Titel: | Polytechnische Schau. |
Autor: | W. |
Fundstelle: | Band 340, Jahrgang 1925, S. 198 |
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Polytechnische Schau.
(Nachdruck der Originalberichte – auch im Auszuge
– nur mit Quellenangabe gestattet.)
Polytechnische Schau.
Gewinnung von Leuchtgas aus städtischem
Abwasser-Klärschlamm. Seit langem weiß man, daß bei der Gärung von
Zellulose und organischen Abfallstoffen aller Art, so z.B. in Sümpfen, Teichen und
Klärbecken brennbare Oase entstehen, und man hat auch schon früher, namentlich im
Ausland, versucht, diese Gase zur Heizung oder zu motorischen Zwecken nutzbar zu
machen. In den letzten Jahren wurden in der Abwasser-Kläranlage der Stadt Erfurt
eingehende Untersuchungen über die Menge der auf diese Weise zu gewinnenden Gase und
über die Bedingungen, unter denen die Gasentwicklung am besten vor sich geht,
ausgeführt, worüber G. Straßburger in der Zeitschrift des
Vereins Deutscher Ingenieure 1925, Seite 109–110, nähere Mitteilungen macht. Danach
ist die Fäulnis des in Abwasser-Kläranlagen abgeschiedenen Schlammes auf die
Tätigkeit von Bakterien zurückzuführen, deren Entwicklung von der chemischen
Zusammensetzungdes Abwassers, seiner Temperatur und seinem Sauerstoffgehalt
abhängig ist. Neutrale Abwässer und ihr Schlamm sind bei angenehmer Wärme und
genügender Frische der beste Nährboden für die Fäulnisbakterien. Bei der normalen
Abwassertemperatur von 5° im Winter und bis zu 14° im Sommer sowie bei der üblichen
Größe der Faulräume können die Bakterien aber nicht in ausreichender Menge zur
Entwicklung kommen, der Schlamm fault daher unter diesen Bedingungen nicht
vollständig aus und es werden dabei im Durchschnitt nur 3 cbm Gas jährlich auf den
Kopf der Bevölkerung gewonnen.
Die in Erfurt vorgenommenen Versuche haben gezeigt, daß es möglich ist, diese
Gasmenge auf 6 bis 10 cbm zu erhöhen, wenn man den Schlamm bei einer Temperatur von
etwa 30° faulen läßt, für eine Bewegung der Schlammassen sorgt und dem Faulraum
hinreichende Mengen Luft zuführt. Zugleich wird durch diese Maßnahmen eine
Verringerung der angefallenen Schlammengen auf 1/10 erzielt, so daß auch noch eine
beträchtliche Verminderung der Lohnausgaben sowie eine geringere Ausdehnung der
Trockenbeete erreicht wird. Die Trocknung des ausgefaulten Schlammes braucht bei
Anwendung des obigen Verfahrens nur im Sommer zu erfolgen, während im Winter der
Schlamm ohne jeden Nachteil im Faulraum lagern kann; auf diese Weise wird erreicht,
daß eine Stadt von 100000, Einwohnern Trockenbeete im Ausmaß von nur 500 qm braucht,
während heute weit größere Flächen hierfür erforderlich sind.
Die wirtschaftliche Bedeutung, die die Gasgewinnung aus dem Klärschlamm für die
Großstädte hat, kann man aus folgender Berechnung erkennen: In den städtischen
Gaswerken werden zur Herstellung von 1 cbm Leuchtgas von 4000–5000 WE etwa 3,3 kg
Steinkohle benötigt. Da aus einer Abwasserkläranlage auf jeden Einwohner im Jahre
durchschnittlich 8 cbm Gas von dem doppelten Heizwert des Steinkohlengases gewonnen
werden können, so entspricht diese Gasmenge etwa 52 kg Steinkohle, bei 100000
Einwohnern also rund 5200 t Kohle. Unter der Annahme, daß 1 cbm Sumpfgas einen Wert
von 18 Pfg. hat, berechnet Straßburger für eine Stadt von
100000 Einwohnern aus der Gasgewinnung in der Abwasserkläranlage eine Einnahme von
144000 Mk. und einen Reingewinn von 34000 Mk. bzw. von 42000 Mk. unter besonders
ungünstigen Verhältnissen.
Die in Erfurt ausprobierte Bauart für die Faulräume mit Sumpfgasgewinnung hat den
Namen „Erfurter Trichter“ erhalten. Eine derartige Anlage für eine Stadt von
100000 Einwohnern erfordert eine Faulraumgröße von rund 2500 qm, wogegen eine
Kläranlage bisheriger Bauart mit natürlich betriebenen Faulräumen für dieselbe
Leistung einen Faulraum von 8000 qm benötigt. Es werden also bei künstlicher
Unterstützung des Faulvorganges 5500 qm Faulraum weniger gebraucht, während
anderseits für die Erwärmung der Faulräume auf 30° jährlich 15 000 cbm Gas
aufzuwenden sowie eine Hebeanlage mit 2 PS Antriebkraft zu erstellen sind, deren
Betriebkosten jedoch nur 5700 Mk. jährlich betragen. Die Erfurter Trichter bestehen
aus vier Kammern, die nacheinander von dem Schlamm durchlaufen werden, wobei er
allmählich zur Reife gelangt. Die Kammern sind mit einem sinnreich angeordneten
Rohrnetz verbunden, so daß die Bewegung des Schlammes, die Umwälzung, Spülung und
Entleerung jeder Kammer durch entsprechende Schieberstellung sehr einfach vor sich
geht. Die ständig mit einer Kreiselpumpe umgewälzten Faulraumwasser werden mittels
Flammrohren durch das eigene Gas im Belüftungraum geheizt, während gleichzeitig
durch einen Kompressor dem Wasser Luft zugeführt wird. Das entwickelte Gas strömt
aus reichreichlich bemessenen Standrohren (Domen) aus jeder kammer unter eigenem
Gefälle durch den Zähler ab und kann dem Gaswerk oder sonstigen Verwendungsstellen
zugeführt werden.
Sander.
Eröffnung der Luftschiffahrtausstellung. Die
Luftschiffahrtausstellung der Deutschen Verkehrsausstellung, die am 15. Juli
eröffnet wurde, bietet nach einer 12jährigen Pause der breiten Oeffentlichkeit zum
ersten Male wieder einen Ueberblick über den heutigen Stand der Flugzeugindustrie.
