Titel: | Die Bohrtechnik, ihre Entwicklung und Bedeutung. |
Autor: | W. Landgraeber |
Fundstelle: | Band 340, Jahrgang 1925, S. 208 |
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Die Bohrtechnik, ihre Entwicklung und
Bedeutung.
Von Bergwerksdirektor W. Landgraeber.
LANDGRAEBER, Die Bohrtechnik, ihre Entwicklung und
Bedeutung.
Die Kunst des Tiefbohrens dürfte mehr als 2000 Jahre alt sein. Vermutlich ist
sie nicht viel jünger als die Verwendung des Eisens. Die Aufsuchung von Wasser war
sicherlich damals ebensowichtig, wie die Anwendung von Metallen. Die ersten
Nachrichten über tiefere Bohrungen stammen aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. Es sollen
in der Wüste Afrikas mit Hilfe von Bohrern Wasserbrunnen von etwa 200 Meter
hergestellt worden sein. Aus Berichten von Olympiodorus (Anfang des 5. Jahrhunderts)
wissen wir, daß in der Oase seines Heimatlandes Brunnen von 230 m gegraben wurden.
Die europäischen Völker des Altertums haben keinerlei diesbezügliche Aufzeichnungen
hinterlassen. Die Chinesen müssen die Bohrkunst schon frühzeitig gekannt haben. Die
Russen haben sie von ihnen erlernt. In der Wüste Mazedoniens soll um 168 v. Chr. zur
Versorgung der Truppen von Paulus Almilius ein tieferer Brunnen angelegt worden
sein. Um 24 v. Chr. berichtet Vitruvius von Brunnengrabungen. Für Berieselungszwecke
kannte man bereits im 5. Jahrhundert die noch heute gebräuchlichen
Abessinierbrunnen, auch „artesische“ Brunnen genannt. Diese bis zu 100 und
sogar bis 200 m gebohrten Brunnen, die auch in Arabien um das Jahr 1000 Verwendung
fanden, sind in Deutschland ziemlich verbreitet. Ueber die früher verwendeten
Bohrwerkzeuge sind nur wenig Belege erhalten geblieben. Derjenige, der der Nachwelt
ausführlich über die Bohrgeräte der damaligen Zeit berichtet, ist kein anderer als
Leonardo da Vinzi (1452–1519).
Vor etwa 100 Jahren begann man in England, Frankreich und Deutschland die
Bohrmethoden zu verbessern. Sie dienten nicht nur zur Anlage von Bohrbrunnen,
sondern auch zur Untersuchung der geologischen und physikalischen Verhältnisse des
tieferen Untergrundes sowie auch zum Anbohren von Erdöllagern. In gewissem Sinne
verdanken wir die hohe Entwicklung der technischen Erdölgewinnung den damaligen
Versuchen, die Bohrkunst zu vervollkommnen. Von dieser Zeit an fanden die
Rohrbrunnen große Verbreitung. Der erste rund 550 m tiefe Brunnen wurde von
1831–1844 in Grenelle erbohrt. 20 Jahre später bohrte der Ingenieur Kind in Passy
bis 586 m Tiefe. Diese beiden Bohrungen waren gewissermaßen nur vorübergehende
Einzelleistungen.
Erst in neuerer Zeit erfuhr die Tiefbohrtechnik infolge des ungeahnten
Aufschwunges des Bergbaues und vor allem der Erdölindustrie eine bedeutsame
Vervollkommnung. Sie hat einen Fortschritt erfahren, der sie weit über den früheren
handwerksmäßigen Betrieb erhebt. Sowohl für den Bergbau als für die Geologie, Bau-
und Wassertechnik bedeutet sie ein wichtiges Hilfsmittel.
