Titel: | Die Elektrowärme im Dienste der Heilkunde. |
Autor: | Friedrich Karl |
Fundstelle: | Band 341, Jahrgang 1926, S. 93 |
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Die Elektrowärme im Dienste der
Heilkunde.
Von Friedrich
Karl.
KARL, Die Elektrowärme im Dienste der Heilkunde.
Schon bei den ältesten Kulturvölkern hat die Wärme in der Heilkunde die größte
Rolle gespielt, und heute, vielleicht mehr, als in manchen Zeiten der Vergangenheit,
wird von namhaftesten Fachleuten die Ansicht vertreten, daß zahlreiche Leiden und
Gebrechen unter dem Einfluß der von außen künstlich zugeführten Wärme der Heilung
entgegengebracht oder doch zum Mindesten gelindert werden können. Dabei haben sich
die primitiven Hausmittel unserer Urväter: Wärmflaschen und Wärmkruken zur Erhöhung
der Bettwärme, warme Packungen und heiße Umschläge um die schmerzenden Glieder in
zahlreichen Variationen bis auf den heutigen Tag erhalten. Dies ist natürlich in
ganz besonderem Maße der Fall bei der in jeder Beziehung so überaus konservativen
Landbevölkerung, während der Städter mit seinem schneller denkenden Geiste und
seiner lebhafteren Auffassungsgabe es verstanden hat, auch auf diesem Gebiete die
Fortschritte der Technik sich zunnutze zu machen. Hierher gehört vor allen Dingen
die Verwendung der Elektrizität zur Wärmeerzeugung. Es wurde richtig erkannt, daß es
in Anpassungsfähigkeit, bequemer Handhabung, Sauberkeit und, was für die Heilkunde
von allergrößter Wichtigkeit ist, in leichter und feiner Dosierbarkeit kein Mittel
gibt, das die Elektrowärme erreichen, geschweige denn übertreffen könnte.
Bei den unendlich vielen Apparaten und Vorrichtungen, die hierher gehören, und von
denen eine kleine Auswahl nachstehend kurz besprochen werden soll, sind zwei große
Gruppen zu unterscheiden: solche, die der Kranke bzw. sein Pfleger selbst bedienen
kann, die also der Hand des Laien anvertraut werden dürfen, und solche, die
unbedingt in der Hand und unter Aufsicht des Arztes verbleiben müssen.
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Abb. 1. Heizkissen.
Einer der bekanntesten in der Heilkunde verwendeten Heizapparate ist das Heizkissen (Abb. 1), das
als Leib-, Fuß- und Bettwärmer wie auch für ausgesprochene Heilzwecke in den
mannigfachsten Formen und Größen Verwendung finden kann. Die Kissen sind in der
Regel mit einem doppelten Ueberzuge versehen, nämlich einem inneren, der das
Widerstandsmaterial birgt, und einem äußeren, der abgezogen und gewaschen werden
kann. Das abgebildete Kissen ist mit dreifacher Reguliervorrichtung versehen, und
zwar derart, daß für jede Stufe von 50° bzw. 70° bzw. 90° je ein besonderer Regler
eingebaut ist. Der als Birnendruckschalter ausgebildete Schalter liegt nicht in der
Zuleitung, sondern hängt frei an der entgegengesetzten Seite des Kissens. Die
Regelstufen sind am Schalter deutlich sichtbar und fühlbar gekennzeichnet, sodaß
auch in der Dunkelheit eine sichere Einstellung gewährleistet ist.
