Titel: | Polytechnische Schau. |
Autor: | Landgraeber |
Fundstelle: | Band 340, Jahrgang 1925, S. 136 |
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Polytechnische Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszüge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Der technologische Unterricht an technischen
Lehranstalten. (Professor Grunewald, Köln, im Ver. D. Ing.
Augsburg-München.) Durch die gewaltige Entwicklung der Maschinentechnik, die
besonders durch große Umwälzungen auf dem Gebiete der wirtschaftlichen Fertigung
gekennzeichnet ist, erwächst den technischen Schulen die Aufgabe, ihre Lehrweise
diesen Fortschritten anzupassen. Namentlich sind dem technologischen Unterricht
bedeutsame neue Ziele gesetzt.
Eine Umfrage des Deutschen Ausschusses für technisches Schulwesen bei den technischen
Lehranstalten Deutschlands gibt einige bemerkenswerte Aufschlüsse. Stoffwahl und
Unterrichtsweise zeigen schon an vielen Stellen erfreuliche Ansätze, den neuen
Forderungen gerecht zu werden. Die für einen erfolgreichen Technologieunterricht so
wichtige praktische Ausbildung vor dem Schulbesuch läßt manches zu wünschen übrig.
Nur wenige Schüler haben eine ausreichende praktische Ausbildung in der Gießerei und
in der mechanischen Werkstatt erhalten.
An den vom Vortragenden geleiteten staatlichen vereinigten Maschinenbauschulen in
Köln wird besonderer Wert gelegt auf die Wechselbeziehungen zwischen konstruktiver
Formgebung, Bemessung, Werkstoffwahl und Fertigung, Vorrichtungsbau, Kalkulation und
Fertigungwerden in organischer Zusammenfassung durch übungsmäßige Bearbeitung
von Fertigungsaufgaben behandelt.
Die Ziele des zukünftigen Technologieunterrichtes sind die Vermittlung der zur
Allgemeinbildung gehörenden technologischen Kenntnisse, die Grundlagen neuzeitlicher
Fertigung mit Rücksicht auf die Bedürfnisse des Maschinenkonstrukteurs und die
Grundlagen der Organisation und Fertigung mit Rücksicht auf die Bedürfnisse des
Betriebsingenieurs.
Der ständig wachsende Lehrstoff auf allen Gebieten hat vielfach den Ruf nach
Sonderfachschulen laut werden lassen. Hier ist jedoch Vorsicht geboten. Wenn die
maschinentechnischen Lehranstalten an dem bewährten Grundsatz festhalten,
grundlegende Kenntnisse in Mathematik, Mechanik, Physik, Chemie,
Maschinenkonstruktion und Technologie zu vermitteln, bei der Unterrichtsstoffwahl
sich dem Fortschritt der Technik anpassen und die neuen Lehrmittel benutzen, so
werden die Schüler in der Lage sein, sich in der Praxis überall einzuarbeiten.
Eine Ausbildung, und Fortbildung der Ingenieure und Techniker auf Sondergebieten ist
aber unbedingt erforderlich. Sie muß aber nach dem Schulbesuch im
technischwissenschaftlichen Vortragswesen (Technischwissenschaftliche
Lehrmittelzentrale) erfolgen, wenn die im praktischen Leben stehenden Ingenieure über eine
durch eigene Erfahrung gefestigte Urteilskraft verfügen und die Vorbedingungen für
die Einarbeitung in ein schwieriges Sonderfachgebiet vorliegen.
Die Druckkraft der Strahlung. (Prof. Dr. Ebner.) Während
die Frage nach dem Ursprung der durchdringenden Raumstrahlung und die damit im
engsten Zusammenhang stehende Frage der Entstehung unseres Weltgebäudes noch ihrer
endgültigen Erklärungen harren, gibt es eine andere mit jener Strahlungsart
verbundene Frage, die nicht minder interessant ist und als die Frage des
Strahlungsdrucks bezeichnet wird. Bekanntlich übt jeder Körper, der gegen eine Wand
oder ein anderes Hindernis anprallt, eine Kraft darauf aus; ist das Hindernis
beweglich, so wird es durch den dagegenstoßenden Körper in Bewegung gesetzt, wie
jedes Mühlrad, jeder Windmühlenflügel und die im Winde flatternde Wäsche zeigt. Seit
Einstein wissen wir nun, daß auch jede bewegte Energie die Eigenschaft des bewegten
Stoffes hat, mithin auch auf jedes ihr im Wege liegende Hindernis eine Kraftwirkung
ausüben muß. Da nun nach dem Vorhergehenden jede Strahlung nichts anderes als
bewegte Energie ist, so muß sie auf jede Fläche einen Druck ausüben, den man
allgemein als Strahlungsdruck und beim Licht im besonderen als Lichtdruck
bezeichnet. Der englische Physiker Maxwell, der zuerst die Wesensgleichheit von
Licht und Elektrizität vorhergesagt hat, die dann durch die berühmten Versuche des
deutschen Physikers Hertz glänzend bestätigt wurde, hat auch zuerst die Größe dieses
Strahlungsdrucks berechnet und gezeigt, daß sie für alle uns zur Verfügung stehenden
Strahlungsquellen der Erde ganz außerordentlich gering ist, da sie im umgekehrten
Verhältnisse zur Lichtgeschwindigkeit steht, die den ungeheuer großen Wert von
300000 Kilometer in der Sekunde hat. Maxwell fand, daß die Größe dieses
Strahlungsdruckes für einen spiegelnden kleinen Hohlraum, den sogenannten absolut
schwarzen Körper, des winzigen Betrag von etwa drei Hunderttausendstel Milligramm
betragen müsse. Es ist nun sehr lehrreich, daß zahlreiche Versuche die Richtigkeit
