Titel: | Polytechnische Schau. |
Fundstelle: | Band 340, Jahrgang 1925, S. 58 |
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Polytechnische Schau.
Polytechnische Schau.
Die hessischen Braunkohlen und ihre Verwertung.
Hierüber berichtete Dr.-Ing. A. Sander (Bad Nauheim) auf
der Hauptversammlung des Vereins Deutscher Chemiker in Rostock. Die hessischen
Braunkohlenvorkommen sind in geologischer Hinsicht schonmehrfach eingehend
beschrieben worden, dagegen fehlte bisher eine systematische chemische Untersuchung.
Dieser Aufgabe hat sich Vortragender in Gemeinschaft mit Dr. Thilde Lein unterzogen, wobei besondere Aufmerksamkeit auf die
Eignung der einzelnen Kohlensorten für die Verschwelung gerichtet wurde. In dem Gebiete des
ehemaligen Großherzogtums Hessen sind im ganzen 10 Braunkohlengruben in Betrieb,
davon befinden sich 7 in der Provinz Oberhessen und 3 in der Provinz Starkenburg. Am
bekanntesten von diesen Vorkommen ist die Grube Messel bei Darmstadt, wo seit bald
40 Jahren ein umfangreicher Schwelbetrieb besteht. Nicht weit davon entfernt wurde
im Jahre 1908 die Grube Prinz von Hessen entdeckt, deren Förderung in und nach dem
Kriege in hohem Maße zur Linderung der Brennstoffnot in der Stadt Darmstadt
beigetragen hat. Diese Kohle kommt wegen ihrer stückigen Beschaffenheit in erster
Linie als Feuer- und Generatorkohle in Betracht, nicht aber für Verschwelung, da sie
nur 5 v. H. Teer (auf wasserfreie Kohle bezogen) liefert. Dagegen befindet sich bei
Seligenstadt am Main ein drittes Vorkommen, die Grube Amalia, die ziemlich
bitumenreiche Kohle liefert.
Umfangreicher und wichtiger sind die oberhessischen Gruben und hier insbesondere die
drei staatlichen Gruben Ludwigshoffnung, Wölfersheim und Weckesheim. Diese Vorkommen
wurden vom Vortragenden besonders eingehend untersucht, wobei sich ergab, daß es
sich hier um sehr wertvolle Schwelkohle handelt, die, auf wasserfreie Kohle bezogen,
21–26 v. H. Teer liefert. Da die Kohle in den tieferen Lagen sehr aschearm ist,
liefert sie auch einen sehr guten Grudekoks, ebenso reichliche Mengen Gas von hohem
Heizwert (3700 WE). Ein mehrtägiger Schwelversuch in dem stehenden Méguin-Drehofen
lieferte denn auch sehr befriedigende Ergebnisse. Dies läßt den Wunsch berechtigt
erscheinen, daß diese bisher nur zur Kesselfeuerung im staatlichen Kraftwerk
Wölfersheim sowie zur Herstellung von Naßpreßsteinen verwendete Kohle künftig durch
Verschwelung veredelt wird. Nördlich an diese drei staatlichen Gruben schließt sich
die Braunkohlengrube Friedrich an, deren Kohle wesentlich mehr Asche und Schwefel
enthält; aber auch diese Kohle ist reich an Bitumen und kann sehr wohl für die
Verschwelung in Frage kommen. Die übrigen oberhessischen Braunkohlenvorkommen
(Jägertal, Salzhausen, Erlkönig), deren Zusammensetzung näher besprochen wurde,
dürften dagegen nur als Feuerkohle verwendbar sein. Ein besonders interessantes
Material ist der Dysodil von Climbach, der sich in einem größeren Vorkommen in der
Nähe von Gießen findet. Er liefert bei der Verschwelung hochwertige Oele in guter
Ausbeute, während der Schwelrückstand nach dem Ausbrennen der Kohle aus reiner
Kieselgur besteht.
Nördlich an Hessen schließen sich die Braunkohlenvorkommen des Kasseler Reviers an,
von denen Vortragender ebenfalls die wichtigsten näher untersucht hat. In diesem
Gebiete wurde eine ganz vorzügliche Schwelkohle aufgefunden, die eine Teerausbeute
von fast 40 v. H. (auf wasserfreie Kohle bezogen) ergibt und auch bei der Extraktion
ein sehr interessantes Verhalten zeigt. Da dieses Vorkommen ziemlich umfangreich
ist, so sind auch in dem Kasseler Gebiete alle Voraussetzungen für die Schaffung
einer Schwelindustnie gegeben.
S.