Die praktischen Erfolge der Kriegsjahre und die intensive Konstruktionsarbeit in den
Nachkriegsjahren haben zu umwälzenden Neuerungen in der Entwicklung des
Flugzeugbaues geführt. Dominierend ist jetzt die freitragende Fläche und
dieGanzmetallausführung, beides Erfindungen deutschen Ursprungs, die um so
höher zu bewerten sind, als sie unter fast unüberwindlichen Schwierigkeiten, mit
denen die Entente durch die Begriffsbestimmungen die Schwächen eines übertriebenen
Machthungers dokumentierte, entstanden. Es wäre ein großer Erfolg der Deutschen
Verkehrsausstellung, wenn es gelänge, die Ententestaaten von jenen Anschauungen
freizumachen, und sich ein gegenseitiges Einverständnis anbahnen würde, um ein
internationales Zusammenwirken im Dienste des Luftverkehrs zu erreichen.
Die vom Verbände Deutscher Luftfahrzeuge-Industrieller getroffene wohlgelungene
Auswahl bietet wohl den wesentlichsten Bestandteil der in dieser Art einzig
dastehenden Ausstellung.
Gleich beim Eintritt fällt rechts auf einem erhöhten Sockel stehend der größte
Vertreter unter unseren heutigen Verkehrsflugzeugen, das dreimotorige Junkers Großflugzeug G 23 ins Auge. Die Maschine ist nach
den Begriffsbestimmungen in Deutschland nur mit beschränkter Motorenstärke
zugelassen. Sie enthält daher nur in den Tragflächen 2 je 100-PS-Mercedes-Motoren
und im Rumpf einen 185-PS-BMW-Motor. Das Flugzeug hat sich aus dem ebenfalls
ausgestellten kleineren einmotorigen Typ F 13, der im In- und Auslande den Ruf der
Junkers-Flugzeuge begründet hat, entwickelt. Ein
weiterer Beweis der Tätigkeit der Junkers-Werke ist die
Spaltflügel-Maschine T 29, die sich durch ihre
jüngsten Erfolge beim Deutschen Rundflug gut einführte. Die Maschine ist mit einem
neuen luftgekühlten Junkers-Motor ausgestattet.
Des weiteren stellen die Junkers-Werke ein Kurierflugzeug
Typ A 20 mit 160-PS-Mercedes-Motor aus, welches im Nachtflugverkehr
Warnemünde-Stockholm Verwendung findet. Außerdem ist eine kleine Zubringermaschine
für zwei Passagiere mit einem 77-PS-Siemens-Motor ausgestattet, ausgestellt.
Die sämtlichen Junkersmaschinen besitzen freitragende Flächen und sind in Ganzmetall
ausgeführt. Sie sind mit Schwimmern versehen auch auf dem Wasser verwendbar. Außer
einzelnen Schwimmern ist auch ein Junkers
Ganzmetallpropeller zu sehen, dessen Steigungswinkel beliebig verändert werden
kann.
Eine fast so hohe Zahl von Flugzeugen haben die Udet-Flugzeugwerke München-Ramersdorf zur Schau gestellt. Vor allem ist
die glücklichste Konstruktion der Udet-Werke, der Typ U 10 mit 35 PS Siemens-Motor,
der sich in der Sportfliegerei großer Beliebtheit erfreut zu sehen; beim Deutschen
Rundflug errang dieser Typ in seiner Klasse den 1. Preis. Der ebenfalls
ausgestellte, durch Udets Schauflüge bekannte kleine Doppeldecker „Flamingo“ mit 80 PS Siemens-Motor ist besonders
geeignet für Kunst- und Schauflüge. Als ein neuer Versuch repräsentiert sich eine
für den Zubringerdienst gebaute Limousine mit 100 PS Siemens-Motor mit einer Spaltflügelkonstruktion. Der durch den
Rhön-Segelflug-Wettbewerb bekanntgewordene Sporteinsitzer Udet
„Colibri“ mit Douglas-Motor vervollständigt die
Reihe. Die Firma Udet hat im Rahmen des Deutschen
Aero-Lloyd ausgestellt, in welchem vor allem der Dornier
„Komet“ ins Auge fällt. Die Maschine hat schon
verschiedentlich Beweise ihrer hohen Leistungen gegeben. Sie ist mit einem 400 PS
Rolls-Royce-Motor ausgestattet und wird im
Streckenverkehr des Aero-Lloyd verwendet. Daneben findet das Sport- und
Schulflugboot Dornie
„Libelle“ mit einem Siemens- Motor seinen Platz. Im
gleichen Rahmen haben die Albatros-Flugzeugwerke
Johannisthal ausgestellt. Es ist wohl die älteste Flugzeugfabrik, die bis
heute ihrem Fach treu geblieben ist. Die alterprobte Bauweise in Fournierholz ist
bis zum heutigen Tage beibehalten worden. Die Fabrik stellt ein Verkehrsflugzeug Typ
L 58 und ein Schulflugzeug Typ L 68 aus.
Die Luftfahrzeuggesellschaft Stralsund hat die Ausstellung
mit einem freitragenden Ganzmetallhochdecker beschickt, welcher sowohl mit einem
100-PS-Mercedes als einem 75-PS-Siemens-Motor ausgestattet werden kann. Außer diesen
beiden Maschinen ist ein kleineres Sportflugzeug LFO V 52 zu sehen.
Nicht zuletzt verdient die Rohrbach Metallflugzeug
G.m.b.H. Erwähnung. Leider ist die bekannte Verkehrsmaschine nur im Modell sichtbar.
Man bekommt einen Eindruck von der gewaltigen Größe dieser Maschine durch die zur
Schau gestellte Fläche. Diese Fabrik ist leider durch die Begriffsbestimmungen
genötigt ihre Patente im Ausland auszuwerten.
Die Fokke-Wulff Flugzeugbau A.-G. Bremen stellt die dem
Luftverkehr durch ihre vorzüglichen Leistungen bekannten Maschineneindecker für 4
Personen aus. Der eine Apparat ist mit einem 100-PS-Mercedes-Motor ausgestattet, der
andere mit einem 75-PS-Siemens-Motor.
Der bekannte Sport- und Schuldoppeldecker der Dietreich-Flugzeugwerke A.-G. Kassel ist mit einem 75-PS-Doppeldecker
vertreten.
Das Stahlwerk Mark, Breslau, hat die Ausstellung mit einem
neuen Typ, einem Doppeldecker mit einem Fünfzylinder-Mark-Motor beschickt. Die
Fabrik beschäftigt sich auch neuerdings mit der Herstellung von luftgekühlten
Sternmotoren.