der Maxwellschen Theorie, des Strahlungsdrucks bestätigt haben. So fand der
englische Forscher Poynting, daß eine erwärmte Fläche, die selbst Strahlung
aussendet, einen Rückstoß erfährt, entsprechend dem jedem Soldaten bekannten
Rückstoß eines Gewehrs oder Geschützes beim Abfeuern. Der Wiener Physiker Ehrenhaft
konnte weiter den Strahlungsdruck auf mikroskopische Teilchen nachweisen, und der
Moskauer Professor Lebedew vermochte sogar mit Hilfe von sehr leichten an Glasfäden
aufgehängten Spiegeln in einem Raum von äußerster Luftverdünnung den Lichtdruck
nachzuweisen und seine Größe als ziemlich übereinstimmend mit dem von der Theorie
vorausgesagten Wert zu bestimmen – eine Uebereinstimmung zwischen Theorie und
Versuch, die bei der ganz außerordentlichen Schwierigkeit der Versuche die höchste
Bewunderung verdient.
Von besonderem Interesse ist nun weiter die Frage nach den Wirkungen dieses
Strahlungsdrucks im Weltenraum. Bewegt sich ein Himmelskörper um einen strahlenden
Zentralkörper, wie z.B. die Planeten um die Sonne laufen, so erfährt er nicht nur
eine anziehende Kraft infolge der allgemeinen Massenanziehung durch die Gravitation,
sondern auch gleichzeitig eine abstoßende Kraft durch den Strahlungsdruck. Die
bekannte Erscheinung, daß die Kometenschweife immer von der Sonne abgewandt sind,
ist zweifellos als eine Wirkung des von der Sonne ausgehenden
Strahlungsdrucksauf den feinen gasförmigen Stoff der Schweife anzusehen. Mit
Hilfe dieses Strahlungsdrucks konnte der englische Astrophysiker Eddington die
merkwürdige Beobachtung erklären, daß im Weltenraum Fixsterne von größerer Masse als
etwa der zehnfachen Sonnenmasse nicht vorkommen – die Masse unserer Sonne beträgt
etwa 1033 Gramm, das sind also tausend
Quadrillionen Tonnen –, weil nämlich mit steigender Masse auch der aus dem Innern
infolge der ungeheuer hohen Temperatur der Fixsterne herausströmende Strahlungsdruck
immer stärker und schließlich der Schwerkraft gleich wird, so daß die Sternmasse bei
einer bestimmten Größe jeden inneren Zusammenhang verliert und auseinanderfällt.
Eine andere wichtige Folgerung aus dieser Anwendung des Strahlungsdrucks auf die
Weltkörper ist die, daß die Temperatur infolge der Zunahme des Strahlungsdrucks mit
ihrem Zehntausendfachen im Innern des Sterns nicht beliebig hoch werden, sondern
kaum jemals erheblich über eine Million Grad ansteigen kann.
Es liegt nahe, mit Hilfe des Strahlungsdrucks auch eine der merkwürdigsten
Erscheinungen der neuzeitlichen Physik, die Massenanziehung oder Gravitation
zwischen allen Körpern zu erklären. Schon der Vater der neuzeitlichen
Gravitationstheorie, der englische Physiker Newton, hat sich niemals ausdrücklich zu
der Anschauung bekannt, daß es Kräfte geben könne, die augenblicklich und
unvermittelt in die Ferne wirken könnten, ohne in dem umgebenden Mittel eine von
Punkt zu Punkt fortschreitende Zustandsänderung hervorzurufen; er lehnte jede
Erklärung der Gravitation jedoch mit dem bekannten Worte ab, daß er keine Hypothesen
fingiere und daß die Erklärung der letzten Ursachen seiner berühmten Newtonschen
Gesetze der Gravitation außerhalb des Bereichs eines Naturforschers liege. Man hat
natürlich versucht, auch die Gravitation mechanisch zu erklären, und dabei vor allem
Aetherströmungen und Strahlungsdruck benutzt. Es würde zu weit führen, auf alle
diese Theorien über die Ursache der Gravitation näher einzugehen, die vor allem mit
dem Namen des französischen Physikers Laplace, des Engländers William Thomson und
des Deutschen Kaspar Isenkrahe verknüpft sind, und die alle von Schwingungen
ausgehen. Die einzige Theorie, die mathematisch unanfechtbar ist und auch durch
Versuche gestüzt wird, ist die Pulsationstheorie des schwedischen Mathematikers
Bjerknes; er denkt sich in einer nicht merklich zusammenpreßbaren Flüssigkeit zwei
Kugeln, die in gleichem Rhythmus abwechselnd kleiner und größer werden und sich dann
nach dem Newtonschen Gesetz anziehen oder abstoßen müssen, je nachdem sie gleich
oder entgegengesetzt schwingen. Nimmt man also an, daß ein Aether die Welt erfüllt,
der durch äußere Ursachen periodische Druckschwankungen im Weltenraum erleidet, und
daß mit diesen Druckschwankungen kleine Größenschwankungen der wägbaren
Stoffteilchen verbunden sind, so läßt sich die Gravitation dadurch mechanisch
erklären. Zu einer ganz anderen Auffassung der Gravitation gelangt die Einsteinsche
allgemeine Relativitätstheorie, nach der sich die Schwere vollkommen durch einen
beschleunigten Bewegungszustand eines sogenannten Bezugssystems ersetzen läßt; ein
in einem Kasten eingeschlossener Beobachter kann in keiner Weise unterscheiden, ob
er sich ruhend in einem Schwerefeld befindet, also der Gravitationskraft unterworfen
ist, oder ob sich der Kasten in einem von jeder Gravitation freien Räume befindet,
wenn der Kasten durch äußere an ihm angreifende Kräfte fortgesetzt beschleunigt
wird.
