Titel: | Die Veredelung von Gußeisen. |
Autor: | H. Kalpers |
Fundstelle: | Band 341, Jahrgang 1926, S. 45 |
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Die Veredelung von Gußeisen.
Von Dr.-Ing. H. Kalpers.
KALPERS, Die Veredelung von Gußeisen.
Vergleicht man die Erzeugnisse der Eisengießerei mit denjenigen der
Stahlgießerei, so ist es auffallend, daß die letztere sich viel früher
wissenschaftlicher Arbeitsverfahren bedient hat, die es ihr infolgedessen
ermöglichten, hochwertige Gußstücke auf den Mark zu bringen. Der Grund liegt darin,
daß man den Eisenguß lange Zeit für nicht verbesserungsfähig hielt, ihn genau wie
vor Jahrzehnten noch im Kupolofen schmolz und noch schmilzt und dabei übersah, wie
die Stahlgießerei in engem Zusammenhang mit den großen Stahlwerken sich deren
Erfahrungen zu eigen machte und sich hierdurch den Weg zu höheren Erfolgen bahnte.
Die Eisengießerei ist meistens ein auf sich angewiesener Betrieb, der vielleicht an
eine Maschinenfabrik angegliedert ist, die Stahlformgießerei dagegen nur eine
Abteilung eines großen Eisenhüttenwerkes, das über eine mit allen neuzeitlichen
Forschungsmitteln ausgerüstete Untersuchungsanstalt verfügt. Es ist klar, daß unter
solchen Verhältnissen wertvollere Arbeit geleistet wurde als in dem Laboratorium der
Eisengießerei, die sich mit der Analyse von Eisen und Brennstoff begnügt. Erst der
Drang nach Sonderarbeit, dann die Eroberung neuer Absatzgebiete durch den
Stahlformguß, weiter der Wettbewerb von Nichteisenmetallen und -legierungen zwangen
dazu, die Geheimnisse der im Eisen schlummernden Kräfte zu ergründen und zu
versuchen, diese durch künstliche Beeinflussung so zu gestalten und in solche
Beziehungen zu einander zu bringen, daß man ein Eisen von gänzlich verschiedenen
Eigenschaften erhielt.
Der erste Schritt in dieser Richtung galt der Erzielung eines Eisens mit einem
höheren Reinheitsgrad, also zunächst der Verbesserung des Gusses, die noch nicht als
Veredelung aufgefaßt werden kann. Dazu gehören die Bestrebungen zu entschwefeln, zu
entgasen und zu desoxydieren. Die Erfolge müssen anerkannt werden, namentlich darf
das Entschweflungsverfahren nach Walter Dürkopp-Luyken-Rein nicht ungenannt bleiben,
ebenso der Eisenreiniger nach Scharlibbe, ferner verschiedene Schlackenabschäumer an
Gießpfannen und Gießtrommeln.
Der Veredelung von Gußeisen sind höhere Ziele gesteckt. Kennzeichnend ist, daß die
chemische Analyse allein, sonst die Wurzel jeglicher Stoffuntersuchung, uns nicht
die nötigen Aufklärungen über das, was wir wissen wollen und was wir zu tun haben,
zu geben vermag, daß wir vielmehr in das Herz des Eisenkörpers nur mit Hilfe der
Gefügeuntersuchung eindringen können, die uns restlos in die Fragen einweiht,
warum ein Gußstück sich gegen Stoß, Schlag, Druck, Abnützung usw. besser verhält als
ein anderes, trotzdem die Ausgangsstoffe unter die chemischen Analysen dieser beiden
Gußstücke nur unwesentlich von einander abweichen. Dieser Hinweis genügt, um zu
zeigen, daß die planmäßige Gußveredlung nicht von jeder beliebigen Eisengießerei
betrieben werden kann, sondern nur dann einen Erfolg verspricht, wenn dem Betrieb
eine nach neuzeitlichen wissenschaftlichen Grundsätzen arbeitende Forschungsstätte
erklärend, helfend und anregend zur Seite steht.
Für die Gußveredelung kommen heute folgende Möglichkeiten in Frage:
1. Veredelung auf dem Schmelzwege,
2. Veredelung auf dem Legierungswege,
3. Veredelung auf physikalisch-chemischem Wege.
Zu 1. Veredelung auf dem Schmelzwege.
