Titel: | Magnesit, sein Vorkommen und seine Bedeutung. |
Autor: | W. Landgraeber |
Fundstelle: | Band 340, Jahrgang 1925, S. 230 |
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Magnesit, sein Vorkommen und seine
Bedeutung.
Von Bergwerksdirektor W. Landgraeber.
LANDGRAEBER, Magnesit, sein Vorkommen und seine
Bedeutung.
Magnesit – kohlensaure Magnesia – auch Talkspat oder Bitterspat genannt, ist ein
in der Natur nur wenig verbreitetes Material. Sein hoher Wert für die
Stahlfabrikation ist dem Koblenzer Industriellen Karl Später zu verdanken, der seine
Verwendung in den achtziger Jahren ins Leben gerufen hat. Magnesitsteine sind im
Eisenhüttenbetrieb ebenso notwendig wie Kalk und Dolomit. Ohne sie ist jener nicht
denkbar. Magnesit wird als Futter für Hochöfen, Konverter, Martinöfen und dergl.
verwandt. Er ist das widerständigste Baumaterial. Seine Festigkeit ist
außerordentlich groß. Er findet ferner Verwendung in der Metallhüttenindustrie sowie
für Kesselfeuerungen und bei einer Reihe von chemischen Industrien.
Nicht alle Rohmagnesitlager sind bauwürdig. Viele Vorkommen, die für gut und mächtig
angesprochen wurden, haben sich beim Vorschreiten der Abbauarbeiten als nicht
ergiebig oder verwendbar erwiesen. Um ein richtiges Bild von einer Lagerstätte zu
bekommen, ist es notwendig, umfangreiche Untersuchungsarbeiten vorzunehmen. Ferner
müssen von den gewonnenen Rohsteinen Durchschnittsmuster gezogen und Brennproben
ausgeführt werden. Dann muß der gebrannte und gemahlene Magnesit einer mechanischen
Prüfung auf Raumbeständigkeit, Abbindefähigkeit und Zugfestigkeit unterzogen werden.
Die praktische Verwendbarkeit läßt sich aus der chemischen Analyse allein nicht
beurteilen. Magnesite mit hohem Magnesiagehalt haben mehrerenorts den an sie
gestellten Erfordernissen nicht entsprochen, während wiederum solche Rohsteine mit
weniger guter Analyse sich praktisch bewährt haben.
Der Magnesit wird vornehmlich in Schachtöfen gebrannt. In Steiermark, dem
bedeutendsten Magnesitgebiet der Welt, haben diese früher und auch jetzt noch
Abmessungen von 5 Meter Höhe und 1,2 Meter Durchmesser. Der erste Ofen wurde im
Jahre 1886 errichtet. Zum Kaustischbrennen werden Temperaturen von 600 bis 900 Grad,
zur Sinterung bei eisenfreiem Material 1800 Grad und bei einem Fe-Gehalt von über 2
Prozent 1300 bis 1400 Grad angewandt. Die Brennhitze ist von großer Wichtigkeit,
weil verschieden gebrannter Magnesit bei der Verarbeitung recht verschiedene
Eigenschaften zeigt. Es ist deshalb nötig, durch Brennversuche festzustellen, bei
welchem Seegerkegel ein Magnesit am vorzüglichsten ist. Die Tagesleistung eines
Ofens obengenannter Abmessungen beträgt4 bis 5 Tonnen gebrannter Ware. Der
kaustisch gebrannte Magnesit wird in Kugelmühlen mit Windsichtung verarbeitet. Die
Magnesitsteine für Hochöfen, Martinöfen, Konverter und dergl. werden aus mit
kaustisch gebranntem Magnesit gemischtem Sintermagnesit unter hohem Druck geformt
und mit Temperaturen von 1500 bis 1600 Grad abermals gebrannt.
In Deutschland ist Magnesit bei Frankenstein, Schweidnitz u.a. O. in Schlesien
bekanntgeworden. Andere Fundorte liegen in Mazedonien, Piemont, Neukaledonien,
Kalifornien, Indien, Afrika und Australien. Sie haben jedoch für die Weltversorgung
nur untergeordnete Bedeutung bezw. lassen für die technische Verwendbarkeit in der
Eisenindustrie viel zu wünschen übrig. Ausgiebiger sind die Lager auf der Insel
Euböa in Griechenland, sowie in den Talk- und Chloritschiefern der Alpenländer. Die
bedeutendsten Fundstätten kristallinischen Magnesits besitzt Oesterreich in den
Grauwackenzonen der Alpen. Sie sind so reichhaltig, daß sie dieses Land zu einem der
ersten Magnesitproduzenten der Welt emporgehoben haben. Es lassen sich deutlich zwei
Lagerstättenzüge unterscheiden. Einer, der nördliche, beginnt am Semmering vor den
Toren Wiens, wendet sich nach Westen gegen die Veitsch zu, weiter nach Südwesten bis
Brück und wieder nach Westen in der Richtung Leoben und Trieben. Er durchquert
Steiermark und führt über Salzburg nach Tirol. Der südliche Zug verläuft im rechten
Winkel hierzu und führt über Steiermark und Kärnten nach Südtirol. Er befindet sich
zumeist in großen Höhenlagen (1600 bis 1800 Meter) in der Umgebung von Misnitz, Graz
und Turrach. Das Nebenprodukt ist Kalk, der ebenfalls in großen Mengen gewonnen
wird. Außerdem kommen noch Magnesite in der Gegend von Mittelstadt vor. Weitere
Schätze wurden bei Maierhofen in Tirol entdeckt. In geringeren Mengen findet sich
amorpher Magnesit in Kraubath in Steiermark.