In allerneuster Zeit hat der Direktor der Gothaer Sternwarte Anding versucht,
die Laplacesche Erklärung. der Gravitation durch die Annahme umzugestalten, daß sich
von der Sonne nach allen Seiten hin ein Schwingungszustand fortpflanzt, der einen
Planeten, über den er hinweggeht, gegen die Sonne treibt. Die Tatsache, daß dabei
die Fortpflanzungsrichtung der erregten Schwingungen zu der Richtung der durch sie
erzeugten Kraft entgegengesetzt ist, ist nicht weiter auffällig, da ähnliches bei
physikalischen Erscheinungen häufig vorkommt; man denke etwa an die Saugwirkung
eines Luftstrahls gegen eine bewegliche Platte, die dabei gegen eine feste Platte
hingezogen wird. Entscheidend für diese und alle übrigen Versuche einer
anschaulichen Erklärung der Gravitation ist jedoch die Tatsache, daß es noch nicht
gelungen ist, die bei allen diesen Theorien vorausgesetzte endliche
Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Gravitation durch den Versuch zu bestätigen. So
lange dieser von so vielen Forschern heiß erstrebte Nachweis nicht erbracht ist, muß
auch jeder Versuch, die Gravitation durch Strahlungsvorgänge und den dabei
auftretenden Strahlungsdruck zu erklären, als erfolglos angesehen werden. Die
Gravitation bleibt nach wie vor das große Welträtsel, und es muß der weiteren
Entwicklung der Strahlungsphysik überlassen bleiben, auch dieses Rätsel einmal zu
lösen.
Die Dieselmaschine in Amerika. (Prof. Dr.-Ing. Nagel (Dresden) im Ver. D. Ing. Augsburg-München.) Der
Vortragende gab einen Bericht über die Besonderheiten des amerikanischen
Dieselmaschinenbaues, die er während seiner Studienreise in den Vereinigten Staaten
im Herbst vergangenen Jahres kennengelernt hat. Er besuchte insgesamt etwa 20
Motorenfabriken, die zum Teil größere, zum Teil kleinere Maschinen bauen, und deren
Leistungen durch Massenfabrikation das in Europa übliche Maß bei weitem
überschreiten. In grundsätzlicher Beziehung stellt er fest, daß in den Vereinigten
Staaten ebenso wie in Deutschland und im Gegensatz zu England die Glühkopfmaschinen
in den Hintergrund treten, um der eigentlichen Dieselmaschine Platz zu machen.
