Titel: | Lichtbogenschweißung von Eisenkonstruktionen. |
Autor: | Karl Meller |
Fundstelle: | Band 340, Jahrgang 1925, S. 241 |
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Lichtbogenschweißung von
Eisenkonstruktionen.
Von Oberingenieur Karl
Meller, Berlin.
MELLER, Lichtbogenschweißung von Eisenkonstruktionen.
Die Anwendung der elektrischen Lichtbogenschweißung bei Eisenkonstruktionen
befindet sich gegenwärtig noch im Versuchsstadium. Es sind bis jetzt verhältnismäßig
wenige Ausführungen bekanntgeworden, die meist als Propaganda-Ausführungen zu
betrachten sind, die aber immerhin schon den Beweis erbracht haben, daß die
Einführung der elektrischen Lichtbogenschweißung wirtschaftlich von Vorteil sein
dürfte. Schwierigkeiten in der Einführung sind im wesentlichen darin zu suchen, daß
bis jetzt in den meisten Ländern die bestehenden behördlichen Bestimmungen noch
keine Berücksichtigung der Lichtbogenschweißung enthalten. Für die Anwendung kommen
in Betracht alle Eisenkonstruktionen, insbesondere das Schweißen folgender
Teile:
Gittermaste,
Gasometer-Stützen,
Seilbahn-Gerüste,
Eiserne Fensterrahmen und Türen,
Fördertürme,
Dachgerüste,
Krangerüste, Kranbahnen,
Träger-Konstruktionen,
Gerüste für Aufzüge,
Hallen-Konstruktionen,
Drehscheiben,
Brücken.
Außer für die Neuanfertigung dieser Teile kommt die Lichtbogenschweißung noch für die
Instandsetzung insbesondere für die Verstärkung vorhandener Eisenkonstruktionen in
Betracht. Besonders für letzteres Anwendungsgebiet dürfte die Lichtbogenschweißung
ganz bedeutende wirtschaftliche Vorteile bieten.
Für alle diese Arbeiten wird augenblicklich das Schweißverfahren nach Slavianoff
angewendet. Bei diesem wird der eine Pol einer elektrischen Energiequelle an das
Werkstück, der aridere Pol an eine Elektrode angeschlossen. Durch Berühren der
Elektroden mit dem Werkstück wird zwischen diesen beiden Teilen ein elektrischer
Lichtbogen gezogen und gehalten. Durch die Wärme dieses Lichtbogens erfolgt ein
Schmelzen des Werkstückes und des Schweißstabes, der in einen besonderen Halter
eingespannt ist. Die Länge des Lichtbogens beträgt 2–5 mm. Die Lichtbogenspannung
15–30 Volt, die Stromstärke 50 bis 200 Amp. Man kann unmittelbar vom Netze
schweißen. Da aber dabei die Netzspannung auf die Lichtbogenspannung durch
Vorschaltwiderstände abgedrosselt werden muß, so ist diese Arbeitsweise
unwirtschaftlich. Vorzuziehen sind sogenannte Schweißmaschinen mit stark abfallender
Charakteristik, so daß die infolge der unvermeidlichen Kurzschlüsse auftretenden
Stromstärken in noch zulässigen Grenzen gehalten werden. Am gebräuchlichsten ist die
Verwendung von Gleichstrom, da sich bei ihm der Lichtbogen leichter ziehenund
aufrechterhalten läßt.
Textabbildung Bd. 340, S. 241
Abb. 1.
In Abb. 1 ist die Methode
schematisch dargestellt. Die einfachste Form der Schweißung ist die Kehlschweißung.
Hierbei werden die zu verschweißenden Teile, z.B. zwei Bleche, übereinandergelegt
und die auf diese Weise gebildete Hohlkehle durch Einschweißen, von
Elektrodenmaterial verbunden.
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Abb. 2.
In Abb. 2 ist schematisch die
Kehlschweißung dargestellt, wobei, je nachdem die Schweißung nur an einer oder an
beiden Hohlkehlen vorgenommen wird, von einfacher oder doppelter Kehlschweißung
gesprochen wird.
Textabbildung Bd. 340, S. 241
Abb. 3.
Bei der Stumpfschweißung (Abb. 3) werden die Bleche an
ihren Schmalkanten verschweißt, wobei meist ein Abschrägen der Kanten erforderlich
wird, um mit der Elektrode auch an die tiefste Stelle gelangen zu können.
Textabbildung Bd. 340, S. 241
Abb. 4.
