Titel: | Die Technik auf der 2. Großen Deutschen Funkausstellung in Berlin 1925. |
Autor: | Wilhelm Buchmann |
Fundstelle: | Band 340, Jahrgang 1925, S. 225 |
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Die Technik auf der 2. Großen Deutschen
Funkausstellung in Berlin 1925.
Die Technik auf der 2. Großen Deutschen Funkausstellung in Berlin
1925.
Genau vor neun Monaten wurde die erste Deutsche Funkausstellung eröffnet. Sie
war ein großer Erfolg für die Aussteller, für die Ausstellungsleitung und für die
ganze Funkbewegung überhaupt. Dies zeigte sich am deutlichsten darin, daß im
darauffolgenden Monat, im Januar 1925, die höchste Zunahme an Rundfunkteilnehmern
stattgefunden hat: Nicht weniger als 100 000 neue Funkgäste sind damals
dazugekommen.
Die zweite Große Deutsche Funkausstellung ist jetzt am 4. September 1925 vom
Reichspostminister Stingl feierlich eröffnet worden. Mögen die bei der
Eröffnungsfeier ausgesprochenen guten Wünsche für dieWeiterentwicklung des
Rundfunks und der deutschen Funkindustrie, die bereits jetzt ein wesentliches Glied
deutschen Wirtschaftsleben geworden ist, in Erfüllunggehen!
Schon ein flüchtiger Ueberblick zeigt, daß sich gegenüber dem Dezember des vorigen
Jahres eine Wandlung vollzogen hat. Gerade auf dem Funkgebiet ist die Technik mehr
als auf anderen Gebieten mit Siebenmeilenstiefeln fortgeschritten. Für den Laien ist
dieser Fortschritt zwar nicht immer ohne weiteres erkennbar, da er sich oft hinter
den schön polierten Gerätegehäusen verbirgt. In stiller Laboratoriums- und Forscherarbeit sind
Neuerungen entstanden – besonders in den Schaltungen –, die auf Erhöhung der
Reichweite, Verbesserung der Lautstärke und Verfeinerung der Wiedergabe abzielen.
Gerade in der künstlerisch hochwertigen Uebertragung sind bedeutende Fortschritte zu
verzeichnen.
Wie im vergangenen Jahr bringt auch diesmal die Reichspost- und Telegraphenverwaltung
eine gute Uebersicht über den technischen Werdegang des Rundfunks, der sich
besonders auf die Sendeeinrichtungen zur Erzeugung kurzer und mittlerer Wellen
erstreckt, im Hinblick auf die bedingte Freigabe des Sendens mit kurzen Wellen seit
dem 1. September. Unsere Funkvereine und technisch geschulten Funkliebhaber dürften
diese Neuerung besonders begrüßen, und ein erneuter Aufschwung des Funkwesens wird
die Folge sein.
Das regste Interesse wird zweifellos die naturgetreue Wiedergabe der Sendespielbühne
und des Orchesterraumes der Berliner Funkstunde bei allen Ausstellungsbesuchern
erwecken. Das Besprechungszimmer und der neue große Telefunkensender des immer noch
nicht fertigen Funkturms in Witzleben sind hinter Glasscheiben sichtbar.
Zahlreiche der weit über 200 Aussteller sind den Wünschen der Funkliebhaber nach
Sendeeinrichtungen entgegengekommen und haben Uebungsgeräte für kurze Wellen gebaut.