Der überlieferte Schmelzapparat der Eisengießerei, der Kupolofen, in seiner bisherigen beibehaltenen Form allein – der
Schürmann-Ofen bezweckt ja nur eine bessere Wärmeausnutzung und die Verminderung der
Schwefelaufnahme – ist wohl nicht geeignet, eine Veredelung durch gewöhnliches
Schmelzen herbeizuführen. Durch Gattierung sorgfältig gewählter Eisen-Sorten ist es
zwar möglich, einen höherwertigen Guß zu erhalten, aber hochwertiger Guß ist ja noch
nicht Edelguß. Dagegen bringt uns der Halbstahl dem
Problem schon näher. Es ist dies ein aus Roheisen, Gußbruch und Stahl im Kupolofen
hergestellter Guß, der seine aus dem Englischen übernommene Bezeichnung (semi-steel)
zu Unrecht führt und infolgedessen leicht zu Mißverständnissen Anlaß geben kann.
Gegenüber dem gewöhnlichen Grauguß zeichnet sich der Halbstahl dadurch aus, daß
seine Grundmasse vollständig aus Perlit besteht und der Graphit fein verteilt ist,
welche günstigen Erscheinungen durch den zugesetzten Stahl erreicht werden. Ein
Zusatz von weniger als 10% Stahl ist ohne Einfluß. In der Analyse macht sich der
Stahlzusatz insofern bemerkbar, als mit steigendem Stahlanteil der Kohlenstoffgehalt
trotz ständiger Berührung mit dem Schmelzkoks sinkt. So ergaben Versuche mit
verschiedenen Stahlanteilen folgende Kohlenstoffgehalte:
Stahl
10
20
35
50 (Rest Roheisenund Gußbruch)
gebundener Kohlenstoff
0,33
0,35
0,37
0,57
Graphit
2,92
2,72
2,53
2,13
Gesamtkohlenstoff
3,25
3,07
2,90
2,70
Gleichzeitig steigen die Zerreißfestigkeiten von 18,7 kg/mm2 auf 23,6, 25,2 und 28,2 kg/mm2. Es sind auch Zerreißfestigkeiten von 32
kg/mm2 erreicht worden. In der Regel richtet
sich der Stahlzusatz nach der Dicke des zu gießenden Stückes und kann betragen bei
dünnwandigen Stücken 15 bis 19%, bei mittleren Stücken 20 bis 29% und bei
dickwandigen Stücken 30 bis 40%. Außer der Zerreißfestigkeit sind noch die Biege-,
Druck- und Schlagfestigkeit, ferner die Elastizität, Zähigkeit, Widerstand gegen
Abnutzung und Bearbeitbarkeit günstiger als beim gewöhnlichen Eisenguß. Da der
Schmelzpunkt mit 1450 Grad höher liegt, muß auch die Gießtemperatur höher gehalten
werden.
Der ideale Schmelzapparat für die Gußveredelung ist der elektrische Ofen, und zwar werden für unsere Verhältnisse hauptsächlich
der Heroult-Ofen – ein Lichtbogenofen – und der Nathusius-Ofen – eine Verbindung von
Lichtbogen- und Widerstandsofen – in Frage kommen. Wenn man bei uns sich mit der
Verwendung der elektrischen Oefen in der Eisengießerei nicht so stark beschäftigt zu
haben scheint wie z.B. in den Vereinigten Staaten, die bereits in zahlreichen
Betrieben zu dieser Arbeitsweise übergegangen sind, so liegt dies nur daran, daß vor
dem Kriege die nötigen Erfahrungen noch fehlten und in der Nachkriegszeit die
allgemeine ungünstige Geldlage zu Einschränkungen in Neuanschaffungen zwang. Bei der
Verwendung der elektrischen Oefen in der Eiseingießerei kann man drei
Arbeitsverfahren unterscheiden:
1. Die Behandlung des aus dem Hochofen kommenden, flüssigen
Roheisens,
2. die Behandlung des in Kupolofen umgeschmolzenen flüssigen
Eisens,
3. die Behandlung von im festen Zustand eingeführten Roheisen
und Gußbruch.