Der bewährte Konstrukteur Heinkel hat speziell auf die
Herstellung von Schulflugzeugen sein Augenmerk gerichtet. Die beiden in Fournierholz
ausgeführten Doppeldecker sind mit 100-PS-Mercedes und einem 80-PS-Siemens-Motor
ausgestattet. Die genannten Maschinen werden von der Arado-Handels G.m.b.H. verwendet.
Besondere Beachtung verdienen noch die Erzeugnisse der Kasparwerke Travemünde. Der ausgestellte Doppeldecker C 26 mit 100 PS Bristol Lucifer hat seine enorme Leistungsfähigkeit beim
Deutschen Rundflug bewiesen.
Die Klasse der Leichtflugzeuge ist mit 3 Exemplaren vertreten. Das durch seine
jüngsten Erfolge bekannte Flugzeug der Daimler-Motoren-Gesesellschaft Typ L 20 mit einem
19-PS-Zweizylinder-Daimler-Motor ausgestattet.
Die Bahnbedarfs-A.-G. Darmstadt
stellt den durch den Erfolg beim Zugspitzflug bekannten kleinen Eindecker mit einem
Blackburn-Motor aus.
Die Messerschmidt-Flugzeugwerke bringen ebenfalls ein
Leichtflugzeug, welches mit einem Douglas-Motor ausgestattet ist.
Eine besondere Abteilung bildet die Ausstellung der Flugzeugmotoren. Hier sind die Bayrischen Motorenwerke A.-G. mit ihrem
neuesten Typ, einem BMW. IV wassergekühlten 6-Zylinderstandmotor, der ungefähr 300
PS leistet, vertreten. Die Junkers-Motorenwerke stellen
einen luftgekühlten 6-Zylinderstandmotor mit einer Leistung von 75 PS und einen
6-Zylinderwassergekühlten-Standmotor mit 195 PS Leistung aus. Die Siemens & Halske A.-G. Berlin bringt drei Typen ihrer luftgekühlten Sternmotoren
und zwar einen 5 Zylinder mit 55 PS Leistung,einen 7 Zylinder mit 77 PS
Leistung und einen 9 Zylinder mit 99 PS Leistung. Die Daimler-Motorengesellschaft begnügt sich mit der Ausstellung eines kleinen
19 PS luftgekühlten 2-Zylindermotors für Leichtflugzeuge.
Unter den sonstigen Ausstellern ist der von der Firma Schröder ausgestellte
Heinike-Fallschirm, der mit einer lebensgroßen Figur in sehr demonstrativer Weise
von der Decke der Ausstellung hängt, erwähnenswert.
Sehr interessante optische Artikel, die im Luftverkehr benutzt werden, werden von den
Firmen Görz und Steffen &
Haymann gezeigt.
Von den Flugzeugfirmen stellen die Haw-Propellerwerke
einen Ganzmetallpropeller aus. Die Firma Kalbskopf führt
eine Auswahl von Gummikabeln, die für die Fahrgestellfederung benutzt werden,
vor.
Die obere und mittlere Oder als Wasserstraße.
(Strombaudirektor Fabian-Breslau, Tagung der Hafenbautechnischen Gesellschaft
Oderbund, Mai 1825.) Die Oder übertrifft an Länge alle natürlichen Wasserstraßen
Deutschlands und ist der einzige Strom, der auf seiner ganzen schiffbaren Länge
ausschließlich in Preußen liegt. Aber nur von Küstrin abwärts kann die Oder sich mit
der unteren Elbe messen, oberhalb entfällt die Hälfte des Niederschlagsgebietes auf
die Warthe, der Oder verbleiben nur 54 000 qkm Niederschlagsgebiet wie sie etwa die
Elbe bei Dresden besitzt. In Breslau ist das Niederschlagsgebiet nicht größer als in
der Warthe bei Pogorzdlice an der früheren russischen Grenze.
Dabei hat die Oder zwar größere Wassermengen als die Warthe, aber viel größere
Unbeständigkeit in der Wasserführung. Die Hochwassermengen bringen in Ratibor das
30fache, in Hohensaathen nur noch das 7fache der mittleren Wassermengen, während das
Niedrigwasser in Ratibor auf den Uten, in Hohensaathen auf den 4. Teil der
Mittelwassermengen herabgeht. Bei kleinstem Wasser halten sich Oder und Warthe an
Wassermengen die Wage, die Warthe ist wegen des geringeren Gefälles sogar
leistungsfähiger für die Schiffahrt.
Die Niedrigwasserführung der Oder hat besonders in den letzten Jahren so
nachgelassen, daß das Wort geprägt wurde, die Oder bilde sich zu einem Steppenfluß
aus. Dann würde ihr auf die Dauer auch mit Zuschußwasser nicht zu helfen sein. Die
Landesanstalt für Gewässerkunde hat für den Pegel Crossen an der Oder den Nachweis
erbracht, daß die kleinsten Niedrigwassermengen von 1811 bis 1920 keine dauernde
Abnahme, sondern ein Schwanken um einen bestimmten Mittelwert zeigen, die letzten 4
trockenen Jahre sind dabei allerdings nicht berücksichtigt und bringen neue Zweifel
in diese Beweisführung. Sicher hat sich die Erfahrung alter erfahrener
Schiffahrtstreibenden bestätigt, daß sich die Wasserführung bei Breslau gegenüber
derjenigen von Ratibor bei Niedrigwasser wesentlich verschlechtert hat. Wenn auch
vielleicht in Ratibor eine Besserung eingetreten sein könnte durch tieferes
Einschneiden des Stromes oberhalb Ratibor, so muß doch im wesentlichen die Anhebung
des Wasserspiegels auf der 150 km langen kanalisierten Strecke Cosel-Breslau als
Ursache der verminderten Niedrigwasserführung betrachtet werden. Die
Bodenverhältnisse der durchschnittlich etwa 5 km breiten Oderniederung ermöglichen
der Pflanzenwelt auf ausgedehnten Strecken, in dürren Zeiten ihren Wasserbedarf aus
der Oder zu entnehmen. Die Verluste sind um so größer je höher der Wasserspiegel der Oder
steht. Ebenso wie oberhalb Breslau durch künstliche Anhebung die Verluste stärker
geworden sein müßten, kann unterhalb Breslau, wo sich der Fluß infolge der
Geradestreckung und weitgehenden Eindeichung seit hundert Jahren immer tiefer
einfrißt, eine Verminderung der Verluste herausgestellt haben. In Steinau sind 1841
bereits ebenso niedrige Wassermengen festgestellt worden, wie in den schlimmsten
Dürrejahren 1904 und 1921.
