Titel: | Polytechnische Schau. |
Fundstelle: | Band 339, Jahrgang 1924, S. 169 |
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Polytechnische Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Die
Eisenbahntechnische Tagung vom 22. bis 27. September 1924
soll der wissenschaftlichen
Besprechung der im Vordergrunde stehenden Probleme des gesamten Eisenbahnwesens dienen. Die führenden
Männer der deutschen und der ausländischen Eisenbahnen werden über ihr
engeres Fachgebiet in
Vorträgen
berichten. In den anschließenden
Diskussionen
soll jedem Fachmann die Gelegenheit gegeben werden, zu den
erörterten Fragen Stellung zu nehmen und seine eigenen Erfahrungen vorzubringen. Die
Vorträge finden in der Kroll – Oper und der Technischen Hochschule statt.
Besonderes Interesse dürften die Berichte erregen über die Probleme des Großgüterverkehrs, der Schnellentladung, der Verbesserung des
Rangierwesens, der neuzeitlichen wärmewirtschaftlichen Bestrebungen im Lokomotivbau, der Diesel-Lokomotiven und
der Kondensations-Lokomotive.
Weiterhin werden u.a. behandelt:
Ausgestaltung des deutschen Oberbaues und der Eisenbahnbrücken, Kohlenstaubfeuerungen bei Lokomotiven,
Sauggasbetrieb, elektrischer Eisenbahnbetrieb.
Ferner: Eisenbahnwerkstättenwesen und Austauschbau bei Lokomotiven und Wagen.
In sachlicher Verbindung mit dem Vortrag über Eisenbahnbremsen wird eine
Bremsversuchsfahrt
mit einem 90achsigen D-Zug
am Mittwoch, dem 24. September,
unternommen, deren Ziel Seddin ist.
In Seddin, in Sonderzügen von
Berlin aus jederzeit bequem und schnell erreichbar, findet vom
21. September bis 5. Oktober 1924
die
Eisenbahntechnische Ausstellung
statt. Sie ist die größte bisher
veranstaltete Fachausstellung des Eisenbahnwesens. Die Industrie wird hier
ihre neuesten Erzeugnisse zeigen. Die Ausstellung wird geeignet sein, auch bei weiteren Kreisen Interesse zu erwecken.
Wichtig ist, zu erwähnen, daß ein großer Teil der ausgestellten Gegenstände, von
der schwersten Lokomotive bis zum kleinsten Zubehörteil, auch im Betriebe vorgeführt wird.
120 Lokomotiven und Triebwagen
sollen gezeigt werden. Die schwerste von ihnen ist die 23 m
lange Turbolokomotive, ein Höhepunkt des neuesten
Lokomotivbaues. Ein anderer Riese ist die Heißdampflokomotive P 10, die schwerste gegenwärtig im Betrieb befindliche
D – Zuglokomotive der preußischen Staatsbahn. Güterzugmaschinen, Tendermaschinen, Speziallokomotiven
verschiedener Gattung werden in bemerkenswerten Ausführungen vertreten sein.
Besonderes Interesse dürften die Nicht-Dampflokomotiven
erregen:
Zunächst die
6 Diesel-Lokomotiven;
Benzin- und Benzoltriebwagen;
Triebwagen mit Sauggasmotor,
der rd. 70 v. H. Ersparnis an Brennstoffkosten gegenüber einem
normalen Benzoltriebwagen aufweist.
Auch von den
elektrischen Lokomotiven
sind viele verschiedene Bauarten vorhanden.
Es seien nur erwähnt Akkumulatoren-Lokomotiven,
Einphasen-Wechselstrom-Schnellzuglokomotiven, Güterzug-Lokomotiven u.a.
Ein Gebiet für sich nehmen die Sonderausführungen ein:
Die Industrie- und Schmalspurlokomotiven, feuerlose und
Druckluftlokomotiven, Abraum- und
Förderlokomotiven;
ferner eine Benzollokomotive mit eingebauter Rangierwinde und eine kurvenläufige
schwere Schmalspurlokomotive mit 5 Triebachsen, die bei einem Gesamtradstand von
3400 mm Kurven von 30 m Radius durchfahren kann.
Des weiteren werden ausgestellt:
140 Personen- und Güterwagen.
Hierunter deutsche und ausländische D-Zugwagen hölzerner und
eiserner Bauart, Postwagen, Speisewagen, Schlafwagen, Packwagen,
Personenzugwagen verschiedenster Bauart für Voll- und
Schmalspurbahnen. Zum Teil sind die Außenwände usw. entfernt, damit der
Besucher den inneren Aufbau erkennen kann. In noch größerer Zahl als die Personenwagen
sind
Güterwagen
ausgestellt, die, entsprechend den vielen verschiedenen
Zwecken, denen sie dienen, eine erhebliche Mannigfaltigkeit aufweisen. Da ist
zunächst der 120 t - Tiefladewagen. Er soll dem Transport
von schwersten Transformatoren dienen und ist zur Erleichterung des Ladens
dreiteilig aufgebaut.
Weiter: die verschiedenen Ausführungen der Großraumgüterwagen für 50 bis 60 t Ladegewicht mit Entladevorrichtung. Spezialwagen aller Art vervollständigen die Liste: Kohlenstaubtransportwagen mit pneumatischer Entleerung,
Kühlwagen, Selbstentlader, Großraumkesselwagen usw.
für Voll- und Schmalspur. Auch die ausgestellten
vierachsigen Rollwagen, die dazu dienen, normalspurige
Vollbahnwagen auf scharf-kurvigen Straßenbahngleisen oder auf Schmalspurgleisen zu
befördern, mögen noch erwähnt werden.