Am billigsten ist das erste Verfahren, indem die Roheisenpfanne direkt vom Hochofen
zur Gießerei fährt und ihren Inhalt in den elektrischen Ofen eingießt. Beim zweiten,
dem sogenannten Duplexverfahren, und ebenso beim dritten werden die Kosten sich nach
der Ausnutzung der Ofenhitze richten. Werden am Tage nur einige Chargen gegossen, so
gehen wertvolle Strom- und Wärmemengen für Anheizen und auch beim Abkühlen verloren.
So wurde z.B. bei der Vogtländischen Maschinenfabrik, Planen, die mit
Nathusius-Oefen arbeitet, gefunden, daß bei der ersten Charge 340 kw/st, bei der
zweiten 240, bei der dritten 190, bei der vierten 150 und bei der fünften 140 kw/st
an Strom verbraucht wurde je Tonne flüssigen, aus dem Kupolofen kommenden Eisens. Je
nach dem Schwefelgehalt dauert die Entschwefelung 45 bis 60 Minuten und der
Schwefelgehalt, der vor der Behandlung im elektrischen Ofen 0,23% betrug, geht auf
0,05% zurück. Die Zwickauer Maschinenfabrik beschickt ihren 6-t-Heroult-Ofen (von
Siemens & Halske) auch mit flüssigem Einsatz, den der Kupolofen mit einer
Temperatur von 1100 bis 1300 Grad liefert. Das Schmelzen mit kaltem Einsatz ist
wegen der hohen Stromkosten aufgegeben Worden. Die Nachbehandlung des flüssigen
Kupolofeneisens im elektrischen Ofen, die hier eine bis 1 ½ Stunden dauert und ein
Elisen mit einer Temperatur von 1500 bis 1650 Grad ergibt, bezweckt hauptsächlich
eine Entschwefelung, Entschlackung und Entgasung der Gußstücke. Der hier übliche,
hohe Energieverbrauch von 250 kw/st erklärt sich dadurch, daß der Ofen nur einige
Stunden am Tage im Betrieb ist. Während des Stillstandes kühlen die Seitenwände auf
etwa 700 Grad ab, so daß der Ofen vor Beginn der ersten Charge angeheizt werden
muß. Anfangs wurde der Ofen mit Koks warm gehalten und vor der ersten Charge
etwa eine Stunde lang elektrisch geheizt. Gegenwärtig wird er nach der letzten
Charge gut verschmiert und am nächsten Tag mit Oel angeheizt. Dieses Verfahren
stellt sich wesentlich billiger, als das Anheizen mit Strom, wie überhaupt beim
elektrischen Ofen, so werden auch hier die Stromkosten dadurch ausgeglichen, daß man
das teuere Roheisen fast vollkommen entbehren kann und nur Bruch einschmilzt.
Der Haupterfolg liegt nun in der Erhaltung eines feinperlitischen Gefüges, das dem
Guß wertvolle Eigenschaften verleiht. Der Vergleich zwischen dem Gefüge von
Elektro-Ofen-Eisen und demjenigen von Kupolofen-Eisen bei fast der gleichen
Zusammensetzung zeigt den veredelnden Erfolg des elektrischen Ofens. Es besteht
sogar die Möglichkeit, bis auf 0,02% Schwefel herunterzukommen. Die erreichten
Festigkeitsziffern betragen 30 kg/mm2
Zerreißfestigkeit, 100 kg/mm2 Druckfestigkeit, 42
bis 50 kg/mm2 Biegefestigkeit, 210 Brinellhärte
und 26 Schläge bei der Wechselschlagprobe. Diese hohen Festigkeitsziffern gestatten
eine Verringerung der beanspruchten Querschnitte und mithin eine Verbilligung am
Werkstoff. Eine Neuerung an einer 6-t-Nathusius-Doppelofen-Anlage in einer
Eisengießerei besteht darin, die zwei Oefen mit nur einem Satz Elektrodenhalter und
Reguliervorrichtungen und nur mit einer elektrischen Ausrüstung umschichtlich zu
betreiben, wodurch sich eine Ersparnis an Anlagekapital, Zeit und Löhnen ergibt. Es
handelt sich dabei um zwei um 180 Grad versetzte, auf einer Drehscheibe angeordnete
Oefen. Während der eine Ofen eine Charge einschmilzt, oder fertigmacht, wird der
andere abgestochen, ausgeflickt und neu beschickt. Nach Beendigung der
Feinungsperiode wird der unter Strom gestandene Ofen um 180 Grad gedreht, wodurch
der ausgeflickte und bereits chargierte Ofen unter die fest angeordneten
Elektrodenhalten zu stehen kommt. Die elektrische Anlage kann somit dauernd
ausgenutzt werden. Wenn die Oefen nur mit flüssigem Kupolofeneisen beschickt werden,
so fängt der abgestochene und ausgeflickte Ofen die einzelnen Kupolofenabstiche auf
und sammelt sie. Während derselben Zeit macht der andere unter Strom stehende Ofen
die Charge fertig.