Ein ähnlicher Wärmestromapparat ist das Heizkissen
„Stangerotherm“, das einen flachen Regulierschalter für 4 Stufen
und unsichtbare selbsttätige Stromunterbrecher besitzt. Dieser Heizapparat kann
übrigens auch in Bindenform, unter Anpassung an die Gestalt der betreffenden
Körperteile, sowie als Heizteppich für die verschiedensten Zwecke geliefert werden;
in letztgenanntem Falle kommen Regulierwiderstand und Ueberzug in Fortfall. Das Heizkissen
„Sanotherm“ ist mit einem bequem und sicher
arbeitenden Separatschalter und ebenfalls mit selbsttätigem Ausschalter ausgerüstet,
der sich im Innern des Kissens befindet und dazu dient, bei ansteigender Temperatur
zu rechter Zeit die Wärmequelle von selbst auszuschalten. Ferner sind die
elektrischen Leitungen im Innern mit einer starken Asbestumkleidung versehen,
wodurch die Sicherheit im Gebrauch wesentlich erhöht wird. Als Regler für Heizkissen, wie auch für zahlreiche andere medizinische
Apparate hat sich der Birka-Regler vorzüglich bewährt. Er
hat den Vorteil, daß die Kissen mit einem einzigen Regler an alle Netzspannungen
zwischen 100 und 240 Volt angelegt werden können, wodurch bei 100 Volt ein
Anschlußwert von 60 Watt und bei 220 Volt ein entsprechender von 240 Watt erreicht
wird. Die Regulierung der Temperatur geschieht dadurch, daß der Birkaschalter bei
dem höheren Anschlußwert sehr viel längere Ausschaltpausen hervorruft, als beim
Anschluß an 110 Volt. Der Vorzug des Birkaschalters besteht darin, daß man in ihm
einen einfachen Thermostaten hat, der etwa das 20- bis 30fache der Energie schaltet, wie
Thermostaten älterer Ausführung. Das Prinzip des Birkaschalters besteht in der
Verwendung von Wolframkontakten, die in einem evakuierten Glasröhrchen
eingeschmolzen sind. Die Oeffnung der Kontakte geschieht durch einen
Doppelmetallstreifen, der sich unter dem Einfluß der Wärme biegt. Der Apparat ist
also von größter Einfachheit. Die Wirkung beruht auf der physikalischen Entdeckung,
daß die Abschaltleistung im Vakuum ungeheuer gesteigert werden kann.
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Abb. 2. Tisch-Strahlofen.
Zur Anwärmung des Bettes und zur Erzeugung und Erhaltung warmer Füße bedient man sich
mit Vorteil eines elektrisch beheizten Fuß- und
Bettwärmers, wie ihn z.B. der „Garmaphor“
darstellt. Es ist das eine nach dem heutigen Stande der Technik verbesserte sog.
Wärmflasche unserer Vorfahren in zeitgemäßer Ausführung. Er besitzt ihre in
Jahrhunderten bewährten Vorzüge, vermeidet aber ihre Nachteile, die vor allem in dem
lästigen Füllen mit heißem Wasser und in der Gefahr des Auslaufens oder Platzens der
Flasche bestehen. Der Garmaphor besteht außen aus Porzellan und ist daher leicht zu
einigen und zu desinfizieren. Seine Länge beträgt etwa 250 mm bei einem Durchmesser
von 80 mm. Seine Füllung besteht aus Schamotte. Den oberen Abschluß bildet ein
Messingdeckel. Der Apparat kann an jeder Steckdose angeschlossen werden und hat nach
15 Minuten genügend Wärme aufgespeichert, um im Bette mehrere Stunden hindurch eine
gleichmäßige, wohltuende Wärme zu erhalten. Er kann aber auch ohne Gefahr
stundenlang unter Strom bleiben; ein Ansengen oder gar Verbrennen von Betteilen ist
ausgeschlossen.
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Abb. 3. Stativ-Strahlofen.
Als Uebergangsheizung oder auch als Zusatzheizung an besonders kalten oder
stürmischen Wintertagen werden die Strahlöfen (auch elektrische Heizsonnen genannt)
vielfach verwendet, wie sie auf Abb. 2 und 3 dargestellt sind. Sie kommen als Tisch–, Wand- oder
Stativstrahler zur Ausführung. Bei den Strahlöfen ist die Wärme-Rückstrahlung
möglichst hoch gesteigert. Auf 2 m Entfernung wird mit einem Glühkörper von 500 Watt
eine Temperaturerhöhung von rund 30° erzielt. Der Reflektorschirm ist bei allen
Ausführungen sehr groß gehalten, innen Hochglanz vernickelt und deshalb besonders
wirksam. Außer zu Heizzwecken finden diese Strahlöfen in der Heilkunde auch als
Wärmestrahler Verwendung, indem sie, auf bestimmte Körperteile gerichtet, diesen
eine intensive Stativ- Bestrahlung zukommen lassen. Die Glüh-Strahlofen. Körper
werden zur Erreichung verschiedener Wirkungen für verschiedene Leistungen von 150
Watt bis 500 Watt geliefert.