Noch vor wenigen Jahrzehnten wurde der Bohrbetrieb im allgemeinen mit primitiven vom
Grobschmied hergestellten Werkzeugen ausgeführt. Der Betrieb wurde lediglich von
Hand bewerkstelligt. Der Fabiansche Freifallapparat galt als das vollkommenste
Gezähestück. Der Freifallbohrkran soll um die Mitte des vorigen Jahrhunderts von
Kind zum ersten Male angewandt worden sein. Beim Bohrbetrieb mußte ehevor bei jeder
Weitervertiefung des Bohrlochs um 60 bis 100 cm das gesamte Bohrgestänge gezogen
werden, um den Bohrschmand von der Sohle heraufzuholen. Eine Unmenge von Zeit ging
auf diese Weise verloren. Es ist gar nicht auszudenken, wie lange ein Bohrloch von
500–600 m – heute ein Werk von einigen Wochen – zur Fertigstellung benötigte.
Infolge der unvermeidlichen Fehlgriffe kamen früher soviel Bohrunfälle und
Gestängebrüche vor, daß die Bohrungen nur verhältnismäßig geringe Tiefen erreichen
konnten. Es ist ganz selbstverständlich, daß diese meist hinter denen, in die der
Bergbau bzw. Schachtbau vordrang, zurückbleiben mußten. Der eigentliche Bergbau
konnte daher auch der Bohrtechnik eine besondere Bedeutung nicht zuerkennen. Erst
die Allmutter Natur, die im allgemeinen mit der Preisgabe von Geheimnissen recht
sparsam ist, gab einen Fingerzeig, der für die weitere Entwicklung recht fruchtbar
wurde.
Bei Erbohrung einer Springquelle war die Beobachtung gemacht worden, daß das
aufsteigende Wasser den Bohrschlamm mit heraufbrachte. Durch diese Art der
Freimachung der Bohrlochsohle konnte für den Meißel eine etwa zehnfach größere
Wirkung erzielt werden. Man machte sich diese Beobachtung zunutze. Im Jahre 1846
soll Fauvell die Wasserspülmethode erfunden haben. Man ersetzte das bisher verwandte
massive Bohrgestänge durch ein Hohlgestänge. Durch das Innere preßte man Wasser auf
die Sohle. Der Bohrschmand wurde zwischen Bohrlochwand und Gestänge mit den aufsteigenden
Wassermengen an die Oberfläche gebracht. Die diesbezüglichen Versuche erregten
allgemein lebhaftes Aufsehen. Fast gleichzeitig mit dieser Spülvorrichtung für
Meißelbohrung, auch „stoßendes Bohren“ genannt, kam die Diamantkernbohrung,
auch als „drehendes Bohren“ bezeichnet, in Gebrauch. Letztere bedient sich
ebenfalls des Druckwassers zum Ausspülen und Reinigen der Sohle. Beide Bohrmethoden
sind von dieser Zeit an. entweder einzeln oder kombiniert allgemein in Anwendung
gekommen. Gleichzeitig trat hiermit der große Wendepunkt in der bisher so
stiefmütterlich behandelten Tiefbohrtechnik ein. An Stelle des Handbetriebes trat
Maschinenbetrieb als Antriebskraft und an die Stelle des Grobschmieds die
Maschinenfabrik.
Letztere hatte nunmehr die Bohrwerkzeuge zu beschaffen. Immer größere Anforderungen
wurden hinsichtlich einer soliden und präzisen Fabrikation gestellt. Die große Zahl
der auf diesem Gebiete nachgesuchten Patente zeugt von dem Eifer und Wettbewerb, der
sich nunmehr auf diesem Betätigungsfeld geltend machten. Die so gewonnenen
Vervollkommnungen förderten Leistungen hervor, wie man sie früher nicht für möglich
gehalten haben würde. Ein einzelner Bohrtag gab bisweilen Fortschritte, für die
früher ein ganzes Jahr angestrengter Arbeit notwendig gewesen wäre.
Textabbildung Bd. 340, S. 208
Abb. 1. Freifall-Bohrkran mit seitlich liegender Fördereinrichtung, Patent
Alfred Wirth u. Co., Erkelenz.
Als Bohrapparate für größere Teufen verwendet man heute bei stoßendem Bohren den
„Spülschnellschlag“ in verschiedener Form.