Die bisherigen Erfolge schließen wohl jeden Zweifel über die Brauchbarkeit des
elektrischen Ofens für die Herstellung von veredeltem Gußeisen aus; insbesondere
werden in Frage kommen Maschinenzylinder, Zylinderkolben, Lokomotivzylinder,
kleinere Ventile für Verbrennungsmotoren, Kraftfahrzeugteile usw., also Stücke, die
einen höheren Preis vertragen können. Die Herstellung von gewöhnlichem Grauguß aus
dem elektrischen Ofen scheidet wegen der Kosten aus. Am wirtschaftlichsten ist die
Verfeinerung des flüssigen Hochofeneisens, am teuersten das Einschmelzen von kaltem
Einsatz, während besser als dieses das Kupolofen elektrische Ofenverfahren arbeitet.
Unsere Hüttenwerke besitzen zwar alle Eisengießereien, die aber meistens nur für den
Eigenbedarf arbeiten. Die Herstellung von veredeltem Guß auf diesen Hochofenwerken
im elektrischen Ofen kann daher nur dann verwirklicht werden, wenn sie Wert auf den
Verkauf hochwertigster Gußstücke an Maschinenfabriken legen. Im großen und ganzen
ergibt sich, daß das Duplexverfahren eine große Verbreitung zu finden verspricht.
Wenn billiger Nachtstrom zur Verfügung stehen sollte (zu 6 bis 8 Pfg. die kw/st)
darf es wohl angebracht erscheinen, dieser Frage der Verfeinerung im elektrischen
Ofen näher zu treten.
Zu 2. Veredelung auf dem Legierungswege.
Schon die üblichen Bestandteile des Gußeisens – im engeren Sinne stellt ja das
Gußeisen an sich bereits eine Legierung dar – vermögen seine Eigenschaften merklich
zu beeinflussen, insbesondere gilt dies vom Kohlenstoff bezw. der Kohlenstoffart und
vom Silizium. Von diesem hängt namentlich der Graphitanteil ab, dessen Wirkung
stärker hervortritt als die des Eisenkarbids; der Graphit kann vor allem ungünstig
wirken, wenn er unregelmäßig und in groben Lamellen vorhanden ist. Wie weit die
Festigkeitseigenschaften durch das Verhältnis von Kohlenstoff zu Silizium, mithin
durch die Graphitmenge beeinflußt werden, zeigt folgende Zahlentafel von Wüst &
Goerens (Mitt. Eisenhüttenm. Inst. Aachen 1 (1906) S. 9 u. ff.)
Zugfestigkeit von grauem Gußeisen in Abhängigkeit vom Si- und
C-Gehalt.
