Titel: | Die Entstehung des Echolots und sein Erfinder. |
Autor: | Franz Neumann |
Fundstelle: | Band 340, Jahrgang 1925, S. 44 |
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Die Entstehung des Echolots und sein
Erfinder.
NEUMANN, Die Entstehung des Echolots und sein Erfinder.
Wenn eine Erfindung gemacht wird, die so ganz aus dem Rahmen des Hergebrachten
fällt und vollkommen neue Wege einschlägt, um der Menschheit einen großen
Fortschritt zu bringen, so ist es immer besonders reizvoll, zu sehen, wie eigentlich
die Erfindung entstanden und welche geistigen Wege der Erfinder bis zu ihrer
Vollendung gegangen ist. So ist es vielleicht angezeigt, über die Entstehung und
über den Erfinder des Echolotes einige Worte zu sagen.
Alexander Behm, der am 11. November 1880 zu Sternberg in Mecklenburg geboren wurde,
besuchte seit seinem 14. Lebensjahre das Gymnasium in Hadersleben. Seine Begabung
auf physikalischem Gebiet wurde schon während seiner Schulzeit erkannt und von
seinem Physiklehrer, Professor Dunker, in enger Zusammenarbeit auf dem Gebiete der
Schulphysik gefördert. Die übrigen Lehrfächer vermochten Behm auf der Schule weniger
zu reizen. Seine wissenschaftliche Ausbildung erhielt Behm auf der Technischen
Hochschule zu Karlsruhe, wo Geheimrat Professor Dr. Lehmann auf ihn durch akustische
Arbeiten aufmerksam wurde. Nach mehrjähriger Tätigkeit als Assistent eines
physikalischen Instituts, während der Behm einen Schallstärkenmesser schuf, das
Rüstzeug, mit dem er später an die Lösung der Aufgabe des Echolotes ging, siedelte
er von Karlsruhe nach Wien über; dort leitete er fast zehn Jahre lang eine von ihm
gegründete physikalisch-technische Versuchsanstalt eines größeren Industrieverbandes
und befaßte sich mit der Lösung von Aufgaben auf dem Gebiete der Raumakustik und der
Schallisolation. Auch auf wärmetechnischem Gebiete war er tätig.
Besonders die Untersuchungen über Raumakustik und Schallisolation in Wien waren es,
die die Durchbildung des Schallstärkenmessers förderten, so daß ihm in seinem
Sonometer ein sehr geeignetes Werkzeug zur Verfügung stand, als er sich – veranlaßt
durch die „Titanic“-Katastrophe im Jahre 1912 – mit der Schallotung zu
beschäftigen begann. Im übrigen geht der Schallstärkenmesser, der später der Anlaß
zur Schaffung eines Kurzzeitmessers wurde, des wichtigsten Teiles des Echolotes, bis
auf die Haderslebener Schulzeit zurück.
Seine ersten praktischen Untersuchungen auf dem Wasser zur Verwertung der Echos für
Lotungen, begann Behm im Jahre 1912 in Kiel unter außerordentlich ungünstigen
örtlichen Verhältnissen. Die Wassertiefewar in der Heikendorfer Bucht bei Kiel,
wo die Versuche ausgeführt wurden, und wo auch die ersten Echolotungen gelangen,
nicht größer als acht bis zehn Meter. Das bedeutet, daß zur Ausführung der gesamten
Echolotung nur eine Zeit von 1/75 Sekunde zur Verfügung stand. Es ist daher nicht
verwunderlich, wenn seinerzeit allerseits an der Möglichkeit gezweifelt wurde, diese
Aufgabe zu lösen, zumal bis dahin ein Echo im Wasser noch nie festgestellt worden
war. Vermutungen aus wissenschaftlichen Kreisen, daß bei dem Schlammgrund des Kieler
Hafens mit einer genügend genauen Schallzurückwerfung vom Grunde aus nicht zu
rechnen sei, waren durchaus nicht dazu angetan, die Arbeiten zu fördern und den
Forscher zu ermutigen.
Behm, der sich jedoch nicht beirren ließ, packte die Aufgabe von der einzig richtigen
Seite an, indem er ein Verfahren zur Sichtbarmachung und photographischen
Festhaltung der Schallwelle im Wasser ersann, was immerhin einige Schwierigkeiten
bereitete, besonders, da Behm diese ganze Frage in einem Goldfischbehälter von nur
fünf Liter Inhalt löste. Die Schallwelle brauchte, um von der inmitten des Gefäßes
gelegenen Schallquelle die Wandung des Gefäßes zu erreichen, bei einer
Schallgeschwindigkeit von 1435 Meter in der Sekunde nur eine Zeit von 1/14350 Sekunde.