Hierbei ist der amerikanische Dieselmaschinenbau mit wenigen Ausnahmen in höherem
Maße als bei uns von der Absicht geleitet, möglichst einfache und betriebsichere
Maschinen auf den Markt zu bringen, während der Brennstoffverbrauch bei weitem in
zweiter Linie in die Wagschale zu fallen pflegt. Der Amerikaner wird trotz dem
Reichtum des Landes durch die Anschaffungskosten einer Neuanlage maßgebend
beeinflußt. Deshalb hat. die einfache und daher billige Maschine – gleiche
Betriebssicherheit vorausgesetzt – vor der komplizierteren und brennstoffsparenden
den entschiedenen Vorzug. Diese Entwicklungsrichtung des Maschinenmarktes legt den
Gedanken der Zweitaktmaschine nahe, die in Verbindung mit kompressorloser
Einspritzung den Steuerwellen-Mechanismus entbehrlich machen. Bis zum heutigen Tage
wird diese Maschinenart in verschiedenen Fabriken mit einfachstem Spülverfahren
ausgebildet, wobei die im allgemeinen mangelhafte Spülung die erreichbare maximale
Belastung erheblich herabdrückt. Die Maschinen dieser Art pflegen daher mit einer
Nennleistung auf den Markt zu kommen, die einem nicht wesentlich höheren mittleren
Effektivdruck als 2 at entspricht. Erst in neuester Zeit sind weitergehende
Ansprüche an die erreichbare Leistung geltend gemacht worden, die zu eine:
Erforschung des Spülvorganges drängen. Im Großmaschinenbau hat die doppeltwirkende
Zweitaktmaschineder Worthington Company das größte Aufsehen erregt. An sie
knüpfen sich im Zusammenhang mit den umfassenden Plänen zur Einführung der
Dieselmaschine zum Schiffsantrieb die größten Hoffnungen. Außerdem haben sich
zahlreiche Lizenzbeziehungen zwischen den amerikanischen und den europäischen
Dieselmaschinenfirmen entwickelt, die z.B. zur Folge haben, daß die MAN-Maschinen
von drei Maschinenfabriken der Vereinigten Staaten gebaut werden. In bezug auf die
schnellaufenden Dieselmaschinen hat es bisher infolge der Preislage des leicht
flüchtigen Brennstoffes an dem erforderlichen Anreiz gefehlt. In weiten Kreisen ist
man jedoch in Besorgnis, daß die gegenwärtig verschwenderische Inanspruchnahme der
Petroleumvorräte nur noch für kürzeste Zeit durchgehalten werden könnte, so daß
viele Firmen der europäischen Entwicklung der schnellaufenden kleinen Dieselmaschine
zur Anwendung für Fahrzeuge die allergrößte Beachtung schenken. Man gewinnt bei den
Besuchen der amerikanischen Firmen durchaus den Eindruck, daß durch die dort mit
Zähigkeit verfolgten Forderungen billigster Herstellung und größter
Betriebssicherheit auch für den deutschen Maschinenbau eine befruchtende Wirkung
besitzen können.
Sulzer-Diesel-Zweitaktmaschinen. Zweitaktmaschinen werden
als Schiffshauptmaschinen immer häufiger verwendet, solche nach Bauart Sulzer werden
in England von sechs Schiffbaufirmen gebaut: Armstrong, Stephen, Denny, Fairfield,
John Brown und Wallsend. Naturgemäß erfahren von den Lizenznehmern die
Original-Sulzer-Konstruktionen entsprechende Abänderungen. Bei den Sulzermaschinen
werden die Spülvorgänge durch Anordnung einer zweiten Schlitzreihe verbessert, wobei
in der Spülluftleitung ein Drehschieber angeordnet ist. Da zu einer solchen
Steuerung ein nicht einfacher Antrieb notwendig ist, so hat man den Drehschieber
bereits durch automatische Scheibenventile ersetzt, die durch den Druckunterschied
zwischen Zylinderraum und Spülleitung betätigt werden. Der Spülluftdruck schwankt
mit der Motorbelastung zwischen 0,068 und 0,135 kg/cm2. Bei Sulzermaschinen, die mit gleichbleibender Drehzahl arbeiten, wird
der Kolbenkühlraum nicht ganz mit Wasser gefüllt, je nach der Kolbengeschwindigkeit
schlägt daher im Betriebe das Kühlwasser mehr oder weniger kräftig gegen den
Kolbenboden, der dadurch wirksam gekühlt wird. Unter einer gewissen Drehzahl (n = 45
bei einer Maschine von 680 mm Bohrung und 1100 mm Kolbenhub, 400 PSe. bei n = 85)
erreicht das Wasser den Kolbenboden nicht mehr, und die Folge ist dessen
Ueberhitzung. Bei einer solchen Maschine, die mit 30 minutlichen Umdrehungen lief,
brachen die Kolben, als die Drehzahl auf 70 gesteigert wurde. Dabei wurde
Frischwasser zur Kolbenkühlung verwendet. Bei Schiffsmaschinen hat man deshalb
dieses Verfahren verlassen und füllt den Kolben wieder vollkommen mit Wasser, das
unter einem Druck von etwa 1 kg/cm2 steht. Es wird
Seewasser verwendet; ob dies sich auf die Dauer empfiehlt, ist fraglich.
Bei neuzeitlichen Ausführungen wird die Spülluft durch Kreiselgebläse gefördert, die
mit Drehzahlen 3000 i. d. Min. laufen. Mit einer solchen Schiffsmaschine sind
bereits Versuche ausgeführt worden. Die Maschinen dieser Bauart sind besonders für
Oeltankschiffe bestimmt, also für Schiffe, die nur geringen Aufenthalt im Hafen
haben, sehr viel auf Fahrt sind und deshalb wenig Zeit für Ausbesserungen zur
Verfügung haben. Dieser Schiffsbetrieb ergibt also besonders scharfe Prüfung für die
Brauchbarkeit solcher Schiffsölmaschinen. Die Einzelheiten der Versuchsmaschine
ergibt die folgende Zusammenstellung:
Zylinderdurchmesser
700 mm
Zylinderzahl
6
Kolbenhub
990 „ „
mittl. spez. indiz. Druck
6,16 Kg/cm2
minutl. Drehzahl
126,8
„ „ effekt. „
5,05 „ „
Bremsleistung
3220 PSe
Treibölverbrauch für 1 PSe 176 gr
Indizierte Leistung
3915 PSi
mechan. Wirkungsgrad
82,2 v. H.