% Si
0,6
0,8
1,0
1,2
1,4
1,6
1,8
2,0
2,2
2,4
3,8
3,8
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
22
–
22
22
23
14
14
11
–
3,6
3,6
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
25
22
22
21
20
21
21
17
15
3,4
4,4
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
23
23
24
25
25
25
20
20
–
% C 3,2
3,,
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
–
24
25
–
–
22
–
–
–
3,0
3,0 % C
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
–
–
26
–
–
–
–
–
–
2,8
2,8
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
–
29
–
–
–
–
–
–
–
2,6
2,6
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
–
31
–
–
–
–
–
–
–
2,4
2,4
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
–
–
–
–
–
–
–
–
2,2
2,2
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
–
–
(29)
(38)
–
–
–
–
–
2,0
2,0
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
0,6
0,8
1,0
1,2
1,4
1,6
1,8
2,0
2,2
2,4
% Si
Vom Schwefel ist die ungünstige Wirkung als Schwefeleisen bekannt, dessen Auftreten
als dünne Fäden und Blättchen bedeutend nachteiliger ist als in Bindung mit Mangan,
nämlich als Schwefelmangan in Form von kleinen Tröpfchen. Auch der Phosphor als
Phosphideudektikum stellt mit seinen kleinen Inseln, die das Gefüge durchbrechen,
eine unangenehme Erscheinung dar, die aber durch geeignete Vorsichtsmaßregeln beim
Gießen beseitigt werden können.
Von fremden Metallen, die mit dem Eisen legiert werden, verdienen zunächst Nickel und
Chrom Erwägung. Es sei aber gleich vorausgeschickt, daß der Zusatz von
Legierungsmetallen in gewissem Sinne enttäuscht, wenigstens im Vergleich mit den
anderen Veredelungsmöglichkeiten. Aber immerhin sind die bisherigen Arbeiten
beachtenswert und berechtigen zu weiteren Entwicklungsmöglichkeiten.
Das Nickel macht das Eisen äußerst feinkörnig und führt den Perlit in die sorbitische
Form über, es wirkt also härtend. Diese Erhöhung der Härte und mithin der
Lebensdauer ist namentlich für Motoren, Zylinder und Kolben bemerkenswert. In einer
Kraftwagenfabrik würden folgende Härtegrade erzielt:
B. E.
gewöhnliches Eisen mit 1,75 bis 1,90 Si
141
Eisen mit 0,89 Ni
157
Eisen mit 1,36 Ni
170
Eisen mit 1,89 Ni
195
Nickelzylinder mit 200 Brinellhärte sollen ebensogut bearbeitbar sein wie nickelfreie
Zylinder von 150 B. E. Infolge ihrer Zähigkeit und Widerstandsfähigkeit gegen
reibende Beanspruchung sind auch Walzwerkswalzen mit Nickel- und Chromzusatz
(Ni 0,50 bis 1,50%, Cr 0,75 bis 1,50%) namentlich für Vor- und Zwischenwalzen
geeignet. Biegefestigkeit, Druckfestigkeit und Härte von Gußeisen mit Nickelzusatz
steigen mit zunehmendem Siliziumgehalt.
Da Chrom allein – abgesehen von sehr starken Anteilen – wenig zur Geltung kommt,
setzt man es gewöhnlich mit Nickel zusammen zu. Piwowarsky konnte Gütesteigerungen
von 60 bis 80% entsprechend dem Silizium- und dem Nickel-Chromgehalt feststellen.
Bei sehr starken Verhältnismengen, nämlich von 25% Chrom bei 2,75% Kohlenstoff stieg
die Härte auf 550 bis 600 B. E., ohne die Sprödigkeit von weißem Eisen zu teilen.
Die Härte ist auf die besondere Härte der Karbide und ihre Verteilung
zurückzuführen, die innig in der festen, harten, aber zähen Lösung verflochten sind.
Die langen Nadeln bilden dabei ein palmenblattartiges Gefüge.
Von sonstigen Elementen ist sodann das Vanadin zu nennen, das ebenfalls die Härte
wesentlich zu steigern vermag, gleichzeitig aber auch die Zähigkeit begünstigt. Die
Versuche des vorgenannten Forschers ergaben z.B., daß ein Eisen mit 1,50 Silizium
und 3,90% Kohlenstoff (davon 70% Graphit) ohne Vanadin eine Biegefestigkeit von 31
kg/mm2 und einer Härte von 170 B. E. zeigte,
bei Zusatz von 0,95% Vanadin dagegen bei 1,70% Silizium und 3,95% Kohlenstoff (davon
