Titel: | Die Entwicklung der neuzeitlichen Vergaser. |
Autor: | Wimplinger |
Fundstelle: | Band 340, Jahrgang 1925, S. 101 |
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Die Entwicklung der neuzeitlichen
Vergaser.
Von Dipl.-Ing. Wimplinger (Berlin-Südende).
(Schluß zu S. 58 d. 340. Bds.)
WIMPLINGER, Die Entwicklung der neuzeitlichen Vergaser.
Nachdem die bekanntesten Vergaserbauarten in ihrem Aufbau und in ihrer
Wirkungsweise eingehend besprochen wurden, soll zum Schluß hier noch auf die
geschichtliche Entwicklung des für die Leistungsfähigkeit des Motors überaus
wichtigen Vergasers näher eingegangen werden. Diese Entwicklungszeit umfaßt etwa 30
Jahre. In der ersten Entwicklungszeit der Verbrennungskraftmaschine wurde von dieser
nicht dieselbe Zuverlässigkeit, Anpassungsfähigkeit und Leistung verlangt, wie bei
den neuzeitlichen Leichtmotoren. Das Automobil war noch unbekannt, die ortfesten
Motoren arbeiteten mit nahezu gleichbleibender minutlicher Umlaufzahl und wurden
hauptsächlich mit Leuchtgas betrieben. In der ersten Zeit des Automobilbaues kamen
dann Oberflächenvergaser, sogenannte Verdunster (Karburatoren) in Anwendung, und für
diese war das leichtflüchtige Benzin der einzig mögliche Brennstoff. Der
Verdunstvergaser beruht auf der Eigenschaft, den hier in Frage kommenden flüssigen
Brennstoff auch bei gewöhnlicher Temperatur zu verdunsten. Der Vorgang besteht
darin, beim Vergasen die Luft mit brennbaren Kohlenwasserstoffteilchen so zu
vermischen, daß auf diese Weise ein zum Betriebe des Motors geeignetes, leicht
verbrennbares Gemisch entsteht.
Nach Abb. 1
drückt der äußere Luftdruck, da beim Ansaugehub des Motors im Zylinder ein Vakuum
entsteht, Luft durch den Vergaser. Im Vergaser reißt der Luftstrom
Brennstoffteilchen mit sich und vermischt sich mit dem verdunsteten Brennstoff auf
dem Wege zum Einlaßventil zu einem brennbaren Gemisch. Die Verdunstung wird
wesentlich verstärkt, wenn die Luft nicht über, sondern, wie Abb. 1 zeigt, durch den
Brennstoff gesaugt wird. Zur wirksamen Verdunstung des Brennstoffes ist aber eine
entsprechend große Oberfläche notwendig. Um diese auf einem entsprechend kleinen
Raum unterzubringen, verwendet man sogenannte Dochtvergaser, nach Abb. 2. Der große Raum
bedarf und das entsprechend große Gewicht des Verdunstungsvergasers, seine
Empfindlichkeit gegen Temperaturschwankungen, und gegen die Veränderlichkeit des
Brennstoffspiegels, ihre Abhängigkeit von leichtflüssigen Brennstoffsorten, machen
siefür den heutigen Automobilbetrieb vollkommen ungeeignet. Man ist deshalb
frühzeitig auf den in Abb. 3 dargestellten
Spritzvergaser, den Maybachvergaser, übergegangen. Bei diesem, wenig Raum
beanspruchenden Vergaser reißt die angesaugte Luft aus einer feinen Düsenöffnung,
die mit einem Brennstoffbehälter in Verbindung steht, den Brennstoff mit sich, wobei
derselbe im Luftstrom, der eine entsprechend hohe Geschwindigkeit, fein zerstäubt
wird. Der in Abb.