Schon aus diesen Angaben kann man ersehen, was es bedeutet, wenn die Darstellung der
Schallwellen im Wasser in einer im voraus nicht erwarteten genauen Weise gelungen
ist, und wenn Behm sogar Schallwellen mit Zeitwerten von 1 ½ Millionstel Sekunden
auf die photographische Platte bannen konnte. Nachdem durch diese Untersuchungen
bewiesen war, daß eine Knallwelle im Wasser ein genügend genaues Gebilde zur
Bestimmung so kleiner Zeiten ist, war es für ihn nicht mehr zweifelhaft, daß auch
die akustische Lotung bei einiger Beharrlichkeit und Ausdauer gelingen werde. In
dieser Beziehung wurde er allerdings auf eine harte Probe gestellt, die ihm nur sein
Fleiß, sein unerschütterlicher Wille und sein fester Glaube überwinden halfen, zumal
auch Behm wie mancher andere in ähnlicher Lage allerlei Rückschläge in der
Entwicklung erleben mußte, zu deren Beseitigung wieder umfangreiche Untersuchungen
notwendig wurden. Diese Rückschläge waren besonders durch die Kleinheit des,
Versuchsschiffes bedingt, dessen geringer Tiefgang von 80 Zentimeter nur eine
nutzbare Abschirmung des Schalles durch das Schiff selbst von 40 Zentimeter
gewährte.
Die Ergebnisse der Behmschen Arbeiten sind in einer ganzen Reihe von Patenten im
In- und Auslande niedergelegt. Aus den sehr zahlreichen Veröffentlichungen über das
Echolot ergibt sich, daß dieses für die Ozeanographie, sowie für die Handels- und
die Kriegsschiffahrt von umwälzender Bedeutung ist. Diese großen Erfolge des
Wasserecholots legten den Gedanken nahe, das Echolot auch für Luftfahrzeuge
auszugestalten; denn gerade bei diesen ist es unter Umständen außerordentlich
schwierig, die Höhe des Fahrzeugs, sei es ein Luftschiff, sei es ein Flugzeug, über
dem Erdboden festzustellen; bei dichtem Nebel versagen z.B. alle optischen
Verfahren. Da sich die Echolotung in Sekunden vollzieht und in der Handhabung
ungemein einfach ist, da ferner mit ihr Höhen bis zu zwei Meter herunter noch mit
Sicherheit gemessen werden können, so ist das Interesse sehr begreiflich, das die
Luftfahrt dem Echolot entgegenbringt. So hat man denn auch im „ZR 3“ während
der Versuchsfahrten Echolotungen vorgenommen, die nach einer mir vorliegenden
Aeußerung der Luftschiffbau Zeppelin G. m. b. H. zeigten, „daß auch das Loten in
der Luft mit demEcholot Aussicht auf vollen Erfolg hat.“ In einer
anderen Aeußerung der Zeppelinwerft heißt es: „Es ist kein Zweifel, daß von allen
Verfahren zur Höhenbestimmung die akustische diejenige ist, die allen
Anforderungen entsprechen wird.“
Wie beim Flettnerschiff und vielen anderen Erfindungen nehmen jetzt ausländische
Zeitungen und Zeitschriften die Erfindung Behms für ihr Land in Anspruch, oder sie
wählen einen anderen Weg und machen sie schlecht; es gibt sogar deutsche Zeitungen,
die das nachbeten. In Wirklichkeit spricht aus solchen ausländischen
Verkleinerungsversuchen nur der Neid, daß es wiederum ein Deutscher war, der der
Schiffahrt diesen großen Fortschritt gebracht hat und ihn auch der Luftfahrt bringen
wird. Daß dieser Deutsche allen Schwierigkeiten zum Trotz zäh an seinem als richtig
erkannten Weg festgehalten hat und ihn unbeirrt durch abweichende Ansichten in der
ihm vorschwebenden Richtung bis zum Erfolg weitergegangen ist, und zwar ganz allein,
ohne irgend welche Hilfe von anderer Seite – das eben zeigt ihn als wahren
Erfinder.
Franz Neumann.