56,7% Graphit) 52,0 kg/mm2 Biegefestigkeit und 277
B. E.
Der veredelnde Einfluß des Wolframs auf alle mechanischen Eigenschaften von Gußeisen
ist unverkennbar; so ist es z.B. möglich, die Zerreißfestigkeitsziffern durch
Anteile von 0,5% Wolfram zu verdoppeln. In ähnlichem Sinne wirkt das Molybdän. Diese
beiden Elemente in Verbindung mit Vanadin dürften bei den nächsten
Forschungsarbeiten auf dem Gebiete der Eisenlegierungskunst voraussichtlich noch
günstigere Güteziffern ergeben. Die Schwierigkeit bei diesen Versuchen liegt darin,
daß diese Metalle hohe Schmelzpunkte besitzen und sie im Eisen gleichmäßig verteilt
werden müssen. Hochprozentige Ferrolegierungen, wie z.B. Ferro-Wolfram eignen sich
für diese Zwecke infolgedessen nicht, vielmehr darf diese Zusatzlegierung nur
niedrigprozentig sein, damit sie vom Eisen gleichmäßig aufgenommen wird.
Zu 3. Veredelung auf physikalisch-chemischem Wege.
Die einfache Warmbehandlung, das Glühen von Gußeisen ist noch nicht als Veredelung
aufzufassen. Dieses Glühen wird nur dann in Frage kommen, wenn kein besonderer Wert
auf hohe Festigkeitseigenschaften gelegt wird. Sein Zweck ist die Beseitigung der
fast in jedem Gußstück auftretenden, inneren Spannungen. Mit der Dauer der Erhitzung
nimmt die Härte merklich ab und kann bei ein und demselben Eisen mit 3,16%
Gesamtkohlenstoff nach 80stündiger Glühdauer bei 550 Grad von 223 auf 129
Brinelleinheiten sinken. Infolge Berührung mit schädlich wirkenden Gasen kann aber
leicht die Gußwiderstandsfähigkeit vermindert werden. Besser ist das Glühen nach dem
Verfahren von Schaap, das in dem Erhitzen der Gußstücke etwas oberhalb des
kritischen Punktes von 870 Grad besteht, indem die Gußstücke durch eine Muffel
geschützt werden, die im oberen Teil offen ist und von den Gasen umflossen wird.
Nach Erreichung der angegebenen Temperatur wird die Muffel mit Inhalt aus dem Ofen
herausgezogen und an der Luft abgekühlt. Der ganze Vorgang, ausgegangen von der
gewöhnlichen Temperatur dauert etwa 45 Minuten, bei dicken Querschnitten
entsprechend mehr. Diese Arbeitsweise vermindert die Härte von Gußstücken, die
bearbeitet werden müssen (z B.) Kolbenringe für Automobile) und verleiht dem Eisen große Weichheit.
Der bemerkenswerteste Punkt ist eine Verbindung von Dehnbarkeit, Geschmeidigkeit und
Formänderungsmöglichkeit. Das Gefüge, das ursprünglich aus groben Graphitkörnern mit
länglich getrennten Metallstreifen bestand, hat ein gleichmäßigeres Bild erhalten.
Die groben Graphitfelder sind offenbar von der festen Lösung bei 870 Grad absorbiert
worden, indem auch weiter die nachfolgende Abkühlung die Zersetzung in Ferrit und
Perlit vornimmt.
Das Verfahren für Gußveredelung, das in den letzten Jahren wohl am meisten von sich
reden ließ, ist das Verfahren der Firma Heinrich Lanz und deren Lizenznehmer nach
den Patenten von Diefenthäler-Sipp für die Herstellung des unter dem Namen Perlitguß
bekannten Edelgusses. Eingehende Untersuchungen über Perlitgußeisen, seine
Herstellung, Festigkeitseigenschaften und Anwendungsmöglichkeiten wurden von Prof.
Bauer durchgeführt (siehe Stahl und Eisen 1923, S. 553 u. ff), auf die hinsichtlich
der theoretischen Erklärungen über das Wesen des Perlitgusses hingewiesen sei.