3 dargestellte Schwimmer hat die Aufgabe, den Brennstoff in der Höhe der
Düse einzustellen. Dieser Vergaser stellt somit einen wesentlichen Fortschritt
gegenüber dem Verdunstungsvergaser dar. Er hat aber zwei Nachteile. Damit eine gute
Zerstäubung eintritt, muß bei allen Motorgeschwindigkeiten eine entsprechend hohe
Luftgeschwindigkeit am Düsenaustritt vorhanden sein, die bei Normalbelastung des
Motors bei Verwendung schwerer Brennstoffe 100 m in der Sekunde nicht überschreiten
soll. Um bei geringer Motorgeschwindigkeit noch eine gute Brennstoffzerstäubung zu
erhalten, ist dementsprechend die Eintrittsöffnung für die Luft in den Vergaser
klein auszuführen. Dies führt aber dazu, daß bei hoher Motorgeschwindigkeit
Luftmangel eintritt. Durch die zunehmende Luftgeschwindigkeit wird aus der Düse
immer mehr Brennstoff gerissen, so daß das Gemisch immer brennstoffreicher wird,
wodurch ein unzulässig hoher Brennstoffverbrauch eintritt. Der Motor fängt dann an,
unregelmäßig zu arbeiten und versagt schließlich.
Auf diese Nachteile hat bereits im Jahre 1902 der französische Forscher Krebs in
einem Bericht an die Akademie der Wissenschaften in Paris hingewiesen und
Berechnungen aufgestellt, um diese Nachteile zu vermeiden. Wenn auch die von Krebs
angegebene Theorie nicht vollkommen richtig ist, so wurde beim Krebsvergaser durch
Anordnung eines Zusatzluftventiles, wie dies Abb. 4 zeigt, eine
weitere Verbesserung des Spritzvergasers erreicht. Ein Luftmangel bei größerer
Motorgeschwindigkeit und Brennstoffüberfluß konnte bei dieser Bauart nicht mehr
eintreten. Aber auch hier ist es nicht möglich, bei allen Motorgeschwindigkeiten ein
gleichbleibendes Brennstoff-Luftgemisch zu erzeugen. Der Unterdruck im Vergaser nimmt mit dem
Quadrat der Motorgeschwindigkeit zu. Dementsprechend wird das Zusatzluftventil zu
weit geöffnet, und bei großer Motorgeschwindigkeit wird zu viel Zusatzluft in den
Vergaser strömen. Das Gemisch wird dementsprechend bei dieser Vergaserausführung bei
großer Motorgeschwindigkeit immer brennstoffärmer, so daß eine Höchstgeschwindigkeit
wegen Brennstoffmangel nicht erreichbar ist.
Textabbildung Bd. 340, S. 102
Von zahlreichen Erfindern wurde nun versucht, die Vorteile des Maybachvergasers mit
denen des Krebsvergasers zu vereinigen. Einen solchen Vergaser zeigt Abb. 5. Hier ist mit der
Bewegung der Drosselklappe eine Brennstoffnadel verbunden, so daß mit
Berücksichtigung der Wirkungsweise des Zusatzventiles nach Krebs auch bei
zunehmender Motorgeschwindigkeit ein gleichbleibendes Brennstoffluftgemisch erzielt
werden kann. Bei ganz geöffneter Drosselklappe gibtdie Brennstoffnadel den
Düsenquerschnitt vollkommen frei, so daß genügend Brennstoff auch bei großer
Motorgeschwindigkeit austreten kann. Auf diese Weise ist es möglich, ein
gleichbleibendes Brennstoffluftgemisch zu erreichen. Der große Nachteil dieser
Vergaserbauart besteht aber darin, daß die Brennstoffnadel für jeden Motor
einreguliert werden muß, um zufriedenstellend zu arbeiten, so daß sich dieses
Verfahren nicht bewährt hat. Auch die Verbindung der genannten Brennstoffnadel mit
der Bewegung des Zusatzluftventiles nach Abb. 6 bringt keinen
Vorteil. Die Profilierung der Nadel ist hier besonders schwierig auszuführen. Solche
Vergaser nach Abb.
5 und 6 arbeiten außerdem nur bei guter Einregulierung im neuen Zustande
zufriedenstellend. Nach längerem Gebrauch nutzen sich aber die Reglerteile stark ab,
so daß ein großer Brennstoffverbrauch eintritt.