Gewicht für 1 PSe
92,6 Kg.
Die Maschine treibt zwei dreistufige Kompressoren und eine Kreuzkopf-Schmierölpumpe
an. Das Gewicht umfaßt die Maschine und Drucklager sowie die unmittelbar
angetriebenen Hilfemaschinen. Die Prüfungsergebnisse der bei Fairfield gebauten
Maschine, die für das Fahrgastschiff Aorangi mit 22000 t Verdrängung bestimmt ist,
enthält die folgende Zusammenstellung. Die Gesamtleistung der Maschinenanlage des
noch im Bau befindlichen Schiffes beträgt 13000 PSe. Hierzu sind 4 Maschinen
notwendig, wobei in jedem Zylinder 540 PSe. erzeugt werden müssen.
Belastung
Drei-viertelLast
Voll-last
12 v.H.Ueber-last
18 v.H.Ueber-last
Versuchsdauer Std.
1
72
12
2
Effektivleitung PSe
2360
3220
3552
3800
Indizierte Leistung PSi
2967
3915
4321
4759
Mechan. Wirkungsgrad v.H.
79,5
82,2
82,1
80,0
Mittl. effekt. Druck Kg/cm2
4,14
5,06
5,42
5,00
„ indiz. „ „ „
5,20
6,16
6,00
6,24
Lufteinspritzdruck „ „
59,0
65,0
68,0
68,5
Spülluftdruck „ „
0,079
0,130
0,135
0,134
Treibölverbrauch für 1 PSe gr
169
178
187
195
Minutl. Drehzahl
114
126,8
131
152
(Schiffbau 1924, S. 632-633.)
W.
Beeinflussung dar Verbrennung in kompressorlosen Dieselmotoren
mit Strahlzerstäubung. (Obering. Hintz, Essen, im Ver. D. Ing.
Augsburg-München.) Unter den verschiedenen Verfahren der Treiböleinspritzung bei
kompressorlosen Dieselmaschinen gewinnt das Strahlzerstäubungsverfahren immer mehr
an Bedeutung. Durch richtige Wahl des Einspritzdruckes, Verwendung geeigneter Düsen
und Einführung eines halbkugelförmigen Brennraumes ist es mit ihm gelungen, eine
beinahe ebenso hochwertige Verbrennung wie bei der bisher allein herrschenden
Lufteinspritzung des Brennstoffes zu erzielen. Dieses Verfahren ist aber an die
Bedingung einer mehr oder minder ausgeprägten Verbrennung mit Verpuffung gebunden,
die das Triebwerk stark beansprucht.
Neuere, sehr eingehende Versuche der Firma Fried. Krupp A.-G., Essen, haben gezeigt,
daß entgegen der bisherigen Meinung eine hochwertige Verbrennung auch bei Anwendung
des Gleichdruckverfahrens erreichbar ist. Statt des halbkugelförmigen wird ein
flacher Brennraum benutzt; die Oelstrahlen treffen auf den Kolbenboden unmittelbar
auf. Maßgebend für den Erfolg ist die Art der Zusammenstellung von Kolbenbodenform,
Lochzahl der Düsen, sowie Stärke, Richtung und Geschwindigkeit der Strahlen. Von
weiterem Einfluß ist die Stärke der durch einen Schirm am Einlaßventil erzeugten
Drehbewegung der Zylinderluft, was kaum überrascht, weil frühere Veröffentlichungen
schon darauf hinwiesen. Die auf diesem Gebiet immerhin noch herrschende
Unsicherheit, hervorgerufen durch zahlreiche sich widersprechende Literaturangaben,
wurde dadurch beseitigt, daß durch genaue Messung festgestellt wurde, daß eine beim
Saughub eingeleiteteDrehbewegung der Luft sich während des Kompressionshubs und
der Verbrennung zum größten Teil aufrecht erhält. Bei der besten Vereinigung aller
Elemente konnte bei einem mittleren indizierten Kolbendruck von 6,5 at., also bei
Vollast, ein vollkommen rauchfreier, unsichtbarer Auspuff erzielt werden. Der auf
die indizierte Leistung bezogene Verbrauch konnte auf unter 140 gr PS i/h
herabgesetzt werden, Werte von 138 g PS i/h wurden mit neuen, vom Arbeitskolben aus
angetriebenen Indikatoren wiederholt gemessen.
Die gleichzeitig dicht hinter dem Auslaßventil mit Thermoelementen festgestellten
Auspufftemperaturen betrugen rund 400° C; der Enddruck der Expansion, 18 v.H.
Kolbenweg vom unteren Totpunkt ab gemessen, war 2,8 at. Diese Meßwerte beweisen, daß
es mit dem neuen Verfahren gelungen ist, die Verbrennung bei unmittelbarer
Einspritzung des Brennstoffes ebenso hochwertig auszubilden wie bei dem alten
Verfahren mit Lufteinspritzung.