Ferner kann als grundsätzliche Schweißform die Winkelschweißung (Abb. 4) genannt werden. Durch gleichzeitige Anwendung
dieser drei grundsätzlichen Schweißarten können die mannigfaltigsten
Schweißverbindungen erreicht werden. So ist bei der in Abb.
5 wiedergegebenen Schweißung sowohl eine Winkel- als auch eine Kehl- und
Stumpfschweißung vorhanden. Auf diese Weise lassen sich z.B. eiserne Säulen ⌶
schweißen. Bei den einfachen Säulen aus H–Eisen können mit der Lichtbogenschweißung,
wie Abb. 6 zeigt, die Kopf- und Fußplatten
angeschweißt werden. Sollen die Säulen etwas stabiler sein, so wird die Grundplatte
verhältnismäßig groß gewählt und durch einfache, anzuschweißende Winkelbleche eine
Versteifung hergestellt. Oft ist es erforderlich, die Säulen in Betonklötzen zu
verankern. Zu diesem Zweck werden an die 4 Ecken der Grundplatte 4 Winkeleisen
angeschweißt, die in die Fundamentsockel mit einbetoniert werden (Abb. 7).
Textabbildung Bd. 340, S. 241
Abb. 5.
Zur Befestigung der Dachbinder genügt es bei schwachen Konstruktionen, auf die
Säulen eine Kopfplatte aufzuschweißen. Bei stärkeren Drücken ist es empfehlenswert,
die einzelnen Säulen mit einem durchgehenden Doppel-T-Träger zu verbinden, der auch
zwischen den einzelnen Säulen noch Dachbinder aufnehmen kann. Eine solche Verbindung
ist in Abb. 8 wiedergegeben, die gleichzeitig auch
eine einfache Dachkonstruktion darstellt.
Textabbildung Bd. 340, S. 242
Abb. 6.
Die Knotenbleche haben den Zweck, die Profileisen miteinander
besser verschweißen zu können, bzw. den Binder an dem durchlaufenden T-Träger zu
befestigen.
Textabbildung Bd. 340, S. 242
Abb. 7.
Eine andere Dachkonstruktion, insbesondere der Obergurte und Füllstäbe, zeigt Abb. 9. Hier ist für den Obergurt eines Binders ein
durchlaufender Träger verwendet, der im First ausgeschnitten, alsdann gebogen und
zusammengeschweißt wurde. Als Füllstäbe sind hier Winkeleisen verwendet. Zur
Aufnahme der eigentlichen Dachhaut dienen gewöhnlich Band- oder U-Eisen, die in
einfacher Weise durch Schweißen befestigt werden. Abb.
10 zeigt, wie am zweckmäßigsten eine Lüftung an dem Dachfirst durch
Schweißen ausgeführt werden kann. Auch hier sind Winkeleisen benutzt worden, für die
entsprechend der geringen Last kleine Profile gewählt werden.
Textabbildung Bd. 340, S. 242
Abb. 8.
Zweckmäßig lassen sich auch Konsole durch Schweißen herstellen und zwar am besten aus
Profileisen und Blechen, wie dies beispielsweise bei Abb.
11 gezeigt ist. Die Winkeleisen werden zu beiden Seiten des Bleches
angeschweißt, und die oben entstehende Lücke wird mit Schweißmaterial
ausgefüllt.
Textabbildung Bd. 340, S. 242
Abb. 9.
Eine andere Art von Konsol-Herstellung zeigt die Abb.
12. Entsprechend der schwereren Ausführung ist ein solches Konsol für
größere Lasten geeignet. An die Säule werden zu beiden Seiten größere Dreieck-Bleche
angeschweißt, an diese wiederum 2 Winkeleisen. Die Verbindung der beiden rechts und
links liegenden Konsolhälften wird durch ein entsprechend starkes Blech, welches auf
die Winkeleisen aufgeschweißt wird, hergestellt.
Textabbildung Bd. 340, S. 242
Abb. 10.