Von größter Wichtigkeit ist in der Heilbehandlung das Vorhandensein von warmem Wasser
oder wenigstens die Möglichkeit, solches in kürzester Zeit zu erhalten. Auch hier
bietet die Elektrizität hilfreich die Hand. Der elektrische Heißwasserspeicher „Thermutator“ (Abb. 4) ist ein Heißwasserbereiter, der seinen
Wasserinhalt mit niedriger elektrischer Anschlußleistung innerhalb mehrerer Stunden
bis höchstens 85° hochheizt und mit Hilfe eines Wärmereglers nach erfolgter
Aufladung selbsttätig auf dieser Temperatur hält. Dank seiner bestens
durchgebildeten Wärme-Isolation treten Wärmeverluste auch über einen ganzen Tag
praktisch nicht in die Erscheinung. Sein Zweck ist, dem Verbraucher von Heißwasser
dieses jederzeit zu liefern und die zu seiner Bereitung notwendige elektrische
Energie nachts über zu beziehen, also zu einer Zeit, wo sie im Ueberfluß zur
Verfügung steht, und zwar vielfach auch zu einem besonders ermäßigten
Nachtstromtarif. Der „Thermutator“ dient also in gleicher Weise den
Interessen der Elektrizitätswerke und der Stromverbraucher. Der geringe elektrische
Anschlußwert des Thermutators ermöglicht es, diesen Apparat bis zu den Typen
mittlerer Größe an beliebiger Stelle an vorhandene Lichtnetze anzuschließen, wodurch
jede Neuinstallierung vermieden wird.
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Abb. 4. „Thermutator“ Heißwasserspeciher.
Zur Erwärmung kleinerer Flüssigkeitsmengen, z.B. Milch, Arzneien, Wasser zum
Mundspülen und dergl., bedient man sich mit Vorteil des Tauchsieders (Abb. 5). Der überaus
handliche Apparat ist in allen Teilen aus vernickeltem Messingblech hergestellt. Er
ist für alle Gefäße verwendbar und bringt das in diesen enthaltene Kochgut in kurzer
Zeit zum Sieden. Wesentlich für den Gebrauch ist, daß der Tauchsieder erst dann an
die Stromleitung angeschlossen wird, wenn sich der Kolben bereits in der zu
erwärmenden Flüssigkeit befindet; umgekehrt ist es mit Rücksicht auf die hohe
Belastung angebracht, den Tauchsieder erst dann aus dem Gefäß herauszunehmen, wenn
der Strom bereits abgeschaltet ist. Nach Gebrauch empfiehlt es sich, den Apparat mit
kaltem Wasser abzuwaschen und abzutrocknen, um den Ansatz von Kesselstein zu
verhindern.
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Abb. 5. Tauchsieder.
Ein Apparat, der infolge seiner überaus vielseitigen Verwendbarkeit in
verhältnismäßig kurzer Zeit eine außerordentliche Verbreitung gefunden hat, ist die
elektrische Heiß- und Kaltluftdusche. Die bekannteste von ihnen ist der „Fön“
(Abb. 6). Seine besonderen Vorteile sind:
geringes Gewicht, daher kein Ermüden der Hand; sehr starker Luftstrom und die
Lieferung heißer Luft sofort nach dem Einschalten. Der Apparat ist mit dreifacher
Schaltung ausgerüstet: kalt, heiß, aus. Der starke Präzisionsmotor bietet die beste
Gewähr für geringen Verschleiß und lange Lebensdauer. Der unverwüstliche Heizkörper
ist im Bedarfsfalle leicht auswechselbar. In der Krankenpflege wird der „Fön“
hauptsächlich verwendet zum Anwärmen der Bett- und Badewäsche, zur Behandlung von Gicht,
Rheumatismus und Neuralgien, zum Ersatz von heißen Kompressen und Breiumschlägen,
andererseits aber auch als Ersatz für kalte Kompressen und Eisumschläge, zur
Heißlufteinblasung in Körperhöhlen, wie Nase, Rachen, Ohr usw., zur Behandlung von
Hautkrankheiten, zum Trocknen von Gipsverbänden u. dergl. m.
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Abb. 6. Heiß- und Kaltluftdusche „Fön“.