Naturgas und seine Bedeutung. In Niederbayern gibt es
einige glückliche Orte, in denen das sonst so kostspielig gewordene Gas die Bewohner
weiter nichts kostet als die Anlage eines kleinen Brunnenschachtes und eines
Gasometers. Alles andere besorgen die Erdgasquellen. Stellenweise liefern diese
natürlichen Gaswerke Leucht- und Heizgas in ganz erheblichen Mengen. Bisher hat man
im übrigen Deutschland nur spärlich Naturgas gefunden. Die bedeutendste deutsche
Naturgasquelle war bislang die von Neuengamme, die im Jahre 1910 aus 248 m Tiefe
ganz unerwartet eine gewaltige Gasausströmung ergab. Das Erdgas ist Methan, das als
Grubengas in Bergwerken die verhängnisvollen „schlagenden Wetter“ erzeugen
kann Weniger bedeutende Erdgase sind im hannoverschen Erdölgebiet allenthalben
aufgetreten. Neuerdings ist auf dem Klosterberg in Granzow eine Gasquelle entdeckt.
Diese dem Boden entströmenden Gase stehen im Zusammenhang mit Erdöl oder Asphalt.
Als deren beständige Begleiter bilden sie ein wichtiges Anzeichen für das
Vorhandensein von Oelschätzen im tieferen Untergrunde. Genau so wie
Erdöllagerstätten findet sich das Naturgas in Schichten aus Sand, Kalk und Schiefer
vor. Infolge seines leicht beweglichen Aggregatzustandes kann es sich viel weiter
fortbewegen als das Erdöl selbst. Sande können somit wegen ihres großen
Porenvolumens gewissermaßen zu regelrechten „Erdgasherden“ werden und zu
Gasquellen Veranlassung geben. Da der Gasgehalt des Erdöls verschieden reich ist,
wird auch der Gasreichtum verschieden sein. Ja man kann unter Umständen in
gasverdächtigen Gebieten lange bohren, sogar vergeblich, ehe man zum Erdöl gelangt.
Riesenhafte Mengen von Naturgas sind bereits der Erdkruste entzogen. Trotzdem kann
die jährliche zu gewinnende Ausbeute noch mit 50–60 cbm/km veranschlagt werden. In
den Vereinigten Staaten gibt es allein 20000 Brunnen. Die Hälfte des dort gewonnenen
Gases genügt, um mehr als die Hälfte der Bewohnerzahl der Städte mit kostenlosem Gas
zu versorgen.
In Kleinasien brennen bereits seit mehr als 2000 Jahren die „heiligen Feuer“
von Atesch Djah, von denen schon Herodot berichtete. Er hat die Gasquelle von
Chimära 500 Jahre v. Chr. gesehen. Atesch Djah liegt am Rande der Halbinsel
Apscheron im Kaspisee, einige Werst von der durch die Erdölgewinnung berühmten Stadt
Baku. Schon in Urzeiten war dieser Ort berühmt als heiligste Stätte der Parsen oder
Chebern, die eine der ältesten Religionen der Welt bekennen. Sie verehren das Feuer, das
hier in Gestalt unzähliger Flammen aus dem Erdreich emporlodert. Um diese herum
hatten die Feueranbeter ihre Wohnungen angelegt. Sie benutzten das Gas zum Wärmen,
Kochen und zur Beleuchtung, lange, bevor es in Europa der Fall war.
Ebenso ergiebige Gasquellen befinden sich in Italien (Barigaza bei Modena, Pietra
Mala zwischen Bologna und Florenz). Die bedeutendsten Erdgasquellen Europas dürfte
bisher wohl in Siebenbürgen erschlossen sein. Bei Kissarmas stieg die Tagesleistung
dieser Quelle, die anfänglich 1 Million cbm betrug, nach Vertiefung des Bohrlochs
(mit dem man nach Kali suchte) auf 1,7 Millionen cbm. Diese Quelle durfte wohl die
ergiebigste auf dem Kontinente sein. Nach der Entdeckung bohrte man noch weitere
Gebiete erfolgreich ab und traf auf Erdgas bei Dees, Mezösamsond, Basna, Medyes,
Kiskapus u.a. O. m. Man kennt dort heute mehr als 20 Gasquellen, deren Ausströmungen
teilweise für Beleuchtungs- und Heizzwecke nutzbar gemacht worden sind. Ihre
Leuchtkraft ist halb so groß wie die des künstlich erzeugten Steinkohlengases. Die
Ergiebigkeit schwankt nach Tag und Stunde, Wetterwechsel und Barometerstand. Die
tägliche Ausströmung beträgt mehr als 3000000 cbm. Das Mutterland jener
Exhalationsprodukte, was Alter und Häufigkeit anbetrifft, dürften die Vereinigten
Staaten, besonders Pennsylvanien, Ohio, Westvirginien und Kanada sein. Pennsylvanien
besaß vor einem Jahrzehnt bereits 11 000 Quellen und die anderen Staaten zwischen
2000 bis 5000. Der Wert des trockenen Gases betrug vor 10 Jahren allein 400000000
Mk. Besondere Bedeutung dürften mehrere Naturgasvorkommen dadurch erhalten, daß sie
das unbrennbare bisher kaum erfaßbare Heliumgas enthalten. Bei der zukünftigen
Entwicklung der Luftschiffahrt wird dieses Edelgas als Füllstoff verwendet
Werden.
Landgraeber.