Sehr vielseitig sind die Abteilungen:
Rangierbetrieb, Gleis-, Signal- und Stellwerkbad
Etwas besonders Neues ist hier die auf dem Verschiebebahnhof eingebaute Gleisbremse, die in Verbindung mit einer entsprechenden
Ablauframpe den Rangierbetrieb vereinfachen soll.
Ferner: Wagenkipper;
Kraftstellwerk mit Ruhestromüberwachung; vollständiges
Streckenblockwerk mit selbsttätiger Streckenblockung, Bahnhofsblockung und
halbselbsttätigem Stellwerk;
Gleismelderanläge mit Zahlensignalanläge,
Schienenstromschließer, selbsttätige Ladeeinrichtung einschließlich Batterien
und Umformer, Glühlampenzentrale, Streckenfernsprecher, Fernleitung und
Verstärker.
Wählergestell für eine vollautomatische Fernsprechzentrale für
100 Anschlüsse mit Flachkabel;
Stationswähler mit zwei Leitungen, Wechselstromwecker,
Sammelfernsprecher;
elektrischer Zugfolgeanzeiger; elektr Zugabfahrtsmelder für Wartesäle, Lautfernsprecher,
selbsttätige Warnungsläutewerke für Bahnübergänge;
fertig verlegte Fahrleitungen, Mäste und
Stromabnehmer.
Die Ausstellung der
Hilfs- und Zubehörteile
bringt manche wertvolle Einzelheit, herausgelöst aus dem
Zusammenhang. Es werden u.a. gezeigt:
Bremsen: verschiedene Ausführungen
der Rollenlager, Kugellager. Gleitlager mit neuartiger Schmierung; Achsbüchsen, Lokomotivtreibachsen mit glasharter
Oberfläche, Kolbenringe, Stopfbüchsen;
Schienen, Weichen und Schwellen mit ihren Befestigung steilen,
Schmierpumpen;
Schraubenkupplungen, elektrische Kupplungen, selbsttätige
Mittelpufferkupplungen;
elektrische Bahnmotoren und Verbrennungsmotoren, Kompressoren,
Druckluftschaltwerk für elektr. Züge, Druckluftbügelbetätigung für
elektrische Lokomotiven.
In der Abteilung
Werkzeug- und Eisenbahnbaumaschinen
wird man sehen:
Schweißmaschinen zum Punkt und Stumpfschweißen mit
selbstätiger Ausschaltung nach vollständiger Beendigung des Schweißvorganges und
eine neuartige elektr. Spurkranzschweißmaschine; Schmiedeöfen
u. Dampfhämmer; Schmelzöfen und Gießereimaschinen; schwere und leichte Maschinen der
Kaltbearbeitung; Verfahren zur Imprägnierung der
Schwellen; Gleisbau-, Gleisstopf- und Gleisverlegeinrichtungen, Krane und
Werkstattförderanlagen; die in Werkstätten so viel gebrauchten Elektrokarren und Schlepper.
Die ebenfalls vom 21. September bis 5. Oktober in der Technischen Hochschule in Berlin-Charlottenburg
geöffnete
Zweigausstellung
soll eine Ergänzung zu Seddin sein. Zahlreiche Meldungen
liegen auch für diesen Teil vor von solchen Werken, die Modelle, Zeichnungen, Abbildungen, Schaubilder usw. zeigen wollen. In
Ihnen sollen in erster Linie die interne Arbeit, die Ziele und Bestrebungen der
einzelnen Betriebe zur Geltung kommen; mehr jedenfalls, als in Seddin, wo man nur
Fertiges und zum mindesten durch Versuche Erprobtes ausstellen wird.
Zur Unterstützung des technischen Verständnisses sollen zahlreiche Filme gezeigt
werden. U.a. wurde die erste Lokomotive der Welt für die Filmvorführung auf der
Ausstellung aufgenommen.
Die Ausstellung wird veranstaltet vom Verein deutscher
Ingenieure in enger Gemeinschaft mit der Deutschen
Reichsbahn. Die Geschäftsstelle ist: Berlin NW 7, Sommerstraße 4a.
Gs.
Größerer oder kleinerer Heizwert. Der Ingenieur ist
gewohnt, das Verhältnis der in einer Maschine irgend welcher Art, dem Ziel dieser
Maschine entsprechend, umgewandelten Energie zu der gesamten der Maschine zu diesem
Zweck zugeführten Kohle als Wirkungsgrad zu bezeichnen. Nehmen wir als Beispiel eine
Dampfmaschine, so bezeichnet der Ingenieur als Wirkungsgrad das Verhältnis der durch
die Maschine gewonnenen Arbeit zu der gesamten Energie, welche in der auf den Rost
aufgeworfenen Kohle enthalten ist.
Ist also L die gewonnene Arbeit,
A die Umrechnungszahl Arbeit–Wärme,
Q die in Wärmemaß gemessene Energie der Kohle, so ist der Wirkungsgrad
η = AL/Q
Bekanntlich machen es die Physiologen anders. Diese sagen:Vergl. Schreber, Pflügers Archiv 197, 1922,
300–304. damit der Mensch lebt, muß er Energie aufnehmen; wenn er
arbeitet, muß er mehr aufnehmen; also kommt für die Verwandlung in Arbeit nur dieses
Mehr in Frage und deshalb vergleichen sie die vom Menschen geleistete Arbeit nur mit
diesem Unterschied der Energiemengen. Unterscheiden wir also als Ql die zum Leben
aufgenommene Energie von der während der Arbeit insgesamt aufgenommenen Qa, so
bilden die Physiologen den Wirkungsgrad als den Bruch
η = AL/(Qa – Ql)
Der Ingenieur wird dieses Verfahren für unvorteilhaft halten, denn man kann, wenn man
den Menschen als eine zum Arbeiten bestimmte Maschine ansieht, Ql als die zur
Erhaltung des Leerlaufes nötige Energie ansehen, die er niemals von der
Gesamtenergie abzieht.