Seitdem galt es nun zu beweisen, daß der Perlitguß tatsächlich dazu berufen ist, auf
dem Gebiete der Edelgußerzeugung eine vorherrschende Rolle zu spielen. Die
Eigenschaften, die ihm nachgerühmt werden, sind bekanntlich: große Festigkeit und
Dehnung, große Zähigkeit, die sich besonders gegen Stoßbeanspruchung geltend macht,
große Verschleißfestigkeit, gleichmäßig dichtes Gefüge, leichte Bearbeitbarkeit,
Beständigkeit des Gefüges bei hohen Betriebstemperaturen, geringste Neigung zur
Lunkerbildung und zu Eigenspannungen.
Um diese Eigenschaften an Gebrauchsstücken nachzuprüfen, wurden neuerdings folgende
Körper hergestellt:
1. 1 Hohlprisma, aus dem Probestäbe für die verschiedenen Beanspruchungsarten
herausgeschnitten wurden;
2. ein Rohr mit Flanschen, allseitig bearbeitet und dann auf Flüssigkeitsdruck
geprüft;
3. ein Gitterstück zur Feststellung der Eigenspannungen;
4. ein K-Stück zur Nachprüfung der Lunkerbildung.
Die Ergebnisse sind folgende:
1 Hohlprisma
Zusammensetzung
Eigenschaften
C = 3,21%
Zugfestigkeit Kz = 30,8 km/mm2,
Si = 0,93%
Biegefestigkeit Kb = 52,6 km/mm2,Durchbiegung y = 17,8 mm bei30 mm ∅ Stab und 600 mm
Auflage,
Mn = 0,75%
Brinellhärte H = 190 B. E.,
P = 0,20
Dauerschlag n = 148,
S = 0,174%
Die hohe Schlagzahl allein, die diejenige von gewöhnlichen:;
Guß um etwa das 25fache übertrifft, stellt dem Perlitguß ein hervorragendes Zeugnis
aus.
2. Flanschenrohr.
Wandstärke = 3 mm
a) Perlitguß: Das Rohrstück behielt volle Dichtigkeit bei einem Druck von etwa 200
at, (hierbei versagten die Dichtungen),
b) Maschineneisen: bei 60 at drückte sich das Wasser durch (das Rohr schweißte).
3. Gitterstück, Vergleichsversuche.
a) Perlitguß: Klaffung nach dem Bohren; 3,1 mm,
b) Maschineneisen: Beim Ausleeren des Gitterstückes wurde infolge der großen
Eigenspannung ein Stück abgesprengt.
4. Lunkerversuch mit K-Modell.
Bei Perlitguß war in dem gefährlichen Mittelstück kein Lunker vorhanden, während
sich in dem K-Stück aus Maschineneisen der typische Innenlunker zeigte.
Es geht daraus hervor, daß die von der deutschen Reichsbahn aufgestellten
Bestimmungen für hochwertigen Guß in bezug auf Biege- und Zugfestigkeit bedeutend
übertroffen werden, ohne daß die Härte, wie es sonst die Regel ist, dabei zunimmt,
vielmehr gewährleistet der Härtegrad von etwa 190 Brinelleinheiten eine recht gute
Bearbeitbarkeit. Die Rohrstücke wurden auf 3 mm Wanddicke bearbeitet und dann
Kaltwasserdruckproben ausgesetzt. Während der sonst übliche Maschinenguß guter
Qualität bei 60 at wie ein Sieb das Wasser durchgehen lie, hielt Perlitguß bei 200
at noch vollständig dicht, so daß hierdurch die große Gleichmäßigkeit und
Dichtigkeit des Perlitgusses bestätigt ist.
Ebenso beweist das Gitterstück die Ueberlegenheit des Perlitgusses in bezug auf die
Eigenspannungen gegenüber anderem Material. Hierüber geben auch die Untersuchungen
von Bardenheuer-Ebbefeld: „Beitrag zur Analyse des Schwindungsvorganges von
weißem und grauem Gußeisen“ (Stahl u. Eisen 1925 S.834 u. ff) eine
bemerkenswertige Bestätigung. Es wird in dieser Arbeit auch an Glitterstücken
nachgewiesen, daß die nachperlitische Schwindung bei einer Formbehandlung, wie sie
der Perlitguß gewöhnlich erfährt, auf einen kleinsten Bruchteil von derjenigen
zurückgeführt werden kann, die sonst beim gewöhnlichen Gusse auftritt.