Um bei allen Motorgeschwindigkeiten – und besonders bei hohen – ein geeignetes
Brennstoff-Luftgemisch zu erhalten, ist man dazu übergegangen, zwei und mehrere
Brennstoffdüsen anzuordnen, wie dies Abb. 7 und 8 zeigen. Bei
Abb. 7
wird entsprechend der Drosselklappenbewegung die zweite Brennstoffdüse zu- und
abgeschaltet. Bei Abb. 8 geschieht dies automatisch durch der im Vergaser erzeugten
Unterdruck, der von der Motorgeschwindigkeit abhängig ist. Solche Vergaser fanden in
verschiedenen Ausführungen Anwendung. Sie müssen aber der entsprechenden Motorbauart
und Saugrohrleitung gut angepaßt werden, um zufriedenstellend zu arbeiten. Der
Uebergang auf hohe Drehzahlen erfolgt dabei zu langsam. Eine in Amerika ausgebildete
Bauart zeigt Abb.
9, die aber im Prinzip dem Krebsvergaser nach Abb. 4 entspricht. Hier
kann durch geeignete Ausgestaltung der Einlaßöffnung für die Zusatzluft auch noch
bei hohen Motorgeschwindigkeiten ein geeignetes Brennstoffluftgemisch entstehen. In
Abb. 10
wird mit Hilfe von Bremsluft, die je nach der Höhe des Brennstoffspiegels durch die
kleinen Bohrungen des Brennstoffansaugkanals eintreten kann, erreicht. Bei größer
werdender Motorgeschwindigkeit nimmt im Brennstoffansaugebehälter der Brennstoff
entsprechend ab. In ihm herrscht der äußere Luftdruck, und der Brennstoff wird hier
in gleichbleibenden Mengen, die durch eine einstellbare Schraube geregelt werden
können, zugeführt. Sinkt der Brennstoffspiegel, so tritt durch die kleinen Bohrungen
Luft ein, die bei zunehmender Motorgeschwindigkeit den Brennstoffzufluß entsprechend
abbremst, so daß auch bei großer Motorgeschwindigkeitkein Brennstoffüberfluß
eintritt. Dieses Verfahren hat noch den Vorteil, daß bereits vor der Zerstäubung der
Brennstoff mit Luft gemischt wird. In Abb. 11 ist eine
Vergaserbauart dargestellt, bei der zwei Brennstoffdüsen angeordnet sind. Der Kanal
der ersten Düse mündet unmittelbar in die Schwimmerkammer, während dem zweiten
Brennstoffkanal der Brennstoff aus einer besonderen Kammer, die mit der Außenluft in
Verbindung steht, zufließt. In diese Kammer fließt der Brennstoff durch eine
besondere Bohrung gleichmäßig, während aus dem ersten Brennstoffkanal entsprechend
dem mit der Motorgeschwindigkeit zunehmenden Unterdruck immer mehr Brennstoff
angesaugt wird. Durch den ersten Kanal wird also entsprechend dem Maybachvergaser
mit zunehmender Motorgeschwindigkeit das Brennstoffluftgemisch immer reicher,
während aus dem zweiten Brennstoffkanal, dem der Brennstoff gleichmäßig zufließt,
bei großer Motorgeschwindigkeit immer weniger Brennstoff sich mit der angesaugten
Luft vermischt, so daß bei allen Motorgeschwindigkeiten ein zweckentsprechendes und
gleichbleibendes Verhältnis von Brennstoff und Luft erreicht werden kann. Hierauf
beruht das Grundprinzip des im Jahre 1906 erfundenen Zenithvergasers, bei dem die
Hauptdüse ihren Einfluß besonders bei hohen Motorgeschwindigkeiten geltend macht,
während die Ausgleichdüse hauptsächlich für die niedrigen Luftgeschwindigkeiten in
Betracht kommt. Diese Vergaserbauart ist bereits eingehend beschrieben D.p.J. Bd.
389, S. 57–60. (Auf S. 57, Zeile 4 muß es heißen: Abb. 5 statt Abb. 1.)