Daß die Wasserführung der Oder für eine neuzeitliche Schiffahrtstraße ohne
Zuschußwasser nicht ausreicht, ist sicher. Nach eingehender Untersuchung von 150
verschiedenen möglichen Staubecken ist schließlich in Ottmach.au eine Stelle
gefunden, in welcher 135 Millionen Kubikmeter aufgespeichert werden können, von
denen 40 Millionen als Hochwasserschutzraum und 90 Millionen als Zuschußwasser
dienen sollen. Diese Menge genügt, um die jetzt nur 20 cbm/Sek. betragende kleinste
Wassermenge bei Breslau 50 Tage lang zu verdoppeln.
Grundrißgestaltung und Gefälleverhältnisse der Oder lassen wenig zu wünschen übrig,
nachdem Friedrich der Große mit der Geradestreckung des Flußlaufes ganze Arbeit
gemacht hat. Das Flußbett kann aber, weil es in feinen Sand eingeschnitten ist,
nicht beliebig eingeschnürt werden. Es muß auch vermieden werden, daß eine Hebung
des Mittelwassers eintritt.
Bei der gemittelten kleinsten Abflußmenge der sechs wasserärmsten Jahre von
1900-1909, die für Breslau 46 cbm beträgt, ist die erstrebte Wassertiefe von 1,40 m
fast ohne Zuschußwasser zu erreichen, bis Fürstenberg wird die Tiefe sogar auf 1,70
m zunehmen. Mit Hilfe von Ottmachau wird erreicht, daß auch bei kleineren
Wassermengen diese Tiefe zu erwarten ist.
Die kanalisierte Oder oberhalb Breslau ist eine durchaus leistungsfähige Wasserstraße
für Schiffe von 1,50 m Tiefgang. Von Längenabmessungen der Schiffe ist infolge der
Erbauung der Schleppzugschleußen praktisch keine Grenze gesetzt, die Breite wird
durch die Torweiten der Schleußen von 9,6 m begrenzt, so daß das übliche
1000-Tonnenschiff hier nicht ganz Platz hat. Immerhin haben die größten Kähne auf
der Oder schon 780 Tonnen Tragfähigkeit.
Der Betrieb der kanalisierten Strecke ist reichlich dreimal so teuer als der der
freien Stromstrecke. Die Neubaukosten einer Kanalisierung sind mindestens doppelt so
teuer. Für die Oder kann eine weitere Kanalisierung wegen der Wasserentziehung bei
Dürre kaum in Frage kommen.
Oberhalb Cosel gilt die Oder zwar noch bis Ratibor als schiffbar, wird aber nur noch
von Baggerkähnen zur Kiesgewinnung befahren. Das Wehr bei Cosel ist weder zu
Schiffahrtszwecken noch zur Kraftgewinnung, sondern lediglich zu fortifikatorischen
Zwecken erbaut.
Der Klodnitzkanal, früher ein Hauptzubringer, hat durch den Wettkampf mit der
Eisenbahn seine Bedeutung eingebüßt. Der jetzige Umschlag in Cosel ist für das
oberschlesische Gebiet aber sehr kostspielig und wegen der großen
Wasserstandsschwankungen und Unterbrechungen durch Hochwasser nachteilig. Die
Anstoßfrachten betragen die Hälfte der Schiffsfracht Cosel-Berlin. Die arg bedrängte
Oberschlesische Industrie wünscht unmittelbare Verbindung mit dem Wasser, wie sie im
Zusammenhang mit dem Donau-Oder-Kanal beabsichtigt war. Leider wird der Kanal, der
früher in Kandrzin abzweigen sollte, nun um das Stück Kandrzin-Cosel länger und es
fällt die Wasserversorgung aus der oberen Oder fort. Jedenfalls stößt das Projekt
jetzt auf größere Schwierigkeiten,die vielleicht vermindert werden, wenn es
gelingt, die Sandentnahme für den Bergwerksversatz so einzurichten, daß ein
Staubecken zur Kanalspeisung gewonnen wird. Alle übrigen Kanalpläne zur Oder haben
keinen Sinn, solange die Oder nicht genügend Zuschußwasser erhält. Soweit die Kanäle
selbst der Oder Wasser zuführen, verdienen sie besondere Förderung.
Der Verkehr auf der Oder hat bis 1913 einen über Erwarten großen Aufschwung genommen,
durch Krieg und Polenwirren sinkt er dann jäh ab. Jedes Jahr mit geringer
Wasserführung bringt eine einschneidende Verringerung des Verkehrs. Es ist mit
Sicherheit zu erwarten, daß eine Steigerung der Leistungsfähigkeit der Oder den
Verkehr nicht nur auf die Höhe des Jahres 1913, sondern weit darüber hinaus steigern
wird.
Weltkraftkonferenz. Die Summe von Arbeit, die allein in
den Vorträgen für die erste Weltkraftkonferenz 1924 geleistet wurde, liegt heute in
vier dicken Bänden vor. Glücklicherweise hat man sich entschlossen, als fünften Band
ein ausführliches Sachregister herauszugeben, das allein es ermöglicht, in dieser
Menge von Stoff sich zurechtzufinden. Es sind so viele Exemplare des Gesamtwerkes
bereits verkauft, daß heute schon die sehr erheblichen Geldmittel, die für die
Drucklegung aufgewendet werden mußten, als gedeckt anzusehen sind.
Die Organisation der Weltkraftkonferenz besteht heute aus nationalen Komitees, die in
den einzelner Ländern gebildet worden sind. Die Vertreter dieser nationalen Komitees
bilden den Zentralarbeitsausschuß in London, an dessen Spitze der erfolgreiche
Organisator der ersten Weltkraftkonferenz, Herr Dunlop, steht. Die Geschäftsführung
des Zentralarbeitsausschusses hatte die Vertreter der Länder zu einer Sitzung nach
London eingeladen. Dieser große Arbeitsausschuß sollte über wichtige Fragen der
weiteren Organisation Vorschläge ausarbeiten, die den nationalen Komitees der
einzelnen Länder unterbreitet werden sollen. Die Sitzungen fanden vom 27. bei 30.
Juli in London statt. Es waren durch 23 Abgeordnete 20 Länder vertreten und zwar
Australien, China, Dänemark, Deutschland, Großbritannien, Holland, Indien, Irischer
Freistaat, Italien, Japan, Kanada, Kolumbien, Luxemburg, Niederländisch-Indien,
Norwegen, Peru, Rußland, Schweden, die Schweiz und die Vereinigten Staaten von
Nordamerika.
Deutschland war durch den Geschäftsführer des deutschen nationalen Komitees, Prof. C.