Trotzdem macht er es bei der Verwendung des Heizwertes auch so wie die
Physiologen.
Der Thermochemiker bezeichnet als Wärmetönung die Wärmemenge, welche bei einer
chemischen Umsetzung unter der Bedingung frei oder gebunden wird, das die Endstoffe
der Umsetzung wieder dieselbe Temperatur haben wie die Ausgangsstoffe.
Da in der Maschinentechnik nur die Wärmetönung von Heizstoffen in Frage kommt, so
benutzt der Ingenieur nicht dieses allgemein gültige, sondern das auf Stoffe
beschränkte Wort Heizwert.
Heizwert ist also die Wärmemenge, welche beim Verbrennen eines Brennstoffes frei
wird, wenn die Heizgase wieder bis auf die Ausgangstemperatur, also im allgemeinen
Zimmertemperatur abgekühlt werden.
Kurz vor dem Erreichen dieser Temperatur tritt plötzlich eine größere Entwicklung von
Wärme aus den Heizgasen auf, indem sich der in ihnen enthaltene Wasserdampf zu
verflüssigen beginnt.
In den Maschinen werden nun die Heizgase niemals bis auf Zimmertemperatur abgekühlt.
Zunächst schon wegen der Größe der Heizflächen; dann aber auch wegen des
Schwefelgehaltes der Brennstoffe. Die aus ihm entstandene schweflige Säure würde
sich mit dem entstehenden Wasser zu Schwefelsäure vereinigen und die Baustoffe
angreifen. Deshalb sagen viele Ingenieure, die Heizgase dürfen nicht bis auf
Zimmertemperatur abgekühlt werden, also steht unserer Maschine die
Verflüssigungswärme für ihren Umlauf gar nicht zur Verfügung und sie ziehen sie vom
Heizwert ab, indem sie den so erhaltenen als kleineren oder unteren von dem der
Wärmetönung entsprechenden, den sie dann als den größeren oder oberen bezeichnen,
unterscheiden.
Berechnen sie nun mit diesem kleineren Heizwert den Wirkungsgrad, so erhalten sie
natürlich größere Zahlen, als wenn sie mit dem größeren rechnen, und das erfreut
sie.
Es wird Zeit, daß man sich von dieser Selbsttäuschung frei macht und dauernd mit dem
größeren, dem oberen Heizwert rechnet, der der Wärmetönung entspricht.
Hierzu kommt noch ein rein experimenteller Grund:
Bei den Brennstoffen, die man im Junkerskalorimeter untersuchen kann, ist die
entstehende Wassermenge leicht festzustellen, weil man bequem eine zur genauen
Bestimmung hinreichende Menge verbrennen kann. Bei den festen Brennstoffen, welche
in der Bombe untersucht werden müssen, ist die Bestimmung wegen der geringen Menge
unsicher. Will man mit dem kleinen Heizwert rechnen, so sind also die festen
Brennstoffe den gasigen gegenüber im Nachteil. Die ganze Schwierigkeit fallt fort,
wenn man auf die Selbsttäuschung verzichtet und sich mit dem durch einen kleineren
Zahlenwert behafteten Wirkungsgrad begnügt, den man mit dem der Wärmetönung
entsprechenden größeren oder oberen Heizwert erhält. Entschließen sich alle
Ingenieure zu dieser Rechnung, so ist keiner benachteiligt und auch die Physiologen
werden es anerkennen.
Dr. K. Schreber.
Tiefe Temperaturen. (Professor Dr. Paul Kirchberger.)
Wärme läßt sich beliebig steigern, nicht aber die Kälte. Das ist nach unseren
heutigen Anschauungen selbstverständlich, denn nach ihnen ist Wärme eine Form der
Bewegung; Bewegung kann immer lebhafter gestaltet werden, aber weniger Bewegung als
völlige Ruhe kann es nicht geben. Dieser Ruhe in der Wärmebewegung entspricht der
sogenannte „absolute Nullpunkt“, der 273° unter dem gewöhnlichen
Nullpunkt liegt. Völlig erreicht werden kann eine solche Kälte nicht, aber natürlich
sind die Bemühungen der Physiker darauf gerichtet, dem Punkt immer näher und näher
zu kommen. Am erfolgreichsten in dieser Hinsicht war der niederländische Physiker
Kammerlingh Onnes, dessen Kältelaboratorium zu Leyden Weltruf hat. Von den
zahlreichen, äußerst interessanten Beobachtungen, die man diesem genialen Meister
der Experimentierkunst verdankt, ist die merkwürdigste die von dem fabelhaft
geringen Widerstand, den manche Metalle, z.B. Quecksilber, dem elektrischen Strom
bei Temperaturen in der Nähe des absoluten Nullpunktes bieten. Es ist gelungen,
einen elektrischen Strom ohne Zufuhr weiterer elektrischer Energie mehrere Stunden
aufrecht zu erhalten, ein geradezu verblüffendes Ergebnis, dessen vollständige
Aufklärung noch nicht gelungen ist.
