Titel: | Die Ursachen der Grubenexplosionen und ihre Bekämpfung. |
Autor: | Wimplinger |
Fundstelle: | Band 340, Jahrgang 1925, S. 75 |
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Die Ursachen der Grubenexplosionen und ihre
Bekämpfung.
Dipl.-Ing. Wimplinger,
Berlin-Südende.
WIMPLINGER, Die Ursachen der Grubenexplosionen und ihre
Bekämpfung.
Das Explosionsunglück auf der Zeche „Minister Stein“ zeigt von neuem,
welchen großen Gefahren die Bergleute in Kohlengruben ausgesetzt sind. Wenn auch in
diesem Falle die Ursache der Schlagwetterexplosion noch nicht völlig aufgeklärt ist,
so kann doch bereits als sicher angenommen werden, daß die Größe des Unglückes auf
eine nachfolgende Kohlenstaubexplosion zurückzuführen ist. In England und besonders
in Frankreich hat man schon seit langer Zeit sogenannte Versuchstrecken angelegt, um
durch Versuche über die Entzündlichkeit des reinen Kohlenstaubes Aufschluß zu
erhalten. Namhafte französische Physiker haben sich damit eingehend beschäftigt. In
neuerer Zeit wurden diese Versuche auch auf die Entzündlichkeit von
Kohlenstaub-Gesteinstaub-Mischungen ausgedehnt. Weitere Versuche ergaben Aufschluß
über die Entzündbarkeit von Gasgemischen bei Anwesenheit von Kohlenstaub oder
Gesteinstaub.
In deutschen Steinkohlenbergbau wurde bis jetzt als wichtigstes Bekämpfungsmittel die
Wasserberieselung verwendet. Hier unterscheidet man Streckenberieselung und
Zonenberieselung. Im ersten Falle werden alle Strecken abwechselnd von Zeit zu Zeit
berieselt. Bei der Zonenberieselung wird an einer bestimmten Stelle des Bergwerkes
zur Abtrennung der Bewetterung ein ständiger Wasserschleier mit Hilfe von Streudüsen
hervorgerufen. Da bei der Berieselung der Kohlenstaub in den meisten Fällen nur
schwach befeuchtet wird, so wird die Explosionsflamme den Kohlenstaub doch zur
Verbrennung bringen können.
Mit dem Gesteinstaub glaubt man bessere Ergebnisse zu erreichen. Er eignet sich in
erster Linie dazu, die Entstehung einer Kohlenstaubexplosion zu verhindern, weniger
eine bereits im Entstehen begriffene Explosion unschädlich zu machen. Ist soviel
Gesteinstaub vorhanden, daß bei einer Schlagwetterexplosion das aufgewirbelte
Staubgemisch etwa 50 v. H. unverbrennbarer Staub enthält, dann kann sich der
Kohlenstaub nicht entzünden. Es muß deshalb an allen Stellen im Bergwerk, an denen
sich Kohlenstaub ansammelt, gleichzeitig mindestens die gleiche Menge Gesteinstaub
vorhanden sein, der fortlaufend erneuert werden muß.Am wirkungsvollsten hat
sich die Anhäufung von größeren Steinstaubmengen an einer Stelle bewiesen
Zweckmäßiger Weise wird der Gesteinstaub auf Brettern an der Decke der Strecken
angehäuft. Bei einer auftretenden Explosion wird der Staub durch die vorauseilende
Explosionswelle aufgewirbelt und bringt die nacheilende Explosionswelle zum
Erlöschen. In England wird dieser Staub aus Schieferton gemahlen mit einem besonders
hohen Feinheitsgrad. Der Staub kann an bestimmten Stellen angehäuft werden, oder es
erfolgt eine allgemeine Gesteinstaubstreuung, bei der dann allmählich ein
Steinstaub-Kohlenstaub-Gemisch entsteht. Dabei darf aber auf keinen Fall der
beigemischte Kohlenstaub 50 v. H. erreichen. In Frankreich verwendet man an Stelle
des Gesteinstaubes die kohlenfreie Flugasche der Dampfkesselfeuerung. Wenn der
Gesteinstaub keine freie Kieselsäure enthält, also hauptsächlich aus Tonerde
besteht, so ist keine schädliche Wirkung auf die Atmungsorgane zu befürchten. Wird
neben der bereits vorhandenen Berieselung noch das Gesteinstaubverfahren angewendet,
so können die gefürchteten Explosionen noch weit mehr eingeschränkt werden. Bis
jetzt noch nicht erprobt ist das Verfahren, diesem Gesteinstaub solche Chemikalien
beizumischen, die bei der Explosion mit dem Staub aufgewirbelt werden und die Flamme
zum Ersticken bringen. Naturgemäß sind die Kosten für dieses Verfahren entsprechend
höhere. Die großen Verluste, die eine solche Katastrophe mit sich bringt, nicht
allein an Menschenleben, würden eine solche höhere Ausgabe rechtfertigen. Der Beruf
des Bergmannes ist wohl der gefährlichste. Die Statistik setzt die Sterblichkeit der
Prediger eins, die Sterblichkeit des Bergmannes schwankt dabei zwischen 300–400. Es
müssen also alle Mittel versucht werden, seinen Beruf weniger gefährlich zu machen.
Mit großer Vorsicht ist weiterhin die Sprengarbeit auszuführen. In reiner Kohle darf
nur mit Sicherheitssprengstoff gearbeitet werden. In der Nähe des Abbaues sind
größere Mengen Gesteinstaub zu lagern. Eine planmäßige Reinigung der Sohle usw. von
Kohlenstaub ist durchzuführen. Die Höchstlademenge des Sprengstoffes ist niedrig zu
halten, in Frankreich z.B. darf sie 500 g nicht überschreiten. Eine gute Berieselung der Arbeitsstätte
vor Abgabe des Schusses ist unbedingt vorzusehen. In allen deutschen, englischen und
französischen Bergwerken wird der Beleuchtungsfrage große Aufmerksamkeit geschenkt.
Es dürfen nur Davysche Sicherheitslampen oder elektrische Lampen verwendet werden,
besonders hat die Wolfsche elektrische Sicherheitslampe große Verbreitung gefunden.
Große Sorgfalt ist auch darauf zu legen, daß möglichst wenig Kohlenstaub entsteht.
Die Kohle äst beim Transport im Förderwagen im Bergwerk stetigen
Erschütterungenausgesetzt. Es sind dementsprechend nur dicht schließende
Förderwagen zu benutzen und die beladenen Förderwagen sind zu berieseln.
Die großen Gefahren, die der Kohlenbergbau mit sich bringt, lassen sich durch die
gewissenhafte Befolgung und sorgfältige Handhabung aller Sicherheitsmaßnahmen noch
weiter verkleinern. Wenn auch Menschenwerk Stückwerk ist und bleibt, so wird die
fortschreitende Technik neue Mittel ersannen, um den Kampf mit den unterirdischen
Gewalten erfolgreicher als bisher aufzunehmen.