einzelbezirke:
Produktionsgebiet
Preßkohlenerzeugung 1922
VerbrauchteKohlenmengelg. t
Menge lg. t
Wert in £
eigentliches EnglandSüdwales nebst
MonmouthshireSchottland
509921217794 63446
590901508253 91739
430981110171 57879
Zusammen 1922 „ 1921
13322321064204
16590822134737
1211148 965021
Glückauf 1924, Nr. 3, Seite 45/46.
Si.
Schiffsdampfturbine mit Rädervorgelege. Der bei
„Fairfield Shipbuilding und Engineering Co.“ gebaute Personendampfer
„Athenia“ hat bei 8,41 m Tiefgang 12000 BRT. Der Antrieb erfolgt durch 2
Satz Brown-Curtis-Turbinen mit doppelter Räderübersetzung. Turbinenschiffe mit
doppelter Zahnradübersetzung haben Dreifachexpansionskolbendampfmaschinen gegenüber
16–25 v. H. Brennstoffersparnis. Außerdem haben solche Schiffe gegen Kolbenmaschinen
den Vorteil voraus, daß bei starkem Seegang die austauchende Schiffsschraube keine
gefahrdrohende Drehzahl annehmen kann. Eine doppelt übersetzte Dampfturbine nimmt
erst dann eine erhöhte Drehzahl ein, wenn die Schiffsschraube schon wieder
untergetaucht ist. Die Trägheit des Turbinenzahnradgetriebes beseitigt also die
Notwendigkeit, bei schlechtem Wetter langsamer zu fahren und steigert auf diese
Weise die Rentabilität des Schiffsbetriebes.
Bei dem Dampfer „Athenia“ sind Hoch- und Mitteldruck-Vorwärts- sowie
Hochdruck-Rückwärts-Turbine auf einer Welle, auf einer zweiten Welle
Niederdruck-Vorwärts- und Niederdruck-Rückwärts-Turbine. Zur Vermeidung störender
kritischer Drehzahlen ist zwischen Hoch- und Mitteldruckturbinen ein
Ausgleich-Schwungrad angebracht. Jeder Turbinensatz leistet 4350 WPS.
Teilkreis ∅
Zähnezahl
Drehzahl
Hochdruckritzel
218
39
3300
Niederdruckritzel
335
60
2145
Zwischenwellenrad
1585
284
445
Zwischenwellenritzel
590
104
445
Schraubenwellenrad
2640
467
99
Die beiden Schrauben bestehen aus 4 Bronzeflügeln mit Stahlgußnaben und haben 5,35 m
∅ und 5,5 m Steigung. Der Dampf hat 14,8 at und 100° Ueberhitzung. Es sind drei
Doppel- und zwei Einender-Kessel vorhanden, bei einer Länge von 6,75 bzw. 3,50 m und
4,82 m Durchmesser. In jedem Kessel sind 3 Flammrohre von 1,15 m ∅ angeordnet. Die
Gesamtheizfläche beträgt 2110 m2. Als Brennstoff
kann sowohl Oel, das im Doppelboden vorhanden ist, wie Kohle verwendet werden.
(Marine Engineering and Shipping Age, März 1924.)
W.
Dieselelektrischer Antrieb eines Pontonkranes. Der für den
Umschlagverkehr von Massengütern vorgesehene Schwimmkran im Stockholmer Hafen muß
stets betriebsbereit sein und sich leicht betätigen lassen. Aus diesem Grunde wurde
elektrische Steuerung gewählt, da auf diese Weise auch eine billige und schnelle
Versetzung des Pontons während der Arbeitszeit durch elektrische Spills bewirkt
werden kann. Für den Antrieb wurde eine Dieselmaschiene vorgesehen, wegen der
schnellen Betriebsbereitschaft im Verhältnis zu der Dampfkraftanlage. Die
Anlagekosten des dieselelektrischen Betriebes sind höher als beim Dampfbetrieb.