Ueber die Kristallisation von Granit. Zu Beginn des
vorigen Jahrhunderts herrschte noch vielfach die Anschauung, daß die Reihenfolge der
Kristallisation oder wohl genauer gesagt, der Ausscheidung, der verschiedenen
Mineralbestandteile des Granits nicht abhängig sei von ihrer verschiedenen
Lösungsfähigkeit und daß daher solche Gesteine nicht allein infolge der Abkühlung
aus der flüssigen Lösung entstanden sein können.
Im Jahre 1822 führte Breislak zu dieser Frage folgende Erklärungen an. Wenn die
Granite infolge der Abkühlung kristallisieren, so suchen die einzelnen mineralischen
Bestandteile derselben je nach ihrem verschiedenen Schmelzpunkte oder je nach ihrem
verschiedenen Löslichkeitsgrade sich zu trennen und sie kristallisieren zu
verschiedenen Zeiten, die eben ihrem Schmelzpunkte entsprechen. So gewinnt es den
Anschein, als ob manchmal die bei weitem leichter lösliche Mineralsubstanz bereits
vor einer weniger leicht löslichen aus dem Magma fest ausgeschieden war und dann in
diese eingeschlossen wurde.
Diese Beobachtung Breislaks schien schon fast der Vergessenheit anheimzufallen, als
1844 Fuchs in München die Aufmerksamkeit der Geologen wieder auf diese Erscheinung
hinlenkte. In sorgfältigen Untersuchungen wies Fuchs die Unmöglichkeit nach, daß die
Mischung der einzelnen Mineralbestandteile, wie man sie im Granit antrifft, sich aus
einem Zustande einfacher Schmelzung verfestigt haben solle. Er zeigte, daß man im
Laboratorium im Schmelztiegel wohl Kristalle erhalten könne, die denen der
natürlichen Mineralien ähnlich sind, daß man aber niemals auf diesem Wege ein
derartiges Mischprodukt erhalten könne, wie es eben der Granit darstellt.
Im Jahre 1833 besuchte Scheerer Norwegen, bevor die Versuche von Fuchs bekannt
geworden waren; auch wußte er nicht um die Ansicht Breislaks. Scheerer berichtet
nun, daß in magmatischen Graniten mit Bestimmtheit beobachtet werden könne, daß der
Feldspat sich vor dem Quarz verfestigt habe, ein Beweis dafür, daß der Quarz noch
flüssig oder wenigstens weich war, als der Feldspat sich schon im Zustande seiner
Kristallisation, seiner festen Ausscheidung aus dem Magma befand. Er führte aus, daß
die am meisten annehmbare Vorstellung über den Ursprung dieser Tiefengesteine
diejenige sei, welche den beiden Elementen Feuer und Wasser die gleiche erzeugende
Kraft beimesse. Man muß zugeben, daß es unmöglich sei, solche Gesteine als aus einem
rein glutflüssigen Zustande entwickelt zu denken. Scheerer wies damals auch nach,
daß verschiedene Mineralien im Granit Wassereinschlüsse enthalten. Er zog darum
den Schluß, daß das Magma mindestens soviel Wasser enthalten haben müsse, als wir
jetzt in dem verfestigten Tiefengesteine noch vorfinden. Wenn das Magma erheblich
mehr Wasser enthalten hätte, so daß es etwa eine wässerige Base bildete, dann würde
dieses Magma auch einen erheblich größeren Raum eingenommen haben, als ihn der
Granit bei seiner Verfestigung gebildet hat. Die angestellten Beobachtungen zeigen
jedoch, daß die Granitgänge im allgemeinen den gleichen Raum ausfüllen, ob sie nun
abgekühlt sind oder in magmatisch-flüssiger Form sich befinden. Der Wassergehalt des
Magmas kann somit kein sehr großer gewesen sein. Scheerer hält dafür: daß die Menge
an Wasser, welche ursprünglich in dem Granit enthalten gewesen sein mag, zwischen 1
bis 50 % betragen habe und daß es sehr wahrscheinlich ist, daß der Wassergehalt
näher zum Minimum als zum Maximum hin liege. Hiermit hat man eine ungefähre
Vorstellung von dem Wassergehalte einer granitischen Base. Nimmt man den
Wassergehalt etwa zu 5 oder 10 oder 20 %, so ändert das absolut nichts an dieser
Sache.
Die Scheererschen Beobachtungen hat man später in sorgfältigster Weise auf chemischem
und mikroskopischem Wege des näheren untersucht, ohne indessen irgend welchen
größeren Fortschritt in der allgemeinen Auffassung vom Ursprung der Granite zu
erzielen. Mikroskopische Untersuchungen haben mit Bestimmtheit erwiesen, daß in
granitischen Gesteinen die Reihenfolge der Kristallisation, der Verfestigung der
Einzelbestandteile nicht diejenige des höheren oder geringeren Schmelzpunktes dieser
Mineralien gewesen sein könne, sondern, daß für die allgemeiner verbreiteten
Elemente sehr wahrscheinlich der Grad ihrer relativen Basizität die Ursache der
jeweiligen Verfestigungszeit bildet. Als eine Regel über die Reihenfolge der
Verfestigung in granitischen Tiefengesteinen konnte man auf Grund vielfacher
Beobachtungen folgende aufstellen: 1. die dunkelen Mineralbestandteile, wie
Amphibolit und Biotit, 2. Feldspat und 3. Quarz. Auf Grund dieser Reihenfolge der
Ausscheidung von Mineralien aus dem Magma hat man ausgeführt, daß, wenn in irgend
einem Stadium der Verfestigung die bereits ausgeschiedenen Mineralien konzentriert
wurden, wir dann Gesteine von allen möglichen Graden der Basizität erhalten
müßten.