Die geringe Lunkerbildung des Perlitgusses ergibt sich aus den ausgeführten Versuchen
an K-Stücken; während normaler Maschinenguß erhebliche Lunker trachte, ist dieser
beim Perlitguß vollständig verschwunden und das Gefüge ist über den ganzen
Querschnitt von großer Gleichmäßigkeit und Dichte.
Eine interessante Vergleichsdarstellung über die Wirkung des eigentlichen
Perlitverfahrens ergaben Stäbe verschiedener Durchmesser, die, je in einem Kasten
vereinigt, in gewöhnlicher Trockenform und in Perlitgußform vergossen wurden.
Während der Guß in der gewöhnlichen Trockenform weiß erstarrt ist (der dicke Stab
zeigte schon etwas meliertes Gefüge), ist in der Perlitgußform ein vollständig
graues Gefüge erzielt worden. Ein weiteres Beispiel in welch sicherer Weise das
Perlitgußverfahren die Gefügebildung beherrscht, geht daraus hervor, daß ein Stab
von 600 mm Länge und etwa 20 mm Durchmesser in drei Abschnitten Gefügeunterschiede
von weiß zu grau zeigt. In gleicher Richtung liegt noch der Versuch eines
Keilstückes, das einmal in gewöhnlicher Trockenform vergossen am dünnen Ende
vollständig weißes Gefüge aufweist, wogegen das nach dem Perlitgußverfahren
gegossene zweite Keilstück sowohl im dicken, als auch im dünnen Teil übereinstimmend
gutes Perlitgefüge erkennen läßt.
Eine hübsche Kennzeichnung des Umfanges, dem das Perlitverfahren in bezug auf
Gußstückarten einnimmt, stellt ein Zahnrad von einer großen Exzenterziehpresse dar
(Durchmesser des Zahnrades etwa 2,5 m).
Welche Eignung der Perlitguß auch gerade für hoch beanspruchte Teile der
Dieselmotoren besitzt, geht aus folgendem Beispiel hervor:
Von einer Einsatzbüchse etwa 1200 lang, 350 Bohrung, 600 kg Rohgewicht wurden 36
Stück gegossne. Vereinbart war, daß vier Probestäbe ihrer ganzen Länge nach
angegossen waren, dabei folgende Mindestwerte ergeben mußten: Zugfestigkeit 25
kg/mm2, Biegefestigkeit 50 kg/mm2, Durchbiegung 14 mm. Der erste Abguß ergab im
Durchschnitt 32 kg/mm2, Zugfestigkeit, 53 kg/mm2 Biegefestigkeit, 18 mm Durchbiegung und 190
Brinellhärte. Das Mikrogefüge war ein einwandfreier lamellarer Perlit. Aehnlich
günstige Ergebnisse brachten die übrigen Abgüsse. Die Abnahme erfolgte durch einen
Beauftragten der englischen Firma, für die diese Abgüsse bestimmt waren.
Es ist anzunehmen, daß nach Vereinigung des Patentinhabers der Firma Lanz, und der
Lizenznehmer zu der „Studiengesellschaft zur Veredelung des Gußeisens“ die
Anwendung der Wissenschaft in der Gießerei noch mehr zu ihrem Rechte kommt und
namentlich mit Hilfe der Metallographie uns Erfolge bescheren wird, die der
Eisengießereikunst neue, wichtige Absatzgebiete infolge Gütesteigerung ihrer
Erzeugnisse bringen werden. Welche Bedeutung dem Perlitguß auch im Ausland
beigemessen wird, geht daraus hervor, daß bereits in England einige Werke und
neuerdings auch in Frankreich ein großes Werk nach dem Patent von Lanz arbeiten.
Zusammenfassung:
Es wird ein Ueberblick über die Möglichkeiten der Herstellung von veredeltem Gußeisen
gegeben. Die wichtigsten Verfahren sind heute der elektrische Ofen und der
Lanz-Perlitguß, während das Veredeln durch Legieren noch nicht so entwickelt ist,
daß die bisherigen Ergebnisse mit den anderen Verfahren einen Vergleich aufnehmen
können.