Durchweg fällt bei allen Geräten die saubere Ausführung auf, die das fachmännische
Können zeigt; sind doch in dem scharfen Wettbewerb der letzten Jahre nur die Firmen
auf die Dauer erfolgreich geblieben, die tatsächlich Höchstleistungen erzielen
konnten. An Empfängern sah man solche mit bis zu neun Röhren, während ihre Mehrzahl
nicht über fünf Röhren hinausging. Eine zweckmäßige Lösung der Frage nach der Musik
im Heim stellt die Vereinigung eines Empfängers mit einem Grammophon dar, wobei der
eingebaute Grammophontrichter gleichzeitig als Lautsprechertrichter dient. Die
Wiedergabe der Grammophonplatten kann sowohl wie gewöhnlich durch die Schalldose mit
Nadel unmittelbar, als auch elektrisch durch eine besondere Magnethörerdose
erfolgen, die über den Verstärker des Empfängers die Musikstücke usw. fast ohne
jedes Nebengeräusch in vollendeter Weise wiedergibt. Man kann also Plattenmusik
hören, wenn der Sender nicht sendet, oder wenn man sie ihm vorzieht.
Für die Reise oder für Ausflüge ins Freie, Boots- oder Kraftwagenfahrten kann man
seinen Empfänger im vornehmen Lederkoffer oder in ein Fahrzeug wohlgefedert
eingebaut mitführen. Für den kleinen Mann, dessen Geldbeutel nicht für einen
Kraftwagen oder einen Mehrröhrenapparat mit einem hochtönenden lateinischen oder
griechischen Namen reicht, tut es auch ein kleiner Detektorempfänger in Form und
Größe einer Taschenuhr, der im Bereich des Detektorempfangs selbst mit
Behelfsantennen einen großen Detektorempfänger ersetzt. Der Genehmigung zum Empfang
weiterer Wellenbereiche tragen verschiedene Geräte Rechnung, von denen besonders ein
Dreiröhrenempfänger angenehm auffällt, der durch einfaches Einschieben einer
bestimmten von drei Schubladen kürzere oder längere Wellen zwischen 250 und 3000
Meter zu empfangen gestattet. Für den Funkbastler, der sich mit wenigen Einzelteilen
als Bausteinen seine Schaltungen selber herstellen will, ist ein neuartiger
Empfänger hergestellt worden, bei dem die Einzelteile, wie Kondensator, Spulen usw.,
in den Schiebedeckelfalz eines Kastens eingeschoben werden können. Jede Tragplatte
ist auf der Vorderseite mit Klemmen versehen, überdie mitgelieferte
Schaltungsskizzen mit Löchern passen, nach denen die Verbindungen mit Drähten
hergestellt werden.
Für die Anpassung vorhandener älterer Geräte an neuzeitliche Forderungen sind
Zusatzgeräte geschaffen worden, so z.B. zur Erhöhung des Wellenbereichs in Form von
vorgeschalteten Spulenkasten. Der Erhöhung der Empfindlichkeit dienen besondere
Rückkoppelungsgeräte, die nach geringen Aenderungen der vorhandenen Empfänger an
diese angesetzt oder auf sie aufgesteckt werden können.
Je empfindlicher der Empfänger wird, um so feiner müssen auch die
Einstellmöglichkeiten werden. Das zeigt sich besonders bei den Abstimmungsmitteln:
den Spulen und Drehkondensatoren. Vielfach ist die hergebrachte Spulenform – auf
einem walzenförmigen Körper nebeneinanderliegende oder sich kreuzende Drahtwindungen
– verlassen worden; dafür sind völlig freitragende Spulen geschaffen worden, die
meist etwa folgendermaßen aussehen: Zwischen zwei aus Windungen isolierten Drahtes
gebildeten Scheiben, die etwa einen Zentimeter Abstand von einander haben, liegen
die übrigen Windungen zickzackförmig, sich überschneidend, so daß sie von der Seite
gesehen zwischen den Scheiben liegende, sich mit ihren Längsachsen aneinander
reihende Rhomben bilden. Diese Spulen haben den Vorzug äußerst geringer
Eigenkapazität bei hoher Selbstinduktion; sie verbürgen höchste Empfindlichkeit und
gewähren leichte Einstellung für Rückkopplung. Neu ist auch eine Spule, in der sechs
Einzelspulen mit verschiedenen Windungszahlen für Wellenlängen von 100 bis 4300
Metern vereinigt sind, die wahlweise durch einen Hebel eingeschaltet werden können
und sich zum Primär- wie zum Sekundärempfang eignen. Die Spulenhalter zur
Einstellung der Kopplung und der Rückkopplung sind ebenfalls wesentlich verbessert
worden und mit Kegelrad- und Schneckentriebübersetzungen ausgerüstet. Die Griffe
sind zu langen Stielen geworden, da bei den empfindlichen Geräten schon die
Annäherung der Hand dazu genügt, die Abstimmung zu stören.