In seiner mikroskopischen Physiographie der massigen Gesteine entwickelt H.
Rosenbusch die Frage der Entstehung der Granite etwa in folgendem Sinne: da die mehr
basischen Bestandteile im allgemeinen die älteren sind, so ist es
selbstverständlich, daß die Konzentration von frühgeformten Mineralien und
Mineralverbindungen unbedingt die mineralogische Zusammensetzung von basischem
Gestein besitzen muß, das heißt also, daß in einem granitischen Gestein die
spenitische, dioritische und gobbroide Fazies bestehen muß. Betrachtet man diesen
Prozeß aber als immer weiter und weiter fortschreitend, so zeigt sich, daß
gleichzeitig mit der Ausscheidung und Verfestigung des basischen Materials, ein
fortwährend mehr sauer werdendes restliches Magma sich entwickeln wird, welches
schließlich selbst sich verfestigt, und wir haben dann den Vorgang einer Spaltung
des ursprünglich völlig homogenen Eruptivmagmas in geologisch eng miteinander
verbundene Massen basischer und saurer Gesteine.
Ueber die Entwicklung der einzelnen Gemengteile der Tiefengesteine führen wir, nach
Rosenbusch, hierdurch folgendes an: Man kann die mannigfachen Gemengteile der
Eruptivgesteine in vier Gruppen sondern:
1. Die Erze und akzessorischen Gemengteile (Magustit, Ilmenit, Eisenglanz, Agatit,
Zirkon, Titanit etc).
2. Die meistens farbigen, eisen- und magnesiahaltigen Silikate (Olivin, Glimmer,
Amphibole, Pyroxene etc.).
3. Die farblosen feldspatigen Gemengteile (eigentliche Feldspate, Naphalin, Leuzit,
Melilith, Sodalith, Hauyn etc.).
4. Die freie Kieselsäure als Quarz.
Bei allen Tiefengesteinen erfolgt nun die Entwicklung dieser Gemengteile bei normalen
Verhältnissen so, daß die Bildung eines jeden derselben eine kontinuierliche, in
einem einzigen Zeitabschnitt verlaufende war, der die Kristallisation der anderen
Gemengteile vorherging oder folgte. Es gibt damit – und das ist der wichtigste
strukturelle Charakter der Tiefengesteine gegenüber den Ergußgesteinen – im
allgemeinen von jedem Gemengteil nur eine einzige Generation. Die Bildungsperioden
der verschiedenen Gemengteile folgen sich bald so, daß vor vollendeter Ausscheidung
des einen Gemengteils diejenige eines anderen nicht statt hatte, weit häufiger aber wohl derart, daß der Beginn einer jüngeren
Mineralausscheidung eine gewisse Zeit vor dem Abschluß der nächst älteren eintrat,
daß also, geologisch gesprochen, die Bildungsperioden zweier aufeinander folgender
Gemengteile sich übergreifend verhalten. Die Gesetze, nach denen die Reihenfolge der
Ausscheidungen der verschiedenen Gemengteilsgruppen sich ordnet, sind bis heute
nicht vollständig bekannt, dazu ist vor allen Dingen das eigentliche Wesen der
natürlichen Magmen noch zu wenig festgestellt.
Unter Berücksichtigung der bei den Ergußgesteinen auftretenden Verhältnisse glaubt
Rosenbusch für die Reihenfolge der Ausscheidungen folgende Regeln aufstellen zu
können:
1. Die kristallinen Ausscheidungen in einem eruptiven Silikatmagma folgen sich nach
abnehmender Basizität derart, daß in jedem Augenblicke der Gesteinsbildung der noch
vorhandene Kristallisationsrückstand saurer ist, als die Summe der bereits
auskristallisierten Verbindungen, und auch saurer, als das ursprüngliche Magma.
2. Die relativen Mengen der in einem eruptiven Silikatmagma möglichen Verbindungen
haben einen gewissen Einfluß auf die Reihenfolge ihrer Ausscheidung. – Die in diesem
zweiten Satze ausgesprochene Beziehung scheint ein gewisses Schwanken in der
Reihenfolge der Ausscheidung der vorhin unter 2 und 3 angeführten Gruppen von
Gemengteilen bei den basischeren Eruptivgesteinen erklären zu können. –
3. Nach Metallen geordnet, beginnt die Kristallisation mit der Ausscheidung der Oxyde
des Eisens und der Spinellide; sie schreitet von der Bildung der Mg- und Fe-Silikate
(farbige Gemengteile) zu derjenigen der Silikate des Ca, weiter zu derjenigen der
Alkalien fort und endet mit der Kristallisation des freien Kieselsäurerestes.
Si.
Ueber Rollbraunkohlenvergasung und
Braunkohlenstaubfeuerung macht der Braunkohlen-Industrie-Verein in seinem
letzten Geschäftsbericht interessante Mitteilungen. Die Vergasung von Rohbraunkohle
hat danach gegenüber dem Stande im Vorjahre trotz eifrigster Versucharbeiten der
verschiedensten Firmen keine nennenswerten Fortschritte gemacht. Es ist bisher immer
noch nicht gelungen, einen wirtschaftlich arbeitenden Rohbraunkohlengenerator zu erfinden.
Trotz aller bisherigen Mißerfolge muß aber an dieser Aufgabe mit Opfermut und zäher
Ausdauer weitergearbeitet werden.