Brennstoffeinfuhr und -ausfuhr der Niederlande im Jahre 1922
und 1923. Während die Einfuhr an Steinkohle im Jahre 1923 gegenüber 1922
eine Zunahme um rund 171000 t oder 2,75 % erfuhr, ging der Bezug von Koks um 59000 t
oder 25,03 % zurück, und jener von Preßkohle gar um 79000 t = 40 % zurück. Die
Brennstoff einfuhr war folgende:
Steinkohle
Koks
Preß-steinkohle
1922 t
6216044
234769
197346
1923 t
6386716
176006
118398
Die Ausfuhr an Brennstoffen verzeichnet im Jahre 1923 bei
2,03 Mill. t eine Zunahme auf annähernd das Doppelte. Hierbei handelt es sich jedoch
weniger um eine Ausfuhr holländischer Kohle als vielmehr
um eine Wiederausfuhr fremdländischer Kohle. Die Brennstoff ausfuhr war folgende:
Steinkohle
Koks
Preß-steinkohle
1922 t
1242590
350052
74046
1923 t
2034557
561718
49367
Hollands Außenhandel in Steinkohle allein zeigt folgende
Entwicklung, die wir besonders im Hinblick auf den Verkehr mit Deutschland hier kurz
anführen seit dem Jahre 1913:
Textabbildung Bd. 340, S. 59
an Hollands Außenhandel in Steinkohle allein
Einfuhr aus
1921
1922
1923
DeutschlandEnglandVerein.
StaatenBelgienAnderen Ländern
12793091767553 4969631269666 80822
11932034526791– 462620 33430
13427274368271 281011 320781 73926
Zusammen t
4894313
6216044
6386716
Ausfuhr nach
1921
1922
1923
DeutschlandBelgienFrankreichVerein.
StaatenEnglandSchwedenNorwegenAnderen Ländern
116310179633165066119354388483561774767231927
3967145504422730899655698752319269635161418
5098756707421541066111530672533733324223779
Zusammen t
1254113
155402
2277341
Glückauf 1924 Nr. 15 und Nr. 11.
Si.
Verschobene Wasserstandsanzeiger. Mit dem Aufkommen des
Steilrohrkessel ist das Ablesen der Wasserstandsanzeiger immer schwieriger geworden,
weil der eigentliche Wasserstand mit dem Oberkessel in immer größere Höhe über den
Rost, in dessen Höhe der Heizer stehen muß, hinauf rückte.
Die erste Lösung der Aufgabe, ihn wieder in Augenhöhe des Heizers zu bringen, ist der
heruntergezogene Wasserstand der Hanomag. Der Oberkessel trägt einen hinreichend
weit vorstehenden Zylinder, von dem ein Rohr senkrecht nach unten führt. Der
Zylinder steht mit dem Dampf- und dem Wasserraum des Oberkessels in Verbindung, so
daß sich in ihm der Wasserstand einstellt. Ein in ihm befindlicher Schwimmer macht
somit alle Schwankungen des Wasserstandes im Kessel mit und überträgt die Aenderung
durch eine Kette nach unten.
Von der Firma J. G. Merkens in Aachen ist jetzt ein Wasserstandsanzeiger auf den
Markt gebracht worden, welcher auf der Grundlage des Differentialmanometers beruht.
Ein hinreichend langes U-Rohr, dessen einer Schenkel oben mit dem Dampfraum und
dessen anderer Schenkel oben mit dem Wasserraum des Oberkessels in Verbindung steht,
ist in seiner Biegung mit einer Flüssigkeit gefüllt, deren Eigengewicht etwas
kleiner als 2 ist. Der mit dem Dampfraum an Verbindung stehende Schenkel trägt oben
eine Erweiterung, in welcher sich Dampf verflüssigt; sie steht mit dem Dampfraum
durch ein schräg nach. unten führendes Rohr in Verbindung, das wie ein Ueberlauf
wirkt, so daß hier ein unveränderlicher Wasserstand geschaffen ist. Im anderen
Schenkel ist an der Stelle, wo sich Wasser und anzeigende Flüssigkeit berühren, eine
hinreichend große Erweiterung, so daß bei Aenderungen des Wasserstandes im Kessel
die Höhenverschiebungen in ihr vernachlässigt werden können. Ist dann das
Eigengewicht der Flüssigkeit genau doppelt so groß, wie das des Wassers im Kessel,
so gibt die Verschiebung der gemeinschaftlichen Fläche im anderen Schenkel die
Höhenänderung des Wasserstandes im Kessel.
Da das Uebertragen des Wasserstandes nur durch Flüssigkeiten, Wasser geschieht, so
dürfen die Rohre beliebig gebogen sein. (Die Wärme 1924, 585.)
Dr. K. Schr.