Durchgehende Träger über Toreinfahrten, über größere Türen oder Fensteröffnungen, die
schwere Lasten zu tragen haben, werden zweckmäßig durch zwei T-Eisen, die durch
diagonalgeführte Winkeleisen verbunden sind, aufgebaut (Abb. 13). In Amerika sind bereits größere Hallen in dieser Weise gebaut
worden. So steht in Neuyork eine 18 m lange und 12 m breiteHalle.Vergl. Z. d. V. D. I 1920 Seite 486
ff. Bei ihrer Errichtung konnten, da die Nietlöcher das Profileisen
nicht mehr schwächten, geringer dimensionierte Profile für. den Aufbau gewählt
werden, was eine erhebliche Materialersparnis darstellt. Auch wurden durch die
gesparten Nieten und dadurch, daß keine Locher mehr gebohrt werden mußten, Ausgaben
für Material und Lohn vermindert. Die einzelnen Konstruktionsteile konnten bereits
in der Werkstatt zurecht-geschnitten und dann an Ort und Stelle transportiert
werden. Dort werden sie dann zweckmäßig unter Verwendung hölzerner Lehren La ganz
kurzer Zeit zusammengeschweißt und aufgerichtet.
Textabbildung Bd. 340, S. 242
Abb. 11.
Eine größere Gießhalle wurde in England geschweißtVergl. „Engineering“ März 1921, Seite
323 ff.; sie hat eine Grundfläche von ca. 30 × 15 m und enthält
einen Laufkran für 20 t Last. Das eben beschriebene einfache Konsol dient dazu, die
Laufbahi des Kranes zu tragen.
Textabbildung Bd. 340, S. 242
Abb. 12.
Eine große Halle, die 60 m lang war und 16 Hauptträger und 32 Seitenhallenträger
besitzt, wurde gleichfalls in England geschweißt.
Textabbildung Bd. 340, S. 242
Abb. 13.
Eine weitere bemerkenswerte Schweißarbeit in der Zusammenfügung von
Eisenkonstruktionen zeigt die Herstellung eines Gasometergerüstes.Vergl. „The Welding Engineer“ Sept.
1923. Es wurden 16 Gittermaste errichtet; sie bestehen aus je 2
H-Eisen, die diagonal durch Winkeleisen verstrebt sind (Abb. 14).
Textabbildung Bd. 340, S. 242
Abb. 14.
Die Verstrebung der einzelnen Gittermaste wurde durch
Winkeleisen erreicht. Außerdem wurden weitere Querträger eingebaut nach demselben
Querschnitte wie Abb. 14, die durch 4 Winkeleisen von
kleineren diagonalen Winkelprofilen zu Kastenträgern zusammengefügt wurden.
Ein aussichtsreiches Gebiet für die Lichtbogenschweißung ist ferner der Aufbau
von größeren Masten für Ueberlandleitungen usw. Ein solcher Mast wird am
zweckmäßigsten aus 4 Winkeleisen, die durch einfache Diagonalflacheisen verstrebt
sind, als Kastenmast ausgeführt.Vergl.
„Schmelzschweißung“ N. 7 1924, S. 7.
Textabbildung Bd. 340, S. 243
Abb. 15.
Die 4 Winkeleisen stehen auf einer Grundplatte und sind mit
dieser noch besonders durch einfacheWinkelbleche verbunden. Die Mäste werden
zweckmäßig in Längen, wie sie am günstigsten für den Eisenbahntransport sind,
hergestellt. Die einzelnen Teile werden dann an Ort und Stelle miteinander
verschraubt.
Auch im Brückenbau dürfte die Lichtbogenschweißung in größerem Umfange anwendbar
sein. Einen beachtenswerten Versuch zeigt die Schweißung des in Abb. 15 dargestellten Brückenträgers von 10 m Länge.
Ober- und Untergurt waren aus zwei durch Schweißung verbundenen Teilen hergestellt.
Diagonalen und Querverbände waren durch einfache Kehlschweißungen mit den Gurten
verbunden unter Verwendung von Distanzplättchen zwischen je 2 Stäben einer
Diagonale. Die Brücke war für eine Normallast von 18 t mit dreifacher Ueberlast,
also 54 t, entworfen. Die Probelast wurde bis 54 t gesteigert. Im Bilde ist der
Augenblick der Höchstbelastung kurz vor dem Zusammenbrechen der Brücke festgehalten.
Die Höchstlast wurde etwa 2 Minuten lang ausgehalten, worauf die äußeren Diagonalen
durchknickten und die Brücke in sich zusammensackte. Die folgende Untersuchung
zeigte, daß die Obergurte im vollen Werkstoff durchgebrochen waren. Die Untergurte
waren an mehreren Stellen angerissen, die Diagonalen vielfach verbogen. Die
Schweißverbindungen hatten im allgemeinen gehalten und waren nur an wenigen Stellen
beschädigt.