Dagegen wurden in der Braunkohlenstaubfeuerung weitere Fortschritte erzielt. Sie hat
besonders in der industriellen Ofenindustrie mit Jntensitätfeuerungen Eingang
gefunden, und eine Reihe von Walzwerken im Rheinland hat sich mit großem Erfolg auf
Braunkohlenstaubfeuerung umgestellt. Weniger erfolgversprechend waren die Ergebnisse
der Braunkohlenstaubfeuerung im Dampfkesselbetrieb. Der Wirkungsgrad war hierbei
nicht größer als bei Anlagen mit guten Treppenrosten. Voraussichtlich wird daher die
Braunkohlenstaubfeuerung im Dampfkesselbetrieb nur als Zusatzfeuerung Bedeutung
erlangen, mit Hilfe deren man die Spitzenleistungen wirksam fördern kann.
Auch das Rheinische Braunkohlensyndikat berichtet über günstige Ergebnisse mit der
Braunkohlenstaubfeuerung auf Eisenhüttenwerken. Namhafte Werke feuern heute ihre
Schmiede-, Roll-, Stoß- und Temperöfen ausschließlich mit Staubkohle, und zwar ist
die rheinische Braunkohle wegen des hohen Schmelzpunktes ihrer Asche für diesen
Zweck besonders geeignet.
Die Vergasung der Rohbraunkohle mit und ohne Teergewinnung hat im Rheinland in den
Hüttenbetrieben, in der chemischen, der Glas- und der Zinkindustrie weitere
Fortschritte gemacht. Auch in der keramischen Industrie hat das Rohkohlengas durch
Schaffung eines neuen Ofentyps Eingang gefunden. Dieser neue Gaskammerringofen
gestattet die Verwendung von Rohbraunkohlengas bei verhältnismäßig hohen
Gasbrandtemperaturen und unter Voraussetzungen, die sonst nur bei Einzelöfen gegeben
sind. Dieser neue Ofentyp wird hauptsächlich für die rheinischen Steinzeug- und
Falzziegelwerke von Nutzen sein. (Braunkohle 1923/24, Nr. 15.)
Bergbahnen mit Motorbetrieb. Bei solchen Bahnen handelt es
sich in der Regel, einen bedeutenden Höhenunterschied mit möglichst kurzer Bahnlänge
zu überwinden. Hierfür werden Zahnradbahnen mit Steigungen von 10–30 v. H. mit
senkrechtem Eingriff des Zahnrades in die Zahnstange, bei größeren Steigungen bis 50
v. H. mit horizontalem Zahnradeingriff, oder mit Drahtseilbahnen mit Steigungen von
20–70 v. H. ausgeführt. Früher erfolgte der Betrieb von Zahnradbahnen ausschließlich
durch Dampflokomotiven mit Triebzahnrädern für das Schieben einiger Personenwagen.
Während der Talfahrt arbeiten die Dampfzylinder als Luftverdichter, um den Zug zu
bremsen. Mit der Gornergratbahn im Jahre 1898 hat sich schnell der elektrische
Betrieb eingeführt und zwar hauptsächlich mit elektrischen Lokomotiven. Da für
Bergbahnen im Jahre oft nur 120–250 Betriebstage in Betracht kommen, so entsteht
dadurch der Nachteil, daß die gesamte elektrische Kraftübertragungs- und
Stromzuführungsanlage ein größeres Anlagekapital erfordert, dessen Verzinsung und
Abschreibung die verhältnismäßig geringe Anzahl der Fahrkilometer stark
belastet.
Man hat deshalb bereits an Stelle der Dampf- und elektrischen Lokomotiven
Motorlokomotiven vorgeschlagen. An Stelle der meistens zwei Elektromotoren tritt
dann eine Verbrennungskraftmaschine, die über ein Wechselgetriebe mittels
Zahnradübersetzung ein oder zwei Triebzahnräder antreibt. Es können
Verbrennungskraftmaschinen mit Benzin- und Benzolbetrieb, oder auch Dieselmaschinen
und Glühkopfmaschinen Verwendung finden. Es handelt sich hier meist um größere
Leistungen von 150–300 PS, so daß die billigeren schweren Kraftstoffe wie Paraffin-
oder Teeröle Verwendung finden können. Während die Dampflokomotiven ein
Dienstgewicht von etwa 14 bis 18 t hatten, ist man bereits bei elektrischen
Lokomotiven auf 10–15 t heruntergegangen. Bei Motorlokomotiven wird das Gewicht
nicht unter 10 t sein, um Motor und Getriebe hinreichend stark ausführen zu
können.
Die Ermittlung der erforderlichen Motorleistung erfolgt aus der Zugkraft Z kg am
Radumfang nach der Gleichung Z = Q (f + s) wobei Q das Gesamtgewicht des Zuges in t,
f den Laufwiderstand mit etwa 12–20 kg für die Tonne Zuggewicht und s die Steigung
in V. T. bedeutet. Die Leistung in PS am Radumfang bestimmt sich dann
N=\frac{Z\,V}{3,6\,.\,75'}, wobei V die Fahrgeschwindigkeit
in km/Std. bedeutet. Die Bergbahnen verbrauchen Betriebsstoff nur bei der Bergfahrt,
während die Talfahrt zum Antrieb des Motors als Luftverdichter verwendet wird. Durch
entsprechende Drosselung des Luftaustritts aus dem Zylinder wird die
Fahrgeschwindigkeit geregelt. Zur Kühlung wird dabei Kühlwasser in den Zylinder
eingespritzt. Die bei der Talfahrt erzeugte Druckluft wird in einen Sammelbehälter
gefördert, der selbsttätig nach Erreichung seines Höchstdruckes die
Druckluftzuführung abschaltet. Die aufgespeicherte Druckluft dient zum Anlassen der
Verbrennungskraftmaschine, zur Betätigung der Druckluftschaltung des
Wechselbetriebes, sowie der Bremsen und der Signalpfeife.