Dampfbetrieb
Elektr. Betrieb
Anlagekosten
Kr. 226000
315000
Zinsen
v. H. 5,5
5,5
Tilgungszeit
Jahre 25
25
Brennstoffkosten (Kohlenpreis35 Kr./t, Rohölpreis 75
Kr./t)je Tonne und Betriebsstunde
Kr. 4
1,25
Bedienung je Betriebsstunde
3,90
2,75
Die Unterhaltungskosten sind nach der Ermittlung der
Hafenverwaltung bei verschiedener Ausnutzungszeit aus Abb.
1 zu bestimmen.
Textabbildung Bd. 339, S. 158
Abb. 1. Unterhaltungskosten.
Textabbildung Bd. 339, S. 158
Abb. 2. Krankosten.
Die Arbeitsfähigkeit des Kranes wird normal zu 400 t bei
Dampfbetrieb bzw. 480 t bei elektrischem Betrieb und 8stündiger Arbeitszeit
angenommen. Aus diesen Angaben können die Krankosten für die Tonne errechnet werden. Das
Ergebnis ist in Abb. 2 zusammengestellt. Der
elektrische Betrieb stellt sich dabei bereits bei 500 Betriebsstunden im Jahr
vorteilhafter als der Dampfbetrieb. Bei einer normal anzusehenden Benutzungsdauer
von 1500 Std. ist der Dampfbetrieb um 20 v. H. teuerer als der
dieselelektrische.
Die Trägfähigkeit des Kranes ist 6000 kg. Diese Last wird auch beim größten
Schwenkradius von 18,5 m gehoben. Die Hubgeschwindigkeit beträgt 1 m/sek. Die
Motoren haben Stundenleistungen von 100, bzw. 30 und 20 PS. Der betriebsfertige Kran
wiegt etwa 85 t. Die Kraftanlage besteht aus einer Vierzylinder-Dieselmaschine, die
im Viertaktverfahren dauernd 200 PS leistet. (Technisk Tidschrift, 1923, S. 85.)
W.
Technische Sprachecke. Der Normenausschuß der deutschen
Industrie hat angeregt, daß in Fachzeitschriften auf den Mißbrauch des Wortes
„Spirale“ hingewiesen wird, damit die falschen Wortverbindungen mit
„Spirale“ aus der Technik verschwinden. Eine Spiralfeder ist z.B. eine
Feder, deren Draht in einer Ebene liegt und vom Mittelpunkt ausgehend in einer
Spirale um diesen gewunden ist, wie das bei Uhrfedern der Fall ist. Eine
walzenförmige Feder, bei der der Draht schraubenförmig gewunden ist, reist meist
unter der falschen Flagge „Spiralfeder“, ist aber natürlich keine, sondern
eine Schraubfeder, eine Schraubenfeder oder eine Walzenfeder.
Eisenbahndeutsch und richtiges
Deutsch.
Mit Bahnsteigkarten ist dasBetreten der Wagen
undBelegen der Plätzeverboten.
Bahnsteigkarten berech-tigen nicht zum
Betretender Züge und zum Belegenvon Plätzen.
Angeregt durch unsern Aufsatz über schlechte und gute Merktafeln sendet uns ein Leser
vorstehende Gegenüberstellung. Man kann etwas mit Ernst, mit Nachdruck, mit Recht
verbieten, aber nicht mit Bahnsteigkarten. Oder sollte die Bahn meinen: Es ist
verboten, mit Bahnsteigkarten Wagen zu betreten und Plätze zu belegen?
Freilich, freilich fehlt in der vorgeschlagenen Fassung das göttliche Wort
„verboten“! – Ob dieser Preis für richtiges Deutsch nicht zu hoch
ist?
Kürzlich war in einem technischen Aufsatz von einer „often Handlung“ zu lesen.
Gut so! Das ause Heft, die zue Tür und der abe Kopf sehnen sich nach
Gesellschaft!