Matschoß, vertreten. Die Ergebnisse dieser eingehenden Beratungen in London waren
getragen von demselben Wunsch einheitlichen Zusammenarbeitens zwischen allen
Völkern, wie er bereits bei der ersten Weltkraftkonferenz so stark zum Ausdruck kam.
Auf Einzelheiten wird später, wenn die Vorschläge schriftlich vorliegen und von den
einzelnen nationalen Komitees bearbeitet sein werden, zurückzukommen sein.
Interessieren wird aber heute bereits, daß der Zentralarbeitsausschuß der Ansicht
war, man könne eine große Vollsitzung der Weltkraftkonferenz nicht vor 1930 wieder
zusammenberufen. Den Ort der nächsten Weltkraftkonferenz schon heute zu bestimmen,
wurde als verfrüht angesehen.
Um die Vollsitzung planmäßig vorzubereiten und um das Interesse an den Fragen der
Konferenz in den einzelnen Ländern wach zu erhalten, wurde es als zulässig und als
wünschenswert bezeichnet, in der Zwischenzeit Teilsitzungen mit beschränktem
Programm abzuhalten. In dieser Beschränkung wurde auch die Einladung der Schweiz,
bereits 1926 in Basel in Verbindung mit der Ausstellung für Wasserkraft und
Binnenschiffahrt die Weltkraftkonferenz tagen zu lassen, angenommen. Es wird also in
der zweiten Hälfte des nächsten Jahres in Basel diese erste Teilsitzung der
Kraftkonferenz stattfinden. Zugleich sollen die Delegierten aller Länder zu einer
Sitzung in Basel zusammentreten. Man plant, in Basel in erster Linie die Fragen der
Elektrizitätsgewinnung durch Wasserkraft, den elektrischen Ausbau und Betrieb der
Eisenbahnen und die Anwendung der Elektrizität in der Landwirtschaft zu behandeln,
und zwar sollen nicht nur die technischen Gesichtspunkte, sondern vor allem auch die
durch die gesetzlichen Bestimmungen der Länder geschaffene Lage und die rein
wirtschaftlichen und finanziellen Gesichtspunkte eingehend berücksichtigt
werden.
Ferner hat man sich grundsätzlich dafür ausgesprochen, daß in großen geographischen
Einheiten wie Europa, Nord- und Südamerika, Afrika, ferner Osten und Austral-Asien
zwischen den Vollkonferenzen solche Konferenzen mit beschränktem Programm
stattfinden könnten, zu deinen aber jedesmal alle Länder einzuladen wären. Die
Programme würden durch den Zentralausschuß zu billigen sein. Weiterhin ist die
Notwendigkeit klar erkannt worden, die weiteren Arbeiten der Konferenz auch durch
das gedruckte Wort planmäßig vorzubereiten. Es wird darüber verhandelt, ob nicht in
längeren Zeiträumen eine internationale Zeitschrift besonderer Art, die in mehreren
Sprachen abzufassen wäre, herausgegeben werden könnte. Diese Fragen wie manche
andere, werden aber erst in den einzelnen Ländern eingehend zu behandeln sein, ehe
hierüber Endgültiges gesagt werden kann. Wenn der Geist einheitlichen
Zusammenarbeitens, wie er auch bei dieser Sitzung in London zum Ausdruck kam,
erhalten bleibt, kann mit die Technik wesentlich fördernden Ergebnissen dieser
internationalen Zusammenarbeit gerechnet werden. (VDI., Nachrichten 5. 8. 1925.)
Patentamtsaufbau nennt Patentanwalt Dr. Oskar Arendt, Berlin W 50, eine Zusammenfassung von
Organisations- und Personalmängeln im deutschen Reichspatentamt mit Vorschlägen zur
Beseitigung dieser Ursachen für die Wertminderung des früher in Fachkreisen
höchstgeschätzten deutschen Patentes. Es häufen sich die Fälle, wo vom deutschen
Patentamt übersehene Veröffentlichungen im Auslande entgegengehalten werden, auf
Grund derer die Versagung oder erhebliche Beschränkung des Auslandspatentes erfolgt
und das deutsche Patent hinfällig, mindestens aber stark entwertet wird. Auch hat
Doppelpatentierung gleicher Erfindungen durch verschiedene Prüfungsstellen
Rechtsverwirrung und Vermögensschäden zur Folge gehabt.
Grundbedingungen für eine einwandfreie Vorprüfung sind richtige Verteilung der neuen
Anmeldungen an die zuständigen Prüfungsstellen, unverzögerte Beschaffung,
Vollständigkeit und richtige Verteilung der ausländischen Patentschriften und der
technischen in- und ausländischen Literatur und Sachverständigkeit der Prüfer und
ihrer Mitarbeiter.
Diese Bedingungen werden heute nicht immer voll erfüllt. Die Verteilung der neuen
Eingänge erfolgt häufig mehr nach äußerlichen Merkmalen und Schlagworten als nach
dem wirklichen Inhalt der Anmeldungen. Außer sachverständiger Besetzung bzw.
Beratung der Verteilungsstelle könnte eine Verordnung zur genaueren Kennzeichnung
der Erfindungen im Titel hier Abhilfe schaffen. In Zweifelsfällen könnten die
Zuweisungsmerkmale durch Rückfragen beim Anmelderoder dessen Vertreter genauer
festgelegt werden.
Die Beschaffung und Verteilung des Prüfungsmaterials sollte zweckmäßig von einer
literarisch-technischen Zentralstelle aus erfolgen, die gleichzeitig eine
auszugsweise Bearbeitung des Stoffes zur Entlastung der Prüfer vornehmen könnte.
Veröffentlichungen in anderen Sprachen als deutsch, englisch und französisch müßten
in einwandfreien Uebersetzungen vorliegen.. Eine technologisch richtigere
Eingruppierung der Patentschriften, gegebenenfalls mit Angabe weiterer in Frage
kommender Klassen und Gruppen auf der Druckschrift würde auch dem Publikum
Nachforschungen im Patentamt erleichtern und erfolgreicher gestalten.