Wie die Vergleichsrechnungen zeigen, können beim Motorbetrieb mit Treiböl Ersparnisse
erzielt werden. Für die Dampflokomotiven kann hier ein Kohlenverbrauch von 2 kg
angenommen werden für die PS-Stunde, für eine Motorlokomotive rechnet man mit 0,33
kg für die PS-Stunde. Abb.
1 und 2
ergeben einen Vergleich von Brennstoffverbrauch und Kosten für den Zugkilometer bei
einem Zuggewicht von 30 t bei Steigungen von 10 – 30 v. H. Die Zahlen für den
Zugkilometer sind Durchschnittswerte für Berg- und Talfahrt. Die wirklichen
Verbrauchszahlen nur für die Bergfahrt allein betragen mithin das Doppelte der
Zahlen von Abb. 1 und
2. Der Bergbahnzug
mit 30 t Gesamtgewicht auf 20 v. H. Steigung verbraucht bei Dampflokomotivenbetrieb
für einen Zugkilometer 27 kg Kohle, bei Betrieb mit Motorlokomotiven dagegen nur 5
kg Treiböl. Bei einem Kohlenpreis von 32 Mk. die Tonne gegenüber einem Treibölpreis
von 120 Mk. die Tonne betragen die Brennstoffkosten für den Zugkilometer bei
Dampfbetrieb etwa 94 Pfennig, bei Motorbetrieb 63 Pfennig. In Wirklichkeit werden
Verbrauch und Kosten für Motorbetrieb noch dadurch verringert, daß die
Motorlokomotive ein geringeres Dienstgewicht als die Dampflokomotive hat. Diese
Ersparnis an Brennstoff ist in Abb. 1 und 2
durch die Linie a ausgedrückt. Hierzu kommt noch die Ersparnis an Lokomotivpersonal
bei der Motorlokomotive, da bei der Motorlokomotive nur 1 Maschinist, bei der
Dampflokomotive jedoch 2 Mann notwendig sind.
Gegenüber dem elektrischen Betrieb gibt die Motorlokomotive die Möglichkeit,
Bergbahnen mit geringerem Anlagekapital und in kürzerer Zeit zu bauen. Bei
elektrischem Betrieb muß die Kraftübertragung und Stromzuführungsanlage sofort für
möglichen Höchstverkehr bemessen werden. Ein Vergleich der Wirtschaftlichkeit
zwischen Motor- und elektrischem Betrieb läßt sich nur von Fall zu Fall anstellen.
Die Stromkosten
werden hier zwischen 0,40–1,20 Mk. für den Zugkilometer schwanken. Die
Betriebsausgaben für den Zugkilometer werden bei elektrischem Betrieb dadurch
erhöht, daß die Anlagekosten für die elektrische Kraftübertragungs- und
Fahrleitungsanlage mit ihrer Verzinsung, Unterhaltung und Erneuerung hinzukommen.
Die Statistik der Bergbahnen zeigt, daß die Anzahl der gefahrenen Zugkilometer
überall gering ist. (Rigibahn 34000, Wengernalpabahn 62000, Glion-Nagebahn 23000,
Gornergratbahn 14000, Brunnen- Morschach 12000, Brienne – Rothven 7500, Pilatus
15000, Monte Generöse 11000.) Es läßt sich also dabei der elektrische Betrieb nicht
wirtschaftlich gestalten.
Textabbildung Bd. 339, S. 174
Abb. 1 und 2. Brennstoff-Verbrauch und Kosten für Q = 30 t Zuggewicht.
Bei den zahlreichen Bergbahnen mit Dampfbetrieb könnten die veralterten
Dampflokomotiven durch Motorlokomotiven ohne großen Kapitalaufwand ersetzt werden.
Bei Neuanlagen von Bergbahnen, wo die Anzahl der zu erwartenden Zugkilometer gering
sein wird, wird der stufenweise Ausbau mit Motorlokomotiven die geringsten
Unkosten verursachen. (Der Motorwagen 1924, S. 186–190.)
W.
Die Hafenbrücke von Sydney. Der mehr und mehr steigende
Hafenverkehr von Sydney und die dadurch bedingte Steigerung des Eigenverkehrs der
Stadt ergab in immer stärkerem Maß die Notwendigkeit, eine Verbindung zwischen den
durch den Hafen getrennten Stadtteilen herzustellen, da der bisherige Verkehr durch
Fähren den Anforderungen nicht mehr genügte. Wenn auch schon vor mehr als 30 Jahren
der Bau einer Brücke über den Hafen von Sydney in der Oeffentlichkeit Australiens
erörtert worden ist, so führte doch erst die Wiederaufnahme dieses Planes durch die
jetzige Regierung im Jahre 1922 in Form einer Parlaments-Akte zu dem Beschluß, die
geplante Brücke auszuführen. Die Brücke sollte in einem einzigen Bogen den Hafen
überspannen und selbst den größten Seeschiffen die Einfahrt in den Hafen ermöglichen
und außerdem einen äußerst starken Eisenbahn-, Fahr- und Fußgängerverkehr gestatten.
Nach Voruntersuchungen durch den Chefingenieur der australischen Regierung, J. C.