Die Kohlensäure des Ackerbodens. Die Grüne Kohle, ein Beitrag
zur deutschen Kohlenstoff-Bilanz. (Dr. Reinau im Ver. D. Ing.
Augsburg-München.) An Hand der Statistik über die Steinkohlenerzeugung Deutschlands
und der Erträge der deutschen Landwirtschaft weist der Redner nach, daß die letztere
bezüglich des Kohlenstoff-Inhaltes ihre Erzeugnisse halb soviel wie die erstere an
Kohlenstoff umsetzt, der aber natürlich um ein Vielfaches wertvoller, wie jener ist.
Die Forschungen des Vortragenden in den letzten Jahren haben ergeben, daß der größte
Teil des landwirtschaftlichen Kohlenstoffes – die grüne Kohle – nicht aus dem freien
Luftraum stammt, sondern vom Boden her seinen Ursprung hat. Aus den Humusstoffen
wird durch die Tätigkeit der Bakterien des Bodens unter Einfluß von Feuchtigkeit,
Belüftung, Bearbeitung und künstlicher Düngung Kohlensäure in mehr oder minder
großer Menge frei. Sie entsteigt durch reine Diffusion mit zunehmender
Jahrestemperatur immer stärker dem Boden und wird von den grünen Blättern der
Pflanzen weitestgehend an Ort und Stelle zu Zucker und Pflanzenstoffen assimiliert.
Infolge der Erkenntnis, daß eine vermehrte Kunstdüngeranwendung eine raschere
Zersetzung des Bodenhumus und damit eine zunehmende Verarmung der angespanntest
bewirtschafteten Böden im Gefolge hat, wird die Notwendigkeit auch des Ersatzes der
kohlenstoffhaltigen Bodenbestandteile gefordert. Der Vortragende gibt eine
Zusammenstellung des Wertes von 1 kg Kohlenstoffinhalt in den verschiedensten
Grundstoffen bzw. Erzeugnissen der Landwirtschaft und Gärtnerei, woraus z.B.
hervorgeht, daß 1 kg Kohlenstoff in Ackererde 0,2, in Stroh 5,in Torf 3, im
Stallmist 10, als Roggen 75, als Milch 370, in Form von Treibhaus-Orchideen 2 Mill.
und als Diamant 12 Mill. Pfennige Wert hat. Es dürfte daher wohl wirtschaftlich
sein, z.B. Torf durch landwirtschaftliche Maßnahmen zu Pflanzenstoffen umzuformen,
selbst wenn die Ausbeute auch nicht 100 v. H. ist. Die abbaubaren Torflager
Deutschlands enthalten schätzungsweise doppelt soviel Kohlenstoff, wie die bebauten
Aecke.
Weiterhin zur Bilanzierung des Kohlenstoffes in der Landwirtschaft wirkt eine
geeignete Fruchtfolge, weil die verschiedenen Kulturpflanzen in verschiedenem Maße
auch Kohlensäure aus der Luft heranziehend in die Wirtschaft einführen, bzw. durch
die Art ihrer Verwertung, den Bodenkohlenstoff verschieden stark, beanspruchen.
Möglichst immer während des Grünhalten der Aecker verhindert das ungenutzte
Entweichen von Kohlensäure in die Luft. Durch die Luft werden nachweislich jährlich
Millionen Tonnen Kohlenstoff aus den Kulturländern nach den Weltmeeren zu entführt
und dort verschluckt.
Der Uebergang von der Benutzung tierischer Kräfte zur Bearbeitung der Aecker und zur
Bewegung der Massen in der Landwirtschaft zu Motorarbeit, kann soviel
kohlenstoffhaltigen Stoff in der landwirtschaftlichen Erzeugung der unmittelbaren
Ernährung des Menschen bzw. der Fütterung von Fleisch- und Milchvieh zuführen und
Kohlenstoff-Inhalt der Ackerböden schonen, daß dies einer Vergrößerung Deutschlands
in Höhe von 50 v. H. gleichkommt.
Europas Holzbestand. Vom Standpunkte des internationalen
Holzhandels kann man die Staaten Europas in zwei Hauptkategorien einteilen: Erstens
in solche Länder, welche eine Ueberproduktion an Holz haben und die großen
Exporteure (Holzausfuhr) sind, zweitens in solche, welche durch ihre heimische
Produktion ihren Konsum nicht decken können, die Importstaaten (Holzeinfuhr). Zu den
ersteren zählen in erster Linie die nordischen Länder, Schweden, Norwegen und
Finnland, dann diese Zentraleuropas, Tschechoslowakei, Oesterreich, Polen, Rumänien,
Jugoslawien und endlich Osteuropa, die Randstaaten und Rußland. Alle übrigen Länder
sind mehr oder weniger Importeure und konzentrieren sich hauptsächlich im Westen und
Süden Europas. Folgende Zusammenstellung möge ein Bild vom Waldreichtum der
einzelnen Staaten geben:
Land:
Wald in ha.
BewaldeteOberflächein %
Waldper Kopfin ha.