Die Wirkung derartiger Apparate ist infolge der kurzen scharfen Schläge des Meißels,
die 60–80 in der Minute betragen können, ganz hervorragend. Arbeitstäglich können in
losem Gebirge 60–89 m und in festem 10–20 m gebohrt werden. Ein Herausziehen des
Bohrers ist nur zum Schärfen notwendig. Der Gestängenachlaß geschieht mittels
Sprungschlüssel, wodurch ein Abbohren ganzer Gestänge ermöglicht wird. Meist werden
die Bohreinrichtungen so ausgebildet, daß ohne weiteres von der drehenden zur
stoßenden Bohrmethode, auch „Rotationsbohren“ genannt, übergegangen werden
kann.
Der Bohrbetrieb erwies sich nunmehr als wirkliche Bohrkunst, die nicht nur zu einem
selbständigen Zweige der betreffenden Industrien, sondern auch zu einer Führerin,
z.B. des Bergbaues, wurde. Nach und nach gelang es Teufen zu erreichen, die
diejenigen des Bergbaues bei weitem überschreiten. Schächte von mehr als 1000 m
Teufe gibt es nur wenige. Hingegenexistieren eine große Anzahl von Bohrlöchern,
die mehr als 1000 m tief sind. Im Jahre 1871 erreichte das Bohrloch von Spremberg
eine Tiefe von 1276 m und etwas später die beiden Löcher von Schladebach und
Faruschowitz eine solche von 1748 bzw. 2003 m. Das tiefste Bohrloch der Welt war
lange Zeit dasjenige von Czucho in Deutschland mit 2240 m. Kürzlich ist eine neue
Spitzenleistung in Amerika erzielt worden. Von zwei Bohrungen für Erdöl bei
Clarksburg und bei Fairmont weist die eine 2251 m und die andere 2310 m auf.
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Abb. 2. Galizisch-kanadischer Bohrkran der Firma Alfred Wirth u. Co.,
Erkelenz.
Bei tieferen Bohrungen über 900 m hat sich herausgestellt, daß der Verlauf fast nie
senkrecht, d.h. nach dem Erdmittelpunkt gerichtet ist. Bis in die jüngste Zeit
konnte man für diese merkwürdige Erscheinung eine Erklärung nicht finden. Nunmehr
glaubt der Ingenieur Curtis die Ursache in der Einwirkung des Erdmagnetismus
gefunden zu haben. Dieser soll auf den Bohrer, der gewissermaßen allmählich zu einem
Magneten wird, einwirken und ihn in die Nordsüdrichtung einzuzwängen versuchen. Um
nun diese unerwünschte Abweichung aus der Lotrechten hintanzuhalten, ist von Curtis
der Vorschlag gemacht, durch das Bohrgestänge einen elektrischen Strom zu leiten,
der in ihm einen dem Erdmagnetismus entgegenwirkenden Magnetismus erzeugen soll.
Hierdurch soll dem Bohrer die Möglichkeit gegeben werden, senkrecht ins Erdreich
vorzudringen.
Es werden folgende verschiedene Arten von Bohrverfahren unterschieden. Erstens:
Drehbohrung, trocken oder spülend, mit Stahl- oder Diamantbohrkernen, maschinell
oder von Hand bewerkstelligt. Zweitens: Stoßbohrung an Seil oder Gestänge,
maschinell oder von Hand. Die Stoßbohrung am Seil, die sogenannte pennsylvanische,
geschieht nur maschinell. Beim Gestängebohren unterscheidet man mehrere verschiedene
Verfahren, von denen die Schnellschlagbohrung mit Kraftbetrieb wohl die am meisten
verbreitete ist. Neuerdings ist in Rußland ein hydraulisch angetriebener
Rotationsbohrapparat konstruiert. Bei ihm wird der Bohrer durch einen hydraulischen Motor, der
durch eine besondere Einrichtung bis auf die Sohle gesenkt werden kann, angetrieben.