Ein anderer, vielfach in der Heilkunde verwendeter Apparat zur lokalen
Glühlicht-Behandlung ist die Bestrahlungs-Handlampe nach
Minin-Goldscheider, die es ermöglicht, die Licht-Therapie ohne große Umstände oder
kostspielige Einrichtung in der Sprechstunde oder am Krankenbett mit gutem Erfolge
durchzuführen. Durch die hohe parabolische Form des Metallspiegels werden die Licht-
und Wärmestrahlen ökonomisch stark konzentriert bzw. gesammelt und in großer
Intensität auf die erkrankten Körperteile zurückgestrahlt. Je nach der Natur des
Leidens und der zu erzielenden therapeutischen Wirkungen wird eine blaue, rote oder
weiße Naturglas-Glühbirne eingeschaltet. Die zur Verwendung kommenden farbigen
Glühbirnen dürfen natürlich nur aus blauem oder rotem Naturglas und nicht etwa aus
gefärbtem Glase bestehen, da nur natur-farbiges Glas therapeutisch wirkt.
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Abb. 7. Elektrisches Hauslichtbad (zusammengelegt).
Das elektrische Glühlichtbad (Abb. 7 und 8) wird seit vielen Jahren in
verschiedenen Formen als Voll- oder Teil-Lichtbad für Heilzwecke verwendet. Seinen
guten Ruf verdankt es seiner Eigenschaft als vorzügliches, angenehmes das Herz
schonendes Schwitzbad, das allen anderen Schwitzbädern erheblich überlegen ist und
daher diese mehr und mehr verdrängt hat. Es ist, wie aus den Abbildungen
ersichtlich, ein einfaches, handliches und billiges Glühlichtbad, das trotz seiner
einfachen Bauart vielseitig verwendbar ist, und zwar für die Bestrahlung kleinerer
oder größerer Körperbezirke. Zehn rund gebogene Stäbe aus zähem Holze sind durch
verstellbare Gelenke aus hölzernen Querstäben so miteinander verbunden, daß das
Gestell von 200 mm (zusammengelegt) bis auf 1,5 m auseinandergezogen werden kann.
Die acht Innenstäbe tragen je eine Glühlampenfassung. Darunter gespannter Gazestoff
schützt sowohl die Lampen vor zufälliger Berührung und Zertrümmerung, als auch den
Kranken gegen Glassplitter, falls einmal eine Lampe zerspringen sollte. Die 6
Schutzstäbe verhüten, daß die während des Gebrauchs über das Lichtbad gebreitete
Decke mit den Glühlampen in Berührung kommt. Das elektrische Hauslichtbad wiegt ohne
Lampen nur etwa 4 kg und nimmt zusammengeklappt nur sehr wenig Raum ein, sodaß es
bequem in einer Hand getragen, in Spitälern und Sanatorien aus einem Räume in den
anderen gebracht und von Kranken selbst auf Reisen mitgenommen werden kann.
Auch in der Wohnung kann man es sehr leicht unterbringen. Mit dem 3 m langen
Anschlußkabel mit Stecker kann das Lichtbad an jede Steckdose, mit der
Schraubsteckdose an jede Lampenfassung angeschlossen werden, gleichgültig, ob
Gleichstrom oder Wechselstrom vorhanden ist. Man verwendet es als Licht- oder
Schwitzbad, indem man Decken über das Gestell breitet und so Licht und Wärme
vereinigt auf den Körper wirken läßt. Dabei kann man beliebig große Körperflächen
bestrahlen, indem man das Gestell mehr oder weniger weit auseinanderspreizt.
Obgleich daher dieses Hauslichtbad für die meisten Anwendungsfälle ausreicht, gibt
es doch noch eine Anzahl von Teillichtbädern für einzelne Körperteile, z.B. Rumpf,
Arme und Beine, Schulter, Hals, Kopf, Kehlkopf und dergl.
Auch das elektrisch beheizte Gesichtsdampfbad darf nicht
unerwähnt bleiben, das aus einem messingvernickelten, durch eine auswechselbare
Heizpatrone beheizten Wasserkessel und einer naturblauen Glasglocke mit eingebauten
naturblauen Glühlampen besteht.
Ein Apparat, der sich sehr schnell eingeführt hat, ist der Inhalationsapparat mit
auswechselbarem, für jede beliebige Spannung passenden elektrischen Heizkörper. Der
Apparat besteht aus einem aus Messingblech gefertigten, außen hochglanzvernickelten
und innen stark verzinnten Wasserkessel, in den die Heizpatrone eingesetzt wird.