Versuche mit einer Teerfeuerung, Bauart Hetsch. Die
Hauptstelle für Wärmewirtschaft des Polytechnischen Verbandes in der
tschecho-slowakischen Republik, Sitz Teplitz, macht nähere Mitteilungen über die
Verfeuerung von Teer aus nordböhmischer Braunkohle unter einem mit Oelfeuerung
ausgerüsteten Tischbeinkessel von 199 qm Heizfläche. Vor jedem der beiden Flammrohre
war ein Brenner angebracht, in dem vorgewärmter Teer fein zerstäubt und
mitgleichfalls vorgewärmter Luft innig vermischt wurde. Die Durchmischung
besorgen mehrere gesteuerte und nacheinander wirkende, gleichachsige Luftdüsen. Vor
dem Eintritt in den Brennregler durchfließt der Teer ein Filter, das leicht
gereinigt werden kann. Auch der Brennregler kann leicht ohne Loslösen von
Rohranschlüssen auseinandergenommen werden; da seine Luftkanäle sämtlich düsenförmig
ausgebildet sind, kann man mit geringen Luftpressungen arbeiten.
Die Versuche, deren Dauer im Hinblick auf den Inhalt der Speisewasserbehälter auf 2 ½
Stunden beschränkt werden mußte, wurden nach den Normen des V.D.I. ausgeführt. Der
zur Heizung benutzte Braunkohlenteer enthielt 3,6 v. H. Wasser, 3,8 v. H. Asche und
5,4 v. H. freien Kohlenstoff. Der untere Heizwert betrug 8210 WE/kg, die Viskosität
bei 100° C. betrug 6,8 Englergrade, der Flammpunkt im offenen Tiegel lag bei 158°,
der Brennpunkt bei 176°. Das spez. Gewicht des Teers im Behälter betrug 1,032, seine
Temperatur 82° C. Im ganzen wurden bei 2 Versuchen 592 bzw. 617 kg Teer verbrannt,
daraus berechnet sich der stündliche Teerverbrauch eines Brenners zu 118,5 bzw.
112,5 kg oder für 1 qm Heizfläche 1,2 bzw. 1,13 kg Teer. Es wurden stündlich auf 1
qm Heizfläche im Mittel 12 kg Wasser verdampft, wobei die Temperatur im
Speisebehälter im Mittel 50° betrug. Der erzeugte Dampf hatte einen Ueberdruck von
11 bis 12 at und eine Temperatur von 246–250° C. Die Rauchgase enthielten hinter den
Flammrohren 13,5 bis 14, 2 v.H. Kohlensäure und 3,5 v. H. Sauerstoff. Mit 1 kg Teer
wurden 9,97 bzw. 10,81 kg Wasser verdampft. Die Wärmebilanz ergibt, daß zur
Dampfbildung 79,3 bzw. 85,3 v. H. der zugeführten Wärme nutzbar gemacht wurden,
während 11,7 bzw. 10,9 v.H. mit den Essengasen und der Rest durch Strahlung und
Leitung verloren gegangen sind. (Archiv für Wärmewirtschaft, 1924, S. 33–34.)
Sander.
Wissenschaftliche Tagung anläßlich der wärmewirtschaftlichen
Messe in Köln. In Verbindung mit der im Rahmen der Kölner Frühjahrsmesse
(22.–31. März) stattfindenden Wärmewirtschaftsmesse wird am 23. und 24. März eine
wissenschaftliche Tagung veranstaltet, auf der von namhaften Fachleuten Vorträge
über wichtige Fragen neuzeitlicher Wärmewirtschaft gehalten werden. Das Programm
sieht u.a. folgende Vorträge vor: Professor Grunewald, Köln:
„Wärmewirtschaftliche Fragen in Braunkohlen-Brikettfabriken“. Geh.
Reg.-Rat Prof. Dr. Franz Fischer vom Kaiser-Wilhelm-Institut für Kohlenforschung,
Mülheim/Ruhr: „Ueber den Zusammenhang zwischen Wesen und Verwertbarkeit der
Kohlen“. Prof. Dr.-Ing. Oberhoffer, Aachen: „Dampfkesselbaustoffe“.
Professor Dr.-Ing. Bonin, Rektor der Technischen Hochschule, Aachen:
„Wirtschaftlichkeit von Hausbrandöfen“. Prof. Langer, Aachen:
„Abwärme- und Abgasverwertung bei Verbrennungsmotoren“. Oberingenieur
Bleibtreu, Volklingen-Saar: „Neuzeitliche industrielle Feuerungen in
Amerika“. Privatdozent Dr.-Ing. K. Heucky,
Leverkusen: „Die wirtschaftliche Fortleitung und Verteilung von Dampf auf große
Entfernungen“. Dr.-Ing. h. h. J. P. Goossens, Aachen: „Transport,
Lagerung und Verbrennung von Kohlenstaub“. Dr.-Ing. Reutlingen Köln:
„Kupplung von Kraft- und Heizbetrieben, erläutert an ausgeführten
Beispielen“. Dr.-Ing. Vent, Essen: „Die elektrische Beheizung in gewerblichen
und industriellen Betrieben“. Stadtbaumeister Schilling, Barmen:
„Städtische Fernheizwerke; Geschichte, Bau und Betrieb“.