Bei der jetzt außerordentlichen Arbeitsüberlastung und Bedrängung der
Prüfungsstellen, bei ungenügender Anzahl von Hilfskräften ist eine mehrmonatliche
Verzögerung der jetzt oft flüchtigen Prüfungsbescheide nicht verwunderlich. Das
Reichspatentamt braucht deshalb eine größere Anzahl hervorragend befähigter,
gründlich ausgebildeter und erfahrener Ingenieure und Chemiker zur Unterstützung und
als Nachwuchs für die Prüfer. Die heutigen Anstellungsbedingungen und
Beförderungsaussichten sind bezüglich Bezahlung und Anrechnung der Praxis auf das
Dienstalter kein genügender Anreiz, um vollwertige Kräfte zu gewinnen. Deshalb müßte
die Personalfrage durchgehend und weitherzig zugunsten der bereits angestellten und
noch anzustellenden Prüfungsbeamten geregelt werden. Fortbildungskurse,
Besichtigungen, Dienstreisen und Beurlaubungen in die Praxis in weitgehenderer Weise
als bisher wären geeignet, die Prüfer in enger Fühlung mit der Entwicklung der
Technik zu halten. Zur Entlastung der Prüfungsstellen von Schreib- und anderen
mechanischen Arbeiten ist eine stärkere Heranziehung moderner Hilfsmittel und eine
zeitgemäßere Organisation des Bureaubetriebes geboten.
Für die deutsche Warenzeichenprüfung muß ein rascheres Tempo, falls erforderlich
durch Vermehrung der Prüfungsbeamten, verlangt werden, da bis zur Entscheidung über
die Eintragung häufig alle geschäftlichen Maßnahmen des Anmelders gehemmt werden.
Zur Vermeidung zweckloser Anmeldungen und von Geld- wie Zeitverlusten dafür sollten
auch die schwebenden Warenzeichenanmeldungen dem Publikum, mindestens den
Patentanwälten, für Recherchen zugänglich gemacht werden, da es keine triftigen
Gründe gibt für die im Prüfungsverfahren doch aufgegebene Geheimhaltung der bereits
vorliegenden Warenzeichenanmeldungen.
Ein Teil der jetzt anderen Reichsbehörden zufließenden jährlichen
Millionenüberschüsse des Reichspatentamtes würde bei richtiger Verwendung eine
durchgreifende Beseitigung der Mängel ermöglichen. Eine der deutschen
Gesamtwirtschaft dienstbare Kulturbehörde, wie das Reichspatentamt, braucht keine
Ueberschüsse abzuwerfen und darf durch Entziehung seiner Einnahmen zugunsten anderer
Stellen nicht in seinen Leistungen herabgedrückt werden. Die jetzt geltenden hohen
Gebühren könnten auch bei erheblicher Leistungssteigerung der Prüfungsstellen
beträchtlich ermäßigt werden.
Industrie und Erfinder sind in hohem Grade an einer einwandfreien deutschen
Patentprüfung interessiert, wie auch diese Kreise auf Erhaltung, Verbesserung und
Fortentwicklung des deutschen Patentanwaltsstandes Wert legen, weil dadurch die
Gewähr für einwandfreie deutsche Schutzrechte gegeben ist. Die Hinzuziehung
unzulänglicher und ungenügend ausgebildeter Techniker ist ebenso wenig im Patentamt,
wie bei der Vertretung der Anmelder vor dem Patentamt angebracht.
Anwendungsmöglichkeiten von Eisenlegierungen mit hohem
Chromgehalt. Zu denjenigen Eigenschaften, die hohen Temperaturen oder der
Korrosion ausgesetzte Legierungen besitzen sollen, gehören: leichte Formgebung,
Bearbeitbarkeit und Schmiedbarkeit, Festigkeit und Widerstand gegen den Angriff der
höchstmöglichen Zahl von Stoffen. Es gibt wohl kaum eine Legierung, die vollkommen
diese Bedingungen zu erfüllen in der Lage ist. Demnach bewahrheitet sich die oft
gehörte Behauptung, daß man seine Wahl auf die Legierungen treffen soll, deren
bestimmter Verwendungszweck in Aussicht genommen ist, wobei etwaige entbehrliche
Bedingungen außer Acht gelassen werden können.
Die Eisen-Chromlegierungen vereinigen bei verhältnismäßig billigem Preis mehrere
dieser Bedingungen. Im folgenden sollen die Eigenschaften einer Legierung mit 25–30
% Chrom, fast 1 % Silizium und Mangan, Rest Eisen behandelt werden. Der Kohlenstoff
schwankt zwischen 0,1 bis 3 %, entsprechend den gewünschten Eigenschaften.
Leichtigkeit des Formens. Es gibt verschiedene Legierungen, die sich leicht formen
lassen. Wird dazu eine bequeme Bearbeitbarkeit verlangt, so darf der Kohlenstoff 1,5
% nicht übersteigen; doch richtet sich dies nach den Abmessungen der Gußstücke,
ihren Querschnitten und der Abkühlungsgeschwindigkeit. Diese Legierung läßt sich
eher wie Stahl als wie Gußeisen formen und gibt gesunde und dichte Gußstücke. Die
Schwindung beträgt 20 mm/m; die Korndicke hängt, wie beim Stahl, vom
Kohlenstoffgehalt ab, doch übt hier die Abkühlungsgeschwindigkeit einen größeren
Einfluß aus als der Stahl. Für die üblichen Verwendungsgebiete hat sich die
Widerstandsfähigkeit als vollkommen ausreichend erwiesen. Enthält die Legierung
weniger Chrom als 20% mit wenig Kohlenstoff, so erhält man eine teigige Legierung,
die aber durch hohen Kohlenstoffgehalt verbessert werden kann. In schwach gekohlten
und an Chrom reichen Legierungen wird oft die Bildung eines grünlichen Oxyds
beobachtet, wenn das Metall kalt gegossen wurde. Dieses Oxyd steigt an die
Oberfläche der Gußstücke und verleiht ihnen ein faltiges Aussehen. Da aber dieser
Fehler nur ein oberflächlicher und ein Schönheitsfehler ist, der mit steigendem
Kohlenstoffgehalt wieder verschwindet, wird die Güte des Gusses durch ihn nicht
beeinträchtigt. Unentbehrlich ist die Erzielung eines gesunden Gusses für solche
Stücke, die Flüssigkeiten bei hohen Temperaturen aufnehmen sollen.
Leichte Bearbeitbarkeit. Obwohl diese Forderung nicht unbedingt unentbehrlich ist, so
ist sie doch in vielen Fällen nützlich. Oft entschließt man sich, die Stücke mit der
Schleifscheibe zu behandeln. Die Härte der an Chrom reichen Legierungen hängt
hauptsächlich von dem Kohlenstoffanteil ab. In Sand gegossene Stücke sind in der
Regel bis zu 1,6% Kohlenstoff leicht zu bearbeiten und können es auch nach
thermischer Behandlung bei bis zu 3 % Kohlenstoff werden. Diese Chromlegierungen
verhalten sich bei der Weichgrenze im Vergleich zu Eisenkohlenstofflegierungen
härter als binäre Legierungen, während sie sich bei der Hartgrenze durch größere
Zähigkeit auszeichnen, indem sie aber auch ebenso hart sind wie weißes Eisen.