Außerdem ist ein auswechselbares Wasserstandsglas vorhanden. Dieser elektrisch
beheizte Inhalationsapparat hat vor den bisher allgemein gebräuchlichen durch
Spiritus beheizten den großen Vorteil, daß er, im Gegensatz zu letzterem, vollkommen
sicher und zuverlässig und vor allem feuerungefährlich ist. Außerdem kommt bei ihm
natürlich auch das unangenehme und schädliche Einatmen der Spiritusdämpfe, durch das
ein Teil der Heilwirkung wieder aufgehoben wird, gänzlich in Fortfall.
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Abb. 8. Elektrisches Hauslichtbad (ausgezogen).
Von den Apparaten, die ausschließlich in der Hand des Arztes verbleiben müssen oder
nur unter seinem Aufsicht verwendet werden dürfen, sind zunächst die Diathermie-Apparate zu erwähnen. Abb. 9 zeigt einen solchen mit Löschfunkenstrecke. Unter Diathermie versteht man bekanntlich die
Anwendung hochfrequenter Ströme zum Erzeugen von Wärme im menschlichen Körper. Bei
der Behandlung mit solchen Strömen treten keinerlei Reizungen des Muskel- oder des
Nervensystems auf, wie sie z.B. bei Galvanisation und Faradisation beobachtet und
erstrebt werden. Selbst bei stärkeren Diathermieströmen sind keine derartigen
Reizungen zu befürchten, sodaß die Temperatur im menschlichen Gewebe durch
Diathermie bis zu jedem erforderlichen Grade gesteigert werden kann. Infolge der leichten und
bequemen Dosierbarkeit der dem Körper zugeführten elektrischen Energie und der
Möglichkeit, durch die Wahl passender und entsprechend angelegter Elektroden die
Wärme auf einen bestimmten Körperteil zu beschränken, ist die Diathermie zu einem
der wichtigsten und unentbehrlichsten Verfahren der Thermotherapie geworden. Bei dem
abgebildeten Diathermie-Apparat kann man 3 Stromkreise unterscheiden. Der eine ist
ein Niederfrequenzkreis. Er enthält die Wechselstromquelle und einen primär von
dieser gespeisten Transformator, der etwa 2000 Volt Sekundärspannung liefert. Der
zweite Stromkreis wird von der Sekundärwickelung des Transformators gespeist und
besteht aus einer Funkenstrecke, einem Kondensator und einer Hochfrequenzspule. Dies
ist der primäre Schwingungskreis des Diathermie-Apparates. In ihm werden durch die
innerhalb der Funkenstrecke auftretenden Funken hochfrequente elektrische
Schwingungen erzeugt. Sie rufen ähnliche Schwingungen in einem 3. Stromkreise
hervor, nämlich in dem mit dem primären induktiv gekoppelten sekundären
Schwingungskreise.
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Abb. 9. Diathermie-Apparat mit Löschfunkenstrecke.
Dieser enthält eine Hochfrequenzspule, die induktiv mit der
ersten gekoppelt ist, einen Kondensator und die an den Patienten anzulegenden
Elektroden. Der Patientenstromkreis ist weder mit dem Niederfrequenzkreise, noch mit
dem mit Hochspannung gespeisten primären Schwingungskreise leitend verbunden. Er ist
erdschlußfrei und frei von Hochspannung. Die Funkenstrecke besteht aus 3
Teilfunkenstrecken. Eine solche wird durch 2 runde Kupferscheiben gebildet, deren
einander zugewendete Flächen mit Silber belegt sind. Den Abstand der Silberflächen
voneinander bestimmt ein Glimmerring von 0,1 mm Dicke, der gleichzeitig den
Funkenraum zwischen den Elektroden luftdicht abschließt. Besondere, mit Wasser
gefüllte Kühlkörper verhindern eine unzulässige Erwärmung der Elektroden. Die
Funkenstrecke wird durch eine Schutzkappe abgedeckt. Wird diese zwecks Reinigung der
Elektroden abgenommen, dann wird gleichzeitig der primäre Stromkreis des
Transformators unterbrochen. Die Funkenstrecke kann dann ohne Gefahr berührt
werden. Mittels eines Regulierhebels kann die eine der beiden Hochfrequenzspulen
gegen die andere verstellt und dadurch die Stärke des Stromes im Patientenkreise
geändert werden. Diese wird an einem schwenkbaren Hitzdraht-Strommesser abgelesen.