Schweden
20700000
46,2
3,54
Norwegen
6911400
22,3
2,93
Finnland
20138000
58,61
4,95
Deutschland
12597000
27,1
0,21
Frankreich
10200000
18,5
0,26
Rumänien
7195000
24,4
0,44
Ukraine
5657000
7,1
0,14
Jugoslawien
7500000
24,2
0,68
Italien
4890000
15,8
0,13
Tschechoslowakei
4662000
37,17
0,34
Oesterreich
3076000
37,6
0,50
Polen
8943000
24,0
0,35
Bulgarien
2568000
26,6
0,51
Rußland
152000000
29,4
0,72
Schweiz
903400
21,88
0,26
Belgien
525000
18,7
0,07
Holland
246000
7,0
0,03
Dänemark
324000
8,4
0,11
England
1242000
3,95
0,03
Spanien
5000000
10,06
0,24
Portugal
472000
5,3
0,08
––––––––––
275758800 ha.
Die übrigen Staaten, wie die europäische Türkei, Griechenland, Albanien usw. sind in
obiger Statistik nicht aufgenommen, da es nicht möglich ist, von diesen Ländern nur
einigermaßen verläßliche Zahlen zu bekommen. Die bewaldete Oberfläche Europas
beträgt somit rund 275758000 ha, was bei einer Bevölkerung von 463515000 ungefähr
0,50 Hektar per Kopf ergibt.
Wenn man somit über die bewaldete Oberfläche Europas ein Bild geben kann, welches –
für manche Staaten vielleicht nur zum Teile – mit der Wirklichkeit übereinstimmt, so
ist es ganz unmöglich, etwas ähnliches über die Produktions- und
Konsumationsverhältnisse zu bieten, obwohl gerade dies einen sehr tiefen Einblick in
die internationale Forstökonomie geben würde. Die einzige Ziffer, die uns in dieser
Beziehung zur Verfügung steht, ist di Angabe des Dr. Karl Simon, der gelegentlich
des internationalen Holzkongresses in Preßburg dieses Thema behandelte und die
gesamte jährliche Rundholzproduktion Europas auf 460 Millionen Kubikmeter geschätzt
hat. Diese Zahl kann leider nicht als Grundlage für eine Forstökonomie verwendet
werden, da sie über die Art des Holzes, über die Verteilung von Laub- und Nadelholz,
über die Sortimente usw. nichts aussagt. Auch über das Verhältnis der Produktionen,
die für den Konsum in den verschiedenen Staaten selbst bestimmt sind, im Vergleich
zu der, welche dem internationalen Handel zugeführt wird, sind keinerlei Zahlen zu
bieten, viel weniger, daß es möglich, eine Teilung nach Art und Qualität vornehmen
zu können.
Trotzdem wäre es von Interesse, der Frage, ob sich in absehbarer Zeit ein Holzmangel
in Europa fühlbar machen wird – wie dies sicher in Amerika in wenigen Jahrzehnten
der Fall sein wird – oder ob bei uns dieHolzwirtschaft auf eine festere Basis
gestellt ist, näherzutreten. Es ist sicher, daß besonders nach dem Kriege die
erhöhten Bedürfnisse an Holz zum Teile auf Kosten von Ueberschlägerungen gedeckt
wurden. In den nordischen Staaten, besonders in Schweden, ist eine solche sicherlich
vorgenommen worden: die hohen Exportergbenisse der Jahre 1919, 1920 und 1921 sind
gar nicht auf einer anderen Basis möglich, um so mehr, da der Eigenbedarf per Kopf
in diesem Lande sehr hoch ist. Auch in Finnland ist dies der Fall, wenn auch nicht
auf den gesamten Waldvorrat bezogen, doch werden dort die Bringung günstigen Wälder
überschlägert, während diese des Nordens nur ungenügend ausgenützt werden.
Allerdings machen beide Staaten die größten Anstrengungen, in diese Verhältnisse
klares Licht zu bringen, und es sind zur Erlangung von genauen Daten
Reichsforsttaxierungen angeordnet. Auch in manchen Bundesländern Oesterreichs, wie
z.B. Kärnten, sind in den Nachkriegsjahren Ueberschlägerungen vorgekommen. Auch der
Spekulation sind sehr ausgedehnte Forste zum Opfer gefallen. Nicht zu vergessen ist,
daß auch zufolge der direkten Kriegsoperationen sowohl im Westen, Süden und Osten
Europas tausende von Hektaren wohlgepflegten Waldes devastiert wurden.
Wenn man auch alle diese Tatsachen anerkennt, so kann man erfreulicherweise doch
feststellen, daß Europa über recht große und ergiebige Waldreichtümer verfügt und
mit seinem Vermögen an Forsten viel besser haushalten hat, als z.B. Amerika, von dem
man noch vor kaum 100 Jahren annahm, daß sein Holzkapital unerschöpflich sei.
Besonders der Osten Europas verfügt noch über ausgedehnte Flächen fast jungfräulich
erhaltenen Waldes, der von der Hacke so gut als unberührt ist. Von einem wirklichen
Holzmangel kann man in Europa kaum sprechen, um so mehr, da alle Staaten dieser
lebenswichtigen Frage das richtige oder zumindestens einiges Interesse
entgegenbringen.
Landgraeber.