Die größte Leistung an diesem wichtigen Material dürften wohl die Veit'schen
Magnesitwerke A.-G. – eine Gründung der Firma Karl Später in Koblenz im Jahre 1881 –
aufzuweisen haben. Die gesellschaftlichen Werke liegen bei Veitsch, Trieben,
Breitenau, Eichberg und Benkenburg. Sie gewinnen den Rohmagnesit im Tage- und
Tiefbau und brennen ihn in Oefen modernster Konstruktion zu einem unübertreffbaren
Montanprodukt zur Verwendung in der metallurgischen, speziell in der Stahlindustrie.
Die Veitscher Magnesitwerke haben mit zwei Drittel der Weltproduktion gewissermaßen ein
Magnesitmonopol. Die Ausfuhr von Veitscher Magnesit ist von 37000 Tonnen im Jahre
1898 auf 102000 Tonnen im Jahre 1910 gestiegen. Im letzten Geschäftsjahre vor dem
Kriege gingen etwa 80000 Tonnen nach überseeischen Ländern, vorwiegend Amerika.
40000 Tonnen fanden in Europa Verwendung. Von Veitsch aus nahm die österreichische
Magnesitindustrie ihren Ausgang.
Die Steierische Magnesitindustrie A.-G., gegründet im Jahre 1920, ist nicht weniger
bedeutsam. In ihr sind verschiedene Magnesitbetriebe vereinigt bezw. angeschlossen.
Mit den Veitscher Werken besteht eine Art Preiskonvention und mit der Firma Krupp
ein mehrjähriger Lieferungsvertrag. Ferner hat diese A.-G. eine
Interessengemeinschaft mit der Firma Dr. Otto Dahlhausen angebahnt. Die Radentheimer
Vorkommen werden von der Austro-American-Magnesite-Company ausgebeutet. Diese Werke
haben sich inzwischen ebenfalls zu einer Weltfirma emporgeschwungen. Hier wird zur
Reinigung von Bohrmagnesit das Flotationsverfahren mit Erfolg angewandt und eine
vorzügliche Qualität erzielt. Zu erwähnen wären schließlich noch die Magnesite bei
Dienten in Salzburg auf der Stangenalpe (2000 Tonnen) im Bezirk Murau, Arzbach bei
Nauburg und St. Martin bei Oeblarn (schätzungsweise Vorräte 3000 Tonnen).
Die Vorzüglichkeit des österreichischen Materials, die sorgfältige auf reicher
Erfahrung fußende Bearbeitung und die quantitative Leistungsfähigkeit haben diesem
Montanprodukt dazu verholfen, die während desKrieges verloren gegangenen
Absatzgebiete wieder zu erobern. In Amerika ist der schärfste Konkurrent
österreichischer Produkte der Magnesit im Staate Washington. Die Produktion in den
Vereinigten Staaten betrug 1918 231000 Tonnen und im Jahre 1920 sogar 303000 Tonnen.
Um diese Zeit belief sich der Import der Vereinigten Staaten auf 43000 Tonnen bezw.
63000 Tonnen. Im Jahre 1923 stellte sich die amerikanische Erzeugung nur auf 55800
Tonnen und der Import auf 218000 Tonnen. Im Jahre 1923 hielten sich Import und
eigene Erzeugung mit 147000 Tonnen bezw. 150000 Tonnen die Wage. Im Jahre 1913 hat
Amerika aus Oesterreich und Griechenland ungefähr 150000 Tonnen eingeführt.
Neuerdings führt England aus Oesterreich große Mengen ein. Im Jahre 1924 betrug der
Export Oesterreichs an rohem Magnesit rund 16300 Tonnen.
In Italien sind während des Krieges verschiedene Magnesitlager untersucht, so in der
Provinz Pisa, auf der Insel Elba und im Val d'Elsa. Kristallinischer Magnesit wurde
jedoch nicht entdeckt. Der letztgenannte Fundort bei Quercett (Toskana) dürfte mit
96 v. H. Magnesiumkarbonat nach der Scheidung die beste Qualität sein. Im Jahre 1923
hat Italien 7000 Tonnen produziert.
In Südserbien bei Mrosevac an der Eisenbahnlinie Skoplje-Kos-Mitovica wurden
neuerdings außer Mangan-Eisen auch noch Magnesitlager mit mehr als 10 Lagen
entdeckt, mit einer schwankenden Mächtigkeit von zwei bis dreißig Metern. Die
anstehenden Mengen werden auf 10000000 Tonnen geschätzt.