Die Vorteile dieser Einrichtung bestehen in dem Fortfall von Dampfmaschinen,
Rotationseinrichtungen, spezieller Bohrrohre und anderen mehr. Anschaffungskosten
und Energieaufwand werden dadurch bedeutend ermäßigt. Ferner wird die
Betriebssicherheit sowie der Bohrfortschritt erhöht. Das Ergebnis der Leistungen
soll sogar drei- bis viermal größer sein als bei den bisherigen Bohrverfahren. Außer
sonstigen kleineren praktischen Vorteilen läßt sich mit dem neuen Rotationsapparat
bis in beliebige Teufen bohren. Versuche in den Erdölgebieten von Baku haben
dargetan, daß sich dieser Apparat für die Praxis bewährt hat. Von den
Schwierigkeiten, die zum Beispiel ein 2000 m langes Bohrgestänge durch Heben und
Senken verursacht, macht sich nur derjenige einen Begriff, der sich selbst mit
derartigen Arbeiten befaßt hat. Derartige Erschwernisse fallen bei der neuen
Bohrmethode fort.
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Abb. 3.Indischer Spülbohrkran mit Schlagseil der Firma Alfred Wirth u.
Co., Erkelenz.
Ganz besondere Bedeutung hat die Bohrtechnik zur Gewinnung von Flüssigkeiten (Erdöl)
und Gasen (Naturgas) bekommen mit ihren stellenweise geradezu katastrophalen
Ausbrüchen in neuaufzuschließenden Gebieten.
Die großartigen Fortschritte in der Entwicklung der Bohrtechnik veranlaßten die
Bohrtechniker ihr bisheriges Betätigungsgebiet zu erweitern und sich dem Schachtbau
als solchem zuzuwenden. Auf der Grube „Anna“ wurde ein Bohrschacht
(befahrbares Bohrloch) von 800 mm Durchmesser auf 40 m Tiefe mittels
zusammengesetzten hydraulischen Preß- und Bohrverfahrens bereits vor längerer Zeit
niedergebracht. Als Spezialverfahren, als sog. „Schachtabbohren“ hat diese
Schachtbaumethode bereits beachtenswerte Erfolge erzielt. Aber noch viel größere
Hoffnungen werden zukünftig auf sie gesetzt. Vor etwa 75 Jahren gelang es dem
genannten deutschen Ingenieur Gotthelf Kind als erstem, Schächte mit 5 m Durchmesser
nach dem Bohrverfahren abzuteufen. Diese Methode kommt vornehmlich dort in Frage, wo
es sich darum handelt stark Wasser führende Schichten zu durchsinken. Mit kleinem
Bohrer begann Kind den Schacht vorzubohren.Wenn er hiermit eine gewisse Tiefe
erreicht hatte, wandte er sog. Erweiterungsbohrer an und bohrte damit den
gewünschten Schachtdurchmesser nach. Diese Bohrmethode ist später durch Haniel und
Lueg, Pattberg, Honigmann, Stockfisch und neuerdings durch die Schachtbau Thyssen Q.
m. b. H. verbessert worden. Man ist heute im Stande, auf diese Weise Schächte bis in
500 m und mehr mit einem Durchmesser von 3–4 m abzubohren. Es ward hierbei sowohl
drehend wie stoßend gebohrt. Der Schachtstoß wird erforderlichenfalls während der
Bohrarbeiten durch eine ständig in Umlauf gehaltene, dicke Tonspülung von spez.
Gewicht = 1,4 zurückgehalten. Der Bohrschmand steigt, durch Spülpumpen von riesigen
Dimensionen in Bewegung gesetzt, mit der Spülung ununterbrochen zutage und wird in
Kläranlagen abgesetzt. Bei stoßendem Bohren verwendet man besonders konstruierte
dreiflügelige Meißel, die ein Gewicht von 30 t und mehr erreichen können. Nach
Beendigung der Bohrarbeiten werden durch Einsenken von Tübbingssäulen aus ganzen
Tübbingsringen oder Segmenttübbings die Schächte gesichert. In losem Gebirge werden
die Schachtstöße, wenn nötig, während der Bohrarbeiten verrohrt. Die Kosten des
Schachtabbohrens sind gegenüber allen anderen Kunstverfahren beim Schachtbau die
niedrigsten.
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Abb. 4.Rohöl-Ausbruch einer Sonde in Campina (Rumänien).