Für die Abnahme des Diathermiestromes sind 3 Anschlußklemmen 0,1 und 2 vorgesehen.
Beim Anschließen der Elektroden an die Klemmen 0 und 1 hat man eine niedrigere, bei
Wahl der Klemmen 0 und 2 eine höhere Spannung zur Verfügung. Die erste Anschlußart
wird bei kürzeren, die zweite bei längeren Strom wegen im menschlichen Körper
gewählt. Funkenstrecke, Strommesser, Regulierhebel und Anschlußklemmen sind auf
einer Marmorplatte aufgebaut. Die übrigen Teile des Apparates sind unterhalb der
Platte in einem Tische, geschützt vor Staub und Berührung, untergebracht. Die
Bedienung des Diathermie-Apparates ist sehr einfach. Er ist jederzeit
betriebsfertig, da die Funkenstrecke beim Einschalten des Stromes sofort anspricht
und infolge ihres konstanten Arbeitens während des Betriebes nicht bedient und
geregelt zu werden braucht. Außerdem arbeitet sie fast geräuschlos. Auch die Wartung
der Funkenstrecke ist sehr einfach. Es brauchen nur von Zeit zu Zeit die
Elektrodenflächen mit Hilfe einer Schleifeinrichtung abgeschliffen zu werden. Der
Diathermie-Apparat mit Löschfunkenstrecke wird für Hochfrequenzströme bis 3 Ampere
bei 350 Watt Leistung geliefert. Der Apparat eignet sich für alle Anwendungen der
Diathermie, und zwar in allen Fällen, in denen nur ein Patient behandelt wird. Zwei
Patienten in einer Sitzung zu behandeln ist nur dann möglich, wenn die Summe der
beiden Teilströme 3 Ampere nicht übersteigt. Wird jedoch ein Alternator nach Dr.
Bucky benutzt, so kann bei der Behandlung zweier Patienten in einer Sitzung jeder
von ihnen mit Strömen bis 3 Ampere Stärke behandelt werden. Der Diathermie-Apparat
kann an ein Wechselstromnetz oder an 2 Leitungen eines Drehstromnetzes bis zu 440
Volt Netzspannung angeschlossen werden. Bei Gleichstromanschluß muß der Gleichstrom
durch einen Einankerumformer in den für den Betrieb des Diathermie-Apparates
erforderlichen Wechselstrom umgewandelt werden.
Textabbildung Bd. 341, S. 96
Abb. 10. Penetrotherm.
Ein ähnlicher Diathermie-Apparat ist der auf Abb. 10
wiedergegebene „Penetrotherm“. Zur Erzeugung
hochfrequenter Wechselströme bedient man sich des bekannten oszillatorischen
Vorganges, der bei der Entladung von Kondensatoren über einen kurzen
Luftzwischenraum, die Funkenstrecke, auftritt. Die zur Ladung der Kondensatoren
erforderliche Hochfrequenz von mehreren Tausend Volt wird auf einfachste Weise mit
Hilfe eines Transformators unter Benutzung eines vorhandenen
Wechselstrom-Anschlusses vom Ortsnetze bezw. von einem
Gleichstrom-Wechselstrom-Umformer gewonnen. Der so erzeugte hochfrequente
Wechselstrom, dessen Polwechselzahl etwa 1 bis 2 Millionen in der Sekunde beträgt,
ruft durch Induktion in einem sekundären Schwingungskreise, in den der zu
behandelnde Patient eingeschaltet wird, einen gleichartigen Hochfrequenzstrom
hervor. Der Penetrotherm besteht aus einer fahrbaren Tischkonstruktion, die im Innern alle zur
Erzeugung der Diathermieströme erforderlichen Teile, wie Wechselstromtransformator,
Kondensatoren, Schwingungskreise usw. enthält. Auf der aus Marmor hergestellten
Tischplatte befinden sich die durch ein besonderes Schutzgehäuse gegen Berührung
während des Betriebes geschützte Funkenstrecke, ein zur Messung der Stärke des
Diathermiestromes dienendes Amperemeter, Anschlußklemmen, Schalter und ein für die
Regulierung der Applikationsstärke bestimmter Drehgriff mit Einstellskala, der durch
ein nach unten durchgeführtes Gestänge auch mit dem Fuße betätigt werden kann. Die
Funkenstrecke, in der sich der oszillatorische Entladungsvorgang der Kondensatoren
zum Zwecke der Hochfrequenzerzeugung abspielt, ist die Seele des
Diathermie-Apparates. Ihre dauernde Funktionstüchtigkeit ist entscheidend für die