Auch für Drehkondensatoren sind solche Stielgriffe auf den Markt gekommen. Daneben
haben die Feineinstellungsknöpfe, die mit hoher Uebersetzung auf die Knopfskale
arbeiten, neue zweckmäßige Ausbildungsformen gewonnen. Oft findet man auch zur
Feineinstellung besondere einzelne Kondensatorplatten, die mit einem mitten durch
die Achse des Hauptkondensators hindurchgehenden Griff oder mit neben dem
Kondensator liegender Achse für sich eingestellt werden können und bei ihrer Drehung
die Kapazität nur wenig verändern. Die bisherigen Kondensatoren hatten eine gewisse
Mindestkapazität, da die Platten, selbst wenn sie ganz herausgedreht waren, nahe
beieinander blieben; dem hilft ein Drehkondensator ab, bei dem die Plattensätze
voneinander abgerückt werden können.
Zu den zahlreichen Detektoren bisheriger Art, bei denen eine Feder einen Kristall
berührt oder zwei Kristalle auf einander ruhen, sind wiederum viele neue
Ausführungsformen getreten. Eine ganz neue und eigenartige Lösung der Detektorfrage
bildet eine Anordnung, bei der weder Kristalle noch Federn vorhanden sind; das
Geheimnis besteht aus einem glatten Rädchen aus einer Kupferlegierung, auf dessen
Umfang für Nahempfang ein ähnliches Zinnrädchen und für Fernempfang ein Kohlerädchen
ruht. Durch einfaches Drehen des Kupferrädchens wird der Detektor eingestellt. Es
wird behauptet, daß man damit schon reinen Detektorempfang auf 400 Kilometer gehabt
habe.
Die Zahl der Lautsprecher ist natürlich außerordentlich groß. Bevorzugt wird –
wie beim neuzeitlichen Grammophon – Holz als Baustoff. Neue Versuche, ohne Trichter
auszukommen, haben zu Lautsprechern in Trommel-, Kasten-, Leier- und Glockenform
geführt. Eine besondere Lösung besteht in einem Schalltrichter mit drei Füßen, von
denen zwei seitwärts durchbohrt sind, und auf die ein Doppelkopffernhörer aufgesetzt
wird. Auf der Suche nach geeigneten Baustoffen für Schalltrichter hat man sogar
große Schneckenhäuser, sogenannte Tritonshörner, verwendet. Die Fernhörer werden
immer kleiner und leichter.
Zu den bekannten Ladeeinrichtungen für Heizbatterien aus Gleich- oder
Wechselstromnetzen, wie Widerständen, Pendel- und Glimmlichtgleichrichtern sowie
kleinen Ladeumformern, sind noch Ladeeinrichtungenfür Anodenbatterien und
solche wiederaufladbaren Batterien selbst auf den Markt gekommen.
Eine Weckeruhr mit von 5 zu 5 Minuten einstellbaren Weckzeiten weckt mit einem Aufzug
etwa 50 mal, und zwar zwei Minuten vor und drei Minuten nach den eingestellten
Zeiten; sie soll dazu dienen, rechtzeitig an den Beginn der Funkvorführungen zu
erinnern, deren Zeiten man nach dem Programm einstellen kann.
Das Funkschrifttum hat selbstverständlich ebenfalls ungeheuer zugenommen, wie die
Ausstellungsstände vieler Verleger zeigen. Auch sonst zeigt die Ausstellung noch
viel Belangreiches, und der Fachmann wird tagelang darin verweilen müssen, um alles
für ihn Wissenswerte zu erfahren.
Wilhelm Buchmann.