In dem Bestreben, unserer teilweise sehr verarmten Welt, alle nur möglichen
Hilfsmittel nutzbar zu machen, ist man neuzeitlich auf den Gedanken gekommen, die
riesigen Energiequellen der Erdwärme zu verwerten. Man hat versucht, eine
Bohrmaschine zu konstruieren, vermittels derer die Erdwärme als Kraftquelle in den
Dienst der Energiewirtschaft gestellt werden kann. Mit ihr soll es möglich
sein, bis in Teufen von mehr als der doppelten der bisher erreichten Tiefen ins
Erdreich, ja bis zu 5000 m und mehr zu bohren. Zweifellos ist die Möglichkeit
vorhanden, bis in Schichten mit sehr hohen Temperaturen vorzudringen und das
Erdinnere als Motor auszunutzen.
Es gibt auch bereits manche Orte auf der Erde, wo diese bisher brachliegenden Kräfte
sogar ohne Bohrungen lohnend in hierfür konstruierten Maschinenanlagen ausgenützt
werden. So z.B. werden südwestlich von Florenz die dort seit unvordenklichen Zeiten
aufsteigenden heißen Quellen und Dampfmassen durch elektrische Generatoren von
besonderer Art nutzbringend verwendet. Die Vesuv- und Aetnagegend wird neuerdings
einer eingehenden Untersuchung unterzogen. Auch die ungebändigten Kräfte des Vulkan
Kilauea auf Hawai sollen als Ofen- und Wärmequellen in den Bereich der
Kraftausnutzung gezogen werden. In Frankreich sind verschiedene Bohrungen gestoßen
worden, bei denen die Temperaturen in großen Tiefen gemessen wurden. Bei Mollièrers
sur Ceze wurde in etwa 1870 m eine Temperatur von 82,5° C festgestellt. In den
vulkanischen Maremmen von Toscana sind die Italiener bereits bahnbrechend
vorgegangen. Dort werden die entweichenden heißen Dampfströme durch mehrere
Bohrlöcher bis zu 150 m Tiefe z.B. bei Larderello, die stündlich 150000 kg betragen,
für Maschinenbetrieb ausgewertet. Bei Castellnuovo, dem uns allen aus der Geschichte
bekannten verhängnisvollen Ort, werden stündlich 60000 kg Dampf von 180° C aus einem
einzigen Bohrloch gewonnen.Die Dampfmassen betreiben Turbinen und Generatoren
für elektrischen Strom, der bis Rom und Prescia geleitet wird. Wenn sich auch hier
die technischen Schwierigkeiten ohne weiteres überwinden lassen, so dürfte es doch
vorläufig fraglich sein, die Verwirklichung dieser genialen Tat auch in anderen
weniger günstigen Gebieten durchzuführen. Bei richtiger Auswahl der betreffenden
Ansatzpunkte, seien es nun Schächte oder Bohrungen an Orten der Erdhaut, an denen
die Tiefenwärme ziemlich nahe an die Oberfläche kommt, dürfte jedoch das Problem der
praktischen Auswertung ein wirtschaftliches Ausmaß erreichen. In Deutschland käme
hierfür z.B. das Vulkangebiet der Schwäbischen Alp mit ihren mehr als hundert
verschiedenen sog. Vulkanembryonen in Frage. Um den Gedanken in die Tat umzusetzen,
ist es notwendig, die zu erwartenden Gesteinstemperaturen im Berginnern, die
bekanntlich von einer Anzahl unbekannter Faktoren abhängen, ungefähr zu kennen.
Neuerdings sind auf diesem Gebiete durch eine Methode von Prof. Dr. Pressel
Fortschritte von bislang unerreichter Sicherheit zu verzeichnen. Sie gestattet eine
Abschätzung der zu erwartenden Maximaltemperaturen, an deren Möglichkeit bisher
niemand gedacht hat. Bei Tunnelbauten hat sich diese Methode der Vorherbestimmung
von Temperaturen bereits befriedigend bewährt. Auf die Einzelheiten soll hier nicht
näher eingegangen werden. Es handelt sich, kurz gesagt, um die Darstellung des
gleichen mathematischen Ausdrucks wie bei den Beziehungen zwischen entsprechenden
Größen in einem elektrostatischen Felde.