Leichte Schmiedbarkeit. Es sind Legierungen mit 20 bis 30 % Chrom hergestellt
worden, die sich schmieden, bördeln, walzen, zu Blechen und zu geschweißten oder
nichtgeschweißten Röhren verarbeiten und zu Draht ziehen lassen.
Widerstand gegen verschiedene chemische Stoffe: Oxydation. Die Eisen-,
Kohlenstoff-Chromlegierungen mit über 20–22% Chrom widerstehen der Oxydation gut;
unterhalb 20% ist der Widerstand weniger stark, aber immerhin noch höher als
derjenige der gewöhnlichen Stähle. Legierungen mit 26 bis 28% Chrom leisten selbst
oxydierenden Atmosphären bis 1150° und darüber unendlich langen Widerstand. Auf der
Oberfläche entsteht eine dünne, feste und anhaftende Oxydschicht, die sich ähnlich
wie ein Email verhält und das Stück vor jeder Beschädigung schützt. Trotz der
Temperaturschwankungen schält sich diese Schicht nicht ab.
Kohlenoxyd. Das Kohlenoxyd und die anderen reduzierenden Gase sind bis zu sehr hohen
Temperaturen ohne Einfluß; aber von 1150 bis 1200° ab wirken sie schädlich. Bei
diesen Temperaturen geht die Oxydation schnell von statten. Diese Erscheinung
erklärt Charpy als einen Einfluß des Kohlenoxyds auf das Chrom, indem sich Chromoxyd
und Kohlenstoff ergibt, von dem sich ein Teil mit dem Eisen verbindet. Solange die
Atmosphäre reduzierend ist, bleiben diese Legierungen fast bis zum Schmelzpunkt
unversehrt. Der Schmelzpunkt selbst hängt ab vom Kohlenstoff und schwankt zwischen
1150° für stark gekohlte und 1430° für wenig gekohlte Legierungen. Der
Kohlenstoffgehalt übt keinen Einfluß auf den der Oxydation gegenüber geleisteten
Widerstand aus; mit anderen Worten: die Anwesenheit von Chrom vermehrt nicht allein
die der Wirkung des heißen Sauerstoffs ausgesetzte Widerstandsfähigkeit der festen
Lösung, sondern scheint die Doppelkarbide noch widerstandsfähiger zu gestalten.
Einfluß des Schwefels. Der Schwefel und die schwefelhaltigen Gase sind bis zu 1000°
ohne Einfluß auf die Legierungen mit hohem Chromgehalt ohne andere Elemente. Bei
1100° greift der reine Schwefel langsam die Fugen des Metallkornes an.
Korrosion. An einem wenig gekohlten Blech mit 27% Chrom ausgeführte Versuche ergaben
die fast wirkungslose Beeinflussung von Salpetersäure, ebenso der bekannten Frucht-
und Gemüsesäuren. Der Widerstand gegen Grubenwasser ist ausgezeichnet und stärker
als derjenige der meisten übrigen Legierungen. Bei Seewasser sind zwei Einflüsse zu
unterscheiden: nämlich der Widerstand gegen die Korrosion und gegen die
Verunreinigung durch sich absetzende Seepflanzen. Während die erste Aufgabe eine
stark chromhaltige Legierung löst, hat bisher keine Legierung, die nicht mit einem
Anstrich versehen war, der Vegetation, namentlich in den tropischen Gewässern,
widerstehen können.
Zerreißfestigkeit. Diese ist eine Funktion des Kohlenstoffgehaltes. Wenig gekohlte
Legierungen sind weich und geschmeidig. In diesem Falle bewegt sich die
Elastizitätsgrenze zwischen 31,5 und 50 kg/mm2 und
die Zerreißfestigkeit zwischen 50 und 65 kg/mm2.
Abgesehen von der Zusammensetzung hängen diese Eigenschaften von der Wärmebehandlung
ab. Steigt der Kohlenstoff von 0,25 auf 1% und darüber, so wächst ebenfalls die
Festigkeit und übersteigt 90 kg/mm2. Die
Zerreißfestigkeit von Formgußstücken schwankt von 45 bis 65 kg/mm2 bei schwachen Dehnungen. Die Härte nimmt mit dem
Kohlenstoffgehalt zu. Bei 2,75 % Kohlenstoff kann die Brinell-Härte von in Sand gegossenen
Legierungen 550–600 erreichen ohne die Sprödigkeit von weißem Eisen zu teilen. Die
Härte ist auf die besondere Härte der Karbide und ihre Verteilung zurückzuführen;
sie sind innig in der festen, harten aber zähen Lösung verflochten. Die langen
Nadeln bilden ein palmenblattartiges Gefüge. Wenig gekohlte, geschmiedete
Legierungen wurden bei erhöhter Temperatur untersucht und ergaben:
Temperatur in Grad
Zerreißfestigkeitin kg/mm2
100
81,5
400
77,0
500
67,0
600
36,6
700
12,7
800
6,0
900
3,5
Zusammenfassung: Es ergibt sich, daß die Eisenchromlegierungen viele
Anwendungsmöglichkeiten bieten, namentlich in chemischen und ähnlichen Industrien,
für Vergasungs- und Wärmeapparate u.a.m. Der Gehalt an Chrom muß stets sehr hoch
sein, falls die Eigenschaften der Legierungen beibehalten werden sollen. (La
Technique Moderne.)
Dr.-Ing Kalpers.
Durchsichtige Metallblätter. Unsere neuen Anschauungen
über den Aufbau des Stoffs gehen bekanntlich dahin, daß seine Baustoffe, die Atome,
aus einem Kern bestehen, um den Elektronen kreisen. Es handelt sich bei den Atomen
also um kleine Planetenwelten, in denen der leere Raum die Hauptrolle spielt, und
die von einander durch noch weit größere leere Räume getrennt sind, wie dies ja auch
im Weltall mit den Planetenwelten der Fall ist. Wenn trotzdem die meisten Körper
undurchsichtig sind, so hat dies seinen Grund in der ungeheuer großen Zahl der
Atome, aus denen der Körper besteht, so daß die Lichtstrahlen, die hindurchtreten
wollen, doch irgendwo auf ein Hindernis stoßen.