Anwendungsmöglichkeit des Apparates und nur erreichbar durch beste Kühlung und durch
eine sichere, unveränderliche Einstellung des richtigen Abstandes der Funkenflächen
voneinander. Die beim Penetrotherm zur Anwendung gekommene „neue
Funkenstrecke“ besitzt folgende beachtenswerte Vorzüge: Keine isolierenden
Zwischenlagen zwischen den einzelnen Elektroden der Funkenstrecke. Durch die
sinnreiche Konstruktion bedingt, liegt die Isolation gänzlich außerhalb des
Funkenwirkungsbereiches; ein Durchschlagen derselben ist aus diesem Grunde gänzlich
ausgeschlossen. Die Isolation ist ein für allemal fixiert; durch ihre praktische,
konstruktive Anordnung war es möglich, sie gegenüber anderen Konstruktionen in der
20- bis 30-fachen Stärke auszuführen. Die erforderliche Parallelschaltung der
einzelnen Elektrodenflächen und deren richtige Entfernung voneinander wird nicht
durch dünne Isolationsschichten erreicht, sondern durch metallische kalibrierte
Paßringe sicher gewährleistet. Eine intensive Kühlung der Funkenstrecke wird erzielt
durch die Anbringung einer großflächigen Rippenkühlung an den Elektroden, sowie
durch intensiven Luftwechsel mittels eines kräftigen Ventilators. Die umständliche
Verwendung von Alkoholdämpfen zur Kühlung der Funkenstrecke und die dadurch bedingte
Entwicklung übelriechender Gase, sowie das lästige Nachfüllen von Alkohol ist
gänzlich in Fortfall gekommen. Durch Verwendung des Prinzips der Löschfunkenstrecke
geht der Spannungsabfall in der Funkenstrecke stufenweise vor sich, wodurch eine zu
hohe Beanspruchung der Isolation und eine dadurch bedingte Beschädigung derselben
ebenfalls vermieden ist. Eine Berührung der unter Hochspannung stehenden
Funkenstrecke, sowie eine Verletzung durch den Hochspannungsstrom ist durch
Blockierung des Primärstromkreises mittels eines am Schutzgehäuse der Funkenstrecke
befindlichen Stöpselkontaktes ausgeschlossen, da durch das Abnehmen des Gehäuses die
ganze Apparatur ausgeschaltet und stromlos wird.
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Abb. 11. Novotherm.
Der „Novotherm“ (Abb.
11) ist in Prinzip und Konstruktion eine genaue Nachbildung des
„Penetrotherm“. Alle zur Erzeugung der Diathermieströme erforderlichen
Teile, Transformator, Kondensatoren und Schwingungskreise, sind jedoch den
geringeren Ansprüchen entsprechend dimensioniert und in einen leicht transportablen
Holzkasten eingebaut, dessen Oberteil schalttafelartig ausgeführt ist und zur
Aufnahme der Funkenstrecke, des Meßinstrumentes für die Stärke des
Diathermiestromes, der Anschlußklemmen, sowie des Drehkopfes zur Bedienung der
Schaltung und Regulierung dient. Der Apparat kann auf jeder Tischfläche aufgestellt
und durch Leitungsschnur und Stecker an jede gewöhnliche Steckdose einer
Wechselstrom-Lichtleitung angeschlossen werden; für Gleichstromanschluß ist auch
hier die Vorschaltung eines kleinen Einankerumformers erforderlich. Bei
Vorhandensein eines Gleichstrom-„Multostaten“ ist der Anschluß auch an diesen
möglich. Besondere Sorgfalt wurde der Funkenstrecke zugewendet, deren Konstruktion
und Funktionstüchtigkeit für die Brauchbarkeit und Störungsfreiheit des Apparates
von entscheidender Bedeutung ist. Wie im Penetrotherm, so hat auch beim Novotherm
das Prinzip der Löschfunkenstrecke zur Schwingungserzeugung Verwendung gefunden, das
bei größter Einfachheit der Bedienung die größtmögliche Gleichmäßigkeit der Arbeit
und Betriebstüchtigkeit des Apparates gewährleistet. Um die Berührung der unter
Spannung stehenden Funkenstrecke unmöglich zu machen, ist die darüber befindliche
Schutzkappe mit einem Kontakt versehen, der bei Abnahme der Schutzkappe den Strom
unterbricht und die ganze Apparatur stromlos macht.