Bradfield, wurde die genaue Lage der Brücke festgelegt und eine internationale
Ausschreibung für den Bau der Brücke ausgelegt. Auf diese Ausschreibung reichten
zwei englische, zwei australische, eine amerikanische und eine kanadische
Brückenbaufirma ihre Angebote ein. Den in der Ausschreibung festgelegten
Bedingungen, insbesondere auch mit Rücksicht auf die Ausmaße einer so großen Brücke
bezüglich Formenschönheit der Ausführung und gute Einpassung in das Landschaftsbild,
entsprach am besten ein Entwurf der Firma Dorman, Long and Co. Ltd. of
Middlesborough, der infolgedessen seitens der australischen Regierung angenommen
wurde. Von den sieben Alternativ-Angeboten der genannten Firma besitzt der
angenommene Vorschlag nachstehende Hauptabmessungen:
Lichte Spannweite 500 m.
Gesamtlänge einschließlich Anfahrtswege 1150 m.
Lichte Höhe über Hochwasserspiegel 52 m.
Gesamthöhe über Wasserspiegel 137 m.
Dieser Brückenentwurf stellt bei weitem die größte Einbogenbrücke der Welt dar, denn
die nächst größten Brücken dieser Art zeigen nur eine Spannweite von 305 m. Die
geplante Brücke gehört aber auch ganz allgemein zu den größten Brücken überhaupt,
denn übertroffen wird sie nur von der Forth- und der Quebec-Brücke, die jedoch als
Pfeilerbrücken ausgeführt sind. Außerordentlich beachtenswert ist ferner die
ungewöhnlich schwere Eisenbahn- und Straßenbelastung der Brücke, die eine
Gesamtbreite von 46 m erforderte. Daher ist denn auch der Hauptträger in seiner
außergewöhnlich schweren Bauart der schwerste Einbogenträger der Welt. Während ein
Teil der leichteren Eisenkonstruktionen der Ausschreibung gemäß in Australien
hergestellt wird, erfolgt die Anfertigung der schwereren Teile in den Werkstätten in
Middlesborough. Die ausführende Firma hat bereits vor mehreren Jahren eigens zum
Bauzweck in Melbourne und Sydney Unterwerkstätten errichtet. Der Zusammenbau der
Einzelteile erfolgt direkt an Ort und Stelle, und zwar soll der Vorbau von beiden
Ufern gleichzeitig erfolgen. (The Engineer 7.3.24.)
Kll.
Die Kohlenwirtschaft Jugoslawiens. Nach amtlichen
Feststellungen beträgt der jährliche Kohlen verbrauch Jugoslawiens insgesamt 430000
Waggons Kohle und 4000 Waggons Koks. Zur Deckung dieses Bedarfs liefern 7
Steinkohlengruben, 13 Braunkohlen- und 11 Lignitgruben in Serbien jährlich 15000 Waggons
Lignit, 15000 Waggons Braunkohle und 3000 Waggons Steinkohle, oder auf Normalkohle
von 6000 WE umgerechnet, zusammen 25000 Waggons. Die 37 Braunkohlengruben und 2
Lignitgruben in Slowenien liefern 135000 Waggons Braunkohle und 20500 Waggons
Lignit, entsprechend 112000 Waggons Normalkohle von 6000 WE. Ferner gewinnen die 15
Braunkohlengruben und 2 Lignitgruben in Bosnien-Herzegowina zusammen 78 500 Waggons
Normalkohle und schließlich die 9 Braunkohlengruben und 27 Lignitgruben in
Slawonien-Kroatien 37500 Waggons Normalkohle. Die Förderung des ganzen
jugoslawischen Gebietes belief sich im Jahre 1922 auf 253000 Waggons Normalkohle von
6000 WE, so daß also ein erheblicher Teil des Kohlenbedarfes aus dem Ausland
eingeführt werden mußte. Es wurden, abgesehen von der Reparationskohle im Jahre
1922, insgesamt 31000 Waggons Kohle im Werte von 202 Mill. Dinar eingeführt, und
zwar hauptsächlich aus England, Frankreich, Rumänien, Oesterreich, Italien und aus
der Tschechoslowakei, die vorwiegend Koks lieferte, (Montan. Rundschau 1923, S.
336.)
Ein neues Ueberlandkraftwerk in Oesterreich. Die
Graz-Köflacher Eisenbahn- und Bergbaugesellschaft hat bei der Landesregierung die
Konzession für die Errichtung eines Ueberland-Kraftwerkes mit einer Leistung von
12000 kW mit der dazugehörigen Fernleitung nach Graz nachgesucht. Das Kraftwerk
steht mitten im Braunkohlenrevier in Bärenbach bei Voitsberg. Sein Zweck ist, die
Kohlenenergie ohne Rücksicht auf die Beschaffenheit der Kohle in eine Form zu
bringen, in der sie durch die Fernleitung billiger verteilt und in gleicher Weise
wie jede hochwertige Kohle, die sonst nur das Ausland liefert, verbreitet werden
kann. Vorerst wird die Fernleitung nur bis Graz gebaut, Verhandlungen über eine
Weiterführung bis in das Mürztal sind im Gange. Die von ausländischen
Sachverständigen vorgenommene Nachprüfung der Grundlagen dieses Projektes hat
ergeben, daß ein im Kohlenrevier gelegenes Ueberland-Kraftwerk den Strom billiger zu
liefern imstande ist als ein Wasserkraftwerk. Das Köflacher Ueberland-Kraftwerk wird
nach dem im Burgenland gelegenen Zillingdorfer Kraftwerk, das die Stadt Wien mit
elektrischer Energie versorgt, die zweite Anlage dieser Art in Oesterreich
darstellen. (Montan. Rundschau 1923, S. 406.)