Nun ist es Herrn Regierungsrat Karl Müller von der
Physikalisch-Technischen Reichsanstalt in Berlin-Charlottenburg gelungen,
Metallblätter von nur etwa einem Hunderttausendstel eines Millimeters herzustellen,
die vollkommen durchsichtig sind, so daß man sogar Augenblickslichtbilder durch sie
hindurch herstellen kann. Das wird begreiflich, wenn man erfährt, daß z.B. bei
solchen Nickelblättchen, bei denen die Atome einen Abstand von einem
Fünfunddreißigstel eines Hunderttausendstel Millimeters von einander haben, nur noch
durchschnittlich etwa fünfunddreißig Atomschichten übereinander liegen, in denen
sich aber die Atome natürlich nicht decken.
Nun sollte man denken, daß solche hauchdünnen Metallblätter kaum noch einen
mechanischen Zusammenhang haben könnten; man sollte meinen, selbst der leiseste
Luftzug müsse sie zerstören. Das ist aber keineswegs der Fall. Trotz ihrer geringen
Stärke sind die Metallhäutchen so widerstandfähig, daß man sie z.B. zu Membranen
verarbeiten kann. Das bedeutet einen großen Vorteil namentlich dort, wo es – wie
beispielsweise bei statischen Mikrophonen und Fernhörern, bei der Bildtelegraphie
und zur Wiedergabe schneller Schwingungen überhaupt – auf möglichst große Annäherung
an die Masselösigkeit der Membran ankommt, denn das neue Verfahren gestattet das
Gewicht solcher Membranen auf ein Hundertstel der leichtesten bis jetzt
hergestellten Membran herabzusetzen.
Was alles aus diesem gewaltigen technischen Fortschritt noch entstehen wird, ist kaum
auszudenken,denn solche Blätter werden, als Versuchsgegenstände benutzt,
selbstverständlich unsere Kenntnis des Stoffaufbaues ungemein weiterfördern; bringen
sie doch den Forscher dem Ziel nahe, mit einzelnen Atomen arbeiten zu können. Auch
für die praktische Verwertung zeigen sich schon allerlei vielleicht ausbaufähige
Ansätze. So kann man beispielsweise diese fabelhaft dünnen Metallblattstreifen als
elektrische Leiter für in anbetracht ihres geringen Querschnitts geradezu
ungeheuerliche elektrische Ströme benutzen. Wir müssen uns, um dies zu verstehen,
klar machen, daß die Grenzen für die Belastung eines Leiters mit elektrischem Strom
in den meisten Fällen durch seine Erwärmung gegeben sind. Bei einem so dünnen
Metallblättchen ist nun aber die Oberfläche im Verhältnis zum Querschnitt so groß,
daß die beim Stromdurchgang entstehende Wärme ausstrahlt und im Leiter nicht auf
einen gefährlichen Betrag anwachsen kann. So konnte Herr Regierungsrat Müller über
einen Blattstreifen vom Querschnitt eines Drahtes von einem Hundertstel Millimeter
mehrere Glühlampen speisen, während natürlich ein solcher Draht selbst beim
Einschalten des Stromes augenblicklich zu Dampf verpufft wäre.
Erst kürzlich hat uns die Physikalisch-Technische Reichsanstalt zwei neue Elemente
beschert. Nun kommt diese Nachricht, deren Tragweite noch gar nicht abzusehen ist.
Weitere Dinge sind im Werden. Es darf uns Deutsche mit Stolz erfüllen, daß solche
Leistungen trotz unserer Verarmung, die natürlich auch wissenschaftlichen Arbeiten
Beschränkungen auferlegt, erzielt worden sind!
Max Fischer.
Leistungserzeugung für Schiffsantrieb. Ueber dieses Thema
sprach auf der Welt-Kraft-Konferenz der Schwede Hammar. Die Hauptvorzüge der
Dampfturbine vor der Dampfkolbenmaschine sind kleinerer Dampfverbrauch, geringeres
Gewicht und kleinerer Maschinenraum. Bei ganz großen Einheiten ergibt sich eine
Dampfersparnis bis zu 25 v. H., bei 1000 PS Maschinen eine solche von 10–15 v. H.
Noch kleinere Einheiten werden zweckmäßig nicht als Dampfturbinen gebaut. Die De
Laval-Turbinen verwenden die mechanische Uebersetzung schon seit 30 Jahren. Eine
bemerkenswerte Anlage mit De Laval-Turbinen hat der Fahrgastdampfer
„Drottningholm“. Das Schiff ist 158,5 m lang und hat 19000 t
Wasserverdrängung. Es hatte ursprünglich unmittelbar gekuppelte Turbinen mit einer
minutlichen Drehzahl von 250, die später durch Turbinen von 10000 WPS bei 200
Schrauben-Umdrehungen ersetzt wurden. Die Kesselheizfläche wurde dabei von 2880 m2 auf 2230 m2
verkleinert und an Stelle der Kohlenfeuerung die Oelfeuerung eingeführt. Vor dem
Umbau verbrauchte das Schiff täglich 213 t Kohle bei 13,93 Kn. Geschwindigkeit. Nach
dem Umbau erreichte das Schiff 16,16 Kn. Geschwindigkeit bei einem täglichen
Heizöflverbrauch von 97 t. Die Getriebeturbinen haben in zweijähriger Betriebszeit
noch keinerlei Anstände ergeben. Das Maschinen-personal konnte dabei von 96 auf 35
herabgesetzt werden. Ekonomiser oder gasbeheizte Speisewasservorwärmer haben im
Schiffsbetrieb noch wenig Eingang gefunden, weil sie schwer und zu sperrig sind.
Dagegen werden gasgeheizte Luftvorwärmer häufig angewandt. Dabei können bis 10 v. H.
Brennstoffersparnis erreicht werden.
In Schweden sind schon lange Zeit für Fischerboote Glühkopfmotoren üblich. Für
größere Leistungen eignen sie sich nicht. Mehr als 120 PSe in einem Zylinder kommen
nicht in Betracht. Die Wassereinspritzung ist dabei wieder aufgegeben worden, da die
Brennstoffersparnis zu klein war. Die Zeit für die Inbetriebsetzung ist von ½ Stunde
auf 1 Minute verkleinert worden. Der Verdichtungsdruck beträgt gewöhnlich 15 at, bei
neueren Ausführungen bis zu 25 at. Solche Hochdruckglühkopfmotoren werden auch als
Halbdieselmotoren bezeichnet und bis 250 PSe Zylinderleistung gebaut. Für Leistungen
unter 1000 PSe Gesamtleistung sind diese Maschinen gut verwendbar. Für
Einheiten über 500 PSe beherrscht jetzt die Dieselmaschine das Feld. Das schwedische
Motorschiff „Gripsholm“ erhielt zwei doppelt wirkende Viertaktmaschinen von
je 6000 PSe der Fa. Burmeister & Wain.
W.