Textabbildung Bd. 341, S. 97
Abb. 12. Künstliche Höhensonne.
Textabbildung Bd. 341, S. 97
Abb. 13. Große Sollux-Lampe.
Von jeher kennen wir die heilende Wirkung der Sonnenbäder; weniger allgemein bekannt
ist aber die Tatsache, daß die Wirkung nicht lediglich der Sonnenwärme, also den roten, warmen Sonnenstrahlen, sondern den
ultravioletten, kalten Sonnenstrahlen zuzuschreiben ist. Solche Strahlen kann man
künstlich erzeugen, seitdem es im Jahre 1905 gelang, den Quarz (Bergkristall) zu
glasklaren Stücken zu schmelzen. Hierdurch wurde der Bau der Quarzlampen, der
„Künstlichen Höhensonnen“ (Abb. 12) ermöglicht. Das Licht dieser Lampen, denen
in gesundheitlicher Beziehung die Menschheit schon manchen Segen zu danken hat, ist
überraschend reich an ultravioletten Strahlen, worauf ihre große Heilwirkung
zurückzuführen ist. Sie sendet ohne lästige Hitzentwicklung mehr unsichtbare, kalte
Strahlen aus, als selbst die natürliche Sonne des Hochgebirges, da nicht, wie es
z.B. im Flachland und im Mittelgebirge und bis zu einem gewissen Grade auch im
Hochgebirge der Fall ist, diese Strahlen von Rauch und Staub absorbiert werden. Die
eigentliche Lichtquelle der künstlichen Höhensonne ist der Quarzbrenner, ein
durchsichtiges Quarzrohr von 60 bis 120 mm Länge, an dessen Enden Quergefäße aus Quarz
angesetzt sind, die die Quecksilberpole enthalten. Diese Polgefäße sind mit
Metallkühlern umgeben, durch die die Wärmeabgabe und damit die Höhe der Stromstärke
geregelt wird. Zwischen den Kühlern tritt in jedes Polgefäß die äußere Stromleitung
ein. Der Gleichstrombrenner für 110 bis 150 Volt hat ein 65 mm langes Leuchtrohr;
der Brenner für 200–240 Volt hat 120 mm Leuchtrohrlänge; der Wechselstrombrenner für
jede Spannung hat ein gegabeltes, dreipoliges Leuchtrohr von rund 120 mm Länge.
Im Gegensatze zur „Künstlichen Höhensonne“ erzeugt die „Sollux-Lampe“ (Abb.
13) leuchtende Wärmestrahlen. Sie ist mit Metallfadenbrennern ausgestattet
und in der Hauptsache auf Wärmewirkung berechnet. Die Einwirkung auf den
menschlichen Organismus zeigt sich in der Herabsetzung des Blutdruckes und in
der Steigerung des Stoffwechsels; gleichzeitig wirkt der im Quarzlampenlicht
entwickelte Ozon heilend auf die Atmungsorgane.
Wie bereits eingangs erwähnt, will und kann diese Abhandlung keinesfalls einen
Anspruch auf Vollständigkeit erheben. So sind z.B. die chirurgischen Instrumente,
die auf der Ausnutzung der durch den elektrischen Strom erzeugten Wärme beruhen,
überhaupt nicht besprochen worden. Außerdem gibt es noch zahllose Spezial-Apparate
und -Instrumente, die nur zu erwähnen schon weit über den Rahmen dieser Abhandlung
hinausgehen würde. Jedenfalls ist aber das Eine erwiesen, daß die Elektrizität auch
in der Heilbehandlung bodenständig geworden ist, und es besteht begründete Aussicht,
daß sie mit dem Fortschreiten der Elektrotechnik sich noch zahlreiche neue
Anwendungsgebiete erobern wird.